Hunter of Darkness von Plotchaser (Schattenspiel) ================================================================================ Kapitel 20: Zwanzig ------------------- Als ich die Tür öffnete, die mir der Erbe genannt hatte, blieb ich erst einmal stehen und schaute mich in dem Raum um, der an ein Juweliergeschäft erinnerte. Hinter einer Stellwand, die einen kleinen Teil des hinteren Raumes vom vorderen trennte, konnte ich den schmalen Rücken einer Frau erkennen, die auf einem Stuhl saß. Vorsichtshalber klopfte ich noch einmal an den Türrahmen, bevor ich ganz eintrat, doch schien die Frau mich noch immer nicht zu hören. Skeptisch warf ich Mishka einen Blick zu. „Entschuldigung?“ Als auch jetzt keine Antwort kam, ging ich kurzerhand auf den Tresen zu, um mich etwas darüber zu lehnen und um die Trennwand herum zu schauen. Dort saß eine Frau mit strähnigen, braunen Haaren, die sie zu einem zerzausten Dutt hochgesteckt hatte, über einen sperrigen Tisch gelehnt, auf dem verschiedene Werkzeuge herum lagen und Maschinen standen, die wohl zur Bearbeitung von Schmuck dienten. „Hallo?!“ Bei diesem Ausruf zuckte die Braunhaarige endlich zusammen und zog sich ihre In-ear-Kopfhörer aus den Ohren, als sie sich zu mir umwandte. In ihren blassbraunen Augen spiegelte sich Überraschung. „Oh, entschuldige, ich hab dich nicht gehört.“ Mit einem Lächeln stand meine Gegenüber auf und kam an den Tresen. Kurzerhand musterte sie mich einmal von oben bis unten, dann strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem wirren Dutt gelöst hatte. Auf einem Schildchen, das sie an ihrem grauen Spaghettiträgershirt befestigt hatte, stand in kunstvollen Schnörkeln der Name Trisha. „Wie kann ich dir helfen?“ Insgeheim wunderte ich mich, wieso anscheinend alle Menschen hier rund um die Uhr zu arbeiten schienen. Egal, ob ich früh oder spät irgendwo eintraf, die Leute schienen in ihren Arbeitsräumen zu hausen. Vielleicht war das aber auch einfach nur so ein Ding von Spiritualisten, wenn ihre Fähigkeit mit ihrer Aufgabe hier drinnen zu tun hatte. „Ich bin Kris und ich soll mir mein Gilden-Logo besorgen.“ Ihr Lächeln wurde strahlender, als sie mich noch einmal musterte. „Was stellst du dir vor? Kette, Ring, Armband? Was spezielles? Oder soll ich dir erst einmal zeigen, was ich alles machen kann?“ Überrumpelt blinzelte ich zweimal schnell hintereinander und folgte dann mit einem Blick der Frau, die nun um den Tresen herum kam. „Gut, zu viele Fragen. Schau dich erst einmal um. Wenn du etwas findest, das dich anspricht, sag Bescheid“, sie deutete mit der Hand auf die rechte Wand, an der verschiedene Arten von Ketten aufgehängt waren und Auslagen mit diversen anderen Schmuckstücken standen. Geduldig blieb Trisha auf Abstand, als ich mich umschaute. Wie sollte man sich bei so vielen Schmuckstücken entscheiden, wenn man eigentlich kein großartiger Schmuck-Mensch war? Alles war irgendwie einzigartig, hatte seinen eigenen Charme. Mit neugierigem Blick kam Mishka neben mir zum Stehen und reckte den Hals ein wenig, damit er in die Auslage schauen konnte. Er musste meine Ratlosigkeit bemerkt haben und schien mich unterstützen zu wollen, denn er ging kurz vor der Wand auf und ab, bis er schließlich stehen blieb und den Kopf schief legte. Während seine Ohren leicht zuckten, griff ich nach dem breiten, braunen Lederarmband, an dem eine metallene Platte mit dem Silvermoon-Logo angebracht war, welches der Kater fixierte. Mishkas Blick war aufmerksam auf mich gerichtet, während ich das prunklose Leder betrachtete. „Ja, doch, nicht zu protzig und stört nicht unnötig.“ Ich konnte den Stolz in den silbernen Augen erkennen, als Mishka sich hinsetzte und die beiden Schwänze um seine Beine herum legte. Im nächsten Moment war Trisha auch schon neben mir. „Mhm“, machte sie leise und verschwand dann wieder hinter der Wand. Als sie zurück kam, hatte sie ein paar Lederarmbänder dabei, die verschiedene Brauntöne und Oberflächen aufwiesen, und legte diese auf die Theke. Noch bevor ich sie wirklich betrachten konnte, schob sie drei von ihnen in den Vordergrund. Zögernd legte ich das Armband in meiner Hand wieder zurück und ließ meinen Blick über das Angebot schweifen, das sie mir ausgelegt hatte. Die drei, die sie nach vorne gerückt hatte, gefielen auch mir persönlich am besten. Letztendlich entschied ich mich für ein etwas festeres, mattbraunes Lederband, das knappe 2 Zentimeter breit war. „Schön. Warte kurz, ich mach es dir gleich fertig.“ Und schon war die Braunhaarige wieder hinter der Trennwand verschwunden. Nachdem das Klacken von diversen Zangen verstummte, reichte sie mir schlussendlich das fertige Armband, doch ließ sie es erst nach kurzem Zögern los. „Mhm... Trägst du immer einen Gürtel?“ „Ähm... Ja?“ Irritiert schaute ich dabei zu, wie die Frau erneut verschwand und mit einem Gürtel, aus dem selben Leder aus dem auch das Armband bestand, in der Hand zurückkam, auf dessen Schnalle das Gilden-Logo prangte. „Wenn du willst, kannst du den auch noch haben. Würde gut aussehen.“ „Danke“, war das einzige, das mir dazu einfiel. „Ach, quatsch, das ist mein Job. Außerdem, wenn du irgendwann mal irgendwelchen Schmuck haben willst, komm einfach her. Ich mach nicht nur die Gilden-Logos und ich freue mich immer, über neue Aufträge.“ Ich lächelte etwas befangen und nickte kurz, als Mishka um mich herum streifte und so zum Gehen aufforderte. „Nochmals danke.“   Als ich nun endlich wieder die Mensa betrat, hatte ich meinen Gürtel bereits gegen den neuen getauscht und den alten, zusammengerollt, in eine meiner Beintaschen gesteckt. Das Armband an meinem rechten Handgelenk war zwar ungewohnt, doch irgendwie fühlte es sich auch gut an. Es war das Gefühl, dazu zu gehören. Und so trat ich auch mit einem leichten Lächeln an den Tisch, an dem die drei Jungs noch immer saßen und scheinbar auf mich gewartet hatten. „Na, wie ist es gelaufen?“ Damiens Blick wanderte von meiner Gürtelschnalle zu meinem Armband. Währenddessen zuckte ich mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ganz gut, schätze ich. Aber das ist alles ein wenig viel.“ „Was denn?“ „Na ja, dass ich ein Erbe bin, dass du mein Wächter bist, dass mich hier die ranghöchsten Tiere unterrichten.“ Auch wenn ich zuerst etwas gequält drein geschaut hatte, so grinste ich Loren und Chester nun an, wobei Loren ertappt mit den Schultern zuckte, ehe er das Thema wechselte. „Na ja, Unterricht hört sich doch gut an.“ Kurz zog ich die Augenbrauen zusammen, ehe ich doch eine anhob. „Das einzige, das bei dir hängen bleibt, ist das Wort Unterricht, wirklich?“ „Was denn, Kris? Dafür sind wir doch da? Um dich – euch – zu unterrichten. Also, was ist?“ Kopfschüttelnd grinste ich vor mich hin, als die drei nun aufstanden und Damien mir kurz seinen Arm um die Schulter legte. „Ich hab dir ja gesagt, du könntest ein Erbe sein.“ Und mit diesen Worten machten wir uns auf den Weg zu meinem üblichen Trainingsraum. Loren hatte recht, ich musste trainieren und gemeinsam mit Damien würde das bestimmt um einiges interessanter werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)