Hunter of Darkness von Plotchaser (Schattenspiel) ================================================================================ Kapitel 32: Zweiunddreißig --------------------------  Die Stunden vergingen, während ich schlief, und als ich das nächste Mal erwachte war ich schweißgebadet. Ich hatte schlecht geträumt, mein Kopf dröhnte, als hätte ich Party gemacht – nicht, dass ich wüsste, wie sich das anfühlte – und ich fühlte mich immer noch völlig gerädert. Mürrisch setzte ich mich in meinem Bett auf und ließ den Blick durch mein Zimmer wandern. Wo war Mishka? Nach seiner Wärme tastend griff ich neben mich. Sein Platz war noch immer warm, also drehte ich den Kopf weiter, bis ich die Tür im Blick hatte, welche ein Stück weit offen stand. War er wirklich ohne mich fort gegangen? Das hatte er noch nie getan. Tja, und für gewöhnlich hatte ich auch keinen Unterzucker und lag den ganzen Tag schlafend im Bett. Seufzend quälte ich mich aus dem Bett, drückte die Tür ins Schloss und warf meine Schlafsachen in die Ecke, ehe ich eine Katzenwäsche in meinem kleinen Bad durchführte und mir etwas anderes anzog. Noch während ich mein Zimmer durchquerte, klopfte es plötzlich an der Tür. Misstrauisch blieb ich einen Augenblick lang stehen, bis ich mich doch dazu entschied, die Tür zu öffnen. Wobei mir diese aus der Hand gedrückt wurde, als Mishka sich durch den Spalt schob, damit er um meine Beine herumstreifen konnte. Jedoch war es nicht Mishka gewesen, der angeklopft hatte, sondern Damien, der etwas unschlüssig im Türrahmen stehen blieb, während Sammy hinter ihm auf und ab sprang. „Wie geht’s dir?“ Meine Schultern zuckten ganz automatisch. „Ich hab Kopfweh...“ Der Blick meines Gegenübers wandelte sich bei meinen Worten, so als hätte er eigentlich mit etwas schlimmerem gerechnet. „Dann sollten wir was essen gehen. Du hast den ganzen Tag verschlafen.“ Skeptisch musterte ich das Gesicht des Rothaarigen, doch nickte ich langsam und trat zu ihm auf den Flur. „Ich komm mir vor, als wäre ich ein Hungerhaken den man ans Essen erinnern muss...“ „Na ja...“ Damiens Blick wanderte an mir hinunter. „Woah! Willst du etwa sagen, dass ich abgemagert bin?“ Ich gab dem Größeren einen leichten Stoß gegen die Schulter, sodass er einen Schritt beiseite taumelte. Als er wieder zu mir zurück kam, grinste er nur hämisch. „Na, du mich auch...“ Mit gespieltem Trotz im Gesicht schüttelte ich den Kopf und hängte mich bei ihm ein. „Und, was hast du den ganzen Tag so gemacht?“ Damiens Finger legten sich über meine und mein Blick blieb an ihnen hängen, während er im Plauderton anfing zu erzählen. „Dies und das. Hauptsächlich habe ich mir aber von allen Seiten was anhören dürfen, worauf ich bei dir achten soll.“ „Hm? Wegen dem Unterzucker?“ „Jepp. Was die Anzeichen sind, wie ich dir helfen kann und so weiter. Und wie wir deinen Zuckerpegel so hoch halten, dass sich dein Schatten wahrscheinlich schneller wieder regenerieren kann.“ Hellhörig geworden hob ich den Blick an und musterte Damiens Sommersprossen, da seine grünen Augen auf den Weg vor uns gerichtet blieben. „Ich hab einen ganzen Essensplan für dich bekommen. Und ich hoffe, dass ich ihn nicht ständig aus der Tasche holen muss, verstanden?“ Nun wandte er sich doch an mich, wobei eine seiner Augenbrauen warnend gesenkt war. Sein leicht angehobener Mundwinkel strafte seinen Blick direkt Lügen. Als wir in diesem Moment jedoch die Kantine betraten wanderten meine Augen auf der Stelle wieder nach vorne. Es war lauter als gewöhnlich und der Grund dafür war offensichtlich: Der Raum war gefüllt mit Leuten. Die meisten davon kannte ich nicht und ich spannte mich unwillkürlich ein wenig an, während ich meine Hände von Damien löste und sie in die Hosentaschen steckte. „Wer sind die?“ Damiens Augen huschten über die gefüllten Sitzbänke, bevor er einen freien Platz an der Wand ansteuerte. Trotzdem blieben seine Augen auf die Fremden gerichtet. „Das sind Hunter aus einer anderen Gilde.“ Als wir den freien Platz erreichten bemerkte ich erst, dass an dem Tisch bereits andere Personen saßen. Nur gehörten diese zu unserer Gilde. Auch, wenn ich bisher noch kein Wort mit ihnen gewechselt hatte, war es für mich eine Erleichterung, dass es niemand aus der fremden Gilde war. Den Mann neben mir hatte ich schon oft bei Daisy am Tisch gesehen, die anderen waren eher flüchtige Begegnungen, doch hielt ich mich nicht damit auf, alle genauer zu betrachten, vor allem nicht die, die sich am anderen Ende des Tisches befanden. Während ich mich setzte, blieb Damien noch einen Moment stehen und ließ den Blick erneut wandern. Er wirkte angespannt, doch überspielte er das im nächsten Moment damit, dass er mich kurz anlächelte. „Ich hol' dir was zu essen.“ Als ich zum Protest ansetzte hob der Kupferhaarige jedoch nur die Hand. „Ich hab' deinen Essensplan im Kopf. Bin gleich wieder da.“ Und schon war er weg und ließ mich zurück, während Sammy, so brav wie selten, neben ihm her lief. Doch erinnerte Mishka mich mit einem ungestümen Rippenstoß daran, dass ich nicht alleine war. Mit einer erhobenen Augenbraue ergriff ich den breiten Schädel des Katers, wackelte diesen ein wenig herum und kraulte dann mit den Fingerspitzen seinen Kiefer. Genüsslich brummte das Wesen und ließ die Augenlider ein wenig sinken. Doch seine Ohren zuckten weiterhin wachsam in jede Richtung, aus der ein Geräusch kam. Eine Weile blieb ich so sitzen, konzentrierte mich auf meinen Partner und schaffte es sogar, mich von der Unruhe wegen der Fremden abzulenken. Doch blieb es nicht lange so ruhig. Plötzlich jaulte ein Wesen auf und Mishkas und mein Blick fuhren direkt in Richtung Buffet. Sammy hatte die Flügel schützend über sich erhoben und duckte sich hinter Damien, der mit abwertendem Blick vor einem Scherbenhaufen stand. Ihm gegenüber stand eine bildhübsche Frau, deren lange blonde Haare mit rosa Strähnen durchzogen waren. Ihr Blick lag überheblich auf meinem Wächter und als sie mit dem Finger an seine Brust tippte, knallte etwas in mir durch. Was auch immer sie da tat, das durfte sie nicht! Während ich von meinem Platz aufsprang, bekam ich nur am Rande mit, dass hinter mir weitere Stühle verrückt wurden. Doch kümmerte ich mich nicht weiter darum, als ich auf das Blondchen zu stapfte, Mishka grollend direkt neben mir. Meine Augen fixierten ihren Finger, der immer wieder auf Damiens Brust tippte, bis ich endlich neben ihr stand, ihre perfekt manikürte Hand ergriff und mit einem Ruck von ihm weg zog. „Nimm' die Finger von ihm...“ Meine Stimme war bedrohlich leise, während ich zu der Größeren aufsah und fester als nötig ihre Hand drückte. Nur ein leichtes Zucken ihres Augenlids deutete darauf hin, dass der Druck definitiv nicht angenehm war, ehe sie meine Hand von ihrer weg schlug. „Was willst du denn, du Gartenzwerg?“ Herausfordernd hob ich das Kinn an und verengte die Augen, während Mishka sich zwischen mich und Damien stellte. „Tja, die Frage sollte ich wohl eher dir stellen, Bohnenstange. Was willst du von meinem Wächter?“ Ein belustigtes Glucksen kam von der Blonden, als sie über mich hinweg zu Damien schaute. „Ach? Der abgebrochene Meter da soll also dein Erbe sein, Dame? Was kann die denn? Leuten in die Waden beißen?“ In dem Moment, in dem ich mich auf meine Gegenüber werfen wollte, griffen plötzlich zwei Paar Hände nach mir und fixierten meine Arme. Ein kurzer Ruck reichte, um zu wissen, dass ich mich nicht aus den Griffen der beiden befreien konnte, ohne mir die Schulter auszurenken. Wütend schielte ich über meine Schulter, um die Zwillinge vom Vortag zu entdecken. Wo waren die denn so plötzlich hergekommen? Waren sie mit mir am Tisch gesessen? „Lasst mich los!“ „Nein“, die Antwort des Emo-Jungen kam schnell, jedoch war seine Stimme dünn, so als hätte er vor etwas Angst. Währenddessen redete hinter uns Damien auf Mishka ein, dass dieser sich beruhigen sollte. Doch ertönte da auch schon wieder die Stimme der Fremden und ich fuhr direkt wieder zu ihr herum. „Genau, lasst sie doch los, bevor sie noch anfängt zu weinen. Und so etwas schwächliches will ein Erbe sein.“ Nur eine schnelle Bewegung und mein Bein fuhr in die Höhe, den Stich in der Schulter bekam ich nur am Rande mit. Glück für das Püppchen, dass die Zwillinge ein gutes Reaktionsvermögen hatten, sonst hätte dieser Tritt mit Sicherheit gesessen. Doch die beiden zogen mich einen Schritt weiter von ihr weg, während meine Augen finster auf den goldenen Augen meiner Gegenüber verblieben. Hass war noch das mindeste, das ich für diese Person empfand, und dabei kannte ich sie nicht einmal. Was wohl oder übel bedeutete, dass sie selbst ein Erbe war. Während wir uns mit Blicken erdolchten, kamen schnelle Schritte auf uns zu und die Menge, die sich um uns herum gebildet hatte, teilte sich. Wobei alle die Blicke senkten und sich teilweise sogar von uns abwandten. Ein Prickeln in meinem Nacken verriet mir, wer da auf uns zu kam, doch wagte ich es nicht, den Blick von der anderen Frau zu nehmen. „Was ist hier los? Kristina.“ Im Augenwinkel erkannte ich, dass sich noch zwei weitere Personen bei dem Erben aufhielten. Doch nur eine von ihnen mischte sich ebenfalls in das Geschehen ein, indem sie sich mit strenger Stimme an meine Gegenüber wandte: „Callista, was ist das für ein Benehmen, das du hier an den Tag legst?“ Die Stimme der Frau schaffte es, dass die Angesprochene trotzig den Mund zusammenkniff und die Hände zu Fäusten ballte. Knurrend schoben sich die beiden Licht-Wesen Finleys zwischen uns und stierten uns in die Gesichter, doch keiner von uns war gewillt, den Blick vom anderen zu nehmen. Bis die fremde Frau sich neben meine selbst-erwählte Gegnerin stellte, ihr eine Hand auf die Schulter legte und sie mit Druck auf die Knie zwang. Zeitgleich trat mir jemand in die Kniekehle, sodass auch ich mich auf den Knien wiederfand. Erst, als wir beide auf dem Boden waren, nahm Callista die Augen von mir und starrte still auf den Boden zwischen uns und meine Schultern entspannten sich ein wenig. Ich blinzelte ein paar Mal, um meine Augen wieder zu befeuchten, während die Zwillinge meine Arme zaghaft ganz los ließen und einen Schritt zurück traten. Kurz blickte ich mich nach ihnen um und registrierte, dass auch sie auf die Knie gegangen waren, wohl um ihren Respekt doppelt zu zollen, nachdem sie das wegen mir bisher nicht hatten tun können. Damien saß ebenfalls auf dem Boden, doch krallten sich seine Finger noch immer in Mishkas Halsband, der wütend die Zähne zeigte, während Sammy die beiden mit ausgebreiteten Flügeln von uns abschirmte. Erst, als ich mir meines Umfelds soweit bewusst war, hob ich schließlich den Blick zu Finley an, der abwartend nur zwei Schritte von mir entfernt stand und auf mich hinab sah. Kurz hielt ich seinen Blick, doch schaute auch ich bald zu Boden und zwang mich dazu, meine Ruhe endlich wiederzufinden. „So, haben sich die Neulings-Erben also bereits kennen gelernt.“ Ich unterdrückte mit Mühe ein Schnauben und lauschte stattdessen, wie der Weißblonde neben mich trat. Nur einen Augenblick später legte sich seine Hand auf meine Schulter und ich zuckte leicht unter Schmerzen zusammen. Kaum merklich schob er seine Hand ein Stück zur Seite, sodass sie nicht mehr schmerzhaft auf meinem Gelenk lag, doch ließ er sie dort dann verweilen. „Kristina Piunova, deine Gegenüber ist die künftige Erbin der Sonnenlotus-Gilde, Callista Othonos. Sowie ihre Großmutter und derzeitige Erbin der Sonnenlotus-Gilde, Amaryllis Othonos. Sie werden eine Weile hier bleiben, also erwarte ich von euch beiden, dass ihr euch beherrscht, wenn ihr euch über den Weg lauft.“ Mein Kopf ruckte nach oben und ich blickte erneut in die funkelnden, goldenen Augen Callistas. Und schon war die Wut wieder zurück. „Wenn sie ihre Finger nicht von Damien lässt, garantiere ich für nichts.“ Ein leichtes Zucken der Finger auf meiner Schulter ließen mich widerwillig den Blick anheben. Finleys eisblaue Augen waren kaum merklich verengt und als ich seinem Blick zu der betagten Frau uns gegenüber folgte, ließ diese ihre Augen gerade zu ihrer Enkelin wandern. „Meine Enkelin wird sich zügeln und ihre Hände bei sich behalten, richtig, Callista?“ Wütend flog der Blick der Angesprochenen nach oben, doch noch ehe sie zum Protest anheben konnte, zuckte sie leicht zusammen und blickte rasch wieder zu Boden. „Ja...“ Ich vertraute nicht auf ihr Wort, dennoch wusste ich es besser, als dass ich jetzt auch nur irgendetwas gesagt hätte. Stattdessen wartete ich, bis der Erbe seine Hand von mir nahm und ich wieder aufstehen durfte. Nur mit Mühe wandte ich mich von Callista ab und Mishka und Damien zu. Mein ernster Blick entspannte sich und Damien ließ die Großkatze endlich los, sodass dieser auf mich zueilen und um meine Beine herum streifen konnte, bis er neben mir stehen blieb und ich eine Hand auf seinem Kopf ablegen konnte. Im Augenwinkel bekam ich mit, wie Callista sich trotzig abwandte und davon stapfte, während Damien langsam auf die Beine kam und nicht wusste, zu wem er eigentlich schauen sollte. Seine Augen huschten viel zu oft zu Callista, doch behielt ich meine Gedanken für den Moment für mich. Den kurzen Wortwechsel der beiden Erben in meinem Rücken ignorierte ich gekonnt und atmete tief durch, bis ich mich wirklich wieder im Griff hatte. Callistas Abwesenheit half mir enorm dabei. Als hätte Finley nur darauf gewartet, wandte er sich mir zu. Sein Blick wanderte zu meiner Schulter, dann zu den Zwillingen, von denen der Langhaarige ein wenig unruhig von einem aufs andere Bein trat. „Tut mir Leid.“ Überrascht flogen die Blicke aller zu mir. „Ich hab' euch allen Ärger gemacht.“ Der Blick des Erben war, wie gewöhnlich, nicht zu deuten. „Du hast vollkommen instinktiv auf einen fremden Erben reagiert, der sich in deinem Revier befindet und sich daneben benommen hat.“ Grübelnd zog ich die Augenbrauen zusammen. Ich wusste noch nicht einmal, was sie denn eigentlich getan hatte, außer dass sie Damien zu nahe gekommen war. „Aber, jetzt solltest du erst mal Thomas auf deine Schulter schauen lassen. Da hat dich wohl jemand ein wenig zu fest gehalten.“ Der Emo zog den Kopf zwischen die Schultern und murmelte eine leise Entschuldigung. Doch zuckte ich nur mit meiner gesunden Schulter und legte den Kopf leicht schief. „Hättest du locker gelassen, hätte ich sie getreten. Und nicht nur das...“ Die blassblauen Augen des jungen Mannes musterten mich überrascht und zurückhaltend zugleich. Und irgendetwas in mir rutschte an seinen Platz. Verunsichert wich ich seinem Blick aus, während sich ein seltsames Gefühl in meinem Innern ausbreitete und nickte schließlich dem Erben kurz zu, ehe ich mich abwandte. Was war das eben für ein Gefühl gewesen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)