The Warning! von Dracos-Princess ================================================================================ Epilog: Epilog / Part zwei - Liebe ist der Stoff, den die Natur gewebt und die Phantasie bestickt hat ----------------------------------------------------------------------------------------------------- Dreizehn Jahre später   ~*~   An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird. - François de La Rochefoucauld   ~*~     „Scorpius Draco Malfoy!“, rief Hermine leicht panisch nach oben, in der Hoffnung, ihren Sohn mittels ihrer Tonlage zur Eile zu bewegen. Jedoch schien ihr permanentes Aufrufen nichts zu bewirken. Sichtlich nervös begannen ihre Finger, auf dem Holzgeländer zu tippen. „Bitte beeile dich, oder möchtest du, dass der Hogwarts-Express ohne dich fährt und du dein zweites Schuljahr verpasst?“ Wäre die Situation nicht so ernst, würde Hermine schmunzeln. Die Weasleys kamen früher auch immer fast zu spät zum Bahnsteig, doch hatten sie es immer geschafft, dass ihre Kinder pünktlich den Zug bestiegen hatten – bis auf einmal. In ihrem zweiten Schuljahr hatte es sich Dobby – der ehemalige Hauself der Familie Malfoy – zur Aufgabe gemacht, Harry daran zu hindern, nach Hogwarts zurückzukehren. Nur dank Arthurs fliegendem Auto war es ihnen gelungen, nach Hogwarts zu gelangen und Hermine liebte diese Erinnerung. Allerdings konnte sie nicht die Freude wie sonst immer verspüren, wenn sie sich jene Erinnerung in ihrem Denkarium ansah. Wie schnell die Zeit doch vergangen war...   Allerdings benahm sich ihr ältestes Kind seit ein paar Tagen merkwürdig.   „Scorpius!“   „Ich hab dich gehört, Mum“, hörte Hermine die Stimme ihres offenbar genervten Sohnes. Das zusätzliche Poltern eines Koffers, den Scorpius scheinbar gelangweilt hinter sich herzog, bestätigte ihr, dass er auf dem Weg nach unten war.   „Das ist gut. Würdest du jetzt bitte nach unten kommen?“ Ungeduldig wartete Hermine in der Eingangshalle auf die Ankunft ihres Kindes. „Dein Vater und deine Schwester warten schon im Auto.“ Sie waren startklar, sie könnten pünktlich und gemütlich zum Bahnhof King's Cross fahren, aber nein, Scorpius trödelte. Er schien keine gute Laune zu haben – weshalb auch immer. Hermine konnte es sich nicht erklären. „Scorpius, was ist denn nur los mit dir?“, rief sie erneut nach oben; jedoch verzweifelter als zuvor.   „Gar nichts“, schrie er aufgebracht zurück. Er hatte einfach keine Lust nach Hogwarts zurückzufahren. Er mochte die alten Gemäuer nicht. „Bleib locker, Mum. Ich komme gleich!“   „Gleich funktioniert in unserem Fall aber nicht.“ Noch immer lag ihre Hand ungeduldig auf dem Geländer. „Oder denkst du, der Hogwarts-Express wartet auf dich? Sollten das deine Gedanken sein, dann irrst du dich.“ Nachdem ihr Sohn daraufhin nichts mehr erwiderte, rief Hermine nochmals nach oben: „Scorpius! Bist du schwerhörig?“   „Eine Sekunde, Mum“, brüllte er durch die halb geöffnete Zimmertür. Wieso hetzten ihn alle so sehr? Verstand seine Mutter nicht, dass er mit seiner Rebellion klar Stellung bezog? Bemerkte sie nicht, dass er nicht zurück nach Hogwarts wollte, weil er von dieser Schule mehr als genervt war? Schlimmer denn je war jedoch, dass dieses Jahr seine Schwester, sowie Lily Potter nach Hogwarts kämen, um ihr erstes Schuljahr anzutreten. Und wer mochte das nicht? Wer hatte nicht gerne seine kleine, jüngere, nervige Schwester um sich herumtänzeln? Ihm gefiel der Gedanke jedenfalls so gar nicht. Albus – sein bester Freund – würde ihn verstehen. Ja. Sie beide waren vor einem Jahr in dasselbe Haus eingeteilt worden – nach Slytherin. Die beiden Jungen waren schon immer die besten Freunde gewesen – seit Scorpius denken konnte. Ähnlich verhielt es sich auch mit David – Blaises und Ginnys Sohn -, sowie Sophie – Pansys und Gregorys Tochter –, die im selben Jahrgang waren und mit denen Albus und er durch dick und dünn gingen. Allerdings war das Band zwischen Scorpius und Albus enger... verbundener.   Die Freundschaft der vier war großartig. Am Anfang fand Scorpius das Schloss auch total toll. Er war fasziniert von der Größe. Allerdings wurde jeder weitere Tag in Hogwarts zur Qual, nachdem man wusste, wer Scorpius Malfoy war. Das Leben wurde ihm erschwert, Schüler zeigten mit dem Finger auf ihn und klärten ihn bezüglich der Vergangenheit seiner väterlichen Familie sporadisch auf.   „Hey, alles in Ordnung?“, wollte Draco argwöhnisch wissen, der inzwischen aus dem Auto gestiegen und zurück ins Haus zu seiner wartenden Frau gegangen war. „Wieso braucht ihr so lange? Wir haben viertel vor elf“, ermahnte er Hermine, während er seine goldene Taschenuhr in Augenschein nahm. „Und ich will ungern drängeln, Liebes, aber der Verkehr wird mit Sicherheit nicht besser.“   „Keine Ahnung. Er kommt einfach nicht runter.“   „Geh ins Auto, Liebes. Sind wir in fünf Minuten nicht da, fährst du Hailie zum Bahnhof.“ Beherzt griff er nach der Hand seiner Frau, lächelte ihr entgegen und wollte geradewegs nach oben, doch hielt Hermine ihn zurück.   „Und wie willst du Scorpius nach Hogwarts bringen?“ Skeptisch musterte sie ihren Mann, der entschlossen ihren Blick erwiderte, jedoch nichts sagte. „Draco, komm nicht auf die Idee, meinen Jungen nach Hogwarts zu fliegen.“ Zu lange kannte sie ihren Mann und sie wusste, wie sehr er seine Kinder liebte. Er würde ihnen – weil er selbst es als Kind nicht anders gekannt hatte – jeden Wunsch erfüllen, doch war es Hermine, die des Öfteren einen Riegel davor schob, um ihren Kindern Verantwortung beizubringen. Sie wollte keine verzogenen Kinder, sondern legte Wert darauf, dass Scorpius und Hailie wussten, dass man für seine Ziele arbeiten musste.   „Was denkst du von mir, Liebes?“ „Ich denke, dass du deine Kinder zu sehr liebst und ihnen jeden Wunsch erfüllst.“   „Dein Sohn wird höchstwahrscheinlich seinen Zug verpassen, ja. Aber ich liebe meine Frau zu sehr, als ihren Unmut auf mich ziehen zu wollen.“ Amüsiert küsste er den Handrücken seiner Frau und berührte den silbernen Ring, den sie am Finger trug. Aufgrund ihrer Begeisterung, was diese seltsame Kette aus Titanic betraf, hatte er ihr einen ähnlichen Ring damals anfertigen lassen. In der großen Fassung glitzerte der blaue Saphir, der von mehreren kleinen Diamanten umgeben war – er glich eigentlich eher dem Hope-Diamant, als dem Schmuckstück aus besagtem Film, aber sie hatte sich gefreut, was Draco genügte. Oh, wie gut er sich noch an ihren Ausdruck erinnern konnte. Leise hatte sie ihn gemaßregelt, nachdem er ihr vor dem Altar den Ring ansteckte und dennoch flossen Tränen ihre Wange hinab. Sein Ring hingegen war im Vergleich zu ihrem schlicht gehalten. Lediglich das Wappen der Malfoys war auf dem Siegelring eingraviert. Merlin, dieser Tag war – neben der Geburt seiner Kinder – die schönste Erinnerung, die Draco jemals besitzen würde. „Ich werde unseren Jungen wohlbehalten nach Hogwarts bringen – ohne Besen, Liebes. Und jetzt geh zum Auto, damit die Kleine ihre erste Fahrt nicht auch noch verpasst. Ach, und noch etwas: Du kannst Potter sagen, dass ich heute Abend pünktlich sein werde.“   „Scorpius wird also den Zug verpassen, ja?“   „Ja, aber das soll Hailie nicht den Spaß verderben. Wir sehen uns nachher.“ Zum Abschluss küsste er noch einmal seine Frau, bevor er das Wagnis einging und versuchen wollte, seinen Sohn zur Vernunft zu bringen. Es wäre ein steiniger Weg. Immerhin trug das Kind zur Hälfte auch die malfoy'schen Gene in sich...   „Sei nicht zu streng, Draco.“   Nickend sah er seiner Frau nach und blickte nach oben und nachdem die Tür endlich ins Schloss gefallen war, wurde sein Ausdruck ernster. „Scorpius? Kann ich nach oben kommen?“ Er ließ seinem Sohn nicht die Chance zu antworten, sondern redete weiter, während er die Stufen erklomm. „Deine Mutter ist weg. Somit hast du dafür gesorgt, dass du den Hogwarts-Express ganz offiziell verpasst. Und ich muss dir ja nicht sagen, dass du gerade grob fahrlässig handelst, mein Junge, oder?“ Doch statt seinen Sohn zu erkennen, hatte er diesen lediglich durch die mittlerweile verschlossene Tür schreien hören.   „Was sagst du da?“ Eilig kam der zwölfjährige Junge zur Treppe gerannt und stoppte, nachdem er die Empore erreicht hatte. „Ich... Ich wäre doch nach... nach unten gekommen, Dad!“ Graue, wässrige Augen trafen graue, ältere Augen, während der Jüngere nach Luft schnappte. Scorpius konnte nicht glauben, dass seine Mutter tatsächlich ohne ihn losgefahren war. Er... wollte doch mit Albus sprechen.   Merlin nochmal!   Wütend machte er auf dem Absatz kehrt, ließ seinen Vater zurück und knallte die Tür geräuschvoll ins Schloss.   „Scorpius!“ Erschrocken realisierte Draco, dass er zu spät reagierte, denn sein Sohn hatte bereits die Zimmertür verschlossen. Aufgrund dessen eilte auch er die letzten Stufen nach oben, bis er schlussendlich ankam und die Klinke nach unten drückte – jedoch erfolglos. „Scorpius, mach die Tür auf“, forderte er und rüttelte abermals an der Türklinke.   „Nein!“   „Noch kannst du wählen. Wenn du nicht die Tür aufmachst, werde ich Opa Lucius anflohen. Willst du das?“ Kurz ließ er diese Drohung auf seinen Sohn wirken, bevor er hinzufügte: „Ich mach das, Scorpius. Dann wird er dir wieder erzählen, wie schrecklich seine Gebrechen sind.“   Der junge Malfoy wusste, dass er gegen seinen Vater längst verloren hatte – einsehen wollte er es allerdings noch nicht. „Geh weg, Dad.“   „Ich meine es ernst, Scor!“, drohte Draco, der inzwischen seinen Zauberstab gezogen hatte.   „Ich auch, Draco!“, erwiderte das Kind gereizt, das mit verschränkten Armen zornig auf seinem Bett saß und der Tür entgegen starrte. Dass sein vor zehn Minuten gemachtes Bett wieder durcheinander war störte ihn nicht. Er hatte sein Bett gemacht, um Zeit zu schinden...   Merlin, nannte sein Kind ihn gerade Draco? Fassungslos war seine Hand von der Klinke nach unten gesunken – genauso hatte es zwischen Draco und Lucius angefangen. Als Draco seinen Vater zum ersten Mal mit Vornamen ansprach, hatte das Vater-Sohn-Verhältnis zu brechen angefangen. Drohte das nun auch hier? Stand die Bindung zu seinem Kind auf der Kippe?   Das... Das wäre eine Katastrophe.   Aber... im Gegensatz zu Lucius war er doch ein guter Vater, oder? Draco interessierte sich für seinen Sohn. Er wollte wissen, ob es seinem Sohn gut ging, doch schienen die Züge zu Dracos jugendlichem Dasein immer ähnlicher zu werden. Würde sein Kind genauso unerträglich, arrogant und selbstverliebt werden? Eigenschaften die Draco in jungen Jahren sein Eigen nennen konnte, aufgrund der Vernachlässigung durch Lucius? Das behauptete Draco zumindest, obwohl er wusste, dass Draco für sich selbst verantwortlich war und nicht immer die Schuld auf seinen eigenen Vater abwälzen konnte. Nein, das konnte er nicht. Aber diese Ähnlichkeit zu ihm, ängstigte Draco sehr, wenngleich er hoffte, dass die positiven Eigenschaften von Hermine in Scorpius überwogen.   Himmel nochmal, wieso half man ihm gerade nicht? Draco fühlte sich plötzlich allein gelassen. War er nicht immer für seine Kinder da? Doch, er glaubte zu wissen, immer genügend Zeit für die Menschen aufgebracht zu haben, die das wichtigste in seinem Leben darstellten – sowohl Hermine, als auch seine beiden Kinder.   Unterdessen schwang er gedankenverloren seinen Zauberstab, wodurch die Tür lautlos geöffnet wurde. Vorsichtig betrat er das Zimmer seines Sohnes, während er gleichzeitig seinen Stab zurück in seine Gürtelschnalle steckte. „Ziemlich sinnlos, wenn man zauberstablos gegen einen ausgebildeten Zauberer auf die Barrikaden geht, oder? Und noch gemeiner ist es, wenn man gar nichts dagegen tun kann und stattdessen mit ansehen muss, wie die eigene Tür vom bösen Dad aufgehext wird.“   Allerdings stoppte er seinen Redefluss, nachdem das Bildnis vor seinen Augen bittere Konturen annahm. Es raubte Draco regelrecht den Atem. Niedergeschlagen saß sein Sohn mit angezogenen Knien auf seinem Bett. Der blonde Schopf seines Kindes war zerzaust, während das dazugehörige Gesicht zwischen seinen Armen hing – die seine angewinkelten Beine hielten.   Unverzüglich schrillten Dracos Alarmglocken, die ihn hastig zu dem Bett trieben. „Junge.“   Grundgütiger, Draco hatte mit pubertärem Widerstand gerechnet, aber nicht mit diesem traurigen Anblick. Die Probleme seines Sohnes schienen weitaus größer zu sein. Vorwürfe, dass weder er, noch Hermine in Scorpius' Briefen etwas bemerkt hatten, machten sich breit.   War er doch ein schlechter Dad?   Draco hätte schreien können, aber würde ihn das weiterbringen, ihm gar helfen? Wohl eher nicht. Es würde seinen Sohn noch mehr verschrecken und womöglich die Lage verschlimmern. Aber Draco war vermutlich genauso verunsichert, nachdem er sich ungehindert neben seinen Sohn setzte und dessen Körper in seinen ausgestreckten Arm zog.   Fürsorglich strichen seine Finger über das Schlüsselbein, während er ununterbrochen den nach unten gesenkten Kopf musterte, der nach wenigen Minuten gehoben wurde. Tränenerstickte Augen sahen dem Mann entgegen und es zerriss ihm das Herz, seinen Jungen so leiden zu lesen.   „Dad?“, krächzte er und schluckte den dicken Kloß im Hals hinunter.   „Ja?“ Dem Vater fiel ein Stein vom Herzen, dass Scorpius derjenige gewesen war, der die Stille durchbrach. Unbewusst hatte er die Umarmung vertieft, indem er seinen Sohn noch enger gegen seinen Körper drückte. „Kumpel, rede mit mir.“   „Wieso werde ich so anders angesehen, Dad?“   Oh nein... Er musste gar nicht lange überlegen, da er sofort wusste, was sein Sohn mit diesen Worten andeutete. Aufgrund dieser Äußerung war Draco sofort klar, dass sein ältester Spross in Hogwarts angefeindet, vermutlich sogar gänzlich gemieden wurde. „Wie wirst du denn angesehen?“, fragte er schluckend, denn er fürchtete sich vor der Antwort.   „Mit großen Augen. Sie fangen an, hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln und zeigen mit dem Finger auf mich.“   „Tat- Tatsächlich?“ Grundgütiger... Vor Draco taten sich wahre Abgründe auf.   „Ja, und ich verstehe es nicht. Mum und auch Onkel Harry haben Albus und mir von Voldemort erzählt.“ Scorpius war ohne die Angst aufgewachsen, weshalb es ihm überhaupt nicht schwer gefallen war, den Namen des dunklen Lords auszusprechen. „Sie haben uns die Gründe erklärt, haben über die Ursachen gesprochen, die letzten Endes zum Krieg geführt haben, aber... wieso werde ich dann angesehen, als wäre ich dafür verantwortlich?“, fragte er und blickte mit seinen verweinten Augen zu dem Mann hinauf, dessen Aussehen er geerbt hatte. „Wieso, Dad? Was... Was habe ich getan, dass man mich so verächtlich ansieht?“   „Du bist für nichts verantwortlich. Hörst du? Für gar nichts!“ Ja, ihm hatte immer der Mut gefehlt, mit seinem Sohn darüber zu sprechen, aufgrund der Enttäuschung, die er in den Augen seines Kindes gesehen hätte. Dass Scorpius aufgrund seiner Abstammung jedoch verspottet und gedemütigt wurde, hätte Draco nie für möglich gehalten. Wäre Draco nicht so feige gewesen, hätte er sich dem Gespräch gestellt, das er zuvor seiner Frau und Potter überlassen hatte – was nicht hieß, dass Scorpius nicht zu Draco kommen konnte. Sein Sohn konnte immer zu ihm kommen – egal, worum es ging. Draco würde immer hinter seiner Familie stehen, selbst wenn er sein gesamtes Vermögen verlieren oder aufgeben müsste. Denn für keine Galleone der Welt würde er seine Familie eintauschen. Niemals. „Lass dir nicht einreden, dass du minderwertiger als andere bist, ja? Du bist mein Sohn“, fuhr Draco nahtlos fort, „und du bist der Sohn deiner Mutter. Ich versichere dir, dass wir dich – wie auch deine Schwester – immer... lieben werden.“   „Das bringt mir aber gar nichts!“, fauchte Scorpius und entzog sich der Umarmung. „Was haben du und Opa gemacht? Was, Dad? Ich will wissen, wieso die anderen sich das Recht herausnehmen und mich ansehen, als wäre ich die Wurzel allen Übels.“   „Scorpius, das ist kompliziert. Ich werde es dir erklären, wenn du älter -“   „Nein, das sind Ausreden, Dad. Du willst es mir nur nicht erzählen, weil es bequemer für dich ist, wenn du schweigst“, entgegnete er erbost. „Mum würde es mir erzählen, ganz sicher.“   Mühsam kämmte Draco sich seine blonden Haare zurück. Sie waren etwas länger geworden, aber immer noch kurz genug um nicht mit Lucius verwechselt zu werden. „Ja, deine Mutter würde es dir erzählen. Sie hat die Gabe, alles so zu erklären, dass man es versteht“, erwähnte er beflissen und betrachtete das Kind neben sich, das das genaue Ebenbild von ihm war. Dieselben blonden Haare. Dieselben grauen Augen der Malfoy-Linie. Hailie hingegen ähnelte ihrer Mutter – abgesehen von den grauen Augen. „Ich nicht, Scorpius. Und du bist noch so jung. Du müsstest dich gar nicht damit befassen.“   „Und doch werde ich quasi dazu gezwungen, weil andere Kinder anscheinend besser über die Vergangenheit meiner Familie informiert sind, als ich selbst“, motzte der Slytherin-Schüler beharrlich weiter.   „Unser Familienname wird immer mit dem Krieg in Verbindung gebracht werden. Immer.“ Er wusste, dass dieser Tag kommen würde. Dass er jedoch so schnell kam, das war... unschön. Und es war genau der Blick, den Scorpius ihm zuwarf, vor dem sich Draco immer gefürchtet hatte. Genau dieser unschöne Blick, aber er war ein guter Vater, ja. „Dein Opa und ich, wir haben Dinge getan, die wir heute bereuen. Wir standen auf der falschen Seite, während deine Mutter für die richtige Sache gekämpft hat. Genauso wie Onkel Harry, Onkel Ron und Tante Ginny. Diese vier Menschen haben uns das wiedergegeben, wovon wir glaubten, es lange verloren zu haben – die Hoffnung.“   „Und was ist mit Onkel Blaise, Tante Pansy und Onkel Gregory?“, hakte Scorpius neugierig nach. „Waren die etwa auch... auf der falschen Seite?“ Mittlerweile hatte er sich seinen großen Teddybären zwischen seine Beine gesetzt, um dessen breiten Körper er seine Arme schlang. „Wir waren jung. Jung, dumm und überfordert. Infolgedessen haben wir Fehler begangen – Fehler, die wir uns heute eingestehen können. Aber dank deiner Mutter habe ich meine Fehler noch vor deiner Geburt eingesehen und ich wäre vermutlich heute nicht hier, wenn deine Mutter nicht an meiner Seite wäre.“   „Willst du wissen, was sie sagen?“ Bestürzt sah das Kind zu Boden, ehe es traurig den Blick seines Vaters suchte. „Sie sagen, ich bin eine Missgeburt. Sie sagen, dass du und Opa Lucius das Sinnbild des Teufels seien“, flüsterte er und rieb sich die Tränen aus den Augen.   Und es machte Draco unglaublich wütend, wie gemein und niederträchtig Kinder sein konnten, bis er selbst sich an seine Kindheit zurückerinnerte. Ja, er konnte sich nicht freisprechen, da er selbst dazu beigetragen hatte, Hermine schlaflose Nächte zu bereiten, indem er sie in ihrer Jugend beleidigt hatte. Merlin, was musste seine Frau schon Leid ertragen? Allerdings fiel ihm etwas ein, das seinen Sohn erheitern würde. Ihm vielleicht auch Mut verlieh? „Weißt du, als ich in deinem Alter war, war ich unsäglich gemein und frech zu deiner Mutter. Ich -“   „Ich weiß“, unterbrach Scorpius seinen Vater. „Onkel Harry hat -“   „Natürlich“, entkam es dem älteren Malfoy lachend, bevor er seinen Sohn zu sich zog und mithilfe seiner Faust sanft über dessen blonden Schopf rieb. „Natürlich hat dir Onkel Harry seine Lieblingsanekdote erzählt. Dein Patenonkel ist eine alte Petze“, murrte er schmunzelnd weiter, während er seinen Sohn weiterhin im Schwitzkasten hielt. „Aber hat er dir auch erzählt, dass ich in unserem letzten Schuljahr den Quidditch-Pokal in den Händen hielt?“   „Nein!“, entfuhr es Scorpius verblüfft und befreite sich aus dem Griff seines Vaters. „Das... hat er noch nie erzählt.“   „Tja. Was ich aber eigentlich sagen will, ist, dass du einen verdammt starken Willen hast, oder?“   „Ich weiß nicht, Dad. Ich fühle mich ziemlich schwach.“   „Hey, deine Mutter ist Hermine Malfoy. In meinem ganzen Leben habe ich keine stärkere Frau kennengelernt, als deine Mum, und glaub mir, ich muss es wissen, denn ich kenne sie seit unserem ersten Schuljahr in Hogwarts.“   „Aber es ist so schmerzhaft“, antwortete der Junge betroffen.   Mitfühlend nahm er seinen Sohn in den Arm, drückte ihn und antwortete: „Und genau das ist es, weshalb du deiner Mutter charakterlich so ähnlich bist, Scorpius. Es ist eine Eigenschaft, die man nicht sehen kann und doch ist sie von unschätzbarem Wert.“   „Und welche soll das sein?“   „Charakter, Scorpius. Du hast Charakter, du lässt Gefühle zu, wozu ich in deinem Alter damals gar nicht fähig war.“ Es tat irgendwie weh, vor seinem Kind zuzugeben, dass man selbst so schwach gewesen war. Schließlich sollten Eltern ihren Kindern ein Vorbild sein. Kinder sollten zu ihren Eltern aufblicken können... Allerdings verzichtete er darauf, zu erwähnen, dass Lucius einen gewissen Teil dazu beigetragen hatte, dass Draco so geworden war. Seine Kinder sollten in Lucius weiterhin den Großvater sehen, den sie kannten – einen liebevollen Großvater, der seinen Job als Opa besser ausführte, als den eines Vaters.   „Aber es tut so verdammt weh, Dad!“, murmelte der blonde Junge, bevor er sein Gesicht in seine Hände legte.   „Ich weiß, mein Junge.“ Nachvollziehen konnte er den Schmerz seines Kindes vermutlich nicht, da er diesen Anfeindungen nie ausgesetzt gewesen war. Nein, Draco war der Auslöser. Seine Vergangenheit hatte dazu geführt, dass sein Kind litt und nicht nur das, Draco war früher derjenige, der... seine eigene Frau schikaniert hatte und nicht besser als die Kinder war, die seinen Sohn verspotteten. „Aber du hast in Hogwarts Freunde. Freunde, die immer zu dir stehen. Und hier hast du uns – deine Mutter, deine Schwester und... mich.“ „Das stimmt“, antwortete Scorpius erleichtert. „Albus ist der beste Freund, den man haben kann. David und Sophie sind auch immer für mich da.“ Hinzu kam vielleicht auch, dass er letztes Jahr nach Slytherin eingeteilt wurde? Aber das war ihm egal. Er und Albus waren im selben Haus und er würde nicht tauschen wollen, wobei seine Mutter ihm vor Beginn des ersten Schuljahres gesagt hatte, dass es völlig egal wäre, in welches Haus man käme – die Freunde blieben dieselben.   „Weißt du, eine Freundschaft ist wie ein Baum. Es kommt nicht darauf an wie groß er ist, sondern wie tief seine Wurzeln sind. Verstehst du das, Scor?“ Er wollte seinem Sohn vor Augen führen, wie stark eine Freundschaft sein konnte. Draco wollte, dass sein Sohn stärker wurde und nicht aufgrund der Anfeindungen zerbrach. Er selbst hatte als Jugendlicher die Macht einer Freundschaft unterschätzt und erst später erkannt, wie wichtig es war, wenn es Menschen gab, die bedingungslos zu jemandem standen.   „Ich denke schon“, erwiderte er – den Kopf leicht nach oben gehoben.   „Es tut mir leid, dass du etwas so negatives erfahren hast. Wir sind Malfoys und ja, leider birgt dieser Name Nachteile, unter denen du aber nicht leiden sollst, aber du bist noch immer mein Sohn – ein mutiger Junge, der einen starken Willen hat. Das... Das weiß ich, das weiß deine Mum und selbst Onkel Harry weiß das.“   „Aber, Dad, die anderen Schüler -“   „Nein“, stoppte Draco ihn. „Vergiss die anderen Schüler. Wichtig ist, dass du mit dir im Reinen bist. Es ist egal, was jemand anderes von dir hält. Solange du,“ fuhr er fort und zeigte auf Scorpius, „glücklich bist, ist es unwichtig, was die anderen denken. Vertrau mir, ein bisschen Freundschaft ist mehr wert, als die Bewunderung der ganzen Welt und es wird leider immer wieder jemanden geben, der dir dein Glück missgönnt. Ich kenne das aus meiner eigenen Jugend sehr genau.“   „Wirklich?“, wollte der blonde Junge erstaunt wissen. „Aber, Dad, du... du bist doch stark.“   „Na ja“, lächelte Draco, während seine Hand über das blonde Haar seines Sohnes strich. „Das ist so 'ne Sache, aber sagen wir mal so: Es ist wie in einer Partie Schach, Scor – dort schützt die Königin ja auch den König, nicht?“   „Also ist Mum auch stark?“   „Hey, na klar. Deine Mutter war eine Gryffindor – eine echte Löwin eben“, ergänzte er augenzwinkernd. „Und Löwen sind doch stark, oder?“   „Ja!“, brüllte er so laut wie ein Löwe, bevor er seine Hände um den Nacken seines Vaters schlag und ihn mithilfe seines Gewichtes nach hinten auf sein Bett warf.   „Und wenn sie noch einmal sagen“, grinste Draco spöttisch seinem Sohn entgegen, nachdem er mit dem Rücken auf der Matratze gelandet war, „dass wir das Sinnbild des Teufels sind, dann sollen sie gefälligst auch ganz große Angst vor uns haben.“ Zeitgleich begann er, Scorpius am Bauch zu kitzeln, woraufhin dieser endlich wieder das Lächeln zeigte, das Draco am liebsten sah. Darüber hinaus hatten sie völlig die Zeit vergessen, nachdem sie sich beruhigt hatten, aufrecht saßen und Draco auf die Uhr sah. „Punktum, Scor. Dein Zug ist jetzt wohl endgültig weg.“   Draco hoffte, seinem Sohn zumindest ein wenig die Angst genommen zu haben, wenngleich er sich bewusst war, dass der Name Malfoy stets mit Vorurteilen behaftet war, doch auch diese Hürde würden sie als Familie meistern.   „Wir könnten fliegen, oder? Mum ist -“   „Oh nein, vergiss das ganz schnell.“ Auf was für kuriose Ideen sein Sohn kam, aber er freute sich innerlich, dass Scorpius gewisse Züge von Draco angenommen hatte – die durchaus positiver Natur waren, wie beispielsweise das Fliegen. „Deine Mutter verwandelt mich in eine Teetasse, wenn wir zum Schloss fliegen.“   „Aber -“   „Gibt kein aber, Scorpius.“ Sein eigen Fleisch und Blut wollte ihm doch tatsächlich Argumente liefern, die das Fliegen nach Hogwarts rechtfertigten, aber er würde sich nicht über Hermines Ängste hinwegsetzen. „Wir werden in Rons Büro flohen. Kein Besen, keine Verletzten und dein Dad überlebt.“ Nein, nein, Hermine würde ihn vierteilen. Sie hatte ihm ja bereits angedroht, dass fliegen keine Option war und daran würde er sich halten.   „Wir können doch nicht einfach in das Büro von Professor Weasley flohen, Dad“, entgegnete er empört. Zwar war Ron wirklich cool, doch war er in Hogwarts Professor Weasley – eine Autoritätsperson und eben nicht Onkel Ron. „Das macht man nicht.“   „Heute schon.“ Wenigstens besaß Scorpius nicht alle Eigenschaften von Draco – jedenfalls was Gerechtigkeit anging. In dieser Hinsicht ähnelten seine beiden Kinder ihrer Mutter und das war gut so. „Ron wird es überleben und nicht böse sein – außerdem umgehst du die Zugfahrt, die ich im Übrigen nie mochte.“ Anschließend stand er auf, um nach dem Umhang seines Sohnes zu greifen, die er ihm übergangslos vor die Nase hielt.   „Nicht? Ich fahre gerne mit dem Hogwarts-Express.“ Schmunzelnd erinnerte er sich an seine erste Zugfahrt zum Schloss. Damals hatten Albus und er den gesamten Süßigkeiten-Wagen aufgekauft und so starke Bauchschmerzen bekommen, dass sich beide Jungen abends gegenseitig zum Krankenflügel stützen mussten. Schlussendlich lachten aber er und Albus darüber, hinsichtlich ihrer eigenen Dummheit damals.   „Nein, ich mochte die lange Zugfahrt nie. Aber wir sollten langsam aufbrechen, nicht?“   „Ja“, schnaubte Scorpius. „Hast recht, Dad.“ Er glitt von der Matratze, schritt nachdenklich zu seinem Schreibtisch und griff nach den Kopfhörern seines alten Discmans, den er in seine Hosentasche steckte und den Kopfhörer um seinen Hals legte. Er hatte ihn von seiner Mutter bekommen – offensichtlich mit dem Reparo-Zauber repariert. Dennoch erfüllte er seinen Zweck, trotz des Alters. Im Anschluss schnappte er sich seinen Koffer und ging zur Tür, blickte jedoch noch einmal zu seinem Vater, der nach wie vor auf dem Bett saß. „Kommst du, Dad?“   „Ja, ich komme, aber geh doch schon mal zum Kamin runter.“ Ihm war etwas eingefallen, womit er seinem Sohn mit Sicherheit eine Freude machen könnte. Augenblicklich kehrte er zum Schlafzimmer zurück und entdeckte das, wonach er suchen wollte – neben seinem Bett in der Ecke stehend. Lächelnd griff er danach und strich mit seinen Fingern über das schwarz lackierte Holz, der an manchen Stellen bereits abgebröckelt war. Es war vielleicht ein Wunschdenken von Draco, aber vielleicht würde Scorpius – wie Draco damals – irgendwann für Slytherin auf seinem alten Nimbus 2001 fliegen? Es war zumindest besser, als die alte Rarität in seinem Schlafzimmer unnötig verstauben zu lassen.   Bepackt mit dem Besen kam er im Salon an, wo er seinen Sohn reisefertig vor dem Kamin vorfand. Er schloss den Abstand und hielt ihm den alten Nimbus-Besen entgegen, doch statt danach zu greifen, blickte Scorpius bloß irritiert nach oben zu seinem Vater.   „Nimm ihn“, forderte Draco ihn auf.   „Aber, Dad, das... das ist doch dein Besen?“ Ehrfürchtig griff Scorpius nach dem edlen Holz, bevor er wieder nach oben sah. Unglaube zierte sein Gesicht, da er immer noch nicht glauben konnte, dass sein Dad einmal auf der falschen Seite gestanden hatte. Schließlich kannte er doch seinen Vater, oder? Und sein Dad war ein toller Vater, der stets für ihn da war. Er war kein schlechter Mensch, nein. Für ihn war er der allerbeste Vater.   „Sehr gut beobachtet, Doktor Watson.“ Angesichts der ungewöhnlich Titulierung schmunzelte Draco. Ja, Sherlock Holmes begleitete ihn noch heute. Sein Exemplar, das er sich selbst gekauft hatte, lag noch immer in seinem Nachtschrank und oft verspürte er den Drang, abends wieder mal ein, vielleicht auch zwei Seiten darin zu lesen, da dieses Buch ihn immer mit Hermine verband. In diesem Buch fand er Erinnerungen, die er nie verlieren wollte. „Es ist mein alter Nimbus 2001 – ein seltenes Stück, das nur zweihundert Mal produziert wurde. Und jetzt hören wir auf, Zeit zu schinden, in Ordnung?“ Grinsend drückte er seinem Sohn die Schale mit dem Flohpulver in die Hand, da er wusste, dass Ron seinen Kamin immer offen hatte. Somit liefen sie nicht Gefahr, mit einer Barriere zu kollidieren.   „Geht klar, Dad.“ Auch Scorpius lächelte, nahm das Pulver und verschwand in den grünen Flammen, die ihn sicher nach Hogwarts transportieren würden, ehe Draco ihm folgte und selbiges tat.   Allerdings sollte auch Draco sofort merken, dass es zukünftig besser wäre, sich über den Kamin anzumelden, denn kaum war er aus dem Kamin ersichtlich, sah er schon Ron, der mit verschränkten Armen – dennoch feixend – hinter seinem Schreibtisch stand.   „Bei Merlin, Draco. War das nötig?“, schimpfte Ron verschmitzt.   „Was genau meinst du?“, erwiderte Draco daraufhin belanglos, während er sich den schwarzen Ruß von den Schultern klopfte. „Dass ich durch deinen Kamin flohe? Nun, dann lass ihn nicht offen?“   „Witzig, Draco. Echt witzig.“   Scorpius hingegen stand etwas überrumpelt neben seinem Vater und sah mit zusammengekniffen Augen nach oben. „Siehst du“, flüsterte er anschließend. „Ich hab dir gesagt, dass das keine gute Idee ist.“ Dass es ihm unangenehm war, vor seinem Lehrer zu stehen und dem Wissen, dass sein Vater diesen kannte, machte Scorpius mittels seiner Haltung nur zu deutlich.   „Dich trifft keine Schuld, Scorpius“, entgegnete Ron, der zu dem Jungen herangetreten war und seine Hand auf dessen Schulter legte. „Aber wenn du ja jetzt schon mal hier bist, kannst du ja solange zu Hagrid gehen, bis deine Freunde heute Abend ankommen, oder? Immerhin wird ja auch deine Schwester heute in ihr Haus eingeteilt und das willst du sicherlich nicht verpassen?“   „Nein, will ich nicht.“   „Darüber muss er sich gar keine Gedanken machen, Ron. Auch sie wird eine Slytherin – wie ihr Vater“, mischte Draco sich ein, der seinen Sohn mit einem Wink verabschiedete, nachdem dieser bereits mit Sack und Pack die Tür ansteuerte.   „Ich schreibe euch, ja?“ Doch noch ehe sein Vater ihm antwortete, verschwand Scorpius aus der Tür und er war froh, sich der Situation entziehen zu können. Denn wer saß schon gerne im Büro eines Lehrers? Hinzu kam die Anwesenheit seines Vaters und Scorpius konnte sich bedeutend spannendere Situationen vorstellen, als weiterhin mit Ron und seinem Dad in einem Zimmer zu sitzen.   „Du scheinst dir sicher zu sein, was Hailies Haus angeht, was? Nun, Hermine ist anderer Meinung.“   „Meine Frau ist die klügste Hexe ihrer Zeit, aber sie irrt sich diesbezüglich“, klärte Draco sein Gegenüber auf.   „Mal was anderes“, begann Ron das Thema zu wechseln. „Wieso floht ihr in mein Büro?“ Er ahnte bereits, woran es lag und sprach unbekümmert weiter: „Hast dich wohl doch nicht getraut, mit dem Auto zum Bahnhof zu fahren, was?“ Grinsend nahm er wieder hinter seinem Schreibtisch Platz, wo er sehnsüchtig darauf wartete, dass Draco endlich gestand, die Fahrprüfung – wie Ron damals – nur mithilfe eines Verwirrungszaubers bestanden zu haben. „Tja, das hätte ich dir auch direkt sagen können. Aus dem Grund fährt auch immer Lavender – sie hat die besseren Nerven im Straßenverkehr.“   „Ich kann dir versichern, dass es nicht um mein Fahrtalent geht. Trotzdem, ich bin ein guter Autofahrer, der seine Prüfung ganz ohne Zauberei bestanden hat, nicht wahr, Ronald?“, erzählte er geringfügig weiter, nachdem er seine Hände auf der Oberfläche des Tisches abstützte und seinen Körper zu Ron hinabbeugte.   Es schien wirklich nicht darum zu gehen. Das bemerkte nun auch der Lehrer für Verwandlungen, da weder Hermine, noch Hailie im Kamin aufgetaucht waren. „Dann setz dich wenigstens. Du machst mich ganz nervös.“   „Merlin, ich will mich nicht setzen, Ron.“ Die Wut kehrte zurück. Das ließ Draco seinen Freund spüren, als er die Hand auf die Tischplatte schlug. „Ich will wissen, wieso du mich nicht informierst, wenn es meinem Sohn offensichtlich schlecht geht.“ Er wollte ruhig bleiben, das hatte er sich vorgenommen, aber es störte ihn massivst, wenn er im Ungewissen gelassen wurde. „Oder willst du mir erzählen, dass niemand etwas bemerkt hat?“   Skeptisch flog Rons Augenbraue nach oben. Er musterte Dracos zitternde Hand, bevor er seinen Blick erwiderte und damit begann, die Pergamente zu sortieren. „Ich habe es bemerkt, Draco, und ich habe die betroffenen Schüler dementsprechend auch gemaßregelt.“   „Gemaßregelt?“   „Ja, gemaßregelt. Was erwartest du von mir, Draco?“   „Wer?“, wollte der besorgte Vater stattdessen wissen, ohne auf Rons Frage einzugehen. „Ronald, wer?“, fügte er bissiger hinzu.   „McLaggen, Spinnet und Kirke.“   „Gryffindors?“ Im Gegensatz zu Ron, hoben sich Dracos beide Augenbrauen nach oben. Er hatte nicht erwartet, dass drei übermütige Gryffindors die Drahtzieher waren und dafür sorgten, dass sein Sohn von so vielen gemieden wurde. „Scheint ja gar kein so tolles Haus zu sein, wie ihr mir immer weismachen wolltet.“   „Draco.“   „Was, Ron? Was?“, entfuhr es dem ehemaligen Slytherin genervt. „Was soll ich tun? Verständnis für die armen, unverstandenen Kinder aufbringen, die meinen Sohn diskreditieren – wohlgemerkt für etwas, wofür er nicht im Ansatz etwas kann?“ Seine Stimme wurde mit jedem weiteren Wort lauter. „Ja? Dafür soll ich Verständnis haben?“ Er wollte nicht sehen, dass die Kinder – die seinem Sohn Gemeinheiten an den Kopf warfen – ihm ähnelten, hinsichtlich der Arroganz und dem Irrglauben, über allem zu stehen.   Nein, das wollte er nicht, da er sich verändert hatte.   „Das sollst du nicht, aber Scorpius steht da locker drüber. Dein Sohn ist taff – und das hat er sicher nicht von dir.“   „Ach ja, denkst du das? Dass mein Sohn da locker drüber steht?“ Dass sein Sohn litt, schien anscheinend niemand bemerkt zu haben, verflucht.   „Ja!“, antwortete Ron beharrlich.   „Tze, ich weiß, dass mein Junge stark ist, aber -“   „Dann“, unterbrach der Professor ihn, „verstehe ich deine Aufregung nicht?“   „Ach, das verstehst du nicht? Nun, Weasley, dann denk noch einmal scharf nach“, empfahl Draco ihm, bevor er den Stuhl zurückzog und sich darauf niederließ. Aber sein Gegenüber schien scheinbar darauf zu warten, dass Draco seinen Hass vollständig entlud. „Merlin, ich will einfach nicht, dass Scorpius für etwas verantwortlich gemacht wird, das eigentlich auf Lucius' und meine Kappe geht, kapiert?“ Er lehnte sich in den Stuhl zurück, den Arm weiterhin auf dem Tisch liegend, während er Rons Schweigen, sowie seine argwöhnische Mimik studierte. „Ich weiß, meine Entscheidungen damals hätte ich vielleicht überdenken müssen, aber Hand aufs Herz, Ron. Hast du dir mit vierzehn oder fünfzehn Jahren darüber Gedanken gemacht, dass du dir mit Lavender eine Zukunft aufbauen willst? Hast du eine Überlegung daran verschwendet, dass es irgendwann einmal Rose oder Hugo geben wird?“   „Draco“, begann Ron beruhigend, „ich weiß nicht, welche Horrorszenarien du dir ausgemalt hast, aber ich bezweifle, dass dein Sohn untergehen wird. Schließlich hat er auch Hermines Gene, die – wie du sicherlich weißt – deine Beleidigungen überlebt hat; dir sogar all deine Fehler verziehen hat!“   „Es geht aber nicht um Hermine, sondern um meinen Sohn. Er leidet, verdammt nochmal!“   „Wenn er nur halb so frech ist, wie du es in seinem Alter warst, dann übersteht er das hundertprozentig.“ Freundschaftlich klopfte Ron ihm auf die Schulter, als er sich über seinen Schreibtisch beugte. „Aber wenn es dich beruhigt, dann werde ich noch ein wenig mehr aufpassen, ok?“   „Es beruhigt mich erst dann, wenn es Erfolg hat. Ansonsten wird Hermine hier aufschlagen“, drohte er, „und das wird – wie du sicherlich weißt – nicht wirklich gut ausgehen.“   „Und wie ich das weiß“, gab Ron ihm mit erhobener Hand recht. Hermine würde – wie jede Mutter – wie eine Löwin für ihre Kinder kämpfen. „Den Vogelschwarm muss ich ja nicht mehr erwähnen, oder?“   „Nein, musst du nicht. Aber vielleicht erwähnt Hermine ihn ja heute Abend von alleine?“ Langsam schob Draco anschließend den Stuhl zurück, denn er musste zur Arbeit. Galleonen verdienten sich schließlich nicht von alleine, wie er damals verbittert feststellen musste. Allerdings war es heute gar nicht mehr so schlimm, für sich selbst zu sorgen und für den Erfolg hart zu arbeiten. Im Gegenteil. Mittlerweile ging Draco immer gut gelaunt ins Büro, was vermutlich daran lag, dass Lucius sich zurückgezogen hatte.   „Ha, wie ich dich kenne, wirst du Hermine rein zufällig daran erinnern, nicht wahr?“, prustete Ron, der sich wieder mit seinen Pergamenten befasste und erst wieder aufsah, als Draco den Kamin erreicht hatte.   „Vielleicht?“   Kopfschüttelnd lächelte Ron. „Bis heute Abend, Draco, und noch etwas: Mach dir nicht zu viele Sorgen. Alles wird gut – sofern Hailie nicht nach Gryffindor kommt, denn sonst bin ich Hermine zwei Sickel schuldig.“   „Sie kommt nach Slytherin!“ Und mit diesen Worten warf Draco das Pulver unter sich.     ~*~     Hermine hatte es zeitweilig geschafft, ihre Haare zu glätten. Doch angesichts des aufsteigenden Dunstes in ihrer Küche, standen diese inzwischen in alle Richtungen. Die Verzweiflung die sich in ihrem Gesicht ausbreitete, nahm Draco augenblicklich zur Kenntnis, der gerade mit seiner vollgepackten Arbeitstasche die Küche betrat. Der dort herrschende herrliche Duft umspielte unweigerlich seine Nase. Dennoch musste er sich nach seiner schweißgebadeten Frau erkundigen, deren Frisur er belustigt bestaunte. „Liebes, ist alles in Ordnung?“   „Nein, gerade nicht“, begrüßte sie ihren Mann, während sie sich über ihre nasse Stirn rieb. „Ich frage mich, wie Ginny das immer schafft. Sie könnte fünf Kinder haben, nebenbei ein fünf-Gänge-Menü zaubern, die Kinder erziehen, Blaise in seine Schranken weisen und Trollen das Einmaleins beibringen.“ Darauffolgend ließ sie sich erschöpft in den Stuhl zurückfallen, den Draco zu ihr herangezogen hatte.   „Sieht doch gut aus“, erwähnte er beiläufig, nachdem er einen Blick in den köchelnden Topf warf, aus dem dicke Dampfschwaden stiegen. „Mach dich nicht verrückt und beruhige dich etwas. Der ganze Stress heute war für uns alle etwas viel, nicht? Erst Scorpius' Dickkopf, dann noch Hailie zum Bahnhof fahren.“   „Du bist mit ihm in Rons Büro gefloht, richtig?“, fragte sie entspannt und genoss die sanften Berührungen an ihren Schläfen.   „Ronald ist ein Verräter“, flüsterte er in ihr Ohr. Entfernte sich jedoch davon, nachdem es an der Tür läutete. „Bleib sitzen. Ich mache auf.“ Glücklich darüber, dass er heute pünktlich zuhause war, um alles hören zu können, was Potter zum Besten gab, marschierte er zur Tür. Letzte Woche kam er nämlich zehn Minuten später. Ein Ausmaß, dass er nicht mehr erleben wollte, aufgrund dessen, dass Harry bereits mehrere Anekdoten aus ihrer Jugend erzählt hatte. Jeder hatte sich köstlich amüsiert – wirklich jeder, bis auf Draco, der mürrisch dazwischen saß und Harrys Späße ertragen musste.   Aber heute würde es nicht nochmal so sein. Nein, Draco war pünktlich und könnte sofort dazwischenfunken. Vergnügt – aufgrund Potters Gesicht, wenn auch er sah, dass Draco bereits zuhause war – öffnete er die Tür. Doch statt sich über Potters entgleisende Züge zu freuen, waren es seine, die zusehend davonschwammen.   Er konnte seinen grauen Augen anscheinend nicht mehr trauen. Mehrmals blinzelte Draco, doch noch immer sahen seine Augen in die ihm gegenüberliegenden grauen Augen.   „Was soll das?“, knurrte er, aber er konnte sich schon denken, was das werden sollte.   „Draco, mein verschollener Zwilling“, entkam es der Stimme fröhlich, die unverfroren den Treppenabsatz passierte und nun im Flur des malfoy'schen Cottage stand. „Willst du mir – ebenfalls Draco, angenehm – nicht einmal guten Tag sagen?“ Prompt schnappte sich Dracos Doppelgänger die Hand des echten Draco Malfoys und schüttelte diese amüsiert.   „Potter, ich frage nochmal: Was soll das?“, bemerkte Draco spitz, ehe er über Harrys Schulter sah und Astoria erblickte, die hinter ihrem Mann stand und kicherte. „Du bist zwar jetzt attraktiv, aber das ändert nichts an deinem Verstand, den du offenbar verloren hast.“   Aber statt reumütig an ihm vorbeizugehen, beugte sich Harry zu seinem Freund und flüsterte: „Deine Frau sagte mir am Bahnhof, dass du pünktlich sein wirst. Da musste ich umdisponieren. Hermine war sogar so nett und hat mir dieselben Klamotten zugeschickt, die du heute trägst. Ist das nicht lustig?“   „Das ist überhaupt nicht lustig!“   „Also ich finde es überaus lustig. Ich hab auch gerade irgendwie ein Déjà-vu. Du auch, Draco?“   „Nein!“ Er konnte immer noch nicht glauben, dass das – was sich vor ihm abspielte – gerade wirklich passierte. Und was sagte das Narbengesicht? Hermine war in dieses dämliche Spiel involviert und wusste davon? Seine eigene Frau? Oh, wie sehr er sie dafür heute Abend strafen würde. Immerhin waren beide Kinder außer Haus. Er könnte sie und ihren verruchten Körper durch das gesamte Haus treiben. „Es wundert mich eher, dass du es geschafft hast, Vielsaft-Trank zu brauen.“ Merlin, Potter hatte Vielsaft-Trank zu sich genommen – mit Dracos Haaren vermengt.   Das war also seine Rache – nach dreizehn Jahren.   Dreizehn Jahre!   „Florfliegen und Blutegel, Flussgras und Knöterich, kleingeschnittene Baumschlangenhaut“, sang Harry unbekümmert vor sich hin, nachdem er tiefer in das Haus eindrang – gefolgt von seiner Frau, die Draco umarmte und ihm den mitgebrachten Wein überreichte.   „Tze, ich hatte dich damals bedeutend besser imitiert, Narbengesicht. Du denkst doch nicht“, kommentierte er weiter, während er seinem Zwilling in die Küche folgte, „dass du das besser kannst. Pah, lächerlich“, winkte er genervt ab, ehedem er sich mit dem Wein in der Hand neben sein Double stellte.   Harry dagegen erfreute sich sichtlich an dem Spiel. Er stemmte die Hände in die Hüften, sah zu Draco und schimpfte: „Also wirklich, Harry. Ich finde es echt zum Kotzen, dass du so kindisch bist. Nur weil ich einmal deine hässlichen Haare an mich genommen habe, um deine ekelerregende Identität zu klauen, musst du nicht gleich so infantil sein und dich an meiner genialen Idee bereichern – die ich mir im Übrigen ganz alleine ausgedacht habe. Du solltest dich schämen, Harry. Wirklich, schäm dich.“   „Merlin, Potter, du bist doch auf dem Weg hierher gegen irgendeinen Baum gerannt.“   „Eine Frechheit, einfach zu behaupten, dass ich Harry bin!“, echauffierte sich Harry, der insgeheim mit einem Lachkrampf zu kämpfen hatte, der unbedingt aus ihm herausbrechen wollte. Demzufolge wusste er nicht, wie lange er die Fassade noch aufrecht erhalten konnte. Folglich wandte er sich schnell an Hermine, damit diese den echten Draco küsste und Harry endlich wieder lachen konnte. „Hermine, Darling. Sag Harry endlich, dass er seine albernen, idiotischen Scherze lassen soll. Das ist doch unerhört.“   „Also -“ Verlegen kratzte sich Hermine am Hinterkopf. Neben ihr stand Astoria, die ebenfalls mit ihrem Lachen schwer zu kämpfen hatte. Beide Frauen wussten längst, wer der echte Draco und wer der echte Harry war. Schließlich stand ein breit grinsender Draco neben einem wütend ausschauenden Draco, der genervt die Arme verschränkte – wohingegen Harry es ihm gleichtat. Doch statt böse zu gucken, vergrößerte sich sein Grinsen nur noch mehr.   „Ich weiß auch nicht so recht. Wer ist denn nun dein Mann, Hermine?“, erklang Astorias Stimme.   „Dass ihr beiden da noch mitspielt!“, schnauzte Draco daraufhin. „Wir kennen doch alle Harry Potter“, fuhr er ungezügelt fort und zeigte mit dem Finger auf seinen Nebenmann. „Er kann sich eben keine eigenen Ideen einfallen lassen.“   „Oh, also das schmerzt, Draco.“   „Sieh dir meinen Körper genau an, Harry. Das wirst du niemals haben.“ Er musste nun ebenfalls aufziehen. Aber ob er wirklich wollte, dass jemand anderes außer Hermine seinen Körper begutachtete? Nein, eigentlich wollte er das nicht. Schon gar nicht, dass Harry derjenige sein sollte.   „Unglaublich, was ich mir hier anhören muss. Hermine, Schatz, zeig Potter endlich“, gab Harry entrüstet von sich und zeigte ebenfalls auf Draco, „wer dein überaus charmanter, gut aussehender Mann ist. Ist ja wirklich lächerlich das Ganze.“   „Ist es auch“, blaffte Draco. „Nach dreizehn Jahren kommst du und -“   Moment. Draco unterbrach sich selbst, als er mit großen Augen den Schritten seiner Ehefrau folgte, die dem falschen Draco gefährlich nahe kam.   Doch kurz bevor sie Harry umarmte, drehte sie sich kichernd zu Draco, den sie stattdessen zu sich heranzog und ihre Lippen mit seinen versiegelte.   „Merlin, Granger. Du hast mir 'ne scheiß Angst eingejagt“, murmelte er, als er den Kuss vorsichtig löste.   „Denkst du wirklich, dass ich meinen Ehemann nicht erkenne?“   „Doch, aber kindisch seid ihr trotzdem, während ich erwachsen geworden bin“, argumentierte er und grinste die anwesenden Menschen an, die er inzwischen sehr gerne um sich hatte. Vermutlich hatte er Potters Rache verdient, ja. Potter hatte das Recht, ihn hereinzulegen. Dennoch wandte er sich an seinen Zwilling und grinste: „Das wird die schlimmste Stunde meines Lebens, Potter. Aber ein Gutes hat die Sache: In einer Stunde werde ich derjenige sein, der lacht. Dann werden dir nämlich meine Klamotten zu groß sein und ich hoffe, du hast keine Ersatzkleidung dabei.“ Abschließend gab er seinem einstigen Feind einen Stoß gegen dessen Schulter, woraufhin auch Harry lächelte. „Aber wenigstens weiß ich jetzt, wieso Albus nach Slytherin kam.“   „Wo wir schon davon sprechen: Wann kommt Ron?“, erwiderte Harry und sah zu Hermine, in der Hoffnung, dass sie ihn aufklären konnte. „Ich will unbedingt wissen, in welches Haus Lily gekommen ist. Ich hoffe ja, dass sie nach Gryffindor gekommen ist.“   „Hey“, fuhr Astoria dazwischen, die den zynischen Unterton in der Stimme ihres Mannes heraushören konnte. „Ich dachte, die Häuserstreitigkeiten wären aus der Welt geschafft?“   „Sind sie“, beschwichtigte Harry seine Frau mit erhobenen Armen. „Aber nachdem Albus nach Slytherin kam, muss doch ein Potter wenigstens nach Gryffindor, mein Herz.“ Er würde sich in Geduld üben müssen und warten, bis Ron mit den ersehnten Neuigkeiten kam.   Indessen war Draco einfach nur noch glücklich. Er war mit den Menschen zusammen, die er mochte. Er war glücklich, dass er seit zwölf Jahren mit Hermine verheiratet war und sein Fels in der Brandung geworden war. Hermine war... Sie war unglaublich. Sie war eine Frau, die in jeder Situation – egal wie aussichtslos sie auch erschien – an seiner Seite war, zu ihm hielt und immer einen wertvollen Rat für ihn hatte. Und obwohl sie schon so lange zusammen waren, konnte er sein Glück noch immer nicht wirklich fassen – dass eine Frau wie sie, einen Idioten wie ihn lieben konnte.   Merlin, er war unendlich dankbar.   Ferner umarmte er nochmals seine Frau und flüsterte in ihre zerzausten Haare: „Ich danke dir, für deinen ständigen Halt, Liebes.“ Er liebte diese Frau, weil sie es nach zwölf Jahren immer noch schaffte, ihn zu überraschen.   „Gleichfalls, Mister Malfoy. Ich liebe dich.“   „Gleichfalls, Misses Malfoy“, raunte er und als er ihren Blick sah, zeigte er ihr sein charmantestes Lächeln. „Ich liebe dich auch.“     ~*~     Fernab der elterlichen Feierlichkeiten saß Scorpius indessen gelangweilt an einem der vier langgezogenen Tische und ignorierte die Blicke, die man ihm unaufhörlich zuwarf. Sein Vater hatte eben wie so oft recht behalten. Er war stark genug, um über diese dämlichen Blicke hinwegzusehen. Unterdessen fand vor seiner Nase das Auswahlverfahren der neuen Hogwarts-Schüler statt und wichtiger als die Blicke war, dass seine Schwester nicht in dasselbe Haus wie er eingeteilt wurde. Neben ihm saß Albus und auch sein Blick war – wie der von Scorpius – zum Podium nach vorne gerichtet. Sie beide hatten selbst vor einem Jahr dort gestanden – sichtlich nervös und aufgeregt, weil Teddy Lupin ihnen erzählt hatte, dass sie Prüfungen bestehen mussten, obwohl sie noch gar nicht zaubern konnten.   Was hatten Albus und er Angst gehabt. Am Ende stellte sich jedoch heraus, dass Teddy sie nur veralbern wollte.   „Und? Was denkst du?“, flüsterte Albus. „In welches Haus wird Hailie kommen?“   „Ich hab keine Ahnung. Ich hoffe nur, dass sie nicht nach Slytherin kommt“, erwiderte der blonde Junge und richtete seinen Blick nun auf Lily Potter – die er überhaupt nicht leiden konnte –, auf seine jüngere Schwester und auf Rose. „Das wäre eine Katastrophe, wenn die Mädchen zu uns kämen. Die würden unseren Eltern doch in jedem Brief schreiben, was wir tun.“   „Ja, deswegen hoffe ich auch, dass Lily nicht nach Slytherin kommt.“   Anschließend sahen sie zum Ravenclaw-Tisch. Dort saß David, der breit grinsend winkte und die Jungs den Gruß feixend erwiderten. David war wie sie. Auch er wollte immer wieder neue Dinge entdecken, wenngleich sein Hang – immer erwischt zu werden – nicht sonderlich hilfreich war. Dennoch gehörte er zu ihnen. Wie auch Sophie, die zum Erstaunen ihrer Eltern nach Gryffindor gekommen war. Immerhin waren Pansy und Gregory in Slytherin gewesen. Aber Sophie verspürte schon immer den Drang, Albus, Scorpius und David vor Dummheiten zu bewahren. Sie war eben ein mutiges Mädchen.   „Zur Not haben wir ja die Karte, oder? Du hast sie doch finden können?“ Scorpius hatte sich nicht getraut, seine Eltern zu fragen, ob es diese Karte tatsächlich gab, aber er war sowieso von der Existenz überzeugt. Wieso auch nicht? Albus zog sich so etwas wichtiges ja nicht aus den Fingern.   „Klar hab ich sie gefunden“, erwähnte Albus entrüstet. Dass sein bester Freund dachte, dass er scheiterte... Tze, das war doch nicht zu fassen. „Ich sehe vielleicht nicht so gut aus wie du, Scor, aber ich bin ebenfalls clever.“   „Immerhin etwas, oder?“   „Andernfalls hätten wir Hugo beauftragt, die Karte zu suchen, wenn er bei meinem Vater zu Besuch wäre.“ Hugo würde erst nächstes Jahr nach Hogwarts kommen und die beiden Jungs waren froh darüber. Dennoch blickten sie zum Lehrertisch, wo sie Ron sahen, der die Zeremonie begeistert beobachtete.   „Hailie Narzissa Malfoy!“, rief derweil Professor McGonagall in die kleine Gruppe, die vor ihr stand.   Schüchtern trat ein kleines Mädchen hervor, das nach Luft schnappend die wenigen Stufen erklomm und auf dem Schemel Platz nahm. Nun müsste das Mädchen mit den langen braunen Haaren nur darauf warten, dass die bebrillte Hexe – die zudem eine schöne giftgrüne Robe mit keltischen Zeichen trug – ihr den Hut aufsetzte, von dem ihre Mutter erzählt hatte.   Es dauerte auch gar nicht lange. Noch ehe Hailie ihre Beine überkreuzten konnte, hatte Professor McGonagall ihr den Hut aufgesetzt, der sofort zu sprechen bekann.   „Oh, was sehe ich denn da? Eine Malfoy, ja?“, züngelte der Hut, dessen Stimme nur Hailie hören konnte. Erst wenn er das gewählte Haus bekannt gab, konnte jeder die Stimme des sprechenden Huts hören. „Hm... Schwierig. Äußerst schwierig.“   „Wieso?“, flüsterte Hailie ehrfürchtig.   „Ich sehe Talent. Ich sehe, dass du deinen Eltern in nichts nachstehst, was Intelligenz betrifft, aber wo stecke ich dich hin?“ Der verfilzte Hut ließ sich Zeit. Weit mehr als zwanzig Minuten grübelte er. „Stecke ich dich nach Ravenclaw? Oder doch lieber nach Gryffindor? Mutig und tapfer bist du, aber auch klug.“   Das Mädchen wurde nervös, woraufhin ihre Beine zu wippen begannen. Ihre Augen waren geschlossen und sie hoffte inständig, dass es bald zu Ende wäre. Mussten sie etwa doch eine Prüfung machen? Albus und Scorpius hatten ihr im Flur erzählt, dass es möglich wäre.   Aber nein. Das war Humbug. Niemand musste eine Prüfung machen. Schließlich hatte sie schon oft mit ihrem Opa Lucius über Hogwarts gesprochen und nie hatte er etwas von einer Prüfung erwähnt. Und wem würde sie mehr Glauben schenken? Ihrem Bruder und seinem Freund oder ihrem Opa?   Die Frage war selbsterklärend. Natürlich glaubte sie ihrem Großvater. „Gryffindor!“, schrie plötzlich der sprechende Hut, wonach man Scorpius erleichtert aufatmen hören konnte, dies jedoch durch den Applaus der Lehrer verschluckt wurde und das Mädchen lächelnd zu den applaudierenden Gryffindors lief.   Auch Minerva lächelte. Sie freute sich, dass eine Malfoy den Weg nach Gryffindor gefunden hatte. Allerdings sah sie auch etwas wehmütig der Zukunft entgegen. Jedes Jahr kamen neue Schüler, die sie kennenlernen würde. Andernfalls entließ sie auch jedes Jahr den letzten Jahrgang... und es fiel ihr doch schwer, dass sie ihre Schützlinge nicht immer sehen würde. Ob Albus Dumbledore ähnlich gefühlt hatte, wie sie selbst? Nun, sie müsste sein Portrait irgendwann einmal danach fragen...   Nichtsdestotrotz hielt sie wieder das Pergament vor ihr Gesicht und las den nächsten Namen laut vor: „Lily Luna Potter!“   Auch dieses Mädchen setzte sich auf den Schemel. Ferner bemerkte Scorpius die Anspannung in Albus' Körper, dessen grüne Augen gebannt auf das Mädchen gerichtet waren.   „Gryffindor!“   „Merlin, geschafft!“, entkam es Albus, der die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. „Jetzt nur noch einmal bangen und hoffen, dass Rose nicht nach Slytherin kommt.“   „Ja.“   Minerva kam schlussendlich bei der Tochter ihres Arbeitskollegen an, woraufhin Ron sich aufmerksam nach vorne beugte, nachdem seine Rose Platz genommen hatte und die Direktorin ihr den Hut aufsetzte. Er wollte zwar nicht, dass man ihm die Nervosität ansah, aber er konnte sich nicht bändigen. Aufgeregt tippten seine Füße abwechselnd auf den Boden.   „Ravenclaw!“   Grundgütiger, Ron wäre am liebsten aufgesprungen. Jedoch konnte er sich im letzten Augenblick zusammenreißen, indem er seiner Tochter nur zuzwinkerte, als diese an ihrem Häusertisch angekommen war.   „Was ein Nervenkitzel!“, hauchte Scorpius und klatschte gegen die Hand seines Sitznachbarn. Die drei nervigen Mädchen waren nicht nach Slytherin gekommen... Wobei, gegen Rose hätte er nichts gehabt, da er sie irgendwie mochte. Aber das war nebensächlich. Wichtig war, dass sie ungehindert Spaß haben konnten und vielleicht würde er es ja schaffen, tatsächlich für Slytherin Quidditch spielen zu können – zusammen mit Albus. Sein Besen – der einst seinem Vater gehörte und der ebenfalls für Slytherin gespielt hatte – stand jedenfalls neben seinem Bett bereit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)