Hearts in a mirror cage von Aka_Tonbo (Steve/James/Bucky) ================================================================================ Kapitel 8: ----------- „In Ordnung, Mr. Rogers, ich hoffe auf ihre Kooperation bei dieser Mission.“ Dugan warf noch einmal einen prüfenden Blick über seine Schulter. In die Richtung, in die Bucky gerade von Jaques aus dem Zimmer geführt worden war, da er für irgendetwas unbedingt gefragt war in diesem Moment. Bucky hatte sich unter einem Augenrollen erhoben und mit einem „Bin gleich zurück.“ kurz entschuldigt. Schlagartig hatte Dugan dessen Platz eingenommen und zeigte ihm einen dunkelblauen USB-Stick. „Hier ist äußerst wichtiges Bildmaterial gespeichert und wir möchten gern, dass es in Sicherheit gelangt, bevor der Sergeant es in die Finger bekommt.“ Steve war sich nicht sicher, was genau er davon halten sollte und schenkte Dugan einen fragenden Blick. „Einfach anschauen.“, meinte dieser mit einem breiten Grinsen und startete sogleich die Übertragung, nachdem er den Stick angeschlossen hatte. „Gott weiß, der Kerl hat ein Gespür für so was und deswegen wollten wir es bei jemanden in Gewahrsam wissen, bevor er Wind davon bekommt und dieses heikle Material in einer unbeobachteten Minute eliminiert.“ Die Übertragung war gerade beendet, als sich etwas im Hintergrund tat und Dugan noch ein knappes „Streng vertraulich.“ mit einen Augenzwinkern unterstrich, bevor er den Stick entfernte und den Platz wieder räumte. Ein paar Sekunden später war Bucky wieder vor ihm, der einen skeptischen Blick über die anderen schweifen ließ, als wisse er genau, dass etwas hinter seinem Rücken ablief. „Haben diese Verrückten wieder irgendwelchen Unsinn über mich erzählt?“, fragte er und Steve hatte alle Mühe unschuldig auszusehen. Bucky kannte ihn zu gut, um nicht mitzubekommen, wenn etwas nicht stimmte. „Nur das Übliche.“, scherzte er in der Hoffnung, dass es ausreichend war, um Bucky abzulenken. Dieser grummelte verdrießlich, bevor er zu einem anderen Thema überging. „Weiß du wie schwierig es ist, hier eine vernünftige Mütze zu bekommen? Ich dachte, es wäre ein Witz, dass Ziegen alles fressen. Ich kann froh sein, dass sie mir nicht noch die Haare vom Kopf gezerrt hat.“ Steve schaute Bucky mit großen, amüsierten Augen an. „Eine Ziege hat dir die Mütze vom Kopf gefressen?“, musste er sich vergewissern, was Bucky schmollend zur Seite greifen ließ und er die Überreste seiner grau-blauen Beanie zeigte. Steve konnte nicht anders, als herzlich zu lachen und dabei unelegant von seinem Stuhl zu kippen. „Geschieht dir recht.“, hörte er Buckys erheiterten Kommentar. Nachdem sie ihr Gespräch beendet hatten, drängte Steves Neugier ihn dazu, sich diese ominösen Bilder ansehen zu wollen, die Dugan ihm geschickt hatte. Es war das zweite Mal an diesem Abend, dass Steve vor Lachen zu Boden ging, als er in hochaufgelösten Fotos verfolgen konnte, wie Buckys Kampf mit besagter Ziege aussah. Es gab sogar ein kurzes Video dazu. Nun verstand er Dugans Geheimnistuerei, denn Steve wusste nur zu gut, dass Bucky nie zulassen würde, dass solch brisantes Material in andere Leute Hände geraten konnte. Dafür waren ihm solche Dinge einfach immer viel zu peinlich. Und dann stach ihm eines der Bilder besonders ins Auge. Bucky investierte immer Zeit, um sich ihm über einen Chat gründlich rasiert zu zeigen und seine Haare versteckt zu halten. Eine Eitelkeit, die Steve schon hinterfragt hatte, aber nur ein Schulterzucken darauf als Antwort bekam. Auf diesem Bild jedoch waren seine Haare unbedeckt und deutlich gewachsen. Sein Gesicht rau, von einem Bartschatten. Es erinnerte ihn übergangslos an James, auch wenn dessen Haare noch etwas länger waren. Dennoch waren es Buckys muntere Augen und breites Grinsen. Es war wie ein Mix aus beiden und Steve erwischte sich dabei, dass er viel zu lange darauf starrte.Schließlich warf er seinen Drucker an und pinnte sich ein paar der Bilder in seine Collage. Das Bild von Bucky fand seinen Platz auf Steves Nachttisch. *** „Sorry Steve, aber sie brauchen wirklich einen Ersatz. Du weißt doch, wie es an einem Freitagabend zugeht.“ Steve nickte, auch wenn Sharon es über das Telefon nicht sehen konnte. „Ja, natürlich versteh ich das.“ Eigentlich hatte er mit ihr heute ins Kino gehen wollen. Und außerdem brauchte er jemanden zum Reden. Er fühlte sich aufgewühlt und das schon über Tage hinweg. Es war ein beklemmendes Schwelen, das sich in ihm eingenistet hatte. Es machte ihm Sorgen, denn der Grund dafür wohnte nur eine Etage unter ihm. Und Sharon war die Einzige, die James bis jetzt gesehen hatte und seinen Zwiespalt kannte. Nun, wo er James gefragt hatte, ob sie Freunde sein konnten, fühlte er sich unruhiger als zuvor. Denn auch wenn er nicht wirklich erwartet hatte, dass James sein zurückhaltendes Verhalten ändern würde, so zeigte sich dieser nun doch etwas lockerer. Steve hatte erkennen müssen, dass er ein Idiot war, zu glauben, dass eine Freundschaft mit James seine konfusen Emotionen richten, beziehungsweise überlagern würde. Nun, wo er mitverfolgen konnte, wie James ab und an wieder ein weiteres Stück auftaute, fühlte er sich nur noch mehr zu ihm hingezogen. Aller Zweifel und Unsicherheiten zum Trotz. Deswegen hatte er unbedingt mit Sharon reden wollen, in der Hoffnung, dass sie ihm womöglich wieder etwas in die rechte Richtung weisen konnte. „Tante Peggy ist heute Morgen aus England zurückgekommen.“, teilte ihm Sharon mit und Steve Herzschlag erhöhte sich merklich. „Sie würde sich freuen dich zu sehen.“, fügte sie an und bevor Steve etwas erwidern konnte, war es Lady Carters Stimme, die er vernahm. „Hallo Steven.“ Steve hörte das sanfte Lächeln in ihren Worten und er konnte nicht anders, als ebenso zu lächeln. Wenn auch in einer verlegenen Variante. „Lady Carter…“ War alles was er sagen konnte, bevor er von einem Schnalzen, am anderen Ende der Leitung unterbrochen wurde. „Bitte, wie oft muss ich dir noch sagen, das mich dieses 'Lady Carter' fühlen lässt, als wäre ich schon 70. Also versuchen wir es noch einmal Steven.“ Steve war froh, dass sie seine roten Wangen über diese Rüge nicht sehen konnte und räusperte sich kurz. „Pegg…Peggy.“, stolperte er über ihren Namen und fühlte sich augenblicklich wie ein kleiner Junge vor ihr. „Wer sagt es denn. Also wenn es dir nicht zu spontan erscheint, dann würde ich den Platz meiner Nichte gern einnehmen.“ Steve fehlten einen Moment die Worte. Es war in der Tat überraschend, aber nicht deswegen fühlte er sich plötzlich so zappelig. Es war die Aussicht auf einen Abend mit Peggy. Nur sie beide. „Es…es würde mich freuen.“, meinte er schließlich etwas zu eifrig, was ihn innerlich raunen ließ. „Sehr schön, dann bis später, Sweetheart.“, neckte sie ihn und nach einem intelligenten „Hmm“ von seiner Seite her, legte sie auf. Steve spurtete sofort in sein Schlafzimmer und vor seinen Kleiderschrank. Gott, was sollte er nur anziehen, um neben ihr nicht gänzlich unpassend zu wirken, oder sie zu blamieren? * James wollte nichts weiter, als sich zu Hause auf seine Couch legen und je nach Elan fernzusehen oder einfach nur ein Schläfchen halten. So wie sich ein Freitagabend für ihn halt immer gestaltete seit… Mit dem Gedanken, ob er eine neue Serie anfangen oder doch lieber einen Film schauen sollte, hielt er auf das Wohngebäude zu, die Erschöpfung des Tages deutlich in seinen Gliedern. Er hatte sich den halben Tag von einem notwendigen Termin zum nächsten quälen müssen und wahrlich, er hatte es nun so satt. Er hob einen stückweit seinen Kopf, nicht dass er noch am Eingang vorbeizog, als ihm etwas ins Stocken brachte. Eine schmale Frauengestalt mit roten Haaren, stand mit dem Rücken zu ihm und James schluckte nervös. Er brauchte sich nur wieder umzudrehen und in irgendeiner Seitengasse verschwinden, dann…„James Barnes!“, tönte es in einem beherrschten, aber nicht weniger gefahrverheißenden Tonfall und ließ ihn in seinem Rückzugsversuch inne halten. Verdammt! „Natasha…hey.“, druckste er und überbrückte die sie trennenden Meter zögerlich. Wie hatte sie ihn überhaupt erkannt? Sie hatten sich seit Monaten nicht gesehen und er stach nicht gerade durch Stilbewusstsein und erhabenen Gang hervor. Er hätte jeder X-beliebige sein können! Und woher wusste sie, wo er nun wohnte? „Becca…“, murrte er verhalten. Natasha hatte die Arme in Demonstration von Autorität vor der Brust verschränkt und James wagte es nicht sie direkt anzuschauen. Er fühlte sich wie die Maus vor der Schlange. „Was…was machst du denn hier? Ich meine, lange nicht gesehen. Uhm…nette…nette Schuhe. Ist das Straußenleder?“, verstrickte er sich in unsinniger Haspelei, als ihm Natasha auch schon eine Hand unter sein Kinn schob und ihn zwang, sie anzusehen. „Du bist noch immer eine Katastrophe“, merkte sie mit kritischen Augen an und James hatte dem nicht entgegenzusetzen. Er wusste es ja selbst nur zu gut. „Yasha.“ Ihre Stimme nahm etwas Warmes an, aber ihr Blick blieb weiterhin fest. „Möchtest…möchtest du mit hoch kommen?“, bot er schließlich an, da er sich alles andere als wohl fühlte, weiter hier auf der Straße zu stehen. „Würde ich gern.“ * Steve überprüfte seine Frisur zum letzten Mal, mit der Selbstportraitfunktion seiner Handykamera, als er sich vor der Apartmenttür der Carter-Frauen befand. Er fühlte sich albern aufgeregt. Dabei war es nur ein Kinobesuch. Nichts weiter. Mit einem tiefen Durchatmen klingelte er schließlich. Kurz darauf öffnete man ihm die Tür. Jedoch stand Peggy nicht in Ausgehmontur vor ihm, sondern in einen flauschigen Bademantel gehüllt und ihre Haare in einen Handtuchturban gewickelt. „Steve? Ich dachte es wäre um Acht ausgemacht gewesen?“ Steve warf einen hektischen Blick auf seine Uhr, die ihm drei Minuten nach sieben anzeigte. Oh. „Oh Gott! Das tut mir leid. Ich habe die Zeit irgendwie durcheinander gebracht.“ Steve gestikulierte peinlich berührt ins Treppenhaus hinter sich. „Ich…Ich komme später wieder.“ Damit war er schon im Begriff sich abzuwenden, als er an der Hand gegriffen wurde. „Sei nicht albern. Wenn du schon hier bist, kannst du auch drinnen warten.“ Und ohne wirklich eine Antwort abzuwarten, führte sie Steve in das Apartment hinein. „Du kennst dich ja hier aus, also mach es dir bequem.“ Damit verschwand Peggy mit einem Lächeln und Steve fuhr sich frustriert durch seine Haare. Nun stand er da wie ein Trottel und der Abend hatte noch nicht einmal angefangen. Das konnte ja noch was werden. * Natasha ließ ihren Blick durch das Wohnzimmer schweifen, während James sich damit befasste, Kaffee zu kochen. Zum ersten Mal war er dankbar für seine alte, mürrische Maschine, die ihm erlaubte, sich etwas mehr Zeit nehmen zu können, bis der Kaffee fertig sein würde. Er musste sich nun erst einmal sammeln. Aber wie dann weiter, wusste er auch nicht. Er hatte Natasha so lange gemieden, oder besser gesagt sich aus Feigheit distanziert, dass er vollkommen überfordert war, wie er sich ihr nun gegenüber verhalten sollte. Die Kaffeemaschine gab ein Zischen von sich, das James unterdrückte. Er war so in Gedanken vertieft, dass er nicht einmal mitbekam, dass sich Natasha an den Türrahmen gelehnt befand und ihn eingehend musterte. „как у тебя дела?“ Wie geht es dir? James zuckte etwas zusammen, als er ihre Stimme vernahm. „фантастический!“ Fantastisch! , knurrte er, riss sich durch die darin mitklingende Bitterkeit aber selbst aus seinem widerspenstigem Verhalten. „Извините.“ Entschuldige. , meinte er mit einem leichten Kopfschütteln, seinen Blick weiterhin auf die gluckernte Kaffeemaschine gerichtet. Er hatte sich schon für so Vieles bei ihr zu entschuldigen. Natasha sagte nichts dazu. Sie setzte sich einfach nur auf einen der Stühle am Küchentisch. James rieb sich über seine müden Augen ob der wieder eingetreten Stille. Schließlich konnte er zwei Tasse mit Kaffee befüllen und reichte eine davon an sie. „Willst du Brownies dazu? Steve hat sie gemacht und mir welche aufgedrückt.“, versuchte er, etwas von der steifen Stimmung abzulenken, worauf Natasha eine ihrer feingeschwungen Augenbrauen nach oben zog. „Steve?“ Davon konnte er wohl nun nicht mehr ablenken, denn er glaubte nicht, dass Natasha etwas von ihrem Talent, Informationen aus jemanden herauszubekommen, verloren hatte. „Uhm…ein Nachbar.“ Jedoch fühlte sich James für diesen recht neutralen Vergleich sofort undankbar, denn Steve war mehr als nur der simple Nachbar von obendrüber. „Ein Freund.“, setzte er noch nach. Das fühlte sich schon besser an. Natasha studierte ihn über das Nippen an ihrem Kaffee. „Es ist gut zu hören, dass du Fortschritte machst.“, meinte sie schließlich und James verstand, dass sie Bescheid wusste. Dass sie wusste, wie es ihm in den letzten Monaten ergangen war. Dass sie ihn nicht einfach hinter sich gelassen hatte, nachdem er so unfair verletzend zu ihr gewesen war in seinem Selbstmitleid, über all die Dinge, die sich so drastisch für ihn geändert hatten, nach diesem einen letzten Einsatz. „Becca, huh?“ Es war albern anzunehmen, dass seine Schwester nicht mit Natasha in Kontakt geblieben war, nur weil er sich so aufgeführt hatte. „Ihr seid Teil meiner Familie, Yasha.“ Und ja, er wusste das. Und er wusste, dass er endlich die Gelegenheit nutzen sollte. „Tasha, ich….“ Seiner Stimme wohnte ein leichtes Zittern inne. Sie erhob sich daraufhin und kam zu ihm. Ohne, dass sie ihn zu weiteren Worten aufforderte, nahm sie ihn in die Arme. So, wie sie es früher auch immer getan hatte, wenn er mit seinen Sorgen zu ihr gekommen war und nicht mehr weiter wusste. Besonders nach dem Tod seiner Eltern. „Ich weiß, Yasha. Es ist ok.“ Gott, er hatte sie so vermisst. * Steve gab ein leises Seufzen wieder, während er die Sanitäreinrichtung des Kinos betrat und sich zum wiederholten Male an diesem Abend einen Trottel nannte. Seit er zu früh bei Peggy aufgetaucht war, hatte ihn die Verlegenheit nicht mehr losgelassen. Es war wirklich zum Verzweifeln, wie ungeschickt er sich benahm. Dabei war er mit 27 ein erwachsener Mann und dies nicht seine erste Verabredung mit einer Frau. Nur war Peggy einfach etwas Besonderes und er fühlte sich so deplatziert an ihrer Seite. Selbst in legerer Kleidung, die aus einer perfekt sitzenden Jeans und einer leichten, weißen Sommerbluse bestand, die sie vorn zu einem Knoten gebunden trug, erschien dieses Ensemble dennoch apart an ihr. Ihr adrett frisiertes, braunes Haar, der verführerisch rote Mund und ihre cleveren, hübschen braunen Augen, rundeten ihren Pin-up-Stil gekonnt ab. Es verwunderte somit auch nicht, dass sie den ein oder anderen interessierten Blick auf sich zog, was Steve sich wie einen tollpatschigen Welpen fühlen ließ, der ihr hinterher tapste. „Verdammt Rogers, reiß dich zusammen.“, murmelte er über das Händewaschen. Mit einem letzten Blick in den Spiegel, straffte er seine Schultern und begab sich zu ihr zurück. Kaum, dass er sie erspäht hatte, zog er in einem unguten Gefühl seine Augenbrauen zusammen und schlängelte sich weiter durch die Masse an Besuchern. Peggy hatte Gesellschaft. Ein Kerl mit dunklen, nach hinten gegelten Haaren stand neben ihr und redete auf sie ein, während er versuchte, sie wohl mit seinen zur Schau gestellten freien Oberarmen zu beeindrucken. Peggys Körperhaltung zeigte, dass sie es begrüßen würde, wenn man sie in Ruhe ließe, was ihr Gegenüber jedoch weiter ignorierte. Steve drängelte sich noch etwas eiliger zu ihr vor. Ihre Blicke trafen sich schließlich und ihr Gesicht hellte sich sofort wieder auf. Steve erkannte, dass sie dem aufdringlichen Typ etwas sagte und sich daraufhin von ihm abwendete, was diesen dazu animierte sie an ihrem Handgelenk festzuhalten. Was folgte was ein abschätzender Blick von ihr und ein gezielter Kniestoß in dessen Mitte, was Steve automatisch mit das Gesicht verziehen ließ. Verdient hatte es der Kerl. Steve war an Peggys Seite, wo sie einem letzten Blick auf die sich krümmende und fluchende Gestalt warf. „Können wir?“ Steve nickte zustimmend. Das gerade von Statten gegangene Szenario war allerdings augenblicklich vergessen, als sie sich bei ihm einhakte und er ihre Wärme so deutlich spüren konnte, was ihn beinahe zum Stolpern über seine eigenen Füße brachte. Peggy schmunzelte keck und lehnte sich noch etwas mehr an seine Seite. * James staunte über sich selbst. Hatte er doch rigoros beschlossen gehabt, sein Apartment heute nicht nochmal verlassen zu wollen. Aber Natasha hatte ihn nach einem kritischen Blick in seinen mager bestückten Kühlschrank dazu gebracht, mit ihr dieses kleine und etwas versteckt liegende Lokal zu besuchen, das den ungewöhnlichen Namen -Scarlet Witch- trug. Er war sich nicht sicher, was er daraufhin zu erwarten hatte. Doch wie sich herausstellte, war es weder ein düsterer und rauch verhangener Schuppen für Leute mit Hang zu Okkulten noch eine bizarre Großstadtversion eines Lebkuchenhauses. Nein, er war sogar recht erstaunt, dass man dort in seiner Muttersprache kommunizierte und irgendwie gab es ihm ein simmerndes Gefühl von Heimat. Natasha schien hier nicht unbekannt zu sein, zumindest wurde sie von der brünetten, schlanken Frau, die sich hinter einer Theke beschäftigt gesehen hatte, recht innig empfangen. James beobachtet diese Szene versucht unauffällig. Schließlich zog ihn Natasha etwas näher heran und er fühlte sich gleich etwas nervös unter der fremden Aufmerksamkeit. „James, darf ich vorstellen, das ist Wanda. Ihr und ihrem Mann gehört dieses Lokal. Wanda, das ist James.“ Wanda streckte ihm mit einem warmen Lächeln die Hand entgegen. „Freut mich James.“ „Ebenso.“, erwiderte er und war etwas stolz auf sich, gleichfalls ein freundliches Lächeln zu zeigen, ohne dass es ihm künstlich erschien. Schließlich setzten sie sich und ohne, dass man ihnen das Menü reichen musste, bestellte Natasha für sie beide. * Sie hatten das Kino hinter sich gelassen und Steve fühlte sich ein wenig hibbelig über die Tatsache, dass er Peggy mit zu sich nach Hause nahm. Sie hatte unbedingt den Dachgarten sehen wollen, von dem er ihr erzählt hatte. Und auch Muffin wollte sie kennenlernen. Über den Weg zurück, überlegte Steve krampfhaft, ob es auch ordentlich genug bei ihm war. Nicht, dass er der Peinlichkeit erliegen musste und irgendwo ein schmutziger Socken auftauchte oder er Haare im Bad im Waschbecken hinterlassen hatte nach dem Rasieren. Zu dem Gedanken, ob sie sich etwas zu essen bestellen sollten, hatte Peggy auf Pizza bestanden und Steve damit ein Schmunzeln entlockte. Bei ihm angekommen, war er erst einmal abgeschrieben, als Peggy auf Muffin traf und sich, so wie es aussah, gleich in den fröhlich grunzenden Mops verguckt hatte, der sich von ihr gerade den Bauch kraulen ließ. „Gott, der ist ja allerliebst.“, meinte sie angetan. „Das hat er wohl von seinem Herrchen.“, neckte sie Steve mit einem Augenzwinkern, was diesen unter einem verlegenen Stottern, dass er die Pizza bestelle, die beiden erst einmal für sich ließ. Über das Warten hatte Peggy auch einige seiner Skizzen entdeckt und sie sich mit Interesse angesehen. „Ich mag dieses hier.“ Steve fühlte sich ein wenig ertappt, als sie ihm eine Zeichnung von Bucky entgegenhielt, die er vor einer Weile angefertigt hatte, da er ihn zu diesem Zeitpunkt wieder einmal besonders vermisst hatte. „Ist er immer noch der einzig Wahre für dich?“ Es war eine regnerische Nacht gewesen, damals. Das hatte Steve noch gut in Erinnerung, genau wie seine Verzweiflung, die ihn wieder einmal überkommen hatte, als es um seine Gefühle für Bucky ging. Er war vor Sharons Wohnungstür aufgetaucht, da er einfach nicht wusste, wohin mit sich. Es war Peggy, die ihm die Tür geöffnet hatte. Sie waren sich nicht fremd, aber Steve hatte nie genug Lockerheit aufbringen können in ihrer Gegenwart. Gerade, weil sie diese einnehmende Aura umgab, die sein Herz verwirrte. Er hatte sich dumm gefühlt, sie mit seinen Sorgen zu belästigen, aber diese Last wog so immens schwer, dass er sich wenigstens etwas davon befreien wollte. Er hatte das Brennen in seinen Augen gespürt, je mehr er von Bucky erzählte, bis ihn Peggys Hände auf seinen Wangen und ihre mitfühlenden Worte dazu gebracht hatten, sich nur für diesen einen Moment vollkommen auf sie zu konzentrieren. Seinen Schmerz zu verwischen und das matschige Grau seiner unerwiderten Emotionen mit ihren warmen, lebendigen Farben zu übertünchen. Für Peggy mochte es nur Mitleid gewesen sein, aber für ihn war es ein rettender Anker, der ihn davon abhielt, etwas Dummes zu tun. Wie Bucky zu sagen, was er für ihn empfand. Er hatte diese Nacht mit ihr tief in seinem Herzen aufbewahrt. Steve zögerte mit einer Antwort, denn wenn er ehrlich war, dann befand er sich momentan in der Schwebe. Nicht, dass ihm Bucky weniger wert geworden war, aber er konnte nicht abstreiten, dass auch James einen Weg in seine Gefühlswelt gefunden hatte. Aber weder das eine noch das andere gab Hoffnung auf mehr in der Zukunft. „Es ist etwas kompliziert.“, meinte er mit einem erschöpften Seufzen und ließ den Kopf ein Stück hängen. „Wenn du darüber reden möchtest. Ich höre dir gern zu.“, bot sie ihm an und entlockte ihm ein dankbares Lächeln. Vielleicht wäre es gar nicht so verkehrt, mit jemandem darüber zu sprechen, der nicht direkt mit besagten Person in Verbindung stand. * James wusste nicht, wie sehr er hausgemachte Piroggi vermisst hatte, bis er sie probiert hatte und ein angetanes Raunen nicht unterbinden konnte. Es brachte die Erinnerungen an vergangene Zeiten zurück, als seine Eltern noch am Leben waren. An gemeinsame Dinner und wie seine Großmutter ihm und Rebecca versucht hatte, das Kochen beizubringen, mit diesem schmackhaften aber doch nicht allzu komplizierten Gericht. Er hatte jedoch keinen Gedanken mehr daran verschwendet, sie selbst zuzubereiten, nachdem sich sein Leben so unglücklich gewendete hatte. Natasha schien somit zufrieden mit ihrer Wahl und seiner Reaktion darauf. Sie hatte sich noch etwas Zeit genommen und über ein paar Getränken alte Zeiten aufleben lassen. Natasha hielt sich noch immer bedeckt, wenn es um ihren Job ging. Etwas, das sie auch früher schon getan hatte, und James konnte stets nur mutmaßen, welche Art von Beruf solch eine Diskretion verlangte. Es war ein angenehmer Abend gewesen und dieser so selten gewordene Umstand hatte ihn dazu gebracht, sie zu fragen, ob sie noch Lust habe, sich bei ihm einen Film anschauen zu wollen. Denn je länger sie zusammen waren, umso mehr verlangte es ihn nach der Routine ihrer alten Freundschaft. „Schaust du dir noch immer diese billigen Horrorfilme an?“ „Hey! Das sind Klassiker. Vincent Price war eine Ikone in diesem Gebiet. Das heutige Zeug ist doch damit gar nicht vergleichen.“ Natasha machte sich die Mühe eines ergebenen Augenrollens auf seine Euphorie über diese alten Schinken. * Sie hatten ihre Pizza auf dem Dach gegessen und dabei den Blick über das Viertel genossen. Steve fühlte sich zudem auch etwas befreiter, nachdem er Peggy von James erzählt hatte. „Da wirst du wohl abwarten müssen, was die Zeit bringt.“, hatte sie ihm gesagt und es war auch alles, was Steve hören musste. Er wusste selbst, dass es keinen ultimativen Ratschlag für seine Situation gab. Aber es tat dennoch gut zu wissen, dass er sich an sie wenden konnte, wenn ihm erneut etwas auf der Seele lag. Und dafür war er ihr auch ungemein dankbar. Hätte sie ihm damals nicht schon gesagt, dass sie sich nicht binden mochte, hätte er sein Glück sicherlich bei ihr probiert. Doch so wusste er, dass es vollkommen unverbindlich war, wenn sie sich küssten und einfach nur die Nähe des anderen genossen. Es war bedenkenlos angenehm. Etwas, von dem Steve merkte, dass er es brauchte, um sich etwas von dieser innerlichen Spannung lossagen zu können. Und sei es nur für einen Moment. Für heut jedoch, musste er sich erst einmal wieder von Peggy verabschieden, weswegen er sie noch nach unten brachte, wo sie ihr Taxi erwartete. „Pass auf dich auf.“ Sie strich ihm sanft mit ihrer Hand über die Wange und küsste ihn erneut, was Steve leise, sehnsüchtig seufzen ließ. Peggy war einfach eine klasse Frau. * Ein sinnierendes Grinsen lag auf James Lippen, als Natasha in fragte, ob er sich noch an den Ausflug ihrer beider Familien ins Kosmonauten-Museum in Moskau erinnere. Es war ein fantastisches Ereignis für ihn als 9-jährigen gewesen, nachdem er sich so für dieses Thema begeistert sah. Bis er und Natasha beschlossen hatten, auf eigene Faust loszuziehen und in ihrem Eifer alles andere ausgeblendet hatten. Das Ende war, dass sämtliches Museums Personal und ihre Eltern nach ihnen suchen mussten, hatten sie sich in eine der Raumkapseln gestohlen und sich in ihrem Spiel, Weltraumentdecker zu sein, vollkommen verloren. „Ich hatte eine heiden Angst, als man uns fand und sagte, man würde uns zur Strafe in ein Heizwerk zum Kohleschaufeln schicken.“, erinnerte er sich weiterhin und auch, dass er die ganze Fahrt zurück glaubte, man würde sie nun in solch einem riesigen Kraftwerk absetzen. Dieses Grinsen erstarb allerdings, als sie nur noch ein paar Schritte von der Treppe zum Hauseingang trennten, vor welcher sich gerade zwei Personen näher kamen. Er wusste es sollte ihm egal sein. Denn wenn er ehrlich war, mutete es schon recht ungewöhnlich an, dass Steve stets allein zu sehen war. Und die Frau vor ihm, erschien wahrlich nicht unattraktiv. James lenkte seinen Blick abrupt zu Boden, als Steve und die Frau sich wieder voneinander trennten und sich in ihm der Impuls regte, sich verstecken zu wollen. Ein lächerlicher Ausweg. Natasha indes, studierte die Szene mit scharfsinniger Beobachtungsgabe. Schließlich legte sich die Aufmerksamkeit der beiden Personen vor der Tür auf sie und Natasha entging der überraschte Gesichtsausdruck des Blonden nicht. „James.“, kam es von diesem und Natasha meinte, eine fast unscheinbare Nuance von Unsicherheit darin vernommen zu haben. Ihr Blick richtete sich auf die Frau, die nicht weniger analysierend über das Geschehen wirkte. „Uhm, hey.“ James Blick auf den Blonden war flüchtig und ausweichend. „Sorry, wir wollten nicht stören.“, setzte er fort, was die unbekannte Frau eine ihrer Augenbrauen mit einem seichten Schmunzeln nach oben ziehen ließ. „Oh, schon in Ordnung, ich muss nun eh los. Er gehört also ganz ihnen.“ Auf diesen Hinweis folgte, dass James leicht die Augen weitete und sich etwas mehr Rot auf seinen Wangen zeigte. Der Blonde indes schaute mit einem kritischen Blick auf die dunkelhaarige Frau. Interessante Reaktionen, stellte Natasha für sich fest. „Bis bald Steve.“ Dieser nickte etwas steif, worauf die Frau sich zu einem Taxi begab und schließlich nur noch sie drei übrig waren. Das war also Steve. James hatte ihr das ein oder andere über ihn erzählt, aber sie hatte nicht angenommen, dass dieser einer Model-Vorlage glich. Ein Seitenblick auf James und Natashas Ahnung verfestigte sich ein Stück mehr. Konnte es sein? „Hallo. Mein Name ist Natasha. Ich bin die Freundin von James.“, unterbrach sie die Stille und reichte Steve eine Hand. Mit der anderen Griff sie nach der von James und zog ihn näher zu sich. „Oh.“ Steve versuchte nonchalant zu wirken. Eine Reaktion die Natasha schmunzeln ließ. „Seine Freundin. Das…das freut mich. Ich meine, es freut mich.“ Steve schüttelte ihre Hand, sein Blick schweifte allerdings wieder zu James. „Dann will ich euch mal nicht im Wege stehen.“ Was Steve zur Seite treten ließ, nur um dann etwas unbeholfen dazustehen, bis sie an ihm vorbeigegangen wären. James tat dies noch immer mit gesenktem Blick, ließ aber ein „Man sieht sich" hören, bevor er im Hausflur verschwand. Natasha lächelte Steve kurz an und war im Begriff James zu folgen, als dieser wieder vor ihnen auftauchte und einen resoluten Gesichtsausdruck wiedergab. „Sie ist nicht meine Freundin.“, teile er daraufhin an Steve gewandt mit, bevor sich seine Augen ein Stück weiteten und ein kurzes Räuspern folgte. „Ich meine, sie ist meine beste Freundin. Wir kennen uns schon seit Kindertagen.“ Für Natasha war es nicht schwer zu erkennen, dass das Lächeln, das Steve darauf zeigte, mit so etwas wie Erleichterung verbunden war. James allerdings schien dieser Geste nichts weiter zu entnehmen. Sie standen sich schlicht gegenüber, aber keiner brachte noch ein Wort hervor, was Natashas Vermutung weiter bestätigte. James war für sie schon immer ein offenes Buch gewesen und Steve machte sich auch nicht wirklich die Mühe, subtil zu erscheinen. Zumindest wenn man eine wache Auffassungsgabe besaß.James allerdings schien mehr verunsichert als zuversichtlich und es machte ihr das Herz etwas schwer, ihn so zu sehen. Er war zwar immer schon etwas ungelenk gewesen, wenn es ums Flirten ging, aber meist richtete er dies mit anderen Eigenschaften wieder. Selbstzweifel waren jedoch nie ein Teil seines Charakters gewesen. Dennoch sah sie es als ein gutes Zeichen, dass James sich in Bezug auf Steve trotzdem nicht gänzlich geschlagen zu geben schien. Also konnte man durchaus annehmen, dass dieser es ihm wirklich ein wenig angetan hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)