The Warning! von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 1: Neuanfang -------------------- Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen. - Immanuel Kant The Warning!   ~*~ - Kapitel eins - Vor wenigen Wochen noch hätte Hermine nicht damit gerechnet, je wieder nach Hogwarts zurückzukehren. Vor wenigen Wochen dachte die junge Hexe, dass sie all das nicht überleben würde, dass sie in diesem Krieg, den Voldemort anführte, umkommen würde. Dank Harry lebten die Mensch wieder in Freiheit und Frieden. Sie mussten sich nicht mehr davor fürchten, dass hinter der Ecke eine Gruppe Todesser lauern würde, die nur darauf wartete, jemanden wie Hermine um die nächste Ecke zu bringen. Harry war es gelungen, Lord Voldemort – nach vielen Jahren der Schreckensherrschaft – zu stürzen und die Zauberwelt von einem Tyrannen zu befreien. Harry fügte die Puzzleteile, die Dumbledore ihm vorlegte, zusammen und dadurch war es ihm möglich, diese Bestie zu vernichten. Ein langer und auch ein steiniger Weg lag hinter Harry, Hermine und Ron. Ein ganzes Jahr streiften sie durch die Grafschaften, durch verschiedene Bezirke und viele Wälder, weswegen sie alle drei ihr letztes Schuljahr nicht antreten konnten. Und morgen wäre es soweit. Hermine würde wieder in ihr geliebtes Zuhause zurückkehren können. Sie konnte dem Medienrummel entfliehen, ebenso Harry und auch Ron. Alle drei wurden belagert. Ihre Person war präsent und interessant und das war Hermine unangenehm. Sie wollte nicht der Mittelpunkt von England sein. Jedes Mal, wenn ein neues Foto von ihr im Tagespropheten zu sehen war, zerknitterte sie die Zeitung und rollte genervt mit ihren Augen. Ihre Mutter missbilligte das Verhalten dieser Zauberzeitung zutiefst. Jane Granger war genervt, wenn wieder eine Eule in ihr Haus geflogen kam, mit einer weiteren Bitte um ein Interview mit Hermine. Ihr Vater hingegen war stolz auf sein Mädchen. Er war es, der Hermine immer aufmunternd zulächelte und ihre Entscheidungen respektiere, während ihre Mutter sich immer die Hände über ihrem Kopf zusammenschlug und fluchtartig den Raum, in dem sie gerade waren, verließ. Hermine war froh, dass sie dem ab morgen entkommen konnte. In Hogwarts war sie sicher und sie war auch so gespannt darauf, wie sich alles in Hogwarts verändert hatte. Ob das Schloss wieder genauso aussah, wie vorher? Oder hatten die Lehrer gravierende Veränderungen vorgenommen? Auf der einen Seite war Hermine froh, ihr Elternhaus verlassen zu können, aber auf der anderen Seite wusste sie nicht, was sie morgen in Hogwarts erwarten würde. Bis jetzt kamen noch keine Erinnerungen hoch – sie stecke all das, was sie erlebte, bisher gut weg, doch wie lange würde das dauern? Würde erst in Hogwarts alles hochkommen, da sie dort, wo alles sein Ende fand, wieder mit den Erinnerungen konfrontiert worden wäre? An dem Ort, an dem sie Freunde und Bekannte sterben sehen musste? Hermine setzte sich auf ihr frisch gemachtes Bett und ließ sich nach hinten fallen. Ihre Arme breitete sie aus und dachte über alles nach. Ihre Gedanken waren sehr unsortiert. Sie liebte Hogwarts, aber sie fürchtete sich seit Kriegsende auch davor. Es war zum Verrückt werden... Sie wusste einfach nicht, wie ihre Seele all das auffassen würde, wenn sie durch das große Eichenportal, welches zur großen Halle führte, hindurch ging und Erinnerungen an die Oberfläche klettern würden. In Hogwarts hatten sie Fred, Lupin und Tonks verloren. Hermine, Harry und Ron sahen, wie Professor Snape in der heulenden Hütte ermordet wurde – von Nagini! Sie sahen, wie sich Nagini auf den Zaubertränkemeister stürzte und ihm mehrmals mit ihren messerscharfen Fangzähnen in die Kehle biss. Wie Nagini ihr Gift in Snapes Blutbahnen katapultierte... Merlin, alles würde ab morgen anders sein. Hermine würde Hogwarts mit anderen Augen sehen. Sie würde ein neues Schuljahr beginnen - ohne Dumbledore, ohne Snape, aber auch ohne Angst. Sie stand auf und zog noch einmal Harrys Brief aus ihren Büchern heraus. Sie hatte den Brief extra in eines der schweren Bücher gelegt, um das Pergament wieder zu glätten. Harry hatte ihn mehrmals zerknittert, weil er sich anscheinend nicht sicher war, ob er ihn abschicken oder komplett von vorne anfangen sollte. Hermine konnte das Verhalten bloß belächeln. Schließlich freute sie sich, denn immerhin schrieb Harry, wie versprochen – im Gegensatz zu Ron. Ron schrieb ihr nicht mal aus Anstand. Nein, er war viel zu faul, um sich die Mühen zu machen. Er gab offen zu, dass er ihr nicht schreiben wollte, aber sie kannte Ron. Sie hatte in all den Jahren gelernt, damit umzugehen. Hermine, freust du dich auf das neue Schuljahr? Ich muss zugeben, dass es mir doch sehr schwer fallen wird, durch die Hallen zu spazieren. Du weißt, ich bin nicht sonderlich gut im Briefe schreiben. Hermines Schmunzeln breitete sich weiter aus. Das war ihr egal, ob Harry ein lyrisches Meisterwerk auf Papier zauberte oder einfache Worte wählte. Sie war froh, dass er ihr überhaupt schrieb. Sie freute sich über jede kleine Notiz ihrer Freunde, aber sie konnte sich auch vorstellen, wie Harry gebeugt über dem Pergament saß, sich am Kopf kratzte und überlegte, was er Hermine nur schreiben könnte. Hast du schon dein Schulsprecherabzeichen bekommen? Du hast noch gar nichts erzählt oder willst du uns einfach überraschen und hast aus diesem Grund nichts erzählt? Hermine verzog ihr Gesicht. Ihre Augen zogen sich zusammen, ihre Lippen kräuselten sich und mehrere Emotionen huschten über ihr Gesicht. Zum einen Wut, weil sie eben diesen verdammten Brief, in dem sich das Abzeichen befinden sollte, nicht bekam. Trauer, weil sie insgeheim wusste, dass das Abzeichen inmitten der Ferien kam und sie somit ausgeschlossen war. Zorn, weil sie nicht wusste, wer ihr Abzeichen bekam. Neid, weil sie der Person, die das Abzeichen bekam, dieses Privileg nicht gönnte. Auch wenn das gegen ihre Prinzipien verstieß und sie nicht missgünstig war, aber innerlich hatte sie einfach felsenfest mit diesem Abzeichen gerechnet. Worauf hatte sie sonst hingearbeitet? Natürlich arbeitete sie auch für ihre Zukunft, aber sie arbeitete eben auch für dieses Abzeichen. Sie hatte sich ihre Zensuren ehrlich erarbeitet und nun wurde alles vernichtet, indem sie diesen Brief nicht bekam. „Man", stieß Hermine aus und setzte sich wieder auf ihr Bett. Ihr Kopf sank gegen ihre Brust und die Haare warfen sich vor ihr Gesicht. „Das ist so unfair." Sie blieb in der gebückten Haltung sitzen und las Harrys Brief weiter. Ich habe, für das Quidditchteam, Angebote aus Irland und Schottland bekommen, aber ich denke, das wäre nichts für mich. Sonst müsste ich das letzte Jahr nicht wiederholen, oder? Nein, nein, ich glaube, dieses Aurorentraining wäre das Ideale für mich. Hermine grinste, nachdem sie schniefte. Hinter Harrys Satz hatte er ein Gesicht gemalt, welches lachte. Harry bekam – ohne überhaupt etwas dafür tun zu müssen – Angebote ohne Ende. Aber sie gönnte es Harry. Harry hatte so viele Jahre leiden müssen, dass sie ihm – vor allem ihm – dieses Glück gönnte. Er war wirklich ein Held und nach Hermines Meinung, verdiente ein Held dieses Glück. Ich freue mich, wenn wir uns endlich wieder sehen. Ich soll dir von Ron, Ginny und dem Rest schöne Grüße ausrichten. Bis bald, Harry Ja, Hermine freute sich auch, wenn sie ihre besten Freunde endlich wieder in ihre Arme schließen konnte. Sechs Wochen waren doch immer eine lange Zeit, in der sie sich nicht sahen. Für Harry war es üblich bei den Weasleys zu sein. Dort war seine Familie und das verstand Hermine. Auch für sie waren die Weasleys zu einer Ersatzfamilie in der anderen Welt geworden. Molly war eine herzensgute Seele, die alles dafür tat, dass man sich in ihren vier Wänden wohl fühlte. Sie liebte Molly und auch Arthur, für ihre zuvorkommende und herzliche Art. Nach dem Krieg waren Molly und Arthur einmal hier gewesen, woran Hermine ungern zurückdachte. Während ihre Mutter ihre Nase rümpfte, war ihr Vater sehr angetan. Arthur war begeistert, da er dieses Treffen als eine Chance sah, um alles zu erkunden und Hermines Vater über das Prinzip von Gummienten auszufragen. Arthur lernte viele neue Dinge über die Muggel und deren Technik kennen und ihre Mutter? Nun, ihre Mutter war nur anstandshalber so freundlich und fragte Molly über die Küche der Magier aus, obwohl Hermine wusste, dass es ihre Mutter nicht im Geringsten interessierte. Jane Granger tat das einfach aus Höflichkeit, da es ihr immer wichtig war, was die Außenwelt von ihr hielt. Hermine saß damals sehr bekümmert mit ihren Eltern und den Weasleys im Salon. „Hermine, kommst du?", rief ihre Mutter von unten nach oben. Sie klang gehetzt. „Ich komme, Mum!", rief Hermine zurück, stand vom Bett auf, legte Harrys Brief in ihr Buch zurück und marschierte zur Tür. Schon als sie die Treppe hinunter ging, konnte sie ihre Mutter und ihren Vater in der Küche hören. Sie schienen zu diskutieren. „Jane, das ist doch eine Entscheidung, die das Kind zu treffen hat. Misch dich da nicht ein." Hermine zog eine Augenbraue nach oben. Wovon sprach ihr Vater? Sie näherte sich langsam der Küche, um weiter zu lauschen. Das erinnerte sie, als sie damals alle – Harry, Ron, Hermine, Ginny und die Zwillinge - im Grimmauld Platz Nummer 12 die geheimen Treffen des Phönix-Orden belauscht hatten, da man sie nicht in die Gespräche mit einbezog. Einmal schnappte sich Krummbein eines der Langziehohren... Wieder schmunzelte Hermine, als sie diese Erinnerung Revue passieren ließ. Sie hatte so wunderbare Erinnerungen und war glücklich, zur Zaubergesellschaft zu gehören. „Eben, sie ist ein Kind und noch lange nicht erwachsen. Sie kann solche Entscheidungen nicht alleine treffen", protestierte ihre Mutter heftig. „Ich möchte das Beste für meine Tochter, David. Du etwa nicht?" „Doch natürlich, Jane. Wo denkst du nur hin? Trotzdem denke ich, dass das Hermines Entscheidung ist und auch bleiben soll. Sie ist in der magischen Gesellschaft angesehen, ist in der magischen Welt bereits volljährig." David Granger war, im Gegensatz zu seiner Frau, sehr interessiert, was Magie betraf und hatte auch Hermine sehr genau zugehört, als sie erzählte, dass das magische Recht besagte, dass man mit siebzehn volljährig war. „Aber nicht in der normalen Welt!", giftete Jane. „Hier, in unserer Welt, David, wird sie erst in zwanzig Tagen volljährig." Hermine schüttelte hinter der Wand ihren Kopf. Ihre Mutter war fürchterlich. Man hätte sie mit Reinblütern gleichsetzen können. Mit dem Unterschied, dass diese die Muggelwelt hassten und ihre Mutter zwar die Zauberwelt nicht hasste, aber auch nicht überzeugt davon war. Sie sah das Böse in dieser Welt. Sie misstraute dieser Welt – Hermines Welt –, weil Jane diese Welt nicht kannte und sie der Auffassung war, allem zu misstrauen, das man nicht kannte. Das war schon immer so und ihre Mutter würde dieses Charakteristikum nicht ablegen. „Mum, ich glaube, ich kann für mich selbst entscheiden." Hermine trat von der Wand weg und betrat die Küche. Jane Granger drehte sich daraufhin um. „Ach, wirklich? So, wie du entschieden hast, uns einfach zu verzaubern und nach Australien zu schicken?" Okay, ihre Mum war noch sauer, weil Hermine sie mit dem Obliviate belegte, weil sie ihre Eltern schützen wollte. Wieso war sie so garstig deswegen? Nur, weil Hermine ihnen diese Entscheidung abgenommen hatte, um ihre Eltern vor dem Tod zu schützen? War sie deswegen so widerspenstig? Hermine wollte ihre Eltern schützen. War das so verwerflich? Dachte ihr Mutter, Hermine hätte kein schlechtes Gewissen gehabt? War ihre Mutter so borniert und glaubte, dass sie – weil sie Muggel waren – sicher gewesen wären? Gerade weil sie Muggel waren, waren sie für Voldemort ein leichtes Ziel. Gerade weil Hermine mit Harry Potter befreundet war, waren ihre Eltern wertvoll. Wertvoll im Sinne von, dass Voldemort ihre Eltern hätte entführen und foltern können, um an Hermine und im schlimmsten Fall auch an Harry heranzukommen. Wieso verstand ihre Mutter diese Angst, diese Sorge, die Furcht und die Beklommenheit nicht? Mehrmals entschuldige sich Hermine, als sie ihre Eltern zurück nach London gebracht hatte. War irgendwann nicht auch einmal der Zeitpunkt gekommen, an dem ihre Mutter Ruhe geben konnte? Oft empfand Hermine ihre Mutter als herzlos, als ob sie keinerlei Empathie für jemand anderen empfinden konnte. Wüsste sie es nicht besser, würde Hermine behaupten, ihre Mutter wäre mit Draco Malfoy verwandt... Wieder zogen sich ihre Augen zusammen, als sie an Draco Malfoy dachte... Dieser... Dieser... „Hermine!", holte Jane ihre Tochter aus den Gedanken zurück und blickte ihr entgegen. Sie nahm eine Teekanne, füllte Wasser ein und stellte sie auf den Herd. „Ich rede mit dir!", ergänzte sie, als sie ein Teeei aus dem Schrank nahm. „Ja, Mum. Genau. Als ich euch nach Australien verschifft habe, habe ich nur an mich gedacht." Hermine war verletzt. Ja, fast denunziert. Erst bekam sie dieses dämliche Abzeichen nicht und nun begann auch ihre Mutter mit Vorhaltungen, mit Vorwürfen, ja, Hermine regelrecht anzuklagen. Jane schüttelte ihren Kopf, hob eine Hand in die Luft und ließ sie sofort wieder sinken, bis die Hand gegen ihr Becken stieß. „Worüber habt ihr gesprochen?", fragte Hermine, als sie die Küche weiter betrat und sich neben ihren Vater setzte. Sie beobachtete ihn dabei, wie er seine morgendliche Zeitung konzentriert durchblätterte. „Ich denke, es wäre besser, wenn du nach Oxford wechselst." Jane stützte ihre Hände auf der Küchenzeile ab und betrachtete ihre Tochter ausgiebig. „Oxford?", wiederholte Hermine mit skeptischem Blick. Das meinte ihre Mutter doch ironisch, oder? Sie machte Witze. Sie wollte Hermine ärgern, weil sie immer noch sauer war. „Ja, Oxford! Du sollst was anständiges lernen, Hermine!" Auch Jane nahm am Tisch Platz und starrte zu ihrer Tochter. Sie hoffte, sie könnte sie mit ihrem Blick manipulieren. Es wäre einfach das Beste für Hermine. „Mum, stopp. Ich glaube, unsere Vorstellung, was das Beste für mich ist, gehen ziemlich auseinander", wehrte sie sich. Nein, sie würde nicht nach Oxford gehen. Heute nicht, morgen nicht und auch in drei Monaten nicht. Sie würde morgen durch die Barriere zwischen Gleis neun und zehn gehen und mit dem Hogwarts-Express nach Hogwarts fahren. Was sonst? „Ich lerne in Hogwarts was anständiges." Waren ihre Zensuren nicht Beweis genug? Sie würde auch die lästigen Artikel im Tagespropheten als Beweis durchgehen lassen, die ständig Hermines Brillanz glorifizierten. Ihre Mutter war nicht überzeugt. Das sah Hermine. Sie sah, wie ihre Mutter beleidigt aufstand, die Kanne vom Herd nahm und das Teeei im Innern der Kanne verschwinden ließ. „Ich werde nicht nach Oxford gehen, nur weil du möchtest, dass ich Zahnmedizin studiere!" Das war nicht zu fassen! Missmutig schaute sie zu ihrem Vater, der aufsah und den Wink mit dem Zaunpfahl verstand. Er klappte seine Zeitung zu und nahm die Brille vom Gesicht. „Jane, es ist ihre Entscheidung. Wenn sie nach Hogwarts möchte, und davon bin ich überzeugt, dann wird sie auch gehen. Haben wir unsere Tochter nicht zu einem eigenständigen Menschen erzogen, der seine eigenen Entscheidungen treffen und Fehler selbst machen muss?" Angespannt schaute David Granger zu seiner Frau auf, die mit verschränkten Armen vor der Spülmaschine stand und beleidigt aus dem Fenster sah. „Jane, Hermine möchte keine Zahnmedizin studieren. Wieso bist du so uneinsichtig?" Auf ihren Vater war Verlass. Ihr Vater akzeptiere immer ihre Entscheidungen, respektierte ihre Wünsche und stand zu Hermine, was sehr erleichternd war. Auch wenn Hermine sich durchaus gegen ihre Mutter zur Wehr zu setzen wusste, war sie doch froh, ihren Vater im Rücken zu haben. „Und wieso bist du so uneinsichtig, wenn es um das Wohl unserer Tochter geht?" „Bin ich nicht, aber ich spreche unserer Tochter genug Intelligenz zu, dass sie am besten weiß, was sie will, wo sie will und wann sie es will!" David saß gelassen auf seinem Stuhl. Vor ihm dampfte eine Tasse Kaffee, die er jedoch bis jetzt nicht angerührt hatte. „Du bist unmöglich, David." Beleidigt ließ sie die Teekanne außer Acht und ging aus der Küche. Hermine vermutete, dass sie nun ins Bad flüchtete, sich für die Arbeit fertig machen wollte und anschließend im Auto auf ihren Mann warten würde. Hermine stieß die angestaute Luft aus, die sie die ganze Zeit über angehalten hatte. Eine Diskussion mit ihrer Mutter war immer anstrengend, weil ihre Mutter glaubte, immer alles besser zu wissen. Hinzu kam, dass sie immer Recht behalten wollte. In Konstellation mit ihrer eiskalter Art, machte genau dieses Verhalten ihre Mutter zu einem unausstehlichen Menschen. Zu einer Rabulistin und Pedantin. „Danke, Dad, aber ich hätte das auch alleine geschafft", grinste Hermine ihm entgegen. „Ich weiß, Schatz." Behutsam strich er über Hermines Rücken. „Ich finde deine Entschlossenheit gut. Wie sagen die Jugendlichen heutzutage? Zieh dein Ding durch?", lächelte ihr Vater ihr entgegen und ballte die Hand zur Faust, wartete darauf, dass seine Tochter es ihm gleich tat und schlug dann gegen ihre Faust. „Winston Churchill sagte einmal, dass man keine Probleme löst, die man auf Eis legt. Deine Mutter wird sich beruhigen, Hermine. Soll ich dich morgen zum Bahnhof fahren?" Sie mochte die Art ihres Vaters. Immer, wenn sie traurig war, kam er mit einem Zitat und heiterte sie damit auf. Ihr Vater war, neben Harry, Ginny und Ron, ihr ruhender Pol. Ein Mensch, in dem sie immer Rückhalt finden würde. „Oh nein, musst du nicht. Ich werde zum Bahnhof apparieren und mich dort mit Harry und Ron treffen." „In Ordnung." Mit einem letzten Lächeln senkte er seinen Kopf und las seine Zeitung weiter. Auch er würde sich gleich fertig machen und gemeinsam mit seiner Frau, die sicher gleich im Auto sitzen würde, zur Arbeit fahren. „Ich werde noch schnell zur Winkelgasse apparieren und ich denke, dass ich zum Abendessen wieder hier sein werde." Sie stand auf und ging nach oben in ihr Zimmer. Sie würde sich erst duschen, sich anziehen und dann durch die Winkelgasse streifen. Zuletzt war sie – in Bellatrix' Gestalt - dort, als sie mit Harry und Ron in Gringotts eingebrochen war, um einen Horkrux ausfindig zu machen. Sie freute sich darauf, endlich wieder durch die Straßen zu schlendern, vor Geschäften stehen zu bleiben und sich die Waren im Schaufenster anzusehen. Auch fragte sie sich, wie es jetzt in der Winkelgasse aussah. Die Konjunktur erholte sich, die Konjunkturzyklen waren nicht mehr verzerrt und für das nächste Jahr prophezeite man eine Expansion und einen Boom. Eine Rezession wurde nicht einmal erwähnt und die Menschen fingen an, ihre Welt wieder aufzubauen, indem neue Geschäfte eröffneten, um die Wirtschaft immer weiter anzukurbeln. Nach der Dusche streifte sie sich das Handtuch von ihrem Körper und zog sich eine dunkle Jeans, Turnschuhe, ein graues T-Shirt und eine luftige Strickjacke an. Wieso sie sich nicht mit Magie trocken zauberte? Sie wollte nicht gänzlich unabhängig von der Magie sein. Sie dachte wieder an Malfoy... Ob er überhaupt vierundzwanzig Stunden ohne Magie auskam, oder ohne Hauselfen? Um ihrer Mutter bis zum Abendessen nicht mehr über den Weg zu laufen, beschloss sie, von ihrem Zimmer aus direkt in die Winkelgasse zu apparieren. Hermine schnappte sich ihren Geldbeutel, in dem sich der Schlüssel ihres Verlieses befand und verschwand aus ihrem Zimmer. Sicher landete sie in einer Seitenstraße, nahe der Nokturngasse. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie sah, was für Kreaturen die Gasse entlang spazierten. Einmal war sie auch dort unten, als sie mit Harry und Ron – man mochte es kaum glauben, dass sie wieder über diese Person nachdachte – Draco Malfoy verfolgten. Wieso dachte sie heute soviel über diesen Idioten nach? Ob es daran lag, dass sie ihn morgen zum ersten Mal wieder sah und das gleich ein ganzes Schuljahr lang? Höchstwahrscheinlich. Eigentlich müsste dieser... dieser Sack lebenslang Hausverbot in Hogwarts erhalten. Er hatte es so verdient! Für alles einfach. Sie wollte nicht einmal, dass er Hausverbot bekam, weil er sie jahrelang immer diffamierte und beleidigte. Nein, sondern weil er zu den Todessern gehörte. Er folgte Voldemorts Gruppierung, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Er lebte nach den Regeln dieser Barbaren. Alleine diese Gedanken machten sie wütend, trieben sie fast zur Weißglut. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkte, wie sie sich einer Person näherte, in die sie unausweichlich laufen würde, da auch diese Person mit dem Rücken zu ihr stand und demnach keinerlei Möglichkeit bestand, Hermine auszuweichen. Vielleicht würde er auch gar nicht in Hogwarts auftauchen, dachte Hermine. Merlin, sie ärgerte sich, dass er plötzlich so präsent in ihren Gedanken war. Vielleicht hatte Malfoy soviel Anstand und wiederholte sein siebtes Jahr nicht? Das wäre - „Autsch", stieß Hermine aus, als sie gegen einen harten Widerstand lief. Sie blickte ruckartig auf. Schwarzer Umhang, breiter Rücken. Ihr Kopf wanderte höher. „Entschuldigen Sie, ich -", aber sie hielt abrupt inne. Diese Haare... Diese blonden Haare! Nein! Nein, sie würde ihn jetzt nicht auch noch hier sehen? Nein, er beanspruchte schon ihre Gedanken, weil sie so wütend auf ihn war. Nein, nein, nein! Merlin wollte ihr wirklich einen Denkzettel verpassen, dafür, dass sie gedankenverloren durch die Winkelgasse lief. Auch die angerempelte Person drehte sich um, da ihm die Stimme vertraut vorkam. „Granger." Merlin, warum? Ihren Kopf legte sie in ihren Nacken. Sie schaute hinauf in den Himmel. Er war heute so klar und keine Wolke hatte sich gebildet. Es hätte ein so schöner Tag werden können... „Was ist?", knurrte er ungehalten. „Beende deinen Satz!", forderte er immer noch knurrend. Nun blickte Hermine wieder in seine Richtung. Wie konnte er so unverschämt sein? Okay, sie hätte aufpassen können, aber so affektiert auf sein Recht zu bestehen? Das war... Das war... Ja, das war typisch Draco Malfoy. Wieso überlegte sie überhaupt noch? Mit erhobenem Haupt wollte sie an ihm vorbeimarschieren, bis sie zurückgehalten wurde. „Ich warte!" Seine Hand berührte ihre Schulter, was er selbst als sehr ungewöhnlich empfand. Er wollte also, dass sie sich entschuldigte? Sicher wollte er das, aber nach diesem Auftreten, der Hermine deutlich zeigte, dass er sich keinen Deut gebessert hatte, würde sie sich gewiss nicht entschuldigen. „Worauf?", fragte sie ungeniert. Ganz unverbindlich. Als ob sie nicht wüsste, wovon er sprach. Draco musterte ihre Erscheinung und feixte. Pansy, Gregory und Blaise, die neben ihm standen, waren still. Keiner der Drei gab einen Laut von sich. „Auf ein Eingeständnis? Eine Entschuldigung, aufgrund deiner Desorientierung? Wie wäre es damit, denn, das wolltest du doch tun, richtig? Dich entschuldigen." Sein Kopf neigte sich zur Seite, ehe er sie blitzschnell losließ. Hermine taumelte zurück, durch den Druck, den er durch den Stoß auf sie ausübte. „Draco, hör auf!", verlangte Pansy und schlug ihren Ordner gegen seinen Oberarm. „Sei still, Pansy", fauchte Draco, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Sein hasserfüllter Blick galt nur Granger. Seine schiefergrauen Augen bohrten sich fast in ihre Haut. Auch Hermine war sprachlos, dass ausgerechnet Pansy einschritt, ihm ihren Ordner gegen den Arm schlug und verlangte, dass er aufhörte. Ihr Blick war starr auf das Mädchen mit den kurzen, schwarzen Haaren gerichtet. „Siehst du, Pansy? Auch Granger denkt, dass du nicht ganz richtig tickst! So schaut sie jedenfalls", sprach Draco weiter. „Du bist ein Idiot", keifte Pansy, wandte sich ab und verließ gemeinsam mit Gregory, den sie am Arm mit sich zerrte, die Gruppe. Draco verstand nicht, weshalb sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen und einen Neustart wagen wollte – in Hogwarts. Mit Gregory! Sie beide beschlossen, sich in ihrem letzten Jahr anzustrengen, einen guten Abschluss zu absolvieren und arbeiten zu gehen. Sie wollten nicht mehr nach diesen Idealen leben, die beinahe ihr beider Leben zerstört hätten. Dracos Blick war immer noch auf Granger gerichtet. Er tastete sich mit seinen Augen von oben nach unten. Er betrachtete den Körper, durch dessen Adern zwar rotes Blut floss, das sie aber nicht zu einer wahren Hexe machte. Er hasste es, dass Muggelgeborene immer Vorrang hatten. Immer bevorzugt wurden, obwohl es nur den Reinblütern zu verdanken war, dass Zauberer nicht schon lange ausgestorben waren. Drachenmist! „Also, was ist?" „Ja, ist ja schon gut. Es tut mir leid", erwiderte Hermine enerviert. Mit keiner Silbe war diese Entschuldigung ernst gemeint. „Nochmal. Dieses Mal mit mehr Ehrlichkeit", befahl er herrisch. Nur weil er halbwegs bekehrt wurde, Potter für ihn und seine Familie aussagte, hieß das noch lange nicht, dass er Potters kleinem Häschen auf ewig dankbar sein musste, geschweige denn, ihr mit Respekt gegenüber treten musste. Er hatte nie verlangt, dass Potter für ihn aussagte. Merlin, verdammt! Er stand in Potters Schuld, richtig? Ja, aber nicht in Grangers Schuld. Malfoy hatte nicht mehr alle Nadeln an der Tanne. Sie schüttelte ihren Kopf und marschierte an ihm vorbei. „Na dann. Bis morgen, Granger!", rief er ihr hinterher und steckte belustigt seine Hände in seine Hosentaschen. Hermine wirbelte herum. Er würde also tatsächlich zurückkommen... Sie wollte etwas erwidern, auf seine Provokation eingehen, doch alles, was passierte, war, dass sich ihr Mund nur öffnete, ohne dass ein Laut ihre Kehle verließ. Sie gebot sich zur Räson. Das musste sie, ehe sie etwas aussprach, was sie vielleicht bereuen könnte. Denn im Gegensatz zu Malfoy, besaß Hermine Manieren. „Willst du was sagen?", rief er wieder zu ihr herüber, aus wenigen Metern Entfernung. Er stemmte belustigt seine Hände in die Hüften und wartete auf eine Antwort ihrerseits. Doch alles, was er sah, war ihr offener Mund. „Offenbar nicht", lachte Draco, schlug Blaise auf die Schulter, um ihm zu zeigen, dass er gehen wollte – zurück in den tropfenden Kessel, um den letzten Ferientag noch zu genießen. Oh! Ein wirkliches Aas war er, war es immer gewesen. Malfoy würde das als Triumph deuten, weil er sie hatte stehen lassen. Dabei war das ihr Plan gewesen. Ihr Plan, verflucht! Sie wollte ihn stehen lassen. Nicht umgekehrt. Er durfte nicht einmal mehr denken, dass er über irgendetwas – Situationen, Taten oder sonst was – die Macht haben würde. Er sollte sein letztes Schuljahr beenden – wozu er, ihrer Meinung nach, jegliches Recht verloren hatte, als er sich den Todessern anschloss – und sie einfach in Ruhe lassen. Gut, dass sie doch nicht zur Schulsprecherin ernannt wurde, wenn sie daran dachte, dass Malfoy ebenfalls Schulsprecher hätte werden können. Nein, das hätte zu zwei Möglichkeiten geführt, denn bei ihrem Glück wären er und sie sicher zusammen zu Schulsprechern gewählt worden und sie sah sich schon, dass sie ihn anflehte, das Amt niederzulegen oder aber, wie er ihr das Leben zur Hölle machte, was er auch so tun würde. Nur jetzt konnte er das eben nur auf den Fluren oder im Unterricht. Wären sie Schulsprecher, hätte er jederzeit die Möglichkeit, hätte viel mehr Freiraum, sie anzugreifen oder ähnliches... Gott, ihr Kopf tat weh, als sie sich so viele diffuse Gedanken wegen Malfoy machte. Sie sollte schleunigst das erledigen, weswegen sie auch hier war. Sie drehte sich um, nachdem sie Malfoy und Zabini wenige Sekunden nachsah, bis auch sie in der Menschenmenge verschwunden waren. Stattdessen erfreute sie sich daran, dass die Menschen wieder die Öffentlichkeit aufsuchten und keinerlei Angst mehr ausgesetzt waren. „Glaubst du, sie ist Schulsprecherin?", fragte Blaise, als er neben Draco ging und sie sich immer weiter durch die Winkelgasse schlichen. Seinen Umhang hatte er sich galant über seinen Arm gelegt. „Mit Sicherheit. Ich frage mich eher, wieso sie alleine hier ist?" Wo waren Potter und das Wiesel? Sonst waren sie doch auch immer zusammen, klebten aneinander und machten alles zusammen. „Was solls. Potter und Weasley hatten wohl keine Lust", warf Blaise belanglos ein. „Möglich", grummelte er. Draco wollte gar nicht über sie nachdenken. Es reichte schon, dass er sie ab morgen wieder ein Jahr sehen musste. Ihm war klar, dass Granger ihr letztes Jahr definitiv wiederholen würde. Sie war eine unbelehrbare Besserwisserin, ein nerviger Bücherwurm. Natürlich würde sie die Schule mit Bestnoten abschließen wollen. „Wäre von Vorteil, wenn du dich einfach mit ihr arrangierst." Blaise zog die Tür des tropfenden Kessels auf und ließ Draco den Vortritt. „Und was lässt dich denken, dass ich mich mit ihr arrangieren sollte?" Wirklich lustig. Er sollte sich mit Granger arrangieren, weil sie jetzt gegen ihn gelaufen war und er das Gespräch mit ihr beendet hatte? Irgendwas stimmte hier nicht. „Was soll das?" „Ich meine ja nur", erwiderte Blaise und hob unschuldig seine Hände. „Es wäre einfach ein guter Anfang, nach allem, was passiert ist – zwischen dir und ihr." „Augenblick! Meine Differenzen mit Granger gehen dich nichts an. Ich werde sie nicht anders behandeln, als sonst auch. Außerdem lenkst du ab!", giftete Draco, als sie sich an einen Tisch setzten, der weiter abseits stand. „Dann ignoriere sie wenigstens. Ich -" Wie begann man so ein Gespräch? Wie erklärte man seinem besten Freund, was in den Ferien passiert war? „Spuck es aus." Draco war nur noch mehr genervt. Diese Wandlung, die alle durchlebten, kotzte ihn an. Das ganze Verhalten grenzte eher an Heuchelei, statt wirklicher Einsicht, dachte Draco. „Ich bin mit Ginny Weasley zusammen, was bedeutet, dass du Granger öfter sehen wirst." Nun war es raus, aber Draco war auch Blaises Freund. Freunde erzählen sich doch solche Dinge, die das Leben veränderten, oder? Es gab kein zurück mehr. Nun musste er sich Draco und seinem misstrauischen, skeptischem und wütendem Blick stellen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)