The Warning! von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 25: Hogsmeade --------------------- - Kapitel fünfundzwanzig -   Angesichts seines Glücks beschloss Draco, der mit dem Buch unter seinem Arm nach Hogsmeade gestiefelt war, nicht allzu lange in den drei Besen zu verweilen. Er dürfte nicht zu hoch pokern, da die Chance, Granger in Hogsmeade anzutreffen, groß war und bei Merlin, er wollte sie keinesfalls in Begleitung eines männlichen Schülers im Dorf sehen. Draco kannte nämlich bereits das Ende. Entweder würde er blindwütig auf denjenigen einschlagen oder schlussendlich mit Potter diskutieren, der sich bekanntlich in alles einmischen musste, was ihn grundsätzlich nichts anging.   Aber genau das war Potter, der mit seiner andauernden Präsenz was erreichen wollte? Wollte er Draco verunsichern, ihm suggerieren, dass er über alles Bescheid wusste und sich demnach in alles einmischen durfte? Ha, nein. Aber nebst Potter gab es ja auch noch Weasley, den wandelnden Misserfolg. Wie kläglich der rothaarige Weasley versucht hatte, Draco ins Gewissen zu reden... Es war jämmerlich, fast schon komisch, wenn das Thema nicht so ernst gewesen wäre.   Doch das dürfte ihn gar nicht mehr stören. Viel mehr sollte er sich darauf fokussieren, die drei Besen hinter sich zu lassen, nachdem er seinen ersten Feuerwhiskey geleert hätte.   Im Anschluss schob er die knarrende Holztür in das Innere des heruntergekommenen Etablissements. Allerdings war es hier erträglicher als im Eberkopf. Hier trieben sich zwar auch – ähnlich wie in Aberforths Bude – zwielichtige Gestalten herum, doch achtete Madam Rosmerta, die er hinter der Theke entdeckte, stets auf ein sauberes Lokal. Indessen wanderte sein Blick weiter umher – bis zu einer abgedunkelten, weiter hinten gelegenen Ecke, in die sich Ginny Weasley und Blaise zurückgezogen hatten und scheinbar auf ihn warteten.   Amüsiert, bezüglich ihrer erschrockenen Blicke, sobald die Tür aufgezogen wurde, näherte er sich dem unterschiedlichen Paar. Doch bevor er sich setzte, legte er das Buch auf den Tisch, presste nachfolgend seine Hände auf die Rückenlehne des Stuhls und lächelte: „Eins muss man dir lassen, Weasley. Du hast Mumm, dich mit Blaise in der Öffentlichkeit zu zeigen, obwohl die Gefahr besteht, dass dein Bruder hierher kommt.“ Das war die Art Begrüßung, die Draco bevorzugte – offen und direkt zu sein, was er jedoch in Grangers Gegenwart nicht mehr zu können schien.   Sobald sie auftauchte, wurde er weich.   „Dasselbe kann ich nur zurückgeben, Malfoy. Du hast ebenfalls Mumm, da du – trotz der Situation – noch immer eine dicke Lippen riskierst“, stichelte Rons kleine Schwester, die auf alles gefasst war und zeitgleich den Entschluss fasste, Malfoy noch heute Abend in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors zu zerren, sollte er weiterhin so zynisch sein. „Aber erzähl: Wie geht es dir? Ich hoffe schlecht?“   Es waren noch keine zwei Minuten vergangen und sie stritten bereits. Blaise, der zwischen den Stühlen saß, fühlte sich zunehmend unwohler. Auf der einen Seite saß nämlich seine Freundin, die seinen Zuspruch erwartete. Auf der anderen Seite stand sein bester Freund, der selbiges verlangte und Blaise sich nicht sicher war, ob es richtig wäre, überhaupt für jemanden Partei zu ergreifen. Stattdessen erhob sich der unsichere Schüler und schritt kommentarlos zur Theke.   „Das willst du hören, was?“, erwähnte Draco anschließend, während er seinem besten Freund nachsah. Aber er brauchte Blaise nicht, um sich gegen die kleine Weasley durchzusetzen. Das schaffte er noch alleine – im Gegensatz zu ihr. „Dass es mir furchtbar geht, aber“, fügte er blasiert hinzu und zog den Stuhl zurück, „ich muss dich enttäuschen, Fräulein. Mir geht es hervorragend.“   „Oh ja, das sieht man“, funkelte Ginny ihm böse entgegen.   „Erwartest du, dass ich mich in meinem Zimmer verschanze und nie wieder einen Fuß in die große Halle setze? Oder gehen deine Gedanken gar so weit, dass ich Grangers Anblick nicht ertragen könnte?“ Nun, er konnte in Weasleys Gegenwart mit offenen Karten spielen – sie wusste sowieso über alles Bescheid. Währenddessen richtete er seinen Umhang und überkreuzte die Beine unter dem Tisch, um diese nervtötende Tortour zumindest in einer gemütlichen Position ertragen zu können. „Tut mir leid. Diesen Gefallen werde ich dir nicht tun, so gern das auch dein Wunsch wäre.“   Merlin, war er nicht hierhergekommen, um sich abzulenken? Anscheinend nicht, da er mit Ginny Weasley diskutierte.   „Mir kannst du nichts vormachen, Malfoy.“ Unbewusst hatten ihre Finger nach einem der Zahnstocher gegriffen, die auf jedem Tisch parat standen, um sich unangenehme Essensreste aus den Zähnen zu fischen. „Ich sehe deine Verzweiflung und ich weiß, dass du dich zu gerne in deinem Zimmer einschließen würdest, dein Stolz aber immer noch zu groß ist.“   Bevor er dem Mädchen antwortete, beobachtete er ihre Finger, die eifrig den Zahnstocher bearbeiteten. „Nervös?“   Ihm war es augenblicklich aufgefallen, weil Lucius ebenso agierte, wenn er nervös wurde. Auch sein Vater hatte des Öfteren zu jenem Hilfsmittel gegriffen, in das er seine Nervosität hinein projizieren konnte.   „Weswegen?“, fragte Ginny. „Weil wir alleine am Tisch sitzen?“, vervollständigte sie ihre Frage, bevor sie diese von selbst beantwortete: „Nein. Es sei denn, du bist nur hier, um auch meine Identität zu klauen?“ Dass Ginny ihm mit diesen Worten wortwörtlich ins Gesicht schlug, wusste sie, aber war Malfoy anders? Verdiente er eine behutsamere Behandlung, angesichts der Situation? Im Gegenteil, da er sich ebenfalls Hilfsmitteln bediente, die allerdings jenseits von Gut und Böse waren. „Aber ich warne dich vor: Ich bin mit sechs Brüdern aufgewachsen. Denk also nicht, dass ich mich nicht gegen dich wehren könnte.“   „Du hast also keine Angst?“, raunte Draco, der es förmlich genoss, sie in die Ecke zu treiben. „Solltest du haben, weil gebrochenen Männer ziemlich gefährlich sein können.“   „Ist das eine Drohung?“, fauchte Ginny leise zurück. Gerne würde sie ihr Gegenüber am Kragen packen, ihn über den Tisch schleifen und zu Boden reißen. Seine gespielte Selbstgefälligkeit ging ihr gegen den Strich und das sollte er ruhig erfahren. „Mach dir nicht die Mühe, mich zu bedrohen. Ich weiß nämlich alles, Malfoy, was Grund genug wäre, dir eine zu verpassen. Aber ich weiß auch, dass du dich in Hermine verliebt hast – ohne es zu wollen. Von daher macht mir deine Drohung kein bisschen Angst und du solltest dich eher fragen, wer hier wem also gefährlich werden kann, klar?“   Vergnügt legte sich Draco in seinen Stuhl zurück, ehedem er seine Hände hinter seinem Kopf ineinander faltete. „Das dachte ich mir, dass du alles weißt. Vermutlich teilt ihr auch eure Höschen untereinander, was ich jedoch nicht hoffe. Sonst bestünde die Gefahr, dass ich dein Höschen zerrissen habe“, knurrte er anschließend ungehaltener. Infolgedessen hatten sich auch die Hände hinter seinem Kopf zu Fäusten geballt, weil sie es tatsächlich schaffte, ihn zu provozieren. Ja, Abschaum provozierte ihn. „Oder verwickelst du mich absichtlich in ein derartiges Gespräch“, offenbarte er einen neuen Gedanken und lehnte sich nach vorne, „weil du wissen willst, wie gut ich im Bett bin?“   Für gewöhnlich hatte er nie Probleme, bezüglich seiner Sexualität. Trotzdem war es ihm unangenehm, ausgerechnet mit der kleinen Weasley darüber zu debattieren, wenngleich er wusste, dass das das Letzte war, worüber sie sprechen wollte.   „Keine Sorge, das interessiert mich kein Stück. Ich bin lediglich hier, weil Blaise mir von deinem Kummer erzählte.“   War abzusehen. Wann erzählte Blaise mal etwas nicht? Pansy schien er ebenfalls etwas erzählt zu haben, weshalb sie ihm keine Ruhe ließ und auch das Bedürfnis verspürte, mit ihm zu reden und ihn abzulenken. Aber das mussten sie nicht, weil er wunderbar alleine zurechtkam.   „Aber ich sage dir was: Einen Freund wie Blaise hast du gar nicht verdient, Malfoy. Er macht sich Sorgen und was tust du? Ihn vor den Kopf stoßen und seine Bemühungen mit keinem Wimpernschlag würdigen.“ Inzwischen war es Ginny gelungen, den Zahnstocher aus der Hand zu legen. „Du hast nicht den Schneid, zu deinen Missetaten zu stehen. Stattdessen versuchst du ständig, andere für dein Versagen verantwortlich zu machen, was ziemlich erbärmlich ist.“   Gerade wollte er der vorlauten Göre erklären, dass er nicht um Hilfe gebeten hatte. Dass diese ihm quasi aufgezwungen wurde, aber er kam nicht dazu, da Blaise zum Tisch zurückkehrte.   „Ihr lebt ja noch, was mich natürlich freut“, scherzte der dunkelhäutige Junge, hinter dem ein Tablett schwebte, auf dem sich drei Butterbier befanden.   „Ich würde deinem wohlbehüteten Augapfel doch keinen Schaden zufügen, Blaise“, knurrte Draco, der seinen Blickwinkel änderte, aufgrund ihres Feixen. Merlin, die Kleine hatte ihm spöttisch entgegen gegrinst, während sie einen kräftigen Schluck ihres Getränks nahm. Dabei hatte sich Draco Gedanken gemacht – unzählige Gedanken, die ihm sehr wohl aufzeigten, dass er Fehler machte. Es waren reichlich Fehler gewesen, die er nicht mehr zählen konnte. Alleine der Umstand, sie sieben Jahre lang Schlammblut genannt zu haben, war ein ausschlaggebender Punkt, ihm gar nicht mehr zu verzeihen, aber... er wollte, dass sie ihm verzieh. Er wollte es unbedingt.   Draco wollte, dass das Mädchen, das er liebte, ihm verzieh. Dass sie ihm alles verzieh... Aber das war wohl zu egoistisch, da er nur an sich dachte und ihre Liebe wollte, ohne daran zu denken, wie schlecht es ihr ergangen war – aufgrund seiner Beleidigungen. Doch heute, sieben Jahre später, wusste er es selbst. Draco wusste, dass er gemein war. Jedoch kam die Erkenntnis zu spät, weil er das Mädchen verloren hatte. Verdammte Hippogreifkacke. Dabei hatte er ihretwegen Sherlock Holmes gelesen. Draco hatte das verdammte Muggelbuch gelesen, wodurch er nun auch wusste, was ein Chronist war.   Ja, sie müsste ihm nicht mehr erklären, was ein Chronist war – der in der Zauberwelt unter dem Namen Historiker und Geschichtenschreiber bekannt war. Aber was brachte ihm diese Information? Nichts. Draco könnte demzufolge auch nicht freudestrahlend auf Granger zugehen und ihr erzählen, dass er – Draco Malfoy, Reinblüter und Slytherin – nun wusste, was ein Chronist war, da sie ja nicht mehr mit ihm sprach.   „Bist du dir sicher, Draco?“, versicherte sich Blaise noch einmal, ehe er selbst sein Butterbier anhob und trank.   „Ja!“   „Schön. Dann genieß dein Ingwer-Butterbier, meine kleine Diva.“ Auffordernd schob Blaise den Krug seines Freundes näher zu ihm heran, damit dieser trank.   „Du trinkst dein Butterbier mit Ingwer?“ Indes analysierte Ginny diese Information. Niemand den sie kannte, mochte den Zusatz Ingwer – abgesehen von Malfoy und... Hermine. Es klang vielleicht skurril, aber die junge Weasley-Tochter glaubte nicht an Zufälle. Hermine und Malfoy mussten einfach zusammenpassen, wenn man schon denselben abscheulichen Geschmack hatte, was den Geschmack von Butterbier betraf. Natürlich würde sie anhand dieses Umstandes nicht behaupten, dass das ein Garant für die perfekte Liebe wäre, aber es war doch unheimlich, dass sie ausgerechnet diese Gemeinsamkeit hatten – von ihrem ähnlichen Intellekt mal abgesehen. Aber wer wusste, worin sich die beiden unterschiedlichen Schüler noch ähnelten?   Genervt stellte Draco daraufhin den bereits angesetzten Krug auf den Tisch zurück, ohne etwas davon getrunken zu haben. Blaises Äußerung war... nicht angebracht. „Versuchst du mich vor deiner Freundin blöd aussehen zu lassen, Zabini?“ Die Kleine schaffte es, ihn zu provozieren. Blaise hingegen würde es noch schaffen, dass er explodierte. „Lass es lieber. Ich will nämlich nicht, dass deine Freundin“, fuhr er abfällig fort, „dich in den Krankenflügel tragen muss.“   „Komm, Draco, das war ein kleiner Scherz meinerseits. Du bist eben eine kleine Diva, die ihr Butterbier nur mit Ingwer trinkt – wieso auch immer?“ Blaise dachte, Draco würde sich über den Diva-Zusatz echauffieren, aber dem war nicht so. Dracos Zorn rührte daher, dass Blaise erwähnte, dass das Butterbier mit Ingwer gemischt worden war, aber das verstand Blaise nicht. „Hast du dir wenigstens etwas überlegen können, was Grangers Geschenk angeht? Ginny kann dir sicherlich helfen, nicht -“   „Blaise.“ Seine Hand war flach auf den Tisch platziert. Allerdings so fest gegen das marode Holz gedrückt, dass seine Knöchel weiß hervortraten. „Du weißt, ich paraphrasiere gerne. Lassen wir also die Förmlichkeiten und beschönigen nichts. Daher mein Rat: Halt dein vorlautes Maul. Tust du das nicht, dann fühl dich vorher wenigstens gewarnt, wenn meine Faust gleich in deinem Kiefer sitzt.“   Verdammt! Draco wollte vieles, aber nicht, dass Ginny Weasley wusste, dass er sich Gedanken um Granger machte. Nein, er wollte stattdessen, dass sie Granger erzählte, wie gut es ihm ohne sie ging. Aber er hatte die Rechnung ohne Blaise Zabini gemacht, der seiner Freundin brühwarm kolportierte, wie verzweifelt er in Wirklichkeit war. Und gerne hätte sich der blonde Slytherin die Haare gerauft, aber das war etwas, das ihn mit Potter verbinden würde, was er unter allen Umständen vermeiden wollte.   „Aber -“   Unverzüglich flog daraufhin Dracos Zeigefinger nach vorne – direkt vor Blaises Augen. „Die eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Hast du das vergessen, mein Freund?“ Musste er seine Wut doch so sehr veranschaulichen? Musste er Blaise mit solch deutlichen Worten sagen, dass er Draco mit seinen Äußerungen demaskierte?   Doch statt auf eine Erklärung zu stoßen, war es Ginny, die sich einmischte. „Malfoy, Blaise führt dich nicht vor – man sieht ohne sein Zutun, wie schlecht es dir geht.“ Dass es dem jungen Mann nicht gut ging, sah man tatsächlich. Auch dass er sich für seine Gefühle schämte. Ebenso wurde ihr klar, wieso Malfoy so verbissen reagiere; weil er jene Gefühle mithilfe von Aggressionen kaschieren wollte, so dass Ginny sie nicht sah, aber sie begriff. Sie begann zwischen den Zeilen zu lesen, auch wenn das bedeutete, dass sie die Erste war, die auf Malfoy zuging. Insbesondere deswegen, weil Malfoy selbst nicht im Stande war, über seinen Schatten zu springen und ihre Differenzen hinten anzustellen. Lächelnd hielt sie ihm folglich ihre Hand entgegen. „Ist es nicht langsam Zeit, unser Kriegsbeil zu begraben, Malfoy?“   Im Hinblick auf ihren Vorschlag, sah Draco zähneknirschend zu der ausgestreckten Hand. Es war bizarr, zumal sie sich während Blaises Abwesenheit noch am liebsten an den Hals gesprungen wären.   „Wir müssen auch keine engen Freunde werden, aber es wäre für Hermine leichter, wenn sie nicht so zwischen den Stühlen sitzen müsste wie Blaise, ok?“   Sie bluffte, oder? Sie spielte mit Draco, aber im Gegenzug wusste er auch, dass Blaise dem rothaarigen Mädchen vertraute. Und Draco vertraute seinem besten Freund. Konnte er demnach so weit gehen und einem Mädchen vertrauen, deren Abstammung er verabscheute? Grundgütiger, er bekam Kopfschmerzen, aufgrund der vielen Gedankengänge, die sein Gehirn beanspruchten. „Ich liebe Granger nicht. Folglich musst du dir ihretwegen nicht die Mühe machen, dich gezwungenermaßen mit mir zu versöhnen – zumal ich das auch gar nicht will.“ Nein, er konnte nicht. Draco konnte sich nicht auf ihre Worte verlassen, anlässlich der Angst, verlassen zu sein, sobald er sich öffnete. „Ich bin kein Gryffindor, der Vertrauen innerhalb weniger Momente aufbauen kann und bevor ich mich mit dir vertrage, werfe ich mich eher vor einen wilden Hippogreif.“   Er bräuchte die kleine Weasley nicht, um ein geeignetes Geschenk für Granger zu finden. In seiner gesamten Schullaufbahn hatte er dutzende Schüler über die verschiedensten Muggelerfindungen philosophieren hören. Er müsste sich bloß etwas herauspicken. Punkt.   Lieber würde er sich von naiven Teenager beeinflussen lassen, statt auf Weasleys Hilfe angewiesen zu sein.   „Ach nein? Du liebst sie nicht?“   Natürlich! Das war das einzige, was Weasleys Schwester hörte. Dass er Granger nicht liebte – den restlichen Satz unkommentiert. „Nein, tue ich nicht.“   „Dir muss man anscheinend den Zauberstab mitten auf die Brust drücken, damit du dir helfen lässt, nicht wahr?“, entgegnete Ginny amüsiert, während sie genüsslich an ihrem Butterbier nippte und Dracos säuerlichen Blick genoss. Allerdings wanderte sein Blick langsam zur Tür, was ihm ein Lächeln entlockte, woraufhin auch Ginny zur offen stehenden Tür sah... Ihr blieb jedoch das aufkeimende Lächeln im Hals stecken, jegliche Farbe entwich ihrem Gesicht, das schneeweiß geworden war. Zusätzlich sank ihr Körper mehrere Zentimeter nach unten, was beinahe dazu geführt hätte, dass sie vom Stuhl gefallen wäre, was scheinbar auch Malfoy aufgefallen war, da er nun derjenige war, der grinste.   „Ich werde gehen“, quittierte er feixend, nachdem er seinen Krug in einem Zug geleert hatte. Er erhob sich aus dem Stuhl und traf auf Unverständnis, das sich in Blaises Gesicht abzeichnete. Aber was erwartete er? Dass Draco blieb? Mit hochgezogener Augenbraue musterte er Blaise, bevor er sprach: „Was?“   „Wieso gehst du?“   „Weil ich nicht in irgendwelche Scherereien mit reingezogen werden will. Die hatte ich nämlich schon mit Granger.“ Wie immer schüttelte er seinen Umhang, strich die gebildeten Falten glatt und griff nach dem Buch, ehe er sich noch einmal an die kleine Ginny Weasley wandte. „Ich würde dir ja viel Glück wünschen, aber ich denke, dass das nicht viel bringen wird“, verabschiedete er sich lächelnd und marschierte Richtung Ausgang.   Nachdem er der Tür immer näher kam, dachte er darüber nach, ob es nicht doch besser wäre, wenn er blieb? Immerhin wäre er dieses Mal nicht das Ziel von Potters und Weasleys Wut gewesen – die nun in den drei Besen standen. Nein, er wäre nicht das Opfer ihrer Schimpftiraden, da nun die Beziehung zwischen einem Slytherin und einer Gryffindor auffliegen würde. Ein lustiges Spektakel, ja. Vielleicht sollte er doch in unmittelbarer Nähe bleiben? Kurzum entschied er sich, an der Theke Platz zu nehmen – neben einem älteren Herren -, und einen Feuerwhiskey zu bestellen.   Sein Platz bot ihm einen recht guten Blick und er konnte Granger die ganze Zeit anvisieren, nachdem die drei Gryffindors eilig einen Tisch ansteuerten, an dem zuvor noch Draco gesessen hatte.   „Showtime, Blaise“, flüsterte Draco, der den brennenden Whiskey seine Kehle hinabspülte. „Noch einen“, verlangte er im Anschluss murrend. Währenddessen beobachtete er angespannt die anbahnende Katastrophe, als Ronald Weasley seine Schritte beschleunigte und erst vor dem Tisch zum Stehen kam. Zwischenzeitlich stand auch ein neues, bis zum Rand gefülltes Whiskeyglas vor ihm. Mit zwei Fingern drehte er das Glas hin und her... Wäre nicht jetzt der perfekte Zeitpunkt, seinem besten Freund beizustehen? Bei Merlin, ja. Schließlich war es doch Blaise, der ihn nie hängen ließ. Blaise war es, der Draco immer die Augen öffnen wollte. Blaise war sein bester Freund, der immer für Draco da war – in jeglicher Situation. Blaise ertrug seine anhaltenden Stimmungsschwankungen, verdammte Scheiße!   Aber letztendlich war es etwas anderes, das Draco den nötigen Anstoß gab, sein Whiskeyglas zu leeren und aufzustehen. Denn nicht nur die hastigen Schritte waren in der Kneipe zu hören. Nein, auch Pansys Kette konnte er hören, die unaufhörlich in seiner Umhangtasche klimperte   Fuck! Es stimmte.   Draco nahm sich nie Zeit für seine Freunde. Er hinterfragte auch nie, wie es ihnen tatsächlich ging. Im Gegenteil. Für den Vorzeige-Slytherin waren seine Freunde eine Selbstverständlichkeit, die per se seine dekadente und hedonistische Art akzeptierten. Und er? Er war noch nie so aufopferungsvoll wie seine echten Freunde, die er an einer Hand abzählen konnte. Viel mehr war er in den letzten Wochen zur Last geworden. Ferner beäugte er die Situation in der abgedunkelten Ecke und Blaise tat etwas, wozu Draco noch immer der Mut fehlte – sich schützend vor das Mädchen zu stellen...   Das Glas in seiner Hand erzitterte. Die Flüssigkeit im Innern schlug Wellen, während Draco überlegte und zum Entschluss kam, endlich seinem Freund beizustehen, bevor die Situation gänzlich eskalierte. Ohne das zwei Glas auszutrinken, schob er die brennende Flüssigkeit von sich, klopfte zuvor den Boden des Glases auf die Theke und stolzierte zum Tisch zurück, um seinem besten Freund zu beweisen, dass auch er – Draco Malfoy – ein Freund war, auf den man sich verlassen konnte. Dass sein Hinzukommen womöglich das Pulverfass entzündete, wusste er, aber er würde Blaise zeigen, dass er zu ihm stand – wie prekär und gefährlich die Lage auch wäre.   „Ich glaube“, mischte sich Draco ein, als er die Gruppe erreichte und angewidert nach Weasleys Schulter griff, „es wäre besser, wenn ihr geht.“ Seine Stimme klang ruhig, jedoch mit Ernsthaftigkeit behaftet. Die folgenden Komplikationen hatte Draco in sein Kalkül mit einbezogen.   „Malfoy!“, spuckte Ron, nachdem er sich umwandte und Malfoys entschlossener Mimik entgegensah. „Das hier“, bemerkte er spitz, während sein ausgestreckter Finger um sich zeigte, „geht dich einen feuchten Dreck an, verstanden? Du hast dich nicht einzumischen.“ Im Anschluss sah er zu seiner Schwester, deren Hand um Blaises Hand geschlungen war, was Ron noch mehr ärgerte. „Und du kommst jetzt mit. Wir klären das im Schloss.“   „Ginny“, murmelte Blaise und drückte ihre Hand, da ihr Bruder bereits auffordernd seine Hand ausstreckte, an die sich Ginny klammern sollte. „Du... Du musst das nicht. Du darfst selbst entscheiden, ob du mitgehen möchtest, ok?“   „Hör auf, meine Schwester zu irgendeinem Mist anzustiften, Zabini. Du hast nämlich keine Ahnung, was das Recht auf eine eigene Meinung bedeutet. Außerdem bin ich ihr Bruder und ich weiß, was richtig und gut für meine kleine Schwester ist – wozu du nicht zählst.“ Arthurs Sohn wollte seiner Schwester eine herbe Enttäuschung ersparen. Er wollte nicht, dass man Ginny genauso wehtat wie Hermine – die seit Tagen litt. „Jetzt komm endlich, Ginny.“ Er war ihr großer Bruder, der sie beschützen musste. Hinzu kam, dass er stets dachte, dass Ginny und... und Harry irgendwann den Weg zueinanderfanden, wenngleich es noch immer ungewohnt war, daran zu denken, dass Ginny allmählich zur Frau wurde und nicht ewig seine kleine, schutzbedürftige Schwester sein würde. Allerdings war es beruhigender, sie an der Seite seines besten Freundes zu sehen, statt... an der Seite einer verräterischen Schlange.   „Ron, bitte“, flüsterte Ginny. „Ich... Ich möchte -“   „Merlin, was ist nur in euch alle gefahren?“, unterbrach der Bruder die Schwester erbost. Anschließend zerrte er an ihrem Ärmel, damit sie endlich von dieser Schlange wegkam. „Ginny, was soll das? Du mit Zabini? Hermine mit Malfoy? Haben die Mistkerle euch verhext, oder was soll diese Rebellion?“   „Vorsicht, Weasley!“, knurrte Draco, denn seine Ohren – so leise das Wiesel auch sprach – hörten verdammt gut. „Du willst uns doch nichts falsches unterstellen, nicht wahr?“ Zeitgleich sah er Grangers errötete Wangen, die ihm sagten, dass es ihr offensichtlich peinlich war, mit ihm verkehrt zu haben.   „Bei eurer Todesser-Brut weiß man nie“, entfuhr es Ron genauso wütend.   „Pass auf, was du sagst. Wir müssen niemanden verhexen, ist das angekommen?“, stellte Draco offensiv klar, da ihm nichts mehr widerstrebte, als falschen Tatsachen beschuldigt zu werden. Und ihm war sonnenklar, worauf der rothaarige Junge anspielte – auf Lucius, auf Draco selbst und... auf Granger, die das Geschehene stillschweigend beobachtete. Darüber hinaus gab er zu, dass er sich nicht freisprechen durfte – diese Hürde hatte er längst überwunden und er wusste, dass er Granger viel zu oft bedrängt hatte, aber... bei Merlin, er hatte doch keine bösen Absichten. Er wollte lediglich Grangers Nähe, sowie später ihre Liebe.   „Du hältst dich besser raus, Malfoy. Du hast genug -“   „Deine Schwester will mit Blaise zusammen sein, kapiert? Das darf und das wird sie sein, was du zu akzeptieren hast.“ Hilfe, er wollte bloß nicht, dass Weasley seinen Satz zu Ende führte.   „Ach, so wie ich es akzeptieren musste, dass du -“   „Ja!“, murrte er angeschlagen. Granger war definitiv das falsche Thema. Hinzuzufügen war, dass sich Weasleys Worte vor wenigen Stunden noch ganz anders angehört hatten. Da wollte er nämlich noch, dass Draco vernünftig wurde. Dass er über seine Taten nachdachte... Aber er verstand den Sinneswandel – hier handelte es sich um seine Schwester, auf die Weasley besonders schmerzhaft reagierte. Was Granger betraf, so musste Weasley scheinbar keine Sorgen haben, weil er wusste, wie durchsetzungsfähig Hermine Granger war. „Du hättest es akzeptieren müssen, wenn Granger und ich zusammengekommen wären. Ja, das wäre deine gottverdammte Pflicht als Freund gewesen.“   „Tze, ihr seid doch schuld daran, dass die Mädchen mit euch zwei kollaborierten.“ Auch Harry sah sich gezwungen, zwischen den Fronten zu klären. „Malfoy, du solltest den Gerechtigkeits-Spiegel nicht vor Rons Gesicht halten, ja?“ riet Harry seinem Gegenüber, dessen Lippen sich genervt kräuselten. „Lass diesen schön vor deinem Gesicht, da du scheinbar Nachhilfe in Sachen Gerechtigkeit brauchst.“ Natürlich stand auch Harry der Beziehung zwischen Ginny und Blaise skeptisch gegenüber, aber es war noch immer Ginnys Leben – dasselbe Prozedere wie bei Hermine. Harry mochte seine beiden Freundinnen unendlich gerne, aber mehr würde da nie sein. Hermine liebte er wie eine Schwester und Ginny gehörte ebenfalls zu einer wichtigen Person in Harrys Leben, aber mehr war da einfach nicht... Es ging einfach nicht weiter und erzwingen wollte er nichts – wie Ginny auch.   „Was?“   „Ja, du prangerst Rons Verhalten an, obwohl du derjenige bist, der weder Toleranz noch Akzeptanz kennt.“ Malfoy war unfair, weshalb Harry keinen anderen Ausweg sah, als ihm die Wahrheit direkt ins Gesicht zu sagen, aber selbst das brachte nicht die ersehnte Erleichterung auf seinen Schultern, aufgrund des Wissens, dass seine Aussage rein gar nichts bewirkte. Nein, Malfoy würde wie zuvor weiterleben – in Saus und Braus, nicht darauf bedacht, die Gefühle anderer zu verschonen. „Also hör bitte auf, uns belehren zu müssen.“   „Ich höre dann damit auf, wenn du deinen Heroismus unterlässt, Potter“, erwähnte Draco, der sich anschließend neben Blaise und Ginny stellte, da ihm bewusst war, dass die Kleine chancenlos wäre. Wobei der junge Malfoy noch eher behaupten würde, dass Potter die Entscheidung der jüngsten Weasley akzeptierte, es jedoch aus Solidarität zu seinem besten Freund nicht zugab.   „Mir reichts“, entkam es Ron, der stürmisch nach vorne schoss, nach Ginnys Arm griff und sie zum Ausgang zerren würde, wenn es sein müsste. „Wir gehen jetzt.“   „Ich möchte hier bleiben, Ron!“, wehrte sie sich, während sie vergeblich versuchte, ihren Arm zu befreien. „Ich möchte bei Blaise und Draco bleiben.“   Alles klar. Die beiden Vornamen aus dem Mund seiner Schwester zu hören, schürte seine Wut noch mehr. „Nein, Mum hat gesagt, dass -“   „Ich pfeife darauf, was Mum sagt, ok?“ Gewillt, dem Willen ihres Bruders nicht nachzugeben, entriss sie sich aus seinem Arm, doch waren Rons Reflexe unglaublich schnell geworden. „Ron, ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen.“ In ihren Augen entstanden heiße Tränen, die sie wegzublinzeln versuchte. Aber es gelang ihr nicht, aufgrund der Engstirnigkeit ihres Bruders.   „Bist du nicht!“   „Kein Wunder“, pöbelte Draco, „dass sich deine Schwester verstecken musste. Deine Reaktion ist überzogen, Weasley.“ Was hatte er schon zu verlieren? Nichts mehr, da Granger ihm bereits entglitten war – dasselbe Schicksal sollte Blaise nicht mit ihm teilen, da er wusste, wie leidvoll der Weg wäre. „Draco, nicht. Lass... Lass gut sein“, begann Blaise ruhig auf seinen Freund einzureden, aber es schien nichts in ihm zu bewegen – abgesehen von noch mehr Wut.   „Blaise, du kannst doch nicht tatenlos zusehen!“, entgegnete er so leise, dass nur der Angesprochene ihn hören konnte. Es war doch nicht zu fassen, dass Blaise so leicht aufgab, oder? Aber... war Draco denn anders? Hatte er selbst nicht auch schon im Bezug auf Granger aufgegeben? Durfte er demnach weise Ratschläge verteilen?   „Hör auf deinen Freund, Malfoy. Lass gut sein!“, erwiderte Ron, der inzwischen mit Ginny die Tür der drei Besen erreichte, sie aufzog und seine Schwester entschieden vor diese schob. Erst mit dem Zuziehen der Tür und dem damit verbundenen Knall, kehrte Ruhe in die Räumlichkeiten ein.   Und es kotzte Draco an. Die Leute gafften bloß, statt einzugreifen... Aber davon durfte er sich nicht abhalten lassen, dem nachzugehen, was er so gut konnte und Potter ihm vorwarf – Akzeptanz zu Granger zu wahren, die er sogleich aufsuchte und ansprach. Ha, und es war ihm sowas von egal, dass Potter neben ihr stehen geblieben war, nachdem Weasley mit seiner Schwester rauschend abgehauen war.   Ja, es war ihm gleichgültig. Vor Potter hatte er sowieso schon die Hosen heruntergelassen.   „Granger, können wir -“   „Denke ich nicht, Malfoy“, fuhr Harry dazwischen, der ihm zu verstehen geben wollte, dass jetzt nicht der passende Augenblick wäre. Schon gar nicht, wenn Hermine nicht mit ihm sprechen wollte. Malfoy müsste sich in Geduld üben und warten – darauf, dass Hermine den entscheidenden Schritt auf ihn zuging.   „Dich habe ich nicht gefragt, Potter.“   Harry wollte ihm Ärger ersparen – was ihn noch lange nicht so störte, wie die Tatsache, dass Ron so aufbrausend war, indem er seine Schwester zum Schloss zerrte. „Nein, hast du nicht, Malfoy.“ Nochmals sah er eindringlich in Malfoys eiskalte Augen. Er wollte seinem ehemaligen Widersacher nur zeigen, dass heute einfach nicht der Zeitpunkt war, um etwaige Differenzen zu klären. Vielleicht wäre der blonde Adonis irgendwann dankbar, dass Harry dazwischen gegangen war, aber er bezweifelte, dass das je der Realität entsprach.   Gerade als Harry nach ihrer Hand greifen wollte, war es schon wieder Malfoy, der etwas sagen musste. „Warte, Granger.“ Er biss sich auf seine Lippen, bevor das letzte Wort flehentlich über seine Lippen rollte. „Bitte.“   Aber sie wartete nicht, sondern ließ sich von Harry mitziehen... Gleichlaufend spürte Draco Blaises Hand auf seiner Schulter. Der unausgesprochene Trost war dagegen Balsam für Dracos Seele, der just in dem Moment gerne zusammengebrochen wäre, da sie eiskalt gegangen war...     ~*~   Weitere vier Tagen waren vergangen, seit dem Vorfall in Hogsmeade – in dem Ginny Weasley unliebsam von Dracos bestem Freund Blaise gezerrt wurde. Es war nicht so, als ob Draco ihn gewarnt hätte, aber auf einen am Boden liegenden Mann einzuschlagen war... nicht mehr die Art, die der Slytherin-Schüler bevorzugte, da er selbst wusste, wie schmerzhaft diese Erfahrung gewesen war und Blaise sah nicht besser aus als er. Wie ein Schluck Wasser in der Kurve verbrachten die Jungs die letzten vier Tage – gequält von der Sehnsucht, die sie nahezu in den Wahnsinn treiben wollte. Vorgestern war er sogar so weit, dass er wieder nach Hogsmeade ging, nachdem er mehrere muggelstämmige Erstklässler belauscht hatte, die von seltsamen Technologien sprachen, deren Ursprung Draco auf den Grund gehen wollte und tatsächlich einen Laden fand, wo man derartige Raritäten kaufen konnte.   Seitdem begutachtete er immer wieder das ovale Gehäuse, das er für dreizehn Galleonen gekauft hatte. Es war schlicht gehalten – silber, nicht sonderlich schwer. Auf der linken Seite konnte man einen Stecker – was auch immer das war – einstecken, der wiederum die dazugehörigen Ohrstöpsel mit dem Discman verbanden und dafür sorgten, dass man Musik hören konnte. Unglaublich, gleichermaßen war er fasziniert von dieser Erfindung.   Aber Discman... Was für ein seltsamer Name. Auf der Vorderseite prangte das Wort Sony, das ebenfalls kurios klang. Der Verkäufer hatte ihm erklärt, wie man ihn benutzte, was nicht nötig war, da er den Discman sowieso verschenken wollte. Dennoch wollte er einen Versuch wagen und schnappte sich eine quadratische Hülle, die er ebenfalls gekauft hatte. Er öffnete sie und zum Vorschein kam eine hauchdünne Scheibe, die man CD nannte. Vorsichtig streifte er die Scheibe ab – auf der das Logo der Muggel-Band Nirvana stand –, ehe er sie in das silberne Gehäuse legte, die Ohrstöpsel in seine Ohren stöpselte und abschließend auf Play drückte.   Wie ein kleines Kind, das sich auf Weihnachten freute, wartete er auf irgendetwas. Es dauerte wenige Sekunden, bis die CD im Innern zu rotieren begann, das leise Knistern des Kaminfeuers leiser wurde und ein leises Summen in seine Ohren drang, gefolgt von einer rauchigen, dunklen Stimme eines Mannes. Draco konnte nicht genau sagen, ob es sein Geschmack wäre – aber vermutlich wäre diese Musik nichts für ihn. Trotzdem gab er der Band eine Chance, während er nach der Hülle der CD griff und die Liedtitel las.   Indessen bemerkte er gar nicht, dass sich kurze Zeit später das Portrait öffnete und Pansy eintrat, die ihren Freund einsam auf der schwarzen Ledercouch sitzen sah und beschloss, sich neben ihn zu setzen.   „Hallo Draco“, grüßte sie ihn freundlich – gar nicht mehr sauer. Allerdings antwortete er erst, nachdem er die seltsam aussehenden Dinger aus seinem Ohr entfernte. „Hey, alles in Ordnung?“   Bevor er ihr antwortete, verschwand seine Hand in der Innenseite seines Umhangs, aus der er die Kette zog, die Pansy ihm wütend auf den Tisch geknallt hatte. Anschließend baumelte sie an seinem Zeigefinger, den er vor das Gesicht des Mädchens hielt, das ihn vermutlich am besten und auch am längsten kannte. „Wenn du sie zurücknimmst, könnte es zumindest eine Besserung geben.“   Argwöhnisch sahen ihre grünen Augen zu dem Finger. Danach zu Dracos Gesicht. „Soll ich sie wirklich zurücknehmen?“   „Komm schon, Pansy. Jetzt nimm sie zurück“, forderte er sie auf. „Ich denke nämlich, dass mich eure Denkanstöße – denen ich gezwungenermaßen ausgesetzt war – dazu bewegen, aus meinen Fehlern zu lernen.“ Pansy hatte ihn – seit ihrem letzten Gespräch in der Bibliothek, das nicht gerade glimpflich für Draco ausgegangen war – ignoriert und ihn mit Missachtung gestraft. „Es hat nur ein bisschen gedauert, bis ich das kapiert habe.“   „Ich weiß nicht, Draco.“   „Ach Pansy. Komm“, erwiderte er lächelnd, nachdem er sah, dass ihre böse Fassade zu bröckeln begann. „Pansy, komm. Pansy, Pansy, Pansy.“   „Ist ja schon gut“, entgegnete sie künstlich genervt, ehedem sie nach der Kette schnappte und sie in die Brusttasche ihrer Bluse gleiten ließ. „Aber bilde dir nichts darauf ein, du Esel.“   „Mach ich nicht.“ Im Anschluss rollte er nervös die Ohrstecker zwischen seinen Fingern zusammen, bevor er seiner ältesten Freundin den Discman entgegenhielt. Schließlich sagten sich Freunde doch die Wahrheit, nicht wahr? Demzufolge würde Pansy ihm auch ehrlich sagen, was sie davon hielt, oder? „Wie findest du das?“   „Schenkst du ihr das?“ Schmunzelnd betrachtete sie das silberne Gerät, aus dem Musik zu hören war. Neugierig wie Mädchen nun mal waren, nahm sie einen der Ohrstöpsel aus Dracos Hand und steckte diesen prompt in ihr Ohr und während sie – wie Draco zuvor – der Musik mit einem Ohr lauschte, fragte sie ihn: „Wenn du mir jetzt noch sagst, was das ist, dann wäre das super.“   „Na ja“, gluckste Draco. Er war sicher kein Experte, was Erfindungen der Muggel betraf. Demnach konnte er ihr nur das wiedergeben, was der Verkäufer ihm sagte. „Es ist ein Discman. Muggel hören damit Musik.“   „Ihr wird es sicher gefallen, aber mach dir bitte keine allzu großen Hoffnungen, Draco.“ In diesem Moment war Pansy sehr ehrlich, denn auch sie hatte Granger in all den Jahren kennen und verstehen gelernt. Die Gryffindor-Schülerin hatte noch nie Wert auf Galleonen gelegt, aber aus diesem Grund war ihr Geschenk wohl auch ein Discman, statt Schmuck. Hinzu kamen die Bemühungen seitens Draco, der ebenfalls dazugelernt hatte.   „Wieso nicht?“, wollte er perplex wissen, als Pansy ihm den Discman zurückgab.   „Sie wird es vielleicht nicht annehmen. Damit solltest du rechnen.“   „Soll heißen, dass es nicht gut genug ist? Aber was soll ich ihr sonst schenken?“, beklagte er und steckte niedergeschlagen den Discman in seinen Umhang zurück. Verzweiflung machte sich breit, weil er scheinbar schon wieder einen Fehler begangen hatte. „Soll ich ihr doch Schmuck schenken?“   „Das habe ich nicht gesagt. Ich wollte damit nur sagen, dass sie es womöglich nicht annehmen wird, aufgrund ihrer Wut auf dich. Das Geschenk dagegen ist schön – sehr passend. Schmuck wird sie jedoch hassen.“ Pansy wusste, dass man Schmuck nur schenkte, wenn man verzweifelt war. „Granger ist eben keine deiner verzogenen Bekanntschaften, die man mit Schmuck besänftigen kann, hm?“   „Stimmt.“   „Sei einfach für sie da, wenn sie dich braucht“, schlug sie ihm stattdessen vor und beugte sich zu ihm, um seine schlecht gebundene Krawatte neu zu binden, die schrecklich um seinen schlanken Hals aussah.   „Wie soll ich das anstellen, wenn sie gar nicht mit mir redet?“ Augenrollend ließ er Pansy an seiner Krawatte hantieren und es war unangenehm. Sehr sogar. Es fühlte sich an, als würde er sich in fremde Hände begeben, denen er vertrauen musste. Auch der Gedanke, dass er ein kleiner Junge war, der nichts alleine konnte, umkreiste ihn, wobei Pansy nur das tat, was sie von Draco im Bezug auf Hermine Granger verlangte – füreinander da zu sein.   „Ein perfekter Knoten“, bemerkte sie und strich noch einmal behutsam über die Krawatte, anstatt auf seine Frage einzugehen.   „Pansy.“   „Ich weiß es nicht, Draco. Was ich aber weiß, und es wird dir nicht gefallen, dass ich das sage, ist, dass du aufhören solltest, sie an Forderung binden zu wollen. Du hast nicht das Recht, etwas zu verlangen.“ Gerade wollte er dagegen protestieren, doch hob Pansy bereits die Hand. „Ich sagte doch, es wird dir nicht gefallen, aber ich kenne dich. Du bist verlangend und fordernd“, erwähnte sie, wodurch sein Protest umgehend verstummte. „Du erwartest, dass man das tut, was du willst, aber solltest du dich nicht eher fragen, was sie gerne machen würde?“   „Woher soll ich wissen, was ihr Spaß macht?“   „Zeig ihr ehrliches Interesse, Draco.“ Im Nachhinein fiel ihr Blick auf ein Buch, das sie schon zuvor in Dracos Händen gesehen hatte. „Hat dich denn wenigstens das Buch weitergebracht?“   Wie ein Juwel umklammerte er das Buch, nachdem er es auf seinen Schoss legte und den Buchrücken ansah. „Nein, nicht wirklich. Aber zumindest weiß ich jetzt, was ein Detektiv und ein Chronist ist.“ Jede Nacht hatte er daran denken müssen, dass sie ihm – als er bewusstlos war – dieselben Zeilen vorgelesen hatte, die er las; was keine wirkliche Hilfe war, aber es war eine Stütze, die Draco am Leben hielt.   „Irgendwann, wenn es dir besser geht, kannst du mir ja mal erklären, was es damit auf sich hat, in Ordnung?“   „In Ordnung, Pansy.“   Freundschaftlich schlug sie ihm daraufhin auf die Schulter und grinste verschmitzt. Zwar wusste sie nicht, was ein Chronist, geschweige denn ein Detektiv war, aber sie wusste, dass Draco tatsächlich aufrichtige Gefühle für Granger hegte. „Und jetzt bring ihr dein Geschenk.“ „Meinst du?“   „Ja, aber zügel dein Temperament“, ergänzte sie wissend. Auch Pansy hatte eine wichtige Lektion nach all den Jahren gelernt: Dass man stolz darauf sein sollte, miteinander verbunden zu sein, statt sich dafür zu hassen, was den einen von dem anderen unterschied und ihn vielleicht besser machte. Sie alle waren in ihren Bereichen gut, wofür es keinen Grund gab, neidisch auf den jeweils anderen zu sein und gerne hätte sie ihn aufgebaut. Gerne hätte Pansy ihm Trost gespendet, aber wieso hätte sie ihn belügen sollen? Das taten Freunde nicht, weshalb sie ihm auch ehrlich sagte, dass es durchaus im Bereich des Möglichen läge, dass Granger Reißaus nehmen würde, sobald sie Draco erblickte. Hinzu kam das Verständnis, das sie für Hermine Granger und deren Wut aufbringen konnte. Pansy selbst wäre wütend und hätte sich verletzt zurückgezogen. Schließlich tat Draco dasselbe – sich zurückziehen um das Erlebte zu verarbeiten.   „Gut, bis später!“ Enthusiastisch stieg er die wenigen Steinstufen nach oben, öffnete das Portrait und verschwand.     ~*~     „Ist Ronald etwa immer noch beleidigt?“, wollte Hermine gelangweilt wissen, da sie nichts anderes von Ron erwartete. Dieser Junge konnte so stur sein, obwohl es keinen Grund gab. Unterdessen blätterte sie die mehreren Seiten ihres Buches um, bis sie zur besagten Stelle kam, um ihre Hausaufgaben zu beenden – gemeinsam mit Harry, der ihr in der Bibliothek Gesellschaft leistete.   „Hermine, du kennst doch Ron. Er will Ginny bloß schützen.“   Der ganze Palaver der im Gemeinschaftsraum herrschte, verursachten ihr Bauchschmerzen. „Ich verstehe seine Sorgen, aber er übertreibt, Harry.“ Das tat Ron oft, wenn ein Junge seiner Schwester näher als fünf Meter kam. Sofort dachte Ron, dass man Ginny auf ein Schiff verfrachten würde, um sie auf den Weltmeeren zu verstecken, aber das war absurd. Schon damals stritten sich die Geschwister, als Ginny eine Beziehung mit Dean Thomas führte – zwar mit milderem Ausgang, weil Dean dem Haus Gryffindor angehörte, aber es kam schlussendlich auf dasselbe hinaus: Dass sich Ron und Ginny stritten. Anschließend war Ron wütend, Ginny sprach mit niemandem, Harry hielt sich zurück und Hermine stand zwischen den Stühlen, weil sie beide Seiten verstand.   Aber nachdem sie zu vermitteln versuchte, half selbst ihr Einfühlungsvermögen nicht, das an Rons Engstirnigkeit abperlte.   „Mag sein, aber dachtest du, mir ging es gut, als ich das mit... ihm erfahren habe? Ich fühle ähnlich wie Ron, weil du wie eine Schwester für mich bist.“   „Harry, es geht um Ginny – die ihre eigenen Fehler machen muss“, verteidigte sie ihre beste Freundin, ehe sie eines der Bücher zu sich heranzog. Merlin, sie wollte nicht über Malfoy sprechen.   „So wie du?“, erwiderte er trotzig, während er auf Hermines Blatt schielte.   „Ja, Harry. So wie ich“, wiederholte sie bitter.   Bedächtig fuhr im Anschluss seine Hand über den Tisch, um diese über Hermines Handrücken zu legen. „Entschuldige. Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen. Aber wie Ron auch, will ich dich schützen, Hermine. Verstehst du das?“ „Ich verstehe dich.“   „Ich werde es dir nicht ausreden, Hermine. Ich wünsche dir das Beste, selbst wenn dein Glück Draco Malfoy heißt, dann werde ich das akzeptieren – nachdem ich ihn von der Klippe gestoßen habe, ok?“   „Harry!“   Er wusste nicht, ob sie diesen mahnenden Blick auf Draco Malfoys Name bezog, oder auf die Tatsache, dass er notfalls selbst tätig werden würde, wenn Hermine ihm nicht den entsprechenden Stoß verpassen konnte. Aber Harry tippte auf das Erste, da sie immer noch nicht bereit war, Malfoy zu verzeihen. „Ja, das mit der Klippe betrifft nur mich, Hermine – keine Panik. Dir sage ich lediglich, dass Verzeihen eine Eigenschaft der Starken ist, hm?“   „Du zitierst Gandhi?“, stellte Hermine belustigt fest.   „Irgendwen muss ich ja zitieren, wenn du schon nicht auf mich hören willst.“   Hermine hatte lange darüber nachgedacht, was alles passiert war. Natürlich hatte sie das. Es verging kein Tag, an dem Hermine nicht über etwas nachdachte und sie wusste auch, dass Draco nicht dafür verantwortlich gemacht werden durfte, was Lucius getan hatte. Das war alleine Lucius' Schuld, aber es fiel ihr so unglaublich schwer, anlässlich des Vertrauensbruchs. Ja, er hatte ihr Vertrauen missbraucht – in dem Moment, als er sich dazu entschloss, Vielsaft-Trank zu brauen.   „Ich kann es gar nicht glauben, Harry.“   „Ja, die Worte schmecken auch ganz schrecklich, wenn man sie auf den blonden Idioten bezieht, aber weißt du was? Ich sehe euch an und weiß, dass ihr leidet. Das tut weh, Hermine.“ Angesichts ihres verwunderten Gesichtsausdruck, sprach Harry weiter: „Glaubst du etwa, dass ich eins und eins nicht zusammenzählen kann? Denkst du, ich habe eure Blicke untereinander nicht bemerkt? Ich trage vielleicht eine Brille, Hermine, aber ich habe euch vorm Zelteingang stehen gesehen und es ist auch gar nicht schlimm, solange du glücklich mit ihm bist.“ Dass er Malfoy erwischt hatte, wie er Hermine in der Bibliothek beobachtete, hatte er ihr nie erzählt – aber damals hätte er noch misstrauischer werden müssen. Aber es war sowieso zu spät. Ändern würde sich vermutlich nichts, wenn Hermine die Wahrheit wüsste. „Das, was Lucius getan hat, war nicht in Ordnung – das wissen wir beide. Aber Malfoy diesbezüglich bluten zu lassen, finde sogar ich etwas hart und das sollte dir doch zeigen, dass es an der Zeit ist, ihm zu verzeihen, oder?“   „Das weiß ich doch, Harry, aber... ich habe mich so sehr in ihm getäuscht.“ Jetzt sprachen sie ja doch über ihn. Super.   „Du musst es ja nicht vergessen“, erwiderte er zwinkernd und rüttelte ihre Hand, die er immer noch umschloss. „Sondern kannst ihn ständig damit aufziehen, wenn er sich daneben benimmt.“ Währenddessen wackelten seine Augenbrauen frivol nach oben und unten, als er daran dachte, wie einfach es wäre, Malfoy zu ärgern.   „Du spinnst – eindeutig“, lachte Hermine, die sich unweigerlich die Hand vor ihren Mund hielt, nachdem ihr Lachen lauter geworden war.   „Der Meinung war ich schon immer.“   Erschrocken entfernte sich Hermines Hand aus Harrys Umklammerung, bevor sie zur Quelle sah und Malfoy entdeckte, der lässig seine Schulter gegen eines der Bücherregale lehnte und die beiden Schüler mit geneigtem Kopf musterte.   „Aber auf mich hört ja niemand“, fügte Draco hinzu.   „Malfoy“, entgegnete Harry feixend, während er sich auf dem Stuhl umdrehte und seine Hand genauso lässig über die Rückenlehne baumeln ließ. „Bevor du über die Psyche anderer Leute urteilst, solltest du erst einmal lernen, dass man nicht inmitten eines vertraulichen Gesprächs platzt.“   Geflissentlich ignorierte er Potters Ansage und trat an den Tisch heran. „Granger, hast du kurz Zeit? Ich -“   „Nein, habe ich nicht.“   Man! Er hätte platzen können. Wieso hatte sie keine gottverdammten zehn Minuten für ihn übrig? „Ich will mit dir reden – ohne unseren unabkömmlichen Helden.“ Böse funkelte er dem Mädchen entgegen, das andauernd seine Bitte ausschlug. Merlin, was sollte er noch tun? Betteln? Auf die Knie fallen? Er hatte doch schon seine Würde verloren... Aber egal. Jähzorn war sein Begleiter geworden, seit Granger ihn so vehement mied. „Potter, merkst du nicht, dass du störst?“ Folglich zog er unerlaubt den Stuhl zurück, ließ sich darauf nieder und wartete, bis das Narbengesicht etwas erwiderte.   „Ich will sowieso hier weg“, jammerte Harry und stand auf. Er wusste, dass dieser Zeitpunkt unaufhaltsam gewesen war und sie miteinander sprechen mussten. Sich immer ignorieren war auf Dauer keine Lösung, weshalb er eilig seine Sachen zusammenpackte und die beiden alleine zurückließ. Wenigstens konnte Hermine Harrys Grinsen nicht sehen, das sich erst bildete, nachdem er die Bibliothek hinter sich ließ und Madam Pince zum Abschied zunickte.   „Tja, das war wieder einmal eine neue, scharfe Nachricht aus Potters Hauptbasis der Blödheit.“ Oh, falsche Antwort, doch hatte er zu vorschnell geplappert. Infolgedessen bemerkte er, dass auch Hermine ihre Sachen zusammenpacken wollte, doch schnellten seine Finger unfassbar schnell nach vorne, um ihr Vorhaben zu unterbinden. „Nein, bitte warte einen Moment.“   „Worauf? Auf weitere Frechheiten? Oder doch lieber auf weitere Forderungen?“   „Das habe ich wohl verdient, was?“ Draco war wieder an einem Punkt angekommen, an dem er nicht weiter wusste und sich machtlos fühlte. „Aber gib mir wenigstens fünf Minuten! Nur fünf Minuten, Granger.“   Verdient oder nicht. Malfoy hatte ihre Gutmütigkeit ausgenutzt, aber sie erinnerte sich auch an Harrys Worte. An die vielen Gespräche mit ihren Freunden. „Deine Zeit läuft.“   Was? Sie würde ihm zuhören? Grundgütiger, das war mehr, als er erwartet hatte. „Granger, ich weiß, dass ich dir unheimlich wehgetan habe. Das weiß ich, aber... kannst du mir nicht verzeihen?“ Gerne hätte er nach ihrer Hand gegriffen, aber sie würde sie unverzüglich wegziehen, wenn sie seine Absichten erkannt hätte.   Fuck. Völlig verzweifelt rieb er sich seine Hand über die schmerzenden Augen, aus denen Tränen kullern wollten, aber er würde sich hüten, vor ihr zu weinen.   „Ich bitte dich doch nur darum, nicht länger vor mir wegzulaufen und mir zu verzeihen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie unerträglich jeder weitere Tag geworden war, nach... unserem Streit.“ Er würde die fünf Minuten ausnutzen – kostete es, was es wollte. „Ich -“   „Stopp“, unterbrach Hermine ihn forsch, woraufhin er augenblicklich verstummte, die Hand von seinen Augen nahm und ihr entgegensah. „Wie... soll ich dir jemals wieder vertrauen können, nachdem du mich willkürlich hintergangen hast? Erwartest du wirklich, dass ich dir verzeihe, obwohl du wissentlich gehandelt hast und wusstest, dass du mein Vertrauen missbrauchst – das wir uns hart erarbeiten mussten?“ Oh Gott, auch Hermine wäre beinahe in Tränen ausgebrochen, nachdem die Worte über ihre Lippen rollten. Innerlich wollte sie so sehr, dass sie miteinander sprachen, aber ihr verletzter Stolz nagte an ihrer Herzlichkeit.   „Granger, ich -“   „Du wusstest, als du den Vielsaft-Trank gebraut hast, dass das nicht in Ordnung war.“ Sie sprach, ohne ihre Lungen mit Luft zu füllen, aber hätte sie diesen Schritt getan, hätte sie womöglich gestoppt und nicht mehr weiter sprechen können. Auch wäre vermutlich ihre Wut verflogen gewesen.   „Granger, nochmal: Ich wollte in deiner Nähe sein, aber du gabst mir nie die Chance, dir das zu beweisen. Ich hatte als Draco Malfoy keine Chance, aber ich wollte sie unbedingt.“ Er hatte mit harten Bandagen gekämpft, ja. Aber nicht willkürlich, wie sie ihm unterstellte. Allerdings sah er die Chance einer baldigen Versöhnung rapide sinken, wenn er ihren missmutigen Blick richtig deutete. „Ich weiß doch selbst, wie falsch es von mir war.“   „Wie hätte ich dir eine Chance geben sollen, nach allem, was zwischen uns vorgefallen war?“   „Verdammt nochmal, Granger! Du hättest -“   „- was hätte ich? Dich einfach gewähren lassen sollen, damit der gnädige Herr sich sicher sein kann, mich auch wirklich zu mögen?“ Musste er tatsächlich erst Sex mit einer Person haben, um zu wissen, dass er diejenige mochte?   Sie verstand alles – aber nicht das, was Draco meinte. „Natürlich nicht. Ich erwarte nur ein bisschen Verständnis für meine Situation. Heute weiß ich, dass da einfach mehr ist – auf beiden Seiten und ich wünsche mir wirklich, dass sich unsere Geschichte nicht wiederholt, aber... sie könnte sich zumindest reimen. Was meinst du?“ Gott, er klang so... poetisch, aber es entsprach der Wahrheit. Allerdings antwortete sie nicht und stellte ihn umso härter auf die Probe. „Bitte sag etwas, Granger. Sag mir, ob ich meine Zeit verwende.“   „Du erwartest Verständnis?“   „Ja“, gestand er, obwohl er innerlich kochte, da sie seiner Bitte auswich. „Dafür, dass ich mir nicht anders zu helfen wusste.“ Schon wieder schwieg sie ihn an. „Siehst du nicht, dass ich mich bemühe?“ Die Antwort, die er erhoffte, bekam er nicht. Er selbst war auch nie der Mensch gewesen, der mit seinen Gefühlen hausierte, aber er bemühte sich, ihr mit Worten zu sagen und mit Momenten zu zeigen, was sie ihm bedeutet. Verdammt nochmal!   Aber sie sah es nicht. Nein, sie wollte es vermutlich nicht sehen.   „Liebst du... mich?“, fragte Hermine offen, während sie sich zwang, ihn anzusehen.   „Was?“   „Liebst du mich?“, wiederholte sie trocken.   „Liebst du mich denn, Granger?“, stellte er prompt die Gegenfrage.   „Ich -“ Abrupt stoppte sich Hermine. Nein, sie musste ihm nicht sagen, dass sie ihn liebte. Ihre Gefühle, wenngleich er sie scheinbar nicht kannte, musste sie nicht offenbaren. Nicht, nachdem sie so verletzt und mit offenen Wunden übersät am Boden lag. Draco hingegen war nicht gewillt, ihr zu sagen, was er fühlte. Hermine könnte es, aber sie wollte es noch nicht und statt ihr zu sagen, was er fühlte, begann er wieder, mit ihr zu spielen. Sie wie Vieh umherzutreiben.   Aber sollte sie nachgeben? Schließlich war das Verzeihen doch eine Eigenschaft der Starken, nicht wahr? Merlin, sie konnte es einfach noch nicht und sie wusste nicht, wieso sie es nicht konnte.   „Verzeih mir, Granger. Bitte.“   Nein, sie war noch nicht bereit. Hermine konnte sich nicht auf ihn verlassen und die Angst umnachtete sie, wieder verletzt zu werden. „Ich kann dir nicht verzeihen, Malfoy.“ Ihre Stimme war gerade nicht in der Lage, hartherzige Drohungen auszusprechen, aber die Worte, die sie aussprach, taten verdammt weh, weil sie sich einen anderen Ausgang des Gesprächs gewünscht hatte. Zwar machte er den ersten Schritt, aber das war nur die Hälfte dessen, was sich Hermine wünschte. Darüber hinaus wollte sie sich sicher sein, wenn sie sich insgeheim schon wünschte, dass er sie noch einmal küsste. „In Ordnung, Granger.“ Niedergeschlagen erhob er sich aus dem Stuhl und kramte aus seinem Umhang das silberne Gehäuse, sowie die CD-Hülle heraus, was er anschließend über den Tisch zu ihr schob. „Nimm es bitte an, sonst fühlt es sich an, als würde ich Perlen vor die Säue werfen.“   Irritiert blickte Hermine hinab zum Tisch, doch nahm sie den Discman nicht in die Hand.   „Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Das weiß ich wirklich und es tut mir aufrichtig leid, was ich dir angetan habe und wenn es sein muss, werde ich dich jeden Tag um Verzeihung bitten.“ Sein Stolz war dahin, Draco war am Boden – ein gebrochener Junge, der nicht mehr alleine aufstehen konnte. Die Tatsache, sie verloren zu haben, wurde ihm noch mehr bewusst, nachdem sie ihm offenbarte, dass sie ihm nicht verzeihen konnte.   Es war das entscheidende Detail – dieser Satz –, was Draco zu Fall brachte.   „Solange ich weiß, dass du es wert bist. Schließlich... kämpft man um das, was man liebt.“ Mit diesen Worten verließ der einst stolze Draco Malfoy die Bibliothek...   Und Hermine sah ihm nach – mit offenem Mund. Sie sah ihm so lange nach, bis er verschwunden war. Erst dann griffen ihre zitternden Hände nach dem Discam, worin sich bereits eine CD befand – was hieß, dass Malfo sich damit befasst hatte. Merlin, mit Tränen in den Augen stöpselte sie sich die Kopfhörerin die Ohren und drückte Play.   Das, was sie die ganze Zeit wollte, hatte er ihr nach so vielen Augenblicken endlich gesagt.   Dass er sie liebte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)