The Warning! von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 2: Tapferkeit in Verbindung mit Macht, führt zu Tollkühnheit -------------------------------------------------------------------- - Kapitel zwei -   Hätte er den Feuerwhiskey früher bekommen und bereits angesetzt, hätte er ihn spätestens jetzt ausgespuckt. Nicht nur Granger war der Mittelpunkt ihres Gesprächs, nun war es auch die kleine Weasley... Wann sollte diese Liaison entstanden sein? Waren jetzt alle übergeschnappt? Goyle und Pansy hatten offensichtlich zueinander gefunden. Die Zwei konnten es zwar noch nicht so zeigen und jetzt auch Blaise mit der kleinen Weasley? Grundgütiger, das waren Nachrichten, die man am liebsten sofort vergessen oder gar nicht erst bekommen wollte. Wohin führte das?   Hatten sie sich in den Ferien ihren Kopf irgendwo angestoßen? Ließen sie nicht genug Sauerstoff an ihre Zähne oder worin lag dieses dringende Bedürfnis seiner Bekannten, sich plötzlich binden zu wollen?   Draco hasste diese Gefühlsduselei. Er war nie der Mensch für Liebe oder Beziehungen und hatte auch nicht vor, zu solch einem Beziehungstypen zu mutieren. Er kannte keine Liebe und wollte sie nicht kennenlernen. Er wollte Sex. Das wollte er. Nichts anderes. Klare Abläufe und klare Regeln. Unverbindlich. Man müsste niemandem Rechenschaft ablegen. Man konnte tun und lassen, was man wollte und war zu nichts verpflichtet. Er wollte nur den Körper der Mädchen, sonst nichts. Liebe... Widerwärtige, belanglose Zeitverschwendung, nichts weiter. Für Liebe musste man sich aufopfern und das wollte Draco noch nie.   Aber viel schlimmer war die Tatsache, dass Blaise mit der kleinen Weasley anbandelte. Merlin!   „Ist das dein ernst?“, spuckte Draco ihm angewidert entgegen. Er konnte Blaise nicht verstehen, wie er sich auf so etwas einlassen konnte, was weit unter ihnen stand. Die Weasleys waren Blutsverräter - die Größten, die er kannte. „Die kleine Weasley?“ Gott, die Vorstellung verursachte einen Würgereiz in seiner Kehle. Draco hasste die Weasleys! Ja, wahrhaftig! Sobald diese Familie erwähnt wurde, spiegelte sich in seinen Augen der blanke Hass. Blaise war doch vorher genauso wie Draco, oder nicht? Auch für Blaise war das sicher nur ein Spiel. Blaise benutzte ebenfalls die Mädchen für seine Befriedigungen. Nie zog er ernsthafte Bindungen in Erwägung.   Blaise lehnte sich in seinen Stuhl zurück. Jetzt war er schon von Anfang an ehrlich und das war offenbar ein Fehler. Eindeutig würde Baise daraus seine Lehre ziehen. „Sie ist süß, weißt du?“   „Süß?“, kicherte Draco sarkastisch. „Ich dachte schon, dir geht es nicht gut.“   „Das ist kein Spiel, Draco!“, wehrte sich Blaise vergeblich. Natürlich kannte er Draco und wusste, was er dachte. „Ich mag Ginny Weasley wirklich.“   „Weiß der Goldjunge schon davon? Willst du dir einen besseren Ruf durch sie verschaffen, oder worin liegt deine Intention? Ich kann es mir nämlich echt nicht erklären und vorstellen will ich es mir erst recht nicht.“ Der Feuerwhiskey wurde endlich zu ihrem Tisch gebracht. Draco schnappe sich das Glas und kippte die kalte, klare, feurige Flüssigkeit seine Speiseröhre hinab. Merlin, er müsste noch einen trinken, um Blaise weiter zuhören oder viel eher dieses Gespräch ertragen zu können – das traf es schon eher.   „Ich verbessere mir meinen Ruf nicht durch sie. Außerdem sagt das gerade der Richtige, was?“   Oh, verdammte Hippogreifkacke. Er hätte Blaise niemals von seiner Besessenheit erzählen dürfen. Draco hätte dieses Geheimnis wirklich für sich behalten sollen. Sonst hütete er doch auch solche privaten Angelegenheiten wie einen Schatz, den er aus einem versunkenen Schiff an die Oberfläche transportierte. Diese Besessenheit, die er selbst so sehr an sich hasste, viel mehr verabscheute. Er konnte nicht erklären, wann oder woher sie kam. Fakt war, dass sie da war und dieser Umstand war nervtötend. Ja, schon fast ätzend. Er hasste Granger, aber er entwickelte eine seltsame Angewohnheit. Er wollte sie. Er wollte sie in seinem Bett, mit ihr unvorstellbare Dinge tun und genau das hatte er Blaise erzählt. Es war wirklich ein Fehler gewesen, ihm davon zu erzählen.   „Schwachsinn“, fauchte Draco und kippte den nächsten Feuerwhiskey in seinen Mund. Der Whiskey brannte so wunderbar herrlich in seinem Mund. Wie die brennende Flüssigkeit seine Kehle hinab lief... Das Gefühl war betörend und genauso empfand er Granger. Betörend.   „Draco, du entwickelst eine Obsession. Ist dir das bewusst?“ Blaise machte sich ernsthafte Sorgen. Draco erzählte ihm im letzten Schuljahr - als Granger, Potter und Weasley nicht nach Hogwarts zurückkamen - dass er eine eigenartige Besessenheit gegenüber Granger entwickelt hätte. Draco erzählte ihm, wie abstoßend er das selbst fand und doch nichts dagegen unternehmen konnte. „Das kann gefährlich werden!“ Blaise bedachte ihn mit einem sorgenvollen Blick und dachte daran, wie gefährlich all das werden konnte. Wenn Draco seine Sucht nicht in den Griff bekäme und auf dumme Ideen kommen würde... Nicht, dass er seinem besten Freund eine Persönlichkeitsstörung anlasten wollte, nein, gewiss nicht, aber er machte sich Sorgen. Ständig sprach Draco von ihr...   „Ich weiß das auch, verdammt!“, flüsterte Draco verhalten und schaute sich im tropfenden Kessel um. Draco wollte vermeiden, dass das an die falschen Ohren kam. Nicht auszudenken, was passierte, wenn jemand hörte, worüber sie sprachen. Immerhin war Draco ein bekanntes Gesicht. Er sah sich die Bedienungen an, die mit ihren knappen Röcken durch den Raum liefen und die Gäste dazu animierten, noch mehr zu trinken. Gott, diese Gören. Immer, wenn er sich in der letzten Zeit in einem Mädchen vergrub, stellte er sich vor, dass sie Granger wäre. Es war eine Qual. „Denkst du, das weiß ich nicht? Denkst du, ich bin mir darüber nicht im Klaren?“   „Kommt mir nicht so vor“, erwiderte Blaise ruhig. Er wollte Draco nicht in die Enge treiben, aber er wollte auch seinen besten Freund nicht stehen lassen. „Vielleicht solltest du mir ihr reden? Granger erscheint mir als vernünftig.“   Mit ihr reden? Und wie er mit ihr reden würde, nur nicht über Banalitäten. Er würde ihr klar zu verstehen geben, dass sich ihr niemand zu nähern hatte, außer er selbst. Ob sie damit einverstanden wäre? Ganz sicher nicht, aber Draco war es schon lange egal, wenn er ehrlich war. „Vernünftig? Granger? Reden wir von derselben Granger? Du glaubst tatsächlich, dass sie mit mir“, Draco zeigte mit seinem Finger auf sich, „vernünftig reden wird? In welcher Zeitzone lebst du?“   „Du kannst es zumindest versuchen, oder? Was hättest du zu verlieren?“ Blaise nahm sein Glas und ließ die Flüssigkeit im Innern hin und her schwappen. Jedes Mal, wenn der Whiskey gegen die Innenseite seines Glases stieß, entstanden Wellen. Zu beobachten, wie diese Wellen in der Flüssigkeit entstanden, beruhigten Blaise ungemein. Es war sein Ausgleich, um mit Draco zu reden.   Was er zu verlieren hätte? Vieles. Zuerst einmal würde er sein Gesicht verlieren. Granger würde ihn kompromittieren. Er hatte auch keine Lust mehr, darüber zu reden. Ständig die Vorhaltungen, ständig dieses Gut zureden. Draco hatte es satt. Er würde zur Toilette marschieren, der kleinen blonden Kellnerin zuzwinkern und darauf hoffen, dass sie nicht dem Klischee entsprach und seine Andeutungen verstand. Er hoffte, sie würde ihm folgen. Draco hoffte, er könnte wenigstens für zehn Minuten Granger vergessen können. „Du entschuldigst mich?“   Blaise drehte sich auf seinem Stuhl und folgte Dracos Blick. „Nein, bleib sitzen. Das bringt dich auch nicht weiter.“ Schnell platzierte Blaise seine Hand auf Dracos Schultern, um ihn daran zu hindern und zurück auf den Stuhl zu drücken.   „Ich muss aufs Klo, verdammt.“ Nun wollte Blaise ihn auch noch kontrollieren? Ihm die Leviten lesen und ihm gleichzeitig sagen, was richtig und falsch war? Super. Hätte er all das früher gewusst, wäre er nie auf die Idee gekommen, sich Freunde anzuschaffen. Er sah ja jetzt, was dabei raus kam, wenn man zu viel von sich preisgab.   „Ja, um dich mit der Blondine zu begnügen. Ich hab das schon verstanden“, deutete Blaise lapidar und setzte sein Glas an. „Sie wird dir nicht helfen können, dein Verlangen nach Granger zu stillen.“ Nein, das würde Draco nicht helfen. Ein Gespräch würde ihm helfen, aber keine Ablenkungen, in denen er andere Frauen verführte. Viel eher würde das alles verschlimmern, da der Drang nach der echten Granger immer intensiver werden würde.   Beleidigt blieb Draco sitzen und verschränkte seine Arme. Dann würde er eben morgen in Hogwarts seinem Drängen nachgeben. Er hatte es sich in den Kopf gesetzt und Draco bekam immer das, was er wollte. Immer! Daran gab es keinen Zweifel. Er würde Granger in sein Bett bekommen. „Fein!“   „Es gibt zwei Möglichkeiten.“ Blaise hielt zwei Finger in die Höhe.   „Oh, das klingt interessant“, schnalzte Draco und sah in eine andere Richtung. Wenn Blaise irgendwelche Möglichkeiten vorschlug, kam nie etwas gescheites raus.   Blaises Blick klärte sich und er fuhr fort, ohne auf Dracos Sticheleien einzugehen. „Entweder du vergisst sie.“ Blaise sah, wie Dracos Blick zurück huschte und ihm damit unfreiwillig zeigte, dass das ausgeschlossen wäre. „Oder du redest mit ihr.“ Als hätte er eine perfekte Rede gehalten, streckte sich Blaise und verschränkte seine Arme ebenfalls vor der Brust. „Um eines der Dinge wirst du nicht herumkommen, meinst du nicht?“   Oh, er würde drum herumkommen. Indem er sie einfach nahm. Dann müsste er nicht mit ihr reden! Draco konnte sehr überzeugend sein, wenn er wollte und bei Merlin, er wollte. Das bewies er sich selbst schon oft genug, wenn er mit einer Frau intim werden wollte. „Für dich gibt es auch eine Möglichkeit.“ Draco schob das Glas in die Mitte des Tischs und funkelte sein Gegenüber an. „Halt dich raus!“ Zum ersten Mal dachte Draco ernsthaft darüber nach, woher diese Besessenheit kam. Zwar machte er sich vorher schon Gedanken, aber verwarf sie sofort, weil er sich all das nie eingestehen wollte. Hinzu kam, dass er Blaise gerne weit weg hexen würde - auf eine verlassene Insel oder so.   „Du wirst an Potter nicht vorbeikommen“, erklärte Blaise diplomatisch.   Dracos Augenbraue flog nach oben. „Du sagst mir also, dass du an die kleine Weasley ran kommst, aber ich nicht an Granger? Wegen Potter?“ Das war ja witzig. „Potter steht nicht über allem.“ Er zog seinen pechschwarzen Umhang enger um sich. Er hasste es, wenn seine Kleidung darunter hervor blitzte. „Potter ist nicht ausschlaggebend dafür, klar? Außerdem hätte Potter mehr Interesse an der kleinen Weasley, als an Granger, das versichere ich dir“, fügte er augenzwinkernd hinzu. Bevor Potter Granger wollte, würde eher die Hölle gefrieren und Draco würde ihn in die tiefsten Abgründe stoßen. Zweitens würde Potter eher die kleine Weasley wollen, statt seine beste Freundin. Immerhin sah auch er leider die Blicke, die das Narbengesicht der rothaarigen Weaselette zuwarf.   „Du spielst mit dem Feuer, Draco.“   „Das ist das Schöne daran“, beantwortete Draco Blaises Warnung. „Deswegen spielst du doch auch mit dem Feuer“, feixte er.   „Granger ist keine Sache, die du mit Galleonen erledigen kannst. Sie ist nicht käuflich, verlass dich drauf“, bemerkte Blaise einschneidend. Irgendwie musste er Draco zur Vernunft bringen. Das konnte wirklich nicht gesund sein, was Draco sich in seinem Kopf zusammenstellte. „Alleine, dass du ihr seit den Sommerferien hinterher spionierst.“ Blaise fasste sich an seinen geschorenen Kopf. „Ich kann nicht glauben, dass sie bis jetzt nichts gemerkt hat! Noch schlimmer, dass ich das alles mit ansehe und davon weiß. Und Potter ist nicht mit Ginny zusammen. Er hat damit nichts zu tun.“   „Ach, und was habe ich mit Potter zu tun? Auch nichts oder ist er mit Granger zusammen? Was das andere betrifft - alles eine Sache der Übung!“ Draco wunderte sich, dass er sich gar keine Gedanken darüber machte, dass Blaise alles an die kleine Weasley verraten könnte, aber das würde Blaise nicht tun. Blaise war sein Freund, zumindest behauptete Blaise das immer. Ja, Blaise schimpfte sich sogar als seinen besten Freund. „Wenn man so lange im Dunkeln leben musste, wird man ein Meister im Verbergen.“   „Es ist sinnlos, was? Du hast es dir in den Kopf gesetzt, Granger in dein Bett zu bekommen.“   „Dann hör doch einfach auf, mit mir zu diskutieren?“, schlug Draco vor und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. Blaise wurde langsam wirklich lästig, aber noch behielt Draco seine Nerven. Noch konnte er Stärke zeigen. Wobei, was hieß noch? Er würde seine Stärke auch weiterhin behalten, das stand fest wie ein Zauberstab zum Zauberer gehörte.   „Kann es sein, dass du dich in sie verliebt hast?“, fragte Blaise spitz. Er wusste, Draco war noch nie verliebt gewesen. Seine Begierde nach schönen Frauen ging nie weiter als bis zur Bettkante hinaus. Draco wollte nur den Körper der Frauen, sich daran austoben und von vorne anfangen. Auch Blaise mochte lange dieses Spiel, bis er Ginny kennenlernte. So richtig kennenlernte... Sie gab ihm das Gefühl, sich geborgen und wohl zu fühlen. Etwas, was er bei all den anderen Frauen noch nie spürte.   Ha, was? Gut, dass er von Granger besessen war, ließ er noch durchgehen, aber das? „Quatsch!“ Verliebt? Das Wort klang so surreal in seinen Ohren. Nein, Granger war einfach eine verbotene Frucht, die er zuerst kosten wollte. Sie war unberührt und er wollte der Erste sein. Wenn er sie einmal gehabt hätte, wäre alles vorbei, ganz sicher und sie würde ihn niemals vergessen. Nie mehr! Das war seine Mantra. All die Männer die folgten, wären bedeutungslose Gesichter, aber ihn, wenn er der Erste wäre, würde sie niemals vergessen. Sie würde die anderen Männer immer mit ihm vergleichen, aber als er darüber nachdachte, wie Granger eventuell andere Männer haben könnte, hätte er kotzen können. Von jetzt an, würde kein anderer Mann mehr in ihre Nähe kommen – jedenfalls nicht so, dass sie mit jemandem intim verkehren konnte. „Du redest Unsinn! Du scheinst schon zu vernebelt zu sein - von billigen Gefühlen.“   „Vielleicht“, deutete Blaise mit erhobenem Finger an. „Vielleicht, aber früher oder später wird es dir genauso ergehen. Verlass dich drauf. Es sei denn, du kommst klar und lässt sie in Ruhe.“ Was sollte er noch sagen? Er konnte nicht immer an Dracos Umhang hängen und aufpassen. Wenn Draco unerkannt bleiben wollte, dann konnte er das auch verdammt gut. Blaise dachte nur, Granger wäre etwas aufgefallen, aber das schien nicht der Fall gewesen zu sein.   Draco würde Granger schon sehr bald klar machen, was er wollte. Da sie mit Sicherheit Schulsprecherin geworden war, könnte er sie vor ihrem Turm abfangen. Sie wäre nicht mehr ständig von ihren dämlichen Freunden umgeben und somit war die Gelegenheit einfach günstiger, wenn er sie vor dem Schulsprecherturm abfangen würde. Er streckte ein Bein unter dem Tisch aus und stierte zu Blaise hinüber. Er versuchte seinen besten Freund - denn, das war Blaise doch angeblich - mit Blicken zu töten, um ihm zu zeigen, wie wenig er von seinen Beurteilungen und Analysen hielt – nämlich nichts. Gar nichts! „Wars das?“, wollte er genervt wissen.   „Mach das, was du für richtig hältst. Ich sage dir trotzdem, das ist der falsche Weg“, manifestierte Blaise. Jetzt weiter mit Draco zu diskutieren wäre sinnlos. Man kam einfach nicht zu diesem sturem Bock durch.   Machen, was er für richtig hielt? Natürlich würde er das machen. Da ließ er sich auch nicht von Blaise abhalten oder dazwischenreden.     ~*~   „Los, Hermine! Jetzt zeig endlich dein Abzeichen“, drängte Ron, als er, Harry, Hermine, Ginny und Neville ein passendes Abteil gefunden hatten. „Du hast uns die ganzen Sommerferien auf die Folter gespannt.“   Angespannt setzte sich Hermine dazu. Es war ihr peinlich, zugeben zu müssen, dass sie gar kein Abzeichen bekam, obwohl sie die ganzen Ferien über nur darauf gewartet hatte. Es schmerzte sie wirklich, dass McGonagall – die nach dem Krieg Schulleiterin geworden war – so wenig Vertrauen in ihre Schülerin hatte. Es waren fast seelische Schmerzen, so verletzt war Hermine. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe, als sie in die Gesichter ihrer Freunde sah. „Ich habe kein Abzeichen bekommen.“ Ihr Blick wanderte aus dem Fenster des fahrenden Hogwarts-Express.   „Bitte?“, fragte Harry irritiert nach und schob seine Brille seinen Nasenrücken hinauf. Sicher hatte er sich nur verhört. Sein Oberkörper beugte sich nach vorne, während er auf die richtige Antwort von Hermine wartete.   „Wie?“, kam es erstaunt von Ginny und Ron. Ihre Münder klappen synchron auf und sie starrten perplex in Hermines Gesicht. „Du machst Witze?“, fragte Ron vorsichtshalber nach. „Oder? Du machst doch jetzt gerade einen Witz?“   „Nein“, antwortete Hermine niedergeschlagen. Die Landschaften zogen an ihren Augen vorbei und sie musste sich fest auf ihre Zähne beißen, um nicht los zu schreien. „Ich habe kein Abzeichen bekommen“, wiederholte sie deprimiert. Die Gegebenheit zuzugeben, führte ihr noch mehr vor Augen, wie ernst das war. Sie wurde nicht zur Schulsprecherin ernannt. Es war die pure Realität. „Meine Mum wollte auch, dass ich nach Oxford wechsle.“   „Nach Oxford?“, hakte Ginny nach. „Warum?“ Ihr war es schleierhaft, weshalb Hermines Mutter das wollte.   „Um später Zahnmedizin studieren zu können.“ Es tat gut, über etwas anderes zu reden und nicht immer wieder daran erinnert zu werden, dass sie keine Schulsprecherin sein würde. So konnte Hermine ihre ganze Wut, ihren Zorn und ihre Trauer auf ihre Mutter projizieren. „Sie wollte schon immer, dass ich Zahnärztin werde, aber mein Vater und ich haben ihr meinen Standpunkt verdeutlicht.“ An ihrer Abteiltür ging gerade Malfoy vorbei. Sie sah, wie er seine Schritte verlangsamte und sie im Augenwinkel ansah. Erschrocken zuckte sie zusammen, jedoch so, dass es niemand mitbekam, woraufhin sie sich an gestern erinnerte, als sie gegen ihn gelaufen war...   Er hatte sich kein Stück geändert. Dieser unfassbar gemeine Mensch!   „Meinst du nicht?“   „Was?“, fragte Hermine, da sie Ron nicht zuhörte. Viel zu sehr war sie wieder in ihrer Erinnerung gefangen. Malfoy war ein Idiot. Sie klammerte sich an das Faktum, dass sie ihn nur noch dieses Jahr sehen musste und auch nicht in allen Unterrichtsfächern. Das war ihr rettender Anker. Vielleicht war Professor McGonagall so kulant und würde Gryffindor nicht so oft mit den Slytherins in einen Klassenraum zwängen. Aber was wusste Hermine schon? Sie wurde ja auch keine Schulsprecherin.   Man, sie hätte gerne ihren Frust hinausgeschrien.   „Ich habe gesagt: Vielleicht hat McGonagall sich auch geirrt oder du wirst erst während der Eröffnungsfeier zur Schulsprecherin ernannt?“, fantasierte Ron erneut. Er konnte es nicht glauben und hielt das alles immer noch für einen schlechten Scherz.   Das war lieb von Ron – ohne Zweifel. Er gab sich die größten Mühen sie aufzuheitern, aber das würde nicht helfen. Hermine war realistisch genug, um zu wissen, dass McGonagall sich nicht irrte, ihr kein Fehler unterlaufen war und sie Hermine auch nicht während der Feier zur Schulsprecherin ernennen würde. „Unwahrscheinlich. Professor“, betonte Hermine und schaute Ron mahnend in die Augen, „McGonagall irrt sich in dieser Hinsicht bestimmt nicht. Wieso sollte sie auch?“   „Die Eule kann sich verflogen haben?“, warf Harry ein. Auch Rons Kopf nickte heftig, um Harry zuzustimmen.   „Auch das ist unwahrscheinlich.“ Dass Eulen vielleicht ein oder zwei Tage länger brauchten, in Ordnung, aber verflogen? Nein, Eulen waren zuverlässigere Boten, als die Postboten in der Muggelwelt.   Sie alle führten eine hitzige Diskussion, eine waghalsige Debatte, gefüttert mit den wildesten Spekulation, wieso und weshalb Hermine nicht zur Schulsprecherin ernannt wurde. Sie grübelten, philosophierten und dachten darüber nach, wer an Hermines Stelle sein würde. Wer könnte geeigneter sein, als sie? Niemand war gewissenhafter im Umgang mit den Schulregeln als Hermine. Harry vermutete, weil sie immer dabei war, wenn in Hogwarts etwas schief ging. Die ganze Zugfahrt über hielt das Gespräch an. Kein anderes Thema war präsenter und das störte Hermine. Sie wollte nicht die ganze Zeit daran erinnert werden. Immer wieder versuchte sie, einen anderen Aspekt zu finden oder über eine andere Problematik zu sprechen. Auch bemerkte sie, dass Malfoy ziemlich oft an ihrer Abteiltür vorbei lief und seine Schritte sich jedes Mal kurz verlangsamten.   Was sollte das?   Wütend kniff sie ihre Augen zusammen. Sicher wollte er irgendwelche Informationen erspähen, diese weitertragen oder einen Plan aushecken. Irgendetwas war hier faul!   Hermine bat Harry diskret – ohne, dass das ganze Abteil etwas hörte - um seinen Tarnumhang. Sie belog ihn sogar und erzählte, sie wolle wissen, wer Schulsprecherin geworden war. Sie sagte ernsthaft, dass sie zum Abteil laufen und schauen würde, wer es geworden war. Merlin, sie fühlte sich schrecklich, aber würde sie ihm die Wahrheit sagen, würde Harry mitkommen wollen und das könnte unter Umständen zur Eskalation führen. Hermine wollte nicht schon während der Zugfahrt Punkte für Gryffindor verlieren, wenn sie Malfoy auflauerte.   Am Ende würde Harry das alles noch missverstehen. Vielleicht würde er sich die wildesten Hirngespinste ausmalen, wenn er tatsächlich wüsste, dass Hermine Malfoy hinterher spionierte.   Hermine zog den Umhang über ihren Körper und öffnete vorsichtig die Abteiltür. Sie schlängelte sich an mehreren Schülern vorbei und das war schwieriger als gedacht, wenn man bedachte, wie viele Schüler sich auf den Fluren des Zuges befanden. Sie wollte in das Abteil, in dem die Slytherins und vor allem Malfoy war. Sie wollte wissen, was für ein Spiel er treiben wollte. Nur, um vorbereitet zu sein...   Harry wäre auch dankbar, wenn er vorher wüsste, mit was er es zu tun bekäme.   Mühselig erreichte sie das besagte Abteil. Gerade, als sie die Hand ausstreckte, um in den nächsten Waggon zu gelangen, wurde sie von hinten gepackt. Der Umhang wurde nach oben gezogen und die Person, die nach Hermines Schultern packte, kam unter den Umhang. Hermine konnte nicht schreien, da ihr Angreifer sofort eine Hand auf ihren Mund presste. Der andere Arm schlang sich um ihre Taille, womit sie gegen einen unbekannten Körper gepresst wurde. Auch noch so, dass ihre Arme gefangen waren und sie nicht ihren Zauberstab erreichte.   Mist! Mist! Mist!   „Tz, tz, tz“, schnalzte Draco mit seiner Zunge. „Wirklich unvorsichtig!“, flüsterte er ihr zu und seine Hand ruhte auf ihren Lippen, sodass kein Laut hindurch zischen konnte.   Hermine lief es eiskalt ihren Rücken hinab, als sie die Stimme von Malfoy erkannte. Unter tausend anderen würde sie diese kalte, furchterregende Stimme erkennen. Sie fing an sich zu wehren. Versuchte ihren Körper zu befreien, doch das machte alles nur schlimmer. Malfoys Arm, der um ihre Taille geschlungen war, packte fester zu, womit sie noch enger an seinen Körper gedrückt wurde.   „Du willst doch die Existenz von Potters Umhang nicht offenbaren, oder?“ Immer noch hielt er seine Hand auf ihren Mund gedrückt. Seinen Kopf lehnte er gegen ihre Schläfe, als er ihr diesen Satz zuflüsterte. „Hat Potter dir nichts von unserem Zusammentreffen - im Hogwarts-Express - im sechsten Schuljahr erzählt? Denn, wenn er dies getan hätte – was besser für dich gewesen wäre – wüsstest du, dass ich schon lange weiß, dass das Narbengesicht einen Tarnumhang – dazu noch einen wirklich unsichtbaren Umhang – besitzt.“ Seine Nase ließ er über ihre seidigen Haare gleiten. Gott, sie roch so gut. So fantastisch und verführerisch, aber er würde sich hüten, sie zu berühren. Das hatte er noch nie nötig, eine Frau zu irgendetwas zu zwingen. Nein, irgendwann würde sie wollen, weil ihr Verlangen nicht mehr zu bändigen wäre. So lange würde er warten, sich in Geduld üben und wenn sie soweit war, wäre er bereit und zur Stelle. „Ich vermute, sein Umhang ist wirklich eines der Heiligtümer, was?“   Er erwartete eigentlich keine Antwort, aber er war neugierig. „Wenn es stimmt, dann nicke!“   Hermine war starr vor Schreck. Sie wollte diejenige sein, die ihn belauschte; natürlich ohne erwischt zu werden und schon gar nicht von Malfoy persönlich. Nun stand sie hier, gefangen in Malfoys Griff, der ihr auch noch ihren Mund verschloss. Hermine weigerte sich, ihm die Wahrheit zu sagen. Definitiv würde sie nicht nicken. Was viel interessanter war, von welchem Zusammentreffen sprach Malfoy? Es gab, im sechsten Schuljahr, ein Zusammentreffen zwischen Harry und ihm?   Natürlich bekam er keine Antwort. Das war abzusehen. Die kleine, tapfere, mutige Löwin stellte sich der bösen Schlange. Mit dem Unterschied, dass die Schlange gewann und sich um den Körper der Löwin schlang. „Kann ich meine Hand wegnehmen, ohne, dass du schreist?“ Sie würde schreien! Er wusste es, aber er wollte einfach auch wissen, ob sie bereit war, zu kooperieren. „Denk dran, wenn du schreist, kann jeder erfahren, dass Potter einen Tarnumhang besitzt. Stell dir vor, das gerät an die falschen Leute und Potter verliert seinen Tarnumhang? Wegen dir?“, flüsterte er wieder in ihr Ohr. Mit seiner Hand um ihre Taille, zog er sie weiter in eine Ecke, weil ein Schüler gerade das Slytherin-Abteil verließ. „Noch schlimmer wäre, wenn man uns zusammen sieht, oder?“ Das würde sie sicher besänftigen. Niemals würde sie zulassen, dass Potter seinen Umhang verlor, geschweige denn, dass man sie beide hier zusammen sah, wenn alles aufflog.   Sollte sie um Hilfe schreien? Harry bekäme wirklich seinen Tarnumhang weggenommen, wenn irgendeiner der Lehrerschaft erfuhr, dass Harry so einen Umhang besaß. Man könnte Harry vielleicht im Nachhinein sogar nachweisen, dass er des Öfteren durch das Schloss - nachts, mithilfe des Umhangs - schlich.   „Also? Kann ich meine Hand wegnehmen?“, wiederholte Draco seine Frage. Er beobachtete sie eben genau, als sie aufgestanden war, wie ihre Abteiltür geöffnet wurde, aber niemand heraustrat. In dem Moment versteckte er sich und wartete auf sie, bis er einen zarten Windhauch spüren konnte, der ihm versicherte, dass sie vor dem neuen Waggon stand, welcher sie direkt zum Abteil der Slytherins geführt hätte. Ab dem Zeitpunkt schritt er langsam nach vorne, verließ sein Versteck und hatte den Umhang gepackt. Zum Glück waren seine Sinne soweit ausgeprägt, dass er leise Windstöße verspüren konnte, sonst wäre dieser Versuch gescheitert.   Hermine nickte eifrig. Was blieb ihr auch anderes übrig? Irgendwann müsste sie auch wieder zurück - zu Harry, Ron, Ginny und Neville. Wenn sie zurück käme, würde sie einfach behaupten, dass niemand im Abteil der Schulsprecher saß.   Sie war gar nicht so töricht, wie er dachte. „Du weißt, was gut für dich ist.“ Dass sie auch wusste, was gut für ihre sogenannten Freunde war, war wie ein lästiges Furunkel, das man schleunigst loswerden musste. Langsam zog er seine Hand zurück, aber nicht den Arm, den er um sie gelegt hatte. Den ließ Draco an Ort und Stelle. Jetzt würde er ihr die Chance, sich zu verteidigen und zu wehren, nicht geben.   „Lass. Mich. Los!“, zischte Hermine aufgebracht. Sie konnte nicht fassen, was gerade passierte. Wieder lief sie in Malfoy; praktisch in seine Arme.   „Nein, dann rennst du ja weg“, hauchte er in ihr Haar. Draco genoss ihren Duft und es brachte ihn fast um, nicht weitergehen zu dürfen. Aber er war auch ein Geduldskünstler, wenn es darum ging, zu warten. Hauptsache, er würde am Ende gewinnen. Wenn er dafür Opfer bringen musste, kam er dem natürlich nach.   „Was willst du?“, fauchte Hermine und achtete stets darauf, dass sie nicht mit Malfoy entdeckt wurde. Das wäre ihr wirklich peinlich und Hermine wusste auch nicht, wie sie die Situation hätte erklären können.   „Die Frage ist eher, was du von mir willst? Wieso bist du hier? Hier fängt das Abteil der Slytherins an.“ Ihr zierlicher Körper fühlte sich warm an, doch das Beben ihres Körpers konnte er auch spüren. Draco konnte problemlos einen Arm um sie schlingen und sie gleichzeitig daran hindern, wegzulaufen oder ihren Zauberstab zu ziehen. Er liebte seine Kraft, dank des harten Quidditchtrainings der letzten Jahre. Er wusste, das würde sich noch auszahlen. „Hör auf zu zittern!“, befahl er gebieterisch.   „Was planst du?“, flüsterte Hermine, ohne ihn zu sehen. Immer noch hielt er sie mit einem Arm gefangen. Wie erniedrigend.   Das erstaunte Draco. Sie dachte wirklich, er plante etwas? Gegen wen? Gegen sie, gegen Potter oder gegen Weasley? Wusste sie auch schon, dass Blaise mit der kleinen Weasley zusammen war? So etwas erbärmliches, wie eine Beziehung führte? „Das glaubst du? Dass ich etwas plane?“ Sie war so naiv und das machte sie zugleich erotisch. Aber woher sollte sie auch wissen, dass er gegen niemanden intrigierte? Sie hatten schließlich nie Kontakt zueinander.   „Malfoy“, zischte Hermine, „lass mich sofort los. Das ist lächerlich!“   „Nein!“ Wieder wurde Dracos Griff fester. Wieder brachte er ihren Körper ein Stück näher an seinen Körper und es war eine süße Qual, ihren Körper zu spüren, aber überhaupt nichts machen zu können. „Lächerlich ist, dass du dich hierher schleichst und denkst, du könntest – wie einst Potter – uns ausspionieren. Euren Triumph über den dunklen Lord lässt dich übermütig werden, Granger. Sei vorsichtig“, drohte er.   „Dass du dich noch hierher traust!“, entgegnete sie. Drohte er ihr gerade? Und was sagte er? Harry versuchte Malfoy einst auszuspionieren? Meinte er das, als er von einem Zusammentreffen zwischen Harry und sich sprach? „Wieso bist du hier?“   Ah, das meinte sie also. Sie war sauer, weil er – der böse Draco – zurück nach Hogwarts kam. Dracos Hand schnellte nach vorne und presste sich erneut auf ihren Mund. Nein, das wollte er nicht hören. Sie würde ihm, wegen seiner Vergangenheit und seiner Aktivitäten, keine Vorwürfe machen und anhören würde er diese Proteste und Bezichtigungen schon gar nicht; nicht von ihr. Sie hatte zu sputen und sonst nichts. „Legst du es darauf an, dass man uns sieht? Wenn ja, empfehle ich, dass du noch ein bisschen lauter sprichst.“ Seine Worte trieften vor Sarkasmus.   Heftig schüttelte Hermine ihren Kopf.   „Dann wirst du mir zuhören, verstanden?“ Vorsichtig führte er ihren Kopf zu sich nach hinten, sodass ihr Hinterkopf gegen seiner rechten Schulter lehnte. Mit dem Daumen strich er behutsam über ihre Wange.   Sie schloss ihre Augen und dachte über ihre Optionen nach. Hatte sie überhaupt welche? Nun ja, nur Optionen, die sie hier mit Malfoy verrieten und das wollte sie tunlichst vermeiden. Hermine wollte nicht mit ihm gesehen werden. Das würde unnötige Fragen aufwerfen. Die Gerüchte würden brodeln. Anschließend nickte sie wieder. Sie gab nach... Verflucht!   Ob er eine Besessenheit entwickelte, um das Trauma zu verarbeiten? Wollte er sich selbst strafen, indem er einer Muggelgeborenen hinterher spionierte, weil er versagte? Wollte er die Trauer überwinden, weil seine Seite verlor? Konnte er nicht wahrhaben, dass all die Ideale - an die er glaubte, seit er denken konnte - mit Voldemort untergegangen waren? Er wusste es nicht, aber das brauchte er auch nicht. Schließlich war dieses Verlangen vorhanden - seit geraumer Zeit. Um genau zu sein, seit seinem letzten Schuljahr. Langsam wanderte die Hand, die auf ihren Mund gepresst war, hinab zu ihrem Hals. „Du musst wissen, wenn ich mir etwas in den Kopf setze, Granger, dann bekomme ich das auch – ausnahmslos.“ Er ging auf ihre Frage, weshalb er zurück nach Hogwarts kam, nicht ein. Das ging sie nichts an. Es hatte sie nicht zu interessieren, dass er ihretwegen hierher kam, um seine Triebe zu befriedigen. Natürlich hätte er ihr sagen können, um zu lernen, aber sie hätte es sowieso nicht geglaubt.   Ihr Herz begann immer schneller zu schlagen. Hermine wusste, dass das Herz eines Erwachsenen im Durchschnitt siebzig Mal schlug, aber ihr Herz schlug jetzt gerade, in diesem Moment, das Doppelte in der Minute. Sie konnte die Kontraktionen ihres Herzens fast zu gut spüren. Was würde er ihr nun sagen? Ihr Atem wurde immer lauter, immer unkontrollierter.   Auch Draco spürte, wie sie immer unruhiger wurde. „Man möchte meinen, du hättest den Krieg unter irgendwelchen Zaubertränken durchlebt. Glaub mir, wenn ich dir was tun wollen würde, hätte ich das längst getan. Du kannst also davon ausgehen, dass dir in meiner Gegenwart nichts passiert“, flüsterte er ihr in einer beruhigenden Tonlage ins Ohr. Natürlich hatte er nicht die Absicht, ihr Schaden zuzufügen. „Kannst du mir also weiter folgen, ohne dass ich mir Gedanken darüber machen muss, ob du jede Sekunde zusammenbrichst?“ Langsam nahm er seine Hand von ihrem Mund.   Oh Gott, er gab gerade zu, dass er anscheinend genauso schlimm und gefährlich sein konnte, wie Voldemort es gewesen war. Sie könnte versuchen, ihn zu treten... Wäre das eine geeignete Option? Nein, dann würde er entweder aufschreien oder seine Meinung ändern und ihr doch etwas antun.   „Malfoy“, sprach Hermine zitternd, „w-was wil-lst du?“ Sie hätte niemals hierher kommen sollen. Sie hätte einfach bei Harry und Ron sitzen bleiben sollen. Sie hätte das Gespräch über die Schulsprecher ertragen sollen... Das wäre annehmbarer, als das hier. „Wieso bist d-du immer wieder an unserem Ab-Abteil vorbei gegangen?“   Sie hatte ihn also doch bemerkt. Nun, das war auch gewollt. Eigentlich wollte er sie an irgendeinem Abend, vor dem Schulsprecherturm, abfangen und sein Anliegen erörtern, doch die Versuchung war einfach zu groß, nachdem sie ihren Schutzraum verlassen hatte. „Was ich will, willst du wissen? Bist du sicher, dass du das wissen willst?“, stellte er quälend langsam seine Gegenfrage und fuhr mit seinen beringten Fingern ihren Hals entlang. Er wollte so vieles. „Im Grunde ist mein größtes Verlangen bereits hier.“   Was?   „Komm, Granger. Enttäusche mich nicht. Du weißt, was das bedeutet“, ergänzte Draco gelangweilt, als sie nicht antwortete. Sie wollte mit ihm spielen. Dieses Spiel würde er nur zu gerne mit ihr spielen.   Wieder schüttelte sie heftig ihren Kopf. Nein! Nein, sie wusste es nicht. Sie wollte es auch plötzlich nicht mehr wissen. Ihre Gedanken fuhren Achterbahn, weil sich eine einfache Kognition nicht festigen konnte. Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie Angst verspürte oder sauer war.   „Hast du deine Sprache verloren?“ Sie wollte doch spielen, oder? Wo war ihr Engagement? Ihren Einfallsreichtum und ihre Intelligenz hatte er noch ganz anders in Erinnerung. Stattdessen war sie nun wortkarg und schwieg mittlerweile recht konsequent.   „Hau endlich ab!“, erwiderte sie immer noch zitternd.   Nun, doch nicht so konsequent. „Oh, du warst mal besser“, spottete Draco. „Komm, streng dich an, dann fällt es dir mit Leichtigkeit auf. Dein Scharfsinn, dein Ingenium, deine Genialität und dein freches und vorlautes Mundwerk haben dich noch nie hängen gelassen.“ Seine suggestive Haltung war fast beängstigend, auch für ihn, aber er durfte keine Schwäche zeigen. Vor niemandem und schon gar nicht vor ihr. Das würde ihn angreifbar machen. Sie hätte somit die Möglichkeit, ihn anzugreifen. Lucius hatte ihm immer eingebläut, dass Schwäche oder Gefühle einen verwundbar machten.   Gott, gestern war er noch unfreundlich und kühl. Malfoy hatte sie zurechtgewiesen und gemaßregelt. Jetzt? Jetzt war er gefährlich und aufdringlich und Hermine konnte sich vorstellen, dass das hier noch die humane Art war und Malfoy durchaus schlimmer sein konnte. „Lass endlich los!“, forderte sie erneut.   „Du wiederholst dich.“ Er müsste ihr also noch Manieren und Anstand beibringen. Oh, wie gerne er das täte.   „Dann geh einfach?“, schlug sie nun genervt vor. Ihr Mut schien kontinuierlich zurückzukehren.   „Gleich, aber zuerst solltest du wissen, nein, viel eher verinnerlichen, dass ich immer das bekomme, was ich will. Mein Verlangen nach dir reicht bis ins Unermessliche und diesem Verlangen will ich nachkommen. Für dich wäre es gesünder, wenn du dem zustimmst.“ Wieso er ihr das so offen sagte? Weil er sein Spiel spielen wollte und sie wisse musste, woran sie war und wie weit sie in Zukunft gehen durfte.   Was? Was sagte er da? „Malfoy, es reicht“, murrte sie und begann sich nun heftiger zu wehren. Immer wieder wagte sie einen Versuch, sich zu befreien, um ihrem Zauberstab ein Stück näher zu kommen und Malfoy dahin zu hexen, woher er gekommen war. „Du versuchst mich anzupissen und bist nicht mal so höflich, um es mir als Regen zu verkaufen? Ich habe das Gefühl, du willst mich vorsätzlich verarschen!“ Sie fand zu ihrem Mut zurück. Endlich!   „Zynismus steht dir so schlecht, aber ich sehe, dein gryffindor'scher Mut kehrt endlich zurück, mitsamt deinem zügellosem Mundwerk.“ Wie niedlich sie war, wenn sie sich sträubte. Das trieb seinen Jagdinstinkt nur noch mehr an. So machte es viel mehr Spaß, wenn er seine Beute jagen musste. „Versuch nicht, dich mir zu entziehen!“ Natürlich wollte er, dass sie sich ihm entzog. Er wollte sie jagen, aber ihr gleichzeitig Angst machen. Sie sollte wissen, mit wem sie es zu tun hatte. Er war nicht mehr der kleine Junge, den sie im dritten Schuljahr geschlagen hatte. Sein Griff lockerte sich, nachdem er überprüfte, dass niemand in ihrer Nähe war und er gefahrlos unter dem Umhang hervorkommen konnte. Er ließ sie endgültig los und schritt zur Abteiltür. Er wusste genau, wo sie stand und zwinkerte ihr zu, als er die Tür hinter sich schloss und zu seinem Platz wanderte. Er wusste auch, dass sie nichts ihren Freunden verraten würde. Wenn doch, würde er ihr sehr genau sagen, dass er dieses Verhalten missbilligte.   Hermine indes stand noch mehrere Sekunden, wie zur Salzsäule erstarrt, an Ort und Stelle. Sie war nicht im Stande, sich zu bewegen oder ihm hinterher zu rufen. Erst, als Malfoy mehrere Momente verschwunden war, fand sie ihre Beweglichkeit und huschte zurück zu Harry, Ron, Ginny und Neville, die immer noch diskutierten - nachdem Hermine erzählte, es wäre niemand im Abteil gewesen - wer denn nun Schulsprecherin geworden war.   Gott, Hermine war verwirrt und konnte sich nur schwer auf das Gespräch konzentrieren. Sie redete sich die ganze weitere Fahrt ein, dass das niemals ernst gemeint war. Dass er sich einen bösen Spaß erlaubte, um sie zu ängstigen und, dass das so schnell nicht mehr vorkam.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)