Hunter of Darkness von Plotchaser (Schattenspiel) ================================================================================ Kapitel 24: Vierundzwanzig -------------------------- Die Tage vergingen und ich lernte mit Damien zusammen mehr über die Benutzung unseres Elements. Währenddessen legte sich Lorens große Abneigung Damien gegenüber auch immer mehr. Wenn wir von ihm unterrichtet wurden, kam immer öfter sein typisches Loren-Grinsen durch, ansonsten gab er sich recht neutral bei Damiens Anwesenheit. Außer Chester mischte sich in den Unterricht ein, dann konnte man sich schon einmal überlegen, ob man sich eine Portion Popcorn nehmen sollte, da der Blonde es gar nicht mochte, wenn der „Unfähige Spiritualist“ sich in seine Ausbildungsmethoden einmischte. Auch war ich mittlerweile zufriedener. Zufriedener mit mir selbst und mit unseren Fortschritten. Außerdem schienen mich die beiden Grinsebacken regelrecht anzustecken, wenn ich sie den ganzen Tag um mich herum hatte. Vielleicht war es auch der Wandel meiner Gesamtsituation, der mich so positiv beeinflusste, dass ich immer mehr selbst daran glaubte, dass ich vielleicht doch mit den richtigen Voraussetzungen geboren worden war, um das Schatten-Element zu beherrschen. Oder aber, das Nutzen meines Elementes löste die negativen Gefühle in mir auf, die sich in mir über all die Jahre angestaut hatten. Denn ich war richtig glücklich, etwas das ich schon lange nicht mehr gewesen war. Und, je mehr ich trainierte, um so besser konnte ich die innere Ruhe bewahren, um mein Element zielgerichtet zu nutzen ohne negative Einbußen. Nur morgens, wenn ich noch nicht wirklich wach war, verursachte ich mehr Chaos als geplante Anwendungen. Zum Glück hatten wir nur am vergangenen Wochenende morgens Unterricht gehabt. Ich ging davon aus, dass Loren und Chester solchen Unterricht, aus Sicherheitsgründen, in Zukunft überdachten. Vielleicht war das auch der Grund dafür, dass ich vorerst mit Schutzschilden und ähnlichen Verteidigungstechniken vorlieb nehmen musste. Was das Kämpfen betraf, konzentrierten wir uns darauf, dass Mishka sich die Fähigkeiten aneignete, mit denen ich ihn unterstützen konnte, damit er lernte sie eigenständig nutzen zu können, auch wenn dieser sich dagegen sträubte. Denn, im Gegensatz zu Guardian Supportern, konnten Sanctum Guards aus einem eigenen Magiepool schöpfen und das selbe Element nutzen, das auch ihr Partner besaß – und ich war mir ziemlich sicher, dass mich Loren irgendwann erwürgen würde, wenn ich unsere Fähigkeiten weiterhin mit Magie verglich. Doch im Allgemeinen vertrauten Chester und Loren mir und meinen Fähigkeiten mittlerweile so weit, dass ich keinen Geleitschutz mehr benötigte, wenn ich zur Uni ging, insofern es nicht gerade „kurz nach Kaffee“ war, was mittlerweile zu einer tatsächlichen Zeitangabe geworden war. Auch wenn ich auf dem Heimweg weiterhin Prim an meiner Seite hatte, immerhin hatte meine Mom es noch immer nicht aufgegeben, auf mich vor der Schule zu warten. So konnte ich ihr und möglichen Problemen entgehen, die Prim vorhersah. Erst, als wir den Termin vor Gericht hinter uns gebracht und ich eine Verfügung auf Näherungs- und Kontaktverbot, ebenso wie meine vorzeitige Volljährigkeit erwirkt hatte, blieben die Vorahnungen von Prim endlich aus, womit wohl auch die Nachstellungen meiner Mom aufhörten. Trotz allem traute ich dem Frieden noch nicht so ganz, weshalb Prim und ich weiterhin unsere kleine Tratschrunde hielten, ehe wir mit dem Taxi zur Gilde fuhren. Irgendwie wurde die schüchterne Prim in dieser kurzen Zeit zu einer Freundin, die ich nicht mehr missen wollte, auch wenn es mich vor ihrer festen Freundin noch immer gruselte.   Nun, 12 Tage nachdem ich Prim kennengelernt hatte, durfte ich die Wohnung meiner Mom betreten, um meine Sachen zu holen. Es war Samstag und ich hatte mich dazu entschieden, Chester und Damien mit zu nehmen, da ich nicht darauf vertraute, dass sich meine Mom an die Abmachung hielt, dass sie sich dem Haus fernzuhalten hatte, während ich da war. Die wenigen Sachen aus meinem Zimmer waren schnell gepackt und so suchte ich noch Kleinigkeiten in der restlichen Wohnung zusammen. Als ich gerade auf der Suche nach meinem Impfpass die Schubladen der Kommode im Flur durchwühlte, stieß ich auf einen Brief, der unter diesem lag. Neugierig betrachtete ich die Anschrift und das Datum des Poststempels, der schon ein wenig verblasst war, sodass man den Absendeort nicht mehr entziffern konnte. Es war das Datum meines Todestages und der Brief war handschriftlich an meine Mutter adressiert worden. Während mich ein ungutes Gefühl beschlich und ich den Brief aus dem Couvert nahm, schaute ich über meine Schulter. Chester und Damien waren noch dabei, meine wenigen Sachen auf Tetris-weise in den Kofferraum des dunklen Kombis zu bugsieren, also widmete ich mich dem Schreiben in meinen Händen.   Ich hatte dir eine einzige Aufgabe gegeben, Natascha. Und selbst das bekommst du nicht hin! Ich habe unter einer einzigen Voraussetzung zugestimmt, dass du mit Kristina wegziehst. Eine einzige Voraussetzung! Und was war das? Genau! Dass du darauf achtest, dass ihr nichts passiert! Dass sie auf gar keinen Fall stirbt! Und selbst das hast du nicht hinbekommen! Du weißt, was sie war. Du weißt aber nicht, was jetzt aus ihr wird... Du hättest auf sie aufpassen müssen! Alles, was ich für euch getan habe, was ich für Kristina getan habe, ist umsonst gewesen, weil du deine Aufgabe vernachlässigt hast! Ich hätte sie nicht bei dir lassen dürfen. Ich hätte mit ihr zusammen einfach untertauchen sollen, dann wäre sie sicher gewesen. Jetzt ist sie das nicht mehr. Und das ist alles deine Schuld! Versuch zumindest jetzt, auf sie aufzupassen, sonst werde ich sie doch zu mir holen... Sei dieses Mal nicht so nachlässig! Dorian   Erschüttert stand ich einen Moment lang da und starrte auf die Zeilen. Dorian war der Name meines Dads, was bedeutete, dass er noch am selben Tag von meinem Tod erfahren hatte. Obwohl ich ja offiziell nie gestorben war, sondern nur eine „Nahtoderfahrung“ gehabt hatte. Aber woher wusste er dann die Wahrheit? Und was bedeutete, dass meine Mom wusste, was ich war? Hieß das etwa, dass sie beide wussten, dass ich als Animalist geboren wurde? Aber, das bedeutete ja dann, dass... Erschrocken wich ich vor der Hand zurück, die mich an der Schulter berührte und wirbelte zu der Person herum, die mich aus den Gedanken gerissen hatte. Zwischen Damien und mir glänzte ein rauchig schwarzer Schild, den ich wohl aus Reflex gezogen hatte. „Was...? Krissy? Alles in Ordnung? Du... Was beunruhigt dich?“ Ich vermutete, dass Damiens Augen meine eigene Angst widerspiegelten, weshalb ich die meinen erst einmal schloss und mich etwas beruhigte. Währenddessen konzentrierte ich mich darauf, den Schild verschwinden zu lassen. Als ich wieder aufschaute, stand nun auch Chester in der Eingangstür und musterte mich misstrauisch. „Was ist passiert?“ Mishkas Brummen machte meine Unruhe nicht besser, weshalb ich dem Blick des Schwarzhaarigen auswich. „Ich“, ich faltete den Brief vorsichtig zusammen. „Das ist ein Brief von meinem Dad. Er... hat uns verlassen, als ich noch klein war. Ich hab nicht damit gerechnet, dass er von ihm ist...“ Weil ich den Blicken der anderen ausweichen wollte, wandte ich mich wieder der Kommode zu, tat so, als ob ich den Brief hineinlegte. Stattdessen schob ich ihn jedoch in meinen Impfpass und zog diesen Alibi-mäßig hervor, ehe ich die Schublade zu schob. Kurz verharrte ich mit den Händen an der Schublade und seufzte leise. Ich spürte schon wieder dieses drängende Gefühl, niemandem etwas von dem Inhalt des Briefes zu erzählen, so wie es bei der SMS vor zwei Wochen gewesen war, also würde ich auch das vorerst für mich behalten. Trotzdem wanderte der zusammengefaltete Brief nun, ungesehen in meinem Impfpass, in eine meiner Beintaschen, während ich mich umdrehte. „Na ja, der Impfpass war das letzte, was mir gefehlt hat. Wir können jetzt los.“ Auch wenn die anderen beiden mich besorgt anschauten, so schwiegen sie zu dem vorherigen Thema. Und so legte ich noch den Haustürschlüssel auf die Kommode und verließ mein ehemaliges Haus ein letztes Mal. Ich wollte mir jetzt erst einmal in Ruhe Gedanken über diese neuen Erkenntnisse machen und mir nicht weiter über das Auseinanderleben meiner Mutter und mir den Kopf zerbrechen. Und erst recht niemandem etwas erklären, das ich selbst nicht recht verstand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)