The Warning! von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 17: Ein Mensch ist immer das Opfer seiner Wahrheiten ------------------------------------------------------------ - Kapitel siebzehn - Draco rannte, er sprintete immer schneller. Korridore, Schüler, Professoren und Geister kreuzten seinen Weg, doch beachtete er niemanden von ihnen. Erst die enormen Seitenstechen, die vor dem Krankenflügel Besitz von ihm ergriffen, zwangen den Heranwachsenden in die Knie. Wann war er das letzte Mal so schnell gerannt, dass er sich vorbeugen und sich die Seiten festhalten musste? Als er mit Snape vom Astronomieturm geflüchtet war... Über die ganze Rennerei hinweg fiel ihm auch nicht auf, dass er kaum was sah. Jedoch kannte er den Weg gut genug, als dass ihn eine Brille hätte aufhalten können. Trotz allem, waren Narbengesichts Augen tatsächlich so schlecht? Draco trug nämlich nur eine gewöhnliche Brille - ohne Stärke. Noch einmal blickte er sich um, bevor er den Desillusionierungszauber von sich nahm und seine Materie allmählich Konturen annahm. Er schnappte die Brille von seiner Nase, griff mit der anderen Hand nach seinem Zauberstab und... Scheiße! Ungläubig betrachtete er das dunkle Holz in seiner Hand. Verdammt, er hätte mit seinem blöden Potter-Bein ausholen und gegen die Wand treten können. Aufgrund der Hektik hatte er an fast alles gedacht. Tja, eben nur an fast alles... An die Gryffindoruniform und sogar an Potters Brille - in die er darüber hinaus auch noch Kratzer zauberte -, welche ihn vollständig verunstaltete, aber an den Zauberstab hatte er nicht gedacht. Wie sollte er dieses Problem lösen, oder brauchte er den Stab nicht? Nein, er musste seinen Stab nicht einsetzen, das würde Granger im Übrigen stutzig machen, wenn Potter plötzlich seinen Stab zog, oder? Er würde seinen Stab einfach in den Tiefen seiner Tasche verschwinden lassen; alles andere würde unnötige Fragen aufwerfen, auf die Draco sicher keine Antworten hätte und wenn, dann wären es sehr schlechte Ausreden. Er achtete einfach nicht darauf und hatte es schlichtweg vergessen. Aber das sollte ihm nicht sein Genick brechen. Auf keinen Fall. Genervt steckte er den Stab zurück. Im Anschluss setzte er seine Brille auf die dafür vorgesehen Stelle und blickte zur Tür, die ihn von Granger trennte. Sie war verschlossen, demzufolge müsste er die Tür bloß passieren. Nur einen Schritt nach vorne, den Türgriff greifen, die Tür öffnen und dahinter verschwinden. 'Komm, Draco', befahl er sich selbst, während er die große Tür weiterhin stumm betrachtete und seine Hand auf dem goldenen Knauf ruhte. Entschlossen, und überzeugt von seinem Handeln, öffnete er die Tür, schluckte noch einmal und verschwand dahinter. Schließlich sagte er sich doch selbst immer wieder, dass sein Einbruch in Slughorns Vorratskammer nicht umsonst gewesen sein sollte. Dementsprechend würde er nicht jetzt - vor allem nicht jetzt - an einen Rückzieher denken. Wie schon heute Morgen war niemand – abgesehen von Granger – hier. Die Vorhänge an ihrem Bett waren zurückgezogen und wieder saß sie aufrecht in ihrem Bett, ein Buch in der Hand haltend, das sie aufgeklappt in ihren Schoss legte, als die Tür geöffnet wurde. Potter bekam ihre Aufmerksamkeit schneller als er. Ja, das war ein niederschmetternder Faktor, der ihm aber klar gewesen sein müsste. „Hallo Harry“, grüßte Hermine freundlich, nahm das Buch zurück und legte es auf ihren Nachttisch. Kurz erwachte etwas in ihrem Innern, das zu stechen begann. Als wäre sie traurig, dass Harry hier war... und eben nicht jemand anderes. Sie wusste nicht, woher dieser Stich kam, aber es fühlte sich an, als hätte sie bewusst gewollt, dass Malfoy kommen würde. Durch das Praktikum wurde sie mit ihm in einen Topf geworfen, weshalb sie sich mit ihm befassen musste und es war unfair. Dass sie mit diesen Gedanken gestraft wurde, welche sie nicht haben wollte, wenngleich sie sich eingestand, dass man mit Malfoy sogar lustige, aber auch ernste Gespräche führen konnte. Zwar symbolisierten sie nach wie vor die Magnete, deren Pole verkehrt herum lagen, aber etwas anderes – etwas Neues – hatte sich dazugesellt. Sie wurden ungewollt zusammengeschweißt, anlässlich der Konfrontation mit Sterling. „G- Hermine, hey“, erwiderte Draco völlig neben sich stehend. Fast hätte er sie Granger genannt. Oh Gott, sämtliches Eintrichtern, hinsichtlich Potters Haltung, wäre vergeudet gewesen, wenn ihm dieser Fehler unterlaufen wäre. Er musste sich konzentrieren. Seinen Nervenzusammenbruch von eben, als er sich mit Blaise stritt, musste er jetzt ganz nach hinten – in die letzte Ecke seines Gehirns – verdrängen, oder viel besser verbannen. „Wie geht es dir?“, fragte er gepresst und konzentrierte sich auf seine Gangart, denn wenn er etwas mit Potter gemeinsam hatte, dann das Stolzieren. „Besser, danke. Und dir?“, entgegnete sie jovial. Sie durfte jetzt nicht an Malfoy denken. „Erzähl schon, was habt ihr besprochen? Malfoy wollte mit dir sprechen. Habt ihr gesprochen?“, brach es aus ihr heraus. Ihre Neugier war gewaltig. Sie musste sich beherrschen, aber sie wollte unbedingt wissen, zu welcher Lösung sie gekommen waren – sofern sie überhaupt soweit gekommen waren. Nein! Keine Regung! Nicht die Lippen kräuseln oder die Augenbrauen zusammenziehen. Nichts dergleichen. Das würde ihn nur verraten. Dass sie ihn jedoch Malfoy nannte, störte ihn ein wenig. Ging er etwa davon aus, dass sie ihn - hinter seinem Rücken - Draco nannte? Wohl kaum, aber wieso war er diesbezüglich gekränkt? Er hatte doch nichts anderes erwartet? Eine Stunde, dämmerte seine innere Stimme. Ja, er musste auf den Punkt kommen, ihr alles im Schnelldurchlauf erzählen und dann das Thema auf ihn lenken. „Der Minister war da und hat mit Malfoy, mit mir und mit McGonagall gesprochen.“ „So förmlich?“, lachte sie ihm entgegen, nachdem sie ihre Hände zusammengefaltet in ihren Schoß legte. „Wann hast du denn angefangen, Kingsley zu siezen? Das klingt ja total verrückt aus deinem Mund“, scherzte Hermine, bevor ihre Hand zu ihrem Mund schoss, die verhindern sollte, dass ihr breites Grinsen gesehen wurde. „Ach, das war jetzt nur so gesagt“, winkte Draco ab. Man, er musste vorsichtiger sein. Großer Merlin! Er durfte nicht leichtsinnig werden. „Malfoy wird uns auf einer Mission begleiten, die wir mit Kingsley und McGonagall ausgehandelt haben.“ Er nahm sich einen Stuhl und stellte ihn neben ihr Bett. Sicher würde Potter sich nicht auf ihre Matratze setzen und sie machte auch keine Anzeichen, ihm einen Platz darauf anzubieten. Was hieß, dass Potter und Granger sich nicht näher standen, als gewöhnlich. „Kingsley bringt später noch die Ergebnisse, von Sterlings Zauberstabauswertung.“ Ihr seltsamer Blick sprach Bände. „Die Ministeriumsbeamten mussten alle ihre Zauberstäbe eichen lassen und somit kann das Ministerium auch ihren Standort lokalisieren – scheinbar als Präventivmaßnahme.“ Dass das Ministerium ihre Sicherheiten anzog, war ihr klar und trotzdem gelang es einer Person, all das zu missachten und zu umgehen. Die Mission, von der Harry sprach, klang dagegen spannend, aber sie sah auch das Gesicht ihres besten Freundes. „Wie fühlst du dich wirklich, Harry?“, fragte Hermine besorgt und griff nach seiner Hand, die unruhig auf seinem Oberschenkel lag. „Denkst du, er... er kommt zurück?“ Ihr fiel anstandslos seine Unsicherheit auf, weswegen sie eindringlich auf sein Befinden eingegangen war. „I-ich denke nicht.“ Potter würde das auch sagen, oder? Draco dachte, dass Potter genauso unsicher wie er selbst wäre, was Voldemort betraf und das wusste wiederum Granger. Deswegen fiel es ihm auch nicht sonderlich schwer, betrübt zu wirken, obwohl Potter ein Optimist war und alles dafür tun würde, um zu verhindern, dass Voldemort erneut alles um sich herum formatieren könnte. Und zum ersten Mal waren sich Potter und Draco wohl einig. Sie beide wollten keinen wiederkehrenden dunklen Lord. Eher würde Draco auswandern, bevor er sich wieder einem Vollidioten unterwarf. „Aber es geht mir gut. Wir werden das gemeinsam lösen.“ Oh Gott, Dracos Puls raste in die Höhe, als er auf seine Hand hinab sah. Ihre kleine Hand lag freiwillig auf seiner – ohne irgendeinen Grund. Dracos eigentliche Hand hatte sie nur berührt, um ihn zu beruhigen. Das wäre der einzige Grund gewesen. Wäre Draco in der Mysteriumsabteilung ruhig geblieben, hätte sie niemals seine Hand genommen... Blöder Potter! „Hoffentlich. Hast du keine Angst?“ „Doch, und du?“ Diese Aussage war entscheidend, denn dieses Mal sprach kein Harry-Potter-Imitat, sondern Draco selbst. Er hatte große Angst. Sie biss sich auf ihre Unterlippe. Konnte sie zugeben, dass sie Angst hatte, nachdem sie immer Stärke und Mut beweisen musste? „Ja, ich auch. Aber erzähl mir lieber von der Mission. Wie sieht sie aus? Ähnlich, wie mit den Horkruxen?“ Sie gab ihre Angst zu, aber weiter darauf eingehen wollte sie nicht. Sie wollte vor Harry keine Schwäche zeigen, da es auch auf ihn Einfluss haben könnte. „Ja, vielleicht. Vorausgesetzt, dass Malfoy uns in Ruhe lässt.“ Ein cleverer Schachzug, um auf sich zu lenken, vor allem, weil er keine Ahnung hatte, wie ihre damalige Reise aussah. Draco hatte das alles nicht wirklich verfolgt. Er hoffte nur, sie würde nicht das Interesse verlieren und von ihm erzählen. „Ja“, grinste Hermine, „sonst verwandeln wir ihn in ein Frettchen.“ Gerne würde sie Harry erzählen, wie Malfoy am Anfang des Schuljahres zu ihr war, was er von ihr verlangte, wie er sie im Zug überfiel. „Aber weißt du, er hat erwähnt, dass ihr im sechsten Schuljahr aufeinander gestoßen seid. Er erzählte, du wolltest ihn belauschen“, fiel ihr plötzlich ein. Wenn Malfoy ihr schon nicht die Wahrheit sagen wollte, dann würde es Harry tun. Oh, sie war so fies! „Er hat dir nichts erzählt, richtig? Er hat mir die Nase gebrochen, als ich ihn belauschen wollte. Ich habe mit meinem Umhang auf der Gepäckablage gewartet, ob ihm eine wichtige Information herausrutscht, aber nichts davon kam zur Sprache.“ Er sprach ohne Unterbrechung weiter. Sie hingegen hörte ihm gespannt zu und fiel ihm nicht einmal ins Wort - ganz anders bei Draco. Ihm wollte sie immer ins Wort fallen. „Malfoy kann schon ein Arsch sein, oder? Ich meine, wieso ist er so?“, schnaufte Hermine und blickte zum Fenster hinaus. Sie wirkte nachdenklich und versuchte ernsthaft zu ergründen, was hinter Malfoys Intentionen, sowie seinem ganzen Verhalten steckte. Darüber, wieso Malfoy so war, wie er eben war und erst recht, was dazu geführt hatte. Sie führte ihm die unmittelbare Wahrheit vor Augen. Ja, ihre Frage war berechtigt. Wieso war er so, wie er eben war? Gerne würde er ihr all das erklären, aber wie? Wie sollte er ihr in Potters Körper erklären, wieso er so war? Im Nachhinein konnte er schlecht darauf eingehen. Aber würde er ihr wirklich alles erzählen? Höchstwahrscheinlich schon, weil es ein so dringendes Bedürfnis für ihn war, endlich mit ihr zu sprechen – ohne Vorurteile und Streitigkeiten. Einfach ein Gespräch führen, das man in ihrem Alter eben führte. Vielleicht wusste sie auch eine Antwort darauf, weshalb er so war. „Ich weiß es nicht. Sag du es mir?“ „Schon komisch, dass wir hier sitzen und über Malfoy reden, statt über den morgigen Aufbruch. Was meinte Malfoy, als du ihn dazu degradiert hast, mitzukommen und dein Helfer zu sein?“ Hermine schmunzelte. Sie kannte Harry und wusste, wenn er sich etwas in den Kopf setzte, dann würde er das auch bekommen – ähnlich wie Malfoy, stellte sie schockiert, aber auch innerlich lachend, fest. Malfoy war sicher aus dem Häuschen. „Er war nicht begeistert“, grummelte Draco. Er war es immer noch nicht. „Und wieso ist Malfoy so?“, wollte Draco noch immer wissen. Er war gespannt. Seine kurzzeitig grünen Augen stachen auf sie ein, während er auf ihre Erklärung wartete. „Ich weiß nicht“, gab sie ehrlich zu und zuckte mit ihren Schultern. „Es kann an vielen Dingen liegen. Vielleicht hat er Probleme mit Pansy, mit Blaise oder mit Gregory? Angestaute Wut auf uns, auf seine Familie, auf Voldemort? Ich weiß es nicht, Harry. Er war nicht gerade gesprächsbereit im Ministerium“, grinste sie ihrem besten Freund entgegen. „Du nennst die Slytherins beim Vornamen?“, entfuhr es Draco erstaunt. Was zur Hölle? Jeder wurde mit dem Vornamen angesprochen, abgesehen von ihm? Irritiert schaute sie zu Harry hinauf. „Schon immer, Harry.“ Skeptisch schaute sie ihm in seine grünen Augen, aber ihr fiel nichts auf. Vielleicht war es einfach nur die Nervosität, die in Harry schlummerte und endlich ausbrechen wollte. Schließlich gingen sie morgen auf die Jagd. Eine gefährliche Jagd, an deren Ende entweder Sterling oder... Voldemort wartete. Zugleich wurden ihre Gedanken in die Vergangenheit geschleudert. In eine Zeit, die – wenngleich es um sie herum düster war – doch irgendwie schön war. „Hey“, begann sie daraufhin feixend, „ich schneide dir aber nicht noch einmal die Haare, wenn unsere Reise länger dauert.“ Schmunzelnd beugte sie sich nach vorne, ehe ihre Hand durch die zerzausten Haare ihres Freundes glitt. Sie schnitt Potter die Haare, als sie unterwegs waren? Merlin, plötzlich fand er Potters Frisur gar nicht mehr so schlimm, woraufhin er sich ebenfalls durch die schwarzen Haare strich. „Nein, musst du nicht.“ Er fühlte sich unwohl, da er wie ein Parasit in Grangers Privatsphäre eingedrungen war. Draco sah ein, dass er nicht derjenige war, der hierher gehörte. Er hatte gar nicht das Recht, hier zu sitzen und sie auszunutzen. Er saß hier, neben einem Mädchen, das ehrlich war, und er nutzte ihr Schicksal aus, wollte sie immer um sich haben, bedrängte sie und stellte Forderungen, bei denen selbst ihm schlecht wurde und obwohl er schon so viele schlimme Taten mit ansehen oder selbst ausführen musste, lernte er von all dem nichts und blieb weiterhin das Arschloch. Aber er durfte Granger keine Macht über ihn geben, das war zu gefährlich. „Denkst du, Malfoy macht uns Schwierigkeiten?“ Nein, er würde keine Schwierigkeiten machen, außer Weasley reizte ihn. Dann könnte ihm eventuell die Hand ausrutschen, ansonsten wäre er harmlos und würde die Zeit, Granger zu beobachten, genießen. Und doch kam ihm jetzt ein Gedankenblitz. Was, wenn Granger Potter auf dieses Gespräch ansprach? Das hatte er nämlich nicht bedacht, aber würde sie das? Er müsste es darauf ankommen lassen, da er ihr diese Erinnerung nicht nehmen wollte – wie bei Daphne in Madam Puddifoots Café. Er wollte ihr diese Erinnerung einfach lassen - völlig grundlos. „Nein, ich glaube nicht. Wenn doch, wird er, wie schon erwähnt, einfach in ein Frettchen verwandelt und ich behalte ihn“, zwinkerte Hermine ihm zu. Danach verfielen beiden in eisernes Schweigen, woraufhin sie sich ein Herz fasste. Schnaubend blickte sie zuerst auf ihre Hände, bevor sie seinen Blick suchte. „Du, Harry?“ „Ja?“ Sein Blick wanderte sofort in ihr Gesicht. Gerade hatte er sich erst seinen Ärmel hinauf geschoben, um zu sehen, wie viel Zeit ihm noch blieb – noch satte dreißig Minuten. Sollte sie Harry die Wahrheit sagen? Beide Wahrheiten? Zum ersten, dass Malfoy sie bedrängte und Zweitens, sie beide auf irgendeine unheimliche Art - nachdem sie zusammen gewürfelt wurden, um gemeinsam zu Arbeiten - zusammengeschweißt wurden? Und sie sich in seiner Nähe wohlfühlte? Malfoy würde sie das natürlich nicht sagen. Merlin bewahre, nein. „Malfoy ist irgendwie anders, weißt du?“ Eindringlich sah sie Harry an, was ihr keinerlei Probleme bereitete, im Gegensatz zu Malfoy. In seiner Gegenwart fiel es ihr umso schwerer, ruhig zu bleiben. „Inwiefern?“, fragte Draco lauernd und beugte sich auf seinem Stuhl nach vorne. Seine Ohren waren gespitzt und sein Blick hing gebannt an ihren Lippen. Noch nie hatte sie mit Harry über solche Dinge gesprochen; eher mit Ginny, aber sie wollte mit Harry reden – jetzt! „Malfoy hat mir gegenüber so merkwürdige Andeutungen gemacht.“ Oh, sie hatte es Potter demzufolge wirklich nicht erzählt? „Wie?“, bemerkte er und spielte äußerst überzeugend Verblüffung vor. Er stellte sich vor, wenn Potter tatsächlich die Wahrheit kennen würde. Potter würde sich in den Armlehnen des Stuhls festkrallen und das tat auch Draco. „Will..“ Nein, Potter würde nicht Sex sagen. Dafür war auch der Goldjunge zu anständig, zu comme il faut, zu menschenwürdig oder – wie Granger – zu prüde, weil er selbst es nicht kannte, oder weil Granger ein Mädchen war. Potter war in dieser Hinsicht schon immer sehr seltsam. Oh, wie Potter nur darauf reagieren würde, wenn er wüsste, mit wem die kleine Weasley zusammen war? „Will er dir näher kommen?“, gluckste Draco und verzog seine Lippen. Erschrocken schaute Hermine zu Harry und ihre Wangen verfärbten sich in ein tiefes Rot. „Ähm, nicht so direkt.“ Moment! Wieso nahm sie Malfoy jetzt in Schutz? Auch Harry sah sie so komisch an, als ob er wüsste, dass sie log. „Also, ich habe ihm meinen Standpunkt deutlich gemacht“, versuchte sie sich beschämt zu retten. Es war schon seltsam, mit Harry darüber zu reden und kurz wollte sie, dass Ginny hier säße. „Aha?“ Ihren Standpunkt? Ja, sie sagte immer wieder nein, aber Draco wollte das nicht akzeptieren. Er wollte sie dennoch. Mit jedem nein, das sie äußerte, wollte er sie immer mehr und mehr – nicht mit Zwang, nein. Sie sollte schon von sich aus kommen und auch mit ihm verkehren wollen. „Was heißt das, Hermine?“ Wow, ihren Namen laut auszusprechen war gar nicht so schwer, stellte er gedanklich fest. „Halt mich für verrückt, weil ich dir das erzähle, aber -“ „Ja?“, schoss es aus Draco gespannt heraus. Was kam jetzt? Was für eine Offenbarung? Dass sie ihn auch wollte, es aber nicht zugeben konnte? Wäre sie so verrückt und würde dieses Geheimnis Potter anvertrauen? Er hoffte nicht, denn es reichte schon, dass er ab morgen mit dem Narbengesicht ein Zelt teilen musste. Potter würde ihm die Hölle heiß machen, sofern er davon wüsste. „Ich habe ihm gesagt, dass ich keine Jungfrau mehr bin und ich glaube, das hat ihn abgeschreckt.“ Zwischen den verhängnisvollen Zeilen war Hermines Blick zur Seite gewandert – hinüber zu dem großen Fenster, wodurch sie am liebsten gesprungen wäre. Ihm das zu erzählen war gewagt. Darüber hinaus war Hermine erstaunt, Harry wirklich eine Teilwahrheit erzählt zu haben und der erwartete Ausbruch blieb ebenfalls aus, weshalb sie zu ihm zurück sah. Lag es daran, weil sie morgen an einem Strang ziehen mussten? Denn Harry saß ganz still auf seinem Stuhl, vielleicht ein wenig versteift, aber ansonsten nichts – kein Geschrei, keine unüberlegten Äußerungen, nichts. Seine bebenden Lippen, sowie sein schlagendes Herz schienen die einzigen Organismen zu sein, die sich bewegten. Während sie verunsichert auf ihrem Bett saß, brach in Draco das Chaos aus. Das, was er verstanden hatte, war falsch. Jawohl. Seine Sinne spielten ihm einen Streich – so einfach war das und trotzdem krampfen sich seine Hände abermals in die Armlehnen. „Ach, wirklich?“, sickerte die Frage durch zusammengebissene Zähne. Er musste es einfach nochmal hören. Draco musste sich rückversichern, um seinem Gehör die Chance zu geben, ihre Worte als Wahrheit zu realisieren und zu verarbeiten. Aber er könnte doch ausrasten. Er war Potter und Potter hasste Draco Malfoy. All seine angesammelte Wut könnte er jetzt auslassen – in dem Namen seines Intimfeinds. „Wieso... Wieso redet ihr... über so etwas?“, presste Draco heraus. Seine Lungen waren so leer und es fiel ihm enorm schwer, sie mit frischer Luft zu füllen. Es war, als würde die Zufuhr zu seinen Lungen zugeschnürt werden - von Granger höchstpersönlich. „I-ich glaube, wir mögen uns irgendwie. Verstehst du? Es klingt verrückt, oder? Malfoy und ich, uns mögen? Auch in meinen Ohren klingt das so surreal und utopisch, dass ich es eigentlich nicht aussprechen möchte, aber in der ganzen Zeit, in der wir nun zusammen gearbeitet haben, habe ich doch irgendwie hinter seine Maske blicken können – auch wenn er ständig versucht, seine wahren Eigenschaften zu verbergen. Mit Malfoy kann man -“ „Moment“, unterbrach er sie forsch und fuchtelte wild mit seinen Armen. Für Draco eine äußerst ungewöhnliche Gestikulation, aber er war so aufgebracht. Sie belog ihn, weil er ihr die Wahrheit sagte, indem er ihr ganz deutlich zu verstehen gab, was er von ihr wollte? Diese... Diese Frau belog ihn und baute darauf, sie könnte ihn anhand ihrer vorgetäuschten Defloration verschrecken? Sie war eine Jungfrau! „Du redest mit Malfoy über solche Dinge? Du magst ihn? Hermine, findest du das nicht ein wenig unkonventionell?“ Merlin! Sagte er das gerade wirklich? Er warnte sie vor sich selbst, obwohl er nun wusste, dass sie ihn mochte und er ein leichtes Spiel mit ihr hätte? Wieso aber sträubte sich sein Inneres schon wieder dagegen, sie einfach auszunutzen? Warum erfuhr er jetzt davon? Einen Tag, bevor sie aufbrachen und er ihr nichts erklären konnte, weil Potter und Weasley um sie herumtänzeln würden. „Malfoy ist gefährlich!“ Und es tat ihm weh, das zuzugeben... Mit diesen Worten würde er sie nur noch weiter von sich entfernen. „Ich denke, Malfoy braucht Zeit. Er muss das Gefühl kennenlernen, dass er erwünscht, statt unerwünscht ist und ich glaube, wenn wir ihm dieses Gefühl -“ Hermine starrte auf ihre Beine. Es fühlte sich keineswegs falsch an, Harry die Wahrheit zu sagen, aber wieder wurde sie unterbrochen. „Er würde niemals glauben, dass das ernst gemeint ist, wenn wir uns vernünftig mit ihm unterhalten“, erwiderte Draco und richtete die Brille auf seiner Nase. Wie schaffte es Potter, mit diesem Teil zu leben? Ständig rutschte die Brille von seiner Nase und dabei trug er sie nicht einmal einen halben Tag, sondern nur für eine Stunde. Belustigt packte Hermine ihren Zauberstab und hielt ihn direkt in Harrys Gesicht. „Wie jedes Jahr, was? Reparo!“ Der Zauber landete präzise auf Harrys Brille und reparierte diese anstandslos, wie schon im ersten Schuljahr, als sie Harrys Brille von Schlieren und Kratzern befreite und dies jedes Jahr, am Anfang ihres neuen Schuljahres, wiederholte. Es war zu einer Art Tradition geworden. Erleichtert, weil die Brille nun auch nicht mehr zwickte, schob er sie wieder in die richtige Position. „Danke. Ich werde ihn mir merken!“ Das schlechte Gewissen fraß sich immer tiefer in Dracos Körper und seine Logik sagte ihm, dass das anatomisch gesehen nicht möglich sei, aber sein Empfinden sah das anders. Er spürte jeden Biss, den ihm sein Gewissen verpasste, aber was hätte er sonst tun sollen? Zu Kreuze kriechen und auf Blaise und Pansy hören sollen? Sich ändern, obwohl er das nicht wollte? Sie sollte ihn mögen wie er war, aber... das war der Punkt. Er war eben ein Arschloch und bewies das in Grangers Gegenwart viel zu oft, als dass sie über seine Art hinwegsehen könnte. Hätte er einen Fehler in seinem Leben begangen, wäre das etwas anderes, aber Draco war voller Fehler. Er tat nie etwas anderes, als Fehler zu machen, aus welchen er nie gelernt hatte. Und nun? Nun saß er in einer verdammten Zwickmühle. „Und du magst Malfoy? Wirklich? Also“, er kratzte sich verlegen am Kopf, aber er nahm den Blick nicht von ihrem Gesicht. „Mag er dich auch?“ Oh, er wollte die Antwort jetzt wissen, aber sie schien zu überlegen. Abzuwägen, was sie sagen sollte oder wie sie es am besten darstellen konnte, denn offenbar verspürte sie das Bedürfnis zu reden. Sonst hätte sie ihm nicht schon soviel erzählt. „Ich weiß nicht. Malfoy ist nicht der Richtige, da er immer nur Mädchen ausnutzt.“ Sie war froh, dass sie das erkannte und ihr Hirn nicht vernebelt worden war von ihren Gefühlen. Richtig, er gehörte zu den Menschen, die die Gutmütigkeit anderer zu seinen Zwecken missbrauchte. Draco war kein feiner Kerl, er war weder höflich, noch zuvorkommend. Im Gegenteil. Er war stets der Typ gewesen, der Macht verkörperte, die er nie besaß. Er war ein Mitläufer – jemand, der nicht genügend Mut aufweisen konnte, sich gegen jemanden zu stellen, der ihm die Macht versprach, nach der er strebte, obwohl Draco wusste, dass er niemals Teil dieser Macht wäre. „Und wenn er sich ändert?“ Hinsichtlich seiner Gedanken, versuchte er ein wenig Sorge mit einzubringen. Dem entgegen musste er aber auch überzeugend klingen. „Harry!“, lachte Hermine, nachdem sie ihm scherzhaft gegen die Schulter geschlagen hatte. „Ich kann nicht glauben, dass wir über Malfoy reden und dann auch noch über so ein Thema!“ Aufgrund des Einwandes von Hermine kamen sie noch einmal auf das Thema zurück, welches morgen ihre Hauptsorge wäre. Entgegen seiner Erwartungen freute sich Draco sogar ein wenig, mit ihr unterwegs zu sein, wenngleich Potter und Weasley dabei wären. Dann müsste er sich einmal am Riemen reißen, aber das sollte doch zu bewältigen sein, oder? Ob er sich irrte und doch noch ausrasten würde, würde er die nächsten Tage erfahren, aber er hoffte einfach das Beste. Und Blaise, dieser schleimige Sack, dieser elende Frauenversteher, hatte also recht. Wenn Draco sich wirklich änderte, hätte er Chancen... Das entnahm er aus ihrer Verschwiegenheit, hinsichtlich seiner Frage. Er hätte Chancen, sie von sich zu überzeugen, in denen er ihr zeigte, dass er gar kein so schlechter Kerl war. Aber wollte Draco sich ändern? Wie sollte er das nach all den Jahren, in denen er durch Lucius' Erziehung gegangen war, bewerkstelligen? Er musste sich überlegen, was er wirklich wollte. Wollte er eine reelle Chance und ihr näher kommen, oder sie einfach nur einmal besitzen? Diese neuen Gedanken, die sich formten und ihm zeigten, wie es wäre, wenn sie und er... mehr als eine Nacht verbringen würden, waren beängstigend, da Draco nie eine tiefgründige Beziehung wollte. „Aber was genau ist jetzt mit Malfoy?“, begann Draco erneut. Noch zehn Minuten standen ihm zur Verfügung. Statt die volle Stunde sinnvoll zu nutzen, sprachen sie über die Mission, darüber, wohin es sie verschlagen würde und ob sie eine Chance hätten, den Horkrux zu zerstören. Draco selbst war ein minimaler Punkt, den sie nur kurzweilig angeschnitten hatten. „Musst du nicht langsam los?“, fragte Hermine stattdessen kichernd. Harry war so seltsam heute. Er ging oft auf Malfoy ein und hinterfragte seltsame Dinge. Ob das wirklich nur an der Nervosität lag? Oder dachte Harry, sie würde Malfoy nun besser kennen? Erhoffte sich ihr bester Freund Hoffnungen, dass sie ihm Tipps geben könnte, wie man am besten mit Malfoy umging? „Oder willst du hier sitzen bleiben, wenn Kingsley kommt?“ Ja, gleich würde er gehen, weil er musste. „Wie soll man zur selben Zeit an zwei Orten sein? Gleich bist du mich los.“ „Hey“, beschwerte sich Hermine lachend und warf ihre Beine zu Boden, ehe sie sich auf die Bettkante setzte. „Das hab ich zu dir und Ronald gesagt, als ich im dritten Schuljahr den Zeitumkehrer hatte. Erinnerst du dich noch daran? An Seidenschnabel?“, bemerkte sie schmunzelnd, während sie an ihre Rettungsaktion dachte. Sie hatte im dritten Jahr einen Zeitumkehrer? Was? Und wer war Seidenschnabel? Kurz grübelte er, bis es ihm einfiel. Das war dieses Untier, das ihn in Hagrids Unterricht angegriffen hatte, woran er... selbst Schuld war, angesichts seiner damaligen Provokation dem Geschöpf gegenüber. „Und im dritten Jahr hast du Malfoy geschlagen.“ Das hatte er über die Jahre nicht vergessen und gerne hätte er sie zur Strafe übers Knie gelegt. „Das auch. Ob ich mich entschuldigen sollte?“, fragte sie weniger ernst und verzog feixend ihren Mund. Anschließend legte sie ihre Hände auf ihren Knien ab und beugte sich zu Harry nach vorne. „Was meinst du? Du scheinst ja intensiv über ihn nachgedacht du haben.“ Noch immer thronte ein überschwängliches Lächeln auf ihren Lippen. Als sie ihm so nahe kam, schluckte Draco, bevor er sich auf seinem Stuhl etwas nach hinten lehnte. „Nein, wo denkst du hin? Er hatte sie verdient!“ Ja, natürlich dachte in den vergangenen Jahren öfter darüber nach und letztes Jahr war ihm klar geworden, dass er diese Ohrfeige verdient hatte. Er war grob, gemein und taktlos, was sich bis heute nicht geändert hatte, aber würde sie ihn heute ohrfeigen, würde er schneller reagieren und ihre Hand abfangen, ehe sie wieder einen roten Abdruck auf seiner Wange hinterlassen konnte. Hermine hingegen erhob sich aus ihrem Bett und blieb vor Harry stehen. Unverzüglich war er ihr gefolgt, nachdem er ihren nächsten Schritt bemerkte. Allerdings war sie verunsichert, angesichts seiner Haltung, da er unschlüssig, sowie mit den Händen in seinen Hosentaschen, vor ihr stand. Womöglich war sie noch etwas konfus, weil sie sich von seinem Auftreten durcheinander bringen ließen, aber das war doch absurd, oder? Schließlich war der Mann, der vor ihr stand, ihr Harry. Ihr bester Freund neben Ron, mit dem sie schon soviel durchlebt hatte und sie fühlte sich viel befreiter, nachdem sie Harry sagen konnte, dass es irgendeine Verbindung zwischen Malfoy und ihr gab, die sie nicht zuordnen konnte. Anfangs hatte sie Angst, Harry würde es nicht verstehen – Ron würde es sicher nicht verstehen –, aber Harry war ganz anders als erwartet und das erfreute sie ungemein.   „Weißt du? Ich hatte zuerst Angst, dir von Malfoy zu erzählen“, begann sie schüchtern und blickte auf seine vergrabenen Hände, nach denen sie selbstsicher griff und mit ihren verschloss. Anschließend sah sie lächelnd nach oben, während ihre Hände die seinen drückten. „Aber ich bin froh, dass ich es dir gesagt habe. Du bist mein bester Freund!“ Vorsichtig entzog sie ihm ihre Hände und breitete ihre Arme aus, bevor sie ihn in eine innige Umarmung zog. Derweil maßregelte sich auch Hermine, betreffs ihrer Skepsis. Ja, ihre Bedenken waren hier fehl am Platz. Augenblicklich versteifte sich Draco. Mit so einem Erfolg hatte er nicht gerechnet, aber er war auch Harry Potter und nicht Draco Malfoy... Zwar freute er sich, Zeuge dieser Zweisamkeit zu sein, aber gerne hätte er diese Umarmung in seiner wahren Gestalt erhalten und nicht unter einem Deckmantel. Mit Bedacht befreite er sich und wich einen Schritt nach hinten aus. Es war ihm einfach zu viel geworden, weil er nicht Draco war, verdammt. Er wollte diese Umarmung wirklich genießen und konnte es nicht. „Alles okay?“, fragte sie belustigt und stemmte ihre Hände in ihre Hüften. Ihr Krankenhemd kannte Draco nur zu gut. Wie oft musste er dieses schon tragen, wenn er mit Potter, während eines Quidditchspiels, zusammenstieß und hier gelandet war? Viel zu oft. Ferner winkte Draco nur ab, als er zur Tür ging. Auch war seine Verabschiedung nicht gerade das beste Beispiel dafür, wie Potter es getan hätte, aber er wollte hier weg. Zum Abschluss wünschte er ihr eine gute Nacht und er war heilfroh, als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war. Mit dem Rücken an das massive Holz gelehnt, dauerte es keine zehn Sekunden, bis er wieder sein Selbst erreichte. Er war wieder Draco Malfoy – gefangen in einer Gryffindoruniform, die er schnellstmöglich loswerden wollte. Im Kerker entledigte er sich dieser Uniform und zog seine gewohnte Uniform an, ehe Blaise im Raum erschien und Draco tat den richtigen Schritt – wie schon in der Mysteriumsabteilung, als er sie Situation mit Granger nicht ausnutzte. Er ging auf Blaise zu und setzte sich. Er erzählte ihm von der Mission, die er morgen mit dem goldenen Trio antreten würde. Trotz der Tatsache, dass Blaise sein Handeln, im Hinblick auf den Vielsaft-Trank, scharf kritisierte, so erschien ein freundliches Lächeln auf seinen Zügen, weil Draco sich öffnete und von sich aus erzählte, was er tun würde, um zur Sicherheit der Zaubereigesellschaft beizutragen. „Und du hast das wirklich durchgezogen? Du weißt schon?“, wollte Blaise wissen und nickte zu dem Topf, der vergessen in der Ecke stand. Das Gespräch war aufschlussreich, keine Frage, aber Draco durfte jetzt nicht denken, dass sein Handeln in Ordnung war. „Ja, und ich bekam auch eine sehr nützliche Information.“ Draco sah den interessierten und neugierigen Gesichtsausdruck seines besten Freundes, aber dieses Wissen würde er nicht preisgeben, nur weil er einmal auf ihn zuging. Das war ein Wissen, das er nur mit Granger teilen wollte. „Ich sehe schon, du willst es mir nicht verraten. Dann behalte dein kleines Geheimnis eben für dich.“ Blaise täuschte vor, beleidigt zu sein. „Werde ich, Blaise. Werde ich. Und du wirst sehen, ich bekomme Granger. Sie gehört mir!“, fügte er entschlossen hinzu. Gut gelaunt war er aufgestanden und begann damit, die restlichen Utensilien zu zerstören, die beweisen konnten, dass er Vielsaft-Trank gebraut hatte. Verwundert beobachtete Blaise ihn. Diese Leier also? Fiel sein Freund aus Kindertagen jetzt wieder zwei Schritte zurück, nachdem er einen vorwärts gegangen war? Hoffentlich war es kein Fehler von Potter, Draco mitzunehmen. „Natürlich, Draco“, gab Blaise sich geschlagen und beobachtete im weiteren Verlauf, wie Draco seine Reisetasche mit Kleidung befüllte – für die nächsten zwei Wochen.   ~*~ Gestern Abend wurden er, Potter und Weasley noch einmal ins Büro der Schulleiterin zitiert, um auch Draco alles zukommen zu lassen. Wenigstens wurde er nicht vor vollendende Tatsachen gestellt. Auch das Wiesel wurde offenbar von Potter zur Brust genommen, denn er saß teilnahmslos auf seinem Stuhl und horchte dem, was Potter und McGonagall zu sagen hatten. Kurz warf er Draco einen bösen Blick zu. Das war aber auch alles, was Weasley ihm gestern Abend an Aufmerksamkeit zukommen ließ. Scheinbar rechnete Ronald Weasley damit, dass Draco beleidigt wäre, wenn man ihn mit Ignoranz strafte, aber für dieses Verhalten war Draco eher dankbar. Was ihn stattdessen leicht verwirrte, war der Umstand, dass weder Potter, noch Weasley seinen Ausraster im Klassenzimmer gepetzt hatten, was womöglich dazu geführt hätte, ihr Vorhaben – nach Sterling und dem Horkrux zu suchen – vollständig abzublasen. Obwohl Draco es ungern zugab, aber er war Potter dankbar, denn nur er schien zu wissen, wie man mit dem rothaarigen Nervtöter umzugehen hatte. Und jetzt? Nun stand er einen Tag später reisefertig vor dem Büro und wartete auf das goldene Trio, doch nur Potter erschien, woraufhin Dracos eine Augenbraue nach oben gezogen wurde. Folglich warf er einen Blick hinter den schwarzhaarigen Gryffindor, aber niemand folgte ihm. „Potter“, begrüßte Draco ihn in seiner typischen Manier. „Ich hoffe, wir beide werden nicht alleine losziehen? So ganz ohne Stress, den ich mit Weasley sicherlich bekommen werde, kann ich auch nicht richtig aufblühen.“ „Oh, Malfoy. Dir wird dein Lachen gleich vergehen“, schimpfte Harry und ließ seinen alten, braunen Rucksack zu Boden fallen. Er stellte sich genau vor Draco und schaute zu ihm hinauf. Ein Detail, das ihn sehr störte. Malfoy könnte ihm problemlos auf den Kopf spucken, wenn er wollte. Draco schlug sich daraufhin betroffen eine Hand vor seinen Mund. „Du willst doch nicht sagen, dass du getroffen bist? Willst du lieber hier bleiben?“, stellte er seine provozierende Frage gehässig. „Weißt du?“, begann Harry überheblich. „Ich dachte mir schon, dass du eine Bedrohung bist. Das habe ich in all den Jahren nie angezweifelt. Als ich dich jedoch in der Bibliothek sah, hatte ich meinen Beweis und ich überlegte, dir dennoch eine Chance zu geben. Dass du aber derartig gefährlich bist, hätte ich nie für möglich gehalten. Ich sollte mich bei dir entschuldigen, weil ich dich tatsächlich unterschätzt habe“, witzelte Harry überhaupt nicht begeistert. Sein Blick, den er dem blonden Slytherin-Schönling darüber hinaus schenkte, war pures, grünes Gift. „Daran zweifelst du? Wenn es nach mir ginge, müsstest du dich immer wieder vor mir verbeugen, Potter.“ Worauf wollte das Narbengesicht hinaus? Draco selbst konnte keinen ersichtlichen Grund feststellen und schmunzelte. „Malfoy!“, brüllte Harry, während seine Arme wild durch die Luft flogen. Inzwischen war auch sein Blick angriffslustiger geworden. „Kommst du vielleicht auf die Idee, dass deine Taten auffliegen könnten und du die Konsequenzen tragen müsstest?“ Harrys Gesicht war so verzerrt und er dachte, er würde einen Krampf kriegen, aber das übersprang er, denn die Wut auf Malfoy überwog. „Lass mich überlegen“, verlangte Draco und tippte mit seinen Fingern gegen sein erhobenes Kinn. Nach wenigen Sekunden senkte er denk Blick zu Potter und ein ruchloses, schauderhaftes Grinsen spannte sich über seine Züge. „Nein, warum?“ Das war Taktik. In seinem Innern sah es nämlich ganz anders aus und er befürchtete sehr wohl, dass er für sein Handeln irgendwann die Konsequenzen tragen müsste. Man wurde – früher oder später – doch immer von seinen Fehlern eingeholt, welche man nicht bereinigt hatte. Und Draco hatte nie einen Fehler eingeräumt, geschweige denn den Versuch gewagt, diesen Fehler zu beheben. „Wie kommst du darauf, meine Identität zu klauen?“, knurrte Harry und seine Augen funkelten hinter seinen Brillengläsern. Scheiße! Sein Lachen war kurz davor, zu verschwinden, aber noch hielt Draco seine Fassade aufrecht. Zwar war Leugnen zwecklos, aber er würde sich nicht die Blöße geben. „Ich klaue deine Identität? Wie soll ich das angestellt haben? Hast du neben deinen tollen Fähigkeiten noch mehr, von denen ich wissen müsste? Vielleicht die Gabe, zwischen Lüge und Wahrheit zu differenzieren? Oder anhand eines Blickkontakts zu wissen, was richtig oder falsch ist? Erzähl mir mehr, Potter. Du erheiterst mich schon am frühen Morgen, da kann der restliche Tag nur besser werden.“ In Harry knallte eine Sicherung durch, woraufhin er Malfoy am Kragen packte. „Hör auf damit! Ich weiß, dass du gestern Abend in meinem Körper bei Hermine warst“, brummte er ihm ins Gesicht, nachdem seine Hände fester zupackten. „Denkst du, sie redet nur einmal über ein Thema mit mir und dann ist alles geklärt? Dein lächerliches, kleines Spiel, das du spielst, wird ein Ende haben.“ Doppelte Scheiße! Nein, ihm war das nicht klar. Dass Granger den Drang verspürte, über alles zu reden, war ihm bewusst, dass sie jedoch ein Thema öfters thematisieren musste, das längst geklärt war, war ihm nicht bekannt. „Ich nehme an, es wird ein bitterböses Ende haben?“, scherzte Draco, obwohl seine Selbstsicherheit rapide in den Keller gesunken war. Die Angst machte sich in ihm breit. „Lass mich raten: Du warst ganz der Held und hast das böse Spiel natürlich sofort aufgeklärt.“ Nun hoffte Draco auf Potters Inkompetenz und baute darauf, dass Potters mangelnde Intelligenz ihm zusätzlich in die Karten spielte. „Ha! Hältst du mich für verrückt, Malfoy?“, fragte Harry, in dessen Gesicht bereits pulsierende Schläfenadern zu erkennen waren. Die ehrliche Antwort, seitens von Draco, wäre ja gewesen, aber er verkniff sie sich. Er war in einer denkbar ungünstigen Situation, Potter zu reizen, und es kostete ihn eine Menge, seine Haltung zu bewahren. „Zuerst einmal“, betonte der junge Slytherin genervt und schlug Potters Hände weg von seinem Körper. „Hast du mich nicht ständig anzufassen.“ Neben der Angst verspürte er auch die aufkeimende Wut; endlich. „Das geht mir gewaltig auf die Nerven. Behalte deine Hände bei dir, oder betatschte Weasley, aber nicht mich, verstanden?“ „Oder Hermine“, fügte Harry bissig hinzu. Das war ein Test! Ein verdammter Test, und Draco würde ihn bestehen. „Tu dir keinen Zwang an. Ich mag keine Jungfrauen. Sie kosten nur Zeit und man kann nichts mit ihnen anstellen. Der Kelch soll an mir vorbeigehen.“ Harrys Hand hob sich und sein Blick war angewidert. Er musste die Augen schließen, um sie kurz darauf wieder zu öffnen, weil sich Bilder in seinen Gedanken formten, die Malfoy in den abstoßendsten Situationen zeigten. „Ich will das gar nicht wissen. Was ich will, ist, dass du dein Spiel beendest.“ „Ohhh“, kicherte Draco vergnügt, bevor er seine Arme überkreuzte. „Dafür, dass du es nicht wissen willst, scheint deine Phantasie doch sehr anregend zu sein.“ „Bleib aus meinen Gedanken“, fauchte Harry und war schockiert. Malfoy beherrschte Legilimentik! Das war fatal. Wieso konnte Malfoy Legilimentik? Das... Das war kaum zu glauben, da Harry wusste, wie anstrengend es war, eben jene Fähigkeit zu erlernen. Er selbst hatte in Snapes Privatunterricht, den der Tränkemeister damals nur widerwillig gab, nie Fortschritte gezeigt. Allerdings würde er weder seinen Misserfolg erwähnen, noch Malfoy danach fragen, wer ihm Legilimentik beigebracht hatte. „Gerne, dein prüdes Leben ist sowieso langweilig.“ Er wollte endlich wissen, worauf er sich einstellen musste, wenn Granger kam. Wusste sie etwa, dass er gestern an ihrem Bett saß? In Potters Körper? „Darüber reden wir noch“, drohte Harry und sammelte seinen Rucksack auf. „Kann es kaum erwarten“, amüsierte sich Draco und hatte seine Tasche ebenfalls geschultert. Legilimentik war eine praktische Anwendungsmethode, aber schon lange sah er nicht mehr in die Köpfe seiner Gegenüber – viel zu viel langweiliges Zeug hatte er sich schon ansehen müssen und darauf konnte er getrost verzichten. Es sei denn, man tat es bei den richtigen Leuten, ging ihm auf. „Wo sind eigentlich Granger und Weasley? Und wieso hast du ihr nicht die Wahrheit gesagt?“, knüpfte er an das Gespräch an und musterte indessen Potters Tasche. Sie sah alt aus. Einige der Nähten waren bereits aufgesprungen, wohingegen seine Ledertasche im Vergleich glänzte und ihm verdeutlichte, wie weit Potter doch unter ihm stand. Ja... Draco war oberflächlich und achtete auf so etwas. „Malfoy, was denkst du?“, echauffierte sich Harry und wandte sich wieder um, um nachzusehen, ob jemand kam oder nicht. „Ich denke, du hast ihr gar nichts gesagt. Stattdessen bist du hierher geeilt, damit Granger und Weasley nicht hören müssen, wie du versuchst, dich mit mir zu messen, aber kläglich daran scheiterst. Du hast mein kleines, im Übrigen perfektes Spiel mitgespielt, weil du einfach zu neugierig warst und wissen wolltest, worüber wir gesprochen haben. Tja, du bist nicht nur nervig, sondern auch blöd, denn statt mich auffliegen zu lassen, hast du mitgespielt und nun fehlt dir der entscheidende Nachweis, Granger zu beweisen, dass ich derjenige war, der gestern an ihrem Bett saß. Du hast dir selbst ins Fleisch geschnitten, Potter.“ Endlich hatte Draco wieder die Oberhand. Harry fühlte sich, als hätte man ihm gegen den Kopf geschlagen. Er war fassungslos, angesichts der Hinterhältigkeit, für die sich Malfoy nicht zu schade war. „Du bist ein abartiger Mensch. Du bist -“ „Ja?“, wartete Draco gespannt, aber es folgte nichts. „Sprachlos? Der mächtige Potter ist sprachlos?“ Potter hatte nichts, aber rein gar nichts gegen ihn in der Hand. Er lieferte Draco die Antwort auf einem Silbertablett, indem sein Gesicht kalkweiß wurde. Granger wusste nichts. Besser konnte es gar nicht werden. „Viel mehr konntest du mir gar nicht entgegen kommen, Potter“, ergänzte Draco verhasst. Anschließend steuerte auf seinen Feind aus Kindertagen zu und schlug ihm süffisant auf die Schulter. „Du wirst ihr die Wahrheit sagen!“, verlangte Harry, der sich währenddessen an den Schnallen seiner Tasche festhalten musste, um nicht völlig die Beherrschung zu verlieren. „Nö!“ „Malfoy!“ „Potter?“ Desinteressiert betrachtete Draco seine Nägel, nur um dem Goldjungen zu zeigen, wie wirkungslos seine Stimme war, die das Narbengesicht anscheinend extra tief und rau klingen lassen wollte. „Entweder sagst du ihr die Wahrheit, oder -“ „Dann sagst du ihr die Wahrheit?“ Draco fing an zu Lachen. Er ging leicht in die Knie und hielt sich die Hände vor seinen Schritt. „Hör auf, sonst mach ich mich noch nass vor Lachen.“ „Wenn wir zurückkommen, sagst du ihr die Wahrheit. Ich habe ihr nur nichts gesagt, um sie auf unserer Reise nicht zu verunsichern und damit sie keine Angst vor dir haben muss.“ Harry war so unglaublich wütend auf sich selbst. Er hätte das Spiel nicht mitspielen dürfen, verflucht. „Genau, Potter. Nur deswegen. Unterhalte dich mit der Wand und lass mich mit deinen geistreichen Ergüssen zufrieden.“ Draco wollte sich wegdrehen, doch Harry wirbelte ihn herum. „Hey!“, knurrte er daraufhin und nun war Draco derjenige, der nach Potters Kragen packte und seinen Körper gegen die harte Wand drückte. „Was verstehst du unter Fass mich nicht an nicht? Begriffsstutzig? Geh mir endlich von der Seite, bevor ich dir ernsthafte Schmerzen zufüge.“ Ehe Harry antworten konnte, hörten beide, wie zwei Fußpaare – offenbar Hermine und Ron – die Stuften zum Schulleiterbüro erklommen, woraufhin Draco die Zähne bleckte und von Potter Abstand nahm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)