The Warning! von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 21: Die Wahrheit wird im Streit geboren ----------------------------------------------- - Kapitel einundzwanzig - Das grelle Licht, das sich auf seinen geschlossenen Lidern niederließ, war primär dafür verantwortlich, vorsichtig zu blinzeln. Noch waren die Umrisse unscharf, anlässlich des Schleiers, der auf Dracos Hornhaut lag - doch das stetige Aufschlagen seiner Lider verhalf ihm, mit jedem Wimpernschlag besser sehen zu können. Die auftretenden Kopfschmerzen waren wohl die Strafe, dass er aufgewacht war. Sie waren mit einer Herde Thestrale zu vergleichen, die rücksichtslos über Dracos Kopf trampelten und je mehr er zu sich kam, umso mehr entschied sein Körper, ihn jeden Schmerz spüren zu lassen. Ganz gleich, wie leicht und vorsichtig er sich bewegte, der Schmerz war zur Stelle. Stöhnend richtete er sich im Bett auf, wonach seine Hand langsam in Richtung der Beule wanderte, die er sich am Hinterkopf zugezogen hatte.   Bei Salazar, was war bloß passiert? Und wo war er überhaupt? „Mister Malfoy!“, ermahnte ihn eine Stimme, die ihm bekannt vorkam. Das Gezeter der Gestalt ließ nur auf einen Ort schließen – Draco war im Schloss. „Sie sollen sich doch ausruhen“, ergänzte die ernste Stimme, bevor ein seltsamer Duft Dracos Nase umspielte und ihn zwang, zu Madam Pomfrey aufzusehen, die zu ihm geeilt war, nachdem sie wohl gesehen hatte, dass er wach geworden war. Hinter ihrer Schulter schwebte ein Tablett, auf dem scheinbar mehrere Becher standen – das verriet ihm zumindest der aufsteigende Dampf. „Bei Merlins Bart, Sie gehören zu meinen schlimmsten Patienten – seit sieben Jahren habe ich immer wieder Probleme mit Ihnen und Ihren Verletzungen, die -“ „Was stinkt hier so?“, unterbrach er genervt die Krankenschwester, die für ihren Sanftmut bekannt war und bei Draco offenbar stets eine Ausnahme machte, da sie ihm in sieben Jahren nie feinfühlig gegenübergetreten war. Er rümpfte die Nase und schielte zu den Bechern, die sogleich zum Vorschein kamen. Im Vorbeigehen hörte er Madam Pomfrey schnaufen, ehe sie die jeweiligen Tinkturen und Tränke nacheinander auf seinen Nachtschrank abstellte. Schlimm genug, dass er Qualen litt, aber musste man ihn zusätzlich diesem Gestank aussetzen, der Draco vermutlich in die Ohnmacht treiben würde, aus der er soeben entkommen war? „Ihre Medizin riecht so, Mister Malfoy“, erklärte sie verächtlich und fügte hinzu: „Sie können auch direkt gehen – ohne medizinischen Beistand.“ „Passt schon“, entgegnete er genauso kühl, bevor er sich zur Seite drehte und einen Becher nach dem anderen schnappte, deren Inhalte er hemmungslos seine Kehle hinabwürgte. Parallel dazu sah er die bösen Blicke der Krankenschwester, die scheinbar so lange neben seinem Bett stehen blieb, bis er alle Träne ausgetrunken hatte und das war schlimm. Er war nicht einmal fähig, den genauen Geschmack zu beschreiben, geschweige denn die hinzugefügten Zutaten herauskristallisieren zu können. Nichtsdestotrotz begann die betuchte Krankenschwester ihrem Schützling die Verletzungen aufzuzählen, die sie diagnostiziert hatte. „Aufgrund der Symptome gehe ich davon aus, dass Sie von einem Stupor getroffen wurden - nichts besonderes“, wetterte sie, da sie sich diesen Seitenhieb nicht verkneifen konnte, als sie recht genervt sein Kissen ausschüttelte. „Die Platzwunde, sowie das Schädel-Hirn-Trauma habe ich unverzüglich heilen können. Die Rippenfraktur erwies sich dagegen als etwas schwerwiegender, aber auch diese Verletzung konnte ich ohne bleibende Schäden heilen. Allerdings möchte ich Sie noch eine Nacht in meiner Obhut haben“, schnatterte Poppy Pomfrey, bevor sie sich zurückzog und Draco nicht die Chance ließ, etwas zu erwidern.  Nun, dass er so angeschlagen war, hatte er nicht erwartet, jedoch wollte er sich gar nicht weiter mit der alten Hexe unterhalten, weshalb er sich entspannt nach hinten lehnte. Nicht ahnend, welch ein Donnerwetter sich vor den Toren des Krankenflügels zusammenbraute.   ~*~   Hermine konnte nicht mehr warten. Sie musste - wie die letzten vier Tage zuvor - abermals zum Krankenflügel, in der Hoffnung, Madam Pomfrey würde ihr heute sagen, dass er aufgewacht war. Es war zu einem kleinen Ritual geworden. Auch das Verhalten der Krankenschwester, die jedes Mal den Kopf schüttelte, sobald Hermine in ihr Blickfeld getreten war. Doch davon ließ sich die junge Gryffindor nicht abhalten. Ebenso wenig ließ sie sich von Harrys und Rons Blicken einschüchtern, die wortlos ihre Krankenbesuche an Malfoys Bett duldeten. Im Gegenteil. Hermine hatte sich täglich auf den Weg gemacht, sich ein Buch unter ihren Arm geklemmt und den steinigen Weg – in Form der gemischten Gefühle, die die junge Hexe plagten – zum Krankenflügel erklommen. Jeden Tag hatte sie dem bewusstlosen Slytherin mehrere Seiten aus Sherlock Holmes vorgelesen - ein Buch, das sie nun ewig mit ihm in Verbindung bringen würde. Es war wie ein Band; ein Band, das sie zu Draco Malfoy geknüpft hatte. Auch hatte sie beschlossen, offen und ehrlich mit Harry und Ron zu reden. Oh ja, Hermine war entschlossen, ihren Freunden die Wahrheit zu sagen, ihnen zu erklären, inwiefern sie zu Draco Malfoy stand. Anschließend würde sie zu Ginny gehen... Was sicherlich ein schwerer Gang sein würde, denn Hermine war es, die am Anfang des Schuljahres die Beziehung zu Blaise Zabini in Frage stellte und nun? Nun fühlte Hermine etwas ähnliches - etwas, das den Gefühlen zwischen Ginny und Blaise glich...  Doch nicht nur das wollte sie hinter sich bringen. Hermine wollte, sobald Draco aufgewacht war, auch mit ihm sprechen, hinsichtlich der... der Dinge, die zwischen ihnen passiert waren. Schließlich war sie ein Mensch, der stets pragmatisch und logisch dachte. Sie handelte nach ihrem Wissen, statt der Emotionalität zu folgen, aber war das richtig? Denn genau jene Vorgehensweise führte sie durch Szenarien, die Hermines Unwohlsein verstärkten. Vor ihr erschienen Bilder, wie Draco vor ihr stand, mit dem Finger auf sie zeigte und lauthals zu lachen anfing. Diese Szene, sie entwickelte sich in ihrem Inneren geradezu von alleine weiter. Die Sequenzen gingen so weit, dass schlussendlich das gesamte Schloss über sie reden würde... Doch so sehr sie sich vor den Folgen fürchtete, so sicher war sich Hermine, im Bezug auf diese Gefühle. Ihre zunehmenden Gefühle waren zweifelsfrei echt, sie stiegen kontinuierlich an, was sie zusätzlich irritierte. Immerhin war es doch stets so gewesen, dass sie sich hassten, und jetzt? Innerhalb weniger Tage wurde Hermine klar, was sie für Malfoy fühlte und das war weit von Hass entfernt. Nein, in den letzten Tagen, als sie an seinem Bett saß, wurde ihr klar, dass sie mehr für Draco Malfoy übrig hatte. Es war seltsam zuzugeben, aber aus ihren Gefühle könnte tatsächlich mehr werden. Daher wäre es ein herber Schlag, sollte sich herausstellen, dass er tatsächlich nur seinen Trieben und dem Drang gefolgt war, Hermine als weitere Kerbe zu sehen, die er in sein Bett geschlagen hatte.   Aber wieso fühlte es sich – trotz ihrer Angst – so richtig an? Wieso war sie glücklich, wenn sie an ihn dachte? Weshalb schlich sich immer wieder ein Lächeln auf ihre angespannten Züge, sobald sie mit Erinnerungen konfrontiert wurde, die im Zusammenhang mit Malfoy standen?   Bei Merlins Bart, sie kannte vermutlich die Antwort, aber war sie schon bereit, diese zu akzeptieren? Hinzu kam, dass sie ihm so vieles sagen wollte, sie würde ihm gerne erklären, was passiert war, nachdem er von Sterlings Zauber getroffen wurde und weshalb die Auroren so lange gebraucht hatten. Diesbezüglich konnte sich die junge Gryffindor Malfoys Anblick bildlich vorstellen. Er würde aus dem Bett springen, in dem er zuvor rotierend saß und sich freuen, dass Harry versagt hatte – auch wenn es ihn erwischt hatte und ihr aller Leben auf dem Spiel stand, so würde Malfoy sich freuen. Ja, es würde ihn – ganz gleich, wie schrecklich all das hätte ausgehen können – tatsächlich erfreuen.   Schließlich war es Harrys unkontrolliertem Pantronus geschuldet gewesen, dass er nicht rechtzeitig ankam – was schlussendlich auch dazu führte, dass die Auroren so lange gebraucht hatten, da sie erst die Koordinaten des abgesetzten Patronus zurückverfolgen mussten.   Indessen schlenderte Hermine, die konstant zu ihren Füßen hinabsah, weiter zum Krankenflügel. Doch war sie nicht alleine, wie sich herausstellte, nachdem die fremde, recht aggressiv klingende Stimme Hermine aus ihren Gedanken riss. „Na Schlammblut?“, begrüßte Daphne Greengrass ihre Mitschülerin, die sich sorgsam zu ihr herumdrehte und ihr mit argwöhnischem Blick entgegensah. „Wieder mal auf dem Weg zu deinem Freund?“ Hermine war so sehr in Gedanken, dass sie ihren Verfolger gar nicht bemerkt hatte. Erst das einschneidende Wort, das ihr täglicher Begleiter gewesen war, hatte sie dazu veranlasst, stehen zu bleiben und sich zu demjenigen umzudrehen, der es tatsächlich in Betracht zog, Hermine verbal anzugreifen. Und es hätte ihr lange klar sein müssen, dass ihr Gegenüber keine netten Absichten hegte, aufgrund der gewählten Begrüßung, aber innerlich war sie betroffen, als sie Daphnes kaltherzigem Lächeln ausgesetzt war. Normalerweise perlte die Beleidigung an ihr ab, wie der Schmutz an einer Lotusblüte. Schließlich hatte Draco jahrelang diese Bezeichnung genutzt, um Hermine zu demütigen, doch mit der Zeit lernte man, mit dem Schmerz umzugehen. Ein Schmerz, der zwar nicht aufhörte, aber zusehends verblasste. Jedoch fiel ihr etwas auf... Ja, Draco hatte sich dieser beleidigenden Worte auch sehr gerne bedient. Jahrelang... Sieben Jahre lang...  All das klingelte in ihrem Gedächtnis, aber er hatte sich geändert. Ja, letztendlich hatte er die Worte ausgesprochen, aber... seit geraumer Zeit eben nicht mehr, was ein subtiler Unterschied war. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht, Daphne? Oder wüsstest du einen Grund?“  „Allerdings. Ich denke, das geht mich eine Menge an, Granger. Schließlich war ich noch vor einigen Wochen die Glückliche, die unter Draco lag.“ Daphne kämmte sich ihre blonden Haare zurück, die sie mithilfe eines schwarzen Haarreifs in Schach hielt. „Du wirst dich wundern. Ich wüsste so einiges und eines besonders: Ein gutes Haar hat er nie an dir ausgelassen“, erzählte sie weiter und betrachtete im Anschluss ihre manikürten Nägel.  „Was soll das heißen?“, erwiderte Hermine besorgt, jedoch mit dem nötigen Selbstvertrauen, wenngleich es in ihrem Innern anders aussah, angesichts der Worte, die Daphne wählte, um sie zu verunsichern. Ohne es wahrzunehmen, krallten sich ihre zittrigen Finger in ihrem Umhang fest, denn wieder glaubte sie, nur ein Spielzeug von Draco gewesen zu sein. Ja, diese vernichtenden Gedanken ergriffen erneut von ihr Besitz, obwohl sie diese – so dachte sie – erfolgreich abgeschüttelt hatte. „Spionierst du mir etwa nach, oder woher weißt du, dass ich zu Draco gehe?“ Feixend nahm sie den Blick von ihren Nägeln, ehe sie hämisch zu ihrer Rivalin sah. „Kennst du das Sprichwort: Sei deinen Freunden nah, aber deinen Feinden noch näher?“, giftete das aufgelöste Mädchen, dessen Hände mittlerweile zu Fäusten geballt waren, wodurch man ihre Wut noch besser erkennen konnte. Sie war wütend. Wütend, weil das Schlammblut ganz offensichtlich das bekam, was sie selbst unbedingt wollte - Aufmerksamkeit. Darüber hinaus wurde ihr die Chance genommen, sich selbst an Dracos Bett zu setzen, wo sie seine Hand hätte halten können. Aber nein. Immer war das Schlammblut da. Es war schrecklich. „Er hat dich nur ausgenutzt.“ Unbeeindruckt stand Hermine vor ihr. Ihre Arme hatte sie abweisend vor ihrer Brust verschränkt, dazwischen klemmte das Buch und wäre die Situation nicht so ernst, würde sie wirklich herzhaft lachen. Daphne dachte sich die abstraktesten und absurdesten Dinge aus, nur um sie zu verletzen? Nun, auf diesen Zug würde Hermine nicht aufspringen. „Aha, wars das? Ich muss wirklich los, Daphne.“ „Nein, das war es noch nicht!“, knurrte sie, während sie gleichzeitig mit einem ihrer Beine wütend auf den Boden stampfte. „Was fällt dir eigentlich ein, dich an Dracos Bett zu setzen, wo du die Letzte bist, die er wahrscheinlich sehen will? Denkst du, er würde sich über deine Anwesenheit freuen? Sie womöglich schätzen, sofern er wach wäre? Ha, nein, er verachtet Schlammblüter noch immer.“ „Nun“, begann Hermine, „wenn du schon eifersüchtig bist und zudem versuchst, mir alles schlecht zu reden, dann denke ich sehr wohl, dass er meine Anwesenheit schätzen würde.“ „Du bist dir deiner Sache aber ziemlich sicher“, kicherte Daphne, ehe sie ihren schwarzen Zauberstab aus ihrer grünen Robe zog und diesen zielsicher auf ihre Kontrahentin richtete.  Reflexartig zog auch Hermine ihren Stab. Die Vergangenheit hatte sie einfach zu sehr geprägt, als auf etwas – wie einen Zauberstab – nicht zu reagieren. „Weißt du“, entgegnete Daphne anschließend und es erweckte den Anschein, als würde sie einen lustige Geschichte erzählen wollen – die in einem Happy-End gipfelte. „Es ist verdammt lustig, dass du anscheinend gar keine Ahnung hast, wie Draco wirklich ist. Oder hat er dir gesagt, was er getan hat?“ Zugegeben, die sonst eher ruhige, besonnene Gryffindor verlor allmählich die Lust an diesem destruktiven, eintönigen Gespräch. Schlussendlich würde es zu nichts führen, da man festgefahrene Meinungen sowieso nicht ändern konnte. Wieso sich demnach weiterhin damit herumärgern? Allerdings war Hermine immer noch Hermine. Sie war nicht herzlos und würde selbst dem angeschlagenen Feind die helfende Hand reichen – was schon immer verhängnisvoll war. „Daphne, was soll das?“, fragte sie stattdessen ruhig. „Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr.“ „Nein, das sind wir nicht, Granger, aber du bist immer noch naiv und dumm“, spuckte das blonde Mädchen angewidert aus, worunter auch ihre ruhige Hand litt, denn ihr Zauberstab begann zu vibrieren. „Egal, wie sehr du dich hinter deinen Büchern versuchst zu verstecken, du wirst dumm bleiben, da die Antworten auf das echte Leben nicht in deinen Büchern steht. Und es ist auch egal, wie sehr du versuchst, die Unnahbare zu sein. Du wirst Draco niemals kennen, oder hat er dir erzählt, dass er dich in Potters Gestalt ausgehorcht hat?“ Verwundert über Daphnes Phantasie, schoss Hermines linke Augenbraue in die Höhe. Was sagte sie da? Draco sollte sie in Harrys Körper ausgehorcht haben? „Oh, du wusstest es nicht?“ Daphnes freie Hand, die ebenfalls zitterte, landete gespielt schockiert auf ihrem halbgeöffneten Mund. Auf ihren blassen Zügen zeichnete sich, nachdem sie nach wenigen Sekunden ihre Hand sinken ließ, ein spöttisches Grinsen ab, das sich zunehmend in schallendes Gelächter verwandelte. „Zu dumm, dass dir solche Details nicht bekannt sind und das, trotz eurer augenscheinlichen Zuneigung.“ Grundgütiger, Daphne hätte kotzen können, als sie das Wort mit dem Schlammblut und Draco in Verbindung brachte. „Interessante Dinge, die du dir ausdenkst.“ Auch Hermine grinste sie an. Sie konnte nicht glauben, dass Draco wirklich so skrupellos war. Sie hatte ihn kennengelernt und ihre Mutter hatte stets behauptet, dass die Augen – in denen Hermine keinerlei Spuren mehr von Böswilligkeit sah – der Spiegel der Seele seien. Daphnes Finger hingegen sprangen nach oben, bevor sie eine durchschneidende Handbewegung entlang ihres Hals vollführte und Hermine anwies, endlich ihren Mund zu halten. „Ich bin noch lange nicht fertig. Fragst du dich nicht, wann er das getan hat?“ Kurz pausierte sie, ehe sie schnaufend fortfuhr: „Als du im Krankenflügel warst. Oh ja, er hat Vielsaft-Trank benutzt. Eine dämliche Idee, die Blaise ihm sogar ausreden wollte.“ Ihre blauen Augen bohrten sich in Hermines Gestalt. Gerne wäre sie auf Hermine losgegangen, aber damit würde sie sich nur ins eigene Fleisch schneiden.  Nun wurde es auch Hermine zu bunt. Sie wollte solche wüsten Geschichten nicht hören. Die Absicht, Hermine zu belügen, bestätigte doch bloß wieder die Eigenschaften einiger Slytherins, die sich nicht anders zu helfen wussten, als Lügen zu verbreiten. Die Schlangen bedienten sich den Hilfsmitteln der Hinterhältigkeit, der Gemeinheit und der Durchtriebenheit, zweifelsohne. Sei es auch, wenn es das Glück anderer betraf. Viele Menschen – unabhängig davon, welchem Haus man angehörte – gönnten den anderen nichts. So wie Daphne es gerade bewies. Außerdem erinnerte sich Hermine an die Gegebenheit, von der ihr Gegenüber sprach, aber... das war Harry, der vor ihr saß. Ihr Harry! Sie hätte es doch bemerken müssen, wenn... wenn Malfoy sich in Harry verwandelt hätte. „Du versteckst dich vermutlich hinter zu schlechten Zauber-Krimis. Ich muss jetzt weiter.“ Im Anschluss drehte sie sich von Daphne weg, um ihren Weg fortzusetzen, aber auch, um nicht länger über die Anschuldigungen nachzudenken, denn... seltsamerweise fing Hermine an, der Geschichte Glauben zu schenken. Immerhin hätte Daphne keinen Nutzen davon, wenn sie log, oder? Und überhaupt... woher wusste sie von Harrys damaligem Besuch, wenn nicht ein Funken Wahrheit dahinter stecken würde? „Du drehst mir nicht den Rücken zu, Granger! Ich bin noch lange nicht fertig.“ Sie krempelte ihre Ärmel hinauf, nachdem sie mit geweiteten Augen Hermines Rücken musterte. „Es interessiert dich vielleicht.“ Mittlerweile achtete sie auch auf gar nichts mehr. Sie schien ihre Umwelt vollends auszublenden. Ihr schien es auch egal geworden zu sein, dass ihre nächsten Worte sie womöglich in Schwierigkeiten bringen könnte. Es war ihr egal, denn sie sah, dass sie Draco verlor und das wollte sie nicht. Sie liebte Draco, und er liebte sie, oder? Er liebte sie doch? Und... Und wenn man jemanden liebte, verzieh man sich auch Fehltritte, nicht wahr? Schließlich hatte sie auch Dracos Fehltritt verziehen. Sie verzieh dem Mann, der sie in Madam Puddifoots Café verzaubert hatte – was sie zufälligerweise belauschen konnte, als Draco mit Blaise darüber sprach. Und Granger? Sie wollte sich dazwischen drängen, ihr Draco wegnehmen, was unverzeihlich war. Allerdings gab es noch etwas, das Daphne in Rage versetzte. „Du und Potter, ihr habt meinen Cousin nach Askaban gebracht. Nicht nur, dass du mir Draco wegnehmen willst, nein, du bringst auch meine Familie in Verruf und dafür werde ich dich büßen lassen, du elendes Miststück!“ Unter diesen Worten war Hermine zur Salzsäule erstarrt. „Was sagst du da? Dein Cousin? Robin...“ „Ja“, hechelte die blonde Slytherin aufgeregt. Wäre sie ein tollwütiger Fuchs, hätte man spätestens jetzt den Schaum vor ihrem bibbernden Mund gesehen. „Robins Mutter war die Schwester meiner Mutter und ihr habt dafür gesorgt, dass meine Mutter ihre letzte Erinnerung an ihre Schwester verliert. Nur wegen euch sitzt Robin in Askaban.“ Die Sache war so verstrickt und Hermine blickte schon lange nicht mehr hinter die Gepflogenheiten der Reinblüter hindurch. Die Stammbäume der Reinblüter waren so verworren, dass man viele Verwandtschaftsgrade gar nicht mehr nachvollziehen konnte, aber diese Verbindung... die stieß dem Fass den Boden aus.  „Hast du...“ Hermine traute sich fast gar nicht, ihre Frage zu Ende zu stellen, aber Daphne kam ihr auch zuvor. „Ob ich meinem Cousin geholfen habe? Was denkst du, Granger?“ Sie stemmte ihre Hände in ihre Hüften und schaute beleidigt zu Hermine herüber. Auch Trotz und Wut schimmerten in ihren blauen Augen. „Natürliche habe ich ihm geholfen“, schrie sie aufgebracht weiter. „Ich musste ihm helfen. In unseren reinblütigen Kreisen bedeutet Familie nämlich etwas. Ich weiß ja nicht, wie Schlammblüter das sehen?“ Hermine war fassungslos. „Du hast uns verraten?“, vergewisserte sie sich konsterniert. Sie konnte es gar nicht glauben. Ihr Kopf dröhnte, weswegen sie sich an der Wand abstützen musste. „Du hast ihm Informationen zukommen lassen. Wieso? Du konntest dir vorstellen, dass -“ „Oh nein!“, schnitt sie Hermine das Wort ab. „Draco und Blaise sollten einfach vorsichtiger sein und ihre Tür nicht immer offen stehen lassen, wenn sie etwas besprechen!“ Sie hatte soviel herausbekommen, aufgrund der Unvorsichtigkeit ihrer Klassenkameraden. Blaise und Draco sprachen einmal über eine seltsame Kugel im Ministerium, woraufhin Daphne ihrem Cousin unverzüglich geschrieben hatte. Sie wollte wissen, ob er im Hinblick darauf in Kenntnis gesetzt wurde, da er das Praktikum leitete. Und.. Robin hatte ihr tatsächlich geantwortet, ihr erklärt, um was es sich handelte. Es war nicht annähernd so erschütternd, wie die Tatsache, als Robin ihr vor vielen Jahren erzählt hatte, wer sein Vater war. Anfangs war sie erschrocken, aber sie stand schon immer geschlossen zu ihrem Cousin. „Als McGonagall uns erzählte, dass einige Schüler nicht zum Unterricht erscheinen werden, wurde ich misstrauisch. Ich habe Robin geschrieben und ihn gefragt, was los sei. Es war schon sehr auffällig, dass ausgerechnet du, Potter, Weasley und Draco plötzlich dem Unterricht fernblieben. Wir, Robin und ich, blieben über das Flohnetzwerk und über Briefe in Kontakt, in denen ich ihm immer die neusten Erkenntnisse, soweit ich welche beschaffen konnte, übermittelte.“ „Weißt du, was du damit fast angerichtet hättest? Hat dir der erste Krieg nicht gereicht? Hat der Krieg dir nicht gezeigt, wie fatal das hätte enden können?“ Die Tatsache, dass Draco sie hintergangen haben könnte, blendete Hermine vorerst aus. Sie glaubte nicht daran. Sie hatte Draco kennengelernt. Auch wenn das kindisch war, so hielt sie sich an ihren Gedanken fest, dass Draco kein böser Mensch war und sie ihm in den letzten Tagen ans Herz gewachsen war.  Es war, als könnte Daphne Gedanken lesen. Sie griff das vorherige Thema wieder auf. „Bedanke dich bei Draco und seinem Vielsaft-Trank. Wäre er nicht so unvorsichtig, hätte ich gar nicht angefangen, ihm zu misstrauen.“ „Ich kann nicht glauben, was du von dir gibst!“    ~*~ Entspannung war genau das, was Draco benötigte, um schnellstmöglich wieder auf die Beine zu kommen. Schließlich wollte er wieder zu ihr zurück – zu... zu Granger. Dem unbelehrbaren Mädchen, dessen Nähe er genoss und sich nicht erklären konnte, woher dieser Sinneswandel plötzlich gekommen war. Immerhin war er doch stets darauf bedacht, etwas, das mit seinen Ansichten nicht konform ging zu vermeiden. Aber wieso wollte er diese Nähe und warum ließ er sie überhaupt zu? Das war doch gar nicht er selbst.   Es war, als hätte man seine Gehirnhälften einfach gegen zwei aufgeweichte Brötchen ausgetauscht. Oder hatten ihn Pomfreys Worte mit Glückshormonen infiziert, als sie eben noch einmal zurückgekommen war, das Tablett mit sich nahm und Draco mit gekräuselten Lippen erzählte – so, als hätte er diese Information gar nicht verdient -, dass Granger seit vier Tagen an seiner Seite war? Dass... Dass Granger an seinem Bett saß und ihn bewachte?   Merlin nochmal! Abermals fing sein Kopf zu schmerzen an, woraufhin seine flache Hand zur Stirn wanderte und fest dagegen drückte, darauf hoffend, endlich etwas Linderung zu finden. Seine Informationen waren zwar noch immer begrenzt, aber er wusste mehr als vorher. Was er wusste – und das war für ihn momentan sehr wichtig – war, dass Granger in Sicherheit war. Auch schloss er daraus, dass Potter gewonnen hatte und er Sterling kampfunfähig machen konnte, nachdem er selbst zusammengebrochen war und sich den Kopf aufgeschlagen hatte.  Er baute darauf, dass Granger ihm diese Lücken mit Informationen füllen könnte. Er musste nur auf sie warten – genau hier, aber wo auch sonst? Draco durfte den Krankenflügel noch nicht verlassen und musste sich in Geduld üben.   Etwas, das er so wunderbar konnte... Und er wartete... Geduldig, mit gefalteten Fingern, die sich zusehends tiefer in seine Handballen bohrten, da sie nach zwei Stunden immer noch nicht zu ihm gekommen war. Lediglich Geräusche waren es, die er vernahm. Geräusche von draußen, die immer lauter und bedrohlicher wurden und Draco im selben Atemzug aufschrecken ließen. Obzwar seine Kräfte noch lange nicht zurückgekehrt waren, so musste er nachsehen. Lamentiert und mit seinem Zauberstab bewaffnet, näherte er sich der latenten Gefahr, er schlich sich am Schwesternzimmer vorbei, das – wie er erstaunt feststellte - ohnehin leer war.   Das ließ ihn stutzen, doch war es nicht sonderlich überraschend, oder? Schließlich wäre die alte Medi-Hexe – hätte sie die Geräusche vernommen – dem Ursprung längst auf den Grund gegangen. Je näher er dem Portal kam, umso mehr konnte er herauskristallisieren, dass es Frauenstimmen waren. Laute, ängstliche und aufgebrachte Stimmen, die er unwahrscheinlich schnell zuordnen konnte. Eine davon gehörte dem Mädchen, auf das er sehnsüchtig wartete und die Stimme klang laut, dennoch sanft und beruhigend. Ja, das war Granger. Sie hatte schon immer das Bedürfnis, den besonnenen Part zu übernehmen, weil sie glaubte, die Situation, die kurz vor einer Detonation stand, entschärfen zu können. Allerdings konnte er anhand der anderen Stimme erkennen, dass diese nicht empfänglich für derartige Versuche war. Im Gegenteil. Daphnes Stimme klang erbost, schrill, hektisch und panisch. Sie schien es zu sein, die die Situation eskalieren lassen wollte und Draco zog ruckartig das große Holzportal auf.  Was war passiert? Draco hatte offensichtlich etwas verpasst, aber beide Mädchen verstummten, als er die Tür öffnete. Granger sah ihn wütend und erschrocken an, sie verschränkte zornig ihre Arme vor der Brust, Daphne dagegen schenkte ihm ein kühles Lächeln, während ihre Hände, samt Zauberstab hinter ihrem Rücken verschwunden waren. Augenblicklich war es mucksmäuschenstill geworden. Kein einziger Luftzug zog durch den Flur, der die Ruhe hätte durchbrechen können, nachdem Draco – bekleidet in seiner Hose und seinem Krankenhemd – erschien und ratlos von dem einen zum anderen Mädchen sah. „Was ist hier denn los?“ „Was los ist?“, rief Hermine herüber, als sie endlich ihre Stimme wiederfand. Er fragte was los war? Musste er das nicht wissen? Dass er wach war und vor ihr stand, ließ sie an sich abperlen. Hermine konnte keine Freude empfinden, da Daphnes Worte um sie herumkreisten. „Meinst du das ernst?“ „Granger, sonst würde ich nicht fragen. Also ja, ich meine meine Frage ernst.“ Was war in sie gefahren? Dass er lächerlich aussah und verdutzt vor ihnen stand, war ihm egal. Draco wollte wissen, was los war. „Ich wiederhole mich ungern, aber was ist los?“, wiederholte er mit müden Augen.  „Los Draco“, mischte sich Daphne ein. Ihr Blick war klar und stur auf ihn gerichtet. Nun würde sie ihn, trotz ihrer Liebe zu ihm, für all das büßen lassen, was er ihr angetan hatte. Ihr verletzter Stolz konnte nicht darüber hinwegsehen, dass sie ihn verloren hatte und wenn sie nicht glücklich war, durfte Draco es auf keinen Fall sein. „Erzähl Granger, was du getan hast, oder bist du so feige geworden und kannst nicht zu deinen Taten stehen?“ „Und kannst du nicht einfach dein Maul halten, Daphne? Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Und schon gar nicht, was du hier zu suchen hast.“ Das wusste Draco gerade wirklich nicht. Sie könnte Granger so vieles erzählt haben. Woher sollte Draco demzufolge wissen, was diese hohle Nuss tatsächlich meinte? Anschließend sah er zu Granger hinüber, die sich an der Wand abstützte und völlig konfus wirkte. Folglich, als er ihr betrübliches Abbild sah, wollte er auf sie zueilen, sie in seine Arme nehmen, ihr – so grotesk es auch klang – Halt schenken. Das Bedürfnis, ihr körperlich nahe zu sein, war plötzlich präsenter als zuvor, da es ihn schmerzte, sie angeschlagen und scheinbar gebrochen zu sehen. Allerdings – und es erschreckte den jungen Malfoy – flog prompt ihre Hand nach oben, so dass er perplex stehen blieb. „Komm nicht näher!“, schrie Hermine zerrüttet, nachdem sie Dracos Intention bemerkte. Seine Nähe war unerträglich in diesem Moment. Wenn das stimmte, was Daphne ihr zuvor erzählte, dann hatte Draco ihr Vertrauen auf schändliche Weise missbraucht und das war ein wirklich schlimmes Vergehen, das man mit keiner Entschuldigung wieder gut machen konnte. Vertrauensbruch war etwas, was man unmöglich verzeihen konnte.   Hatte sie sich dermaßen in ihm getäuscht? War er doch nur ein Mistkerl, der Frauen wie Trophäen sammelte?   Am Anfang dieses Schuljahres war sie selbst überzeugt davon, genau das in ihm zu sehen, doch alles hatte sich geändert und so gut konnte er doch nicht schauspielern, oder?   Konnte er? Ja, gestand sie sich schluckend... Er konnte. In McGonagalls Büro hatte er dieses Talent unter Beweis gestellt, indem er sogar die Schulleiterin manipulieren, ja, sogar täuschen konnte und er hatte es nun auch bei ihr, Hermine Granger, geschafft.   Ha, und sie? Sie hatte sich höchstwahrscheinlich in dieses Arschloch verliebt, aber was tat er? Das, was Hermine eigentlich von ihm erwarten sollte – sie eiskalt auszunutzen. Blind und naiv war sie ihm auf den Leim gegangen... Wie eine Fliege, die in das Spinnennetz geflogen war, aus welchem sie sich nicht mehr befreien konnte. So erging es nun auch der jungen Gryffindor. Fühlte sich eine zerbrochene Liebe, die nicht einmal ihren Anfang fand, so schmerzhaft an? Ihr Herz wurde von ihm persönlich in tausend Einzelteile zerfetzt, nachdem er es aus ihrem Brustkorb riss, nur um das lädierte, lebenswichtige Organ weiter zu demütigen, zu verletzen und anzugreifen. Infolgedessen sah sie bekümmert und den Tränen nahe zur stützenden Steinwand, die ihr – anstelle von Draco – Halt spendete, angesichts der eintreffenden Resignation. Ja, sie war eine gebrochene Person. Ein Mädchen, das verliebt war und in zwei Hälften zerteilt wurde. Sie musste sich nicht mehr über ihre Gefühle klar werden, denn es war offensichtlich, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Aber Malfoy... er... Draco trampelte auf ihren Gefühlen und ihrem herausgerissenen Herzen herum, das sie zu gerne in seine Hände gelegt hätte... „Granger, ich weiß gar nicht, wovon sie redet“, erklärte Draco anschließend völlig hilflos. „Was soll der Kindergarten? Ich verstehe überhaupt nicht, was hier los ist?“ Mit verächtlichem Blick sah sie ihn an, wenngleich es ihr schwer gefallen war. Ansehen wollte sie ihn nicht mehr, auch, weil ihr jegliche Kraft abhanden gekommen war, die sie zuvor aufbringen musste. All die Energie, die sie noch hatte, war wie weggeblasen. All die Kraft, die sie aufgeopfert hatte, um täglich an seinem Bett zu sitzen, zu wissen, dass er bewusstlos war und sie dieses Bild ertragen musste. All das hatte sie auf sich genommen, und wofür? Für nichts.   Sie war eine lächerliche Figur in Malfoys Kabinett geworden. Eine unwichtige Statue, die er beliebig verschieben konnte.   „Kindergarten nennst du das?“ In ihren Augen schimmerten bereits die ersten Tränen. Tränen der Wut, Tränen der Verzweiflung, aber auch Tränen der Hoffnung, dass all das nur ein Missverständnis und auf Daphnes Eifersucht zurückzuführen war. „Kindergarten?“, rekapitulierte sie schwadronierend. „Hast du nicht zufällig einen Kelch Vielsaft-Trank getrunken?“, ertönte aus dem Hintergrund Daphnes glockenhelle Stimme. „Ich meine, mich daran erinnern zu können“, fuhr sie provozierend fort, als sie sich spielerisch mit dem Zeigefinger auf die Lippen tippte und ihre blaugrünen Augen die Decke absuchten. Daphne hatte er komplett ignoriert. Seine Aufmerksamkeit galt nur Granger, bis das Wort Vielsaft-Trank fiel, was ihn zurück in die Wirklichkeit beförderte und zum ersten Mal wirkte der sonst so stolze, stoische Draco verlegen. Tatsächlich war es ihm unangenehm, damit konfrontiert zu werden, da es vermutlich sein Leben auf den Kopf stellen würde. Die Wahrheit... sie würde Veränderungen nach sich ziehen, weswegen er dem blonden Mädchen ins wutverzerrte Gesicht sah. „Ich war so nett und habe Granger bereits darüber aufgeklärt. Ich war auch so ehrlich, im Gegensatz zu dir, und habe ihr erzählt, was in Madam Pudifoots Café passiert ist. Auch wenn du mir die Erinnerung genommen hast, weiß ich über alles Bescheid. Du solltest zukünftig eben sicherere Orte wählen, wenn es darum geht, brisante Details weiterzuerzählen“, gackerte ihre Stimme in den höchsten, aggressivsten Tönen. Grundgütiger! Was? Was hatte dieses unverfrorene Weib getan? „Stimmt das, Malfoy?“  Mit offenem Mund starrte er zu seinem Mädchen, das niemals sein Mädchen war. Ihre zitternde Stimme glich einem Klagelied, ihre anbahnenden Tränen würden die Halle mit ihrem traurigen Klang erhellen und es traf ihn seelisch. Es schmerzte in seiner Magengegend, aufgrund ihrer flehentlichen Stimme, die verzweifelt darum bat, die Wahrheit zu erfahren. „Malfoy!“ Sie nannte ihn nicht Draco... Sie nannte ihn Malfoy, wie die letzten sieben Jahre zuvor, nur klang die Aussprache seines Nachnamens dieses Mal hasserfüllter. Viel gekränkter und gleichzeitig zorniger, als er es je aus ihrem Mund gehört hatte.  „Sag es mir!“, verlangte Hermine fordernd. Ihr letztes bisschen Würde, was noch vorhanden war, sammelte sie auf und schloss den Abstand zu Malfoy. Mit verschleierter Sicht sah sie ihn an. Ihre innere Stimme wollte ihn anschreien, ihre Hände wollten ihn schlagen, ihn schütteln und zu Boden schubsen, aber sie konnte nicht, da sie ihre gesamte Kraft – samt ihrer Selbstachtung – benötigt hatte, um auf ihn zuzugehen und ihm gegenüberzustehen, um wenigstens einen kleinen Teil ihrer Ehre wiederherzustellen. „Warst du in Harrys Körper an meinem Bett und hast mich ausgehorcht?“ Sie betete, dass er ihre Frage dementierte, während sie ein Stoßgebet gen Himmel zu Merlin, zu Gott und zu Buddha schickte. „Erzähl ihr doch auch, weshalb Lucius eine Strafe von 150.000 Galleonen zahlen musste.“ Daphne genoss das Schauspiel vor sich. Draco zerbrach und das zurecht. Er sollte bluten, er sollte leiden. So wie sie und ihre Familie, angesichts Potters erneutem Erfolg, bluten musste. „Oder soll ich das auch übernehmen?“ „Geh!“, befahl Draco aufgebracht. Merlin, es reichte! Und sie ging einfach nicht, woraufhin er zornig seinen Zauberstab nach oben hob. Woher wusste dieses Weibsbild davon? Woher wusste sie von Lucius' Strafe? „Geh Daphne!“ „Du bist doch viel zu feige. Seit du mit diesem Schlammblut anbandelst, hast du deine Ideologie doch komplett über Bord geworfen, zusammen mit deiner Haltung und deinem Stolz.“ Auch die blonde Slytherin-Schülerin richtete ihren Zauberstab auf den Menschen, für den sie alles getan hätte. Ja, gefangen in ihrer kranken Liebe, die nicht mit der Liebe zu vergleichen war, in der man seinem Partner Vertrauen, Loyalität und sein Herz schenkte. „Granger, gerne kläre ich dich auch in dieser Hinsicht auf, wenn Draco schon zu feige ist, was mich tatsächlich erschreckt.. Aber gut. Netterweise hat Robin mir davon erzählt. Oder sollte ich besser zum Glück sagen? Lucius musste 150.000 Galleonen Strafe zahlen, weil er -“ „Sei ruhig!“, knurrte Draco mit verengten Augen. „Dein Stolz muss wahrlich angefressen sein, wenn du schon so tief sinkst, um in meiner Scheiße zu wühlen. Bist du so gekränkt, weil ich dich nicht will? Verletzt, weil ich dich einmal gevögelt hab und es so grottenschlecht war? Du tust mir nicht einmal leid, Daphne, weil selbst mein Mitgefühl verdienst du nicht.“ Draco wusste, dass er den Kampf verloren hatte, weil Granger die Wahrheit erfahren würde, aber kapitulieren? Vor Daphne? Niemals! „Ich werde es Granger selbst erklären, ohne dich im Rücken!“ „Dazu bist du doch gar nicht in der Lage.“ Abschließend wandte sie sich an Hermine. „Lucius hat deiner Mutter einen Imperius auferlegt! Damit du nicht nach Hogwarts zurückkommst. Unser lieber Lucius wusste nämlich von der seltsamen Besessenheit, die Draco dir gegenüber entwickelt hatte, auch wenn ich zugeben muss, dass ich das am Anfang für Blödsinn hielt. Aber ich wurde eines Besseren belehrt“, endete Daphne und sah mit Genugtuung, wie sich Hermines Gesichtsfarbe schlagartig änderte. Kalkweiß wurde die Gryffindor-Schülerin daraufhin. „Liebe macht eben blind.“ „Stupor!“, brüllte Draco erbost, ehe der rote Funkenstrahl das linke Bein seiner verhassten Mitschülerin traf. Der Zauber war nicht stark, weshalb Daphne sofort wieder auf die Beine kam. „Vergiss nicht, auch ich bin eine Schlange, du elendes Weib!“ Dracos Haare waren durch den Fluch nach hinten geweht worden, wodurch seine Sicht nun umso klarer war und er würde nicht darauf verzichten, sie erneut anzugreifen. „Deprimo!“ Daphne erwiderte zwar das Feuer, jedoch in eine andere Richtung. Statt auf Draco zu zielen, schoss ihr Fluch an seinem Kopf vorbei, bevor er unter Grangers Füßen einschlug, die verstört neben Draco stand. Im Anschluss bildete sich um die eingeschlagene Stelle ein gigantisches Loch, das Granger in die Tiefe hinabzerrte. „Ich werde dir das Liebste nehmen, Draco!“, erwiderte sie abfällig, nachdem sie erkannte, dass sie den Fluch erfolgreich ausgeführt hatte. „Und da das Granger zu sein scheint, werde ich sie dir wegnehmen!“ „Bist du von allen guten Geistern verlassen, du Irre?“ Schockiert sah Draco, wie Hermine unter ihren Füßen in eine Loch fiel, das sie verschlingen wollte. Unverzüglich musste er handeln. Rasch war er in die Hocke gegangen, um das schwarze Loch mit einem Lichtzauber zu erhellen, ehe er erleichtert aufseufzte. Etwa zwei Meter unter ihm sah er einen Felsvorsprung, auf dem sie keuchend gelandet war. „Granger? Hast du dir wehgetan?“ Doch eine Antwort ihrerseits konnte er nicht vernehmen, da Daphnes Stupor haarscharf an ihm vorbeigeschossen war und der folgende Luftzug ihn zu Boden riss.  Merlin, es reichte. Endgültig. Draco sprang auf seine Beine. „Hör auf! Du machst einen Fehler, wenn du es wagen solltest, mich noch einmal anzugreifen!“ Auch Daphne war entschlossen. „Deine Drohung ist ja zuckersüß.“   „Vorsicht Daphne“, entgegnete er die warnenden Worte. „Wenn sich unsere Zauberstäbe aneinander wetzen, werde ich vor nichts mehr Halt machen.“   „Gut. Zeig mir deine Macht, Darling!“ Der Kampf zwischen den Duellanten entfachte. David gegen Goliath. Normalerweise war er das nur von Potter und sich gewohnt und nicht mit einem Slytherin. Dass sie allerdings noch nicht bemerkt wurden, war fast schon erschreckend. Schließlich bekämpften sich zwei Schüler – mitten im Flur. Oder hörte man sie wirklich nicht? Der Krankenflügel lag zwar im hinteren, abgeschotteten Teil des Schlosses, doch man musste Daphne doch schreien hören?   „Gib auf, Daphne. Ich stehe deutlich über dir, aber noch können wir uns gütig einigen“, schlug er nach zehn Minuten mitgenommen vor. Ja, angeschlagen war er, aber er würde nicht aufgeben.   „Vergiss es. Du bist ein Verräter, der mit meinen Gefühlen gespielt hat. Du wirst zahlen, versprochen.“   „Dann lass es uns beenden“, bellte er pejorativ, um sich im selben Atemzug hinter einem schützenden Protego zu sichern. Darauf folgte der erste Schritt in ihre Richtung. Wie ein Tier, das seiner Beute den Gnadenstoß verpassen wollte, stolzierte er auf das entrüstete Mädchen zu, das zu einfältig war, einen einfachen Schutzzauber zu durchbrechen. Kraftvolle Zauber, die beherrschte sie, aber was brachte es, wenn man die Deckung des Gegners nicht durchbrechen konnte?   „Bleib stehen, Draco!“, ermahnte Daphne ihn, als ihr die Ausweglosigkeit bewusst wurde. Feixend schüttelte er daraufhin seinen Kopf, während er den flammenden Pfad zu ihr bestritt. Nachdem er grinsend vor ihr ankam, packte er ihr Handgelenk, woraufhin auch sein Grinsen verschwand und er sie zu sich heranzog, ehe er sich zu ihr hinabbeugte. Er brachte sich ganz nah an ihr Ohr, bevor er ihr knurrend zuflüsterte: „Äußerliche Eindrücke können blenden und fatale Folgen haben. Dein Fehler war es, mich anzugreifen. Was jedoch viel schlimmer war“, fuhr er nahtlos fort und richtete seinen Zauberstab präzisiert auf ihren Hals, „war die Tatsache, dass du Granger angegriffen und ihr alles gesagt hast. Ich will nicht wissen, woher du all das weißt. Eigentlich ist es mir auch egal, aber sei dir sicher, dass das Konsequenzen haben wird. Nicht du wirst mich Blut lecken lassen, Daphne. Oh nein, du wirst untergehen. Ich werde dich in meiner Hand zerquetschen“, schüchterte er sie weiter ein, bevor er sie von sich stieß und herzhaft auflachte. Darauf folgte eine einladende Handbewegung. „Los, verfluche mich. Durchbreche meinen Schutzzauber. Ansonsten wirst du in mir deinen Meister finden.“ Seine grauen Augen funkelten böse. Sie bohrten sich in ihrem Anblick fest, und noch immer sah er wie eine wild gewordene Bestie aus, die sich jederzeit in seinem Opfer verbeißen wollte. „Tick-Tack, die Uhr läuft!“, brach es süffisant aus ihm heraus, während er vergnügt mit seinem Zauberstab hin und her wackelte. Überfordert von seinem Zynismus, feuerte sie einen Fluch nach dem anderen auf Draco und seinen Schutzzauber, der – sobald die unsichtbare Mauer getroffen wurde – ohrenbetäubend erzitterte und Daphnes Zauber demzufolge zerbarsten. „Ist das alles? Ich bin enttäuscht, da ich dachte, wir hätten länger das Vergnügen“, stellte Draco nüchtern klar. Gelangweilt schwenkte er seinen Zauberstab. „Petrificus totalus!“ Wie ein Sack Mehl kippte sie zur Seite, als der Fluch sie traf und Draco sich ihr gefahrlos nähern konnte. Er kniete sich neben sie, seine Hand umklammerte ihren Hals und er löste den Fluch, worauf sie sofort nach Luft schnappte. Sie röchelte, doch Draco lockerte seinen Griff nicht. „Du wirst es bereuen, dich mit mir angelegt zu haben. Hör mir aufmerksam zu, Daphne, denn ich wiederhole mich nicht.“ Ruckartig und fest zog er sie an ihrem Hals zu sich hinauf. Ganz nah vor sein Gesicht. „Ich werde sowieso alles erfahren, aber du wirst mir alles zurückzahlen. Dein jämmerliches Dasein wird unerträglich. Doch davor mache ich dir dein erbärmliches Leben zur Hölle, das versichere ich dir!“ „Wenn du“, hustete Daphne, „wenn... du Granger... verlierst, dann, dann habe ich... alles... erreicht!“, japste sie entkräftet. Ihre Hände umklammerten währenddessen die schwere Pranke, die sich um ihren Hals geschlungen und festgekrallt hatte. „Sie... sie wird dir... nicht verzeihen“, spuckte sie ihm entgegen.  „In Askaban kannst du von unserer Hochzeit lesen. Ich werde dir extra ein Exemplar – mit unserem Hochzeitsfoto – zukommen lassen“, knurrte Draco und stieß sie abermals von sich. Sie ekelte ihn an und das war etwas, was selbst Draco erstaunte. Er dachte, er hätte schon alles gesehen, was Grausamkeit anging, doch Daphne hatte ihm eine neue Ebene gezeigt – eine gefährliche Ebene. „Und du wirst nach Askaban wandern und wenn ich dich persönlich dorthin bringen muss.“ „Du wirst schon sehen, dass sie dir... nicht verzeihen wird“, erwiderte sie triumphierend, jedoch noch immer erschöpft, nachdem sie sich gesammelt und von ihm abgewandt hatte. Hinzu kam die Angst, die sie in die Flucht trieb. Furcht davor, dass Draco seine Drohung Realität werden ließ und sie tatsächlich nach Askaban bringen würde. Sie musste sich zurückziehen und an einer Strategie arbeiten. Diese Schlacht hatte Draco zwar gewonnen, aber sie würde den Krieg gewinnen, davon war sie überzeugt.    Als er sichergestellt hatte, dass Daphne weg war, hatte er seinen Körper dem Loch zugedreht, in das er sich hinabbeugte und seine Hand nach ihr ausstreckte. Allerdings blieb sie am Boden. „Hopp, Granger. Ich ziehe dich nach oben.“   Aber sie rührte sich nicht.   „Liebes, nimm meine Hand.“ Mit gemischten Gefühlen sah er der Gegenüberstellung mit ihr entgegen. Schließlich hatten Daphnes Worte einen bitteren Nachhall in seinem Gedächtnis erzeugt, aber er war mehr als erleichtert, als sie endlich nach seiner Hand griff und er sie nach oben ziehen konnte. Vorsichtig begann Draco, den Schmutz von ihrer Kleidung zu klopfen, bis er inne hielt und sich ihrer erhobenen Hand entgegenstellen musste.   „Was soll das? Ich wollte dir nur helfen“, ergänzte er niedergeschlagen und trat mir erhobenen Händen zurück, damit sie sehen konnte, dass er sie nicht anrühren würde.   „Helfen?“, vergewisserte sich Hermine nickend, die tapfer ihren Kopf hob und sich den Dreck selbst von den Kleidern schlug – verbissener und wütender als Draco es getan hatte. Merlin, sie hätte just in dem Moment in Tränen ausbrechen können, ihr ging es überhaupt nicht gut, aber sie bewahrte Contenance.   Später, wenn sie alleine wäre... Dann, und erst dann dürfte sie weinen. „Ja, helfen. Du kannst dich aber auch in mein Bett legen, wenn es dir dann besser geht?“ Steif verharrte sie in ihrer Bewegung, doch war ihr Blick erneut zu ihm gewandert. Selbst jetzt schien er die Lage zu verkennen. „Unangebracht, Malfoy. In Anbetracht der Situation völlig unangebracht.“ Die zurückgedrängten Tränen waren wieder auf dem Vormarsch und sie würden gewinnen... Erschwerend kam die Erkenntnis hinzu, dass sie dem verdammten Felsvorsprung ihr Leben verdankte. Aber Malfoy wollte helfen? Ja, natürlich. Das wollte er, gewiss...   „Ist das so, ja?“ Indes war er zu dem Loch zurückgekehrt, worauf er seinen Stab richtete und ihren Zauberstab zurückrief, ehe er das Loch gekonnt verschloss. Anschließend kam er zu ihr zurück und... er musste es tun. Zum wiederholten Mal streckte er seine Hand nach ihr aus, die sich auf den Weg zu ihrem Gesicht machte, um die dortigen Tränen wegzuwischen.   „Unterlass das.“ Zitternd schlug sie seine helfende Hand zur Seite. Aber auch das war ein Irrglaube. Es gab keine helfenden Hände und wenn doch, dann... dann fand man sie bloß am eigenen Arm. „Sag mir lieber die Wahrheit“, verlangte Hermine wieder. „Hast du mich ausgehorcht und... und hat dein Vater... meine Mutter verhext?“ Das musste doch ein schlechter, sehr makaberer Scherz sein? Selbst jetzt konnte und wollte sie es immer noch nicht wahrhaben. Solange nicht, bis sie es aus seinem Mund gehört hätte. „Ja, es ist wahr“, gab er deprimiert zu. Fuck! Er konnte sie nicht anlügen. Draco raffte sich zu seiner vollen Größe auf, er spannte seinen Rücken an und sah zu einer gebrochenen Granger hinab. Schlimm war auch, dass Daphne recht behielt... Er verlor gerade Granger. Nach und nach entglitt sie ihm, woraufhin sein Kinn gegen seine Brust sank, bis er Schläge dagegen spüren konnte. „Das... Das... Wie konntest du mir das nur antun? Wie konnte Lucius meiner Mutter so etwas böses antun? Seid ihr alle bescheuert? Ist deine Familie krank?“ Sie schrie und schlug auf Draco ein. Sie stammelte Worte, sie zitterte und ihr Körper bebte überall. Sogar ihre Füße zitterten. Hermine konnte spüren, wie ihre Zehen gegen ihre Schuhe stießen, aufgrund dessen, weil ihr Körper ständig nach vorne und nach hinten wippte. „Du hast mich verarscht!“ Draco ließ die Schläge, ihre Worte, ihre Wut und ihren Zorn über sich ergehen. Er lauschte jedem ihrer Worte, weil er es schlicht und ergreifend verdient hatte, so behandelt zu werden. Er verdiente ihren ausgebrochenen Zorn!   „Hör zu.“ Sanft fing er ihre schlagenden, trommelnden Hände ab und verschloss sie in seinen. „Granger, sieh mich an!“ Aber sie schüttelte nur ihren Kopf und tat alles, um ihn eben nicht ansehen zu müssen. „Es tut mir leid. Alles, was passiert ist.“ Zum ersten Mal entschuldigte sich Draco aufrichtig und ehrlich, denn es tat ihm weh, ihr die Wahrheit zu sagen und gleichzeitig darauf zu hoffen, dass sie ihm wieder einmal verzieh. Ja, diese Entschuldigung tat weh, sie kostete Mut und Überwindung. „Ich wollte es dir sagen. Wirklich.“ „Es tut dir leid?“ Nun sah Hermine zu ihm auf – apathisch, nicht sicher, wie sie sich verhalten sollte. „Es tut dir leid?“, fragte sie lauter und entzog sich seinem Griff. „Nein, Malfoy. Was dir leid tut, ist, dass du die Kontrolle über mich verloren hast. Sonst tut dir nichts leid. Gar nichts. Du kennst kein Leid, sonst hättest du niemals zugelassen, dass jemand deinetwegen leidet.“ Die Tränen liefen ihre Wangen hinab und sie war es leid, ihre Tränen immer zu verstecken. Schließlich waren Tränen nichts schlimmes. Ja, sie ließ ihre Tränen laufen, ohne sich schlecht dabei zu fühlen. „Wie konntest du mich so ausnutzen? Hattest du Spaß, als du mich ausgehorcht hast? Ja? Konntest du wenigstens über mich lachen und dich auf meine Kosten amüsieren? Ich hoffe doch. Wäre andernfalls schade, angesichts des Aufwands, den du auf dich genommen hast. Und dein Vater -“ Oh Gott, hier lief gerade alles aus dem Ruder. „Ich habe dich ausgehorcht, weil ich als Draco Malfoy keine Chance hatte, dir näher zu kommen. Ich wollte dir verdammt nochmal nah sein und von Lucius' Absichten wusste ich nichts – gar nichts. Erst als man Lucius die Strafe auferlegt hatte, erfuhr ich davon. Seit Kriegsende werden Lucius' Zaubersprüche vom Ministerium überwacht, weswegen sie auch einschreiten konnten – ohne Lucius' Wissen haben sie ihn überwacht.“ Plötzlich bemerkte er etwas. Es war nur ein winziger Augenblick, ein winziges Detail, das ihm ins Auge stach. Etwas abseits, hinter Granger, lag ein Buch... Dank seiner hervorragenden Augen konnte er den Titel mühelos erkennen – Sherlock Holmes.   Grundgütiger. Daraufhin zählte er eins und eins zusammen. Sie war wirklich auf dem Weg zu ihm gewesen. Sie hatte ihm scheinbar aus dem Buch vorgelesen, während er bewusstlos war.   „Liebes, es hört sich vielleicht taktlos und abgebrüht an, aber... kannst du mir verzeihen? Ich hätte dir die Wahrheit gesagt, wenn alles vorbei gewesen wäre.“ Draco wusste, er durfte diese Frage nicht stellen. Sie stand ihm nicht zu, aber er musste. Die Lage war viel zu ernst, um witzig zu sein, denn für gewöhnlich nahm er solche Dinge nicht ernst genug oder untermauerte sie mit Sarkasmus, aber dieses Mal klang er ernst. Und wieder wollte er zu ihr heranrücken, ihre Hand mit seiner verschließen, jedoch zog sie ihre Hand augenblicklich zurück, was einen immensen Schmerz in ihm auslöste. Zu sehen, wie sie sich von ihm entfernte... Es war... unschön. Wirklich schrecklich. „Nein“, kam prompt ihre Antwort. „Selbst wenn ich wollte, aber ich will und kann dir nicht verzeihen, Malfoy.“ Hermine wollte jetzt, genau jetzt, alleine sein. Sie ertrug sein Gesicht nicht mehr und sie wollte in die Arme genommen werden – von Harry, von Ginny und von Ron. Die Sache mit dem Vielsaft-Trank hätte sie ihm verzeihen können - nach Tagen. Sie hätte ihn schmoren lassen, ihn auf dem Zahnfleisch zu ihr kriechen lassen, aber die Sache mit Lucius... Das war nicht so einfach zu verzeihen und von jetzt auf gleich schon gar nicht. Obwohl Draco nichts dafür konnte, aber die Tat seines Vaters war der Auslöser, der das Fass zum Überlaufen brachte. Diese Familie war das pure Böse..   Die gedemütigte Gryffindor hatte sich das Wiedersehen mit ihm anders vorgestellt. Die letzten Wochen und Tage... Alles war umsonst. „Ich soll es vermutlich noch verteufeln, dass man Lucius überwacht hat?“, stellte sie ihre Frage. „Nein, aber du könntest mich verstehen. Wie wäre es damit?“ Draco merkte, wie er die Kontrolle über das Gespräch verlor. Sein Ton wurde rauer, tiefer und er drohte zu explodieren.  „Dass du mich ausgehorcht hast? Bedaure, Malfoy, das werde ich wohl nicht verstehen“, entgegnete sie traurig. Sie wandte sich um und wollte gehen, bis sie von ihm herumgewirbelt und in seinen Armen gefangen gehalten wurde. „Nein! Ich lasse dich nicht gehen, bis wir das geklärt haben.“ „Lass los“, keifte Hermine und versuchte sich aus seinen Armen zu winden. „Jede weitere Diskussion erübrigt sich. Du bist ein Lügner, Malfoy. Ein hinterhältiger Heuchler. Ein falscher Fünfziger, den man schleunigst loswerden sollte.“ „Nein“, ergänzte er kalt und presste sie enger an seinen Körper. „Du musst mir verzeihen, Granger! Ist dir alles egal?“ Merlin, sie trat ihm gerade wortwörtlich in seine Mitte. Energischer drückte sie ihre Hände gegen seine Brust. Sie versuchte sich von ihm loszueisen, doch es wollte ihr partout nicht gelingen und ihre Kräfte, die schon längst aufgebraucht sein müssten, sanken immer weiter. „Ich habe nichts mit Füßen getreten und jetzt lass mich endlich los! Ich schreie Zeter und Mordio, wenn du mich nicht endlich loslässt.“   „Das ist mir egal. Schrei ruhig, interessiert mich nicht.“   Empört darüber, holte sie aus. So fest, dass ihre Hand krachend in seinem Gesicht landete und ein roter Flecken seine Haut zierte. Sie schlug seine verbliebene Hand, nachdem die andere zu seiner schmerzenden Wange flog, zur Seite und nutze seine Verwirrung aus, um zu flüchten.  „Nein! Granger!“, schrie der blonde, geschlagene Slytherin ihr hinterher. Zwei Sekunden eher und er hätte sie am Arm packen und zurückhalten können. Genauso einfach wäre es auch gewesen, sie einzufangen und zurückzuziehen. Mit Leichtigkeit hätte er sie einholen können, aber sollte er? Sollte er einem Mädchen nachlaufen? Derweil begann seine Wange noch höllischer zu schmerzen.   Ha... hatte er ihr, als sie den Horkrux jagten, nicht gesagt, dass sie keine zweite Chance bekäme, ihn wieder zu schlagen? Nun. Sie bekam ihre Chance. Aber egal. Sie käme schon noch zurück. Sie musste zurückkommen.    Das dachte er, bis sein Stolz zurückkehrte und das Wissen, dass sie auf ihn zukäme. Ja, von alleine würde sie zurückkommen. Er brauchte sie nicht. Nein. Er könnte jede haben, oder? Draco war nicht abhängig von Hermine Granger! Immer wieder sagte er sich diese Sätze, als er mit einem mulmigen Gefühl in den Krankenflügel zurückging.   Wie niederschmetternd und erdrückend alles werden würde, wusste Draco bis dato noch nicht. Er war überzeugt, dass diese Traurigkeit, die ihn umhüllte, nicht von langer Dauer sein würde. Gefühle waren nämlich etwas für Schwächlinge und Draco war nicht schwach. Worüber er sich allerdings aufregte, war, dass er nicht schlauer war. Was war auf dem Friedhof passiert? Wann waren die Auroren angekommen? Aber er konnte sich nichts von all dem selbst erklären, da sich sowohl Granger, als auch ihre Worte und ihre Ohrfeige ständig in seine Gedanken schlichen... Nein, er brauchte sie nicht! Nein, nein, nein! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)