Expect the unexpected von Aka_Tonbo (Steve/Bucky) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Abraham, denkst du wirklich, wir sollten solch ein Risiko eingehen? Wir wissen nicht, was für eine Wirkung das Präparat letztendlich auf den Jungen haben wird. Willst du ihm das tatsächlich zumuten?“ Dr. Abraham Erskine schenkte seinem alten Freund ein schmales Lächeln. „Wenn wir jetzt nichts tun, dann stirbt der Junge so oder so.“ Howard Stark senkte seinen Blick auf den schwer atmenden, jungen Körper vor sich, der sich bis jetzt doch überraschend zäh gezeigt hatte. Trotz all der Dinge die mit diesem nicht stimmten. Trotz des erst kürzlich, erlittenen Unfalls und des damit verbundenen Verlustes seines letzten Elternteiles. „Der Kleine hat Kampfgeist, das ist wahr. Aber sollte es funktionieren, ist immer noch nicht klar, wie es sich im Laufe der Zeit damit verhalten wird. Er wird definitiv anders sein. Dr. Erskine zog eine bernsteinfarben Flüssigkeit aus einer gläsernen Ampulle, in eine Injektion auf. „Ich denke, es ist ein Zeichen zu vertrauen, dass der Körper des Jungen das fremde Enzym angenommen hat, obwohl er es hätte abstoßen müssen. Ein ungewöhnlicher Fall, aber auch eine außergewöhnliche Entdeckung in unserer Forschung. Nur leider verbraucht die Metamorphose, in seinem schwachen Zustand, einfach zu viel von seiner derzeit eh schon geringen Kraft.“ Sanft strich Dr. Erskine das verschwitzte Haar des Jungen zur Seite, was diesen seine Augen unter deutlicher Mühe öffnen ließ. Mit ruhiger Stimme sprach Dr. Erskine auf ihn ein. „Steven, wir werden dir jetzt etwas verabreichen, das dir helfen soll. Es liegt aber dennoch an dir, ob es seine Wirkung tun kann. Es braucht deinen uneingeschränkten Willen, wieder gesund werden zu wollen, auch wenn es sich für dich ungemein anstrengend anfühlen wird. Du musst stark bleiben, nur so kann es funktionieren. Hast du das verstanden?“ Die glasigen und ihres vollen Blau beraubten Augen schauten auf das Mittel in der Injektion. Ein mattes Nicken folgte und Dr. Erskine strich Steven aufbauend über die schmale Schulter. „Du bist ein tapferer, kleiner Kerl.“ Es kostete ihn Kraft, aber Steven legte ein Lächeln auf seine farblosen Lippen, gefolgt von einem etwas abgehackten Durchatmen, als er seine viel zu spröde Stimme befehligte. „Kein Kampf vor dem ich davonlaufe.“ *** Steve verspürte ein beschwingtes Gefühl der Aufregung. Etwas, das er so schon länger nicht mehr bei sich hatte wahrnehmen können. Diese Aufregung stellte auch den Grund dar, warum er den ganzen Tag etwas mit dem Kopf in den Wolken unterwegs war. Sein Morgen hatte demnach damit begonnen, dass seine Schale Frühstücksmüsli auf dem Küchenboden gelandet war. Mit einem fast umgerannten Zeitungsständer an einem kleinen Kiosk weitergezogen, als er sich eine Tageszeitung holte und zeigte sich jetzt, als er auf dem Parkplatz des Einkaufzentrums stand und nicht mehr wusste, wo er seinen Wagen geparkt hatte. Dennoch, er hatte keinen Grund mürrisch zu sein. Im Gegenteil. Heute war ein Tag, auf den er schon lange gewartet hatte. Nach etwas Umherlaufen und aufmerksamen Umblickens fand er seinen dunkelblauen Honda schließlich und machte sich zurück auf den Weg nach Hause. Er gab zu, dass er die ihm ans Herz gewachsene Nachbarschaft vermissen würde, sollte ihm das Glück heute tatsächlich hold sein. Schließlich hatte er hier, den größten Teil seiner Jugend verbracht. Das kleine Haus mit der weißen Holzfassade, das nun in sein Sichtfeld kam, mit dem alten, imposanten Nussbaum im hinteren Garten, waren ihm ein gutes und liebesvolles zu Hause gewesen. Er mochte es, im Frühling auf die ersten Frühblüher vor dem Haus zu warten und sie dann in seinem Skizzenbuch zu verewigen. Er mochte es, im Sommer auf der Veranda zu sitzen und mit seinen Freunden in die Abendstunden hineinzureden. Im Herbst, gab das bunte Laubwerk der die Straße säumenden Bäume, ein herrliches Farbenspiel wieder, bevor der Winter die ersten Wochen mit tristen Tönen einkleidete, bis es schließlich Weihnachten wurde. Dann strahlten unzählige bunte und blinkende Lichter von sämtlichen Häusern der Umgebung und verwandelten das müde Bild, das der Winter gezeichnet hatte, in eine aufgeweckte und vorfreudige Wunderwelt. In diesem Jahr wären es dann drei Jahre, seit sein Adoptivvater Abraham Erskine verstorben war. Er würde ihn um diese Zeit wieder besonders vermissen. Dieser hatte ihm das Haus hinterlassen. Von daher dachte er auch nicht daran, es verkaufen zu wollen. Er hatte jemanden, in dessen Obhut er es geben konnte. Peggy war eine seiner besten und langjährigsten Freundinnen und er vertraute ihr blind. Deshalb wusste er auch, dass sie gut darauf aufpassen würde. Dr. Erskine hatte nie Zweifel aufkommen lassen, dass er Steve wie einen Sohn liebte, als dieser ihn, nach dem Tod seiner Mutter, bei sich aufgenommen hatte. Dr. Erskine war es möglich gewesen, seinen schwachen, kranken Körper über die Jahre zu stabilisieren, so dass er zu einem gesunden Mann heranwachsen hatte können. Aber es blieb nie aus, das Steve sich traurig fühlte, wenn er an seine Mutter dachte und daran, dass seine Erinnerungen an sie, nach diesem Unfall kein vollständiges Ganzes mehr für ihn ergaben. Verblieben waren vereinzelte Sequenzen, doch meist befanden sie sich im Zentrum eines behäbigen Nebels, der sich nie komplett lichten wollte. Manchmal verspürte er über diese wagen Bilder auch Emotionen, jedoch waren diese kaum mehr als ein dumpfes Pulsieren. Oder gleich einem Fingerschnippen. Kurz und ohne einem offenbarenden Nachklang. Dennoch war er nicht völlig ahnungslos. Es gab Fotos, ein paar der wenigen Andenken an sein altes Leben, bevor er seine Mutter verloren hatte. Sie zeigten ihn in jungen Jahren, mit einer liebevoll lächelnden blonden Frau, die seine Mutter gewesen war. Und es machte Steve noch immer das Herz schwer, dass er sie und ihre Fürsorge nicht deutlich in seinen Erinnerungen abrufen konnte. Nachdem er noch kurz etwas gegessen und sich etwas anderes angezogen hatte, verließ er das Haus wieder und begab sich nun zu seinem angesetzten Termin. Es war gut eine halbe Stunde Fahrt, in einen anderen Teil der Stadt, aber das störte ihn nicht, wie ihn auch der etwas zählaufende Verkehr nicht störte. Er lebte lange genug in New York, um sich damit schon abgefunden zu haben. Es bedurfte eben immer etwas extra Zeit, in einer Planung und die hatte er einkalkuliert. Die Gegend in die er sich begab, war nicht mit dem schicken, kleinen Vorstadthäusern und ihren fein säuberlich getrimmten Vorgärten zu vergleichen. Doch sie hatte ihren eigenen Charme. Bis zu seinem zehnten Lebensjahr, hatte er hier gewohnt. Es war ein Detail, das Dr. Erskine ihm über seine Vergangenheit erzählen konnte. Ein weiteres Bruchstück der Vergangenheit, an die er kaum eine Erinnerung hatte. Manchmal fragte er sich, ob er nicht irgendwann am Verlust seiner Mutter zerbrochen wäre, hätte er sich genau an ihr gemeinsames Leben erinnern können. Man sprach von Amnesie durch Schock, ausgelöst von seiner erlittenen Kopfverletzungen. Und dem unsagbaren Stress, den sein Körper durchleben musste, um nicht aufzugeben. Er hatte danach Monate in Dr. Erskines Klinik verbracht, und erst dort war ihm mit jedem weiteren Tag bewusst geworden, dass er nun vollkommen allein war und er keine Ahnung hatte, wie es für ihn weitergehen sollte. Es war eine Zeit, wo er anfing, sich immer mehr in sich zurückzuziehen und mit der Welt, die sich so unaufhaltsam um ihn herum bewegte, nichts mehr zu tun haben zu wollen. Er fühlte sich nur noch wie ein überflüssiges Puzzleteil, das nicht passte, das für das große Ganze nicht relevant war. Es war ohne ihn schon komplett. Und allein konnte er kein Bild für sich ergeben. Und dann hatte Dr. Erskine ihm gesagt, dass er sich freuen würde, ihn bei sich aufzunehmen, wenn er das wolle. Er selbst hatte keine Kinder und seine Frau war vor einigen Jahren an einer Krankheit verstorben. Das Einzige, was er noch hatte, war seine Arbeit. Am Ende ergänzten sie sich gegenseitig und Steve war ihm so dankbar, dass er diese Chance bekommen hatte. Er hatte es bei Dr. Erskine nie schlecht gehabt, hatte sich dieser doch hingebungsvoll um ihn gekümmert und ihn so viele Dinge ermöglicht, die sein Leben zu bereichern gewusst hatten. Deshalb hat er es sich auch zur Aufgabe gemacht, sein zweites Leben, so gut es ihm möglich war, auszufüllen. Um ihm zu zeigen, dass er zu schätzen wusste, was man für ihn getan hatte und auch um seinen Adoptivvater stolz zu machen. Ihm zu zeigen, dass auch er seine Entscheidung ihn aufgenommen zu haben, nicht bereuen musste. Schule, Beruf, finanzielle Sicherheit er hatte es sich alles hart erarbeitet und er war stolz darauf. Und jetzt, wo er die Möglichkeit vor sich hatte, wollte er versuchen auch seine ersten Jahre, etwas in dieses große Uhrwerk einzubringen, das sein Leben darstellte. Und vielleicht fand er das ein oder andere Zahnrad wieder, konnte das vergilbte Ziffernblatt entstauben und dessen Zeiger ebenso wieder zum Rücken bringen. Zumindest dann, wenn das Glück auf seiner Seite war. Es war etwas schwierig einen Parkplatz zu finden, aber Steve war der letzte, der sich über das zurücklegen von ein paar zu laufenden Metern beschweren würde. Eine adrett gekleidete Dame, mit schwarzen Haaren, die ihr in leichten Wellen über die Schultern fielen, wartete bereits vor dem Eingang des Hauses, das Steve um jeden Preis zu seinem Eigen machen wollte. „Mr. Rogers. Es freut mich, dass sie es einrichten konnten.“ begrüßte ihn Ms.White mit dem geschäftstüchtigen Enthusiasmus eines Immobilienmaklers, und streckte ihm ihre Hand entgegen. Steve erwiderte diese Geste mit einem Lächeln und ließ seinen Blick über das Haus vor ihnen wandern. Es musste eindeutig einiges daran gemacht werden, aber er war dennoch optimistisch. Von solchen Kleinigkeiten würde er sich nicht abschrecken lassen. Steve unterdrückte ein freudiges Grinsen. Peggy hatte diese Besichtigung für ihn organisiert. Einfach aus dem Grund, weil sie meinte, dass Steve eine zu leichte Beute wäre für profitgierige Immobilienhaie. Und so gesehen hatte sie auch Recht. Er war über glücklich gewesen, als er erfuhr, dass dieses Haus zum Verkauf stehen würde. Er hatte seit Jahren ein Auge darauf gehabt und jeder seiner Freunde wusste darüber Bescheid. Es war Tony gewesen, der ihm vor einem Monat darüber informiert hatte, dass die vorhergehenden Besitzer es zum Verkauf anboten und Steve hatte keine Sekunde gezögert, sich darüber kundig zu machen. Seine Euphorie war somit sein großer Schwachpunkt, und Peggy wusste das nur zu gut. Sie hatte ihm vor diesem Treffen heut, noch einmal eindringlich ins Gespräch genommen, und ihn wissen lassen, dass er sich zurückhalten solle. Am besten sollte er einen beständigen, kritischen Blick aufsetzen und sich nichts einreden lassen. Jeder Mengel, der ihm auffiele, sollte er aufführen und generell den eher unnahbaren Käufer vermitteln, als den naiv hechelnden Golden Retriever. Somit hieß es also Zunge rein, die himmelblauen Augen von ihrem Sternenglanz befreien und zurück zu seinem militärischen Rang als Captain finden. „Können wir?“, erkundigte er sich mit gestrafften Schultern und einen Hauch Autorität in der Stimme, was sonst nie sein Ziel verfehlte. Und auch in diesem Falle verfehlte er seine Wirkung nicht, schob sich Ms. White ihre filigrane Brille etwas nach vor und schenkte ihm einen Blick, den Steve nur zu deutlich zuordnen konnte. Er vergaß manchmal, was diese Art von Ton bei manchen Menschen, außerhalb der Armee bewirken konnte. Er hatte alle Mühe, über ihre lüsterne Aufmerksamkeit, seine stramme Fassade nicht gegen peinlichen Scham zu tauschen, die er dadurch in sich aufkommen fühlte. Auf diese Art und Weise wollte er das Haus nun auch nicht erwerben. „Nach ihnen, Mr. Rogers.“, gab Ms. White mit einer kurzen Geste ihrer fein manikürten Hand zu verstehen und Steve fühlte sich mit einem Mal ganz und gar nicht mehr autoritär, spürte er das Interesse, das man seinem Hintern zukommen ließ, unangenehm eindringlich. Er hätte vielleicht doch nicht allein kommen, und auch weniger enge Jeans anziehen sollen. Drei Stufen führten auf die hölzerne Veranda, auf der schon zwei der dunklen Blanken gebrochen waren und ausgetauscht werden müssten. Ein Schatten huschte unerwartet aus dem umstehenden Gesträuch des verwachsenen Gartens hervor und Steve erkannte eine Katze, die sich mit einen grazilen Sprung auf das marode knarrende Holzgeländer begab. Ihr Fell war dunkel braun und zottelig, wohl eine ganz bestimmte Rasse. Ihre Augen, mit denen sie ihn betrachtete, hatten etwas Ungewöhnliches. Geschmolzenes Silber, das ihr eine mysteriöse Aura verlieh. Es löste ein seltsames Gefühl in ihm los. Aber vielleicht lag es auch nur daran, dass er eigentlich allergisch auf Tierhaare reagierte. Ein Grund, warum er täglich ein Präparat zu sich nehmen musste, damit es sein Leben nicht erschwerte. Etwas, das Dr. Erskine höchst selbst für ihn entwickelt hatte. Keiner kannte seine Patientenakte so gut wie er. Denn es ließ sich nie vermeiden, einem Tierbesitzer über den Weg zu laufen und es wäre mehr als unangenehm im Coffee Shop einen allergischen Anfall zu erleiden, nur weil die Dame vor ihm in der Reihe einen Stubentiger besaß. „Das ist Chocolate. Die Vorbesitzer des Hauses haben sich um sie gekümmert. Aber so gesehen ist sie eher ein Streuner. Ich denke, es ist Macht der Gewohnheit, dass sie immer wieder herkommt, auch wenn das Haus nun leer steht. Die Nachbarn meinen aber, sie wäre verträglich und würde keinen Ärger machen. Sollte sie sie dennoch stören, kann auch das Tierheim beauftragt werden, sie einzufangen und in Gewahrsam zu nehmen.“ Ms. White schien selbst kein großer Tierfreund zu sein oder es gehörte einfach zu ihrem Job, sich auf etwaige Kriterien eines potentiellen Käufers einzustellen. Aber Steve sah keinen Grund, warum Chocolate nicht weiter in der Nachbarschaft umherstreifen sollte, wenn sich niemand von ihr gestört sah. Er mochte keine Ahnung von Katzen haben, aber er wusste dennoch, dass für sie das Leben in Freiheit weitaus bessere Optionen darstellte, als ein überfülltes Tierheim. „Schon gut. Ich sehe kein Problem darin, wenn sie sich ab und an hier zeigt. Am Ende vermisst sie einfach nur die Leute, die sich um sie gekümmert haben.“ Steve konnte dies recht gut nachvollziehen, auch wenn er sich nicht sicher war, ob Katzen überhaupt zu solchen tiefgehende Emotionen im Stande waren. „Wir werden schon miteinander klar kommen, nicht?“ In einen versöhnlichen Versuch, streckte Steve seine Hand dem Tier entgegen, das seine Bewegungen genau aufnahm. Seine Finger waren gerade dabei über Chocolates Kopf streichen zu wollen, als diese ein missmutiges Fauchen von sich gab und mit einer Pfote nach seiner Hand schlug. Seinen Reflexen sei Dank, verfehlten ihn die Krallen jedoch und Steve zog seine Hand rasch zurück. „Ok, versteh schon.“ Er hatte keine Ahnung von Katzen, und Chocolate schien das auch genau zu wissen. Mit einem Satz sprang diese wieder von der Verandaumzäunung und verschwand im Unterholz eines üppigen Rhododendrons. Ms. White führte ihn durch das komplette Gebäude und erzählte ihm eifrig von den Vorteilen, die solch ein altes Schmuckstück zu bieten hatte. Steve war beeindruckt, wie routiniert man versuchte, ihm selbst die unschönen Seiten, wie das komplette Renovieren oder das Reparieren diverser Leitungen positiv zu reden. Er machte den Eindruck von einem kompetenten Heimwerker, der sich dieses Haus somit nach seinen Wünschen, Stück für Stück zu einem individuellen Heim ungestalten könne. „Ihre Partnerin wird sicher ganz begeistert sein, wenn sie erst einmal mit der Innendekoration beginnen kann.“ Steve hatte seine Aufmerksamkeit auf die unerwartet neu erscheinende Einbauküche gerichtet und ließ auch nicht davon ab, über diesen nicht unbedingt subtilen Hinweis. Er war Single und er hatte schon mehr als eine Variante vorgesetzt bekommen, herauszufinden, ob er denn in festen Händen wäre oder nicht. Er war Single und er mochte diese Freiheit, so wie wohl auch Chocolate ihre Freiheit mochte und deshalb wiegelte er mit einem Einfachen „Da bin ich mir sicher.“ die Situation soweit herunter, dass Ms. White davon ausgehen musste, das er leider schon vergriffen sei. Im Großen und Ganzen hatten sie fast zwei Stunde damit zugebracht, sich alles anzusehen und über Kosten und Finanzierung zu sprechen. Es wäre wahrlich viel zu tun, um dieses Haus zu neuem Glanz zu bringen, aber Steve sah es dennoch positiv. Wenn man es nach und nach in Angriff nahm, sollte es nicht unmöglich sein. Außerdem hatten ihm seine Freunde bereits mitgeteilt, dass sie ihm gern bei dem ein oder anderen behilflich wären. Auch wenn er nicht unbedingt auf Tony zurückkommen würde. Dieser hatte zwar fürs Technische einen brillanten Verstand aber für das simple Handwerkliche… Am Ende würde dieses Haus einem Raumschiff ähneln und womöglich auch sämtliche Energie der Nachbarschaft verbrauchen. Mit einer Mappe voller Unterlagen und einer Visitenkarte von Ms. White, auf welcher auch ihre private Nummer ergänzt geschrieben stand, machte er sich wieder auf den Weg zu seinem Wagen. Er kramte gerade seine Schlüssel aus seiner Jackentasche, als ihm eine rasche Bewegung im rechten Augenwinkel seinen Blick in diese Richtung werfen ließ. Auf der anderen Straßenseite, direkt auf dem Gehweg, saß Chocolate und schien ihn augenscheinlich zu beobachten. Es machte zumindest den Eindruck, was Steve prüfend hinter sich schauen ließ, ob dort nicht etwas deren Aufmerksamkeit erregt haben könnte. Ein Vogel vielleicht. Aber er sah weder einen Vogel, noch sonst etwas das ihm Wert erschien, sich darauf zu konzentrieren. Steve zog etwas irritiert seine Augenbrauen zusammen, als er Chocolate erneut ansah. Hatte sie vielleicht gehofft, dass Leute im Haus auch etwas zu Fressen bedeuteten und wartete nun darauf, dass man ihr etwas zukommen ließ? Es war ein trauriger Gedanke, dass Chocolate womöglich darauf wartete, dass die alten Hausbesitzer zurückkommen würden und sich wieder jemand um sie kümmerte. Womöglich war Chocolate recht einsam und auf der Suche nach etwas Zuwendung. Oder aber sie wollte sicher gehen, dass er sich wieder verzog, war ihre erste Begegnung ja eher etwas ruppig ausgefallen. Vielleicht hatte er etwas an sich, dass sie nicht mochte. Unter Menschen, war dies ja auch nichts Ungewöhnliches. Und es würde ihn nicht davon abhalten, in dieses Haus zu ziehen. Und wer wusste es schon. Am Ende würden sie doch noch miteinander zurechtkommen, sollte Chocolate weiterhin dort auftauchen. Doch bis dahin würde es noch etwas dauern, konnten sich solche Abwicklungen doch unerwünscht in die Länge ziehen. Ein Umstand den Steve hoffte, vermeiden zu können. Somit setzte er sich, nach einem letzten Blick auf Chocolate, in seinen Wagen und fuhr zurück nach Hause, um Peggy über den Verlauf der Dinge Bericht zu erstatten. „Ich sehe, du warst recht überzeugend, Stuffy.“ Peggy schaute Steve mit einem Schmunzeln an, die Visitenkarte in ihren eleganten, schmalen Fingern, den man einen kräftigen, rechten Haken wahrlich nicht zutrauen würde. Aber Peggy war eine Frau, die gern zu überraschen und nicht weniger zu überzeugen wusste, wenn sie sich etwas in ihren hübschen und intelligenten Kopf gesetzt hatte. Und Steve hatte über die Jahre gelernt die Zeichen richtig zu deuten und zu wissen, wann es keinen Sinn machte, sich mit ihr anzulegen. Er wünschte nur, sie würde endlich von diesem albernen Kosenamen ablassen. Er war schließlich keine ungelenke zwölf mehr. „Was soll ich sagen, es passiert einfach. Selbst wenn ich andeute, vergeben zu sein.“ Steve ließ sich mit einen Seufzen neben Peggy sinken und reichte ihr die gerade aus der Küche geholte Flasche Bier, die sie dankend entgegen nahm. „Was ist nur aus dem kleinen, schmächtigen Kerlchen geworden, der bloß bei dem Gedanken an ein Mädchen zu stottern begann?“ Peggy lehnte sich mit einem sinnierenden Lächeln auf der Couch zurück. „Dein erster Kuss mit Hana Basket war eigentlich schon filmreif, wenn es eine Komödie hatte sein sollen.“ Steve spürte wie ihn ein Schwall verjährter Verlegenheit traf, war dieser Vorfall schon über dreizehn Jahre her. Hana Basket war ein süßes Mädchen mit buschigen, rotbraunen Zöpfen und Sommersprossen gewesen. Ihre Eltern hatten eine kleine Bäckerei und jeder, der mit ihr befreundet war, bekam immer ein Stück Kuchen umsonst. Viele versuchten ihre Gunst zu erhalten, so wie man es in diesem kindlichen Alter eben zu Stande bekam, schien die Aussieht auf Kuchen wohl Anreiz genug, sich versuchen zu wollen. Steve konnte bis heute nicht sagen, warum Hana sich gerade auf ihn fixiert hatte, verband sie eigentlich nicht mehr, als dass sie in dieselbe Klasse gingen. Er hatte sich nie an diesem Trubel beteiligt und fand es auch ziemlich albern, sich jemandes Freundschaft erschleichen zu wollen, nur, weil ein Bonus dabei heraussprang. Außerdem war er es nicht gewöhnt, dass sich ein Mädchen für ihn interessierte, zogen diese es doch eher vor, immer nur zu tuscheln und über ihn zu kichern, wenn er an einer Gruppe von ihnen vorbei ging. Deswegen fühlte er sich auch ausreichend überfordert, mit Hanas Interesse an ihm. Aber egal wie unbeholfen er sich ihr gegenüber auch zeigte, sie ließ nicht von ihm ab und es gab ihm das Gefühl, womöglich doch nicht nur ein unscheinbarer Außenseiter zu sein. Er lernte sie zu mögen, aber das änderte nichts an seiner Schüchternheit. Und Hana schien es auf ihrem Schulbasar wohl einfach darauf ankommen lassen zu wollen, was in diesem ersten Kuss-Desaster endete. Sie hatte ihn hinter den Anbau des Schulgebäudes gezogen und er erinnerte sich daran, wie seine Hand, die sie ergriffen hatte, feucht mit Schweiß geworden war. Und dann stand sie vor ihm, mit einem scheuen Lächeln auf den rosafarbenen Lippen und eine leichte Prise brachte den maigrünen Stoff ihres Kleides ein wenig zum Tanzen. Sie hatte seine Hand nicht losgelassen und er fühlte sich unbeholfener denn je. Er war sich sicher, dass er mit seinem hochroten Kopf Hanas roten Lackschuhen farblich in nichts nachstand. Und dann hatte sie sich vorgebeugt und ihn geküsst. Womöglich hatte sie sich etwas bei ihrer Schwester und deren Freund abgeschaut oder sich intensiv mit romantischen Filmen beschäftigt, zeigte sie doch rechten Einsatz im Gegenzug zu seinem Unvermögen und seiner Ahnungslosigkeit. Und zwischen all dem aufeinanderpressen von Lippen und dem Versuch irgendetwas Geschicktes entgegenbringen zu wollen, passierte es. Es hatte gut zwanzig Minuten gebraucht, ihre Zahnspangen wieder entwirren zu lassen, begleitet von einer Schar aus Schülern, Eltern und Lehrpersonal. Es war das Peinlichste, was Steve je widerfahren war. Und Hana schien es nicht anders zu sehen, war dies das letzte Mal gewesen, dass sie ihm Beachtung geschenkt hatte. Im Nachhinein war dies wohl schon der Anfang der Tendenz, sich im Laufe seines weiteren Lebens nicht nur auf Frauen zu beschränken, was sein sexuelles Interesse anbelangte. Eine Beziehung mit einem Mann, war in manchen Belangen einfach unkomplizierter. Aber es war nicht weniger zermürbend, wenn es wieder zu Ende ging und man genau wusste, dass der Grund dafür bei einem selbst lag. Deswegen war er einfach nur froh, wenn er seine Freunde um sich haben konnte, die ihn ab und an einfach packten und zu etwas sozialem Tamtam mitschleiften. Sonst würde er wirklich nur zu Hause sitzen. Sam meinte schon mehr als einmal, dass er Seniorenpotential besitze mit seiner faden Glückseligkeit, die ihm ein gutes Buch oder ein Abend mit dem Discovery Canal brachte. Aber sollte er sein Haus wirklich bekommen, dann hätte er für einige Zeit ausreichend Arbeit, die seine Freizeit einnehmen würde. Es juckte ihm schon jetzt in den Finger loslegen zu wollen, war sein Kopf voller Pläne und Ideen, was die Sanierung und Renovierung betraf. Und nicht zu vergessen der Garten. Es gäbe so viel zu tun. *** Steve konnte es sich nicht verkneifen euphorisch mitzusingen, als das Radio -Walking on Sunshine- spielte und er einen abermaligen Blick auf den unterschriebenen Kaufvertrag legte, der neben ihm auf dem Beifahrersitz lag. Somit störte er sich auch nicht an den schrägen Blicken, die man ihm schenkte, als er an einer Ampel zum Halten kam, und man seine sichtliche Ausgelassenheit nicht nachvollziehen konnte. Aber wie sollten sie auch. Für heute Abend, war eine kleine Feier geplant. Das hatte er versprochen, sollte der Kauf glücken. Es wären nur seine engsten Freunde. Sam hatte angeboten, sein Chili nach eigenem Geheimrezept zu machen. Somit hieß es also, dass er sich noch um ausreichend Getränkte zu kümmern hatte. Für Tony brauchte er sich nicht verbiegen, würde dieser eh sein eigenes Bier mitbringen. Dieser pflegte an seinem Import Bräu festzuhalten. Und so sehr Steve auch ein gutes Bier, zu einem gemütlichen Abend schätzte, so musste es nicht erst um den halben Erdball gereist sein, um ihn zufrieden zu stellen. Zum Glück sahen es seine anderen Freunde nicht anders. Sein Handy gab ein stummes Vibrieren von sich und Steve griff es von seinem Platz auf den Beifahrersitz auf. Es war Peggy. „Hey, was gibt´s?“ Er hatte sie sofort angerufen, als er sicher war, alles unter Dach und Fach zu haben und sie hatte sich ehrlich für ihn mitgefreut. Womöglich gab es nun aber eine Änderung, mit ihrem abgemachten Abend, die sie ihm mitteilen wollte. Peggy war Chefin von SHIELD, ein Unternehmen, das sich auf Begleitservice für Frauen spezialisiert hatte. In diesem Falle ging es jedoch nicht darum, einen gutaussehenden Herren für einen Abend buchen zu können, sondern darum das Frauen andere Frauen anheuern konnten, damit diese sie begleiteten, wo sie sonst hätten allein unterwegs sein müssen. Denn nicht jede Frau, fühlte sich mit einem Mann an ihrer Seite auch wirklich wohl und sicher. Es waren die verschiedensten Gelegenheiten, wo SHIELD in Anspruch genommen wurde. Manchmal war es nur um jemanden spät abends unversehrt nach Hause zu begleiten, sei es von einer Feier oder dem Job nach den Überstunden. Manchmal aber auch für einen Anlass, wo eine Begleitung das Fehlen eines Partners ausfüllte. Peggy hatte zu Beginn einige Hürden überwinden müssen, aber es hatte sich herumgesprochen und in einer Großstadt wie dieser, war solch ein Service trauriger Weise schon eine Notwendigkeit. Peggys Mädels waren ein starkes Team. Ehemalige Polizistinnen und Soldatinnen. Frauen, die sich auf Kampfsport und Selbstverteidigung verstanden und es sich zur Aufgabe gemacht hatten, anderen Frauen eine Hand reichen zu wollen. Dieses Unternehmen war Peggy durch und durch und Steve bewunderte sie zu tiefst, dass sie sich nie hatte unterkriegen lassen. Doch durch ihre Firma bestand somit auch immer die Möglichkeit, dass ihr etwas dazwischen kam. Wie es jetzt womöglich der Fall sein konnte. „Wegen heute Abend. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn Sharon vorbeischaut? Sie ist gerade in der Stadt und wollte vorbeikommen.“ Die Ampel schaltete wieder auf grün, doch verpasste Steve den Wechsel über Peggys Information, was ihm ein ungehaltenes Hupen hinter sich einbrachte. Er setzte seinen Wagen schließlich wieder in Bewegung, doch konnte er den aufgekommenen, leidlichen Gesichtsausdruck nicht recht abändern. „Warum nicht, sie ist immerhin deine Cousine.“ meinte er daraufhin etwas verspätet, was Peggy ein leises Seufzen in ihr Telefonat einbringen ließ. „Du weißt, ich kann ihr auch absagen, wenn es dir zu unangenehm ist.“ Nun war es an Steve gezogen durchzuatmen auf Peggy Vorschlag, war er sich doch im Klaren, dass sie es wirklich auch ernst meinte damit. „Schon ok. Wirklich.“ Er lächelte leicht, was auch in seinen nächsten Worten noch mitschwang. „Nur bitte keine Vorwürfe, wenn sie sich dann wieder bei dir über mich aufregt.“ Steve konnte das Augenrollen, das Peggy nun wahrscheinlich wiedergab, deutlich vor sich sehen. „Schon gut Mr. Heartbreacker. Außerdem ist es ihre eigene Schuld, wenn sie es nicht einsieht, dass du kein Interesse an ihr hast.“ Das war nicht immer so gewesen, aber über die Zeit, die er mit ihr zusammen war, hatte er festgestellt, dass er ihr nicht das geben konnte, was sie sich von ihm erhoffte. Sie hatte seine Option als Freunde zu verbleiben zwar angenommen, aber zu Steves Leidwesen nicht wirklich aufgegeben. Das Resultat war, dass sie ihn nun stets und ständig umschwärmte, wenn sie aufeinander trafen. Egal, wie oft er ihr auch versicherte, dass es nichts an seinen Gefühlen ändern würde. Doch sie konnte genauso stur sein wie Peggy. Anscheinend war dies eine Eigenschaft, die bei den Carter Frauen ziemlich ausgeprägt daherkam. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie er sie nach einer Feier in seinem noch zu Hause, einmal in seinem Bett vorgefunden hatte, darauf aus ihn mit anderen „Ansichten“ umstimmen zu wollen. Doch auch wenn Sharon eine attraktive Frau war, und der Hauch von nichts, den sie getragen hatte, dies noch um einiges mehr unterstrich, hatte er ihr einfach nur eine Decke übergelegt und auf der Couch geschlafen. Es mochte für den modernen Standard langweilig sein, aber er hatte den Standpunkt im Leben erreicht, wo flüchtige Bettgeschichten ihm als mehr Mühe erschienen, als etwas das, man genießen und auskosten sollte. Denn es war ebenso nicht einfach den richtigen Menschen zu finden, mit dem man sich eine wirklich anhaltende Beziehung zu wünschen erhoffte. Sich verlieben war eine eigensinnige Prozedur. Er war ein Romantiker im Herzen. Der häusliche Typ mit liebevollen Ausnahmen. Sharon war eher das Gegenteil. Sie mochte es auffällig und rasant. Sie war ein Mensch, den es auf alle möglichen Partys zog und für den es immer irgendwie einen Kitzel geben musste. Er hingegen hatte genug Kitzel in seiner Militärzeit erlebt und sehnte sich nun einfach nach einem simplen und ruhigen Dasein. Der Grund warum er es aber eigentlich vermied mit Sharon aufeinander zu treffen, war jedoch nicht, weil er sich belästigt fühlte von ihren Annäherungsversuchen, sondern weil er wusste, dass sie unter all ihrem selbstbewussten und forschen Flirtereien mit ihm, sich am Ende doch stets bei Peggy ausweinte über sein tatsächliches Desinteresse an ihr. Es tat ihm leid, aber er blieb ehrlich zu ihr, auch wenn es sie verletzte. Über all die Gedanken, die er sich zu seinem Privatleben aufgerufen hatte, hatte es ihn nahezu unbewusst zu seinem neuen Wohnsitz gezogen, da er das Gefühl hatte, dass er hier etwas innere Ruhe wiederfinden würde. Er hatte seinen Wagen in die etwas verwilderte Einfahrt gestellt und griff, nachdem er den Motor zum Verstummen gebracht hatte, nach den Schlüsseln, die sich ebenso auf dem Beifahrersitz befanden. Und erst jetzt, wo er allein und ohne Ablenkung davor stand, konnte er das Bild im Ganzen aufnehmen und es versah ihn mit einem blassen, nostalgischen Empfinden, das ihm direkt ins Herz zog. Mit etwas schwermütigen Schritten trat er schließlich weiter auf das Haus zu. Es drängte ihn nach Erinnerungen, die er hier hatte sammeln können. Wie hatte der Garten wohl früher ausgesehen? Hatte seine Mutter viel Mühe dort hineingesteckt? Hatte er ihr geholfen und das ein oder andere dabei gelernt von ihr? Hatten sie im Sommer manche Abende auf der Terrasse verbracht und sie hatte ihm Geschichten erzählt? Und hatten sie diese zu Halloween geschmückt, mit selbstgeschnitzten Kürbissen? Er hatte seine Freude daran entdeckt, wann immer diese Zeit heranrückte und Dr. Erskine hatte ihn stets für sein Talent gelobt, das er in seinen Schnitzereien gezeigt hatte. Seine Kürbisse waren ein Highlight in der Nachbarschaft gewesen. Er konnte sich vorstellen, dass er vielleicht ab und an allein auf der nun recht schief hängenden Terassenschaukel gesessen hatte, und seine Füße hin-und herbaumelten, weil er den Boden damit nicht erreichen konnte. Er fragte sich, ob er womöglich ein anderes Kind war, als das, welches er tatsächlich in seinen Erinnerungen abrufen konnte. Ein leises, rostiges Quietschen holte Steve aus seinen Gedanken und er erkannte Chocolate, die nun auf der Armlehne der Schaukel saß, und ihn erneut beobachtete. Steve überkam sofort ein schlechtes Gewissen. Er hätte ihr etwas zu fressen mitbringen sollen. Aber sie sah nicht mager oder ungepflegt aus, was ihn ein wenig erleichterte. Anscheinend kümmerte sie sich auch ohne sein Zutun um ihre Verpflegung. „Hey.“, begrüßte er sie mit einem leichten Heben seiner Hand und kam sich augenblicklich etwas albern vor. Er überlegte, ob er noch einmal versuchen sollte, sich mit ihr anzufreunden. Ein Scharren über Asphalt und ein darauffolgendes lautes Fluchen brachte Steve jedoch von seinem Vorhaben ab und er suchte nach der Quelle des nun anhaltenden Schimpfens. Er erkannte einen Jungen mit wilden, braunen Haaren, der sich nun wieder aufrappelte und nach seinem Skatboard griff, dass er nun prüfend musterte. Steve sah, dass dessen linkes Knie unter der nun verrissenen Hose blutete. Er ging ein Stück zurück in Richtung Straße. „Alles OK?“, erkundigte er sich, was den Jungen seinen Kopf abrupt auf ihn lenken ließ und er ihn aus großen, braunen Augen anschaute. „Uhm, ja alles klar. Nur…“ Er hielt das Board etwas nach oben, wo zu erkennen war, dass eines der Räder fehlte. „Sollte mir nun wirklich mal ein neues zulegen.“, grinste der Junge mit einem spitzbübischen Ausdruck und klemmte sich sein Board unter den Arm. „Also dann.“ Damit zog dieser in einem leichten Joggen wieder weiter. Als Steve zur Eingangstür zurückkam, war Chocolate bereits wieder verschwunden. Mit etwas Mühe schloss er die Tür auf und notierte sich gedanklich, dass etwas Öl sicherlich nicht verkehrt sein konnte. Die Dielen knarrten unter seinem Gewicht, aber das war eben der Charme, den ein solches Haus mit sich brachte. Die vorhergehendem Besitzer hatten ein paar wenige Möbelstücke zurückgelassen, unter anderen auch eine Couch deren Bezug mit einem großzügigen Blumenmuster versehen war. Steve ging darauf zu. Er konnte sich daran erinnern, dass bei seinem letzten Besuch eine dieser Plastikfolien darüber gelegt war, um den Staub davon fern zu halten. Doch jetzt war sie heruntergezogen und lag in etwas Abstand auf dem leicht staubigen Boden. Bei genauerer Betrachtung der Umgebung sah es so aus, als wäre jemand durch das Wohnzimmer gelaufen. Und zwar barfuß. Steve hob eine Augenbraue in skeptischer Analyse dieser Tatsache. Es waren aber nicht die einzigen Spuren. Die Abdrücke von Katzenpfoten waren ebenso zu sehen, welche sich mit den nackten Fußspuren überschnitten. Es lag nahe das Chocolate hier ab und an im Haus umherstreifte. Sicherlich kannte sie den einen oder anderen Weg hier hinein. Was aber nicht erklärte, wer die anderen Abdrücke hinterlassen hatte. Ein zögerliches Klopfen an der Eingangstür ließ Steve seinen Augenbrauen fragend zusammenziehen, als er sich dem erneuten Klopfen entgegenbewegte. Eine zierliche, ältere Dame stand auf der Terrasse und schaute ihn entschuldigend entgegen, als er die Tür öffnete. „Verzeihen sie die Störung, junger Mann, ich bin Mrs. Parker. Ich wohne ein paar Häuser die Straße hinunter. Mein Neffe meinte es wäre jemand hier. Ich habe mich im Auftrag des Maklerbüros ein wenig um das Haus gekümmert. Ms. White meinte es wäre wieder verkauft worden.“ Sie lächelte nun etwas zaghaft. „Ich habe einen Schlüssel und wollte ihn dem neuen Mieter vorbeibringen.“ Steve lächelte nun ebenso und bat Mrs. Parker einzutreten, fühlte es sich doch etwas unhöflich an, sie in der Tür stehen zu lassen. „Steve Rogers.“, stellte er sich vor und Mrs. Parker ließ ihn wissen, dass sie May Parker hieße und sie sich freuen würde, dass sich so schnell wieder jemand für dieses Objekt gefunden habe. „Es wäre sehr schade, wenn es verfallen würde. Leider waren die Tailers nicht mehr in dem Alter, um große Reparaturen hier erledigen zu können.“ Steve nickte verstehend. „Ich will versuchen, es wieder auf Vordermann zu bringen. Es hat eine gewisse sentimentale Bedeutung für mich.“ Mrs. Parker schaute ihn interessiert an. „Haben sie denn einmal hier in der Gegend gewohnt?“ Steve nickte erneut. „Als Kind, zusammen mit meiner Mutter.“ „Verstehe, dann ist es ja fast so etwas wie ein nach Hause kommen.“, meinte sie in einem warmen Ton und holte nun den Schlüssel aus ihrer Jackentasche, den sie an Steve weiter reichte. Dankend nahm er ihn entgegen, was nun auch eine Frage in ihm aufkommen ließ. „Wissen sie zufällig, ob es noch einen anderen Weg ins Haus gibt? Also ohne das ein Schlüssel nötig wäre?“ Mrs. Parker schaute Steve etwas verwundert an. „Nicht das ich wüsste. Ist denn etwas nicht in Ordnung?“ „Na ja, ich habe ein paar seltsame Spuren gefunden und fragte mich, ob womöglich jemand dieses Haus als eine Unterkunft genutzt hat, während es leer stand.“ Steve führte Mrs. Parker zu den Abdrücken im Wohnzimmer. „Oh.“ Sie legte eine Hand auf ihre Brust und sah etwas bestürzt aus. „Ich will sie nicht unnötig erschrecken, aber vielleicht ist es dieser merkwürdige Obdachlose der hier ab und an herausstreift. Auch wenn ich mir nicht erklären kann, wie er hier hereingekommen sein soll. Ich habe stets alle Türen und Fenster überprüft. Selbst im Keller.“ Sie schaute ihn mit besorgtem Ausdruck an. „Sie sollten vorsichtig sein. Diese Person ist recht unheimlich. Selbst die Polizei hat ihn nicht aufgreifen können, egal wie oft man sie deswegen schon gerufen hat. Er ist meist im Dunkeln unterwegs und manche meinen sogar, dass er nicht einmal Kleidung am Leib trägt. Bis jetzt hat er noch keinem etwas getan, auch wenn behauptet wird, dass er den Hund von Dr. Schmidt fast zu tote stranguliert hat. Aber dafür gibt es keine Beweise.“ Steve musste zugeben, dass es eine recht ungewöhnliche Geschichte war, vor allem der Teil mit dem nackt durch die Gegend laufen. Aber es war nicht so, dass er sich unsicher fühlte, er würde nur etwas mehr auf der Hut bleiben. Wenn es darauf ankäme, würde er sich schon zu verteidigen wissen. Jedoch konnte er sich sehr gut vorstellen, dass dieser Obdachlose für einige der Nachbarn eine unangenehme Situation darstellte. Er würde auf jeden Fall ein Auge offen halten, würde er gänzlich hier eingezogen sein. Er bedankte sich bei Mrs. Parker für ihre Mühe und konnte ihr das Versprechen abgewinnen, dass er sie, nachdem er sich hier etwas wohnlich eingerichtet hatte, zu einem Kaffee einladen durfte. Kapitel 2: ----------- Ein Woche darauf, war es soweit. Steve hatte mit der Hilfe von Sam, die nötigsten Räumlichkeiten gesäubert und kleinere Reparaturen vorgenommen, sodass sie nun ein paar der Zimmer mit seinem Hab und Gut bestücken konnten. Peggy und Angie hatten sich der Küche angenommen, aus welcher gerade erheitertes Frauenlachen zu hören war. Peggy hatte Angie über ihre Arbeit in einem kleinen, individuellen Café kennengelernt, das sie des Öfteren besuchte, und hatte sich mit ihr angefreundet. Steve lernte Angie als eine Frau kennen, die ebenso wusste was sie wollte und damit nach und nach Peggys Herz erobert hatte. Sie waren nun seit gut einem Jahr zusammen und er gönnte Peggy ihr Glück aus ganzen Herzen. Die beide passten einfach nahtlos zusammen. Er und Sam kümmerten sich derweilen um die Möbel. Während Phil über das Koordinieren der Kisten und anderer Möbelstücke Tony beaufsichtigte, damit dieser keinen zu großen Unsinn anstellen konnte. Auf dem Weg hinauf in sein Schlafzimmer, in welches sie eine etwas sperrige und massive Kommode zu tragen gedachten, fiel Steve Tonys Geschenk auf, das dieser erst vorhin auf dem Kaminsims platziert haben musste. Steve zog seine Augenbrauen abermals skeptisch zusammen, als er es musterte. Er war im wahrsten Sinne sprachlos gewesen, als Tony ihm dieses Stück Kunst überreicht hatte. Tony war dafür bekannt, Leute, ob nun Freunde oder Fremde, gern etwas auf die Schippe zu nehmen. Steve war sich jedoch nicht wirklich sicher, ob dieses Geschenk auch darunter zählte oder Tony es damit vollkommen ernst meinte. „Es passt sicherlich wunderbar auf den Kaminsims.“ Hatte dieser überzeugt gemeint. „Ich weiß ja um deinen Faible für Kunstwerke und dies hier ist ein Einzelstück.“ Tony war auf Steves Unvermögen, sich dazu zu äußern, mit einem „Nein, nein, nichts zu danken.“ an ihm vorbei gerauscht, um das Haus einem genaueren Blick zu unterziehen. Das Problem war nicht, dass Steve etwas gegen diese Art von Dekoration hatte, nur musste es nicht ausgerechnet eine weiße Marmorbüste von Antony Stark sein. Und er war sich sicher das, wäre Pepper nicht auf einer Business Tour in Kyoto, sie ihn auch davon abgebracht hätte. Etwas geschafft schoben er und Sam die Kommode an ihren vorgesehenen Platz, worauf sich Sam ein paar Schweißperlen von der Stirn wischte und sich mit dem Rücken gegen das Möbelstück lehnte. „Warum ist Stark noch mal hier? Hab nicht gesehen, dass er auch nur ein Teil hereingetragen hätte? Aber anscheinend ist sein Ego schon Last genug.“ „Hey, das hab ich gehört!“ Tony trat nun auf sie zu und reichte ihnen, zu Sams Überraschung, sogar zwei Flaschen mit Wasser. „Ich bin überwältigt.“, meinte Sam in einem aufziehenden Ton, und reichte eine der Flaschen an Steve weiter. „Ich weiß, dass du einfach zu begeistern bist Wilson.“ Sam gab auf diesen Kommentar von Tony einen wenig amüsierten „Tsk“-Laut von sich und widmete sich seinem Wasser. „Und hast du dir mein Angebot überlegt? Ich könnte dir dieses Haus im Nu uneinnehmbar machen. Nicht das uns ein nackter Landstreicher unseren Steven wegholt und an einen Jahrmarkt verkauft.“ Steve bereute es kurzerhand, dass er diese Story erzählt hatte. Er hätte sich denken sollen, dass dies, ein guter Grund wäre, um Tonys kindlichen Trieb, alles mit Technik ausfüllen zu wollen, erneut anfachen würde. „Ich denke, ein paar neue Schlösser an den Türen und neue Verriegelungen an den Fenstern reichen zu.“, ließ er Tony nicht zum ersten Mal wissen, was dessen vorfreudiges Grinsen dennoch nicht zum Schwanken brachte. „Ok, das ist kein Problem, überlass mir das Ganze und du…“ „Tony, ich habe schon jemanden damit beauftragt. Außerdem möchte ich vermeiden, die halbe Nachbarschaft gegen mich aufzubringen, wenn eine deiner Spielereien sich wieder selbständig macht.“ Tony ging dazu über eine Schnute zu ziehen. „Das war ein Mal!“ Steve schenkte ihm einen ermahnenden Blick. „Ok, vielleicht zwei oder drei Mal, aber das ist doch das Interessante an solchen Dingen. Sie sind immer für eine Überraschung gut.“ „Sag das den Leuten, die eine halbe Stunde in deinen Firmenfahrstühlen festsaßen und AC/DC auf Konzertlautstärke ertragen mussten. Oder dein Ultron Programm, das die Leute zwei Tage lang nicht aus dem Gebäude gelassen hat, weil es der Meinung war, dass sie ein Virus wären. Und nicht zu vergessen…“ „Ist ja schon gut. Ich gebe zu, dass nicht immer alles perfekt läuft, aber zu meiner Verteidigung, niemand ist gezwungen für mich zu arbeiten. Es steht jedem frei, seinen Job bei Stark Industrie zu kündigen, wenn sie ein paar Lappalien derart ernst nehmen müssen. Außerdem, habe ich ein neues Projekt, an dem ich momentan arbeite. Und diesmal wird es garantiert ein Erfolg. Dagegen ist Ultron nicht mehr als ein Kinderspiel. „Das mag ja sein, aber ich fühle mich dennoch sicherer, wenn dieses Haus auf gut alte Art und Weise abgesichert wird. Ohne Computer, Laser oder umherfliegende Drohnen die, einen mit Elektroschocks versehen.“ Tony schaute Steve entgeistert an, gab aber schließlich ein resigniertes Seufzen von sich. „Rogers, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen du kommst gradewegs aus dem Mittelalter. Aber gut, dann bleibe bei Mistgabel und Fackel, wenn es drauf ankommt. Solltest du deine Meinung noch ändern, du weißt ja wie ich zu erreichen bin.“ Steve schenkte Tony ein Lächeln, das sagte, dass er auf keinen Fall auf sein Angebot zurückkommen würde.“ „Dinosaurier.“, murrte dieser bockig und begab sich unter ständigen Gebrummel wieder nach unten. Dass Tony und er Freunde waren, erschien manchmal eher als eine kosmische Eigenheit. Nicht weil er ihn nicht schätzte. Er selbst sah sich als einer der unvoreingenommensten Menschen, hielt er nicht viel von Vorurteilen, wenn er sein Gegenüber nicht weiter kannte. Tony war der Sohn von Howard, und Howard war einer der engsten Freunde von Dr. Erskine gewesen. Dennoch hatte er Tony erst einige Jahre später kennengelernt, als dieser von einem Internat im Ausland wieder zurück nach New York gekommen war. Ihr erstes Zusammentreffen war von Tonys arroganter Aura und seinem schnippischen Kommentaren bestimmt. Ein Umstand, der ihn zuerst, zukünftigen Abstand hatte halten lassen wollen. Doch über die Zeit konnte er lernen, warum Tony solch einen Wall aus nerviger Spitzfindigkeit und gefälschter Gleichgültigkeit um sich herum hochgezogen hatte. Nach dem Tod seiner Eltern, versuchte er ihm als Freund so gut es ging beizustehen, auch wenn es ihm, durch seine Auslandseinsätze, nur über die Distanz möglich gewesen war. Tony hatte ihn regelmäßig angemault, dass er in Ordnung wäre und keinen Panzer stämmenden Babysitter brauche. Steve war froh gewesen, dass Tony noch Pepper und Rhodey an seiner Seite hatte. Freunde, die ihn zu etwas mehr Vernunft bewegen konnten, wenn er sich im Stillen der Last seiner neu aufgekommenen Verantwortung zu sehr bewusst geworden war und diese versuchte in kostspieligem Alkohol aufzulösen. Das lag nun fast fünf Jahre zurück. Tony war zwar nicht unbedingt feinfühliger geworden, aber er behandelte andere Menschen nicht mehr wie ein notwendiges Übel. Und er wusste, dass Tony Sam ebenso als einen Freund ansah, auch wenn er versuchte, es nicht so durchscheinen zu lassen. Gut nur, das Sam eine der gelassensten Personen war, die er kannte und er recht schnell mit Tonys Allüren zurechtgekommen war. Sie hatten den Truck so gut wie ausgeräumt und sämtliche Möbel soweit im Haus verteilt, das man davon sprechen konnte, dass schon ein wenig Gemütlichkeit herrschte. „Ich kann dir gern dabei behilflich sein, wenn es um das Streichen der Zimmer geht. Ich habe mir ein paar Tricks angeeignet, als ich im Haus meiner Schwester sämtliche Räume nach ihren Wünschen mit Farbe versehen durfte.“, brachte Phil sein Angebot vor, als sie sich alle in der Küche versammelten und lächelte bescheiden, als Steve ihm seine Aufmerksamkeit schenkte. „Ich hatte nicht nur einmal den Gedanken, dass Bob wohl doch eher freiwillig auf Geschäftsreise ging, als seiner schwangeren Frau und ihren ständig wechselnden Renovierungswünschen ausgesetzt zu sein.“ Steve schmunzelte mitfühlend. „Ich komme gern darauf zurück.“ Steve war gerade dabei, mit seinen Freunden und den ausgegebenen Flaschen Bier auf die getane Arbeit anstoßen zu wollen, als ein kurzes Räuspern vom Küchendurchgang her, sämtliche Blicke auf den dort stehenden jungen Mann richten ließ, der etwas nervös auf die Gruppe am Küchentisch schaute. Steve erkannte den Jungen, der vor seinem Haus mit dem Skatboard gestürzt war. „Uhm hi…“ gab dieser unsicher von sich. „Die…die Vordertür war offen und ich, naja ich hab geklopft, aber… die Klingel scheint nicht zu funktionieren und da ich Stimmen hörte. Uhm…also Tante May meinte, ich sollte…sie hat etwas zubereitet und…“ Der Junge hob erklärend die rechteckige Dose in seinen Händen an und Steve trat mit einem seichten Lächeln auf ihn zu. „Dann bist du sicherlich ihr Neffe, oder?“ Der Junge schaute Steve nun etwas erleichtert an. „Uhm ja, ich bin…ich bin Peter.“ „Ok Peter, freut mich offiziell deine Bekanntschaft zu machen.“ Steve streckte ihm die Hand entgegen, was Peter etwas unbeholfen mit der Dose hantieren ließ. „Oh.“ Steve zeigte an, dass er ihm diese abnehmen wollte und Peter drückte sie ihm schließlich in die Hand, worauf Steve sie zur Seite stellte. Er schüttelte Peter die Hand und wendete sich dann wieder den anderen zu, um auch den Rest der Gruppe vorzustellen. Wie sich herausstellte, hatte ihnen Mrs. Parker einen wirklich fantastischen Apfelkuchen gebacken. Apfelkuchen war eine Schwäche von Steve, die er nie zu verstecken im Stande war. Peter hatte etwas von seiner Befangenheit verloren und befand sich in einem Gespräch mit Tony, oder eher gesagt, redete nur Tony und Peter nickte, wenn es angebracht erschien. Sam, Angie, Phil und Peggy verfolgte das Ganze mit einem amüsierten Ausdruck. Steve war gerade dabei die Dose aufwaschen zu wollen, um sie Peter sauber wiedergeben zu können, als plötzlich Chocolate neben ihm auf die Küchenzeile sprang und Steve beinahe einen Herzinfarkt damit besorgte, worauf er die Dose beinahe zurück ins Spülbecken fallen ließ. „Meine Güte, Chocolate, erschreck mich nicht so!“, murrte er, während das Zwicken in seinen Nervenenden, das solch einem Schreck beiwohnte, langsam wieder abklang. Chocolate schaute wie zu erwarten ungerührt von Steve, zu den anderen im Raum. Sie ließ ihre Münzgrauen Augen augenscheinlich analysierend über die Fremdlinge wandern. „Wusste gar nicht, dass du schon ein Haustier hast.“ Peggy erhob sich, um sich Chocolate näher ansehen zu wollen. „Vorsicht!“, kam es von Steve und Peter gleichzeitig, was Peggy mit einer hochgezogenen Augenbraue erwiderte. „Sie ist nicht grad der Schmußetyp.“, informierte Peter sie, was Peggy jedoch nicht einzuschüchtern vermochte, begab sie sich nun mit Chocolate auf eine Augenhöhe. Steve hielt automatisch die Luft an. „Ungewöhnliche Augen.“, stellte sie fest, und wagte es tatsächlich ihre Hand dem Tier entgegenzubringen. Chocolate schaute weiter stur in Peggys Gesicht, ließ aber ihren Schwanz nun etwas energischer hin- und herschweifen. Steve hatte noch immer keine Ahnung von Katzen, aber ihm entging dennoch nicht, wie sich Chocolates Pupillen mit einem Male weiteten und er gerade so noch verhindern konnte, dass deren Krallen unschöne Kratzer auf Peggys Wange hinterließen. Stattdessen hatte er nun drei feine, rote Linien auf seinem Unterarm, die zu bluten begannen. Mit einem leisen Zischen griff er nach dem Geschirrtuch und drücke es darauf. „Alles ok?“ Peggy klang entschuldigend, als sie das Handtuch zur Seite schob und auf die Kratzer blickte. „Hab schon schlimmeres durchgestanden.“ Es war nicht wirklich der Rede wert, jedoch nichts, was man in einem hübschen Gesicht herumtragen sollte. „Uhm…hier.“ Peter reichte ihm eine kleine Plastikflasche auf der zu lesen war, dass es sich um ein Desinfektionsmittel handelte. „Skatboard.“, meinte er auf die fragenden Blicke und zuckte dabei in einer selbstverständlichen Geste mit den Schultern. „Danke.“ Das Brennen steigerte sich um ein weiteres, als er das Spray auf seine Wunden brachte, aber er würde definitiv nicht daran sterben. Steves Blick wanderte nun zurück zu der Stelle, wo Chocolate gesessen hatte, und tatsächlich war diese immer noch da und machte auch nicht den Eindruck, als würde sie etwas bereuen. *** Es regnete in Strömen und Steve musste feststellen, dass das Dach des Hauses stellenweise nicht mehr ganz seine Aufgabe erfüllte. Er gab zu, dass er gar keinen Gedanken daran verschwendet hatte, sich nach dessen Zustand zu erkundigen. Es war eher eine Eingebung gewesen, dies zu überprüfen, als der Regen an Intensität zugenommen hatte. Zum Glück war es nicht so arg, dass der Regen schon durch die Dielen des Dachbodens zog und weiteren Schaden anrichten konnte. Der Wind entlockte den hölzernen Schindeln ein leises Klappern, verbunden mit einem übermütigen Heulen, wenn dieser durch die undichten Stellen im Dachstuhl huschte. Das Krachen von Donner schloss sich an, was das Licht der nackten Glühbirnen unruhig flackern ließ. Sobald das Unwetter aufgehört hatte, würde er sich um die Reparaturen kümmern, aber jetzt konnte er nicht viel tun, außer ein paar alte Blumentöpfe aus einer Ecke zu holen und sie unter die undichten Stellen zu schieben. Ein weiterer heftiger Donnerschlag und Steve stand leise murrend im Dunkeln seines Dachbodens. Die Leitungen waren ebenso eine Sache, die es zu erneuern galt, aber er hatte gehofft, dass er sich vorerst noch auf andere Dinge konzentrieren konnte. In Ermangelung einer Taschenlampe und dem Zurücklassen seines Handys im Wohnzimmer, versuchte er sich vorsichtig zur Bodenluke zurückzutasten, darauf bedacht, nicht haltlos hindurchzufallen, sollte er sich einen Fehltritt erlauben. Das Holz unter seinen Füßen knarrte und der Wind und der Regen jagten mit Donner und Blitzen einher. Steve steuerte diesem Ensemble ein blechernes Scheppern bei, als sein Fuß mit einem Male gegen irgendetwas stieß und es hörbar zu Fall brachte. „Na großartig.“, maulte er verdrossen und schob sich auf seinen Füße vorsichtig weiter. Zum Glück entging er dem Missgeschick Hals über Kopf in die darunterliegende Etage zu poltern und schlich weiter in Richtung Wohnzimmer. Er fand sein Handy auch genau dort, wo er es hatte liegen lassen und machte sich mit dessen Beleuchtung, auf den Weg zum Sicherungskasten, der, wie üblich, im Keller des Hauses seinen Platz hatte. Er konnte froh sein, wenn er sich nicht wirklich noch etwas brechen würde an diesem Abend. Etwas missmutig zog er seine Augenbrauen zusammen, als auch das Bewegen der einen oder anderen Sicherung keinen Erfolg mit sich brachte. Ein Blick aus dem schmalen Kellerfenster zeigte ihm jedoch, dass die komplette Nachbarschaft ohne Licht war und es somit nicht nur an seinen Leitungen liegen konnte. In diesem Falle würde er einfach abwarten müssen. Ein kurzes Gleisen erhellte die Umgebung und Steve fing eine hastige Bewegung, nicht unweit von seinem Kellerfenster ein, die ihn glauben ließ, die nackten Füße einer Person vorbeieilen gesehen zu haben. Sofort kam ihm wieder die Geschichte ein, die ihm Mrs. Parker erzählt hatte und ohne weiter Zeit zu verschwenden, hasstete Steve aus dem Keller und zur Hintertür in der Küche des Hauses, die sich recht nahe an besagten Kellerfenster befand. Rasch öffnete er die Tür und spähte hinaus. Jedoch erschwerte ihm die Witterung und die Dunkelheit eine ausreichende Sicht. Sollte es womöglich dieser merkwürde Landstreicher gewesen sein, der versuchte sich hier Zugang verschaffen zu wollen? Dachte er womöglich, ihn würde niemand bemerken, nun wo der Strom ausgefallen war. Wäre er am Ende sogar zu Gewalt bereit, weil sich jemand seinen Unterschlupf angeeignet hatte. Das Letzte, was Steve wollte, war eine Auseinandersetzung und dass irgendwer verletzt werden könnte. Erneut zuckte ein Blitz auf, doch Steve erkannte auch im kurzen Schein, der damit einherging, nichts Ungewöhnliches. Mit einem Raunen trat er zurück ins Haus, um die Tür wieder schließen zu können. Dieser Abend hatte bis jetzt nicht gerade etwas Entspannendes. Ein schmerzerfülltes Zischen rutschte ihm über die Lippen, als er mit seinem Knie gegen eine Ecke der Küchenzeile stieß und er schon drauf und dran war, einfach ins Bett gehen zu wollen, bevor er sich noch mehr blaue Flecke zuziehen würde. Er befand sich auf halben Wege die Treppe hinauf, als ein kurzes Klicken zu hören war und das Licht, wie auch der Fernseher sich wieder erhellte und die Stille mit leisen Gelächter irgendeiner Unterhaltungsshow unterbrochen wurde. Dennoch fühlte er sich nun recht müde und würde seinem Plan, zu Bett gehen zu wollen, weiter beibehalten. Seine Schritte führten zum Fernseher, den er abschaltete. Mit einem Gähnen wendete er sich wieder um, nur um daraufhin auf ein dunkles Knäul aus nassen, schmutzigem Fell zu blicken, das sich wie selbstverständlich auf der Couch langgemacht hatte. Sie musste sich vorhin durch die Hintertür gestohlen haben. Steve sah die grauen Pfotenabdrücke auf dem Boden, dem vor der Couch befindlichen Teppich und nicht zu Letzt auf der Creme-farbenden Couch selbst, mit der er die Vorhergehende ersetzt hatte. Der Geruch von nassen Fell stieg ihm in die Nase und hätte er es nicht besser gewusst, hätte er gemeint Chocolate würde ihn angrinsen, über die von ihr gemachte Sauerei. „Das ist doch nicht dein ernst, oder?“ Chocolate setzte an, sich seelenruhig eine ihrer Vorderpfoten zu putzen. Steve fühlte sich einen Moment lang beinahe veralbert. Er könnte sie aufjagen und zurück in den Regen scheuchen, aber das brachte er auch nicht übers Herz. Doch wenn er seine Polster noch retten wollte, sollte er sie schnellst möglich reinigen und vermeiden, dass Chocolate sich dabei einen neuen Platz zum einsauen suchte, bevor sie wieder trocken und sauber wäre. Steve kam ein Gedanke. Aber er musste gezielt und geschickt vorgehen. Er verließ das Wohnzimmer, ohne sich noch einmal geäußert zu haben und Chocolate schaute ihm möglicherweise skeptisch nach, über sein wortloses Entfernen. Fünf Minuten später, schlich er sich wieder an und späte prüfend in Richtung Couch, ob Chocolate noch immer dort saß. Diese schien ihn nicht zu bemerken. Gut so, dachte Steve und pirschte sich weiter. In seiner Hand ein großes blaues Frottierhandtuch, das er aus dem unteren Badezimmer geholt hatte. Es war nicht ganz einfach Chocolate in einer raschen Aktion in das Handtuch zu wickeln, zeigte sie sich, wie zu erwarten, äußerst unwillig über diesen Hinterhalt. Doch er hatte sie so erwischt, dass sie ihre Beine und damit auch ihre Krallen nicht zum Einsatz bringen konnte und Steve brachte das widerspenstig ruckende Bündel ins Bad. Mit einem Hüftstoß ließ er die Tür ins Schloss fallen. Er hatte ein paar wenige Zentimeter Wasser in die Wanne gelassen, nur so viel das Chocolates Pfoten und die Ansätze des langen Fels an ihrem Bauch damit in Berührung kommen würden, um den dort befindlichen Schmutz lösen zu können. Er mochte zwar keine Ahnung von Katzen haben, aber auch er wusste, dass sie Wasser in abrupten, großen Mengen nicht mochten, weswegen er es auch so schonend wie möglich anging. Chocolate zappelte nun noch etwas mehr, hatte sie wohl so eine Idee, was sie erwarten sollte. Steve fand es erstaunlich, wie solch ein kleines Tier zu solcher Kraft finden konnte, hatte er zu tun, dass er sie in seinem Griff zu halten. Mit Bedacht ließ er sie in die Wanne nieder und ließ sie die letzten wenigen Zentimeter aus dem Handtuch rutschen, sodass sie auf ihren Pfoten im Wasser landen würde. Doch so wie es aussah, hatte er das Ganze etwas unterschätzt, dachte Chocolate nicht daran sich dieser ganzen Aktion einfach so zu fügen. Sobald sie mit dem Wasser in Berührung kam, ging sie in ein hektisches Toben über, und wollte schnellst möglich wieder raus aus diesem Behältnis. Das Einzige, was sie jedoch erreichte war, dass sie am glatten Rand abrutschte und schließlich vollständig im Wasser landete, was sie nur noch verrückter werden ließ. Und in seiner Erkenntnis, dass er dem Tier mehr Stress zugefügt hatte, als etwas Positives bewirkt zu haben, griff er nach dem nun völlig durchweichten Fellträger, um ihn aus dieser unschönen Situation heraus zu manövrieren. Chocolate war alles andere als dankbar. Sie kratzte und biss, was Steve angespannt zischen ließ, er jedoch nicht daran dachte, sie nun einfach fallen zu lassen. Er setzte sie auf dem Wannenvorleger ab und griff nach einem neuen Handtuch, um Chocolate damit trocken rubbeln zu können. Und zu seinem Erstaunen, ließ diese es nach ein paar Augenblicken, der anhaltenden Gegenwehr, mit sich geschehen. Ein amüsiertes Schmunzeln trat auf Steves Lippen, als er das nun recht aufgebauschte Bündel Katze vor sich betrachtete und diese nun gleich doppelt so plüschig wirkte als sonst. Chocolate schien seine Erheiterung zu bemerken und schenkte ihm einen äußerst missmutigen Blick. „Ach nun sei nicht so. Ich hatte es gut gemeint.“ Steves Ausdruck wurde sanfter. „Vermisst du die Leute, die sich sonst um dich kümmerten?“ Steve kam sich augenblicklich etwas albern vor, Chocolate solch eine Frage zu stellen, erhielt er als Antwort, eh nicht mehr, als dass sie ihn einfach nur weiter anschaute. Und je länger er in ihre Augen schaute, umso mehr spürte er ein merkwürdiges Empfinden in sich aufkommen. Ein leicht aufwühlendes Gefühl, wenn er es beschreiben müsste. Chocolate richtete sich schließlich auf und trappte zur Tür. Steve war sich der Bitte bewusst, oder in Chocolates Fall, wohl eher dem Befehl. „Zu Diensten Fräulein.“, meinte er während er ihr die Tür öffnete und sich sogar leicht in seinem Spaß verbeugte. Chocolate schenkte ihm einen weiteren abschätzigen Blick, bevor sie aus dem Raum stiefelte. *** „Guten Morgen, Captain.“ Steve rollte ein wenig mit den Augen, kombinierte dies aber mit einem leichten Lächeln, als er Jim und Gabe mit einem breiten Grinsen vor seiner Haustür begrüßen konnte. „Uns wurde zugetragen, es gäbe hier ein paar Dinge zu beheben.“ Mit einem bestätigenden Nicken bat Steve die beiden herein und führte sie erst einmal in Richtung Küche. „Ein paar der alten Schlösser und Verriegelungen sind eben schon etwas außer Form und Peggy bestand darauf, dass sie erneuert werden müssen.“ „Sorry, dass wir nicht beim Umzug behilflich sein konnten, aber trotzdem ne nette Hütte.“ gab Gabe von sich, während er sich interessiert umschaute. Steve holte zwei weitere Becher aus einem der Hängeschränke und füllte sie mit Kaffee. „Da gibt es nichts zu entschuldigen, Familie braucht schließlich auch ihre Zeit.“ Gabe und Jims Familie hatten sich über die Jahre eng angefreundet und Steve war der Letzte, der seine Freunde von einem gemeinsamen Familienurlaub abhalten würde, wegen eines Umzuges. Steve stellte die beiden Becher sowie Milch und Zucker vor seine Freunde. Er kannte Gabe und Jim aus seiner Zeit beim Militär, und auch wenn er ihr Vorgesetzter gewesen war, hatten sie und ein paar andere in ihrem Trupp eine freundschaftliche Bindung aufbauen können. Sie waren ein gutes Team gewesen. Umso mehr freute es ihn, dass seine Freunde nach dem Austritt nicht haltlos in die normale Welt hatten zukehren müssen, so wie es für so viele andere Soldaten oft der Fall war. Peggy hatte Beziehungen zu anderen Unternehmen, welche fähige Leute suchten und Steve hatte das Angebot weitervermittelt. „Hat euch die Nachricht erreicht, das Dugan einen Irish Pub aufmachen will?“ Jim gab ein amüsiertes Schnaufen in seine Kaffeetasse. “Irgendwie hatte ich nichts anders von ihm erwartet.“ „Der perfekte Ort um Montys Jungessellenabschied zu feiern. Auch wenn ich nicht glaube, das Sue davon angetan sein wird.“ Die drei Männer gaben ein wissendes Schmunzeln preis. „Noch sind es ein paar Monate bis dahin, und wenn er nicht aufpasst, ist seine Sue auf und davon. Hab gehört, er hat angefangen Schifferklavier zu spielen, und wenn er spielt wie er singt, dann läuft sie ihm sicherlich weg.“ Aus dem Schmunzeln wurde ein einheitliches Lachen. „Das wurde aber wirklich höchste Zeit. Diese Fenster könnte man ja mit einem Zahnstocher öffnen.“ „So ist das nun mal mit alten Häusern, also tobt euch ruhig aus ihr zwei. Ich lege meine Sicherheit getrost in eure Hände.“ Wie auf Knopfdruck straffte sich die Haltung von Jim und Gabe, worauf sie mit einem schnitten Salutieren ein „Zu Befehl, Captain!“ von sich gaben. Steve verließ mit einem leicht ergebenen Kopfschütteln den Raum. Auf dem Weg, die Treppe nach unten, entdeckte er Chocolate, die sich auf der untersten Stufe befand und nun ansetzte ihm entgegen zu kommen. „Guten Morgen, Hoheit.“, meinte er neckend, was ihm erwartungsgemäß nur einen sturen Blick einbrachte, als sie an ihm vorbeistieg. Sie schien ganz offensichtlich die Herrin des Hauses zu sein, machte sie zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass es nicht so wäre, selbst jetzt, wo er hier eingezogen war. Und so gesehen machte es ihm auch nichts aus. Bis jetzt hatte sie keinen großen Schaden angerichtet, bis auf die Sache mit der verschmutzten Couch. Chocolate ging schnurstracks in das Zimmer in dem Gabe und Jim zu tun hatten, was wohl einfach nur ihrer Neugier zuzuschreiben war. Sie tauchte stets auf, wenn neue Leute hier zu gegen waren, was Steve daran erinnerte, dass er seine Freunde wohl warnen sollte, das Chocolate recht wirsch auf Streichelversuchte reagierte. „Irgendwie kann das einen schon nervös machen.“ Gabe schaute von seiner Wasserflasche auf Chocolate, die die beiden auf Schritt und Tritt verfolgt hatte, bei ihrer Arbeit durch das Haus. „Sie ist etwas eigen, aber ansonsten.“ Steve erhob sich von seinem Platz am Küchentisch, wo er seine Freunde zu einer Pause aufgefordert hatte. „Wenn es in Ordnung ist, lass ich euch mal ne Weile allein, da ich noch ein paar Dinge zu besorgen habe. In der Zwischenzeit übergebe ich Chocolate das Kommando. Also keine Dummheiten Männer.“ Steve konnte gerade noch Unterbinden, dass man seinen Befehl abermals mit militärischer Inbrunst anerkannte. Es war ein angenehmer frühherbstlicher Tag, kein Grund die wenigen Blocks bis zum Supermarkt mit dem Auto zurückzulegen. Außerdem gab es ihm die Möglichkeit, sich seine Nachbarschaft etwas eingehender ansehen zu können. Er sah ein älteres Ehepaar, das in ihrem Vorgarten werkelte und schmunzelte erheitert, als die Frau im Vorbeigehen ihrem Mann einen Klapps auf den Hinter gab. Diese Art von Beziehung war immer wieder beneidenswert, vor allem, wenn sie in solch einen Alter noch derart harmonisch sein konnte. Ein Radfahrer rauschte an ihm vorbei, und er hörte kurz darauf das energische Bellen eines Hundes, den eine Frau in Jogging Montur an einer Leine führte. Sein Blick fiel wieder auf die Straße, wo eine in Eile wirkende Frau einen kleinen Jungen an der Hand führte, um diese überqueren zu wollen. Steve verfolgte wie der Junge alle Mühe hatte, Schritt zu halten und ihm auf halben Wege über die Straße, sein Plüschtier aus der anderen Hand rutschte. Der Frau schien es nicht aufgefallen zu sein, zog sie das nun zurückzerrende Kind weiter mit sich. Steve joggte auf das Plüschtier zu, als er verfolgen konnte, wie der Junge sich nun losriss und stur auf dieses zu rannte. Aus seinem Augenwinkel heraus, nahm Steve einen schweren, dunklen Wagen war, welcher auf diese Distanz kein Problem haben sollte, die Szene richtig deuten zu können. Dennoch erhöhte Steve sein Schritttempo. Die Frau war ebenso den Jungen nachgeeilt, der nun nach seinem Hasen griff und ihn an Ort und Stelle abzuputzen begann. Ein schrilles Hupen folgte, was den Jungen sein Spielzeug wieder erschrocken fallen lassen ließ. Noch rechtzeitig packte die Frau das Kind am Arm und zog es von der Fahrbahn, nur um daraufhin mit ansehen zu müssen, wie der protzige Oldtimer ohne Gewissen über den Plüschhasen fuhr und den Jungen damit in ein herzzerreißendes Weinen versetzte. „So ein Widerling.“, brummte Steve erzürnt und nahm schließlich das Stofftier von der Straße. Es war schmutzig und hatte ein, zwei aufgerissene Stellen. Nichts, was man mit etwas Geschick nicht wieder hinbekam. „Hey.“ Steve näherte sich dem Jungen und der Frau, die ihn gerade versuchte zu beruhigen. „Hey.“ Die Frau schaute ihn entschuldigend an, während sie liebevoll über die Wangen des immer noch weinenden Kindes strich. „Ich denke mit der richtigen, ärztlichen Versorgung ist er bald wieder fit.“ Steve hielt den Hasen behutsam in seinen Händen, was den Jungen mit einem Schniefen darauf schauen ließ. Die Frau nahm Steve das Plüschtier ab und schaute mit prüfendem Blick auf das Spielzeug. „Ich denke, der Onkel hat Recht. Wir machen ihn wieder gesund. Du hast doch diese Pflaster mit den Fußbällen darauf, ich denke Mr. Fluff freut sich darüber, wenn du sie mit ihm teilst. Außerdem möchte er nicht, dass du traurig bist.“ Die Frau lächelte den Jungen aufmunternd an. „Wir bekommen das wieder hin, Miles, ok?“ Die Tränen hörten nicht auf zu laufen, aber Miles nickte überzeugt, und die Frau erhob sich nun und schenkte Steve ein dankbares Lächeln. „Dieser Mann ist wirklich furchtbar.“, setzte sie an und deute mit einer Kopfbewegung in Richtung des nun außer Sicht geratenen schwarzen Wagens, während sie Miles wieder bei der Hand. „Danke für die Hilfe.“ „Kein Problem.“ Steve schaute noch einmal auf Miles. „Er ist ein tapferer Hase.“, meinte er zu ihm, was Miles erneute zustimmend nicken ließ. „Der Tapferste!“, gab er nun weitaus weniger geknickt von sich, was Steve ein erleichtertes Lächeln aufsetzten ließ. Kapitel 3: ----------- Steve atmete zufrieden durch. Er hatte heut einiges geschafft. Neben dem Reparieren der Frontterrasse und etwaige Abschnitte der Wasserleitung, hatte er nun auch mit der zeitweiligen Hilfe von Phil das Gästezimmer neu gestrichen und sich somit einen entspannten Feierabend verdient. Die Nacht zuvor war abermals von kurzer Dauer gewesen, hatte ihn doch wieder einer dieser konfusen Träume heimgesucht. Wie so oft, war es das chaotische Verstricken von Ereignissen aus einer durch sein Unterbewusstsein zusammen geknüpften Kindheit gewesen. Und meist verschmolz das Unschuldige und Unbekannte mit einem schweren und erdrückenden Szenario, das von Angst, Verzweiflung und nicht selten auch Tod durchzogen war und ihn stets zum Aufwachen zwang. Auch monatelange Therapien konnten ihn davon nicht befreien. Doch er wusste, dass er nicht der einzige Soldat mit dieser unfreiwilligen aber anscheinend ewigen Bürde war. Er konnte sich etwas davon abzulenken, wenn er es damit überlagerte, sich an den Teil zu erinnern, der etwas mit seiner Kindheit zu tun hatte und zu versuchen, Dinge darin in irgendeiner Weise zuordnen zu können. Die Szenen, die sein junges, eher fiktives Ich erlebte, waren manchmal nahe an dem, was er so verzweifelt in seinem Gedächtnis suchte. Er hatte keine direkte Erinnerung an seine Mutter, aber er kannte ihr Gesicht und er hatte eine Sehnsucht nach dem idealen Zusammen sein mit ihr. Und vielleicht, war das ein oder andere keine Einbildung sondern wirklich etwas, das er in einer ähnlichen Weise tatsächlich erlebt hatte. Es war etwas, an das er glauben wollte. Am Ende konnte ihm niemand diese Illusion widerlegen, und er nährte seine Seele von den schönsten Sequenzen dieser Träume. Manchmal jedoch war da noch etwas anderes. Etwas, das ihm ein Gefühl von Zuneigung wiedergab, er aber nie etwas Genaueres zurückrufen konnte, sobald er erwachte. Er hoffte stets, dass er nicht noch eine weitere ihm wichtige Person mit seinen fehlenden Erinnerungen verloren hatte. Es machte ihm das Herz nicht weniger schwer. Doch es war nichts, was er nicht schon gewöhnt war, und auch nichts, dass er nicht in irgendeiner Form verarbeiten konnte. Er musste einfach nur lernen, damit zurecht zu kommen. Kein Grund, jemandem Sorgen zu bereiten. Sein Blick schweifte durch den nun pastelgrünen Raum. Phil war vor knapp einer halben Stunde wieder gegangen und ohne die Anwesenheit einer anderen Person, fühlte er sich abermals fremd und etwas verloren hier. Er hatte gehofft, dass sich mit dem Wohnen in seinem alten zu Hause die Erinnerungen daran vielleicht nach und nach wiederfinden lassen würden. Aber bis jetzt, hatte es zu nicht mehr gereicht als zu kurzen, flatterhaften Gefühlen. Wie das aufgeschreckte Davonfliegen eines Schmetterlings. Zum Beispiel, wenn er durch die Küche zum Hinterausgang ging und sein Blick auf eine Kerbe im Türrahmen fiel. Wenn er in der Fensternische im Wohnzimmer saß und auf die nun verwilderten Rosenbüsche schaute. Als er zum ersten Mal in diesen Raum getreten war und eine der Dielen ein leises Ächzen von sich gab. Es war auf und davon bevor er seine Hand auch nur danach hätte austrecken können. Keine Bilder, die sich auch nur ansatzweise zu manifestieren gedachten. Keine Stimmen, die einen Dialog hätten formen können. Nichts. Es mochte am Ende vielleicht auch zu viel verlangt sein, dass nach nur zwei Wochen, in denen er hier wohnte, alle Wasser zu fließen begannen, die dieser verfluchte Damm in seinem Kopf vor ihm zurückhielt. Er sollte es als einen guten Anfang sehen, dass sich überhaupt etwas in den blinden Gewässern zu regen schien. Aber trotzdem war er immer ein Stück enttäuscht von sich selbst. Auch wenn man ihm schon oft genug gesagt hatte, dass sich solche Dinge nicht erzwingen ließen. Amnesie. Manche Menschen, denen so etwas widerfahren war, bekamen ihr Leben lang bestimmte Erinnerungen nicht wieder zurück. Aber damit wollte er sich einfach nicht abfinden. Er war doch der Einzige, der noch übrig war. Der Einzige, um das Andenken an seine Mutter zu bewahren. Steve spürte wie ihn erneut der Frust zu greifen wusste, über diese Ungerechtigkeit des Schicksals. Er fühlte sich einfach nur so unsäglich undankbar ihr gegenüber, was er auch mit einem unglücklichen Laut unterstrich. Mit ihrer Arbeit dennoch zufrieden, stieg er schließlich von der Klappleiter herunter. Den Pinsel zum Ausbessern kleinerer Stellen in einer Hand, während er sich mit der anderen über die Stirn wischte. Er hatte sicherlich auch genug Farbe in seinen Haaren. Ein leises Rascheln lenkte seinen Blick zur Tür, wo sich gerade Chocolate über die ausgelegten Papierbahnen und Folien ihren Weg ins Zimmer suchte. „Oh warte, warte!“ Steve ließ den Pinsel fallen, um Chocolate davon abzuhalten in die Farbkleckse am Boden zu treten und generell um ihr Fell von der Farbe fern zu halten. Doch dachte diese wie immer nicht daran, auf ihn zu reagieren. Steve hatte nun schon öfter Bekanntschaft mit ihren Krallen gemacht und wusste, dass sie es partout nicht mochte angefasst zu werden. Aber lieber zerkratzt, als Farbspuren im ganzen Haus. Aber Chocolate schien dazugelernt zu haben, wusste sie Steves greifenden Händen immer wieder rasch auszuweichen. „Ach nun komm schon.“, murrte Steve, worauf Chocolate ihn anschaute und Steve seine Chance erkannte. Doch mit einem raschen zur Seite Schnellen und den Sprint durch seine Beine hindurch vermochte Chocolate ihm etwas das Gleichgewicht zu nehmen. Steve strauchelte leicht nach hinten, wo er mit dem Rücken gegen die Leiter stieß die etwas unter seinem Gewicht nach hinten rutschte. Das abrupte Stoppen der Leiter an der Wand verursachte, dass Steve einen Teil davon nach oben schob und er, über das hektische Entsinnen, des auf dem oberen Tritts befindlichen Farbeimers, versuchte diese wieder in seine Richtung zu ziehen. Was folgte war das besagtes Behältnis durch Steves etwas zu ruckartige Aktion sich entschloss ihm entgegen zu kippen, was ein ausgedehntes Fluchen durch das Haus schickte. Chocolates dunkle Schwanzspitze war alles, was er noch von ihr sah, als sie aus dem Raum entschwand. Soviel zu einem entspannten Feierabend. *** Frustriert warf Steve seine Schlüssel in die gläserne Schale auf der Kommode im Eingangsbereich. Aus seinem etwas verspäteten, entspannten Feierabend war letztendlich ein Abend mit seinen Freunden in einem Club geworden. Peggy hatte darauf bestanden, dass er wieder einmal unter Leute kam, nachdem er sich die letzte Zeit nur noch um das Haus gekümmert habe. „Es wird dir gut tun.“ Hatte sie gemeint und Steve war dem irrwitzigen Gedanken erlegen, dass sie womöglich recht haben könnte. Doch fühlte er sich einfach nur angespannt und rastlos. Und er wusste genau warum. Es gab einen bestimmten Grund, unter all den anderen Gründen, warum er nicht der Typ für Clubbesuche war. Nur konnte er mit keinem darüber wirklich sprechen, würde er aus Scham, eh kein Wort hervorbringen. Somit hatte er vor langer Zeit für sich beschlossen, dass er eben ab und an in den sauren Apfel beißen würde, damit seine Freunde ihn nicht zu sehr bedrängten, indem sie ihn zum Ausgehen zu überreden versuchten. Steve entledigte sich seiner braunen Lederjacke und befreite sich, auf dem Weg in sein Schlafzimmer, auch von seinem Shirt. Er spürte diese alt bekannte Hitze in sich zirkulieren, die es ihm nicht möglich machen würde, jetzt schon an Schlaf denken zu können. Im Schlafzimmer angekommen, streifte er sich seine Jeans von den Beinen und ließ sich mit einem schweren Seufzen rücklinks auf sein Bett fallen, das seinen Körper kurz auf und ab federn ließ. Mit zur Seite gestreckten Armen starrte er an die im Zwielicht liegende Zimmerdecke. Es war eine Vollmondnacht. Weiß-silbernes Licht floss über die vor dem Fenster liegende Fläche und die leicht wiegenden Äste der alten Linde brachten eine beruhigende Dynamik in die sonst ruhende Kulisse. Steve ließ seine Lider sinken. Es brauchte keine Mühe, sich an den Abend in diesem Club zu erinnern. Er hörte die basslastigen Klänge der Musik, sah die stroboskopischen Effekte vor seinem inneren Auge, die den tanzenden Körpern ein faszinierendes Temperament verliehen und spürte die Blicke, die man ihm interessiert zuwarf. Er wusste, er war nicht unattraktiv und er mochte das Kribbeln, das sich über seine Haut zog, durch den unverhohlenen Blick eines ihm ansehnlich erscheinenden Fremden. Das Problem lag nur darin, dass es stets dabei blieb. Tony hatte ihm schon mehr als einmal gesagt, dass es keine Schande sei, sich nach all der Zeit mal wieder auf ein One Night Stand einzulassen, um einfach etwas Dampf ablassen zu können. Die meisten Besucher in solchen Clubs waren eh nicht auf mehr aus, als auf eine Nacht mit befriedigendem Höhepunkt. Es war normal nach unverbindlichem Sex zu suchen. Steve wünschte, er könnte es in solch einer Situation ebenso locker und schamlos sehen wie Tony. Denn Fantasien hatte Steve genug. Genug um das ansteigende Verlangen in sich aufkommen zu spüren, wenn er seine Aufmerksamkeit unbemerkt auf ein theoretisches, potenzielles Ziel legte und sich ausmalte, wie sich eine ungehemmte Nacht mit dieser abspielen sollte. Die Hitze die sich noch immer durch seinen Körper zog, steigerte sich wie zu erwarten, je länger er sich nun dieser Vorstellung uneingeschränkt hingab. Steve biss leicht auf seine Unterlippe, als er eine Hand in Richtung seiner sich aufbauenden Erregung führte, welche er zuerst nur über dem Stoff seiner Short auf und ab zu streichen begann. Ein gedämpftes Keuchen verband sich mit der Bewegung seiner Hand, was ihn daran erinnerte, dass er sich in seinen vier Wänden nicht zurückzuhalten brauchte. Niemand würde ihn hören. Schließlich verfestigte er den Griff um seine Länge, blieb jedoch bei einem leicht mokanten Tempo und stellte sich vor, dass es die Hand einer anderen Person war, die nicht bereit war ihm sofort alles zu geben. Seine andere Hand ließ er im selben verspielten Akt über seine Brust wandern, von der er wusste, dass sie ein hitzig, erregter Rotton zierte. Sein Körper war nur allzu empfänglich, wenn es darum ging ihn rot werden zu lassen, sei es aus Verlegenheit oder Wollust. Seine Finger umkreisten einen der sich erhärtenden Nippel und auch wenn es ihn verlange darüber zu streichen, ihn mehr zu reizen, widerstand er der Versuchung erneut. Ein Stöhnen folgte einem schweren Schlucken, spürte er deutlich wie sich sein Körper mehr und mehr von seinen Stimulationen einnehmen ließ, und er immer sensibler darauf regierte. Langsam tauchten seine Finger unter den Bund der Short, während er seine Beine anwinkelte. Er widmete sich vorerst nur der nun prallen Spitze, aus welcher schon ein paar Tropfen klarer Flüssigkeit hervorgetreten waren. Mit seinem Daumen fuhr er etwas wirscher darüber, übte einen reizenden Effekt darauf aus, der ihn angetan zum Raunen brachte. Er wusste genau, was er spüren wollte und wie. Er hatte diesen Ablauf für sich vervollständigt, um den höchst möglichen Genuss daraus zu erlangen. Schließließ schloss er seine Hand vollständig um seinen Schaft, versah ihn aber noch immer nicht mit ausreichend Druck, um ausgiebige Befriedigung daraus erlangen zu können. Mit dem leichten Auf- und Abbewegen seiner Hüfte brachte er sich wiederholt dazu, einen verlangenden Laut von sich zu geben. Und schließlich erlaubte er sich mehr. Ließ seine Finger ungeniert mit seinen Nippeln spielen, was ihn dieses leichte und ersehnte Vibrieren wahrnehmen ließ, wenn er leicht hineinzwickte. Aber er wusste, er bräuchte so viel mehr, um einen sättigenden Höhepunkt zu erreichen. Er erhöhte das Tempo um seine Länge etwas, ließ seinen Daumen auffordernd über die Eichel gleiten und hörte sich selbst hingebungsvoll Stöhnen über sein Tun. Ein summendes Gefühl füllte seinen ungeduldigen Körper Stück für Stück aus. Ein Zeichen, etwas mehr Einsatz zu zeigen. Steve streifte seine Short nun gänzlich von seinen Beinen, und holte eine kleine, unscheinbare Kiste unter seinem Bett hervor, die er öffnete. Er war lange über die Scham hinweg, für seine Selbstbefriedigung das ein oder andere Hilfsmittel zu verwenden, und nahm den in seiner Art natürlich gestalten Phallus Vibrator zur Hand. Diesen und die Tube mit Gleitgel legte er neben sich auf das Bett und verstaute die Kiste wieder an ihrem Platz. Er positionierte sich daraufhin auf allen vieren, sank aber mit seinem Kopf etwas in die Kissen, als er nach dem Gel griff und sich zwei seiner Finger damit benetzte. Er behielt diese Position bei, als er seine Hand schließlich durch seine gespreizten Beine hindurch zu seinem Hintern führte. Seinen Zeigefinger ließ er ohne Umschweife zwischen die zwei strammen Hälften sinken, was ihn begierig brummen ließ, als die Fingerspitze über den straffen Muskelring streifte. Mit etwas Druck ließ er diese in sich dringen, keuchte über die Sensation, die sich jedes Mal damit verband und leckte sich lüstern über seine Lippen als er weiter vordrang. Ein erregtes Zittern durchzog ihn, als er schließlich auch den dritten Finger in sich gebracht hatte und aus dem stechenden Dehnen langsam das erwünschte Wallen wurde, das sich mit jeder Bewegung seiner Hüfte gegen seine Finger erhöhte. Es war das ersehnte Gefühl, doch es wäre so viel intensiver, wenn es jemand anderes wäre, der seine Finger in ihn brachte, um ihn auf mehr vorzubereiten. So konnte er nichts weiter tun als sich einzubilden, dass es nicht er selbst war, der ihn so intim berührte, und ihn zum Stöhnen und Keuchen brachte über das rhythmische Vor und Zurück seines Unterleibs. Auf der Suche nach diesem bestimmten Punkt, der ihn seinen Kopf ekstatisch in den Nacken werfen ließ, wenn dieser getroffen wurde. Aber es wartete noch etwas mehr auf ihn. Mit einem Griff zu seiner Linken nahm er den Vibrator auf und führte in an seine Lippen. Auch wenn es nicht damit zu vergleichen war ein echtes Exemplar vor sich zu haben, leckte er nicht weniger angeregt über die Eichel. Einfach nur um sich diesem Gefühl etwas inniger hingeben zu können, als es sich einfach nur vorzustellen. Er hatte kein Problem damit, der devote Part zu sein, nur war es nicht gerade das, was man aus seiner Erscheinung ablas und er selbst brauchte ein gewisses Level an Vertrauen, um diese Vorliebe preiszugeben. Nichts was man bei einer flüchtigen Bettgeschichte voraussetzen konnte. Umso frustrierender war diese ganze Geschichte mit dem Sex auch für ihn. Er suchte noch immer nach diesem ganz bestimmten Menschen, bei dem es einfach stimmte, wo alle verstreuten Segmente seiner Emotionen, seiner Wünsche und Begierden sich zusammenführen ließen. Ein Raunen stahl sich hervor, als er den Vibrator weiter in seinem Mund aufnahm und er gleichzeitig das Tempo zwischen seinen beiden Hälften erhöhte. Mit einem unanständigen, feuchten Laut ließ er den Phallus aus seinem Mund rutschen, und versah ihn nun mit ausreichend Gel. Er zitterte erneut, vermischt mit einen brünstigen Stöhnen als er das Maß, das noch etwas mehr als das seiner Finger umfasste, langsam in sich führte und erst abließ, als er es bis zur Basis in sich versenkt hatte. Erst jetzt erlaubte er sich eine Gewöhnungsphase, die er mit tiefen, hektischen Atemzügen umrahmte. „Ahhhhh!“ Nichts blieb mehr davon zurück, mit sich und seinen Gelüsten spielen zu wollen, als er dazu überging den Phallus in raschen, hemmungslosen Stößen wieder und wieder in sich zu bringen und genauso ungezügelt lusterfüllte Klänge von sich zu geben. Er mochte es, wenn man ihn nahm, wenn man sich nicht zügelte und ihn ein impulsives Verlangen entgegenbrachte, das ihm selbst die Luft zum Atmen fehlte. Er mochte es, wild und bestimmend und nichts davon war für ihn so einfach zu bekommen, ohne zuerst diverse Hürden zu überwinden. Die Verdrossenheit über diese Tatsache ließ ihn nur noch energischer in seinen Aktionen werden, ließ ihn heißer aufstöhnen, wenn er seine Prostata gezielt reizte und seine Beine noch weiter auseinander schob für tieferen Zugang. Sein Körper stand in Flammen, und er schmeckte das Salt vom Schweiß, das ihm über die Lippen perlte. Und er war beinahe da. Er ließ seinen Körper nach vorn kippen, als er seine andere Hand an seine schon nahezu schmerhafte Erektion legte und begann sie in festen und frenetischen Bewegungen zu massieren. Es gab keinen Takt, keine Finesse in seinem Bestreben nach einem Höhepunkt. Und doch war es nicht ausreichend, egal wie ungestüm er mit sich vorging, wie sehr es ihm danach verlangte, kommen zu wollen, sich zu befreien. Das Problem war, er brauchte stets einen Kick. Etwas, das in all der wogenden Lust und dem Verlagen der endgültige Abzug war. Der Schupps zum Sprung über die Klippe. Etwas, das ihm beim Sex mit einem Partner kaum möglich war zu finden und einen weiteren Grund darstellte, warum er seine Suche danach so gut wie aufgegeben hatte. Mit seinem Spielzeug jedoch… Etwas fahrig in seiner Wollust suchte er nach dem unscheinbaren kleinen Schalter daran und brachte es ohne Umschweife auf höchster Stufe zum Vibrieren, während es in ihm gegen das eh schon übersensibilisierten Bündel an Nerven stieß. Ein erstickt klingender Aufschrei folgte und Steve gab sich seinem Orgasmus widerstandslos hin. Erschöpft ließ er sich zurück auf das Bett fallen, nur um mit einem etwas unglücklichen Gesicht daran erinnert zu werden, das er seinen Bettbezug nun zu wechseln hatte. Die Hitze seines Körper wisch der Kühle des ihn überziehenden Schweißfilm, und er beschloss, dass eine Dusche nicht das verkehrteste wäre. Mit einem tiefen Seufzen setze er sich an den Rand des Bettes, wo er noch ein paar Nachwellen verspürte und legte seinen Kopf in seine Hände. Egal wie ausgepowert er sich nach solch einem Akt auch fühlen mochte, es war dennoch nicht ein Empfinden von vollkommener Befriedigung das folgte. Es war einfach nicht damit zu vergleichen, einen warmen Körper neben sich zu wissen, ihn atmen zu hören und mit diesem einzuschlafen. Steve schaltete die Lampe auf seinem Nachttisch an, um sich dem Bezug annehmen zu können, als sein Blick auf den Sessel neben der Kommode fiel. Chocolate schaute ihn aus ihren, durch das dimme Licht beinahe goldenen Augen an, hatte sie es sich auf der Sitzgelegenheit bequem gemacht. Steve konnte nicht verhindern sich verschämt zu fühlen, bei dem Gedanken, wie lange sie dort schon lag und ihn beobachtet hatte. *** Hektisch eilte Steve in seine Küche, um wenigstens ein Glas Milch zu trinken, bevor er sich auf den Weg machen musste. Er hatte einen Termin mit Doktor Banner und zu allem Übel völlig verschlafen. Etwas, das wirklich ungemein selten vorkam, konnte er sich sonst auf seine innere Uhr stets verlassen. Etwas, das ihm seine Zeit beim Militär hinterlassen hatte. Aber vielleicht hätte er die letzte Nacht auch nicht versuchen sollen, einen -Herr der Ringe- Filmmarathon durchziehen zu wollen. Er war schon dabei den Karton wieder in den Kühlschrank stellen zu wollen, als ihm einfiel das Chocolate immer recht angetan war, wenn er ihr eine Schale davon hinstellte. Manchmal leistete sie ihm Gesellschaft beim Frühstück, schaute ihn stets aus großen, abwartenden Augen an, bis Steve ihr etwas von dem Schinken oder den Würsten abgab, die er auf seinem Teller hatte. Sie hatte ebenso eine Vorliebe für frisches Fleisch, wenn er sich etwas zum Mittag oder Abendessen zubereitete. Sie schien immer zu wissen, wenn es etwas für sie einzufordern gab. Mit schnödem Futter aus der Dose konnte man sie gar nicht überzeugen. Und es passte zu ihrer Art, sich auch in dieser Hinsicht eigenwillig zu geben. Heute war von ihr jedoch keine Spur zu sehen, was Steve dennoch eine Schale mit Milch füllen ließ, bevor er sich auf den Weg machte. Normalerweise führte ihn dieser in Dr. Banners Praxis in Brooklyn Hights. Doch hatte Bruce ihn informiert, dass es einen Einbruch gegeben hatte und er bei ihm zu Hause vorbeikommen sollte, für seine monatliche Untersuchung und der Auffrischung seines Medikaments. Er hatte Glück, dass Bruce sich dieser Sache angenommen hatte, nachdem Dr. Erskine verstorben war. Bruce war einer von Dr. Erskines bevorzugten Schützlingen gewesen, nachdem dieser sein Studium vielversprechend und erfolgreich beendet hatte. Somit kannten sie sich auch schon ein paar Jahre und teilten die gleiche Anerkennung für Dr. Erskine. Bruce war demnach auch der Einzige, der sich mit der heiklen Zusammensetzung dieses auf ihn direkt angepassten Präparates auskannte, das Dr. Erskine allein für ihn entwickelt hatte, um einige Schwächen im Zaum halten zu können, wie die ein oder andere Allergie. Bruce lebte am Rande von Cobble Hill zusammen mit seiner Frau Betty, mit welcher er auch seine Praxis leitete. Es dauerte auch nicht mehr lange bis das gemütlich anmutende Blockhaus in sein Sichtfeld kam und er seinen Wagen davor parkte. Bruce war ein naturverbundener Mensch, was auch der großzügige Garten wiedergab, der das Haus umschloss. Es wirkte wie eine kleine Oase zwischen all den gesichtslosen Einfamilienhäusern der Nachbarschaft. Steve öffnete das Gartentor, um kurz darauf von Buster begrüßt zu werden. Der Border Collie zeigte sich immer voller Freude, wenn er ihn sah und Steve kraulte ihn begrüßend hinter den flauschigen Ohren. Buster wackelte neben ihm her, als er auf die Haustür zusteuerte und Steve kraulte ihn erneut, als er darauf wartete, dass man ihm nach dem Klingeln öffnen würde. Bruce wirkte müde als er ihm auftat, schenkte ihm aber trotzdem ein warmes Lächeln und eine freundschaftliche Umarmung zur Begrüßung. „Wie geht es dir? Haben sie viel Schaden angerichtet?“ Bruce hatte ihm nicht wirklich etwas über das Ausmaß des Einbruchs mitgeteilt, als er ihn angerufen hatte, um seinen Termin zu verlegen. „Naja, sie haben mitgenommen, was von Wert erschien und nicht zuletzt ein ziemliches Chaos hinterlassen. Trotzdem waren sie wohl schlau genug, die Alarmanlage zu umgehen. Es wird etwas dauern bis wieder alles in Ordnung gebracht ist, aber ich bin guter Dinge.“ Steve nickte verstehend. Es war leider nicht ungewöhnlich, dass man in Praxen einbrach. Meist, weil sich die Täter mit dem Hinterhofverkauf von Medikamenten etwas Geld verdienen wollten. „Wenn du mit etwas Hilfe benötigst, gib einfach bescheid.“, bot er Bruce an, was diesen dankbar nicken ließ, bevor er Steve in sein Arbeitszimmer führte, das mit allem ausgerüstet war, was auch ein Untersuchungszimmer beinhaltete. „Gut, dann die üblichen Fragen zuerst.“ Steve knöpfte sich sein Hemd wieder zu und begab sich auf Bruce Aufforderung hin, in dessen Wohnzimmer, da Betty schon Tee aufgesetzt haben sollte. Bei seinem Eintreffen sah er auch schon zwei Tassen und etwas Backwerk auf dem Tisch, der sich vor der großflächigen Couch befand. Jedoch konnte er Betty nirgendwo sehen. Er war gerade dabei, sich hinsetzen zu wollen, als ihm seine Wahrnehmung dazu veranlasste, sich umzudrehen, kam er sich doch merkwürdig beobachtet vor. Und tatsächlich sah er sich nun einem ihm fremden, blonden Mann gegenüber, der ihn mit leicht zur Seite geneigten Kopf und intensiven Blick fixierte. Jedoch gab er kein Wort von sich. Er erschien Steve etwas jünger als er selbst, aber das konnte durchaus täuschen. „Uhm…? Hey?“, versuchte Steve sich in Konversation, was die Augen des Mannes mit einem flüchtigen, herausfordernden Ausdruck versah. Steve hob unsicher über diesen Verlauf seine Augenbrauen. Doch noch bevor er erneut etwas sagen konnte, trat der Fremde auf ihn zu, sodass er nun direkt vor ihm stand, keine Scheu, dass sich ihre Oberkörper fast berührten, und schaute ihn abermals eindringlich an. Seine Augenfarbe erinnerte Steve an Blau in Aquarell. Nicht kräftig genug, um einen Sommerhimmel wiedergeben zu können, doch präsent genug, um ihn an eine im Sonnenlicht thronende Gletscherwand zu erinnern. Und Steve fühlte sich äußerst unangebracht darauf reagieren. Der Mann war nicht unattraktiv und gab einen dominanten Eindruck wieder. Gedanken, die Wärme in seine Wangen trieb. Gott, es war wirklich zu lange her, dass er ausgedehnten, physischen Kontakt mit jemanden hatte. Seine Untersuchungen außen vorgelassen. Außerdem war Bruce ein guter Freund und verheiratet. Kein potentielles Ziel. Der Fremde legte seinen Kopf erneut etwas schief und lehnte sich weiter nach vorn, sodass Steve dessen Atem an seiner Halsbeuge wahrnehmen konnte. Steve merkte wie sich sein Herzschlag erhöhte. Diese Situation war mehr als merkwürdig und doch bewegte sich Steve keinen Zentimeter. Es war schwer zu erklären, aber er fühlte sich beinahe hypnotisiert und bewegungsunfähig. „Clint!“, drang die zurechtweisende Stimme von Bruce durch den Raum, was den Mann vor ihm zurückweichen ließ. „Hattest du mir nicht versprochen, keinen Ärger zu machen?“ Bruce klang ermahnend, beinahe als habe er ein Kind vor sich, was Clint, zur Unterstreichung dieses Gedanken, auch noch ein spitzbübisches Grinsen aufsetzen ließ. „Sorry Doc, aber ich war neugierig. Schieben wir es auf mein Gespür für recht außergewöhnliche Persönlichkeiten.“ Das Lächeln, das Clint Steve auf seine Worte schenkte, lag nah an lasziv, und gab Steves Wangen einen neuen Schub sich zu röten. „Das reicht.“, wies ihn Bruce zurecht und Steve war kurz davor diesem zu sagen, dass es ihn nicht störte. Hielt sich aber im letzten Moment davon ab. Es war eindeutig der falsche Impuls, um Clint näher kennenlernen zu wollen. Außerdem hatte er keine Ahnung, wer Clint eigentlich war, er hatte ihn noch nie bei Bruce gesehen. „Schon gut Doc, nur keinen Stress.“ Ohne ein weiteres Wort zog sich Clint von ihnen zurück, und Steve schallte sich innerlich einen Narren über das Stück Enttäuschung, das mit diesem mitging. Bruce hingegen rieb sich etwas gestresst wirkend seine Augen. „Tut mir leid. Er ist ziemlich eigensinnig, aber eigentlich ein guter Charakter. Nimm ihn seinen Auftritt also bitte nicht übel.“ „Keine Sorge, ich war nur etwas überrascht über diese ziemlich direkte Art.“ Bruce schüttelte mit einem leichten Lächeln den Kopf. „Da sagst du was.“ „Vielen Dank für den Tee.“ Betty erhob sich und nahm die leeren Tassen auf. „Keine Ursache Steve, du bist jederzeit willkommen, auch außerhalb eines Termins.“ „Hier vergiss die nicht.“ Bruce reichte ihm ein kleines, flaschenbraunes Behältnis mit Tabletten darin. „Du weißt, wenn irgendetwas ist, ruf mich an.“ „Natürlich.“ Damit richtete Steve sich ebenso auf und ließ sich von Betty, die gerade zurück aus der Küche gekommen war, in eine verabschiedende Umarmung ziehen. „Gib auf dich Acht.“ Bruce begleitete ihn noch bis zur Tür, wo Steve seine zuvor abgelegte Jacke wieder aufnahm und überzog. „Dann bis in vier Wochen.“, meinte er und ließ sich auch von Bruce zur Verabschiedung kurz umarmen. Schon im Begriff das Haus wieder zu verlassen, vernahm er die Stimme von Clint. „Hat mich gefreut, Steve.“ Dieser richtete seinen Blick über Bruce Schulter hin, zurück ins Haus. Doch zu seiner erneuten Verwunderung, fand er Clint nicht am Boden des Hauses vor, sondern auf einem der wuchtigen hölzernen Balken lümmelnd, die sich über ihren Köpfen befanden. „Mich ebenfalls.“, gab er etwas holprig zurück, was Clint wieder dieses Grinsen aufsetzen ließ, verbunden mit einem Zuzwinkern, das eindeutig unter die Kategorie Flirterrei gehörte. Bruce jedoch ließ diesem flüchtigen Moment keine weitere Chance, schob er Steve nun beinahe aus der Tür, um ihn aus Clint´s Sichtfeld zu bringen. „Sorry, ich werde definitiv ein Wörtchen mit ihm reden müssen.“ Und da Steve gerade so gar nichts dazu einfallen wollte, nickte er nur und machte sich mit einem letzten Gruß wieder auf den Weg. Diese Chance hatte er nun eindeutig vertan. *** Etwas enttäuscht, schaute Steve auf die abermals unangerührte Schale mit Milch. Es waren zwei Tage vergangen, dass er Chocolate das letzte Mal gesehen hatte, auch wenn er nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob sie nicht irgendwann, irgendwo im Haus zu Gange gewesen sein könnte, ohne dass es ihm aufgefallen wäre. Aber die volle Schale deutete darauf hin, dass sie nicht hier gewesen war. Er gab zu, dass er sich an ihre Gegenwart gewöhnt hatte. Auch wenn sie recht störrisch und im wahrsten Sinne kratzbürstig war. Dennoch war sie eine beständige Präsens geworden, die er nun vermisste. Irgendwie rechnete er stets damit, dass sie aus irgendeiner Ecke hervorgeschossen kam, und ihn in die Beine lief, um ihn damit überrascht zum Stolpern zu bringen. Es war fast schon eine Art Hobby von ihr geworden, wie es schien. Vielleicht würde sie im Laufe des Tages zurückkommen. Vielleicht hatte sie aber auch eine andere Unterkunft gefunden, die ihr mehr zustand. Womöglich streunte sie aber auch nur umher. Mrs. Parker hatte erwähnt, das Chocolate ab und an in Begleitung einer roten Katze zu sehen gewesen war. Womöglich hatte sie sich einen Freund gesucht. Oder, wie Steve es sich eher vorstellen konnte, einen Untertan. Den Gedanken, dass etwas passiert sein könnte, schob er erneut in eine hintere Ecke seines Kopfes. Schließlich verließ er das Haus für seine morgendliche Joggingrunde. Er war etwas zügiger gelaufen als sonst, hatten er und Peggy sich für den heutigen Tag vorgenommen die undichten Stellen im Dach auszubessern, nachdem er sie vorerst nur von innen provisorisch geflickt hatte. Er mochte zwar ab und an unvorsichtig sein, aber auch er wollte seinen Freunden den Schock ersparen, ihn im Krankenhaus aufsuchen zu müssen, nur weil er in seinem Eifer alles allein bewerkstelligen zu wollen vom Dach gefallen war. Aus etwas Entfernung vernahm er laute Stimmen, und als er sich die Straße weiter hinab begab, erkannte er eine Gruppe Teenager, die nun in unschönes Gelächter verfielen. Mit etwas mehr Aufmerksamkeit erkannte er, dass sich jemand in ihrem Kreis auf dem Boden befand. Ein unangenehmes Gefühl der Nostalgie machte sich in Steve bei diesem Anblick breit. Schon im Begriff diesem Schauspiel Einhalt gebieten zu wollen, sprintete auf einmal eine weitere Person auf die Gruppe zu. „Peter?“, kam es Steve fragend über die Lippen, und es brauchte nicht viel, um Steve in Aktion zu versetzen, als er mit ansehen konnte, dass dessen Versuch, die Gruppe von der Person am Boden abzubringen, darin scheiterte, dass er einfach in der Unterzahl war. „Gibt es hier ein Problem?“ Steve hatte es sich nach seiner Dienstzeit abgewöhnt, seine vollen Körpermaße so zu präsentieren, dass er wie gewünscht einschüchternd wirkte. Aber ab und an brachte es immer noch seinen Vorteil mit sich. So wie jetzt. Alle Augenpaare richteten sich auf ihn, und anscheinend reichte seine Erscheinung aus, um die Gruppe Rowdys einen Blick austauchen zu lassen und dann mit einem abfälligen Murren das Weite suchen zu lassen. „Wir sind noch nicht mit euch Freaks fertig.“, gab einer noch von sich, nun, wo sie eine gewisse Entfernung hinter sich gebracht hatten und sich wohl mutig genug dazu fühlten. „Alles ok?“ Peter rappelte sich mit einem verzerrten Gesichtsausdruck auf und klopfte sich etwas Schmutz von seiner Hose. „Ja alles klar. Diese Idioten wissen nur nie, wann es gut ist.“ Steve warf einen besorgten Blick auf den Jungen, der alle viere von sich gestreckt, noch immer am Boden lag und in den Himmel starrte. Er hatte ein paar Kratzer und Schrammen erlitten und ein genauer Blick in dessen Gesicht zeigte eine ebenso großflächige Narbe, die sich von dessen linker Stirnhälfte über Wange und ein Stück seines Kinns zog. Steve fragte sich automatisch, was wohl die Geschichte zu solch einer Verletzung in solch jungen Jahren sein mochte. „Na komm schon, Wade.“ Peter knuffte diesen leicht mit seinem Fuß am Oberschenkel. „Warum die Eile? Schau da, sieht diese Wolke nicht aus wie der Hintern von Lisa Marschall?“ Steve konnte verfolgen, wie Peter genervt mit den Augen rollte. „Gott Wilson, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, diesmal haben sie dir eine zu viel verpasst.“ „Pete, deine Sorge um mich wärmt mir das Herz. Ich weiß genau, warum du der einzig Wahre für mich bist.“Wade machte eine Kussgeste in Peters Richtung, was diesen nun eine grimmige Miene aufsetzen ließ. „Du hast sie doch nicht alle! Und stehe gefälligst auf, wir sind eh schon spät dran!“Wade gab ein beinahe verliebt wirkendes Seufzen von sich und richtete seine Aufmerksamkeit nun auf Steve. „Er ist nur schüchtern.“ meinte er mit einem Grinsen und schälte sich langsam vom Boden und zurück auf seine Beine. „Wade Wilson.“ Resolut streckte dieser Steve nun seine Hand entgegen, als wäre die Sache mit den Rowdys nie passiert. Steve schüttelte diese mit einem leicht skeptischen Ausdruck, war er sich nicht sicher, ob Wade nicht doch einen Hieb gegen den Kopf eingesteckt hatte. „Rogers.“ „Hm, netter Händedruck und generell nette Aussicht.“ Peter war schnell dabei, Wade eine schmerzhafte Kopfnuss zu verpassen, auf diesen Kommentar, was dieser aber gewöhnt zu sein schien, grummelte er nur kurz darüber, ohne sich weiter zu beschweren. „Sorry, er ist einfach nicht ganz richtig, deshalb hat er auch so viele angriffslustige Freunde.“ Mit einer Geste seiner Hand wies Peter in die Richtung, in welche die Gruppe zuvor verschwunden war. „Das ist nicht nett, Honey.“ Wade legte Peter einen Arm um die Schultern und zog ihn an sich, sodass er seine Wange gegen die von Peter pressen konnte. „Wir müssen los du Spinner.“, knurrte Peter während er Wade von sich wegzudrücken versuchte, was diesen zu einem nur noch breiteren Grinsen animierte. „Ich brauch mich nicht zu beeilen, denn…“ Wade deutete auf einen Baum, der in einem Grundstück mit einer hohen Steinmauer stand. „…mein Rucksack ist dort oben. Steve wie auch Peter schaute in die Krone des Baumes und tatsächlich hing dort ein schwarz-roter Rucksack in den Ästen. Peter warf entgeistert seine Hände gen Himmel. „Von allen Grundstücken in dieser verdammten Nachbarschaft!“ Steve konnte Peters Ausbruch nicht wirklich folgen. Es sollte doch nicht das Problem sein den Besitzer zu fragen, ob sie die Tasche herunterholen durften, wenn sie erklärten, was vorgefallen war. Peter gab auf diesen Vorschlag hin ein unglückliches Jammern von sich und ging mit einen frustrierten Seufzen in die Hocke, wo er sich seine Hände an den Kopf legte und ein recht niedergeschlagenes Bild vermittelte. Dann jedoch struppelte er sich wirsch durch seine Haare und erhob sich in einer raschen Bewegung wieder. „OK.“ Mit einem entschlossenen Blick schaute Peter auf seine Armbanduhr. „Wir haben gut 20 Minuten, bevor Schmidt wieder zurück ist. Und beten wir zu Gott, dass er seine Routine Runde mit diesem grässlichen Köter nicht ausgerechnet heute geändert hat. Der Name sagte Steve dunkel etwas. Peter indes schaute die hochgemauerte Umrandung abschätzend an. „Pete, lass gut sein, ich bekomm das auch allein hin.“ Peter zeigte sich nun doch ziemlich angespannt, als er ein grimmiges Zischen von sich gab. „Nein bekommst du eben nicht, ich kenn dich.“, fauchte er nun regelrecht und versuchte mit seinen Fingern halt in den Fugen der Mauer zu finden, um sich hochhangeln zu können. „PETE!“ „Verdammt noch mal, Wade, du weißt wie er ist und wenn er herausbekommt, dass dieser Rucksack dir gehört, wird er dir das Leben zur Hölle machen.“ Wade gab ein freudloses Lächeln auf Peters Hinweis wieder. „Es ist ja nicht so, als wäre es bis jetzt so toll gewesen, dass ich etwas vermissen würde.“ „Gott, du regst mich so auf, Wilson!“ Steve schaute der kleinen verbalen Auseinandersetzung stumm zu, aber es war kaum zu ignorieren, dass diese Sache hier wohl weit schwerer wog, als er angenommen hatte. „Jemand die Zeit mich aufzuklären?“ Peter ließ nun deutlich die Schulter und den Kopf hängen, verbunden mit einem frustrierten Seufzen. „Dr. Schmidt, ist eine der fiesesten Persönlichkeiten in diesem Viertel, wenn nicht gar in ganz New York. Er hasst die Menschen und hat auch kein Problem, das deutlich zu machen. Wenn es nach ihm ginge sollten wir alle in ein Arbeitslager gesteckt werden, so wie es seine Vorfahren getan haben. Ihm reicht schon ein winziger Anlass, um alles daran zu setzen, eine Existenz zu ruinieren. Er hat die Willows dazu getrieben, dass sie ihr Haus verkaufen mussten, weil er sie verklagt hat. Und das nur weil deren dreijährige Tochter ausversehen in ihn hineingelaufen war und ihm die windschnittig gebügelte Hose mit ihrem Eis befleckt hatte. Jeder der diesem Grundstück ungefragt zu nahe kommt, provoziert ein ähnliches Schicksal, denn dieser Typ ist einfach nur komplett irrsinnig!“ Diese Beschreibung klang wirklich mehr als aufwühlend und sollte dieser Dr. Schmidt wirklich solch ein Menschenfeind sein, erklärte sich auch Peters Beharrlichkeit, Wade seine Sachen wiederholen zu wollen. „Gut, wie viel Zeit bleibt uns noch?“, erkundigte er sich ohne weitere Umschweife, was Peter kurz überrascht blinzeln ließ, bevor er erneut auf seine Uhr blickte. „15 Minuten.“ Dr. Schmidt war einer der Menschen, bei denen sich Steve erlaubte von vorn herein misstrauisch zu sein. Er war niemand, der voreilige Schlüsse zog, doch Peters kleine Geschichte und das Wiedererkennen des schwarzen, antiken Maibach in dessen Auffahrt hatte ihm doch einen gewissen, ersten Eindruck gegeben. Er war froh, dass sie Wades Rucksack noch hatten rechtzeitig zurückholen können. Peter hatte ein ungemeines Geschick an den Tag gelegt, was das Klettern betraf. Dr. Schmidt war ihnen dennoch über den Weg gelaufen, doch ohne dass dieser irgendetwas sollte mitbekommen haben, von ihrer kleinen Rettungsaktion. Er gab zu, dass das anhaltende Knurren von Schmidt´s Rottweiler, der den klangvollen Namen Crossbones trug, ihn in Alarmbereitschaft versetzt hatte und er automatisch vor die beiden Jungs gerückt war. Zu seinem Erstaunen hatte Dr. Schmidt ihn als das neue Gesicht in der Nachbarschaft erkannt und sich ein Stück, seiner sonst wohl recht penibel zurechtgelegten Zeit, genommen, sich ihn persönlich vorstellen zu wollen. Er zeigte sich ein Stück weit interessiert an dem Umstand, dass Steve in der Armee gedient hatte, schlussfolgerte er diese Tatsache aus seinem Shirt, dass das Emblem seiner Einheit trug. Dr. Schmidt umgab eine Aura, die Steve ein unwohles Gefühl verschaffte, und damit schien er wahrlich nicht allein, hatten sich Peter und Wade keinen Zentimeter hinter ihm wegbewegt, wohl in der Befürchtung das Crossbones ihren Abzug als eine Einladung ansah, sich in Aktion zu begeben. „Dann haben sie noch einen angenehmen Tag, Captain Rogers. Es war mir ein Vergnügen sie nun auch einmal persönlich kennengelernt zu haben.“ Damit war Dr. Schmidt an ihnen vorbeigezogen, und Steve konnte sich ein erleichtertes Durchatmen nicht verkneifen, als dieser außer Sichtweite war. Selbst in seiner Zeit beim Militär war es für ihn selten gewesen, die Präsens einer Person als derart obskur zu empfinden. Gefährlich; das hatte er gelernt einzuschätzen. Zu allem entschlossen; etwas, das manchmal der letzte Ausweg war. Fern dem hier und jetzt; es war nicht selten in Bezug auf die Umstände, in denen sie sich manchmal durch einen Einsatz wiedergefunden hatten. Dr. Schmidt jedoch umgab etwas, das er nicht festmachen konnte und dies war etwas, das ihn vorsichtig werden ließ. Unerwartete und unangenehme Überraschungen waren noch nie sein Fall gewesen. Kapitel 4: ----------- „Wie wäre es denn mit Phil? Du weißt, er himmelt dich an.“ Steve hätte ein müdes „nicht schon wieder“ von sich gegeben können, hätte er nicht gerade ein Paar Nägel zwischen seinen Lippen, um die neuen Dachschindeln befestigen zu können. Peggy saß auf dem Giebel, da sie sich nicht damit hatte abspeisen lassen, einfach nur von unten her zuzusehen. Und Steve wusste auch warum. Sie nutzte die Zeit, um ihn erneut daran zu erinnern, dass er schon viel zu lange allein war und sich doch endlich mal einen Ruck geben sollte. Deshalb auch der Vorschlag, einmal mit Phil auszugehen. Steve mochte Phil, aber sie waren ebenso befreundet und er wollte ihm nicht das Herz brechen. Und das würde früher oder später einfach passieren. Er kannte sich selbst zu gut. „Peggs.“, gab er knapp und dieses Themas überdrüssig wieder, als sie anfing ihm von Sebastian zu erzählen, der bei ihnen in der Verwaltung arbeiten würde, und ein ziemlich netter und witziger Kerl sei. Außerdem habe er diesen niedlichen ost-europäischen Akzent der ihn nur noch sympathischer machte. „Ich schätze deinen Elan, das perfekte Date für mich finden zu wollen, aber ich habe einfach kein Interesse.“ „Das erzählst du mir seit zwei Jahren, Stuffy.“ Sie klang etwas resigniert. „Ich mache mir doch einfach nur Sorgen um dich, denn ich…wir glauben, dass dir ein Partner wirklich guttun würde.“ Peggy setzte ein leicht wehmütiges Lächeln auf. Steve wusste, was es zu bedeuten hatte. „Ich mache mir Sorgen, dass einer der wunderbarsten Menschen in dieser Stadt allein enden wird, und das wäre eine so unsägliche Verschwendung. Ich wünschte nur, du würdest einsehen, dass es keine Schande ist ein paar Schwächen zu haben. Denn du bist so viel mehr kleiner Bruder.“ Steve sagte nichts zu alle dem, denn auch wenn Peggy es so einfach klingen ließ, konnte er nicht so ohne weiteres über seinen eigenen Schatten springen. Er wollte niemanden zur Last fallen. Doch das würde er, sobald man mitbekam, dass er noch einige Geister aus seiner Dienstzeit mit sich herumtrug. Alpträume, Panikattacken, Tage, wo er einfach nur allein sein wollte. Seine Therapie hatte ihn zwar mit dem aller Schlimmsten zurechtkommen lassen, aber er wollte einfach niemandem diesen unangenehmen Teil von sich aufzwingen. Selbst für ihn war es ein anstrengender Prozess gewesen, sich damit abzufinden und dass er nun einmal lernen musste, damit zu leben. Denn wenn man es nicht verstand, konnte es schnell zu einem unüberwindbaren Hindernis in einer Beziehung werden. Und er brauchte nicht noch mehr Stress. Peggys Hand legte sich plötzlich auf die seine, hatte diese sein Abschweifen in Gedanken mitbekommen. „Komm, lass uns eine Pause machen.“, schlug sie vor und Steve nickte zustimmend. Schließlich kletterten sie zurück zur Dachluke und er ließ Peggy den Vortritt. Sein Blick schweifte über die unter ihnen liegende Nachbarschaft, als er eine Bewegung am Zaun ausmachte, der sich gegenüber der Hintertür befand. Ein Lächeln suchte sich seinen Weg auf sein Gesicht, erstarb aber rasch wieder als er erkannte das etwas nicht stimmte und Chocolate nach einem konfus wirkenden Taumeln einfach zur Seite kippte und regungslos liegen blieb. So schnell wie es ihm möglich war, kletterte Steve durch die Luke und sprintete an Peggy vorbei, die ihm ein irritiertes „Was ist denn los?“ hinterher rief, worauf Steve in seiner Hast jedoch keine Zeit zum Antworten fand. Laut knallte die Hintertür gegen die Außenwand und Steve eilte auf den leblos wirkenden Körper von Chocolate zu. Ohne die übliche Vorsicht auf ihr Reagieren sank er neben ihr auf die Knie und legte ihr eine Hand auf das braune und verklebte Fell. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Zunge hing ein stückweit aus dem Maul hervor. Steves Augen weiteten sich in Entsetzen, als er die dunkle Schlinge erkannte, die sich um Chocolates Hals gelegt befand, die ihm durch ihr langes Fell beinahe entgangen war. Behutsam streifte er mit den Finger das Fell zur Seite und musste erkennen, dass sich der Draht schon in deren Hals geschnitten hatte, was etwas Panik in ihm aufkommen ließ. „Steve, was…?“ Peggy war an seiner Seite und schaute von Steve auf Chocolate. „Ich brauche….“ Ohne sich weiter zu erklären, suchte er sich seinen Weg zurück ins Haus und in den Keller. Irgendwo hatte er eine Zange, mit der er den Draht durchtrennen konnte. Zurück mit dem gesuchten Werkzeug, wies er Peggy an, Chocolates festzuhalten. Auch wenn sie sich nicht rührte, wollte er nicht, dass sie durch den Überraschungseffekt, den Schmerz und Verwirrung auslösen konnte, sich noch weiter verletzte. Ohne zu Zögern kam sie seiner Bitte nach. Ein bekanntes, mulmiges Gefühl durchzuckte seinen Magen, als er den Draht aus der Wunde löste, die nun etwas mehr zu bluten begann, als er ihn komplett entfernte. Chocolate hatte sich die gesamte Zeit nicht bewegt, und Steve rechnete nun doch mit dem Schlimmsten. „Sie atmet noch.“, hörte er Peggy sagen und erst jetzt erlaubte er sich einen genauen Blick auf den sich sachte heben und senkenden Katzenleib. „Wir sollten sie zu einem Arzt bringen.“, fügte sie hinzu und Steve nickte erneut stumm. In ein Handtuch gewickelt und darauf bedacht ihren Kopf so stabil wie möglich zu halten, brachte er Chocolate ins Haus und legte sie dort auf die Couch. Er gab Peggy die Aufgabe nach einer Praxis in der Nähe zu suchen, während er sich daran machte, die Wunde ein wenig zu säubern und einen Verband darumzulegen. Es war nicht viel anders, als bei einem verletzten Menschen. Silbergraue Augen öffneten sich ein Stück und fixierten Steve. Und er lächelte mitfühlend unter dem Gedanken, dass Chocolate, wenn sie könnte, ihm genau jetzt sagen würde, dass er sich verziehen solle. „Ich weiß.“, murmelte er ihr zu und streichelte ihr dennoch über ihr Fell. „Aber ertrage es nur dieses eine Mal, ok?“ Und vielleicht war es ein „na gut“ oder ein „ich kann gerade eh nichts dagegen tun“, dass sie ihre Augen kurz darauf wieder schließen ließ, ohne über Steves Streicheleinheiten zu protestieren. Er hatte sich nur einen Augenblick entfernt, als Peggy meinte, sie habe einen Arzt gefunden, den sie auch schon kontaktiert habe. Und nun schaute er auf den leeren Platz auf seiner Couch. Das Handtuch am Boden und keine Spur von Chocolate. Eilig begann er nach ihr zu suchen, doch war sie wie von Erdboden verschwunden. Unglücklich ließ er sich auf seine Couch sinken, während Peggy erneut die Praxis anrief und ihr Kommen wieder absagte. „Ich habe einmal gelesen, dass sie sich zum Sterben verkriechen, wenn sie merken, es geht mit ihnen zu Ende.“ Peggy setzte sich neben ihn und nahm seine Hand in die ihre. „Tut mir leid, Stevie. Sie schien dir ans Herz gewachsen zu sein, hm?“ „Sie gehörte dazu. Es war bereits ihr Haus, bevor ich es kaufte.“ Es erfüllte ihn mit Traurigkeit daran zu denken, dass sie nicht mehr zurückkommen sollte. „Ich werde noch einmal nach ihr suchen.“ Selbst wenn es nichts bringen mochte, es war immer noch besser, als schon völlig aufzugeben. *** Die kommenden zwei Wochen füllte Steve damit aus, sich endlich zu einem Kunstkurs einzuschreiben, den eine der Universitäten für den Abend anbot. Etwas, das er sich schon länger vorgenommen hatte, aber sich erst jetzt dazu aufraffen konnte. Das Zeichnen hatte ihm immer innere Ruhe verschafft, Ruhe von der er das Gefühl hatte, sie immer seltener für sich finden zu können. Es war außerdem eine gute Gelegenheit etwas Abwechslung in seinen Alltag zu bringen und somit auch dem Wunsch von Peggy nachzukommen, sich nicht zu sehr abzuschotten. Sam hatte ihn zu Thanksgiving mit seinen Eltern eingeladen, so wie er es jedes Jahr tat und da er sonst immer höflich abgelehnt hatte, war es an der Zeit gewesen, dem freundlichen Angebot dieses Mal nachzukommen. Peggy konnte somit die Tage mit Angie und deren Familie verbringen, ohne ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Er kannte Sams Familie gut. Zumindest einen Teil davon und er fühlte sich stets wohl und willkommen in deren Mitte. Und auch mit fast 30 Leuten, war dies keine Ausnahme. Es mochte seltsam erscheinen, doch er suchte nun mehr denn je nach diesen kleinen, liebenswerten Dingen und herzlichen Momenten im Leben, die er sich im Rückblick wie eine Decke aus wohligen Erinnerungen überlegen konnte, um sich damit in stillen und einsamen Stunden umhüllen zu können. Man sollte generell einige Augenblicke einfach mehr zu schätzen wissen. Tony hatte ihnen allen pünktlich zum ersten Dezember eine Rundmail geschickt, die darauf hinwies, dass man sich nicht in Unkosten für ihn stürzen solle, und er sich über jedes Weihnachtsgeschenk freue, solange es von Herzen komme. Es war dieselbe Mail, die er auch schon Anfang November und Anfang Oktober verschickt hatte. Über die Jahre hatte Steve gelernt, dass es Tony wirklich nicht um ein pompöses Präsent ging. Tony war darauf aus, die Leute, die er zu seinen Freunden zählte, dazu aufzufordern, ihm mit den unmöglichsten Nonsens zu beglücken und sei es ein Aquarium Kugelschreiber aus dem 10 Cent Laden. Und wenn man etwas mit Sicherheit sagen konnte, dann, dass Tony Stark zu 65% ein großes Kind war. Steve hatte sich außerdem Gedanken gemacht, wie er den Garten, der das Haus umgab im Frühjahr neu herrichten könnte, um einen Platz zur Entspannung im Freien für sich zu haben. Außerdem hatte er sich in der Nachbarschaft erkundigt, ob jemand den Ursprung dieser ausgelegten Drahtschlinge kannte, und wurde von Mrs. Parker darüber informiert, dass solch ein Vorfall nicht zum ersten Mal passiert sei. Diese barbarischen Fallen würden ab und zu auftauchen, doch niemand wusste, wer sie auslegte und was den genauen Grund für solch eine widerwärtige Tat darstellte. Deswegen gab es auch nur noch selten freilaufende Katzen in ihrer Umgebung, da die Besitzer ihre schnurrenden Vierbeiner dadurch lieber im Haus behielten. Alles andere waren meist Streuner. Steve bat dennoch, dass man die Augen offen hielt, und ihn in dieser Sache auf dem Laufenden hielt. Er fand, dass er dies Chocolate schuldig war. Sie war nicht wieder aufgetaucht. Die erste Zeit hatte er immer die Befürchtung gehabt, dass er ihren leblosen Körper irgendwo im Haus entdecken würde. Sei es unter einem Schrank oder in einer Nische im Keller oder in irgendeiner Kiste, die sie sich als letzte Ruhestätte gesucht hatte. Aber nichts. Der Gedanke sich ein anderes Haustier zu beschaffen, hatte sich mehr als einmal in seine Gedanken geschlichen, wenn er das Haus als zu ruhig und leer empfand. Das Einzige, was ihn davon abhielt war, dass es unfair gegenüber Chocolate sei, sie schon nach so kurzer Zeit einfach zu ersetzen. Steve konnte sich nicht helfen, aber er hoffte irgendwo, dass sie womöglich doch wieder erscheinen würde. *** Es war eine stürmische Nacht. Das draußen tobende Schneegestöber brachte die Scheiben des Hauses zum Vibrieren und das Holz zum Ächzen, doch nichts davon drang zu Steve in seinem unruhigen Schlaf hindurch. Das leise Dröhnen von den Rotorblättern eines Hubschraubers zog durch die flirrende Luft, die ihm das Atmen schwer machte. Krell reflektierte der Sand das unbarmherzige Sonnenlicht und brachte seine Augen zum Tränen. Und doch konnte er nichts weiter tun als abzuwarten. Darauf zu warten, dass… Das Metall seiner Waffe hatte die Hitze aufgesogen und brannte in seinen wunden, verschwitzten und blutbefleckten Handflächen. Das Gebäude, hinter welchem er in Deckung lag, war nicht mehr als eine Ruine, wie auch der Rest des Dorfes, das den Bomben nichts entgegenzusetzen gehabt hatte. Und er wartete. Ein Wimpernschlag und das Klicken eines Abzuges; kein Geräusch das folgte. Flehende, braune Augen in einem Kindergesicht, als er den Lauf seiner Waffe gegen dessen Stirn drückte. Das Klicken eines Abzuges. Kein Geräusch, das folgte. Ein Gewehr in viel zu schmalen Kinderhänden, das man auf ihn gerichtet hielt. Das Klicken eines Abzuges. Kein Geräusch, das folgte. „Ich bin kein Soldat.“ Das Klicken eines Abzuges. Kein Geräusch, das folgte. „Ich habe niemanden mehr.“ Das Klicken eines Abzuges. Kein Geräusch, das folgte. „Ihr habt versprochen, uns zu helfen.“ Das Klicken eines Abzuges. Kein Geräusch, das folgte. „Wegen euch sind sie alle gestorben.“ Das Klicken eines Abzuges. Kein Geräusch, das folgte. „Ich hasse euch.“ Das Klicken eines Abzuges. Kein Geräusch, das folgte. „Ich werde euer Feind sein.“ Das Klicken eines Abzuges. Flehende silbergraue Augen in einem Kindergesicht, ein Körper, der leblos zu Boden sackte. Sein Finger, der den Abzug gedrückt hielt. Das grelle Licht, das seine Augen zum Tränen brachte. Steve spürte seinen Herzschlag in seiner Kehle, die ihm wie zugeschnürt erschien und das Pulsieren nur noch heftiger werden ließ. Seine Augen brannten und er fühlte sich so unsagbar elend, dass er die Tränen nicht stoppen konnte. Er hasste diese Träume so sehr. Ein verzweifeltes Wimmern zwängte sich an dem Knoten in seinem Hals vorbei. Und schließlich setzte das Zittern ein, das seinen ganzen Körper erfasste und ihn einen weiteren wehklagenden Laut von sich geben ließ. Er rollte sich in sich zusammen. Er kannte diese Prozedur. Ein merkwürdiges Geräusch drang kurz darauf an seine Ohren, gefolgt von einer sanften Berührung, die über seinen Unterarm zog. Oder er bildete es sich nur ein. Nach solch einem Erwachen wünschte er sich stets etwas, das ihn zu beruhigen im Stande war, etwas…jemanden, der ihm ein wenig Halt geben würde. Unsicher, ob er sich nicht doch nur in einer Wunschvorstellung verloren hatte, hob er seinen Kopf ein Stück an. Erneut strich der dunkle Schatten an seinem Arm entlang und Steve kamen über ein erstickt klingendes Auflachen erneut die Tränen. Noch immer zwischen den Erinnerungen an diesen Traum und dem Wunsch sich davon losreißen zu können gefangen, streckte er seine Arme aus und zog das Fellbündel an sich heran. „Wo bist du gewesen?“, murmelte Steve in Chocolates weiches Fell, deren Schnurren verstummt war, als dieser sie zu greifen bekommen hatte. Ein Moment verstrich und wäre Steve bei rechten Sinnen, wüsste er, dass er sich normalerweise zu viel mit ihr erlaubte. Aber er verschwendete keinen Gedanken daran, zu sehr suchte er nach diesem kleinen Stück Nähe. Erst am folgenden Morgen würde er sich fragen, ob er es sich nur eingebildet hatte, dass Chocolate sich an ihn geschmiegt und von ihm hatte kraulen lassen, bis er durch ihr leises, einlullendes Schnurren wieder eingeschlafen war. Und ob er ihr wirklich schon gesagt hatte, dass er sie vermisst habe. *** Mit einen erleichterten Stöhnen, schloss Steve die Haustür hinter sich und entledigte sich gleich seiner vom Schnee nassen Stiefel und der dicken Jacke. Ausgerechnet heute war sein Wagen liegengeblieben und er hatte ihn in eine Werkstatt bringen lassen müssen. Er hatte dadurch zwar keine wichtigen Termine versäumt, doch auf seinen Kurs musste er heut leider verzichten. Zu allem Überfluss hatte es auch noch angefangen zu schneien, als er sich auf den Heimweg gemacht hatte. Doch selbst mit Winterstiefeln und Jacke hatte er den Frost in seinen Gliedern gespürt. Sein Plan war nun, sich ein schönes Bad zu gönnen und den Rest des Abends mit einer kuscheligen Decke und einer Tasse heißen Kakaos vor dem Fernseher zu verbringen. Doch zuerst führte ihn sein Weg in die Küche, um das aufkommende Gefühl von Hunger mit einem kleinen Snack zu besänftigen, den er sich zu seinem Bad genehmigen würde. Zufrieden summte er eine leise Melodie vor sich hin, als er das Weißbrot mit Belag versah. Ein Schmunzeln machte sich auf seinen Lippen breit, als Chocolate etwas verschlafen wirkend in die Küche geschlichen kam. Sie setzte sich demonstrativ vor ihren leeren Milchnapf und starrte Steve mit ihrem üblichen, mürrischen Ausdruck an. „Du bist die Ehefrau, die ich mir immer gewünscht habe, Darling. Denn nichts ist so reizend, wie dein liebliches Gesicht zu sehen, wenn ich erschöpft nach Hause komme.“, witzelte er vor sich hin, was Chocolate die Ohren leicht nach hinten legen ließ und sie ihre Augen etwas mehr verengte. Sie gab augenscheinlich den Eindruck wieder, als würde sie ihm deutlich machen wollen, dass er sich seine dummen Sprüche schenken konnte. Steve nahm seinen Teller und in Aussicht auf ein angenehmes Bad, setzte er an, den Raum wieder zu verlassen, als ein unangenehmes Stechen an seinem linken Knöchel ihn daran erinnerte, dass er etwas äußerst Wichtiges vergessen hatte. „Oh entschuldige mein Versäumen, Prinzessin.“ Der Kühlschrank war genau neben Steve und er brauchte nur die Tür öffnen und den Karton mit Milch herauszunehmen, um den Napf damit zu füllen. Und Chocolate zog ihre Krallen erst wieder aus seinem Hosenbein, als Steve in Anbetracht einer Milchmahlzeit, ihrer Aufmerksamkeit nicht mehr würdig war. „Ein Danke wäre ab und an nicht schlecht.“, meinte Steve mit einem Lächeln über die so eigensinnigen Allüren des Tieres, und er erlaubte sich als Gegenleistung, ihr über das weiche braune Fell zu streichen. „Und vielleicht kannst du es ja mal mit einer neuen Frisur versuchen, nur um mir zu zeigen, dass ich es dir noch wert bin, sich etwas auszuputzen.“ Nun musste er doch selbst über sich lachen, als er sich reden hörte und sich schließlich endgültig auf den Weg in das obere Badezimmer begab. Es hatte sich etwas in Chocolates Verhalten ihm gegenüber geändert und dass er sie streicheln durfte, ohne dafür mit blutigen Kratzern bezahlen zu müssen, war eine dieser Neuerungen. Das warme Wasser tat ungemein gut, wärmte es doch die Regionen, die noch immer etwas ausgekühlt waren, wieder und lockerte gleichzeitig seinen Körper auf. Nun wo er die Zeit nutzen konnte, um einfach nur zu entspannen, ging er die kommenden Tage in seinem Kopf durch, und was er noch alles zu erledigen hatte. Es war noch eine halbe Woche bis Weihnachten. Er hatte nicht vor, sein Haus zu dekorieren, denn er war schließlich allein. Das Einzige, woran er festhielt, war sich einen Weihnachtsbaum zu kaufen. Auch wenn ihn die sonstige Schmückerei nicht weiter interessierte, so war ein Baum, etwas, das er mit einem weiteren Stück glücklicher Nostalgie verband. Sam hatte ihm versprochen, ihm beim Kauf zu begleiten und zu beraten. Des Weiteren war da noch Tonys alljährliche Weihnachtsparty, die er in diesem Jahr besonders spektakulär gestalten wollte, um auch gleich die Rückkehr seines alten Freundes Rhodey zu feiern, den es nach zwei Jahren im Ausland nun wieder in die Staaten zurückgezogen hatte. Vielleicht wäre es angebracht, Kleidung zum Wechseln mit auf diese Feier zu bringen, musste man bei Tonys Partys doch mit so einigem rechnen. Dann brauchte er auch noch ein Geschenk für Sam. Zum Glück hatte er das Silberarmband für Peggy noch bekommen, von dem er wusste, dass es ihr gefiel, sie es sich selbst aber nicht kaufen würde. Er hatte sich extra mit Angie ausgetauscht, nicht dass sie ihrer Freundin dasselbe Geschenk zu machen gedachte. Für Tony hatte er eines dieser limitierten T-Shirts bekommen, auf dem im Retrodruck dieser Comic Superheld zu sehen war, von dem Tony in seiner Collegezeit sämtliche Ausgaben gesammelt hatte. Weniger aus Lesevergnügen, wie er stets gemeint hatte, sondern mehr wegen den Science Fiction Elementen, von denen er gemeint hatte, sie irgendwann tatsächlich umsetzten zu können. Die Vorstellung, Tony eines Tages in einer fliegenden Kampfrüstung zu erleben, hatte ihn Unheil ahnend das Gesicht verziehen lassen. Aber so wie es aussah, war dies doch nur eine von Tonys rebellischen Jugendideen gewesen. Und Steve war auch erleichtert darüber. Die Tür zum Badezimmer schob sich ein Stück auf, als Chocolate sich auch schon auf einer der Ablagen zu ihm gesellte. Ihr Interesse ging sofort zu der letzten Sandwischecke mit Schinken über. Eine weitere merkliche Veränderung war, dass Chocolate nun öfter seine Gesellschaft suchte. Nicht weil sie spezifisch auf Streicheleinheiten aus war. Sie suchte sich meist einen Platz, wo sie dann auch einschlief, wenn er sich in irgendeinem der Zimmer befand. Es war selten aber ab und an legte sie sich auch zu ihm, oder gar auf ihn, wenn er Fern schaute oder ein Buch las. Steve nahm an, dass sie entweder einen besonders guten oder besonders schlechten Tag hatte, wenn sie dies tat. Womöglich suchte sie aber auch nur nach einer Wärmequelle, nun wo der Winter sich breit gemacht hatte. Auch wenn er feststellen konnte, das ihr Fell mit dem sinken der Temperaturen nur noch dichter geworden war und er täglich Dutzende lose Haare zusammenkehren oder von diversen Wäschestücken fusseln konnte. Wirklich kalt dürfte es ihr eigentlich gar nicht werden können unter all dem plüschigen Pelz. Aber am Ende half ihr die gesuchte Nähe ebenso wie ihm, wenn sie sich wegen irgendetwas nicht wohl fühlen sollte, als dass es ihr um Wärme ging. Und manchmal schlief sie sogar mit in seinem Bett, und war stets zu Gegen, wenn er aus einem unruhigen Traum erwachte. Ihre Gegenwart schaffte eine beruhigende Atmosphäre und half ihm, sich schneller wieder von der Schwere in seinem Kopf und seinem Körper zu befreien. Deshalb hatte er auch ihr ein Geschenk gekauft, da er sofort an sie hatte denken müssen, als es ihm ins Auge gefallen war. *** „Allerliebst.“, meinte Sam zustimmend und schenkte Chocolate ein breites Grinsen, als er seinen Blick von Steves Handy auf sie richtete. Steve schmunzelte ebenso über das Foto, das er von ihr gemacht hatte. Es zeigte sie mit einer dieser bauschigen, silbernen Weihnachtsbaumgirlanden, die er ihr locker um den Hals geschwungen hatte, als wäre sie eine üppige, reiche Dame mit einem Nerzfell über den Schultern. „Ich hatte es noch mit einer der goldenen Schleifen versucht, die ich ihr aufsetzen wollte, aber das fand sie weniger amüsant und hat das auch schnell deutlich gemacht.“ Steve zeigte Sam die langen Kratzer auf seinem Unterarm. „Du scheinst sie ja doch ziemlich ins Herz geschlossen zu haben.“ Steve gab ein bestätigendes Summen von sich. „Man gewöhnt sich an die Gesellschaft, auch wenn sie so widerborstig sein kann. Aber ich denke, wir verstehen uns nun schon etwas besser, als zu Beginn.“ Chocolate lag auf der Fensterbank und schien zu schlafen, während er sich mit Sam unterhielt, mit dem er zusammen auf Tonys Feier fahren wollte, da sein Wagen noch immer in Reparatur war. „Wie alt ist sie eigentlich?“, erkundigte sich Sam, der nach seinem Tee griff und einen Schluck davon trank. Steve zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“ „Konnte der Tierarzt nichts dazu sagen?“ Steve setzte einen überlegenden Blick auf, den er auf Chocolate gerichtet hielt. „Ich war mit ihr bei keinem Arzt, wenn ich ehrlich bin. Sie macht nicht den Eindruck, als würde sie sich dazu überreden lassen.“ „Grandma Philies hatte gut fünf Katzen und mit jeder ging sie einmal im Jahr zu einer Impfung und um sie generell durchchecken zu lassen. Wenn du nicht weißt, wie alt sie ist, wäre es sicherlich nicht das Schlechteste, sie mal untersuchen zu lassen. Ich weiß zufällig auch, dass Katzendamen recht mannstoll werden können, wenn die Zeit dafür ist. Wenn du nicht aufpasst, hast du irgendwann das Haus voller Katzenbabys, mein Freund. Und dann stelle dir vor, sie kommen alle nach ihrer dominanten Mutter.“ Steve hatte sofort das Bild vor Augen, wie er von einer Herde kleiner Fellknäule mit spitzen Krallen überwältigt wurde, da deren Mutter ihn als ein passendes Übungsobjekt auserkoren hatte, an dem sich die Familie austoben konnte. „Ich hätte wohl keine ruhige Minute mehr.“ Und wie als hätte Chocolate seine Worte und den Zusammenhang verstanden, öffnete sie ihre Augen ein Stück und vermittelte Steve damit den Eindruck, dass er sich in diesem Falle, wirklich auf einiges gefasst machen könne. *** Mit einem Seufzen nahm Steve seine graue Sweatjacke auf, die er sich gestern schon auf dem Sessel in seinem Schlafzimmer zurechtgelegt hatte. Ihm kamen Tonys Worte wieder ein, als er sich daran machte, die Ansammlung an braunem Fell von seiner Jacke zu zupfen. „Andere Männer haben den Hauch eines Frauenparfumes an sich oder Lippenstift an ihrem Hemd, aber unser Captain trumpft lieber mit Katzenhaaren und Kratzspuren auf. Ein echter Tiger eben.“ Hatte dieser mit einem zu breitem Grinsen gemeint und Steve wiederholte das Kopfschütteln, dass er auf diese Worte hin gezeigt hatte. Wenn das so weiter ginge, brauchte er wirklich eine dieser Bürsten, die man in der Fernsehwerbung immer so enthusiastisch anpries. Die Katzen, die damit gestriegelt wurden, schienen immer ganz begeistert davon zu sein, warum sollte es nicht auch bei Chocolate funktionieren. Er würde sicherlich eine versöhnliche Aktion benötigen, wenn sie den Besuch beim Tierarzt hinter sich gebracht hatten. Sam hatte ihn wissen lassen, dass die Katzen seiner Grandma auch stets etwas verstimmt waren nach dieser Sache. Nur war fraglich, ob eine dieser Katzen einen ähnlichen Charakter wie Chocolate besaß. In ihrem Falle konnte er sich nicht vorstellen, dass es einfach nur bei ein paar Stunden schmollen bliebe. Sie war so unglaublich eigen, dass er sie noch immer nicht wirklich einschätzen konnte. Er dachte an das verwaiste Katzenkissen zurück, das er ihr zu Weihnachten gekauft hatte. Es schien ihm eine gute Idee, nachdem sie nun öfter im Haus blieb und stets einen warmen Platz zum Schlafen suchte. Doch das Erste, was sie getan hatte, als er es für sie aus dem Papier befreit hatte, war es kritisch zu beäugen, was so gesehen nicht ungewöhnlich erschien. Er hatte daraufhin mit Begeisterung verfolgen können, wie sie schließlich darauf gestiegen war, nur um dann mit Entsetzen die Augen zu weiten, als sie einfach nur darauf pinkelte und schließlich wieder davontrappte. Womöglich war ihr das knall pink’ne Plüsch und das in Gold darauf gestickte „Princess“ zu aufdringlich, oder es roch ihr zu fremd. Darüber hatte er gelesen. Jedenfalls hatte sie es daraufhin völlig außer Acht gelassen. Und er war schon etwas enttäuscht darüber. Vielleicht sollte er einfach einen Kissenbezug darüber ziehen, hatte Chocolate auch die Angewohnheit sich auf einem der Kopfkissen in seinem Bett zur Ruhe zu legen. Doch das konnte er alles später noch tun, jetzt hieß es erst einmal, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten, wollte er Chocolate nicht skeptisch werden lassen. Sein Plan war es, sie in die Küche zu locken, so wie es immer funktionierte, wenn er ihr die Schale mit Milch füllte oder etwas zu Fressen für sie herausspringen konnte. Er würde dann ganz nebenbei die Tür schließen, sodass sie keine Fluchtmöglichkeit mehr hatte. Die Transportbox hatte er unter einem Laken getarnt und neben der Hintertür platziert. Die größte Herausforderung war jedoch, sie dort hineinzubekommen, ohne sie zu sehr zu verschrecken oder gar zu verletzten. Steve atmete einmal tief durch. Chocolate war wie zu erwarten zu ihrem Napf gestiefelt und Steve hatte die Tür vorsichtig geschlossen, als sie abgelenkt war. Doch kaum, dass er sich auch nur einen Meter bewegt hatte, blickte sie plötzlich auf und schaute sich eilig um. Sie nahm den typischen Blick eines gefangenen Tieres an, als sie langsam von Steve zurückwich, ihn aber keine Sekunde aus den Augen ließ. Steve tat es augenblicklich leid, sie in solch eine Situation zu bringen, aber es war schließlich auch zu ihrem besten, wenn sie einmal gründlich untersucht werden würde. Außerdem hatte er sie neulich erst mit dieser roten Katze gesehen und Sams Worte hallten seit dem beständig durch seinen Kopf. Er fühlte sich nicht wirklich dazu fähig, sich um Katzenkinder zu kümmern, sollte Chocolate ihn eines Tages damit überraschen wollen. Er kam ja mit ihr gerade so zurecht. „Hey, du brauchst keine Angst zu haben, versprochen. Ich möchte dich einfach nur mal durchchecken lassen und mir ein paar Ratschläge einholen, damit ich mich besser um dich kümmern kann.“ Steve pirschte sich unter sanften Reden auf Chocolate zu. Mit einem Satz sprang sie auf die Küchentheke und sprintete über diese hinweg, wobei sie eine Tasse zu Boden schickte, die dort zerschellte. Steve gab ein leidiges Murren von sich. Das hätte er bedenken sollen. Steve versuchte erneut auf sie einzureden, als er sich ihr wieder näherte. Ein weiterer Satz auf einen der Küchenstühle, der durch den Schwung zur Seite kippte, während sie weiter auf den Tisch sprang. Chocolate visierte den Schrank, der am nächsten an der Hintertür stand an. Kurz schätzte Steve die Situation ein und ihm wurde deutlich, auf was Chocolate aus war. Mit etwas Anlauf setzte sie zu einem erneuten Sprung an, der sie auf den Schrank und folglich auch auf eine praktische Höhe brachte, dass sie nur noch auf die Türklinge der Hintertür springen musste, um diese aufzubekommen. „Clever Prinzessin.“ Steve war jedoch schnell genug, um ihr den Weg zu blockieren, auch wenn das bedeutete, dass sie ihn anstelle der Tür anspringen würde. Das Nächste, was passierte, war jedoch nicht, das schon vertraute Brennen von Kratzern, die man ihm zufügte, sondern Finger, die sich schmerzlich in seine Schulter gruben, als wären es Krallen und das wütende Gesicht einer Person, die ihn aus wintergrauen Augen fixierte. „Verdammter, nerviger Idiot!“, fauchte man ihm regelrecht entgegen, doch Steve war wie gelähmt und schaute einfach nur aus großen fassungslosen Augen auf die Person vor sich, ohne wirklich wahrzunehmen, dass die Eckzähne, die man ihm mit drohenden Gebärden zeigte, keinesfalls zu unterschätzen sein sollten. „Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen!? Ich brauche niemanden, der an mir herumdoktert, verstanden!“ Diesen Worten wurde mit einem derben Schupps nach hinten Nachdruck verliehen, was Steve daran erinnerte, dass er sich nun vollständig gegen die Hintertür gepresst befand, und sein Hinterkopf unsanft mit dem Holz kollidierte. „Und außerdem bin ich keine Prinzessin, du ignoranter Abkömmling deiner Rasse! Mein Name ist Bucky und ich bin ein Kerl, kapiert!“ Steve spürte, wie man grob eine seiner Hände packte, und sie in Richtung Körpermitte des Fremden dirigierte und sie dort dagegen drückte. Steves Augen weiteten sich noch ein Stück mehr. „So ist es. Keine Pussy, Mister.“ Es war diese schamlose Geste, die Steve registrieren ließ, dass die Person vor ihm komplett unbekleidet war. Und nicht nur das. Auf dessen Kopf und zwischen den schulterlangen braunen Haarfluten schauten Ohren hervor. Ohren, die dort nichts zu suchen hatten und dazu denen von Chocolate ungemein ähnlich waren. So wie der lange dunkle Schwanz, der aufgebracht hinter dem Rücken des Fremden tänzelte. „Was zum…!?!“ Kapitel 5: ----------- Steve stand noch immer an die Hintertür gelehnt und versuchte den Drang, nicht einfach haltlos an dieser hinabzurutschen, zu ignorieren. Es wäre eine äußerst unvorteilhafte Höhe, sich einer nackten Person gegenüber zu sehen. War Person in diesem Falle überhaupt der richtige Begriff? Der Mann…Bucky? Hatte ein wenig Distanz zwischen sie gebrachte und schien sich nun auch wieder ein wenig beruhigt zu haben. Zumindest hoffte Steve das. Das Stechen in seiner Schulter war noch immer ziemlich präsent und er spürte einen erneuten Schmerzimpuls, als er einen flüchtigen Blick auf die Hände des anderen richtete und statt einfach Fingernägeln, tatsächlich Krallen ausfindig machen konnte. „Hör zu, ich hatte nicht vor, es soweit kommen zu lassen, aber…“ Steve kam dieser Satz recht bekannt vor. In Filmen war dies meist die Einleitung eines unschönen Szenarios und er musste zugeben, dass er sich noch immer recht benommen fühlte von dieser ganzen bizarren Situation. Vielleicht hatte er ja zu viel getrunken. Er wusste, dass er noch eine halbe Flasche von diesem selbstgebrannten Pfirsichschnaps hatte, die ihm Dum Dum letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte. Womöglich hatte er es übertrieben. Dieses Zeug war wirklich nicht zu unterschätzen. Oder er hatte sich irgendwo den Kopf geschlagen und das Bewusstsein verloren. Vielleicht bei dem Versuch, Chocolate einfangen zu wollen. Am Ende war dies alles nur wirres Hirngespinst, während er ausgeknockt am Boden lag. Denn die Option, dass es sich um einen verqueren Traum handelte, erschien auf paradoxe Weise immer realistischer. Nur war das unruhige Gefühl, das er verspürte so ungemein prägnant, dass er sich nicht darauf verlassen wollte, dass er im schlimmsten Falle schon wieder zu sich finden würde. „…ich werde dieses Haus nicht verlassen. Es ist mir egal, was du dazu sagst, aber ich brauche diesen Ort, als Unterschlupft.“ Bucky schaute ihn aus ernsten und kühlen Augen an, die ebenso die einer Katze waren, und in Anbetracht seiner nun doch eher menschlichen Gestalt, nur noch faszinierender wirkten. Steve rüttelte sich energisch aus diesem unangebrachten Gedanken. „Warum gerade dieses Haus?“, stellte er schließlich die etwas verzögerte Frage, was Bucky einen Stuhl heranziehen ließ, auf den er sich setzte. „Das geht dich nichts an. Fakt ist, ich bleibe und rate dir mir keine Schwierigkeiten zu machen.“ Dessen Augen zeigten ein eindringliches Funkeln, als er ihn weiter damit fixierte. „Man weiß nie, was einem im Schlaf so passieren kann.“ Bucky stütze über ein unmissverständliches Grinsen einen Arm auf dem neben ihm befindlichen Tisch ab und lehnte seinen Kopf gegen seine Hand. „Ich kann dir garantieren, dass, wenn du jemanden von mir erzählen solltest, dich eh alle nur für einen Spinner halten werden. Also lass es.“ Bei diesem Punkt konnte Steve keine Widerrede geben, denn er würde es ja selbst nicht glauben, würde man es ihm einfach so weiß machen wollen. „Und was heißt das jetzt? Dass ich in meinem eigenen Haus eine Geisel bin und zu machen habe, was mir ein merkwürdiger Typ mit Katzenfetisch vorgibt?“ Irgendwie machte ihn die selbstverständliche und arrogante Art dieser Kreatur hitzköpfig. Immerhin war es sein Haus und er würde sich nicht einfach so etwas verbieten lassen. Zu seiner Überraschung folgte nun jedoch keine Handgreiflichkeit oder ein ruppiger Kommentar über seine Aufmüpfigkeit. Stattdessen gab es ein erschöpft wirkendes Seufzen, gefolgt von einem ebenso müde wirkenden Augenreiben. „Ok, lass uns noch mal neu anfangen. Alles was ich will, ist hier zu bleiben ohne irgendwelches Aufsehen. Ich werde in meiner anderen Form verbleiben, solange ich keinen Grund sehe zu wechseln. Ich bin nicht auf Ärger aus, denn ich habe andere Probleme, die ich im Auge behalten muss. Unsere Wege müssen sich nicht kreuzen. Ich will nur in Ruhe gelassen werden.“ Steve ließ sich Buckys Worte durch den Kopf gehen, brauchte er erst einmal etwas Zeit das Ganze ein wenig in seinem Kopf zurecht zu ordnen. Dabei ließ er seinen Blick wieder über die Gestalt vor ihm schweifen, was ihn abermals mit Scham erfüllte über dessen so selbstverständliche Blöße. „Das Ganze ist kein Traum, oder?“ Er konnte seinen Geist nicht um diese Tatsache herumwickeln, dass Chocolate nun in Form eines Mannes vor ihm saß und auch noch mit ihm sprach, als wäre dies Alles völlig normal. „Wenn es dir hilft damit klar zu kommen, dann ist es ein Traum.“ Bucky leckte sich leicht über die Lippen. „Soll ich dir vielleicht eine Reinhauen, damit du einen Grund zum Aufwachen hast?“ Steve konnte das breite Grinsen auf Buckys Lippen erkennen, was ihn einen trotzigen „Tsk“-Laut von sich geben ließ. „Tut mir leid, dass ich das Ganze nicht so einfach glauben kann. Immerhin passiert es nicht alle Tage, dass sich die Hauskatze in einen nackten Rüpel verwandelt.“ „Rüpel?“ „Rüpel.“ „Also können wir uns einigen? Auf deiner Seite gibt es so gesehen nichts zu verlieren.“ So gesehen hatte Bucky recht. Sollte er wirklich darauf bedacht sein, keine weitere Aufmerksamkeit auf sich ziehen zu wollen. Trotzdem würde er vorsichtig sein müssen, aber das war nichts, was er nicht schon anderweitig durchlebt hatte. Und am Ende war diese hier, doch nur eine abstrakte Illusion und seine Zustimmung nur in dieser unwirklichen Welt gefragt. „In Ordnung.“ *** Wie es sich herausstellte, war es keine Einbildung gewesen. Denn wie versprochen, ging ihm Chocolate…Bucky aus dem Weg. Und auch wenn Steve nun mit dieser übernatürlichen Tatsache konfrontiert worden war, so fand er es dennoch schade, dass sich ihre Mensch-Tier-Beziehung nun auf solch ein distanziertes Level begeben hatte. Er hatte sich wirklich schon zu sehr an ihre…seine Präsenz gewöhnt. Und deshalb hatte er auch nicht aufgehört wenigstens den Napf mit Milch nachzufüllen, wenn er abends ins Bett ging und früh in die Küche kam. Und es zeigte sich stets ein seichtes Lächeln bei ihm, wenn dieser auch geleert worden war. Auf der anderen Seite, hatte er sich angewöhnt, bestimmte Türen nun immer abzuschließen. Das Badezimmer war eines davon, sowie sein Schlafzimmer. So sehr er Chocolate auch vermisste, so war ihm Bucky in menschlicher Form doch ziemlich suspekt. Und er hatte dessen Drohung nicht vergessen. Eines Abends setzte sich Steve vor seinen Laptop, um sich schließlich über Wesen aus Mythen und Legenden zu belesen und kam zu dem Schluss, dass Bucky wohl ein Gestaltwandler oder wie man es pseudowissenschaftlich ausdrückte ein -Ailuranthrop- sein musste. Von Werwölfen hatte wohl jeder schon gehört, aber dass es auch Werkatzen gab, war ihm neu. Überhaupt war der Gedanke, dass er solch ein Wesen in seinem Haus beherbergte immer wieder aufs Neue unglaublich. Er hatte gelesen, dass es in vielen verschieden Kulturen diesen Mythos von Katzenmenschen gab, auch wenn bis dato keine wirklichen Beweise auf die tatsächliche Existenz solcher Wesen vorlagen. Man hatte diesen Wesen mit Ehrfurcht aber auch mit Angst gegenübergestanden. Die Zeit der Hexenjagd war wohl eine der schrecklichsten Epochen für diese Vierbeiner. Die Frage, was Bucky gerade hier verloren hatte und was diese Probleme waren, auf die er ein Auge haben musste, ließ Steve nicht mehr so recht in Ruhe. Er konnte sich vorstellen, dass die Aufdeckung seiner Existenz einen ziemlichen Tumult mit sich bringen würde. Und er zweifelte nicht daran, dass es Institutionen gab, die viel dafür geben würden, ihre Finger an solch ein Wesen legen zu können. Er wollte sich nicht vorstellen, was man alles tun würde, um ihrem Ursprung und ihrer Funktion auf dem Grund zu gehen. Und je mehr er sich mit diesem Thema befasste, umso neugieriger wurde er, was Bucky für ein Charakter war. Aber da er ihn kaum noch sah, konnte er ihn nicht fragen oder ihn bitten, ihn mehr über sich wissen zu lassen. Er wollte ihm auch nicht auflauern, denn er glaubte nicht, dass sich das positiv auswirken würde auf seinen Wunsch nach etwas Konversation. Schließlich kam ihm der Gedanke, dass er Bucky eine Nachricht schreiben und diese am Milchnapf hinterlegen könnte. Es war nicht so einfach die richtigen Worte zu finden, und ihm kam nicht nur einmal in den Sinn, dass Bucky womöglich gar nicht lesen konnte. Dennoch versuchte er sein Glück. Etwas nervös betrat er seine Küche, nachdem er am Vorabend seinen Brief zurückgelassen hatte und sah, dass dieser zerknüllt unter dem Tisch lag. Der Napf war wie immer leer und Steves Enttäuschung groß. Aber es war zu erwarten gewesen. Warum sollte Bucky sich mit ihm abgeben wollen, nach allem, was er diesem ungewollt zugemutet hatte. Dieser war offensichtlich nicht begeistert darüber gewesen, dass er ihn die ganze Zeit für eine Katzendame gehalten hatte. Aber woher hätte er es auch anders wissen sollen, hatte man ihm ja von Anfang an im Glauben gelassen ER wäre eine SIE. Letztendlich wusste aber auch niemand in der Nachbarschaft, dass es anders war. Gut um nur noch mehr von sich ablenken zu können. Steve verzog etwas peinlich berührt sein Gesicht, als er daran dachte, dass er Bucky dieses bunte Katzenbett gekauft hatte. Nun war es kein Wunder, das er so wirsch darauf regiert hatte. Es war gut eine Woche nach seinem Brief vergangen, doch Bucky hatte sich ihm nicht wieder gezeigt, und Steve gab die Hoffnung schließlich auf. Trotzdem vermisste er die gewohnte Gesellschaft. Nur stand die Option, sich eine neue Katze oder gar einen Hund zuzulegen, nun auch außer Frage. Bucky würde beides sicherlich nicht begrüßen, und er wollte kein unnötiges Unheil heraufbeschwören. Es war an einem Nachmittag, als er sich zu einem kurzen Nickerchen in sein Schlafzimmer zurückgezogen hatte, als ihn wieder einer dieser Albträume heimsuchte, die ihm das Atmen schwer und seinen Körper unruhig machten. Ein Schleier aus Farben und Geräuschen umgab ihn, doch war es nicht möglich eine feste Form oder einen der Töne mit etwas Vertrauten oder Bekannten zu verbinden. Das Einzige, was er sah, war er selbst, zurück in dem schmalen und zu kurz geratenen Körper, den er als Kind so oft verflucht hatte. Etwas veranlasste ihn, sich eiliger durch diese unbeständige dahin fließende Kulisse zu bewegen, bis sie plötzlich ein deutliches Bild ergab. Er fand sich in einer Gasse wieder, wie sie hinter manchen Geschäften oder Lokalen zu finden war, stapelten sich Kisten und Kartons neben einem Haufen an prallen Müllsäcken. Er fühlte die Unruhe, sich weiter voranbewegen zu müssen, als habe er keine Zeit oder als liefe er vor etwas…jemanden davon. Doch seine Atmung ging zu schwer und zwang ihn dazu, sich erst einmal wieder sammeln zu müssen. Somit pirschte er sich weiter in die schmale, schummrige Enge. Ein Poltern ließ ihn jedoch erschrocken innehalten. Ein leises Scharren drang hinter einer der Abfalltonnen hervor. Vorsichtig und mit ewigem mutigem Trotz ging er darauf zu und lugte dahinter. Zwei Augen leuchteten ihn verschreckt an und er atmete automatisch durch. „Hey.“, gab er ruhig von sich und die Augen bewegten sich leicht. Er lächelte sachte und streckte seine Hand aus. „Ich tu dir nichts…“ Ein scharfer Schmerz durchzog mit einem Mal seinen Arm und er war zurück in einem Gefecht. Er hörte seine Stimme Kommandos zuweisen über das Lärmen von Gewehrfeuern, von dem er nicht wusste, ob es das ihre oder das ihrer Gegner war. Sein Herz schlug mit derartiger Wucht über das beständige Anschwellen der Schreie, bis er es nicht mehr ertragen konnte und sich seine blutigen Hände auf seine Ohren presste. Ein weiterer beißender Schmerz ließ ihn schließlich ruckartig aufwachen. Verschwommen nahm er eine Gestalt über sich wahr. „Man weiß nie, was einem im Schlaf passieren kann.“, hallte es durch seinen immer noch etwas taumeligen Geist, und aus einem Überlebensreflex heraus, den er sich in einer Gefechtssituation hatte aneignen müssen, versetzte er der Gestalt einen Hieb und rollte etwas ungelenk zur Seite. Direkt von seinem Bett herunter, was einem dumpfen Aufprall nach sich zog und ihn leidlich stöhnen ließ. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er wie sich Buckys menschlicher Kopf über die Bettkante schob und ihn fragend anblickte. Er hatte vergessen die Tür abzuschließen. „Menschen.“, gab Bucky missmutig von sich und zog seinen Kopf wieder zurück. „Huh?“ Steve rappelte sich auf und sah, dass Bucky noch immer auf dem Bett saß. Seine Pose, mit den knienden Beinen und den davor aufgestützten Armen hatte etwas Untypisches für einen Mann dieser Erscheinung. Doch entsann sich Steve, dass Bucky kein typischer Mann war. Mit kritischem Blick schaute er auf Steve. Und Steve wurden ein paar Details bewusst, als er Bucky ebenso anschaute. Das Erste war, dass er heute weder Katzenohren noch einen Katzenschwanz zeigte. Heute sah er aus wie ein ganz einfacher Mensch. Zweitens, ein völlig nackter Mensch und Steve erwischte sich beim Starren. Bucky war definitiv nicht unattraktiv in dieser Form. Drittens, nachdem er seine Aufmerksamkeit doch wieder in dessen Gesicht gelenkt hatte, dessen Augen waren immer noch die einer Katze und sie faszinierten ihn, wie am ersten Tag. Bucky veränderte nun seine Position und Steve wurde merklich wärmer im Gesicht. Buckys Arme hatten dessen Mitte bis jetzt verdeckt, aber nun hatte er Sicht auf…Alles. Rasch wendete er sich ab. „Was willst du?“, brachte er etwas brüsk hervor, um seine Verlegenheit wenigstens etwas überspielen zu können. „Ich habe dich gehört. Dein Schlaf bringt dir diese Schmerzen. Deshalb habe ich dich aufgeweckt.“ Steve schenkte ihm daraufhin einen leichten Seitenblick. Bucky strich sich in einer Katzengeste mit dem Handrücken über seine etwas gerötete Wange. „Deine Dankbarkeit lässt zu wünschen übrig.“ Ein Zwicken in seinem rechten Unterarm lenkte Steves Blick darauf. Vier tiefere Zahnabdrücke waren dort zu sehen, wie auch ein akkurater länglicher Kratzer. „Du hast mich dafür gekratzt UND gebissen?“ Ob er dafür tatsächlich dankbar sein sollte, war fraglich. „Hätte ich dir das Gesicht lecken sollen? Ihr Menschen seid ständig am Jammern. Lächerlich.“ Steve fehlten kurz die Worte. „Ok, tut mir leid. Ich…“ er machte eine hilflose Geste mit der Hand und hielt seinen Kopf weiter gesenkt. „Ich dachte, du willst mir etwas tun. Du hattest die Andeutung gemacht. Deshalb…uhm ja, sorry.“ „Eigentlich bin ich auch aus einem anderen Grund hier.“, hörte er Bucky sagen, was ihn beinahe dessen Blick suchen ließ. „Die Milch schmeckt widerlich. Warum hast du die Sorte gewechselt? Ist das deine Revanche, weil ich deinen albernen Zettel nicht ernst genommen habe?“ Auf diese Anschuldigung hin, hob Steve verwundert seine Augenbrauen, war dies nun wahrlich nicht das, womit er gerechnet hatte. Und es nervte ihn ein wenig, das Gespräch auf so einer ungeeigneten Ebene führen zu müssen, zumindest was seine Person betraf. „Gut, ich…also…“, er drehte sich um und ging zu der Kommode, wo er einen der Schieber aufzog und eine seiner Trainingshosen hervorholte. „Würde es dich stören, die anzuziehen?“ Er hielt sie Bucky entgegen und schaute nur flüchtig auf ihn. Bekam aber dennoch mit, dass dieser das Kleidungsstück skeptisch anschaute. „Warum?“ „Weil ich es nicht gewöhnt bin, nackte Männer in meinem Haus zu haben, deshalb.“ Dass dies nur eine allzu traurige Wahrheit war, verdrängte Steve gekonnt. „Lächerlich, einfach nur lächerlich.“, murrte Bucky verdrossen und riss ihm die Hose aus der vorgehaltenen Hand. Da Bucky daraufhin nichts weiter sagte, hoffte Steve, dass dieser die Hose auch wirklich trug, als er sich nun zu ihm umdrehte, um ihn anzuschauen. Bucky lag auf der Seite auf dem Bett und schaute abwartend zu ihm. Er trug die Hose, wenn auch verkehrt herum. Was aber nichts daran änderte, dass Steve etwas angestrengt schluckte, bei dem Bild; das dieser bot. Er war eindeutig schon zu lange nur für sich gewesen. Dennoch wollte er sich nicht abermals blamieren und atmete tief durch, um sich zu sammeln. „Danke.“, meinte er ehrlich, was Bucky aber keine Reaktion abrang. „Also wegen der Milch. Das lag daran, dass die übliche Sorte ausverkauft war und ich nicht ohne zurückkommen wollte.“ Dass er Bucky nicht enttäuschen wollte, behielt er für sich. „Und wegen der Nachricht. Ich wollte einfach nur…ich war einfach etwas neugierig, das ist alles.“ „War?“, kam es knapp von Bucky, der seine Aufmerksamkeit keine Sekunde von Steve nahm. Fast als wäre er ein Stück Beute. „Naja, wenn du nicht darüber reden willst, werde ich dich nicht zwingen. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist für dich…“ „Du hast KEINE Ahnung, wie es für uns ist!“, fauchte dieser plötzlich und war dazu auch in eine angriffsbereite Position gewechselt, was Steve einen Schritt zurück weichen ließ. „Ihr Menschen seid der Grund, warum wir uns seit Jahrhunderten verstecken müssen! Also wage es nicht, dich zu erdreisten mir zu sagen, dass du etwas verstehen würdest!“ Steve schluckte bei Buckys erzürntem Anblick erneut, zeigten sich nun auch wieder Ohren, Krallen und nicht zuletzt gefährliche Zähne bei ihm. „Ich…Du hast recht, ich…ich hab keine Ahnung, und genau deshalb wollte ich mehr wissen. Ich möchte dich…euch? gern besser kennen- und verstehen lernen.“ Steve versuchte so einfühlsam wie möglich zu klingen über den inneren Aufruhr, der sein Herz kräftiger pulsieren ließ. „Erwartest du ernsthaft, dass deine Neugier und dein guter Wille Grund genug sein sollten, um meine Instinkte völlig außer Acht zu lassen, wenn es um euch Menschen geht?! Wie arrogant bist du?!“ Buckys Krallen gruben sich tiefer in die Bettdecke, und sein Gesicht verzog sich noch mehr im Zorn. Steve suchte aufgewühlt nach den richtigen Worten, bis ihm ein entscheidender Punkt einfiel. „Wenn du wirklich derart an meinen Absichten zweifelst, verstehe ich nicht, warum du mir dennoch mit deiner Verpflegung vertraut hast. Ich hätte dich doch vergiften können, oder nicht? Außerdem schien dich meine Gegenwart nicht mehr so zu stören, seit du wieder zurückgekommen bist. Warum?“ Bucky gab ein katzenartiges Grollen wieder, schaute dann jedoch zur Seite weg, als versuche er etwas zu verbergen, das sein Gesicht verraten könnte. Doch dann lockerte sich seine Haltung. Die nach hinten gelegten Ohren richteten sich auf und die Krallen zogen sich zurück. Einzig der unruhig schlagende Schwanz, der sich unter dem Hosenbund hervor gezwängt hatte, zeigte dass noch Anspannung vorhanden war. „Deswegen.“ Es klang mehr wie ein leises Zischen, während Bucky seinen Kopf ein Stück nach hinten legte und auf seinen Hals deutete. Steve folgte der Bewegung und trat automatisch wieder etwas näher an das Bett heran. Buckys Finger verwiesen auf eine feine helle Linie, die sich um seinen Hals zu ziehen schien, zumindest soweit er es erkennen konnte. Eine Narbe. „Oh.“ Unbewusst streckte Steve seine Hand danach aus, konnte er sich noch gut daran erinnern, was diese verursacht hatte. Doch Bucky wich hastig zurück, als er Steves Hand auf sich zukommen sah. „Uhm…entschuldigte.“ Das Letzte, was er wollte, war Bucky nun wieder die Flucht ergreifen zu lassen. Aber dieser schaute ihn nur aus großen Augen an. Ein wiederholtes Déjà-vu-Empfinden ging damit bei Steve einher, was ihn irritiert den Kopf schütteln ließ. Bucky legte eine seiner Hände über die Narbe an seinem Hals. Steve betrachtete sich Bucky etwas genauer und ihm fiel auf, dass dies nicht die einzige Narbe war, die dieser trug. Die Male verteilten sich über dessen Oberkörper und in verschiedenen Mustern und Größen und Steve fragte sich, woher diese alle stammen mochten. Hatte man Bucky vorsätzlich einmal Wunden zugefügt oder waren es nur Zeichen, die im Laufe eines Lebens hier und da zu Stande gekommen waren? Die Fragen, die er Bucky gern stellen wollte, ergaben schon eine gut gefüllte Liste, aber er behielt sie dennoch für sich. Er wollte vermeiden, dass er sich auf zu dünnes Eis damit begab, konnte es gut sein, dass er etwas zu Persönliches anstach. Er war schon froh darüber gewesen, dass Bucky in der letzten Zeit keine neuen Verletzungen erlitten hatte. Auch wenn er davon ausgehen musste, dass dieser ihm darüber auch nicht in Kenntnis setzen würde, sollte es so gewesen sein, oder wieder dazu kommen. „Ich dachte damals, es wäre schon zu spät gewesen, als du einfach so verschwunden bist.“ Steve lächelte etwas betrübt über diese Erinnerung. „Ich war erleichtert zu sehen, dass es dir wieder gut ging.“ Bucky indes schien nicht nachvollziehen zu können, warum Steve so denken mochte, blieb er weiter auf Distanz und vorsichtig. „Warum?“ Diese Frage entlockte Steve ein ungläubiges Seufzen. War es denn so unvorstellbar, dass er sich tatsächlich Sorgen gemacht hatte? War es Bucky vollkommen fremd, dass jemand so wegen ihm dachte? Je mehr solcher Fragen in Steve aufkamen, umso mehr wollte er Bucky kennenlernen. Ihn und die Geschichte seiner Art. „Weil es menschlich ist, Mitgefühl zu zeigen.“ „Das ist eine Lüge!“, fauchte Bucky erneut, und Steve konnte in dessen Gesicht ablesen, dass er diese wohl schon oft genug hatte erfahren müssen. „Es stimmt, manche Menschen kennen diese Emotion nicht, aber das gilt nicht für mich und ich weiß, dass auch andere in der Nachbarschaft sich um dich gekümmert haben. Mrs. Parker zum Beispiel. Sie war ebenso entsetzt zu hören, was mit dir passiert war. Aber du hast Recht, man sollte vorsichtig mit seinem Vertrauen sein. Deshalb möchte ich dir beweisen, dass ich dir nichts tun werde.“ Bucky schwieg über diesen Beitrag, bevor er schließlich den Kopf schüttelte. „Wer sagt dir, dass du mir vertrauen kannst? Es wäre ein Leichtes dich zu überwältigen, wenn ich es wollte. Du bist anfällig im Schlaf und deine Neugier macht dich naiv.“ Steve verschränkte die Arme vor der Brust. Es mochte wohl sein, dass er nicht immer die klügsten Entscheidungen traf, aber er fühlte sich dennoch etwas provoziert von Buckys Worten zu seiner Person. Er war nicht umsonst Captain geworden, aber woher sollte Bucky das auch wissen. „Heißt das, ich bekomme eine Chance?“ Der Ausdruck, den Bucky nun präsentierte, sagte deutlich, dass er ihn für einen Einfaltspinsel hielt. Steve schenkte ihm ein selbstsicheres Lächeln. „Ihr Menschen seit alles Idioten.“ *** Was folgte, war nicht unbedingt, was Steve sich vorgestellt hatte. Bucky war ein wirklich eigenwilliger Charakter, ob nun in Menschenform oder eben als pelztragender Vierbeiner. Eigentlich hatte Steve gehofft, dass Bucky ihm ein paar Fragen beantworten würde, wenn er zeigte, dass er keine Gefahr darstellte. Er hatte noch so viele Dinge im Kopf. Bucky hatte ihm nicht geantwortet, warum er keine Gefahr darin zu sehen schien, sich von ihm versorgen zu lassen. Oder die Frage, warum Bucky angefangen hatte, nach einer Alptraumphase, an seiner Seite zu bleiben und ihn mit seiner Anwesenheit den nötigen Halt zu bieten, bis er sich wieder beruhigt hatte. Er hatte von Buckys Verweis auf die Narbe an seinem Hals herausgenommen, dass dieser ihm entweder dankbar war oder aber eine Schuldigkeit begleichen wollte. Was wohl eher der Realität entsprach. Katzen waren stolz und das traf auch hundertprozentig auf Bucky zu. Er tauchte auf, wann immer es ihm passte und wechselte nur in seine Menschgestalt, wenn er sich über etwas zu beschweren hatte. Natürlich hatte er immer noch genauso wenig Sinn für Scham, denn wenn er etwas zu bemängeln hatte, dann stets nackt. Es machte Steve das Konzentrieren auf die eigentlich anliegende Thematik nicht gerade einfach. Steve hatte das Gefühl, dass Bucky mit seinen Meckereien und Forderungen einfach nur seine Friedfertigkeit auf die Probe stellen wollte. Als wolle er testen, wie viel er sich erlauben könne, bis es Steve zu bunt wurde. Womöglich war dies ein Plan um beweisen zu können, dass Steve am Ende seiner Geduld, nach der von Bucky erwarteten, menschlichen Aggressionen handeln würde. Und Bucky gab sich auch alle Mühe in seinem Vorhaben. Doch Steve ließ sich nicht so einfach in diese stereotype Charakterrolle zwingen. Und nicht alles, was Bucky tat, war grundlegend provokativ, auch wenn dieser das nicht so empfinden mochte. Zum Beispiel zog es Bucky vor, auf frischer Wäsche zu schlafen, und dazu gehörte das Ritual, sich erst einmal darauf herumzurollen, was ausreichend Haare hinterließ. Es sollte ihn reizen, das war offensichtlich, doch auf der anderen Seite fand es Steve ungemein drollig, ihm dabei zu beobachten. Es war ein derartiger verspielt wirkender Kontrast zu dem Charakter, den Bucky sonst darstellte, dass Steve über diese Angewohnheit ab und an versteckt schmunzeln musste. Eine andere Marotte war, ihm nun stets und ständig beim Essen machen auf die Finger zu schauen. Steve hatte es schon richtig gedeutet, dass Bucky etwas für sich beanspruchte, aber erst wenn Steve selbst etwas davon probierte. Doch da er kein Freund von rohem Fleisch war und es auch unter Buckys Aufsicht so nicht zu sich nehmen würde, musste dieser sich solange gedulden, bis es auch für ihn servierfertig war. Buckys eindringlicher Blick, der zu mehr Eile aufforderte, hatte ihn nicht nur einmal mit den Augen rollen lassen, was die Entspannung, die das Kochen sonst für ihn mit sich brachte, deutlich abschwächte. Das eine Mal hatte er ihm etwas von seinem Terriyaki abgeben wollen, was darin endete, dass er sich in Buckys nackten Glanze anhören durfte, dass er ihn wohl tatsächlich vergiften wolle. „Wer tut so etwas!?“, hatte er auf die Erklärung, dass es eine bestimmt Art von Würzung sei gemeint und war schmollend und auf vier Pfoten wieder abgezogen. Und Steve nahm all diese Eigenarten und Launen auf sich, weil er hoffte, dass Bucky vielleicht irgendwann seinem Wunsch, über etwas mehr Einblick in seine Existenz, belohnen würde. Aber dieser schien keinen Gedanken daran zu verschwenden. Und das zeigte sich auch gerade wieder darin, dass er sich auf der Couch ausgestreckt hatte und mit den Krallen seiner Vorderpfoten behäbig aber nachdrücklich an deren Stoff herumkratzte. Er wirkte entspannt und sich keiner Untat bewusst. Aber letztendlich war es wieder nur eine weitere Aktion um ihn zu nerven. Steve spürte nun doch ein wenig Frustration in sich aufkommen. „Dankbarkeit ist auch nicht grad einer deiner Stärken.“, murrte er verdrossen, als er an der Couch vorbeiging, um sich ein Buch aus dem Regal zu holen, dass er gedachte im Bett lesen zu wollen. Sich jetzt hier hin zu setzen, würde ihn nur noch missgestimmter werden lassen. Hin oder Her, er wollte trotz allem keine Auseinandersetzung heraufbeschwören und zog sich somit lieber zurück. Am nächsten Tag musste er das Haus für einige Zeit verlassen. Er hatte einen Termin mit Bruce und Peggy versprochen, bei ihr in der Firma vorbeizusehen. Dann brauchte er neue Farben und Papier, für seinen Kurs. Außerdem musste er wieder einkaufen. Die letzte Milch hatte er heut Morgen unter Buckys kritischem Blick in dessen Schale gefüllt und somit darauf verzichtet, etwas davon in seinen Kaffee zu bekommen. Es war Januar und somit war es noch immer unangenehm kalt, auch wenn kein Schnee lag. Steve zog sich seine Jacke wie auch Stiefel an und setzte eine Wollmütze auf. Er war schon lange nicht mehr richtig krank gewesen, aber das war kein Grund es darauf ankommen zu lassen. Bucky saß im Türrahmen der Küche und schaute ihm zu. Er wartete sicherlich nur darauf, dass er endlich abhaute. Steve unterdrückte den Verweis an Bucky, dass dieser keinen Unsinn anstellen sollte, denn er war sicher, dass dieser dann genau das tun würde. Somit öffnete er wortlos die Haustür, nur um mit schreckgeweiteten Augen auf seine Türschwelle zu schauen. Zwei tote Tiere lagen darauf, vom Frost der Jahreszeit steif gefroren. Das eine war ein recht großer Vogel, den er aber nicht benennen konnte. Das andere konnte ein Frettchen oder Marder sein. Er kannte sich auch da nicht so gut aus. „Zufrieden?“, vernahm er unerwartet Buckys Stimme, der nun im Türrahmen stand. Sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er auf Bestätigung wartete, nur konnte Steve gerade nicht so recht Schritt halten mit der Situation. Doch dann fiel ihm wieder ein, was er einmal gelesen hatte. Das Katzen ihrem Versorger ab und zu Präsente in Form von gefangen Tieren machten, um zu zeigen, dass sie es irgendwo doch zu würdigen wussten, dass man sich um sie kümmerte. Ein holpriges Lächeln ergänzte Steves Mimik, als er sich die beiden Tiere erneut ansah. „Hab sie draußen gelassen, damit sie essbar bleiben.“ Steve musste nun doch etwas für sich kichern, klang Buckys Stimme tatsächlich etwas unsicher, ob dies auch die richtige Entscheidung gewesen war. Und weil Steve nun einfach nicht wusste, was er dazu sagen sollte, wendete er sich mit einem anerkennenden Lächeln zu Bucky. „Danke für die Mühe.“ Es war das erste Mal, dass Buckys Gesicht so etwas wie ein Lächeln widerspiegelte, welches ihm einen fast kindlichen Ausdruck verlieh. Doch dann straffte sich Buckys Züge wieder, als habe er sich zu seinem Entsetzen, eine unerlaubte Schwäche in seinem sonst so taffen Auftreten erlaubt. Er nickte schließlich nur und verschwand wieder in der Küche. *** Nach diesem Ereignis war Bucky spürbar distanzierter geworden und Steve hatte keine rechte Ahnung, wie er dessen Verhalten deuten sollte. Es waren vier Tage vergangen, seit er Bucky zuletzt in Menschengestalt gesehen hatte. Generell hatte er ihn nur noch selten zu Gesicht bekommen. Einzig die leere Schale deutete darauf hin, dass er aktiv war und es ihm gut zu gehen schien. Dabei hatte er angenommen, dass sie sich vielleicht auf dem Weg zu einem besseren Verständnis untereinander befanden. Auf einem Weg, wenn auch nur einem schmalen, der ihnen das Miteinander harmonischer gestalten würde, nach Buckys eigenwilligem Versuch, ihn wieder versöhnlich stimmen zu wollen. Aber nun war das Gegenteil der Fall und Steve fand dies sehr bedauerlich. Ihm war in den Sinn gekommen, dass Bucky womöglich verärgert sei. Womöglich hatte er wirklich erwartet, dass er die Tiere auch verzehrte und das hatte er natürlich nicht getan. Er wusste um den guten Willen hinter der Geste, aber diese Art von Nahrung war wirklich nur etwas, das man im Notfall zu sich nahm. Er hatte es schon einige Male mitgemacht, wenn sie eine besonders heikle Mission bestritten hatten und sie gezwungen waren, sich durch so etwas am Leben und Funktionieren zu halten. Aber in der Zivilisation mit gefüllten Geschäften und der unendlichen Auswahl an Fast Food Tempeln und Lokalen aller Art, sah er nur zu gerne davon ab. Aber nun hatte er Bucky damit wohl gekränkt, denn für ihn war dies anscheinend eine Selbstverständlichkeit davon zu leben. Eine Frage, die Steve auch brennend interessierte war, welcher Teil von Bucky der dominante war. War er mehr Katze oder doch mehr Mensch? Oder glichen sich diese beiden Hälften aus? Ergeben raunte er in die Stille seines Wohnzimmers. Das Skizzenbuch, das nun auf seiner Brust lag gänzlich vergessen. Wenn er nur wüsste, wie er Bucky wieder gnädig stimmen konnte. Über seine Gedanken drifte Steve in einen leichten Schlummer, bis er schließlich gänzlich einschlief und das Herabrutschen des Buches gar nicht mehr mitbekam. Etwas benommen drifte Steve aus seinem traumlosen Schlaf wieder zurück, fühlte er sich doch seltsam eingeschränkt in seinen Möglichkeiten sich bewegen zu können. Sein Dusel war jedoch im Nu verflogen, als er erkannte, dass niemand geringerer als Bucky auf seinen Oberschenkeln saß und ihn mit einem unbestimmten Ausdruck zu mustern schien. Steve trat ebenso schlagartig die Hitze in die Wangen, denn natürlich hatte Bucky nichts an und diese Position war einfach nur verfänglich für seine Hormone. Steve versuchte durch das leichte bewegen seiner Beine anzudeuten, dass er es bevorzugen würde, wenn Bucky seinen Platz darauf aufgeben würde. Aber wie die Katze, die er nun einmal auch war, blieb er trotzig, darauf sitzen. „Versteh schon.“ Steve brachte es ebenso wenig übers Herz Bucky nun zu sagen, er solle von ihm runter, aus Angst er würde ihn damit wieder verscheuchen. Bucky schien doch unberechenbar sensibel sein zu können. Demnach legte sich Steve einen Arm über das Gesicht, um es darunter etwas verbergen zu können und auch, um sich vom unangebrachten Starren abzuhalten. „Alles in Ordnung mit dir? Du warst recht ruhig die letzten Tage.“, begann er das Gespräch, auch wenn er nicht sagen konnte, ob Bucky deswegen aufgetaucht war, weil ihm gerade nach reden der Sinn stand. „Bist du verärgert? Bist du frustriert? Enttäuscht?“ Buckys Stimme klang ruhig und doch lag ihr ein unangenehmer Unterton bei, der Steve dazu brachte, sich leicht anzuspannen. Dennoch behielt er seine ungeschützte Pose bei. „Wie kommst du darauf?“ Bucky bewegte sich nun ein wenig auf ihm, und Steve biss sich zurechtweisend auf seine Unterlippe. „Weil dir all deine Geduld noch nichts gebracht hat. Weil all dein fürsorgliches Getue nicht überzeugend genug war.“ Steve gab ein leises Brummen von sich über Buckys Worte. Es war also doch ein Test gewesen. „Warum lässt du dir das von mir bieten? Warum strengst du dich so an, wenn deine Absichten nicht mein Verderben sein sollen?“, fuhr Bucky weiter fort. „Willst du mich in Sicherheit wiegen, um mich dann zu verraten? Willst du mich verkaufen, so wie es deine Rasse schon früher tat, damit man uns auseinanderreißen kann, um euch zu verbessern?“ Steve wagte einen Blick in Buckys Gesicht, das trotz seiner Worte keine Rage zeigte, dafür aber ungemein intensive Augen, die allein schon das Gefühl von Gefahr vermittelten. Bucky streckte eine Hand nach ihm aus und ließ demonstrativ die Krallen an seinen Fingern erscheinen. Einen Finger setzte er direkt in die Mitte von Steves Brustkorb, sodass er den Druck der Kralle auch spürte. „Was ist dein wirkliches Ziel?“ Der Druck erhöhte sich und entlockte Steve ein Zischen, als Bucky die Kralle langsam nach unter zog. Selbst durch sein Shirt konnte Steve das Brennen spüren, dass diese beim Aufritzen der Haut auslöste. Und doch ging er in keine Defensive oder einen Angriff über. Buckys Misstrauen war begründet und Steve hielt noch immer daran fest, wenigstens ein Stück zu beweisen, dass er keine schlechten Absichten verfolgte. Bucky schien seine passive Haltung auch weiterhin zu verwundern, legte er seinen Kopf leicht schief und studierte sein Gesicht eingehend. Der Stoff des Shirts verhinderte, dass er noch weiter kratzen konnte, was aber nicht bedeuten musste, dass Bucky es dabei beließe. „Ich sagte dir, dass es mich interessiert, wer du bist. Ich möchte dich weder verletzten noch verkaufen, noch sonst irgendetwas.“ Steve versuchte so viel Überzeugungskraft wie möglich in seinen Ausdruck und seine folgenden Worte zu legen. „Ich denke, du hast jeden Grund misstrauisch gegenüber den Menschen zu sein. Wir sind eine egoistische Spezies und viel zu oft ohne Gewissen. Ich selbst habe genug Schuld meiner eigenen Rasse gegenüber zu tragen. Aber ich habe nicht vor, es auf dich auszuweiten. Es mag anmaßend sein, dich verstehen zu wollen. Zu erwarten, dass du mir meine Fragen beantwortest. Und selbst wenn du mir meine Bitte nicht erfüllst, möchte ich dich wissen lassen, dass ich dir dennoch meine Hilfe anbiete, solltest du sie brauchen.“ Buckys Blick wechselte unerwartet von kalt und berechnend, zu verloren und fern in Gedanken. Steve ließ ihm die Zeit, die er brauchte, egal was der nächste Schritt auch sein sollte. „Ihr seid euch ähnlich.“, meinte Bucky kryptisch und stieg daraufhin von Steve herunter. „Stelle deine Fragen, aber erwarte nicht auf jede eine Antwort. Sehe es als eine Gegenleistung an oder lass es.“ Steve war nun doch etwas perplex über den Verlauf, aber er war ebenso erfreut, dass Bucky es anscheinend mit ihm versuchen wollte. „Nein, nein, ich würde das Angebot gern annehmen. Und wenn wir schon dabei sind, auch gleich eine Frage vorbringen.“ Bucky schaute Steve abwartend an, worauf sich dieser kurz über den Hinterkopf strich. „Könntest du wenigstens ab und an Hosen tragen, wenn wir uns unterhalten?“ Kapitel 6: ----------- Sie hatten also diesen Deal.   Nichts mit Brief und Siegel, aber das war auch nicht das, was Steve wollte.   Es hatte sich nichts an seinem Bestreben geändert, Bucky einfach nur besser verstehen lernen zu wollen.   Bucky selbst hatte aufgehört zu hinterfragen, warum er dies und jenes für ihn tat, aber Steve glaubte dennoch nicht, dass Bucky weniger vorsichtig war ihm gegenüber.   Es brachte eine weitere Frage in ihm auf.   „Hast du nie die Sorge, dass ich dir im Schlaf etwas tun könnte?“ Bucky saß in Katzenform am Fenster und döste vor sich hin, öffnete aber einen Spalt die Augen, als er Steve diese Frage stellen hörte. Nicht, dass er sich die Mühe machte sich zu verwandeln, um sie zu beantworten. Steve schaute weiter auf Bucky, der ihm schließlich nur ein Gähnen zeigte und die Augen wieder schloss.   „Schon gut, ich verstehe. Diese Frage ist deiner Zeit nicht wert.“   Steve nahm es gelassen. Bucky hatte klar gemacht, dass er sich vorbehielt Antworten zu geben.   Doch ab und zu gab Bucky nach, und so wusste er schon einmal, dass dieser durchaus lesen konnte und dass eine Verwandlung einiges an Energie kostete und er es somit vorzog, in der Gestalt einer Katze zu bleiben.   Und da Bucky Menschenessen nicht mochte, hatte er auch nicht für eine Person mehr zu kochen, sondern es reichte, ihn weiterhin mit dem Einfachsten zu versorgen.   Er wolle auch nicht träge und unbeweglich enden, wie so viele der einfachen Hauskatzen.   Aber diese hatten auch keine Sorgen auszustehen und genossen die Zuwendung ihrer Menschen somit in vollen Zügen.   Außerdem ging es Bucky in Menschengestalt, wie den normalen Menschen auch, ohne den wärmenden Schutz seines Fells. „Es ist einfach nur nervig.“ Hatte er gemeint und Steve gefragt, wie er es nur aushalte sich ständig in all die Lagen an Stoff hüllen zu müssen.   Er hatte Bucky auch abringen können, dass er in Zukunft etwas mehr Respekt vor seinem Hab und Gut zeigte. Kratzspuren, Löcher und gezogene Fäden waren etwas, das Steve innerlich zu frustrieren wusste.       ***       „Warum gibt es hier nie Fisch?“ Es war eines Abends, als er Bucky diese Frage stellen hörte, während er in der Küche stand und sich sein Abendessen zubereitete, das aus einem Nudelgericht bestand. Aus dem Radio waren melodische Blues Klänge zu hören. Bucky saß auf einem der Stühle, wie gewünscht auch mit einer Hose bekleidet, und tippte mit seinem Zeigefinger im Takt der Musik auf die Tischplatte.   Steve stahl sich einen versteckten Blick mehr auf dessen freien Oberkörper. Er konnte sich manchmal einfach nicht helfen.   „Ich bin nicht der große Fischesser, war es schon als Kind nie. Aber ich könnte drüber nachdenken einen zu kaufen, wenn du dich gut benimmst.“ Ein pikiertes Schnauben von Bucky und Steve gab ein leises Summen von sich. „Ich habe gesehen, dass sie Lachs im Angebot hatten. Der sah wirklich gut aus. Nur wer soll schon einen ganzen Lachs allein essen?“, stellte er die Frage in einem gespielt unschlüssigem Ton und rührte weiter in seinem Topf herum.   „Na vielleicht hole ich doch einen und tu den Streunern in der Nachbarschaft damit etwas Gutes. Ich denke, sie würden sich freuen.“   Bucky grummelte hörbar, was Steve ein verstecktes Grinsen bescherte.   „Du hast also schon einmal Lachs gegessen, nehme ich an?“ Er schaute über die Schulter zu Bucky, der am Tisch lümmelte und seinen Kopf auf einer Hand abstützte.   „Die alte Frau, die erst hier wohnte, hat ab und an welchen gemacht.“ Er schenkte Steve einen abschätzigen Blick. „Sie war auch wesentlich freundlicher, als der Typ, der jetzt hier wohnt. Und sie stellte auch nicht so viele nervige Fragen.“   „Dann willst du also keinen Lachs von diesem unfreundlichen Typen, der nun dieses Haus besitzt? Nein warte, beantworte diese nervige Frage nicht.“   Steve hörte Bucky ein mürrisches Fauchen von sich geben, und hatte schon die Befürchtung, dass sein kleiner Spaß zu ernst genommen wurde. Aber Bucky blieb, wo er war. Steve schaute erneut zu ihm und sah wie dieser sich über seine Lippen leckte und schließlich unter einem weiteren mürrischen Laut, Steve aufforderte, ihm eine seiner endlosen Fragen zu stellen. Oder auch ein, zwei mehr. Ein schmollender Menschen-Bucky hatte definitiv etwas, das Steves Herz zum Höherschlagen brachte.   „Dann verrate mir, wie lange du schon hier in diesem Haus bist.“, nahm Steve die Gelegenheit wahr, was Bucky leicht mit den Schultern zucken ließ. „Ich habe viele Monde gesehen.“ Das machte irgendwie Sinn, ging es Steve durch den Kopf, hatten Katzen wohl keinen Gebrauch für einen Kalender.   „Aber ich war noch jung, als ich das erste Mal hierhergebracht wurde.“, setzte Bucky fort, und Steve ließ den Gedanken sich laut formulieren, der ihm dazu unweigerlich einkam.   „Wer hat dich hierher gebracht?   Buckys Antwort kam rasch und etwas schneidend.   „Das geht dich nichts an.“   Ok, das war wohl eines der Themen, wo er keinen Erfolg mit haben würde, sie ergründen zu wollen.   So gesehen würde Bucky ihm wohl auch nicht sagen können, wie alt er eigentlich war. In Menschform würde Steve schätzen, dass er nicht so viel älter war, als er selbst.   „Uhm…, hast du eine Familie? Frau oder Kinder?“ Er hatte Bucky bis jetzt nur allein hier gesehen, doch erinnerte er sich daran, dass er mit dieser roten Katze unterwegs gewesen war. Vielleicht ein Freund? Vielleicht eine Freundin oder eben sein Weibchen? Dies brachte auch unwillkürlich die Frage nach deren Fortpflanzung mit sich. Katzendamen konnten immerhin einige Kinder auf einmal zur Welt bringen. Was bei einer Menschenfrau höchst selten der Fall ist.   „Ich bin allein hier. Keine Eltern. Keine Nachkommen.“ War die knappe Erklärung und Steve merkte, dass Bucky versuchte, nichts weiter durchdringen zu lassen, wenn es um die Seinen ging. Bucky hatte schon von Ihnen gesprochen, aber wo diese anderen sich aufhielten, war in diesem Falle eines dieser Geheimnisse, die Bucky seiner Fantasie überließ.   Also bohrte er nicht weiter nach, wenn offensichtlich war, dass er nicht mehr preisgeben wollte.   „Verstehe.“ Die Stimmung hatte dennoch etwas Drückendes angenommen. „Und danke.“ Steve meinte es ehrlich. Selbst wenn ihre Unterhaltung etwas spärlich ausgefallen war, so hatte Bucky immerhin etwas verraten.   Bucky schien erneut etwas irritiert über Steves einsichtige Art, sagte aber nichts dazu.       Am nächsten Tag kaufte Steve den größten Lachs im Angebot.       ***   Etwas schwerfällig stieg Steve aus seinem Wagen und verriegelte ihn. Er hatte seinen Kurs heute nur mit Mühe mitmachen können und alles, was er nun wollte, war in sein Bett zu fallen. Er hatte schon heute Morgen bemerkt, dass er sich etwas merkwürdig fühlte, doch sich am Ende nichts weiter dabei gedacht.   Jetzt jedoch waren die Anzeichen, dass er sich einen Virus eingefangen zu haben schien doch recht offensichtlich.   Irgendwann musste seine gesundheitliche Glückssträhne ja ihr Ende finden.   Hoffentlich konnte er dem mit etwas Erkältungsmedizin und ausreichend Schlaf noch entgegenwirken, bevor es sich zu etwas Akuterem entwickelte.   Träge befreite er sich von Jacke und Schuhen und machte sich sofort auf den Weg in sein Schlafzimmer. Im anliegenden Bad fand er die gesuchte Medizin und nahm sie der Verpackungsbeilage entsprechend ein.   Nun wollte er nur noch schlafen.   Doch auch wenn er sich angeschlagen fühlte, wollte sein Körper es ihm nicht so leicht machen, zur Ruhe zu kommen, was ihn frustriert in sein Kissen murren ließ, als er sich abermals von einer Seite auf die andere drehte.   Ein Bild schob sich in seinem Kopf zusammen über seine im Unwohlsein eingesponnenen Gedanken.   Eine schmale Hand, die ihm liebevoll über den Kopf strich und ihm den Schweiß von der Stirn wischte. Eine Melodie schweifte um diese Szene und er sah das liebevolle Lächeln auf den Lippen seiner Mutter, als sie ihm diese vorsummte. Steve wünschte, er könnte seine Hand nach ihr ausstrecken, so wie er es in diesem Gedankennebel tat. Es war ein wager Augenblick, der ihm hier gegönnt wurde, und doch wusste er tief in seinem Inneren, dass es eine Erinnerung war, die bestand hatte. Die ihre Wurzeln tief in sein Ich geschlagen hatte und sich wie frisch austreibende Blätter vor ihm entfaltete.   Zu seinem Verdruss merkte er wie die Tabletten anschlugen und wie ihn der Schlaf nach und nach abdriften ließ.   Das leise Knarren der Zimmertür entging ihm somit gänzlich.       Das unangenehme Kratzen in seinem Hals, zwang Steve langsam aber sicher wieder zu sich zu finden. Er hatte nicht daran gedacht, sich etwas zu trinken mit ans Bett zu bringen, was bedeutete, dass er aufstehen würde müssen. Ein unglückliches Raunen zog durch den Raum. Das Erste, was sein noch etwas schläfriger Blick erfasste, waren braune Haare direkt vor ihm und ohne dass er sich dem so recht bewusst war, schob er sein Gesicht in die weichen Fluten. Es folgte ein leises Schnurren, was Steve weiter heranrutschen und ihn schmunzeln ließ.   Mit einer Hand strich er über Buckys Kopf, weiter entlang über dessen Oberarm und dessen Seite hin zu…   Steve war mit einem Mal hellwach und schaute erschrocken auf den Körper vor sich, was ihm augenblicklich ein trockenes Wimmern entlockte. Bucky war nicht in Katzenform und natürlich, natürlich war er nackt.   Und Steve? Steve war spürbar hart unter dem Schutz seiner Bettdecke.   „Oh mein Gott!“, brachte er kaum hörbar hervor, als er eilig von Bucky wegrutschte, was diesen sich in einer behäbigen Drehung zu ihm umwenden ließ.   `Oh mein Gott´, ging es Steve erneut durch den Sinn, als seine Erektion ein Zucken wiedergab, als Bucky ihn noch deutlich verschlafen anblinzelte. Steve fand es unangebracht sexy und rutschte noch etwas weiter zurück.   „Warum…Warum bist du hier?“ Steve schüttelte seinen Kopf, um sich zu sammeln. „Ich meine, warum…so?“ Er deutete mit einer Hand über Buckys menschliche Form, was diesen abermals blinzeln ließ, als könne er diese Frage nicht nachvollziehen.   „Weil du mich in meiner anderen Form beinahe zerquetscht hättest mit deinem wuchtigen Körper, deshalb.“, meinte er ungemein gelassen, und Steve wünschte, er könnte es ebenso beiläufig handhaben.   Bucky streckte sich genüsslich, was Steve eine gute Aussicht auf dessen sehnige Form und die gut definierten Muskeln verschaffte, die Steve unter dieser Art von Bewegung beinahe einen weiteren überforderten Laut entlockten.   Wäre Bucky ein richtiger Mensch, er würde…   Über seine Gedankengänge selbst perplex, schüttelte er erneut entgeistert seinen Kopf.   „Was ist los mit dir? Warum gibst du diese ungleichmäßigen Schwingungen wieder? Bist du verletzt?“, erkundigte sich Bucky plötzlich und Steve kam der Horror ein, dass Bucky genau wusste, was in seinem Kopf und unter der Bettdecke vor sich ging.   Bucky musterte ihn eindringlich.   „Es hilft, wenn man die Wunde leckt. Zeig sie mir einfach.“, bot er Steve an, was Steve sein Gesicht in einer mädchenhaft verlegenen Geste in die hochgezogene Bettdecke vergraben ließ.   Ja, er hatte definitiv ein kleines, penetrantes Problem zwischen seinen Beinen, nur würde Buckys Vorschlag da nicht viel bringen.   Steve riss seine Augen auf. `Oh mein GOTT!´, es würde etwas bringen und nun, wo er dieses Bild im Kopf hatte, würde er es wohl nie wieder loswerden.   Und dann traf es ihn wie ein Schlag.   Bucky hatte ihn gesehen!   Bucky hatte ihn gesehen, als er sich…als er sich selbst befriedigt hatte.   Steve war schon lange nichts mehr dermaßen peinlich, dass er nicht mehr wusste, wohin mit sich. Und deswegen tat er das Einzige, was ihm einfiel, worauf er sich unter einem pathetischen Wimmern einfach unter seiner Decke verkroch und soweit zusammenrollte, wie es ihm nur möglich war.   Bucky hatte ihn gesehen.       ***       Nach dieser Sache war es Steve unmöglich Bucky ins Gesicht zu sehen, selbst wenn er sich in Form einer Katze befand. Alles, was Steve durch den Kopf ging, war endlose Scham. Somit hatte er sich auch nicht gewagt, Bucky zu fragen, warum er sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, in der letzten Nacht neben ihm geschlafen zu haben.   Hatte er sich womöglich Sorgen um ihn gemacht?   Dennoch wollte er diesen ganzen Vorfall einfach nur wieder vergessen. Dass es eine Weile dauern würde, sah Steve als ein vorübergehendes Übel an.   Irgendwann würde er nur noch drüber lächeln.   ...   Unsinn!   Es würde ihn ein Leben lang verfolgen! Was versuchte er sich da schön zu reden!   „Ich werde mich heute mit einem Freund treffen. Es wird also später.“, informierte er Bucky, der in Katzenform gerade in den Flur geschaut kam, als er sich zum Ausgehen anzog.   Ihm ging es wieder besser, was er wohl der Medizin zu verdanken hatte. Ein Glück. Er wollte Sam nicht absagen müssen, wo sie diesen Abend doch schon länger geplant hatten.   Außerdem hatten sie extra Karten für diese Ausstellung.   Steve wartete auch nicht auf eine Antwort, als er zu seinen Schlüsseln griff, doch dann nahm er wahr, dass sich Buckys Präsenz geändert hatte. Er drehte sich nicht um, das hatte er nun gelernt, um sich nicht ständig peinlich berührt zu sehen.   „Hast du nun doch das Interesse verloren?“ Steve hob fragend die Augenbrauen. „Was meinst du?“   „Mein Abendessen. Du hast es gestern schon ignoriert, deshalb kam ich auch in dein Zimmer.“   „Oh.“, rutschte es Steve heraus. Nicht weil er sich bewusst wurde, dass er es tatsächlich vergessen hatte, sondern weil er deutliche Enttäuschung verspürte. Aber nun kannte er wenigstens den Grund, für Buckys nächtliches Erscheinen.   „Uhm, ich denke, du brauchst mich nicht dazu. In dieser Form kannst du selbst an den Kühlschrank.“, gab er knapp zu verstehen und mit einem ebenso knappen „Bye.“ machte er sich auf den Weg.           „Also ich weiß nicht, Mann. Einige der Kunstwerke sehen aus, wie von einem Vierjährigen im Zuckerrausch. Dass Leute dafür noch Geld ausgeben wollen, ist mir unbegreiflich.“ Sam schaute in seine Broschüre, als sie den nächsten Raum der Galerie betraten.   „Ah, damit kann ich schon eher etwas anfangen.“, grinste dieser breit, als eine lebensgroße Plastik zweier sich umschlingender, hüllenloser Frauen in ihr Sichtfeld kam, die sich augenscheinlich im Ansatz zu einem Kuss befanden.   „Für 200.000 Dollar gehört sie dir.“ Sams Gesicht nahm einen entgeisterten Ausdruck an und er trat automatisch davon zurück. „Nicht, dass sie gerade uns vor die Füße fällt.“   Steve schob ihn mit einem Feixen zum nächsten Exponat weiter.       „Wie geht es denn deiner haarigen Freundin?“ Sie hatten sich in ein gemütliches Lokal zurückgezogen, nachdem sie die Galerie verlassen hatten und ließen den Abend in entspannter Atmosphäre ausklingen. Steve schaute von seinem Roast Beef auf.   Wenn Sam wüsste.   „Gut.“, gab er kurz aber nicht gelogen wieder, da alles andere als Erklärung, womöglich noch dazu führen würde, dass er sich unbewusst verplapperte.   „Ich habe übrigens ein paar Sachen aussortiert, die du für euren Wohltätigkeitsbazar haben kannst, wenn du willst.“ Das Thema zu wechseln, schien angepasst, glaubte Steve eh nicht, dass Sam sich nun ausführlicher über Bucky, oder für Sam immer noch Chocolate, unterhalten wollte.   „Das freut mich zu hören. Wäre eine gute Sache, wenn wir ein paar Dollar mit dieser Aktion zusammenbekämen.“ Sam engagierte sich mit Hingabe für Leute, die Hilfe gebrauchen konnten. Steve war gern bereit, ihm dabei etwas zu unterstützen. Und wenn es die Zeit zuließ, ihm auch aktiv dabei zur Hand zu gehen. Er konnte selbst nachvollziehen, wie es sich anfühlte, sich in der Gesellschaft verloren vorzukommen. Leute wie Sam waren deswegen ein wirklicher Segen.   „Du kannst es gleich mitnehmen, wenn du mich zu Hause absetzt.“, ließ er ihn wissen und widmete sich wieder seinem Essen.       Sam parkte den Wagen vor Steves Haus, wo sie zusammen ausstiegen. „Wir nehmen gleich den Hintereingang, da wir eh in den Keller müssen.“ Sam nickte und folgte Steve um das Haus herum. „Sag mal, was ist eigentlich aus der Sache mit dem nackten Landstreicher geworden.“, kam Sam die Frage ein, bevor sie an der Hintertür ankamen und Steve sie aufschloss. Steve war gerade dabei, Sam sagen zu wollen, dass er keine Ahnung habe, als er das Licht anschaltete und sie beide die unbekleidete Gestalt von Bucky vor sich hatten, der am Kühlschrank stand und einen Milchkarton in der Hand hielt. Er schaute etwas überrascht, aber nicht so überrascht wie es Steve tat, hing ihm der Mund etwas offen und sein Gesicht gab so etwas wie bleichen Schrecken wieder.   „Uhm, ist das die Antwort auf meine Frage?“, gab Sam etwas unsicher wieder und Steve musste erst einmal aus seiner Starre wieder zu sich finden.   „Oh, das…das ist Bucky. Er…er ist mein…mein Untermieter. Uhm, genau mein Untermieter. Also Sam, das ist Bucky. Bucky, das ist Sam.“ Steve war danach die Flucht ergreifen zu wollen, aber das hätte die Sache nur noch merkwürdiger erscheinen lassen.   „Okaaayyy.“ Sam klang wie zu erwarten nicht sehr überzeugt und Steve fuhr sich angestrengt mit einer Hand über sein Gesicht, hatte er selbst keine Idee, wie er Buckys Präsenz noch plausibler erklären könnte. Schon gar nicht, wenn dieser nackt in seiner Küche stand.   Bucky indes schaute sie beide nur abwartend an. Steve hoffte inständig, dass dieser die Lage deuten konnte. Er glaubte nicht, dass er erklären könnte, wenn Bucky nun seinen Napf füllte und dieser ihn in jener Form aber katzenartig wieder leerte. Er hatte selbst keine Ahnung, ob Bucky in Menschengestalt auch wie ein Mensch trank.   Zu seiner Erleichterung, nickte er Sam nun aber einfach nur zu und stellte den Karton zurück in den Kühlschrank. Dann zog er in Richtung Wohnzimmer ab.   „Ich glaube, darüber müssen wir uns noch einmal ausführlicher unterhalten, Rogers.“ Steve konnte sich eine leidlich verzogene Miene auf Sams Bemerkung nicht verkneifen.       ***       Seit Bucky wütend und hüllenlos in seinem Leben erschienen war, hatte Steve nun schon einige verrückte Dinge über sich ergehen lassen müssen. Und so wie es aussah, würde dies auch nicht so schnell ein Ende nehmen.   Er saß am Küchentisch, bei seiner früh morgendlichen Tasse Kaffee, die er nicht genießen konnte, da er mit seiner Stirn auf der Tischplatte ruhte und er seinen Blick rigoros auf das dunkle Holz gerichtet hielt.   Nicht zu vergessen, dass er glaubte, irgendwann an Verlegenheit zu Grunde zu gehen, so oft wie er dieses Gefühl in der letzten Zeit hatte durchleben müssen.   Vor nicht knapp zwei Minuten hatte er Besuch bekommen. Er hatte noch kurz erkennen können, dass es sich um eine rote Katze handelte, bevor sich diese ebenso in menschlicher Form vor ihm zeigte.   Und diesmal war es eindeutig ein weibliches Exemplar.   Das Zurückziehen eines Stuhls zeigte an, das diese sich wohl gesetzt haben musste. Steve behielt seine Position weiterhin bei.   „Du bist also dieser Mensch, der uns verraten wird.“, klang eine weiche aber dennoch abwertende Stimme an Steves Ohren. Er empfand es plötzlich nicht mehr als die beste Option, sein Gegenüber nicht im Blick zu haben.   Wenn Bucky gefährlich werden konnte, dann sicherlich auch jeder andere seiner Art.   Also richtete er sich wieder auf und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass sie zwar noch immer unbekleidet war, aber dadurch, dass sie saß und ihre roten Haare über ihre Brüste fielen, es nicht mehr ganz so unangenehm für ihn sein musste.   Ihre Augen waren grün, wie man es bei Katzen gewöhnt war, und ihr Gesicht, das einer attraktiven Frau. Aber ihr Blick gab eindeutig Zorn wieder.   „Ich bin hier, um etwas klar zu stellen. Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, werde ich dich in Stücke reißen.“ Steve hatte das untrügliche Gefühl, dass er diese Drohung lieber ernst nehmen sollte.   „Ich…“   „Es interessiert mich nicht, was du dazu zu sagen hast. Es sind eh alles nur Lügen!“, fauchte sie plötzlich und Steve erkannte ihre spitzen Reißzähne und ihre Krallen. Im Gegensatz zu Bucky, wenn er verärgert war, zeigte sie aber weder Ohren noch Schwanz.   „Wenn du ihn uns nimmst, dann werden wir dich jagen, das verspreche ich dir.“   „Tasha!“ Bucky stand im Kücheneingang und schaute grimmig auf die Frau mit den roten Haaren.   Ein Knurren war von Bucky zu hören.    „Du hast hier nichts zu suchen!“   Ein ebenso angespanntes Knurren von Tasha? folgte   „Sei nicht so dumm. Er wird dich hintergehen!“   Steve hatte keine Ahnung, was dieser Austausch von aggressiven Lauten zu bedeuten hatte, aber es bedeutete sicherlich nichts Gutes.   „Ich werde ihn nicht anerkennen. Nicht einmal für dich!“   Tasha schenkte ihm noch einen feindseligen Blick, verbunden mit einem Fauchen, bevor sie als Katze wieder verschwand.   Bucky wechselte nun ebenso wieder in Katzenform und folgte Tasha nach. Steve überkam ein ungutes Gefühl.   Zwei Werkatzen, die Zugang zu seinem Haus hatten und eine davon schien mehr als erpicht, ihm an die Kehle zu wollen.       ***       Bucky war daraufhin vier Tage verschwunden, was Steve dieses ungute Gefühl nicht abschütteln ließ. Er hoffte, Bucky war in Ordnung. Er selbst hatte sich nur unruhig gefühlt. Sein Schlaf war kurz und stets mit einen fahrigen Aufwachen verbunden. Er rechnete mit einem Angriff. Eine Situation, die sein Geist und sein Körper nur zu gut kannten. Nur hatte er nicht gedacht, dass es ihm in seinem eigenen Haus, in einer Großstadt wieder bewusst werden müsste.   Auf was hatte er sich da nur eingelassen?   Er besaß eine Waffe, wie wohl fast jeder amerikanische Haushalt, aber er wollte wirklich davon Abstand halten, sie als einzige wirkliche Sicherheit anzusehen. Für ihn war es die allerletzte Option und er wusste auch, dass es zu einem Tick werden konnte.   Nein, er würde versuchen, es irgendwie anders zu regeln.   Und es gab immer noch diesen Teil in ihm, der Bucky zeigen wollte, dass er hier nichts zu befürchten hatte.   Es hatte sich eine etwas chaotische Dynamik zwischen ihnen entwickelt, aber Steve sah es dennoch als einen positiven Fortschritt an.   Nun jedoch hatte er keine Ahnung, wie es angebracht wäre sich zu verhalten. Ob er seine eigne Sicherheit über ihren Bund des miteinander Zurechtkommens setzen sollte. Es würde sich nicht vermeiden lassen, Bucky auszugrenzen. Ihm klar zu machen, dass er hier nicht mehr willkommen sei. Er hatte nicht das Gefühl, es übers Herz zu bringen.   Bucky hatte seine Gründe an diesem Ort festzuhalten, das wusste er, wenn auch nichts Genaueres. Und es schien schon Jahre so zu sein.   Er fand einfach keine zufriedenstellende Lösung für das alles.   Wenn er nur wenigstens mit jemanden darüber reden könnte.   Aber er hatte Bucky versichert, dass er ihm vertrauen konnte, dass er nichts über ihre Existenz preisgäbe.       Am fünften Tag war Bucky zurück. Ungewohnt vorsichtig, als habe er die Befürchtung, dass ihm etwas bevorstand, dem er lieber aus dem Weg gehen wollte. Er hatte Steve nicht überrascht, indem er urplötzlich vor ihm auftauchte, sondern hatte vor dem Haus auf ihn gewartet. Wie am ersten Tag, als man ihn ihm als Chocolate vorgestellt hatte. Und erst als Steve ihm sagte, dass er mit hineinkommen solle, betrat er das Haus.   Er hatte in seine menschliche Form gewechselt, sobald die Tür hinter ihnen geschlossen war und mit einem resoluten Ausdruck versichert, dass er die Sache mit Tasha geregelt habe und sie ihn nicht noch einmal aufsuchen würde. Steve war es gewöhnt, dass Bucky in seinen Emotionen recht starr erschien, und er versuchte auch in diesem Falle daran festzuhalten. Aber Steve kam nicht umhin sich einzubilden, dass hinter seiner nachdrücklichen Fassade, ebenso etwas Schutzloses zu liegen schien.   Sollte er es wirklich darauf ankommen lassen?   Sollte er Bucky diese mehr als gefahrvolle Chance auf sein Vertrauen schenken?   Ein nachdenklicher Moment verstrich, als er ihm direkt in die quecksilberfarbenen Augen blickte.   „In Ordnung. Ich vertraue dir.“       ***       Dieser eine Satz hatte etwas bewirkt, von dem Steve die ganze Zeit nicht gewusst hatte, wie er es hätte anstellen sollen.   Bucky zeigte sich wesentlich umgänglicher ihm gegenüber und es wärmte Steve von innen heraus.   Natürlich hatte er immer noch einen eigenwilligen Charakter, aber er nahm es Steve weit weniger übel, wenn er versuchte, mit ihm lockerer umzugehen. Zuvor schien er sich meist nur provoziert davon.   Bucky verbrachte nun auch mehr Zeit bei ihm. Nicht zum Reden, sondern um ihm einfach nur bei diesem und jenen zuzusehen oder wenn er sich besonders neugierig zeigte, um sich etwas erklären zu lassen.   Den heutigen Abend verbrachten sie vor dem Fernseher. Sie hatten zusammen gegessen und es sich daraufhin im Wohnzimmer gemütlich gemacht, wo Steve ein ganz bestimmtes Utensil herzuholte. Er war sich nicht ganz sicher, ob Bucky Interesse daran zeigen würde, aber er hatte die verwaiste Katzenbürste in seinem Schrank wiedergefunden, die er nicht mehr hatte ausprobieren können, nachdem Chocolate sich als Bucky entpuppt hatte.   Bucky war, wie den ganzen Tag über schon, in Katzenform und lag neben ihm auf der Couch.   „Vielleicht gefällt es dir ja. Ich werde auch vorsichtig sein.“ Was bei Buckys langem Fell wohl auch angebracht war.   Dieser sagte natürlich kein Wort und schaute von Steve auf die Bürste und wieder zu Steve, der ihn mit großen, erwartungsvollen Augen anblickte.   Schließlich erhob sich Bucky und kletterte auf Steves Oberschenkel, um sich dort wieder lang zu machen.   Mit Bedacht und einem freudigen Grinsen, machte sich Steve an die Arbeit.   Nach einer Weile schaute Steve auf das Knäul an Wolle, das er aus Buckys Fell hatte bürsten können, der sich nach einem unberührten Start, dem entstehenden Wohlbefinden schließlich doch nicht weiter widersetzt hatte und nun immer noch entspannt vor sich hinschnurrte.   Ein plötzlicher Gewichtswechsel brachte Steve jedoch zum Japsen, worauf die Bürste zu Boden fiel und er reichlich entgeistert auf den hüllenlosen Körper starrte, der sich über seinem Schoß ausgebreitet befand und er partout nicht wusste, wohin nun mit seinen Händen. Er legte seine Arme letztendlich auf sicherem Abstand entlang der Rückenlehne der Couch.   Zum Glück lag Bucky auf dem Bauch, aber es reichte dennoch zu, Steve vollends rot werden zu lassen.   „Warum tut ihr Menschen das?“, hörte er ihn fragen, was Steve dazu veranlasste, ihn etwas konzeptlos anzusehen. Bucky deutete auf den Bildschirm.   Ein Mann und eine Frau waren zu sehen. Beide in Mitten von winterlicher Natur und sie küssten sich. So wie es frisch Verliebte gern taten, mit treuen Blicken zwischen einem Lippenbekenntnis und leisem Lächeln über ihr Glück.   Steve war sich nicht ganz sicher, wie er ansetzen sollte. Oder ob er überhaupt einen Ton vorbringen würde können.   „Sie…sie küssen sich. Uhm…Menschen tun das, wenn sie sich gern haben.“ Es war eindeutig nicht das vorteilhafteste Thema, in solch einer, doch recht verfänglich angelegten Position.   „Wir haben ein ähnliches Ritual dafür.“, ließ ihn Bucky wissen. „Bedeutet das, dass du diese anderen Menschen, die dich manchmal besuchen kommen, nicht gern hast? Ich habe nie gesehen, dass du Das mit ihnen tust.“   Ein etwas verschämtes Lachen rutschte Steve hervor über Buckys Beobachtung. „Na, wir Menschen haben verschiedene… nun ja sagen wir mal, Kategorien dafür.   Diese Art...“ Steve zeigte auf das sich noch immer küssende Paar. „…ist nicht direkt für Freunde gedacht.“   „Für wen dann?“ Steve musste unweigerlich Lächeln über diese Frage und Buckys leicht konfusen Ausdruck. Er erinnerte Steve abermals an ein Kind, das neugierig nach Antworten verlangte, zu den alltäglichen Dingen, des sich vor ihm ausbreitenden Lebens.   „Uhm, es ist für besondere Personen. Personen, die ein ganz spezielles, gutes Gefühl in einem auslösen und wenn dieses Gefühl stark bleibt, dann sind diese Personen auch über eine lange Zeit zusammen und gründen vielleicht sogar eine Familie.“   Bucky schwieg zu dieser Erklärung und schaute wieder zum Fernseher. Das Paar war abgelöst worden von der hektischen Kulisse einer Großstadt.   „Ich denke, ich verstehe. Familie ist etwas Wichtiges. Ich möchte auch nicht mehr ohne sie sein.“   Dies war wohl das offenste Geständnis, dass er Bucky je zu diesem Thema hatte sagen hören. Und Steve erkannte wie viel Zuneigung und Fürsorge in Buckys Worten steckten. Es zeigte erneut eine andere Facette an ihm, was Steve es nicht bereuen ließ, dass er ihn weiter um sich hatte haben wollen.   „Du passt auf sie auf?“ Diese Frage rutschte ihm schneller heraus, als er darüber nachgedacht hatte, aber Bucky zeigte sich wider Erwarten nicht angegriffen.   Bucky nickte. „Ich und Tasha.“ Dieser kleine Einblick warf weitere Fragen in Steve auf, aber er besann sich eines Besseren. Es zeigte sich, dass er mit kleinen Schritten in Buckys Falle schneller vorankam, als mit hastigen und unkoordinierten Sprintversuchen.   „Das ist großartig von euch.“, meinte er schließlich, was Bucky abermals nicken ließ, während er etwas gedankenverloren wirkte.   Steve verharrte etwas unsicher hinsichtlich der aufgekommenen, melancholischen Stimmung. Seine Verlegenheit war zu einem guten Teil abgeklungen, auf Grund des tieferen Themenverlaufes, als sein Blick auf seinen Skizzenblock auf dem Couchtisch fiel.   „Wäre es für dich in Ordnung, mir einmal Modell zu sitzen?“ Es war kein plötzlicher Gedanke, aber er hatte bis jetzt nicht gewagt zu fragen. Und da er gerade jetzt das Bedürfnis verspürte, Bucky diesen nachdenklichen und schwermütigen Ausdruck ablegen zu lassen, brachte er es zur Sprache.   Erleichtert sah er zu, wie Bucky ihn wieder anschaute.   „Was heißt das?“   „Na ja, es heißt, dass du dich irgendwo hinsetzt oder legst und ich dich zeichne, so wie ich dich sehe.“   Bucky erschien abermals etwas gedankenverloren über Steves Bitte, was Steve schon dazu veranlasste, sie wieder zurücknehmen zu wollen.   „Ich kann dabei schlafen, nicht wahr?“ Bucky musterte ihn, als hoffe er auf ein Lob für seinen Gedanken.   „Wenn es dir so am liebsten ist, natürlich. Es ist immer gut, wenn sich das Modell nicht zu sehr bewegt.“   Steve fiel noch etwas Wichtiges ein.   „Kannst…kannst du dafür in dieser Form bleiben?“ Er war sich nicht sicher, ob Bucky sich dabei wohlfühlen würde. Er hätte ihn aus dem Gedächtnis zeichnen können, hatte er sich vieles von ihm eingeprägt über ihre Interaktionen der letzten Wochen. Aber eben nicht alles.   Außerdem wollte er nicht ungefragt handeln, egal wie sehr es ihm auch in den Fingern juckte.   Er wollte nichts verstecken müssen und Bucky die Möglichkeit der Wahl lassen.   „Wenn ich dabei schlafen kann.“, zuckte Bucky ungerührt mit den Schultern, was Steve mit einem vorfreudigen Kribbeln ausfüllte.   Er würde dafür seinen großen Block verwenden. Solch einem Motiv gebührte mehr, als eine Skizze in einem Buch. Kapitel 7: ----------- Steve war gerade aus der Dusche gestiegen, nachdem er seine morgendliche Joggingrunde hinter sich gebracht hatte, als sein Handy mit dem Refrain von Uptown Funk auf sich aufmerksam machte. Sam. Etwas zögerlich griff er das Telefon auf und atmete noch einmal tief durch, bevor er schließlich das Gespräch annahm. „Hey, Sam.“ Steve wusste genau, was dieser Anruf zu bedeuten hatte, aber er würde nicht von selbst darauf zu sprechen kommen. „Guten Morgen, Steve. Also ich sitze hier mit einer Tasse guten Kaffees und hab die Zeitung schon durch, und da mir noch immer der Sinn nach etwas Unterhaltung steht, dachte ich, ich lasse mir mal deine kleine Story zu deinem Untermieter erzählen.“ Sam betonte das Wort Untermieter gekonnt und Steve rieb sich etwas hilflos über seine Stirn. Sam war der Typ, der nicht lange um etwas drum rum redete, zu Steves derzeitigem Verdruss. Was er jedoch begrüßte, war, dass dieser keinem seiner Freunde davon erzählte, nachdem er ihn nach Buckys plötzlicher Offenbarung darum gebeten hatte. Das Problem war nicht, dass er den anderen nicht vertraute oder sie aus seinem Leben ausschließen wollte. Das Problem bestand ganz einfach darin, dass man ihn nicht mehr zur Ruhe kommen lassen würde, sobald Peggy oder Tony Wind davon bekamen, dass er mit jemandem zusammen wohnte. Und schon gar nicht, wenn sie auch nur einen winzigen Blick auf Bucky erhaschen sollten. Er wusste, sie meinten es nur gut. Wollten nicht, dass er allein seinen Alltag fristete, aber auf das Chaos, das sie anrichten konnten, würden sie versuchen, ihn und Bucky irgendwie zu verkuppeln, hatte er weiß Gott keine Lust. Am Ende wäre Bucky der Rummel so unangenehm, dass er sich von Steve wieder vollkommen zurückziehen würde. Jetzt jedoch musste er sich erst einmal überlegen, was er Sam erzählen sollte. Er musste lügen, und das war etwas, das er stets zu vermeiden versuchte. Vor allem, wenn es um seine Freunde ging. Also versuchte er es irgendwie so wahrheitsgemäß wie möglich zu halten, ohne aber zu sehr ins Detail zu gehen. „Ok.“ Sam klang noch immer etwas zweifelnd, aber er bohrte glücklicherweise auch nicht weiter nach. Steve hatte ihm erzählt, dass Bucky quasi vor seiner Tür gestanden habe, auf der Suche nach einem Zimmer. Sam wusste, dass Steve ein Gästezimmer besaß, das durchaus zum Vermieten geeignet war, hatte man nicht zu große Ansprüche. Bucky hatte in seiner Geschichte, ein spontanes Jobangebot in der Gegend bekommen und war deswegen auf der Suche nach einer Unterkunft gewesen. Er erzählte Sam, dass er mit Tieren arbeiten würde, dass er sich um sie kümmerte. Außerdem sei Bucky etwas exzentrisch und kein Typ für große Gespräche. Ein recht leiser Zeitgenosse, der seine Ruhe mochte und auch mal die Abgeschiedenheit suchte, weswegen er manche Tage nicht zu Gegen war. „Na ich hoffe, er macht dir nicht doch noch Ärger.“, fügte Sam an, ließ das Thema aber schließlich fallen. Sie unterhielten sich noch ein wenig, bevor Sam angab, dass er los müsse und das Gespräch mit einem „Wir sehen uns.“ beendete. Steve atmete durch. Das lief doch besser als gedacht. Das leise Knarren vor seiner Zimmertür ließ ihn jedoch aufstehen und er war etwas verwundert, als er beim Öffnen Bucky davor stehen sah. Dieser schaute ihn mit großen, unsicheren Augen an. Steve spürte wieder dieses innerliche Flattern. Bucky war wirklich ein hübscher Kerl und wenn er ihn so unschuldig ansah, kamen die verschiedensten Impulse in Steve zum Vorschein. Aber keiner davon war auch nur ansatzweise unschuldig. Bucky hatte seinen Blick nicht von ihm genommen. „Kann ich dir helfen?“, erkundigte er sich bei ihm, was Bucky rasch blinzeln ließ, als müsse er sich erst einmal wieder zurechtrücken. „Der ist leer.“ Bucky hielt ihm einen, in der Tat, leeren Milchkarton vor. Steve zog nachdenklich seine Augenbrauen zusammen. „War der nicht gestern Abend noch unangerührt und voll?“ Er wusste, dass er noch einen Karton im Kühlschrank hatte, und heute Nachschub holen wollte. Bucky schaute zur Seite. Und Steve meinte, so etwas wie Verlegenheit erkennen zu können. Einer dieser Impulse piesackte ihn erneut. Steve musste dennoch lächeln. „Schon Ok. Ich werde später neue holen. Hältst du es solange aus?“ Und Oh Gott! Nun schmollte Bucky ihn auch noch an. Steves nächste Aktion war es, seine Hand auszustrecken und sie an Buckys Wange legen zu wollen. Er hielt die Luft an, als er diese fast berührte und sich seiner unbedachten Handlung bewusst wurde. Und dann erstaunte ihn Bucky erneut, indem er sich seiner Handfläche leicht entgegenbrachte. So wie es eine Katze tun würde, wenn sie auf Streicheleinheiten aus war. Steve hielt weiter den Atem an, über diese unwirklich erscheinende Regung der Vertrautheit. Doch dann schien sich Bucky zu besinnen und wirkte selbst verwirrt. Steve senkte seine Hand wieder. „Verdammt.“, zischte Bucky leise und fuhr sich in einer recht menschlichen Geste durch seine dunklen Haare. Unter beständigem Murren wendete er sich von Steve ab und verschwand wieder nach unten. Steve spürte noch immer das Kribbeln, das seiner Hand nach dieser Berührung innewohnte. *** Es war der perfekte Tag um Bucky sein Versprechen einlösen zu lassen, sich von ihm zeichnen zu lassen, sollte dieser gerade in der Stimmung dazu sein. Die Sonne fiel in einem weniger harschen Winterlicht durch die Fenster in den kleinen Raum, den er sich zu einem gemütlichen Atelier hergerichtet hatte und ließ sich verschiedene Schatten über den Raum verschmelzen. Er hatte auf solch einen Tag gewartet. Und Bucky war das perfekte Modell für solch ein Projekt. Steve holte seinen Block und Zeichenutensilien hervor und platzierte sie auf dem runden Tisch vor sich. Dann machte er sich auf den Weg nach unten, um nach Bucky zu suchen. „Bucky?“ Er hatte ihn heut noch nicht gesehen, aber es war auch noch nicht so weit in den Tag hinein, dass es verwunderlich erscheinen müsste. Kurz darauf sprang Bucky in seiner Katzenform auf die Rückenlehne der Couch und schaute Steve abwartend an. „Hey.“ Steve hatte immer ein Lächeln übrig, wenn er Bucky zum ersten Mal am Tag zu Gesicht bekam. „Wenn du nicht grad etwas zu tun hast, würdest du mir den Gefallen mit dem Modell liegen erfüllen? Das Licht ist wirklich ideal und ich würde es gern nutzen wollen. Bucky schaute ihn weiter an. Nicht, dass Steve in dieser Form eine akustische Antwort erwartet hätte. Dieser verließ seinen Platz auf der Couch und trappte in die Küche, um kurz darauf in seiner menschlichen Gestalt zurückzukommen. Steve schmunzelte über die Tatsache, dass Bucky nun wirklich darauf achtete nicht mehr vollkommen nackt aufzutauchen. Doch für sein Vorhaben heut, hätte er die Hose ruhig wieder einmal weglassen können. „Die brauchst du nicht.“ Steve deutete auf besagtes Kleidungsstück, das er für Bucky immer über einem der Küchenstühle bereit gelegt hielt. Dieser zog nicht unerwartet seine Augenbrauen zusammen. „Es war deine Idee.“, gab er irritiert zurück, was Steve nun die Anfänge eines Rotschimmers auf seinem Gesicht spüren ließ. „Ja, das stimmt. Und es ist auch nur eine Ausnahme für das, was ich vorhabe.“ „Das macht keinen Sinn.“ Steve schluckte etwas nervös. „Das ist so eine Künstlersache, wenn wir ein bestimmtes Motiv vor Augen haben, dann…“ „Ja schon gut, mir ist es egal. Ich war es ja nicht, der sich so angestellt hat.“ Damit streifte sich Bucky die Hose wieder von den Beinen und schaute erneut abwartend zu Steve, der nun noch röter wurde. „Uhm, wir müssen nach oben in den linken Raum neben der Treppe. Leg…leg dich dort einfach auf das Sofa, wie es für dich am bequemsten wäre.“ Bucky tat wie ihm geheißen und Steve folgte mit gesenktem Kopf, auch wenn die Verlockung Buckys Rückansicht so großzügig präsentiert zu bekommen, wirklich groß war. Im Zimmer angekommen, setzte sich Steve der Couch gegenüber. Bucky legte sich einfach ausgestreckt auf die Seite, ließ seinen Kopf auf seinem rechten Oberarm ruhen und hielt den anderen etwas angewinkelt vor seiner Brust. Sein linkes Bein winkelte er ebenso an und schloss dann einfach seine Augen. Gut, dass dieses Möbelstück groß genug war, um dessen gesamte Person fassen zu können. Steve betrachtete sich Bucky mit den Augen eines Künstlers. Zumindest redete er sich ein, dass es ausschließlich der Künstler in ihm war, der sich die Person vor sich eingehend verinnerlichte. Mit einem Räuspern brachte er sich schließlich selbst wieder zur Räson und begann mit seiner Arbeit. Es waren gut drei Stunden vergangen, die Steve über sein Tun kaum mitbekommen hatte. Aber so war es immer, wenn er sich besonders von einem Projekt motiviert sah. Er vergaß einfach alles andere. Bucky hatte die gesamte Sitzung über geschlafen. Und das tat er immer noch. Ab und an war ein leichtes Zucken durch seinen Körper gegangen, aber er war davon nicht aufgewacht. Zufrieden betrachtete sich Steve sein Werk. Er war noch nicht fertig damit, aber für den Rest bedurfte es keiner Vorlage mehr. Erst jetzt bemerkte Steve wie verspannt seine Glieder sich anfühlten und er trat hinter der Staffelei hervor. Er streckte sich erst einmal ausgiebig. Sein Magen knurrte in die Stille des Raumes, was ihn daran erinnerte, dass er heute nicht einmal gefrühstückt hatte. Sein Eifer war einfach zu drängend gewesen und zum Glück hatte Bucky ihm sein Anliegen nicht verwehrt. Ein leichtes Murren ging nun von Bucky aus, das Steve nicht so recht deuten konnte. Mit Bedacht ging er zu Bucky hinüber, der abermals einen angespannten Laut von sich gab. Träumte dieser womöglich schlecht? Er hatte sich nie gefragt, ob es für Bucky ebenso wie für Menschen sei, wenn er schlief. Buckys Gesicht nahm etwas Verbissenes an, und Steve sah, dass dessen Körper erneut zu zucken anfing und seine Augen sich unruhig hinter dessen Lidern bewegten. Ein Blick auf dessen vor der Brust ruhenden Hand zeigte, wie er diese in einer kratzenden Geste über den Stoff der Couch zog. Und dann kamen Buckys Krallen zum Vorschein, traten seine Zeißzähne hervor, während er seine Oberlippe zu deren Präsentation nach oben raffte, als würde er sich auf einen Kampf einstellen. Ohren und Schwanz rundeten das Bild eines aufgebrachten Werkatzen Mannes ab. Und doch wachte Bucky nicht auf. Steve kannte diesen Prozess nur zu gut, sich in seinen Träumen gefangen zu sehen. Und es mochte wahrlich nicht die cleverste Idee sein, aber Steve hatte Bucky etwas zurückzuzahlen. Schließlich hatte dieser ihn schon ein paar Mal aus solch einem Zustand befreit. Wenn auch nicht immer mit Samthandschuhen. Vorsichtig legte er seine Hand auf Bucky Kopf, was dessen Katzenohren zum Zucken brachte und ein Wegrucken des Kopfes folgen ließ, was darauf hindeutete, das diese Berührung nicht erwünscht zu sein schien. Somit versuchte es Steve mit dessen Schulter, was Bucky ein Knurren entlockte. Anscheinend waren Berührungen in diesem Zustand nichts was ihm gut tat. Dennoch zog Steve seine Hand nicht zurück, sondern ging dazu über Bucky leicht zu rütteln. „Hey Bucky. Wach…“ Ein energisches Fauchen folgte, und Steve fand sich von einer Sekunde auf die andere mit dem Rücken auf dem Zimmerboden wieder, ohne dass er etwas dagegen hätte ausrichten können. Bucky war schneller und kräftiger als er bis jetzt angenommen hatte. Somit verwunderte es auch nicht, wenn er sich recht sicher schien, dass er ihm so schnell nichts würde tun können. Auch nicht, wenn er schlafen sollte. Dessen drohende Gestalt befand sich weiter über ihm, verbunden mit dessen Hand, die gerade zu einem Hieb ausholte. „Woah, Bucky! Ich bin´s, Steve.“, brachte er etwas heißer hervor, während er sich auf Abwehr vorbereitete. Glücklicherweise, schien Bucky sich über diese Worte zu besinnen, verharrte seine Hand in angesetzter Position, während er leicht seinen Kopf schüttelte. Wohl um wieder gänzlich zu sich zu kommen. „Du…bist es?“, es war nur ein leises Erfragen, was Steve jedoch mit Erleichterung ausfüllte. „Ja, Bucky, ich bin´s.“ Buckys Arm senkte sich und durch den Vorhang an langen Haaren, konnte Steve in das gequälte Gesicht von Bucky blicken, der erneut so ungemein jung und verloren wirkte. Als verstünde er seine eigne Existenz nicht. Und da es Steve das Herz brach, legte er beide Hände an Buckys Gesicht, um ihm hoffentlich etwas Bodenhaftung zurückgeben zu können. Diese Berührung bewirkte, dass Bucky sofort seine Augen schloss und seinen Kopf fast haltlos in die ihm umrahmenden Hände legte. „Kann ich etwas für dich tun, damit es dir wieder besser geht?“ Bucky sagte nichts, sank nur weiter auf Steve nach unten, bis er auf ihm zu liegen kam, und Steve dessen rasch schlagendes Herz gegen seine eigene Brust wahrnehmen konnte. Und dann versuchte Bucky, so wie er war, sich auf ihm zusammen zu rollen, was unmissverständlich das katzenhafte in ihm wiedergab. Es hatte etwas Herzerweichendes, kannte er die innere Verwirrung und den nachklingenden, dumpfen Schmerz, der einen nach solch einem aggressiven Erwachen gefangen nehmen konnte, nur zu ausführlich. Deshalb zögerte er auch nicht seine Hand nach Buckys Kopf auszustrecken und ihm sanft darüber zu streichen. Zuerst schien Bucky diese Berührung gar nicht wahrgenommen zu haben. Doch dann hörte Steve das leise Schnurren und spürte, wie sich Bucky seiner Hand leicht entgegen brachte. Er bewegte seinen Kopf, so dass Steve sich verschiedenen Punkten zuwenden konnte und da Bucky es zu genießen schien, ging sein Streicheln in ein Kraulen über. Das hörbar laute Aufschnurren, das darauf folgte, ließ Steve angetan Schmunzeln. Es war ein ungemein, angenehmes Gefühl, Bucky so zutraulich zu erleben und auch zu sehen, dass er ihm wohl doch mehr vertraute, als er zugeben würde. Steve machte sich dennoch keine Illusionen. Aber er würde Bucky nicht zurückweisen, wenn dieser auch in Zukunft seine Zuwendung suchen würde, wenn es ihm half, sich wieder etwas besser fühlen zu können. *** Steve hatte ein neues und doch altbekanntes Problem. Genau deswegen, befand er sich an einem Freitagabend, allein an der, in schwarzem Glas gehaltenen Theke einer dieser Bars, in der Hoffnung, sich von dieser Last wenigstens vorübergehend befreien zu können. Die Atmosphäre war entspannt, und die leicht rockige Musik, die sich durch den Hintergrund zog, angenehm. Er hielt sich noch immer an seinem ersten Getränk auf, das man ihm als -Godfather- angepriesen hatte und trotz, dass es ein Cocktail war, nicht zu bunt daher kam. Aber das war Steve auch ziemlich egal. Hauptsache es machte ihn etwas lockerer, ohne dass er zu erpicht erschien, gerade das erreichen zu wollen. Denn es mangelte nicht an Interesse an ihm, das spürte er und fing auch den ein oder anderen aufmerksamen Blick ein, den man in seine Richtung schickte. Sein Körper stand unter Spannung. Nichts, was er sonst nicht zu Hause in seinem Bett und mit Routine wenigstens zum größten Teil beheben konnte. Aber nun, wo er Bucky zu Hause hatte, stellte das einfach keine Option mehr da. Bucky mochte es vielleicht egal sein, wenn Steve sich selbst seine Befriedigung suchte, aber ihm war es alles andere als gleich. Er würde sich nicht entspannen können, wenn er stets davon ausgehen musste, dass Bucky in sein Zimmer kam und ihn erneut dabei erwischte. Zwar könnte er sein Schlafzimmer abschließen, aber das hatte er schon seit geraumer Zeit nicht mehr getan, um Bucky eben offenen Zutritt dazu zu gewähren. Dieser schlief nun fast jede Nacht bei ihm. Meist in seiner menschlichen Form, um nicht von ihm im Schlaf überrollt zu werden. Und eben diese Uneingeschränktheit, machte es ihm nun immer schwerer, sich zusammen zu reißen. Er hatte Bucky in seinem Bett und doch stand außer Frage, ihm irgendwie auf intimere Art und Weise näherzukommen. Für Bucky war das Suchen nach Nähe einfach ein Instinkt, von dem er wusste, dass das ihm Folgen etwas Angenehmes für ihn bereithielt. Für ihn hatte es rein gar nichts mit sexueller Anziehung zu tun. Und Steve kämpfte immer ein Stück mehr mit seiner Enttäuschung über sich selbst, wenn er sich dennoch mehr vorstellte, lag Bucky neben ihm und ließ sich von ihm kraulen. Und weil er sich selbst nicht mehr vertraute, nicht irgendeine Dummheit zu begehen in dessen Gegenwart, war er nach langen Hadern hierhergekommen. Er hatte zuvor noch einmal an Clint gedacht, und ob er nicht versuchen sollte, ihn zu einem Drink einzuladen, schien er doch nicht ganz abgeneigt von ihm. Aber er erinnerte sich ebenso daran, dass Bruce dies wohl nicht sonderlich begrüßen würde. Aus welchem Grund auch immer. Und so hatte er von dieser Eingebung wieder abgelassen. Das Letzte, was er wollte, war irgendwelche Schwierigkeiten heraufzubeschwören. Und nun war er hier. Es hielt ihn dennoch nicht davon ab, sich unwohl in seiner Haut zu fühlen, bei dem Gedanken daran, was sein Ziel für diesen Abend war. „Hallo. Ist der Platz hier noch frei?“ Steve schaute den Mann neben sich an und setzte bei dessen Erscheinung ein leichtes Lächeln auf. Es konnte also losgehen. Der Fremde hatte sich ihm als Thor vorgestellt und auf Steves hoch gezogene Augenbrauen ein kräftiges Lachen gezeigt, war er diese Reaktion auf seinen Namen wohl schon ausgiebig gewöhnt. Aber es half Steve dabei, sich etwas zu lockern. Selbst wenn Thor, ihm einen falschen Namen genannt haben sollte, er war nicht hier um Freundschaften zu schließen. Aber es war ein eindeutiger Vorteil, dass er bei Thor ein gutes Gefühl hatte. Er war optisch, in vielen Dingen das komplette Gegenteil von Bucky und Steve begrüßte dies. Es würde ihm nicht helfen von Bucky loszukommen, wenn er sich heute Nacht mit einer vergleichbaren Person einlassen würde. Zu hoch war das Risiko, dass sein Geist, seine Fantasie nur noch mehr belebte, wenn er Bucky wieder vor sich haben würde. Nein, Thor war kräftig, wo Bucky geschmeidig sehnig war. Thor umgab ein warmes Glühen, wenn er lachte. Er hatte Bucky nie Lachen sehn. Nur zwei Mal flüchtig Lächeln, etwas, das er sich in sein Gedächtnis eingraviert hatte, um es nicht wieder zu verlieren. Und Thor war jemand, den Steve sich über ihm vorstellte. Jemand, der die Führung ohne Probleme übernehmen und ihn zum Betteln nach mehr bringen konnte. Nicht, dass er vorhatte, sich derart gehen zu lassen, aber es ließ dieses Kribbeln in seine Lenden ziehen, und er erlaubte es sich zu genießen. Mit Bucky hingegen waren seine Fantasien ganz andere. Steve raunte etwas zurechtweisend in seinen Drink. Er war hier, um Bucky aus seinem Kopf zu bekommen und nicht, um ständig an ihn zu denken. Er spürte Thors aufmerksame Augen auf sich und er lächelte ihn entschuldigend an. „Sorry, ich weiß, ich bin nicht gerade der unterhaltsamste Typ.“, gab er etwas verlegen zu, was ihn erneut darüber nachdenken ließ, ob er nicht doch lieber wieder gehen sollte. „Das ist nichts, was mich verstimmt. Ich bevorzuge deine Gesellschaft einer zu aufdringlichen Person, alle mal. Und mir schien es eine Verschwendung, mein Glück nicht wenigstens zu versuchen.“ Thor zwinkerte ihm aufmunternd zu, was Steve tatsächlich etwas rot werden ließ. Aber vielleicht ging es an Thor vorüber im etwas schummrigen Licht, das den Raum ausfüllte. Sie unterhielten sich noch eine Weile und Steve konnte feststellen, dass er sich in dem blonden Hünen nicht getäuscht zu haben schien. Seine Präsenz blieb ungemein angenehm und sie fanden sich zu diversen Themen in einem interessanten Gespräch wieder. Deshalb hatte es Steve auch nicht gestört, als Thors Hand irgendwann auf der seinen lag und sie ein wenig näher aneinandergerückt waren. Und je länger sich der Abend erstreckte, umso sicherer fühlte sich Steve, dass er es wollte. Dass er diese Nacht mit Thor verbringen wollte. Er hatte keine Ahnung wie spät es war, als sie die Bar gemeinsam verließen und er sich mit Thor auf dem Weg zu dessen Apartment befand. Und er verschwendete auch keine Gedanken mehr daran, seit er sich auf dem Rücksitz eines Taxis befand und man ihn energisch am Kragen seines Hemdes in einen passionierten Kuss gezogen hatte. Und auch nicht, als sie in das Gebäude stolperten, wo Thor wohnte, und nicht voneinander abließen, bis sie schließlich vor dessen Wohnungstür standen und dieser, um aufzuschließen, sich wohl oder übel von ihm lösen musste. Das nächste Mal als Zeit für Steve wieder eine Rolle spielte, war es bereits sechs Uhr am Morgen, worauf er sich etwas desorientiert, umschaute. Ein kräftiger Arm zog ihn über sein leichtes Bewegen wieder enger an den hinter ihm liegenden Körper, dem ein kurzes Brummen folgte. Steve blinzelte sich vollends munter. Etwas kratzte leicht über seine Schulter und ein paar Strähnen von langen, blonden Haaren fielen ihm ins Gesicht, gefolgt von Lippen, die sich seiner Halsbeuge widmeten. Der Sex mit Thor war wirklich mehr als befriedigend gewesen, mehr als Steve für sich erhofft hatte und das brachte ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht, als er nun langsam auf den Rücken gedreht wurde und man ihn aus fast ebenso blauen Augen wie die seinen anschaute. Steve strich Thor sein Haar etwas zurück. Es war nicht das typische Szenario, das sich nach einem One Night Stand abspielte, aber keiner von ihnen schien sich daran zu stören. Und Thor folgte Steves Aufforderung, als dieser ihm eine Hand in den Nacken legte und mit etwas Druck andeute, dass er sich zu ihm herunterbeugen solle. Und es brauchte auch nicht viel, um sie beide wieder vollkommen hart werden zu lassen. Ihre Becken in einem frenetischen Treiben gegeneinander zu reiben und den Raum erneut mit lusterfüllten Klängen zu füllen. Es war so nicht geplant gewesen, aber Steve nahm mit, was man ihm zu geben bereit war. Er würde danach wieder lange genug darauf verzichten müssen. Es war acht Minuten nach zehn, als er sich vor seiner Veranda wiederfand, high an fantastischem Sex, der ihn heute Morgen noch zwei Mal zum Höhepunkt hatte kommen lassen. Er hatte Thors Handynummer und die Aussicht auf die Wiederholung dieser Nacht, setzte dieses zufriedene Grinsen auf seine, vom Küssen noch immer etwas strapazierten, Lippen. Seine Hand streifte gedankenverloren über das Holzgeländer der Veranda, als ihn ein unangenehmes Stechen diese zurückziehen ließ. Steve rollte ergeben mit den Augen, als er den Holzschiefer sah, den er sich in seinen Handballen gezogen hatte. Dieses Haus war wirklich eine Eigenheit für sich. Schließlich betrat er sein zu Hause, nur um sich daraufhin gleich mit den kühlen Augen in Buckys menschlichem Gesicht konfrontiert zu sehen, der ihn vom Boden des Flures her anschaute und etwas mitgenommen wirkte. Hatte er etwa auf ihn gewartet? Hatte Bucky womöglich wieder schlecht geschlafen und sah deswegen so erschöpft aus. Dieser war es nun gewöhnt gewesen, sich mit ihm das Bett zu teilen, wenn ihn ein Alptraum heimgesucht hatte. Das Gefühl von Zufriedenheit wich übergangslos einem schlechten Gewissen. Er hatte Bucky sagen wollen, dass er die Nacht womöglich erst recht spät oder gar nicht nach Hause kommen würde, aber es über seine Aufregung dann total vergessen, auch weil er Bucky nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. „Uhm hey.“, brachte er ihm etwas zögerlich entgegen, was Bucky nun aufstehen ließ und er auf ihn zukam. „Du riechst seltsam. Anders.“, hörte er diesen sagen, während er ihm unverhoffte nahe kam, um seine Nase weiter über ihn wandern zu lassen. Steve hielt wie so oft die Luft an, wenn Bucky ihm so selbstverständlich auf den Leib rückte und lenkte seine Aufmerksamkeit überall hin, nur nicht auf die Person, ihm gegenüber. So schnell konnte seine, erst aufgefrischte Fassade doch nicht wieder zum Abbröckeln gebracht werden. Und weil Steve versuchte, sich in seinem Kopf so weit weg wie möglich von Bucky zu bringen, entging ihm, wie er seine Hände, um Fassung bemüht, zu Fäusten ballte. Erst als er wieder dieses nervige Stechen in seiner Handfläche wahrnahm, lenkte er seinen Blick darauf. Diese innere Unruhe, wann immer Bucky sich um ihn herum befand, hatte er nun für wenige Stunden in einen schlafähnlichen Zustand zwingen können. Doch nun spürte er, wie sie sich wieder zu regen begann. Sich hin- und herwälzte und es nicht mehr lange dauern würde, bis sie ihre Augen wieder aufschlug. Bucky schaute ihn erneut an, als er schließlich etwas von diesem zurücktrat, worauf sein Ellenbogen ungeschickt mit der auf dem Schuhschrank stehenden Vase zusammentraf und diese zu Boden beförderte. Steve konnte das instinktive Zusammenzucken von Bucky ausmachen, das der Lärm des aufschlagenden Glases bei ihm auslöste. Und auch wenn es lächerlich war, so war Steve dankbar für die Ablenkung, auf die er somit ausweichen konnte, indem er sich von Bucky abwendete und sich den Scherben zuwandte. Mit einem Seufzen streckte er sich auf der Couch aus. Von Bucky war keine Spur mehr zu sehen. Steve hatte sich etwas mehr Zeit zum Duschen genommen, als es nötig gewesen wäre, um sich wieder etwas sammeln zu können. Und auch weil ihm Buckys Feststellung zu seinem Geruch, nicht mehr aus dem Sinn gehen wollte. Eigentlich hatte er gehofft, dass es nun etwas einfacher für ihn werden würde. Nun, wo er sich von diesem einen Drang doch recht ausgiebig hatte befreien lassen. Aber er musste feststellen, dass es nicht halb so effektiv war, wie er es sich noch auf dem nach Hause Weg hatte einreden können. Bucky so im Flur sitzen zu sehen. Ihn so nahe an sich zu spüren, hatte einen guten Teil sich wieder in Luft auflösen lassen. Und das Beunruhigende war, dass er nicht das Gefühl hatte, dass es sich ausschließlich um seine sexuellen Triebe handelte, die sich ihn nun so zwiegespalten fühlen ließen. Das Ertönen seines Handys ließ Steve vorerst wieder von seinen Gedanken abkommen. Es war Bruce, den das Display ihm anzeigte. Kapitel 8: ----------- Es war März geworden und ideales Wetter, um sich Außenreparaturen widmen zu können, oder einfach etwas im Freien unterwegs zu sein. Die Sonne genießen, würde er sich nicht so unsäglich mies fühlen. Bruce hatte ihm vor ein paar Tagen mitgeteilt, dass es eine unerwartete Unstimmigkeit mit seinen Werten gäbe. Steve war darüber sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen und es hatte sich augenblicklich ein nervöses Unwohlsein bei ihm eingestellt. Er war noch am selben Tag zu Bruce in die Praxis gefahren, um sich alles von ihm eingehender erklären zu lassen. Bruce hatte ihm diverse Diagramme und Werten gezeigt und es bestand tatsächlich die eine oder andere Schwankung. Dennoch nichts, was lebensbedrohlich sein würde, hatte dieser ihm versichert. Es müssten noch ein paar weitere Tests gemacht werden, und Steve hatte dem auch ohne Zögern zugestimmt. Irgendwo hatte er einmal davon gehört, dass es auch für Männer so etwas wie Wechseljahre geben konnte und am Ende war er eines dieser unglücklichen Exemplare. Denn sein Körper war von Anfang an eigensinnig gewesen und von daher sollte er mit allem rechnen. Nicht, dass er sich weniger als Mann fühlen würde, sollte er sexuell nicht mehr volle Leistung erbringen. Er war schließlich mehr als nur das. Das Ganze hatte nun allerdings zur Folge, dass sein eigens für ihn erstelltes Medikament seine Wirkung nicht wie üblich und im vollen Maße ausüben konnte. Das war auch der Grund, warum er sich nun so fertig fühlte. Bruce hatte ihm vergewissert, dass er sich sofort darum kümmern würde, es neu auf ihn einzustellen. Aber mit all den Tests und den noch nicht sicheren Ergebnissen, würde es trotzdem etwas dauern. Bruce hatte ihm deswegen noch etwas anderes verschrieben, sollten sich bestimmte Symptome verstärken. Nur hatte er nicht das Gefühl, dass es etwas brachte. Im Großen und Ganzen fühlte es sich wie eine Grippe an. Alles schien seinen Körper zu überreizen. Deswegen vermied er es auch, sich großartig zu bewegen und versuchte die meiste Zeit zu schlafen. Bucky hatte ihm am Abend nach diesem Anruf gesagt, er würde für ein paar Tage verschwinden. Wohin und warum, hatte er ihm natürlich verschwiegen. Peggy nahm ihm in dieser Zeit die notwendigen Einkäufe ab und Sam hatte es sich zur Aufgabe gemacht, jeden Abend bei ihm vorbeizuschauen, um zu sehen, wie es ihm ginge. Seine Einwände, dass er schon zurechtkäme, hatte man wie immer ignoriert. Innerlich war er aber dennoch froh, dass man sich um ihn kümmerte. Demnach war Buckys Abstinenz auch nicht das Schlechteste, um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, wenn er nicht in der Lage war, eingreifen zu können. Es war Tag vier, an dem er glaubte, sein Körper würde ihn verspotten wollen, als er mit einer Hitze in sich aufwachte, die ihm mit einer nahezu schmerzhaften Erektion ausgestattet hatte. Er fühlte sich noch immer angeschlagen. Zuviel Licht stach in seinen Augen. Bestimmte Gerüche brachten ihm Übelkeit und jedes Geräusch erschien ihm unsäglich laut, dass es seinem Kopf zum Schmerzen brachte. Und nun so etwas. Über die letzten drei Tage hatte er nicht ansatzweise solch ein Bedürfnis verspürt und nun schien es alles zu sein, was sein Körper wollte. Steve knurrte ungläubig in sein abgedunkeltes Zimmer. Schließlich griff er wirsch in seine Shorts, wo er seine Hand um seine Erregung legte, um dem Abhilfe zu verschaffen. Er ging ohne Feingefühl vor, schließlich hatte dies nichts mit Lust zu tun, und dennoch fühlte er sich unangebracht sensibel auf seine Berührungen. Und noch bevor er sich zu viele Gedanken darüber machen konnte, erreichte er seinen Höhepunkt. Es war Jahre her, seit ihm das von simpler Handarbeit gelungen war. Und doch spürte er die gleiche Erschöpfung, als wenn er das volle Programm durchgegangen wäre. Aber das lag sicherlich daran, dass er noch immer nicht wieder bei vollen Kräften war. Er hatte eigentlich gedacht, dass es sich nur um eine verquere Laune seiner Hormone gehandelt hatte, doch musste er einsehen, dass irgendetwas nicht zu stimmen schien, als sich dieses Phänomen noch einige Male über den Tag verteilt präsentierte. Das war alles andere, als Testosteronmangel. Somit konnte man Wechseljahre wohl wieder ausschließen. Nur was sollte er nun tun? Er konnte doch nicht wochenlang im Bett bleiben, nur weil er die Befürchtung haben musste, dass ihm bei den unpassendsten Gelegenheiten eine Beule in der Hose entstand, auf die er keinen Einfluss hatte. Wie sollte er seinen Tagesablauf damit gestalten? Er könnte nicht einmal seine Freunde sehen, ohne Aussicht auf eine Blamage. Schließlich rang er sich durch und informierte Bruce über dieses neue und unerwünschte Ereignis, was diesen ein überraschtes „Oh“ entlockt hatte. Bruce hatte ihm daraufhin erklärte, dass es durchaus auf seinen Hormonwert zurückzuführen sei. Aber um sicher zu sein, würde er eine Probe des Ejakulates benötigen, was Steve hochrot hatte anlaufen lassen. Aber ein Problem sollte es nicht sein. Er schien ja ausreichend davon zu produzieren und auch wieder loswerden zu wollen. Der folgende Tag, startete für Steve mit einer Trotzreaktion zu seiner morgendlichen Erregung, denn er schickte allen Frust darüber in die Wüste und genoss seinen Zustand, so wie er es immer tat, wenn er sich in der Vergangenheit selbstbefriedigte. `Was soll´s! ´, hatte er also gedacht und das möglichst Beste daraus gemacht. Es passierte, als er aus dem anliegenden Badezimmer zurück in sein Schlafzimmer trat, dass ein unbekannter Geruch ihm die Sinne leicht vernebelte, und er sich an seiner Kommode abstützen musste, um nicht ins Straucheln zu geraten. Seit er sich in diesem Zustand befand, hatten die anderen Symptome zwar nicht direkt nachgelassen, aber er hatte sich irgendwie damit arrangieren können. Dieser Geruch jedoch, hatte eine merkwürdige Wirkung auf ihn und es schien mit jeder Sekunde weiter zuzunehmen. Sein Körper durchzog ein leichtes Zittern und füllte sich mit einer Hitze, die ihm den Schweiß auf die Haut trieb. Es waren keine 20 Minuten vergangen, seit er einen Orgasmus gehabt hatte und doch fühlte er, wie sich seine Länge, unter dem sie verdeckenden Handtuch, wieder zu erhärten begann, was Steve ein konfuses Wimmern entlockte. Und dieses Wimmern wiederholte sich, als ihn Lust und Verlangen derart intensiv überwältigten, wie er es schon lange nicht mehr verspürt hatte. Das Bedürfnis berührt zu werden und selbst zu berühren, wand sich wie eine Würgeschlange um seinen Leib und machte ihm das Atmen schwer. Er hörte noch wie sich jemand auf der Treppe nach oben bewegte und Panik zwängte sich in seinen Geist, dass entweder Peggy oder Sam ihn so sehen könnten. Die Tür flog nur wenige Sekunden darauf auf, ohne dass er sich auch nur einen Zentimeter gerührt hatte. Sein Blick fing einen äußerst verstört erscheinenden Bucky ein, der ihn merkwürdig fixierte. „Was…“, mit raschen Schritten kam er auf ihn zu und brachte diesen berauschenden Geruch mit sich, der Steve das Reden beinahe unmöglich machte. „Bucky?“ Dieser stand auf Armlänge vor ihm und schluckte immer wieder schwer. Sein Brustkopf hob und senkte sich hektisch und als Steve ihm in die Augen schaute, war alles, was er erkennen konnte, das tiefe Schwarz der geweiteten Pupillen. „Was geht hier vor?“, brachte Bucky ihm kratzig entgegen, während er seinen Körper in Anspannung an Ort und Stelle hielt. Steve konnte nichts weiter als seinen Kopf schütteln und sich ebenso angespannt an der Kommode festhalten, um nicht ungehalten über Bucky herzufallen. Dieser Drang war momentan so unglaublich stark, dass es ihm Angst machte. „Warum gibst du diese Signale von dir? Du bist ein Mensch.“ Bucky klang zornig als er dies fragte, was dessen geballte Hände nur noch unterstrichen. „Ich…ich weiß nicht, was mit mir los ist.“ Was Buckys Worten an Zorn angehaftet hatte, war die Ratlosigkeit, die sich an seine Aussage klammerte. „Ich fühle mich fremd in meinem Körper. Es ist…“ Steve hatte nicht die Chance seinen Satz zu beenden, presste sich Bucky mit einem Mal gegen ihn, was Steve haltlos zum Keuchen brachte. All diese nun so überdeutlichen Reize waren wie ein Schlag mit einer Keule, die ihn Sterne sehen ließ und kleine Explosionen in seinem Körper auslösten. Bucky vergrub sein Gesicht in Steves Halsbeuge und sog tief dessen Duft ein, bevor er mit seiner Zunge darüber leckte und Steves wackelige Knie ihn beinahe zu Boden sinken ließen. Keuchend lehnte er an dem antiken Möbelstück, das ihm Halt bot und ließ Buckys Zuwendung einfach mit sich geschehen. Er wusste eh nicht mehr, wie er sich hätte dagegen wehren sollen. Bucky ging ungezügelt vor, als könne er sich selbst kaum unter Kontrolle halten. Steve registrierte noch, dass dessen Zunge rau war, und deren Schaben über seine sensibilisierte Haut ihn mit hilflosem Stöhnen zurückließ. Und Steve drängte es nach so viel mehr, nur wagte er es nicht seinen Halt aufzugeben, um Bucky ebenso anfassen zu können. Er spürte den kräftigen, fast schmerzhaften Druck auf seinen Oberarmen, den Bucky mit seinen Händen darauf ausübte, und er daraufhin nur dessen rasche Atmung vernahm. „Du willst dich paaren und lockst mich an…wie kann das möglich sein?!“ Bucky klang erneut aufgebracht und Steve sah, wie dieser missmutig seine Zähne zusammenbiss. Ein fahriges Kopfschütteln folgte einem ebenso zornigen Fauchen. „Wie ist das möglich!?“, zischte er erneut und funkelte Steve Gefahr verheißend an. Bucky suchte jedoch widererwarten keinen Abstand, sondern drängte sich nun so nahe an Steve, dass er dessen Erektion durch die graue Stoffhose spürte, die dieser trug. Er leckte über Steves Kehle, was diesen benommen schlucken ließ, hin zu seinem Unterkiefer, in welchen er nicht wirklich schmerzhaft hineinbiss. Dann schloss er seine Augen, während er sich Steves Geruch abermals tief verinnerlichte. „Es würde nichts bringen, mich fortzuschicken, ich käme nur immer wieder zurück. Würde ich dich jetzt gehen lassen, würde ich dir nur folgen. Solange bis ich dich erobert habe. Bis du mich annimmst.“, säuselte er nun beinahe verträumt gegen Steves hitzige Haut, um daraufhin um ihn herumzutreten und sich von hinten an ihn zu pressen. Steve war eindeutig überfordert mit diesem Werdegang und nicht zuletzt mit seinen Trieben, die nichts lieber wollten, als Bucky zu erlauben, was dieser wollte. Und als dieser über seinen Nacken leckte und dort ebenso leicht hineinbiss, schmolz jeglicher Gedanke sich irgendwie standhaft zeigen zu müssen rigoros und verdampfte über der Glut seines blinden Verlangens. Auffordernd schob er Bucky sein Becken entgegen, und versetzte seinen Hintern in willige Bewegungen gegen dessen Härte. Ein Laut, den Steve nicht zuordnen konnte, entwich Bucky daraufhin und er versenkte seine Zähne erneut in Steves Nacken, was diesen lustvoll erschauern ließ. Er gab schließlich den Halt an der Kommode auf und fand sich auf allen Vieren am Boden wieder, wo er einen einladenden Blick zu Bucky warf. Dieser entledigte sich dem für ihn eh nur unnützen Stoff und nahm sofort die Position hinter Steve ein, der ungeduldig an dem Handtuch zerrte, das ihn immer noch bedeckte. Und kaum, dass er davon befreit war, spürte er Buckys Hüften, die sich gegen seinen Hintern bewegte und Steve selig raunen ließ. „Du bist kein Weibchen, es wird nicht gehen…“, hörte er Bucky in einer Art Knurren von sich geben, was diesen aber nicht davon abhielt, sich Steve weiter entgegen zu bewegen. „Es wird…“ Steve fühlte sich nicht im Stande für große Erklärungen, sondern lehnte sich so weit nach vorn, dass er seinen Hintern mehr in die Luft strecken konnte und er mit seinen Händen seine Hälften auseinander schob. „Versuchs…“, stöhnte er lüstern, worauf Bucky einen Finger über den ihm präsentierten Muskelring streifen ließ und beinahe überrascht das willige Reagieren aufnahm, das Steve ihm darbot. „Mach es feucht.“, raunte er Bucky noch entgegen, was Steve einen weiteren kuriosen Blick einbrachte, Bucky dann aber seine Position änderte und Steve kurz darauf dessen raue Zunge über seine Öffnung lecken spürte. „Oh Gott…genauso.“, wimmerte Steve über diese eigenartig anregende Sensation und ließ haltlose Laute durch das Zimmer strömen. „Bucky, ich…ich brauch dich in mir.“ Er fühlte diese unsägliche Ungeduld und es verlangte ihn einfach nach mehr. Bucky schien trotz der fremden Situation nicht weiter irritiert, und beugte sich schließlich wieder über ihn, dass er dessen Gewicht auf seinem Rücken spürte. Steve war noch von seinem Spielzeug geweitet genug, dass er Bucky ohne zu große Probleme in sich aufnehmen konnte. Und es demnach auch nur ein Aufkeuchen aus Überraschung war, als dieser sich ohne Umschweife vollends in ihm versenkte. Und dann ebenso übergangslos in einen kräftigen, ungezügelten Rhythmus überging. Steve nahm nur zu gern, was Bucky ihm gab und so störte es ihn nicht, dass seine Knie sich am Teppichboden aufschürften oder Buckys Griff an seiner linken Schulter Krallen spüren ließ. Ein Blick nach hinten zeigte Steve nun auch wieder dessen tierische Ohren und den langen dunklen Katzenschwanz. Buckys Gesichtsausdruck gab nun deutlich etwas Wildes und Inbrünstiges wieder, als er sich immer und immer wieder in ihm versenkte. Und Steve verinnerlichte sich dieses Bild so gut es ihm in seinem Zustand möglich war. Bucky war einfach nur umwerfend exotisch und so unglaublich sexy während er es ihm besorgte. Seine Hände lösten sich von seinem Hintern und er legte eine davon um seine eigene harte und von Lusttropfen feuchte Länge, um sich angemessen darum zu kümmern. Bucky selbst war angenehm groß und füllte Steve wunderbar aus. Eine leichte Änderung des Winkels und Steve stöhnte laut und ungezügelt, als Bucky seine Prostata traf und auch nicht mehr davon abließ. Ein kurzes Knurren war plötzlich von diesem zu hören, gefolgt von einem unerwarteten Kratzen über das sensible Bündel an Nerven in ihm, worauf sich Buckys Katzenzähnen vehement in dessen Nacken gruben. Steve hatte so vielen unerwarteten Eindrücken nichts entgegen zu setzten und kam hart und unter einen stummen Aufschrei zum Höhepunkt. Er hatte sich schon lange nicht mehr so ausgelaugt gefühlt nach einem einzigen Orgasmus. Bucky war noch immer über und in ihm, was Steve sich leicht bewegen ließ, um anzuzeigen, dass er sich gern in eine andere Position bringen wollte. Doch anstatt sich Bucky zurückzog, hielt er ihn still. „Will dich nicht verletzen.“, hörte er diesen murmeln, und nahm tatsächlich ein seltsames Stechen in sich wahr, als er versuchte, sich von Bucky lossagen zu wollen. Somit folgte er Buckys Hinweis vorerst anstandslos. Dessen Atmung beruhigte sich nach und nach, doch sagte er kein weiteres Wort. Nach einer Weile, wo auch das Vorbringen von dessen Namen nichts bewirkte, wagte es Steve, sich nun doch entfernen zu wollen und es gelang ihm auch ohne Umstände. Vorsichtig schob er Bucky zur Seite, der nun tatsächlich eingeschlafen war. Er wirkte ergreifend niedlich. Ein extremer Kontrast zu der Erscheinung von vor wenigen Minuten. Steve schluckte an dem Stein, der sich in seiner Kehle festsetzte. Mit Bedacht schob er seine Arme unter Buckys Körper und nahm ihn auf, bevor er sich mit diesem erhob und zum Bett hinüberging. Er versuchte krampfhaft die Tatsache zu ignorieren, wie ihm warme Flüssigkeit die Innenseite seiner Oberschenkel hinablief und darüber, nicht der panischen Aufruhr zu folgen, die sich merklich in ihm aufbaute. Bucky zeigte noch immer die Merkmale einer Katze, und Steve kam nicht umhin, ihn sanft hinter den weichen Ohren zu kraulen, als er ihn auf der Matratze abgelegt und dieser sich dort zusammengerollt hatte. Ein sachtes Schnurren drang von Bucky an ihn heran, und Steve lächelte sanft, weiter versucht, die nagende Verwirrung in seinem Kopf eisern zu unterdrücken. Steve strich Bucky noch einmal über den dunklen Haarschopf, worauf dieser sein Gesicht jener Hand zuwendete und sie leicht zu lecken begann. Buckys Zunge war noch immer rau und kitzelte die Haut, die sie berührte. Es brachte etwas in Steve in Bewegung. Wie es manche dieser Traumfrequenzen taten, die immer etwas mit seiner Kindheit zu tun zu haben schienen und er selbst nie sagen konnte, ob es eine Erinnerung war, die dort mit einfloss oder nur erdachte Bilder und Ereignisse seines Unterbewusstseins. Der leichte Druck den Buckys Kopf gegen seine Hand auslöste, holte Steve zurück und er konnte verfolgen, wie dieser sich gegen dessen Handfläche schmiegte. „Ich hab auf dich gewartet…“, gab Bucky zwischen leisen Schnurren wieder, und nach ein paar Minuten, in denen Steve ihn weiter gekrault hatte, wieder einschlief. Erst als er ganz sicher war, dass er Bucky mit seinem Entfernen nicht wieder aufwecken würde, zog er sich ins Badezimmer zurück. Das fast schon unangenehm warme Wasser richtete ihn nicht, für das, was vorgefallen war, aber es half auch nicht dagegen an, als ihm ein ersticktes Jammern über die Lippen kroch und er sich der angestauten Panik hingab. Wie hatte er sich nur derart gedankenlos von seinen Trieben zu dieser Sache hinreißen lassen können? Bucky schlief bis in den Abend hinein, während es Steve unmöglich war auch nur eine Minute lang still zu stehen. Irgendwie hatte er es noch hinbekommen Peggy mitzuteilen, dass sie heute nicht vorbeikommen bräuchte, da er sich schon wesentlich besser fühlte und sich selbst um etwas zu essen kümmern könne. Wie zu erwarten, war sie skeptisch geblieben, hatte aber nach weiterem Versichern, dass es ihm gut ginge, eingewilligt. Und ganz gelogen, hatte er auch nicht. Er fühlte sich trotz Aufregung körperlich wesentlich besser. Vielleicht stand sein Körper aber auch nur derart unter Stress, dass es das andere Unwohlsein zu einem Teil überlagerte. Er wusste es nicht. Alles, was ihm durch den Kopf ging war, dass die Sache mit Bucky nicht hätte passieren sollen. Zwar hatte er dieses Verlangen dazu in sich getragen, aber jetzt, wo es passiert war, fühlte er sich unerwünscht schlecht. Nicht weil der Sex nicht seinen Zweck erfüllt hatte. Das Gegenteil war der Fall. Nur gehörten sie doch letztendlich zu völlig unterschiedlichen Spezies. Und er hatte dazu auch noch unverhüteten Geschlechtsverkehr gehabt. Der Gedanke, was das alles bedeuten konnte, ließ seinen Magen sich unangenehm zusammenziehen. Es war einfach nur falsch gewesen. Nichts, was eine Zukunft haben konnte. Bucky war ein Tier und er ein Men… Steve hielt in seinem Auf und Ab durch sein Wohnzimmer inne. Nein, so zu denken, fühlte sich ebenso falsch an. Bucky war nicht einfach nur ein Tier, das hatte er ihm oft genug gezeigt. Steve sank an Ort und Stelle auf seine Knie und fuhr sich zurechtweisend mit beiden Händen über sein Gesicht. Nein, Bucky war ihm nicht weniger wert geworden. Nur… Das leise Ächzen der Holzdielen lenkte Steves Aufmerksamkeit zur Treppe, wo er einen verschlafenen Werkatermann stehen sah, der ein herzhaftes Gähnen von sich gab. Jedoch hell wach zu sein schien, als er Steve auf dem Boden kniend vorfand. „Was ist los?“ Bucky kam sofort auf ihn zu und hockte sich neben ihn, wo er mit einem ungewohnt besorgten Ausdruck, seinen Blick über Steves Körper schweifen ließ. „Schon gut. Es ist nichts.“, versuchte Steve die Situation zu verwischen, dem Bucky aber kein Gehör zu schenken schien. Dieser hatten seinen Kopf leicht seitlich geneigt und erst als Steve dessen Berührung an seinem Hals spürte, fühlte er den ziehenden Schmerz, der von seinem Nacken ausging. Buckys Finger strichen vorsichtig darüber, was Steve leicht wegzucken ließ. Es war der Biss, den Bucky ihm in seiner Ekstase zugefügt hatte. Dessen Vorhandensein Steve bis jetzt völlig ausgeblendet hatte. Zu sehr beschäftigten ihn andere Dinge, als dass er den Schmerz für sich wahrgenommen hätte. Doch jetzt, wo Bucky ihm wieder nahe war, und er wieder die Bilder ihres Treibens vor seinem inneren Auge vorgeführt bekam, begab sich sein gesamter Körper erneut unter Spannung. Bucky roch noch immer so ungemein anziehend und die Wärme, die er ausstrahlte, war etwas, das er für sich bewahren wollte. Buckys gesamte Präsenz übte abermals etwas Einlullendes auf ihn aus, was seinen Verstand träge machte. Bucky bewegte sich nun wieder und es schien als wolle er zurückweichen, was Steve beinahe dazu brachte, dessen Arm zu greifen, um ihn bei sich behalten zu können. Doch Bucky rutschte nur ein Stück um ihn herum. Er ließ seine Finger über die Male wandern, die er durch seine Krallen auch in Steves Schulter hinterlassen hatte, nur um kurz darauf leicht darüber zu lecken. Ein leichtes Vibrieren zog durch Steves Körper bei dieser Zuwendung, dem er ein leises Seufzen nachsetzte. Er spürte wie ihn wieder diese Hitze zu packen begann. Nicht so extrem wie vor wenigen Stunden, aber es war dasselbe Gefühl, das sich in ihm aufzubauen versuchte. Ein wohliges Keuchen rutschte Steve hervor, als Bucky sich seinem Nacken zuwendete und dort mit derselben Behutsamkeit fortfuhr. Es erregte ihn erneut. Ein leichtes Grollen ging von Bucky aus, je mehr sich Steve auf die Sensation einließ, die seinen Körper erneut in diese willige Rage zu versetzen begann. „Du willst dich mir wieder hingeben?“, schnurrte dieser in einem tiefen Ton gegen Steves nun wieder so sensible Haut, was diesen zum Erzittern brachte. Und Steve erkannte sich selbst nicht wieder, in all diesen lüsternen Gebärden, die er zeigte, ohne dass er irgendwie Kontrolle darüber ausüben konnte. Was war nur mit ihm los? Alles, was ihm sein Instinkt vorgab, war sich Bucky zu präsentieren, ihm deutlich zu machen, dass er für ihn bereit war. Er schien nur noch auf das Bestreben nach Sex reduziert, obwohl er sich doch vor wenigen Augenblick noch solche Vorwürfe deswegen gemacht hatte. Und dabei hatte Bucky nichts weiter getan. Ihn nicht einmal intim berührt und doch war er so empfänglich auf dessen Nähe. Ein inniges Stöhnen drang an Steves Ohren, das er erst als das Seine wahrnahm, als er Buckys Hand an seinem bloßen Hintern spürte. Er hatte nicht einmal mitbekommen, dass dieser seine Hose ein Stück heruntergezogen hatte. Steve schüttelte energisch den Kopf. Was stimmte nur nicht mit ihm?! Die Frustration über sein Verhalten, drängte sein Verlangen etwas zurück, was seinen Verstand ein wenig von diesem Hormonnebel befreite. „Bucky…warte…“, knirschte er zwischen seinen Zähnen hervor, war das, was dieser mit seiner Hand zwischen seinen Beinen tat, doch mehr als ablenkend. Und wie auch Steve, schien Bucky nicht mehr auf viel zu reagieren, in diesem Zustand. Mit etwas Mühe wiederholte er seine Worte, doch diesmal etwas lauter als zuvor und mit dem Versuch verbunden, sich von Bucky lossagen zu wollen. Aber es zeigte keinen Erfolg, gab Bucky nur wieder dieses Knurren von sich und fuhr mit seinem Tun fort. Schließlich griff Steve nach Buckys Hand und brachte sie mit kräftigem Druck dazu, in ihrer Bewegung innezuhalten. „Bucky! Stopp!“, zischte er diesen warnend an, was Bucky nun dazu brachte, ihn aus verklärten Augen anzusehen. Steve nutzte dessen offensichtliche Verwirrung über diese Unterbrechung und suchte auf Händen und Knien die gewünschte Distanz. Bucky schaute dem Ganzen mit einem eindringlichen Ausdruck zu, als verstünde er wirklich nicht, was Steves Problem sei. Erst in dem Moment, als sich Steve seine Hose wieder über die Hüften zog und aufzustehen gedachte, schien es Bucky klar zu werden. Und es passte ihm überhaupt nicht. Mit einem Satz war er bei und auch auf Steve, den er nun wieder zu Boden drückte. „Was tust du?“, gab Bucky mit rauer Stimme wieder, gepaart mit einem irritierten Blick der Steve sich kurzerhand etwas unfair fühlen ließ. Trotzdem. „Bucky, wir können das nicht noch einmal tun. Etwas stimmt nicht und es wäre einfach nur falsch, sich erneut davon mitreißen zu lassen.“ Bucky legte seinen Kopf etwas schief auf Steves Einwende. Anscheinend verstand er noch immer nicht, auf was er hinaus wollte. „Aber du bist es, der sich bereitwillig zeigt. Du warst einverstanden, dass ich es bin.“ Steve konnte nicht abstreiten, dass er sich mehr als willig gezeigt hatte und eine andere Interpretation seines Verhaltens reichlich erzwungen wirken würde. Steve schüttelte wiederholt seinen Kopf. „Das Ganze ergibt für mich keinen Sinn. Und solange es sich nicht aufklären lässt, sollten wir Abstand voneinander halten. Denn so kann es auf keinen Fall weitergehen.“ Steve setzte eine sture Mine auf, die seine Aussage bekräftigen sollte. Er schob Bucky von sich und erhob sich schließlich. Bucky indes blieb, wo er war und wirkte weiterhin konfus. „Du willst, dass ich gehe? Bin ich dir doch nicht gut genug?“ Unter all der Verwirrung konnte Steve das verlorene Kind wiedererkennen und es machte die Situation nur noch bizarrer. „Bucky, es hat nichts damit zu tun, dass du nicht gut genug bist.“, setzte er in einem sanften Ton an. „Nur solange ich nicht weiß, was mit mir los ist, sollten wir vorsichtig miteinander sein. Verstehst du das?“ Nun war es Bucky, der sich erhob und den Kopf schüttelte. „Ich kann dich nicht allein lassen. Du gehörst jetzt mir.“, stellte dieser resolut seine Meinung klar, was die Frustration nur weiter in Steve anschwellen ließ. „Ich gehöre niemandem!“, gab er deswegen ziemlich scharfkantig wieder, was Bucky etwas zurückweichen ließ. „Aber…“ „Nein, Bucky! Und es tut mir leid, wenn ich dir irgendwelche falschen Signale gegeben habe. Denn nichts von alle dem, war etwas, das ich gewollt hätte. Ich war einfach nicht bei Sinnen, das ist alles.“ Dass es sich dabei nur um die halbe Wahrheit handelte, musste Bucky nicht wissen. Er hatte ihn schon viel zu oft in seine sexuellen Fantasien gelassen, und sich darüber schuldig gefühlt. Nur spielte dies gerade einfach keine Rolle. „Ist es, weil ich fort war? Weil sie mich wieder hatten einfangen können? Ich weiß, ich sollte auf dich warten und deshalb habe ich auch nicht aufgegeben. Ich habe es all die Zeit nicht vergessen, habe sie alle dafür büßen lassen und bin zurückgekommen. Ich hatte nichts davon vergessen…“ Steve konnte auf diese Bemerkung hin nichts weiter tun, als Bucky perplex anzusehen. Er hatte keine Ahnung von was dieser sprach. Und Bucky ließ ihm auch keine Möglichkeit, es zu hinterfragen. Dessen nun angespannte Haltung, das aggressive Ballen seiner Hände und das harte Aufeinanderbeißen seiner Zähne zeigte, dass dieser von Irritation in Wut zu wechseln schien. „Bist du am Ende doch genauso falsch, wie der Rest deiner Sorte?“, grollte dieser. „Tasha hat Recht, ich hätte dich ignorieren sollen. Und doch war ich naiv genug darauf zu vertrauen, dass du anders wärst.“ Ein missmutiges Knurren begleitete die schroffe Geste mit welcher Bucky seine Hände in seinen Haaren vergrub und Steve daraufhin mit einem betrogenen Ausdruck fixierte. „Bucky…“ „NEIN! Ich habe auf dich gewartet!“ Bucky kam in raubtierartigen Schritten auf ihn zu, während sich sein Gesicht wieder verhärtete. „Ich dachte, du bist es nicht. Zu viele Dinge stimmten nicht mit Dir. Deine Stimme, dein Aussehen, dieser unnatürliche Geruch, der nicht einmal menschähnlich war. Selbst mein Name war dir fremd. Dabei…“ Er sprach nicht weiter, sondern schaute Steve mit einem dieser verloren wirkenden Blicke direkt ins Gesicht. „Deine Augen waren damals so blau, wie das, was ihr Menschen Himmel nennt. Und das, “ Bucky streckte eine Hand nach Steves Kopf aus, was ihn jedoch weiter zurücktreten ließ. „es war heller und länger…“ er ließ seine Hand wieder sinken. „Du warst nicht die Person, auf die ich gewartet habe, aber ihr wart euch ähnlich geworden. Ähnlich genug, dass ich anfing dir zu vertrauen!“ Zorn trat erneut auf Buckys Gesicht. „Warum riechst du plötzlich wie er? Warum hast du dich von mir markieren lassen, wenn du nicht zu mir gehören willst?! Du sagtest, ich solle auf dich warten. Und nun willst du mich einfach loswerden.“ Es war das erste Mal, dass er Bucky lachen hörte und Steve wünschte sich, dass dieses erste Mal nicht voll von solcher Bitterkeit gewesen wäre. Und so leid es ihm auch tat, aber er hatte immer noch keine Ahnung, von was Bucky sprach, und konnte somit auch nichts dazu beitragen, etwas zu erklären. „Gott wie ich euch Menschen doch hasse!“, zischte dieser nun verabscheuend und nun zeigte sich auch wieder, das Bucky unter Anspannung nicht zügelte, was er in Wirklichkeit war. Und es war wie so oft Steves Schuld, dass er ihn in solche Rage versetzt hatte. Alles, was sie über die letzten Monate aufgebaut hatten, schien mit einem Mal in sich zusammen zu brechen und es erfüllte Steve mit beißender Verzweiflung. Er wollte Bucky nicht wegschicken. So war es nie gemeint, aber dieser hatte es für sich so aufgefasst und seine Schlüsse so rasch daraus gezogen, was Steve nun vor all diesem emotionalen Chaos stehen ließ. „Bucky hör mir zu…“, er wollte es so nicht enden lassen. Nicht auf diese Art und Weise. Dazu war ihm Bucky zu wichtig geworden. Und er schimpfte sich einen Idioten, dass er nicht besonnener reagiert hatte, anstelle ihn so taktlos entgegen zu kommen. „NEIN!“, fauchte dieser und schien mit sich und seinen aufgebrachten Zustand selbst überfordert, durchzog ihn ein heftiges Zittern, bevor er in ein weiteres Grollen wechselte, das nun wirklich dem Laut eines wilden Biestes glich. Und weil Steve nie gut darin war, in gefährlichen Situationen die Flucht zu ergreifen, blieb er an Ort und Stelle und verfolgte Buckys Tumult mit sich selbst, schuldbewusst. Einen Augenblick später und ein weiteres Beben ging durch Buckys Körper, gefolgt von nichts weiter als dessen schwerer Atmung und den haltlosen auf die Knie sinken. Ein Wimmern drang an Steves Ohren und er vergaß sämtlichen Selbsterhaltungstrieb, als er auf ihn zutrat. „Bucky…“, nur ein Flüstern, damit er ihn nicht erschreckte, doch blieb eine Reaktion aus. „Hey…“, behutsam streckte er seine Hand nach ihm aus und legte sie ihm auf die bloße Schulter. Steve war nicht in der Lage noch etwas hervorzubringen, als sich Bucky Krallen rasch und tief über seinen Oberkörper zogen und Steve der Atem stoppte. Der aufblühende Schmerz war immens und der Geruch von Blut war plötzlich überall. Unfähig etwas zu sagen oder das gerade Vorgefallene komplett zu verarbeiten, strauchelte Steve rückwärts auf die Couch zu und sackte darauf zusammen. Bucky indes verfolgte das Szenario mit schreckgeweiteten Augen. Zitternd hielt er sich seine Hand vor Augen, deren Krallen rot vom Blut waren, und sie anstarrte als wäre es nicht die seine. Als habe er keine Ahnung, was gerade geschehen war. „Bucky…“ Steve fühlte, dass ihm übel wurde über den Schmerz und den Blutverlust, aber Bucky so derart entsetzt zu sehen, ließ das Bedürfnis ihn beruhigen zu wollen, stärker hervortreten. „Steve…“ Es war zum Heulen, was Steve nun augenscheinlich irrwitzig lächeln ließ. Ein weiteres erstes Mal, das sich in diesen absurden Handlungsverlauf einfügte. Hätte er gewusst, wie sehr ihm danach verlangte, Bucky seinen Namen sagen zu hören, er hätte sich so viel mehr angestrengt, es ihm aus einem Grunde entlockt zu haben, der fern von all dem hier war. Wie hatte nur alles in so kurzer Zeit derart schief gehen können? Das Klicken, das vom Schloss der Haustür herrührte, ließ Bucky seinen Blick eilig in die Richtung des Flures wenden. „Steve? Ich bin´s, Peggy.“, klang deren Stimme zu ihnen heran, was Bucky einen unsicheren Blick zurück auf Steve werfen ließ. Ihre Schritte kamen näher und unter Zähneknirschen verwandelte sich Bucky in eine Katze und war auf und davon. Steve hatte noch immer dieses absurde Lächeln im Gesicht, als Peggy das Wohnzimmer betrat und mit panischer Eile auf ihn zu hastete. „Um Gottes Willen, Steve, was ist denn passiert?!“ Kapitel 9: ----------- Peggy hatte darauf bestanden, ihn sofort in ein Krankenhaus zu bringen, doch Steve konnte sie schließlich davon überzeugen, dass sie ihn stattdessen zu Bruce bringen sollte. Der Schmerz der Wunden war noch immer ziemlich präsent und er fühlte die Übelkeit in seinem Magen wallen, aber über alle dem, machte er sich Sorgen um Bucky. Dieser hatte derart verstört über sein Handeln gewirkt, dass Steve sicher war, dass dieser es nicht aus ernsthafter Verächtlichkeit getan hatte. Es war wohl eher das in die Enge getriebene Tier, das er in Bucky herausgefordert hatte und es tat ihm erneut so leid, dass er nicht feinfühliger auf diese gesamte Situation reagiert hatte. Er konnte zwar nicht nachvollziehen, was genau Bucky versucht hatte, ihm zu verdeutlichen, aber hätte er ein wenig mehr auf dessen damit verbundene Verfassung geachtet, hätten sie sich beide wohl dieses Ende ersparen können. Peggy sagte während der Fahrt zu Bruce kein weiteres Wort, aber Steve sah die Anspannung in ihrem Gesicht. Die Ruhe vor dem Sturm. Sie hatte die Wunden notdürftig mit Kompressen verdeckt, um die Blutung aufzuhalten. Der rote Fleck, der sich durch sein T-Shirt abzeichnete, sagte allerdings, dass er etwas intensivere Versorgung benötigte. Es sah dennoch schlimmer aus, als es war. Nicht die erste Verletzung eines solchen Grades. Aber trotzdem nicht weniger unangenehm. Aber genau deshalb, waren sie ja auch auf dem Weg zu Bruce. Deshalb und auch weil Steve sich nicht in einem Krankenhaus unter fremden Händen wiederfinden wollte. Es würde auf jedenfalls einige Fragen aufwerfen, wie es zu dieser Art Verletzung hatte kommen können und ihm fiel keine Ausrede ein, die auch nur ansatzweise nicht erlogen klang. Eine leise Melodie zog durch die drückende Stille des Innenraumes und Peggy zog ihr Handy aus ihrer Jackentasche. Nach einem Blick auf das Display, reichte sie es ohne einen Kommentar an Steve weiter. Es war Sam und als Peggy auch weiterhin kein Wort sagte, nahm er an ihrer Stelle das Gespräch an. „Hey, Sam, was gibt’s?“ „Verdammt noch mal, Steve!“, donnerte es durch das Telefon, dass Steve es ein wenig von seinem Ohr weghielt. „Wo bist?! Ist alles ok mit dir? Ich steh hier nämlich in deinem Wohnzimmer und das Blut auf der Couch plus deine Abwesenheit ist kein Szenario, das man mit einem gemütlichen Mittwochabend in Verbindung bringt.“ „Uhm oh, das...“ Steve fuhr sich etwas um Antwort bemüht über seine in Falten gelegte Stirn. Was sollte er Sam nun erzählen? „Also Peggy und ich sind auf dem Weg zu Bruce und mir geht es soweit gut.“ Ein wenig amüsiertes Schnaufen war die erste hörbare Reaktion von Peggy, seit sie in den Wagen gestiegen waren. „Du brauchst dir keine Sorgen machen, ehrlich Sam.“ „Hatte es was mit deinem seltsamen Untermieter zu tun?“, kam die recht kühle Nachfrage, als habe Sam es direkt erwartet, dass irgendetwas in dieser Art vorfallen könnte. „Was?...Nein…nein. Es…“ „Steve, Kumpel, lass dir sagen, du bist ein lausiger Lügner, selbst über das Telefon.“ „Ich…“, versuchte es Steve erneut, als ihm das Handy auch schon von Peggy aus der Hand gezogen wurde und sie sich an Sam richtete. „Erzähl mir von dem Kerl.“, meinte sie nur knapp und Steves Augen weiteten sich vor Schreck. Es blieb ruhig, und Steve wusste, dass Sam mit sich rang, ihn nicht auszuliefern, aber er wusste auch, dass Peggy nicht locker lassen würde. „Schon gut, Sam.“, sagte er schließlich laut genug, damit es Sam auch gehört haben musste, da er nun ebenso hörbar durchatmete. „Ich hab ihn nur einmal gesehen, kurz, und auch kein Wort mit ihm gewechselt. Steve meinte, er wäre etwas eigensinnig und für seinen Job auf der Suche nach ‘nem Zimmer gewesen. Das ist im Grunde alles, was ich weiß.“ Nun war es Peggy die durchatmete, und Steve machte sich innerlich schon auf das Schlimmste gefasst. „In Ordnung, Sam. Ich bring ihn erst mal zu Dr. Banner. Ich melde mich wieder.“ Damit legte sie auf, ohne Sam noch eine Chance auf weitere Worte gegeben zu haben. Eindeutig ein Zeichen, wie kurz angebunden Peggys Laune war. „Also Steven Grand Rogers, ich höre.“ Steve rutschte etwas in seinem Sitz zusammen, was ihn folglich schmerzerfüllt zischen ließ über diese unbedachte Aktion. Bruce erwartete sie schon, da Peggy ihn vor ihrem Aufbruch angerufen hatte, um auch sicher zu gehen, dass es für ihn in Ordnung sei. Buster gegrüßte sie wie immer euphorisch, wisch aber gleich wieder etwas zurück, als er Peggy mahnenden Blick zugeteilt bekam. Bruce und Betty standen bereits an der Haustür, um ihn in Empfang nehmen zu können. „Hier lang.“, meinte Bruce ohne großes Vorwort und Steve folgte ihm mit Peggy. Dem Untersuchungszimmer hing wie gewohnt der typische sterile Geruch an und Steve setzte sich, nach der Aufforderung von Bruce, auf die an der Wand stehende Liege. Ein etwas konfuser Ausdruck huschte über dessen Gesicht, als Steve sein Shirt mit etwas Mühe entfernte. Er konnte Bruce Reaktion nachvollziehen. „Mit einem Tiger gekämpft?“, rutschte es diesem in einem witzelnden Tonfall hervor, was Steve unangebracht schmunzeln ließ. „Beinahe.“ Steve war Bruce ungemein dankbar, als er Peggy bat, sie erst einmal allein zu lassen und dieser nun die Tür wieder hinter sich schloss. Bruce hatte sich den Wunden ohne weitere Fragen angenommen, die er nach gründlicher und höllisch zwickender Desinfektion nun begann vorsichtshalber zu nähen. „So, gewillt mich einzuweihen.“, hörte er Bruce über sein Tun von sich geben und Steve spürte, wie ihm nun ungemein warm wurde, vor überschäumender Verlegenheit. Dennoch lag ihm auf der Zunge, Bruce zu bitten, ihn eingehender zu untersuchen, nun wo er mit Bucky geschlafen…beziehungsweise er sich von ihm bereitwillig hatte besteigen lassen. „Er hat sich mit ihm gepaart.“ Beide Köpfe wendeten sich abrupt der unbemerkt aufgetauchten dritten Person zu. „Clint.“ Bruce klang vertraut erschöpft, als er diesen ansprach. Dieser kam, wie auch bei ihrem ersten Aufeinandertreffen, geradewegs auf Steve zu und zeigte ein breites und spitzbübisch wirkendes Grinsen. „Und ich kann auch gut verstehen warum.“ Wie Bucky zuvor, setzte Clint seine Nase an Steves Halsbeuge und sog hörbar seinen Duft ein. „Schade, dass ich nicht der Glückliche war.“ Damit zog sich Clint soweit zurück, dass er Steve wieder ins Gesicht schauen konnte. Clints Pupillen waren mit einem Male stark geweitet. Es erinnerte Steve an Buckys Reaktion auf seinen Geruch. Clint grinste erneut, leckte sich über seine Lippen und Steve erstarrte, als er dessen für einen Menschen viel zu langen Eckzähne sah. Steve machte stumme und etwas dümmliche Mundbewegungen, bis ihn Bruce ebenso erschöpft klingendes Seufzen wieder etwas zu sich brachte. „Hat er recht?“ Steve war etwas verwirrt über diese Frage. „Huh?“ „Hast du dich in intimer Verbindung mit einem Ailuranthrop befunden?“ Steve wiederholte die albernen, tonlosen Mundbewegungen erneut. Clint machte eine Geste mit zwei seiner Finger an seinem eigenen Nacken, was Bruce sich nun aufrichten ließ und er bei Steve einen Blick darauf warf. „Das ging ja zügig. Und nicht unbedingt in die Richtung wie vermutet.“ Ohne sich weiter zu erklären, widmete sich Bruce dem Rest, der zu vernähenden Verletzung. Clint schenkte Steve ein laszives Zwinkern aus Katzenaugen. „Dann ist die Katze wohl sprichwörtlich aus dem Sack.“, hörte er Bruce unerwartet amüsiert murmeln, freute er sich wohl besonders, über die gegebene Möglichkeit diese themenbezogene Spitzfindigkeit derart treffend anbringen zu können. Steve war eindeutig nicht nach Lachen zumute. „Ok, das Ganze ist nun nicht gerade einfach zu erklären und eigentlich bin ich auch gar nicht der Richtige dafür.“ Sie hatten Bruce Behandlungszimmer nicht verlassen und auch Peggy und Betty gebeten, ihnen noch etwas Zeit zu lassen. Dennoch machten Bruce simple Worte für Steve erst einmal keinen Sinn. Wie so einiges, das in den letzten Stunden vorgefallen war. Irgendwie schien er etwas Wichtiges verpasst zu haben. Clint war ebenso noch Teil ihrer kleinen Runde und wirkte recht fixiert auf ihn. Es machte ihn merklich unruhig. Generell fühlte er sich in dessen Gegenwart seltsam eingeengt, obwohl sich dieser auf ausreichend Abstand zu ihm befand. „Soll Clint den Raum verlassen?“ Erst jetzt erwischte sich Steve dabei, dass er seine Aufmerksamkeit ebenso auf Clint beschränkt hatte. „Ich…“, er konnte es nicht genau beschreiben und schaute unschlüssig zu Bruce. „Es liegt an den Pheromonen.“, war Clints Äußerung dazu und Bruce machte einen selbstermahnenden Laut, bevor er sich an einen der Schränke begab und ein Tablettenröhrchen hervorholte und an Steve weitereichte. „Entschuldige. Es ist nicht einfach daran zu denken, wenn man es selbst nicht wahrnehmen kann.“ Steve war danach, seinen Kopf ergeben auf irgendeine feste Fläche donnern zu wollen. „Was heißt das jetzt genau?“, jammerte er beinahe und Clint räusperte sich kurz, ehe er zu einer Erklärung ansetzte. „Ich kann deine Paarungsbereitschaft riechen und ich muss sagen, es ist wirklich ein ziemlich verlockendes Aroma.“ Steve klappte der Mund im Ansatz einer Frage auf, fand aber einfach nicht die richtige Reihenfolge, sie zu formulieren, über diese Erläuterung. „Das Mittel, das du täglich zu dir genommen hast, war auch darauf ausgelegt, diesen Zyklus zu blockieren. Ich weiß nicht, welche Art von Beziehung du mit dem Ailuranthrop hast, aber wenn es sich um regelmäßigen Kontakt gehandelt hat, kann es durchaus sein, dass er der Auslöser für deine sich verändernden Werte war. Womöglich hat sich dein Körper trotz des Präparates auf ihn eingestellt. Am Ende haben deine Hormone derart eifrig Signale wiedergeben wollen, dass es dich letztendlich in einem einzigen Rutsch erwischt hat, als es überlagert wurde. So ein Paarungsduft kann ziemlich eindringlich sein. Er treibt den Instinkt zur Fortpflanzung an, in welchem sich Betroffene soweit verlieren können, dass nichts weiter mehr zählt als sich…naja zu paaren.“ Steve schaute auf die Tabletten die er noch immer in seiner Hand hielt. „Und diese Dinger können das verhindern?“ „Dazu sind sie gedacht.“ Daraufhin öffnete Steve das Behältnis und nachdem ihm Bruce ein Glas mit Wasser gereicht hatte, schluckte er eine davon hinunter. Diese ganze Geschichte, so verwirrend sie auch sein mochte, würde dennoch Buckys und sein Verhalten erklären können. Bucky war demnach wohl einfach nur seinem natürlichen Instinkt gefolgt, von dem Steve noch mitbekommen hatte, dass ihn diese unvorhergesehene Situation ebenso überrannt hatte, wie ihn selbst. Aber es war dennoch natürlich für Bucky und Steve hatte ihm das auch nicht anders ausgelegt mit seinem sexgierigen Gebärden. Und dann hatte er ihn aus heiterem Himmel verstoßen. Kein Wunder, dass Bucky die Welt nicht mehr verstand. Aber er hatte eben auch keine Ahnung wie sich solch ein Akt für Ailuranthrope abspielte. Was welche Gesten zu bedeuten hatten. „Du gehörst jetzt zu mir.“, klang dessen Stimme in seinem Kopf wieder und ließ ihn sich abermals schlecht vor Schuld fühlen. Und er hoffte erneut, dass es Bucky gut ginge. Er würde wirklich gern noch einmal mit ihm reden wollen, um einige Missverständnisse zu beseitigen. Aber womöglich würde er ihn nach diesem Zwischenfall nie wieder oder nur noch durch Zufall zu Gesicht bekommen. Und dann sicherlich auch nur in Form eines Vierbeiners, der bei seinem Anblick eilig das Weite sucht. Es war ein schmerzvoller Gedanke. „Also wie genau ist es denn zu diesem unerwarteten Ergebnis gekommen?“ Bruce brachte diese Frage mit der Routine eines Mediziners hervor, was Steve ungewollt etwas mürrisch brummen ließ. Warum schien das Ganze für jeden anderen keine Überraschung? Hatte er versäumt mitzubekommen, dass es nun vollkommen normal sei, dass es diese Katzenwesen wirklich gab? „Wieso bin ich hier anscheinend der Einzige im Raum, der sich gerade reichlich überrollt fühlt von…“ er machte eine hilflose Geste, die auf Clint deutete, der ihn im Gegenzug fragend anblinzelte. „Ok, du hast recht. Fair wäre es, dir alles genau zu erklären, und das wird man dir auch. Ich werde dir vorerst nur eine kurze Erläuterung geben, denn wie gesagt, es ist alles etwas kompliziert.“ Bruce hatte den Anstand, wenigstens etwas entschuldigend zu schauen. „Ich hatte nichts anderes erwartet.“ raunte Steve ergeben und da er sich nun wirklich etwas benommen fühlte, streckte er sich auf der Liege aus, auf der er immer noch saß. „Ich komme gleich zum Punkt. Du hast den genetischen Code eines Menschen mit den Einflüssen des Genmaterials eines Ailuranthropen in dir, Steven, und das seit deiner Kindheit.“ Bruce schwieg daraufhin kurz. Vielleicht um Steve die Möglichkeit zu geben, sich mitzuteilen oder das Gesagte verarbeiten zu können. Diese Offenbarung klang einfach nur abenteuerlich in seinen Ohren, als dass er es wirklich ernst nehmen konnte. „Uhm, Dr. Erskine hatte es entdeckt, als andere Ärzte in deinem Fall mit ihrem Latein am Ende waren, und nahm dich unter seine Obhut. Es ist nicht an mir seine Geschichte zu erzählen, aber du musst wissen, dass er schon einige Jahre an Forschung zu diesen Wesen zugebracht hatte und in dir eine große Entdeckung sah. Du wärst gestorben, wäre er das Risiko nicht eingegangen. Ich habe mir über die Jahre, in denen ich mit ihm arbeiten durfte, sein Vertrauen verdient. Das waren seine Worte, als er mich auf deinen Fall aufmerksam machte. Das Medikament, das du täglich nimmst, war seine Entwicklung, um dir ein normales Leben zu ermöglichen. Also nicht wegen einer Krankheit, sondern wegen den Einflüssen des anderen Genpools in deinem Körper. Jetzt jedoch nachdem sich deine sonst so konstanten Werte derart veränderten, stand ich vor einem kleinen Problem, was die Zusammensetzung anging. Aber das hatte ich dir ja erklärt. Was ich jedoch nicht einkalkuliert habe, war, dass du erneute Bekanntschaft mit dieser Spezies machen würdest. Als du meintest, dass deine Hormone verrücktspielen würden, erkannte ich ein Schema. Nur hatte ich angenommen, dass es sich beheben ließe, ohne dass du einen potentiellen Anwärter auf dich aufmerksam machen würdest. Schon gar nicht, dass es zum Kopulieren kommen würde. Was mich annehmen lässt, dass du schon länger Kontakt mit einer Person dieser Gattung gehabt haben musst, damit solch eine Bindung zu Stande kommen konnte.“ Steve sagte zu all dem nichts. Er fand einfach keinen Anfang zu den Dingen, die alle auf einmal in seinem Kopf nach vorne wollten. Sein ganzes Leben schien auf einmal ein völlig anderes zu sein. „Ich verstehe, dass dich das Ganze überfordert Steve, also nimm dir die Zeit, die du brauchst, um es zu verarbeiten. Wir werden dich erst einmal in Ruhe lassen, wenn dir das lieber ist.“, bot Bruce ihm mit widerklingendem Verständnis in der Stimme an und Steve nickte leicht. „Ok. Sollte irgendetwas sein, dann gib Bescheid, ich bin gleich im Nebenzimmer.“ Die Tür schloss sich hinter den beiden herausgetretenen Männern und Steve überkam das spottende Gefühl des Zwiespaltes, wo er nicht wusste, ob er lachen oder weinen sollte über diese absurde Wandlung seines Lebens. Und es rauschten so viele Fragen durch seinen Kopf, die, je länger er darüber nachdachte, sich zu einem widerspenstigen Klumpen zusammenklebten, der wie ein Fels in seinem Geist aufragte und dessen massiger Druck ihn unter dem Strich völlig blank zurückließ. Er hatte keine Ahnung mehr, wer er war. Was er wollte. Wie es nun weiter gehen sollte. War all die Führsorge seines Adoptivvaters eine Lüge? Hatte Dr. Erskine ihn nur bei sich aufgenommen, weil er für seine Forschungen dienlich war?Nichts weiter als ein Experiment? Und war er am Ende der Einzige, der keine Ahnung hatte? Panik griff nach ihm mit eisigen Händen und ließe ihn sich hilflos fühlen wie ein Neugeborenes ohne die schützende Wärme seiner Mutter. Das Atmen fiel ihm so schwer und sein Herz hämmerte in seiner Brust, als wolle es diesen nun fremdanmutenden Körper durchbrechen wollen um zu fliehen. Seine Glieder waren ein einziges Summen und Zucken und doch bewegte er sich nicht. Rang nur angestrengt nach Luft. Er hörte wie die Tür wieder aufsprang und dass Bruce wieder an seiner Seite auftauchte und auf ihn einsprach. Nichts davon ergab einen Sinn. Ein leichtes Brennen in seinem Arm und all das aufgebrachte Ringen seines Körpers klang nach und nach ab, bis er nur noch diesen Nebel um sich wahrnahm, der ihn schließlich vollkommen abdriften ließ. Steve war danach sich übergeben zu wollen. Dieses Empfinden hatte ihn auch munter werden lassen und ihn hektisch und unkoordiniert aus dem Bett springen lassen. Nur musste er feststellen, dass er nicht wie erwartet zu Hause in seinem Schlafzimmer war, und die angestrebte Richtung, die ihn in sein Badezimmer geführt hätte, jetzt nur zu einem zugezogenen Fenster führte. Er würgte bitterlich an dem Knoten in seinem Hals. „Hier.“ Jemand reichte ihm einem blauen Plastikeimer, in den er sich mit einem nahezu erleichterten Laut übergab. Das Stechen und Ziehen der Wunden nahm er nur beiläufig wahr. Eine Hand strich ihm sorgend über den angespannten Rücken, als er auf die Knie sank und keuchend über dem Behältnis hing. „Schon OK, das wird wieder.“ Peggy. Erst jetzt erkannte er ihre Stimme und ihr feines Parfum, das nach exotischen Blüten duftete. Steve selbst brauchte etwas mehr Zeit um sich daran zu erinnern, wo er war und warum. Es ließ ein weiteres, trockenes Würgen folgen. Peggy half ihm zurück zum Bett, wo sie ihm ein Glas Wasser reichte, das er dankend annahm und in einem Zuge leerte. „Du weißt Bescheid?“, erkundigte er sich mit kratziger Stimme nach einer Weile der Stille. Er vermied es, sie anzusehen. Es verunsicherte ihn, nicht sagen zu können, welcher Ausdruck sich nach alledem, auf ihrem hübschen Gesicht widerspiegeln mochte. „Bruce hat mir nichts erzählt, nur dass es deine Entscheidung sei, ob du es mir sagen willst oder nicht. Und ich verstehe, wenn du es nicht mit mir teilen möchtest.“ Liebevoll strich sie ihm die leicht verschwitzten Haare aus der Stirn. „Aber egal was los ist, Steve, ich bin für dich da, daran ändert sich nichts.“ Ihre weichen Lippen legten sich auf seine Wange und er gab ein leises Seufzen wieder. Er griff nach ihrer Hand und drückte diese leicht. „Danke, Peggs, das bedeutet mir wirklich viel.“ „Immer doch, kleiner Bruder.“, strahlte sie ihn an und Steve fühlte sich schon wieder etwas besser. Peggy war seine erste, große Liebe gewesen. Damals als er gerade die Welt des Teenager-Daseins für sich entdeckte. Es war eine peinliche Zeit gewesen, mit all den Hormonen und dem versteckten Anhimmeln, wann immer er sich sicher fühlte, dass sie es nicht merken würde. Aber Peggy war schon immer clever gewesen und hatte ihn irgendwann von sich aus wissen lassen, dass sie ihn lieben würde, aber eben wie einen Bruder. Es hatte ihn sein Herz angeknackst, aber er wusste, dass sie dennoch für ihn da war. Dass sich an ihrer Freundschaft nichts ändern würde. Das war es auch, was ihn darüber hinwegkommen ließ. Und er war in diesem Moment wieder so unendlich dankbar dafür, dass sie bis zum heutigen Tag Freunde waren. „Bruce hat mich darüber informiert, dass ich nicht das bin, was ich dachte zu sein.“ Er hatte selbst keine Ahnung, wie er ihr das Ganze erklären sollte. Denn nichts klang in seinem Kopf auch nur ansatzweise glaubhaft und nicht nach dem Gebrabbel eines geistig Verwirrten. Peggy schaute ihn wie erwartet unschlüssig an. „Wie meinst du das?“ „Dr. Erskine…ich…ich bin ein Experiment.“ Das letzte Wort ging beinahe unter, fühlte er sich mit einem Mal wieder so elend und auch betrogen. Ein verhaltenes Klopfen an der Tür, ließ ihrer beider Blicke in deren Richtung gehen. Es war Betty, das gab ihn sein Geruchssinn wieder, trug sie wie auch Peggy ein angenehm mildes Parfum, das kombiniert mit ihrem eigenen Duft etwas Einmaliges wiedergab. Und wie es aussah hatte sie eine Tasse mit Kräutertee dabei, womöglich zur Beruhigung, konnte er den dominanten Geruch von Baldrian erkennen. Steve kniff die Augen etwas mehr zusammen, auch wenn ihm gar nicht aufgefallen war, dass er sie geschlossen hatte. Es war einfach ein zu ungewohnter Umstand, so sensibel bestimmte Dinge wahrnehmen zu können. „Ich kann ihnen sagen, dass du niemanden sehen willst.“ Aber Steve schüttelte nur kurz den Kopf auf Peggys Vorschlag. „Nein, schon gut.“ Sie stand dennoch auf, um die Tür persönlich zu öffnen und Steve wusste, dass es ihre Art von Löweninstinkt war, um ihn von weiteren, unschönen Ereignissen abzuschirmen. „Hey. Ich hab hier etwas Tee für ihn.“ Es war in der Tat Bettys fürsorgliche Stimme und Peggy ließ sie an ihr vorbei ins Zimmer treten. „Wie geht es dir, Steven?“ Sie stellte die Tasse neben ihm ab und Steve erkannte das entschuldigende Lächeln in ihrem Gesicht. „Ich kann mir vorstellen, was du denkst, aber es gibt einen Grund für die Geheimhaltung und wenn du dich wieder wohl genug fühlst, gibt es eine Möglichkeit dir alles im Detail zu erklären.“ Nun war es Betty, die nach seiner Hand griff. „Was mir aber noch wichtiger ist, ist, dass du weißt, dass Bruce und ich nichts an unserer Zuneigung zu dir gefälscht haben. Wir schätzen dich als einen unserer besten Freunde, Steve, und ich hoffe, du kannst uns das glauben.“ Damit ließ sie ihn und Peggy wieder allein und Steve war noch immer, als wäre er in ein fremdes Leben gerutscht. Er brauchte erst mal ausreichend Zeit zum Nachdenken und sich sortieren. *** Er hatte gut einen Tag im Bett verbracht, bis er sich geistig und körperlich stabil genug empfand, um es zu verlassen. Nach einer ausgiebigen Dusche fand er Peggy, Bruce und Betty im Wohnzimmer vor. Es war Bruce, der sich zuerst erhob und ihm mit einer Entschuldigung entgegen kam. Steve schenkte ihm ein kurzes Nicken, war er sich noch immer nicht sicher, was er hätte sagen sollen. Noch gab es angeblich Antworten und er wollte nicht ungestüm seine Irritation und den immer noch schwelenden Frust die Oberhand gewinnen lassen, indem er überstürzt lospolterte. „Ich kann woanders warten.“ Hatte Peggy zu ihm gesagt, nachdem ihm Bruce eine Box überreicht hatte, in der sich Aufzeichnungen von Dr. Erskine befanden. Darunter auch ein Datenträger, den Steve brannte sich ansehen zu wollen. Er war an ihn persönlich gerichtet. „Nein, egal was hier drauf ist, ich möchte, dass du es ebenso weißt.“ Er vertraute Peggy, dass sie ihm egal was komme, zur Seite stünde. Denn genau das brauchte er jetzt, um sich nicht so unsäglich allein zu fühlen, während er die Aufnahmen anschaute. Er hatte auch Bruce und Betty gebeten zu bleiben, die stumm zugestimmt hatten. Steve schluckte nervös als der Bildschirm sich erhellte. Das vertraute Gesicht von Dr. Erskine folgte. „Hallo Steven. Wenn du diese Aufzeichnungen siehst, heißt das, dass Bruce die Notwendigkeit gesehen hat, sie dir zu übergeben. Ich hoffe, dass der Grund dafür nicht zu schockierend für dich gewesen ist, aber das ist wohl ein recht einfältiger Wunsch. Da ich nicht weiß, wie viel dir Bruce schon erzählt hat, fange ich einfach mal von vorne an.“ Steve konnte nichts gegen die Tränen in seinen Augen tun, aber er schämte sich auch nicht dafür. Peggys Hand strich ihm abermals beruhigend über den Rücken. Die Aufnahme war vorüber und Steve fühlte sich so viel leichter. Es hatte sich nichts an dem Umstand geändert, dass er zwei verschiedene Arten in sich vereinte, aber nun wusste er wenigstens, dass er nicht nur ein Versuchsobjekt für seinen Adoptivvater gewesen war. „Du hast mein Leben um so vieles bereichert, Steven. Du hast mich glücklich gemacht, nachdem ich fast die Hoffnung darauf verloren hatte, als ich mich von meiner Lisa viel zu früh verabschieden musste. Und ich sage es mit dem Stolz eines Vaters, dass du der beste Sohn warst, den man sich wünschen konnte.“ Dr. Erskines Stimme hatte gebrochen geklungen, als er dies gesagt hatte und er seine Brille absetzen musste, als ihm die Tränen gekommen waren. Und Steve wusste, dass dieser es ehrlich meinte. Steve wusste, dass er seine Mutter bei diesem Autounfall verlor, als sie ihn aus der Bücherei abgeholt und ein angetrunkener Raser ihnen auf einer Kreuzung die Vorfahrt geschnitten hatte. Es war ihre Seite gewesen, die den Aufprall abbekommen hatte und jegliche Hilfe für sie zu spät kam. Er hatte ein Schädelhirntrauma davongetragen und lag einige Tage in einem künstlichen Koma. Man hatte ihn außerdem operieren müssen, da innere Blutungen es unvermeidlich gemacht hatten. Er hatte einen gebrochenen Arm und angebrochene Rippen davongetragen. Quetschungen und Hämatome waren somit das kleinste Übel. Und dennoch war es ein Wunder, dass sein schwacher Körper überhaupt überlebt hatte. Er war damals aufgewacht mit einem verschlingenden Gefühl der Leere. Er konnte sich nicht daran erinnern, was passiert war. Für die ersten Tage kannte er sich nicht einmal selbst. Der Verlust seiner Mutter war nur ein weiterer Teil dieser Leere. Und irgendwann war Dr. Erskine neben seinem Bett aufgetaucht und erzählte ihm, dass er ein besonderer Fall sei. Und er sich von da an um ihn kümmern würde. Nun wusste er auch den Hintergrund dazu. Man hatte damals eine Anomalie bei ihm festgestellt, welche das dortige Krankenhaus nicht hatte zuordnen können. Daraufhin hatte man sich an weitere Ärzte gewandt, bis ein befreundeter aber ebenso ratloser Spezialist schließlich Dr. Erskine darüber informierte. Diese Anomalie war der Beginn einer Modifikation. Etwas hatte sich in seinen Körper eingeschleust. Der Verdacht eines fremdartigen Virus lag nahe, aber Dr. Erskines Forschungen hatten ihn etwas anderes erkennen lassen. Doch diese Informationen hatte er für sich behalten, um das Aufsehen so gering wie möglich zu halten. In Steves Fall hatte sich ein interessanter Verlauf mit diesem fremden Einfluss gezeigt, doch ein Teil seines Körpers sah sich mit dieser Neuerung einfach überfordert, was ihn am Ende fast hatte sterben lassen. Durch Dr. Erskines langjährige Erfahrung hatte dieser ein Mittel erstellen können, das das Schlimmste vermeiden sollte. Dennoch blieb es ein unbekanntes Risiko. Es gab eine Aufzeichnung über diese Prozedur, die Steve ebenso hatte ansehen können. Sie zeigte seinen ausgelaugter Körper und die Sorge des Doktors um die weitere Entwicklung seines Zustandes. Es folgte die Erläuterung zu dem Präparat und was sich Dr. Erskine und sein Partner Howard Stark davon erhofften. Und dann kam der Teil, wo Dr. Erskine darauf einging, dass es zwar ein Erfolg gewesen war, aber er es nicht einfach dabei belassen hatte können. „Dein Körper nahm das Präparat an und stellte sich nach und nach darauf ein. Genau was wir gewünscht hatten. Kurz darauf zeigten sich jedoch die ersten Divergenzen. Merkmale typisch für Ailuranthrop, wie verbesserte Geruchs- und Sehwahrnehmung, bessere Reflexe, Schnelligkeit und Kraft. Alles Dinge, die für einen einfachen Menschen nicht der Norm entsprachen und sich über die Jahre nur noch weiter ausprägen würden. Dinge die ein normales Leben nur mit äußerster Vorsicht ermöglich konnten. Ich wollte dir diese Bürde nicht auferlegen und ich wollte, dass du in Sicherheit bist.“ Daraufhin hatte Dr. Erskine in seinen Worten kurz innegehalten und setzte für folgenden Hinweis ein ernstes Gesicht auf. „Hör mir gut zu Steven, nun wo du weißt, was in dir steckt, sei besonders vorsichtig. Ich kann dir nicht verbieten deine Fähigkeiten weiterhin zu blockieren, solltest du es nicht wollen. Doch sei gewarnt, dass es auch noch andere Menschen gibt, die sich für diese Forschungen interessieren. Und sie sind rücksichtslos, um ihre Ziele zu erreichen. Davor wollte ich dich so lange wie möglich bewahrt sehen.“ Es hätte einen Doktor Armine Zola gegeben, der einst ihrer Forschergruppe angehört hatte, doch durch seine unlauteren Ansichten zur Nutzung ihrer Ergebnisse, aus ihrer Mitte verbannt worden war. „Es ist nicht auszuschließen, dass er seine eigenen Forschungen weiter vorantrieb. Und womöglich auch Experimente durchführte, die Leben gekostet haben können. Nichts, was wir je in Betracht gezogen hatten, denn wir waren nicht darauf aus Gene zu vermischen, um eine neue Spezies zu erhalten. Ich sah es nicht als ein Geschenk für unsere Forschung, als ich dich traf. Ich hatte meine Zweifel und fragte mich bis zuletzt, ob ich nicht einfach nur egoistisch bin, dir das Leben retten zu wollen, wenn nicht klar war, wie es sich entwickeln würde. Ich war dabei, die Natur ihre Arbeit tun zu lassen, aber du warst trotz aller Erschwernisse so tapfer und wolltest nicht aufgeben. Das hat mein Herz zu bewegen gewusst. Und Ich hoffe, du nimmst es diesem alten Narren nicht übel, dass er so viel Sentimentalität auf dich projiziert hat.“ Ein Lächeln hatte sich bei diesen Worten auf Steves Lippen gebildet und auch wenn diese ganze Situation immer noch recht bizarr war, konnte er nicht spüren, dass er Dr. Erskine etwas nachtrug. Dafür hatte dieser Mann einfach zu viel für ihn getan. Und er war trotz allem dankbar, dass er ihn nicht doch aufgegeben hatte. Dennoch würde es eine Weile brauchen, bevor er sich mit diesem gelüfteten Geheimnis abgefunden hätte. Womöglich würde es das nie, aber es hätte auch weitaus schlimmere Folgen für ihn haben können, als bessere Sinne und Reflexe. „Es muss sich nichts für dich ändern.“, ließ Bruce ihn nach einer Weile des Schweigens wissen. „Wir können dein Präparat weiterhin so anlegen, dass es all das Neue blockiert. Nun, wo wir alle Bescheid wissen, ist es auch wesentlich einfacher darüber zu sprechen und schneller etwas unternehmen zu können, sollte es erneut Veränderungen geben.“ Steve nickte vorerst nur wieder stumm und entschuldigte sich daraufhin, fühlte er sich abermals etwas ausgelaugt, nach all den emotional aufreibenden Informationen. Man hatte ihn im Gästezimmer einquartiert, aber auch wenn Steve sich matt fühlte, konnte er keinen Schlaf finden. Noch immer kreisten zu viele Gedanken in seinem Geist umher. Ein ausgiebiger Teil drehte sich auch um Bucky. Wie gerne er ihn jetzt würde sehen wollen. Er könnte so viele Dinge erklären, auf die er zuvor keine Antwort geben konnte. Das plötzliche Bellen von Buster aus dem Garten, ließ Steve in Richtung der Terrassentür blicken, welche noch immer mit den Vorhängen zugezogen war. Es war Clint, der ebenso plötzlich in das Zimmer gestürmt kam und mit dem Satz, „Wir bekommen Besuch.“, die Vorhänge zur Seite zog und durch die geöffnete Glastür in den Garten trat. Mit einer Handbewegung zeigte er Steve an, ihm zu folgen, was dieser nach einem kurzen, unschlüssigen Augenblick auch tat. Buster bellte noch immer ungehalten und Steve sah dessen Gestalt vor einer der großen Pinien sitzen. Sein Blick war in die Krone gerichtet. Sie gingen näher heran. Buster wendete seinen Kopf nun in ihre Richtung und sobald er Clint erkannte, stiebte er davon. Anscheinend waren sie nicht unbedingt die besten Freunde. Und erst jetzt nahm Steve war, wie gut er in diesem Zwielicht sehen konnte und auch, dass ein ihm unbekannter Geruch in der Luft lag, der ihm dennoch irgendwie vertraut erschien. Clint gab ein paar Laute von sich, als er den Baum, wie Buster zuvor, hinaufschaute. Doch noch bevor Steve für sich begreifen konnte, was dieser gesagt hatte, ertönte ein Fauchen aus dem dunklen Geäst als Antwort. „Mein Scharm reicht hier wohl nicht aus.“, hörte er Clint murmeln, der seine Aufmerksamkeit nun auf ihn richtete. „Ich denke, du hast da vielleicht mehr Erfolg.“ Steve hob fragend die Augenbrauen an, hatte er wie so oft in letzter Zeit keine Ahnung, was vor sich ging. „Rede mit ihr. Sag ihr, dass es hier sicher ist.“ Steves ahnungsloser Gesichtsausdruck blieb bestehen, auch als er sich neben Clint stellte und bei einem Blick nach oben erkannte, was beziehungsweise wer sich dort befand. Eine Katze mit rotem Fell. „Tasha?“, kam es in seinen Ohren in einem merkwürdig klingenden Laut hervor, worauf ihn zwei Augenpaare anfunkelten. „Uhm, ich bin es, Steve?“, fuhr er fort, auch wenn er nicht sagen konnte, ob sie überhaupt wusste wie er hieß. Ob Bucky jemals seinen Namen vor ihr genannt hatte. „Ich wusste es.“, fauchte diese und kam nun den Baum heruntergeschnellt und kaum, dass sie auf ihren vier Pfoten den Boden erreicht hatte, sich in ihre menschliche Form verwandelte. Eine Hand führte sie an ihre Seite und Steve erkannte das Blut, das dort hervortrat. Kapitel 10: ------------ Steves Augen weiteten sich überrascht, als er Tashas krallenbestückte Hand auf sich zu schnellen sah, worauf Clint ihr Handgelenk ergriff um sie von ihrem Angriff abzuhalten, was sie jedoch rasch mit der anderen Hand nachsetzten ließ. Steve entging dem zweiten Versuch nur, weil er instinktiv seinen Kopf ein Stück nach hinten wegzog und ihr Attacke somit ins Leere ging. Ein Knurren folgte, bevor ihre Körperhaltung erschlaffte und sie unter einem unterdrückten Jammern in sich zusammen sank. Es war Clint, der sie auffing und stützte. Für einen Moment ließ sie es zu, doch dann kämpfte sie sich wieder von diesem los und schaute Steve mit einem verzweifelten Ausdruck an. „Du musst mit mir zurückkommen.“ Ruppig griff sie ihm am Shirt und fauchte erneut. „Du musst ihm helfen.“ „Was ist denn hier los?“, drang Bruce Stimme aus dem Hintergrund an sie heran, was Tasha aber nicht ihren aufgebrachten Blick von Steve nehmen ließ. „Wenn er stirbt, ist es deine Schuld.“ Steve wich mit einem Mal sämtliche Farbe aus dem Gesicht. „Was…was ist passiert?“ forderte er eine Antwort, denn es bestand kein Zweifel, dass sie von Bucky sprach. „Wir müssen zurück!“ Sie zerrte ihn mit sich und mehr Blut trat aus der Wunde an ihrer Hüfte. Clint stand nun neben Bruce und dieser schien zuerst nicht ganz folgen zu können, was der ihm gerade mitteilte, bis ein „Ok, wir nehmen den Wagen.“ ihn sich in Bewegung setzten ließ. Tasha hatte sich geweigert sich erst einmal vor Ort behandeln zu lassen und somit kümmerte sich Clint während der Fahrt um die nötigste Versorgung ihrer Wunde. Wie zu erwarten, sträubte sie sich, doch Clint ließ sich nicht entmutigen und konnte schließlich die Kompressen auf ihre Verletzung legen. Steve wagte erneut einen Versuch. „Tasha, was ist passiert?“ „Crossbones.“, kam die knappe Antwort und Steve brauchte einen kurzen Augenblick, um zu verstehen. „Der Hund von Dr. Schmidt?“ Er hatte das Tier schon aus nächster Nähe erleben dürfen und es steigerte das unwohle Gefühl, das er in sich trug nur noch weiter. „Bucky war nicht er selbst, als er zu uns kam. Er war verstört und unruhig. Er wollte uns nichts erzählen. Er roch nach Paarung und darunter seltsam fremd. Es war das erste Mal, dass sein Duft sich so verändert hatte, dass er Anzeichen, sich paarungswillig gezeigt zu haben, an sich trug. Und seinem Verhalten nach zu urteilen, musste etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein. Er ließ niemanden an sich heran, bis er plötzlich verschwunden war. Ein ungutes Gefühl ließ mich nach ihm suchen. Ich erwischte ihn dabei, wie er versuchte, sich direkt auf das Grundstück von diesem Schlechter schleichen zu wollen. Und natürlich versuchte ich ihn aufzuhalten. Ich war panisch vor Angst, was ihm dort alles zustoßen konnte, aber er war völlig furios. Es machte ihn blind und leichtsinnig und ich wusste nicht warum. Ich konnte einfach nicht nachvollziehen, warum er so gedankenlos sein Leben aufs Spiel setzen wollte. Wir wissen, dass keiner zurückkommt, wenn er erst einmal dort hinein gerät. Dieser Dämon in Menschengestalt ist es, der Fallen auslegt und seinen Köter auf die Einfachen hetzt, damit er sie zerreißen kann. Es war Bucky, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, so viele wie möglich vor solch einem Schicksal zu bewahren. Er kann einfach nicht dabei zusehen, wenn sinnlos gequält und getötet wird. Er kannte die Gefahr wie kein anderer. Den Blutdurst dieses Dämons und seiner hörigen Bestie. Ich habe keine Ahnung, was genau er dort vorhatte. Crossbones tauchte plötzlich auf und Bucky versuchte sich zwischen ihn und mich zu bringen…“ Tashas Stimme brach und sie ging in ein schockartiges Zittern über. „So viel Blut…sein Vorderlauf er…ich habe mich verwandeln müssen, um ihn wegbringen zu können…“ Steve bat Bruce etwas schneller zu fahren, und er musste sich zusammenreißen, ihn nicht noch mehr anzutreiben. Bruce hatte den Wagen kaum vor dem Haus zum Halten gebracht, als Steve schon aus der Tür sprang und auf sein Haus zu hastete. „Wo?“ „Hinten.“ Die Scheibe der Hintertür war zerschlagen, aber das überging Steve, als er diese öffnete und ins Haus eilte, wo Tasha sofort an ihm vorbei rannte. Eine blutige Spur führte ins Wohnzimmer und nicht unweit von der Couch entfernt, lag die reglose Katzengestalt von Bucky. Tasha ging neben ihm auf die Knie und sprach in einem flehenden Ton auf diesen ein. Und auch wenn es nur wieder diese Laute waren, so verstand Steve sie dennoch. Aber auch das war im Moment nicht relevant. Wie Tasha ging er auf die Knie und musste schwer schlucken, über den Anblick den Bucky wiedergab. Sein dunkles Fell war blutverschmiert und seine linke Vorderpfote kaum noch als solche zu erkennen. Und dann all das Blut, das schon den Läufer getränkt hatte auf dem Bucky lag. Vorsichtig legte Steve Bucky eine Hand auf sein Fell, was Tasha warnend fauchen ließ. Steve spürte keine Atmung. Kein noch so geringes Heben und Senken und es ließ die angestaute Panik, die er bis jetzt hatte zusammenhalten können, sich losreißen. „Bucky.“ Er klang ebenso flehend. Bruce war nun an ihrer Seite und wollte sich Bucky gerade genauer ansehen, als dieser seine Augen etwas öffnete und genau zu Steve blickte. Ein leiser kratzender Ton war von ihm zu hören, den Steve nicht entschlüsseln konnte, hätte es ein Wort sein sollen, nun wo er ihre Sprache zu verstehen schien. „Nein, nein, nein!!! Bucky, bitte, tu das nicht…“ Kam es verzweifelt von Tasha, die ihm nun zittrig über den Kopf strich. Steve hatte keine Ahnung, was sie meinte. Und dann zuckte der blutige und malträtierte Leib vor ihnen und mit Entsetzen in den Augen, konnte Steve verfolgen, dass Bucky ansetzte sich verwandeln zu wollen. Sein einziger Gedanke war, dass dies nicht gut sein konnte, nicht in diesem Zustand. Nicht mit all der Energie, die er dafür aufbringen musste. Nicht, wenn sein Körper sich unter all den Verletzungen zu dehnen und zu formen hatte. „BUCKY STOPP!!! BITTE!!!“ Es interessierte ihn nicht, dass ihm Tränen ungezügelt die Wangen herunterliefen und dass er derart verzweifelt klang. „Gott, bitte, tu das nicht. Wir werden uns um dich kümmern ok. Du wirst wieder gesund, aber bitte…“ Er machte sich nicht die Mühe, das ergebene Jammern zu unterbinden, als Bucky ihr Bitten ignorierte und ein fürchterlich, schmerzerfülltes Schreien den Raum erfüllte, über seine fast zeitlupengleiche Verwandlung. Bucky quälte sich so sehr und das Blut hörte nicht auf zu fließen, wie konnte es auch, wenn der haltenden Körper sich dermaßen verausgabte. „Bucky, bitte, hör auf…“ Steves Hand ruhte die gesamte Zeit über auf Buckys Seite, bis er statt Fell, blanke, schweißbedeckte Haut darunter spüren konnte. Mit einem letzten, nahezu endgültigen Zucken blieb der menschliche Körper zurück, und Buckys starrer Blick ließ Steve das Schlimmste annehmen. „Bucky…“, ein Flüstern seinerseits gefolgt von einen müden Blinzeln von Bucky, das ihn anscheinend den letzten Rest an Kraft zu kosten schien. Er schaute wieder zu Steve, und Steve konnte nicht aufhören zu weinen. „Es...“ Steve schüttelte den Kopf. „Schon gut, wir kümmern uns um dich, du musst nur ruhig bleiben, und deine Kräfte schonen, ok?“ Buckys kniff angestrengt seine Augen zusammen und setzte erneut an, während er seinen rechten Arm mühevoll anhob. „Es…tut mir leid,…Steve.“ Es war nur der Hauch einer Berührung, mit welcher Buckys Finger über Steves Brust strichen. Dort, wo er die Kratzspuren hinterlassen hatte. „Es tut mir…leid… Ich wollte…, dass du das weißt.“ Und als wäre dieses Drama nicht schon herzzerreißend genug, lächelte Bucky ihn an. Das Lächeln, das so derart selten war und ihn stets so jungenhaft hatte aussehen lassen. Das Lächeln, von dem Steves Herz sich wünschte, es viel öfter gezeigt bekommen zu haben. Dann war es vorbei. Buckys Lider senkten sich und dessen Arm war dabei schlaff nach unten zu fallen, bevor Steve ihn instinktiv ergriff und dessen viel zu kalte Hand gegen die Stelle seiner Brust presste, wo sein frenetisch schlagendes Herz darunter lag. „Tu mir das nicht an…“ Was folgte, ging vollkommen an Steve vorbei und er erwachte irgendwann in einem Raum, der ihm abermals fremd war. Er fühlte sich mitgenommen und zuerst konnte er sich nicht erklären warum, doch dann legte sich die Erinnerung wie eine Schlinge um seinen Hals. Bucky. Orientierungslos blickte er sich um. Wo war er und warum war er hier? Ein dämmriges Licht legte sich mit einem Mal über den Raum und brachte dessen Strukturen etwas deutlicher zum Vorschein. Es dauerte nicht lange und ein kurzes Klopfen war zu hören, gefolgt von Bruce, der zuerst nur seinen Kopf um die etwas geöffnete Tür schob. „Uhm, kann ich reinkommen?“ Steve deutete mit einer Handbewegung an, dass er nichts dagegen hatte. „Wie fühlst du dich?“ Das war eine äußerst knifflige Frage, musste Steve für sich selbst feststellen. Er hatte keine Ahnung. „Es ging mir schon besser.“ „Das dachte ich mir schon.“ „Was ist passiert?“ „Wir haben euch in die medizinische Einrichtung des Stark Towers gebracht. Es war die einzige Möglichkeit.“ Steve hing mit seiner gesamten Auffassungsgabe einzig an dem Wort euch fest, als dass er Bruce restliche Aussage wahrnahm. „Bucky? Ist er…ist er hier? Ist er…“, er brachte es nicht fertig, seine Frage weiter zu formulieren. Er fürchtete die mögliche Antwort zu sehr. „Er ist hier und er ist am Leben, wenn du das wissen wolltest. Jedoch in einem sehr kritischen Zustand. Er hat zu viel Blut verloren und wir können keine Transfusion durchführen, da er kein Mensch mit einer gängigen Blutgruppe ist. „Was ist mit meinem?“, donnerte es aus Steve hervor, was Bruce jedoch nur entschuldigend den Kopf schütteln ließ. „Wir haben es in Betracht gezogen, aber es ist nicht kompatibel. Auch nicht mit dem von Tasha. Bucky ist ein spezieller Fall, wie wir feststellen durften. Des Weiteren mussten wir ihm den linken Arm abnehmen, er war jenseits aller Rettung. Nicht nachdem er sich noch einmal verwandelt hatte.“ „Kann ich ihn sehn?“ Es war ein Drang, den Steve nicht zu unterdrücken gedachte. Selbst wenn man es ihm verweigern würde, würde er einen Weg finden, um Bucky sehen zu können. „Ich weiß nicht…“ „Bruce! Bitte.“ Ein erschöpftes Seufzen von Bruce und das Reiben über seine Stirn folgte, bevor er nickte und Steve mit ihm das Zimmer verließ. Der Gang nahm sich nichts von dem eines typischen Krankenhauses, nur war außer ihnen niemand weiter zu sehen. Bruce führte Steve in einen abgedunkelten Raum, der zu einer Seite eine große Glasscheibe zeigte und dahinter, die an diverse Maschinen angeschlossene Gestalt von Bucky. „Er ist zäh. Ein normaler Mensch wäre schon längst gestorben unter diesen Umständen. Aber er ist auch noch nicht aus dem Schlimmsten raus.“ Es brach Steve das Herz, ihn so sehen zu müssen. Es nagte der Vorwurf an ihm, dass es einzig seine Schuld war, dass sich Bucky in diesem Zustand befand. Hätte er ihn nur nicht so wirsch behandelt. Buckys verwirrtes Gesicht tauchte wieder in seinem Geist auf, als er ihm sagte, dass er Abstand wolle. Er hatte so verletzt ausgeschaut. „Kann ich zu ihm?“ Steve verlangte es, ihm näher sein zu wollen. Dessen Hand in die seine zu nehmen und sich ebenso bei ihm zu entschuldigen. Ihm zu sagen, dass er es nicht so gemeint hatte, dass er es über die letzten Monate zu schätzen gelernt hatte, ihn um sich zu haben. Dass er ihm wichtig geworden war. „Wir müssen den Raum steril halten. Wenn du zu ihm willst, dann nur mit der nötigen Vorbereitung und Montur.“ „Alles, was nötig ist.“ Steve nahm seinen Blick nur ungern wieder von Bucky, als er und Bruce wieder aus dem Raum traten und er ihm in einen anderen folgte. *** Es war ein schleppender Prozess, der sich über die kommenden Tage zog, doch Steve ließ sich nicht entmutigen. Solange es keine Verschlechterung gab, gab es auch Grund zur Hoffnung. Steve mochte sich nicht ausmalen, was passiert wäre, hätte Tasha ihn nicht bei Bruce ausfindig gemacht. Wie ihr das gelungen war, war ihm noch immer ein Rätsel. Buckys erstes Erwachen war demnach eine Erleichterung. Steve hatte zusammen mit Bruce dessen tägliche Werte überprüft und es war nur ein Augenblick, in welchem Bucky reglos, schlafend vor ihnen lag und dem Moment, als seine Augen plötzlich offen waren. Steve war sofort an seiner Seite und es beunruhigte ihn zuerst, dass Bucky seinen starren Blick beibehielt und ihn gar nicht zu registrieren schien. Bruce trat neben ihn und nahm die sich ändernden Werte genauestens auf. Erst das leise, zögerliche Vorbringen von Buckys Namen, ließ Leben in dessen Ausdruck zurückkehren und Steve konnte genau verfolgen, wie Verwirrung sich in Buckys Mimik zu zeigen begann. Vorsichtig nahm er dessen rechte Hand und versuchte ihm durch ein Lächeln und einen sanften Ton zu verdeutlichen, dass er nichts zu befürchten habe. Ein panischer Blick über die Umgebung und alles gut zureden war zwecklos, als Bucky sich mit einem Mal ruckartig aufrichtete und versuchte, das Bett zu verlassen. Ungeachtet der Infusion, die in seinem Arm steckte und ihn über die letzten Tage mit den notwendigen Nährstoffen versorgt hatte. Es war viel zu früh, um solch eine Aktion zu versuchen, konnte Buckys Körper solch ein abrupter Wechsel der Dynamik nicht verarbeiten, was ihn beinahe zu Boden gehen ließ. Doch Steve war schnell genug, die Situation zu erfassen und ihn mit sicherem Griff aufrecht zu halten. Buckys Atmung ging hektisch und es bildete sich klammer Schweiß auf seinem Gesicht, das abermals dem eines verschreckten Tieres glich. Die Finger seiner rechten Hand drückten sich schmerzlich in Steves Unterarm, als er versuchte, von ihm loszukommen. „Bucky, beruhige dich. Alles ist in Ordnung.“, versuchte es Steve erneut, aber Bucky schüttelte nur apathisch den Kopf und gab ein rostig klingendes Knurren von sich. Und je länger Steve ihn festhielt, um Schlimmeres zu verhindern, umso ungehaltener wurde Buckys Gegenwehr. Umso penetranter wurde das Fiepen von den Maschinen, die Buckys Zustand überwachten. Doch selbst in seinem angeschlagenen Zustand, zeigte dieser noch ausreichend Kraft, dass Steve befürchtete, ihm noch wehzutun. „Bucky, hey.“ Es war Tashas Stimme, aber Steve konnte nicht verstehen, was sie sagte. Bruce hatte sein neu abgestimmtes Präparat fertigstellen können und Steve hatte es für besser empfunden, es wieder einzunehmen, um weitere Zwischenfälle zu vermeiden. Bucky richtete seine Aufmerksamkeit sofort auf sie und seine Panik ebbte ein wenig ab. Sie kam nun auf ihn zu und nahm dessen Kopf liebevoll in ihre Hände, um ihm direkt in die Augen sehen zu können. „Es ist alles in Ordnung. Niemand will dir hier wehtun. Sie wollen dir helfen.“ Sie rieb ihre Nase in einen Akt der Vertrautheit leicht gegen die von Bucky, der daraufhin seine Augen schloss. „Sie sind nicht wie die anderen.“ Steve hatte keine Ahnung was vor sich ging, was Tasha Bucky sagte, aber schließlich nickte dieser schwach und sackte kraftlos in Steves Armen zusammen. Behutsam, brachte er ihn wieder zum Bett und legte ihn hinein, wo Bruce sich um ihn kümmern konnte. Sobald sichergestellt war, dass Bucky wieder schlief und sich seine Werte nicht drastisch verschlechtert hatten durch seinen Anfall, packte ihn Tasha am Handgelenk und zog ihn mit sich aus dem Zimmer. Kaum, dass sie sich auf dem kaltweißen Gang befanden, fixierte sie ihn mit einem ernsten Blick. „Diese Umgebung“, sie deutete auf den Raum, den sie gerade verlassen hatten. „macht ihn nervös. Es kann gut sein, dass er beim nächsten Aufwachen wieder so reagieren wird.“ Sie gab ein leichtes Murren von sich, von dem Steve nicht wusste, ob es in ihrer Sprache eine bestimmte Bedeutung hatte. „Er hat viel durchmachen müssen und solch ein Umfeld, weckt schlechte Erinnerungen bei ihm.“ Es war ein automatischer Gedanke, der Steve sich fragen ließ, was Bucky zugestoßen sein musste, dass er so reagiert hatte. Wann war dieser schon einmal in einem Krankenhaus gewesen, um diese Art von Umgebung wiederzuerkennen? Steve zog überlegend seine Augenbrauen etwas zusammen. Ein weiterer Gedanke blitzte grell und schneidend in ihm auf. Die Narben auf Buckys Körper. Mit aufwallendem Entsetztem schaute er Tasha an. „Experimente?!“ Tasha ließ ein bitteres Grollen hören auf diese Feststellung. „Er hat seine eigene Geschichte. Aber er war es, der mich mitnahm, bevor sie mir das antun konnten, was sie ihm antaten.“ Ihr Blick nahm wieder etwas Eisiges an. „Ich schulde ihm mein Leben und deshalb werde ich nicht zulassen, dass er noch einmal so etwas erdulden muss. Ich weiß noch immer nicht, was ich von dir denken soll, aber du hast ihm schon zwei Mal das Leben gerettet und ich weiß, wie wichtig du ihm bist. Also, “ Ihr Zeigefinger pickte ihn hart in die Brustkorbmitte. „ich übergebe sein Wohlbefinden vorerst in deine Hände, doch ich rate dir mein Vertrauen nicht zu missbrauchen.“ Ihre Augen gaben nun ein gefährliches Funkeln wieder, ähnlich wie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen. Sie zog ihre Hand wieder zurück und wandte sich zum Gehen um, als sie noch einmal innehielt. „Wenn es möglich ist, lass ihn deinen natürlichen Geruch wahrnehmen. Vertraute Signale beruhigen uns genauso wie euch Menschen.“ Damit verschwand sie und ließ Steve allein auf dem Gang zurück. „Sie ist schon eine Klasse für sich, nicht?“ Etwas überrascht zuckte Steve zusammen, über Clint’s unerwartete und lautlose Präsenz neben sich. „Clint…“ „Der einzig Wahre.“ Clint gab ein zufriedenes Grinsen wieder. „Wenn du dich beeilst, bekommst du sie noch ein.“ Steve war nicht entgangen, dass Clint eine gewisse Faszination für Tasha zu haben schien, tauchte er doch stets auf, wenn sie in den Tower kam, um nach Bucky zu sehen. „Nein, schon gut. Wie sagt man doch so nett -Geduld ist eine Tugend-.“ Steve stellte immer wieder fest, dass Clint ein seltsamer Typ war, was ihn jedoch nicht unsympathisch werden ließ. Bis jetzt hatte er Clint noch nicht nach seiner Geschichte gefragt. Warum er bei Bruce wohnte und wie sie sich kennengelernt hatten. Er wollte nicht der unsensible Auslöser für etwaige, schlechte und verdrängte Erinnerungen sein. Er musste wieder an Bucky denken und an das, was Tasha ihm gerade erzählte. An das, was Dr. Erskine ihm in dieser Aufzeichnung mitgeteilt hatte. Es ließ Wut in seinem Inneren keimen, dachte er daran, dass es Menschen gab, die aus lauter Gier nach Wissen und Macht derart skrupellos handelten. „Ich denke übrigens, sie hat Recht.“, riss ihn Clints Stimme, aus seinem gedanklichen Looping, sollte er je solch einem gewissenlosen Fanatiker in die Finger bekommen. Steve entspannte seine geballten Hände wieder. „Was meinst du?“ „Das mit dem Geruch. Nimm es mir nicht übel, aber die Pillen vom Doc lassen dich zu sehr nach Chemie riechen. Es ist irritierend, wenn jemand keinen typischen Eigengeruch hat und in unserem Falle riechen wir weder nach Mensch noch nach Katze.“ „Also bist du wie ich?“, sprach Steve seinen Gedanken laut aus, bevor er sich eines Besseren besinnen konnte. „Ich meine…naja…uhm…schon gut. Sorry.“ So viel zu seinem Plan, nicht unsensibel erscheinen zu wollen. Clint zuckte nur kurz mit seinen Schultern. „Kein Grund zur Panik. Ich denke, es ist nur fair, wenn ich auch meinen Teil der Story erzähle. Deinen kenn ich ja nun, dank der kleinen Filmvorführung beim Doc.“ Clint grinste spitzbübisch. Steve konnte sich nicht erinnern, ihn an diesem Abend im Wohnzimmer gesehen zu haben. „Zuerst, ich bin nicht wie du. Zumindest nicht von der Entstehung her.“ Clint ließ sich nun auf einen der Stühle vor Buckys Zimmer sinken und Steve tat es ihm gleich. „Meine Mom war ein ganz normaler Mensch und mein Dad war ein reinrassiger Ailuranthrop. Sie hatte ihn ebenfalls als einen Streuner aufgelesen, als er halb verhungert in einem Park umherzog. Und der Rest ist recht simpel. Sie päppelte ihn wieder auf, er hat sich nach und nach in sie verguckt, bis er ihr irgendwann in seiner menschlichen Gestalt den Hof machte. Sie war hin und weg von ihm, selbst als er ihr sein Geheimnis verriet. Es störte sie nicht. Wahre Liebe oder so. Naja irgendwann brachte sie mich zur Welt und wir hatten ein paar gute Jahre als Familie. Doch dann verschwand mein Dad spurlos und meine Mom hat es nicht gut verkraftet. Sie starb ein Jahr später und ich kam in ein Waisenhaus. Ich war anders, das wusste ich, aber ich schämte mich nicht deswegen, es war der Teil, den ich von meinem Dad bekommen hatte. Mein Dad hatte mir ein paar Dinge beigebracht, um mich besser in die normale Welt einfügen zu können. Doch dann kam das, was man Pubertät nennt. Es war ein einziges Desaster. Ich konnte das Haus nicht verlassen, ohne als Freak aufgedeckt zu werden. Ich hatte meine Hormone nur schwer in Griff und glaube mir wenn ich sage, dass es nicht grade unauffällig ist, wenn einem dutzende rolliger Katzen hinterherziehen. Außerdem war es schwer, bestimmte Merkmale zu kontrollieren unter diesem körperlichen Wandel. Ich war über Wochen nur noch nachts unterwegs. Und dann tat ich das Einzige, was mir sinnvoll erschien, da ich keine Lust hatte, mich für den Rest meines Lebens zu verkriechen. Ich schloss mich einem Wanderzirkus an. Talent hatte ich genug durch Dads Gene. So hab ich die Welt sehen können und konnte mich austoben. Dann tauchte irgendwann Bruce nach einer Vorstellung auf. Und das ist die Story.“ Steve blieb einen Moment ruhig, bevor er Clint erneut eine Frage stellte. „Und du hast Bruce einfach so vertraut? Ich meine, er hätte auch einer von den Leuten sein können, die Dr. Erskine erwähnt hat. Hattest du nie bedenken, dass die falschen Leute auf dich aufmerksam werden könnten?“ Clint lachte erheitert auf Steves Zweifel. „Naja, es war nicht grad’ so, dass ich ein Spezialist auf dem Gebiet der Pseudowissenschaften war, aber ich habe es natürlich nicht unnötig übertrieben, um auf mich aufmerksam zu machen. Jeder im Zirkus nahm an, ich sei einfach nur ein etwas exzentrischer Katzennarr mit akrobatischer Begabung und das reichte zu. Bruce war der Erste, der mich auf all diese Dinge aufmerksam machte, was meinen animalischen Teil betraf. Ich selbst wollte einfach nur meinen Spaß haben, ohne mich verstecken zu müssen. Der Doc half mir, mich besser zu verstehen und ein paar nervige Eigenheiten meines Körpers mehr unter Kontrolle zu wissen. Ähnlich wie die Pillen von deinem Dad. Als Gegenleistung habe ich mich bereiterklärt, ihm bei weiteren Erforschungen dienlich zu sein.“ Clint lehnte sich nun etwas näher zu Steve, als wären folgende Worte nicht für andere Ohren bestimmt. „Und es war nicht Bruce der mich überzeugte. Ein Blick auf Betty und ich war hin und weg.“ Steve gab einen irritierten Ausdruck wieder. „Ich weiß, ich weiß…sie ist die Frau vom Doc und ich hab auch nie was bei ihr versucht. Aber ich hab eben eine Schwäche für natürliche Schönheiten.“ Daraufhin zwinkerte Clint ihm mit einem aussagekräftigen Grinsen zu, was Steve sich verlegen Räuspern ließ und er mit leicht rosigen Wangen zu Boden blickte. „Mein Gott, wenn du nicht schon vergeben wärst, ich würde mich nur zu gern um dich kümmern.“, setzte Clint auf den Effekt, den er bei Steve zum Vorschein gebracht hatte nach. Dieser ging nun dazu über nervös mit seinen Fingern zu spielen. „Ich und Bucky, wir sind nicht…es ist nicht…“ „Schon gut, Großer. Das wird sich alles noch finden.“ Clint klopfte ihm ermutigend auf die Schulter. „Zu allererst muss er wieder auf die Beine kommen und alles verarbeiten. Ich bin mir sicher, du kannst ihm dabei helfen.“ Steve hatte noch eine Weile allein vor Bucky Zimmer gesessen und über diverse Dinge nachgedacht. Er wollte Bucky beistehen, das stand außer Frage. Er wollte versuchen, ob sie Bucky in ein weniger anstrengendes Umfeld verlegen konnten. Er würde Bruce außerdem fragen, ob er etwas tun konnte, um ihn trotz Medikament so natürlich wie möglich riechen zu lassen, in der Hoffnung, dass es Bucky helfen könne, in seiner Nähe zu entspannen. Was er allerdings nicht wusste, war, ob Bucky ihn überhaupt um sich haben wollte. Er konnte sich in dieser Hinsicht wohl nur überraschen lassen. Am Nachmittag besuchten ihn Sam und Peggy, hatte Tony ihn für die Zeit, die es brauchte, in einem der Apartments im Tower untergebracht. Er wollte auf keinen Fall zu weit weg von Bucky sein, sollte irgendetwas vorfallen. Steve beschloss ebenso, dass es an der Zeit war, dass er Sam in alles einweihte. Wie nicht anders von Sam zu erwarten, nahm er es ziemlich gelassen auf und ließ Steve wissen, dass ihm sein Vertrauen in ihn wirklich viel bedeutete. „Man könnte nun fast meinen, du wärst eine Art von Superheld.“, hatte Sam beeindruckt gemeint und ihm kumpelhaft einen Arm über die angespannten Schultern gelegt. Mit einer Hand hatte er einen Bogen in die Luft gezogen und gleichzeitig den wohl erstbesten heroisch daherkommenden Namen genannt, der ihm eingefallen war. „Captain Tiger Pants“, Steve hatte schmunzelnd den Kopf geschüttelt. „Das klingt doch ganz gut.“, meinte Sam daraufhin überzeugt. „Außerdem glaube ich, dass dir ein Ganzkörperanzug aus Spandex ungemein gut stehen würde.“ Sam war wirklich nicht zu ersetzen und Steve ein weiterer Stein vom Herzen gefallen. Er war so froh, solch gute Freunde sein Eigen nennen zu können. Es war Tonys Reaktion, um die er sich letztendlich die meisten Sorgen gemacht hatte. Tony war einfach zu speziell, um ihn einschätzen zu können und das hatte Steve reichlich nervös gemacht. Aber es ließ sich nicht vermeiden, diesen nach ihrem plötzlichen Hilferuf und dem Herbringen von Buckys schwer verletzter Person, aufzuklären. „Dann war mein alter Herr also doch nicht so verrückt, wie ich immer dachte.“, war das Erste, was Tony dazu hervorgebracht hatte. Erst dann fiel Steve wieder ein, dass Howard zusammen mit Dr. Erskine geforscht hatte und es somit gut möglich war, dass Tony darüber Bescheid wusste. Allerdings stellte sich heraus, dass dieser keine tiefere Verbindung zu diesem Teil der Arbeit seines Vaters hatte. Nach dessen Ableben hatte sich Dr. Erskine allein mit der weiteren, tieferen Forschung befasst. Das Einzige, was Tony zu dieser Sache einmal in die Hände bekommen hatte, war ein Art Tagebuch, mit dessen Inhalt Tony jedoch nichts hatte anfangen können. „Ich dachte, er wäre endgültig durchgeknallt.“ Tony konnte sich nicht mehr daran erinnern, was aus diesem Tagebuch geworden war. Ob er es am Ende weggeworfen oder irgendwohin geräumt hatte. Steve wusste, dass Tony es vermieden hatte, sich zu emotional zu zeigen, als er seine Eltern verlor. „Also wenn irgendetwas sein sollte, gibt dieses kleine Teil uns Bescheid.“ Tony reichte ihm eine Art Armband und deutete auf einen goldfarbenen Knopf daran. „Einfach nur hier draufdrücken und wir sind unterwegs.“ Dessen Blick richtete sich kurz auf Buckys ruhende Gestalt, die auf dem großzügigen Doppelbett lag. „Aber ich schätze mal, dass du eh nicht von seiner Seite weichen wirst, nun wo ihr die Hochzeitssuite gemeinsam bewohnt.“ Steve rollte innerlich mit den Augen über diesen Kommentar. „Danke, Tony.“, gab er dennoch ehrlich wieder. „Ach, keine Ursache, immerhin sind es besondere Umstände.“ Tony rieb in einer kreisenden Handbewegung über Steves Bauch. „Sind es besondere Umstände, Steven?“ Steve schob Tonys Hand zur Seite und schenkte ihm einen genervten Blick. „Sehr witzig, wirklich.“ Tonys Gesichts nahm dieses nebulöse Grinsen an. „Ich wette, er ist ein echtes Tier im Bett.“ Steve wurde schlagartig rot. „Gott Tony!“, knurrte er frustriert. Es war Clint gewesen, der zur Aufklärung der Situation, unnötiger Weise, den Abschnitt mit der Paarung eingeworfen hatte. Etwas von dem Steve geplant hatte, es Tony niemals wissen zu lassen. Denn ihm war mehr als klar, dass es ganz oben auf Tonys Liste `Steve in Verlegenheit bringen´ landen würde. Er hasste es manchmal Recht zu behalten. Tony und Clint schienen sich daraufhin auf einem Unheil verheißenden Level miteinander zusammen zu tun. „Schon gut, schon gut.“ Tony hielt seine Hände versöhnlich nach oben. „Also wenn ihr etwas benötig, lass es mich wissen. Essen, Trinken, eine Hand voll Gummimäuse.“ Steve packte Tony nun an den Schultern und schob ihn geradewegs in Richtung Zimmertür. „Danke, Tony!“, zischte er noch einmal, aber nun deutlich mit Zynismus verwoben. Mit einem erleichterten Seufzen lehnte er sich an die nun wieder geschlossene Tür. „Und das mir nicht an den Möbeln gekratzt wird!“, hörte er eine weitere Verlautbarung von Tony durch diese hindurch, bevor sich dessen Schritte entfernten und es schließlich still wurde. Es war am selben Abend, als Bucky sich erneut zu regen begann und Steve das Buch, das er neben ihm auf dem Bett gelesen hatte, rasch zur Seite legte. Tony hatte Bucky ebenso mit einem Armband ausgestattet, nur in dessen Fall, diente es dazu seine Werte an eine Computereinheit namens JARVISE weiterzuleiten. Recht praktisch, wenn auch, laut Tonys Aussage; nur der Anfang von etwas viel Größerem. Somit hatten sie die klobigen Maschinen aus Buckys Blickfeld entfernen können. Einzig der Tropf, der über dem Bett angebracht war, zeugte noch von Buckys angeschlagenen Zustand. Mit einen etwas leidlichen Verziehen seiner Gesichtszüge, öffnete dieser langsam seine Augen. Sein Blick wirkte für einen Moment blank, doch dann wendete er seinen Kopf geradewegs nach links, wo er auf die leere Stelle starrte, wo einst sein Arm gewesen war. Steve wagte es, ihn leicht an der ihm zugewandten rechten Hand zu berühren, was Bucky seinen Kopf behäbig in dessen Richtung wenden ließ. „Steve…?“ Seine Stimme hatte nichts von dem Kratzen verloren und Steve nahm das Glas mit Wasser von seinem Nachtschrank. „Hey.“ Steve konnte nicht anders als liebevoll zu lächeln, es war ein natürlicher, warmer Impuls bei Buckys Anblick. „Was…“ Steve hielt diesem das Glas vor, als dessen Stimme versagte. „Hier, trink erst einmal etwas.“ Daraufhin schaute ihn Bucky kurz unentschlossen an, nickte aber schließlich. Steve half ihm, sich aufzurichten und setzte ihm das Gefäß an die blassen Lippen. Bucky trank bereitwillig, doch musste ihn Steve kurz mahnen, dass er nicht zu gierig trinken sollte, um sich nicht zu verschlucken. Steve stellte das geleerte Glas wieder neben sich und rückte etwas näher an Bucky heran, der sich auch ohne weiteres gegen ihn lehnte. „Wie fühlst du dich?“ Buckys Blick fiel auf die Kanüle in seinem Arm und Steve befürchtete, dass er womöglich gleich wieder in Panik übergehen würde. Doch zu seiner Erleichterung, hob Bucky seinen Arm nur leicht an, um somit etwas besser gegen Steve sinken zu können. „Es geht. Tasha sagte, ihr wollt nur helfen. Ich vertraue ihr damit.“ Buckys verbundener Armstumpf zuckte etwas. „Es ist seltsam. Dass er nicht mehr da ist.“ Der Stumpf zuckte erneut, als versuchte Bucky, den verlorenen Arm bewegen zu wollen. Steve hatte sich gefragt, wie Bucky diese unübersehbare Tatsache auffassen würde, sollte er begreifen, dass sein linker Arm nicht mehr vorhanden war. Er gab zu, dass ihn die gefasste Art doch ziemlich überraschte. „Er war leider nicht mehr zu retten.“ Steve war dabei sagen zu wollen, dass es womöglich anders hätte verlaufen können, hätte er sich nicht verwandelt. Auf der andern Seite jedoch, wollte er Buckys Entschluss, der ihm so derart wichtig erschienen war, nicht als etwas Unnötiges kritisieren. Dazu war das Opfer einfach zu groß. „Es tut mir leid.“, murmelte Steve in Buckys etwas pflegebedürftigen Haarschopf und spürte, wie dieser aus Reue geformte Klumpen in seiner Brust erneut an Volumen dazugewann. Eine Entschuldigung reichte nicht zu. Hundert würden nicht reichen, um Buckys Verlust und die erlittenen Schmerzen aufzuwiegen. Es war eine, ihn beinahe zum Bersten bringende Schuld, die er verspürte. „Nein.“ Bucky schüttelte nachdrücklich seinen Kopf. „Ich habe dich verletzt. Ich habe es verdient.“ „Das ist nicht wahr. Hörst du? Ich war ein gedankenloser Idiot. Ich hätte nicht so reagieren dürfen.“ Bucky sagte nichts dazu, und Steve wusste auch nicht, was er von ihm würde hören wollen, auf sein Geständnis. Also blieb er ebenso still. Er ging jedoch dazu über, Bucky leicht den Kopf zu streicheln, da er wusste, dass es eine angenehme Wirkung hatte und Bucky gab ein zufriedenes, wenn auch nur leises Schnurren wieder, das Steve zum Lächeln brachte. Bucky schlief gegen ihn gelehnt wieder ein und Steve blieb die gesamte Nacht an seiner Seite. Kapitel 11: ------------ Buckys Genesung machte daraufhin gute Fortschritte. Dennoch ließ er sich nur untersuchen, wenn Steve oder Tasha an seiner Seite waren. Denn Bucky behielt seine Vorsicht bei, vor allem, wenn es um Tony ging. Ihr erstes Zusammentreffen, in dem Bucky bei Bewusstsein und keine Katze war, verlief zwar ohne unschöne Vorkommnisse, aber Bucky war dennoch etwas überfordert gewesen mit Tonys endlosem Redeschwall. Er war über dessen Gequassel immer weiter auf dem Bett zurückgerutscht, um mehr Distanz zwischen sie zu bringen, bis sich Steve schließlich wieder an Buckys Seite gesetzt hatte. Bucky war auch sofort an ihn heranrutschen, nur um unter einem nicht ganz so subtilen Murmeln zu fragen, ob mit Tony etwas nicht stimmte. Das hatte Tony abrupt innehalten lassen, worauf er nach ein paar empörten, stummen Mundbewegungen theatralisch aus dem Zimmer gerauscht war. Steve hatte sich ein erheitertes Grinsen nicht verkneifen können. So gesehen, hatte Bucky seine Freunde ja alle schon einmal gesehen, bis auf Bruce und Clint. Bruce schien er soweit zu vertrauen, dass er dessen Untersuchungen ohne große Gegenwehr über sich ergehen ließ und Bruce versuchte, sich so behutsam wie möglich auf ihn einzustellen. Bucky hatte begriffen, dass er sich vorerst nicht Verwandeln sollte, da sich sein Körper immer noch in einem Heilungsprozess befand und ein Wandel die Gesundung nur wieder einreißen würde. Steve half Bucky demnach bei diversen alltäglichen Dingen, wie anziehen oder jetzt, wo er in seiner menschlichen Gestalt bleiben musste, seine Haare zusammen zubinden. Die aufreibendste Prozedur stellte jedoch das Waschen dar. Ein Szenario, das sich gerade wieder vor seinen Augen abspielte. Das Chocolate kein Wasser mochte, hatte Steve noch gut im Gedächtnis. Und Bucky war in seiner derzeitigen Form, in dieser Hinsicht, auch nicht weniger widerspenstig. Der Begriff Katzenwäsche, hatte hier ihr bestes Beispiel gefunden. Er hatte Bucky überzeugen können, wenigstens einen Waschlappen zu benutzen. Haare waschen war jedoch ein Geduldsakt. Bucky wollte einfach nicht stillhalten. Er mochte es nicht seinen Kopf über den Wannenrand, noch ihn rücklinks über das Waschbecken zu beugen. Wasser, das in zu großen Mengen auf ihn einströmte, machte ihn einfach nervös. Demnach stand Steve abermals durchgeweicht im Badezimmer ihrer Unterkunft und schaute mit einem resignierten Blick auf Buckys trotzig dreinschauende Person, an der verschlossenen Tür. „Komm schon, Bucky, ich verspreche dir, dass ich vorsichtig sein werde.“ Dieser schaute wenig überzeugt und kratzte verdrossen an der Verriegelung herum. Steve hatte aus ihrem ersten Versuch gelernt. Bucky war ihm nass und nackt entwischt und Sam war als Schutzschild zwischen sie getreten, als er gerade auf dem Weg zu ihnen gewesen war. Sam hatte Mitleid mit Bucky gehabt und einen murrenden Steve für ihn vertrieben. Seitdem sah Bucky Sam kaum mehr als Gefahr an und zeigte sich auch zunehmend relaxter, wenn dieser in seiner Nähe war. Und so leid es Steve auch tat, aber heut musste es einfach sein. Buckys Haare waren ein einziges Desaster. „Ok, wie wäre es, wenn ich mitmache. Uhm, wir könnten zusammen ein Bad nehmen. Wie wäre das?“ Bucky schenkte ihm einen überlegenden Seitenblick. „Zusammen?“, hörte er Bucky vergewissernd nachfragen und Steve nickte bestätigend. „Es ist gut zum Entspannen und es lockert die Muskeln. Deshalb tun wir Menschen es auch so oft.“ „Du bist kein Mensch, wie die anderen.“, merkte Bucky resolut an und drehte sich Steve nun gänzlich zu. Steve lächelte etwas steif, auf Buckys beharrend klingende Aussage. „Das stimmt, aber das ändert nichts daran, dass ich trotzdem gern ein Bad nehme.“ Steve streckte seine Hand in Buckys Richtung. „Wollen wir es versuchen?“ Nach ein paar zögerlichen Augenblicken, griff Bucky danach und nickte etwas unsicher. „Ok.“ Buckys Verletzung verheilte ohne weitere Probleme und auch sein restlicher, körperlicher Zustand fand rasch auf ein stabiles Level zurück, was Bruce damit erklärte, dass Bucky, wie schon einmal erwähnt, ein besonderer Fall sei. Bruce hatte es ihm mit allerlei Fachbegriffen erläutert, bis Bucky Steve monoton erklärte, dass man ihn durch unzählige Experimente dazu gemacht hatte. Er sollte perfekt werden. Ein Meisterstück der Gentechnik. Steves Rage darüber war immens, doch er erlaubte sich nicht mehr als Zähneknirschen, um Bucky nicht zu verschrecken. Durch diese Experimente, hatte man auch erreicht, ihn resistent gegen diverse Einflüsse zu machen. Es löste die Frage auf, warum Bucky keine Angst davor gehabt hatte, von ihm vergiftet zu werden. Es war schlicht und einfach nicht möglich. Aber darüber wollte Steve jetzt nicht schon wieder nachdenken, und zwängte diese Gedanken zurück in ihre Truhe, und verschloss den Deckel. Er stieg zuerst in das warme Wasser, das er absichtlich nicht zu hoch hatte einlaufen lassen. Außerdem hatte er auf Badeessenzen verzichtet, da er Bucky nicht noch mehr irritieren wollte. Erneut hielt er ihm seine Hand entgegen, als Bucky deutlich unentschlossen vor der Wanne stand, als wolle er gleich wieder die Flucht ergreifen. „Na komm.“ Mit einem tiefen Durchatmen streckte Bucky das erste Bein über den Rand und stippe mit seinen Zehen prüfend die Wasseroberfläche. „Du schaffst das, Bucky.“ ermutigte ihn Steve, worauf dieser seinen Fuß schließlich gänzlich versenkte und den anderen unter leisen Knurren nachzog. „Sieh mich an. Ok. Du machst das gut.“ Bucky folgte Steves Anweisung mit angespannter Miene, als er sich nun absenkte und seinen Körper immer weiter unter Wasser brachte, bis er auf seinen Knien zum Sitzen kam. Steve entging die schnellere Atmung von Bucky nicht. Auch die verkrampfte Hand, die sich am Wannenrand festhielt, deutete von Stress. „Sehr gut. Nun komm her.“ Bucky ließ sich von Steve an ihn heranziehen und folgte der Bitte sich umzudrehen, so dass er seinen Rücken gegen Steves Brust lehnen konnte. „So geht es, oder?“ Bucky war noch immer angespannt, nickte aber dennoch. Steve ließ seine Hände über dessen Seiten streichen, um ihn zu beruhigen. Es war ein großer Fortschritt und Steve schenkte Bucky alle Zeit, sich daran gewöhnen zu können. „Ich bin stolz auf dich.“, ließ er ihn wissen und hörte nicht auf, seine Hände an Buckys Seiten zu bewegen, worauf dieser sich nach und nach lockerte. „Ok, ich werde jetzt deine Haare waschen, einverstanden?“ Bucky nickte erneut, worauf er dazu überging mit seiner Hand leichte Bewegung über das Wasser zu ziehen. Steve hatte für einen Erfolg ein natürliches Shampoo gewählt, ohne künstliche Zusätze da er nichts riskieren wollte. Er seifte Buckys Haare vorsichtig ein, immer darauf bedacht, dass nichts in dessen Ohren oder Augen gelangte. In diesem Falle hätte er Bucky für ein nächstes Haarewaschen sicherlich verloren. Steve ließ seinen Daumen über Buckys Nacken fahren, als ihm etwas ins Auge fiel. Eine Tätowierung. Eine Nummer. Zweiundzwanzig. Er wusste sofort, was dies zu bedeuten hatte und es schürte wiederholt seine Wut. Aber er wollte Bucky auch nicht in Aufruhr versetzen, indem er ihn darauf ansprach. Schließlich sollte sich Bucky entspannen. Er ging dazu über, behutsam dessen Kopfhaut zu massieren und nach einer Weile hörte er das leise Schnurren wieder. In dieser Hinsicht war Bucky ein gefälliger Genießer. Er widmete sich dessen Haaren etwas länger als nötig, sah er es als gute Gelegenheit ihn daran zu gewöhnen. „Schließ kurz die Augen.“ Mit einem Becher, der sonst eher Utensilien zum Zähneputzen enthielt, spülte er den Schaum aus und schmunzelte leicht, als Bucky seinen Kopf von allein in eine Position brachte, die Steve sein Tun erleichterte. „Fertig.“, gab er Bescheid und Bucky lehnte sich nun so gegen ihn, dass er seinen Kopf auf Steves Schulter legen konnte. Die Augen behielt er weiter geschlossen und sein Gesicht zeigte nichts mehr von der anfänglichen Unsicherheit. Und da Bucky sich nun wirklich entspannt zu haben schien, ging Steve dazu über, dessen Arm mit einem der besagten Waschlappen entlang zu fahren. Bereitwillig streckte Bucky diesen zur Seite und legte ihn schließlich auf den Wannenrand, als Steve sich dessen Seiten zuwandte. Er ging vorsichtig vor, ganz darauf bedacht, es für Bucky so angenehm wie möglich zu machen. Er tauchte den Stoff erneut ins Wasser, um sich nun dessen Oberkörper und Hals zu widmen. Buckys Schnurren wurde etwas leiser, aber es hatte erneut diesen Effekt, der Steve selbst etwas abschalten ließ, während er sich um Bucky kümmerte. Dieser zeigte plötzlich ein leichtes Beben, das durch seinen Körper zog und Steve kam der Gedanke, dass Bucky womöglich, wie so viele Menschen auch, kitzlig sein könnte. Er ging dem jedoch nicht weiter nach und wusch nun über dessen Beine, die dieser noch immer angewinkelt hielt. Bucky wand sich etwas mehr unter seiner Zuwendung. Ein etwas erstickt klingendes „Steve“ und Buckys Gesicht, das sich nun in dessen Halsbeuge presste, ließ ihn innehalten. Ein Blick auf seine Hand, ob er Bucky womöglich irgendwie wehgetan haben könnte, zeigte das eigentliche Problem. „Oh.“; wisperte Steve etwas verlegen. Anscheinend war er etwas zu sehr auf den Aspekt mit dem Entspannen eingegangen. Aber er war weit davon entfernt, Bucky einen Vorwurf zu machen, dass es ihn erregt hatte. Buckys Atem strich warm und etwas aufgeregt über Steves Hals und selbst ohne die Schuld von hyperaktiven Pheromonen, ließ es ihn wahrlich nicht kalt. Steve hielt den Atem an, als seine Hand langsam weiter Buckys Oberschenkel entlangrutschte und ließ es wie ein Versehen erscheinen, als er leicht Buckys aufgerichtete Länge streifte. Diese gab ein befürwortendes Zucken wieder und da Bucky sich nicht aufgeschreckt zeigte, wagte Steve etwas mehr. Ein wohliges Brummen, gefolgt von Buckys Arm, der sich nun hinter Steves Kopf legte, ließ Steve etwas zittrig ausatmen. Schließlich schloss er seine Hand mit leichtem Druck um Buckys Erektion, worauf dieser ihm seine Hüfte leicht entgegenbrachte. Bucky stoppte ihn nicht und Steve wollte, dass dieser sich gut fühlte, nach allem, was er hatte durchmachen müssen. Steve erhöhte den Druck und bewegte seine Hand in einem beständigen Rhythmus auf und ab, was Bucky in ein leises Wimmern übergehen ließ. „Schon gut. Es ist ok.“, flüsterte Steve ihm zu und küsste Buckys Stirn. Steve erhöhte das Tempo, als Bucky ihm immer energischer entgegen kam und das Wasser um sie herum, in ein aufgewühltes Wogen versetzte. Und wie immer wenn Bucky sich emotional aufschaukelte, kam der Kater in ihm durch und Steve sah sich mit einem Mal, mit einem durchgeweichten Katzenschweif konfrontiert, der ruhelos zwischen ihren Körpern zappelte und Steves eigene harte Länge neckte. Bucky bäumte sich leicht auf, so dass er seinen Kopf nun wieder auf Steves Schulter drückte. Ein einladendes Stück von Buckys sehnigem Hals bot sich Steves Seitenblick. Er massierte Bucky kraftvoller. Bucky war, wie auch schon beim letzten Mal, ein wirklich fantastischer Anblick. Steves Becken zuckte automatisch nach vorn. Aber er ignorierte die Reibung, die Buckys Schweif darauf ausübte. Es ging für ihn nur um Bucky. Eine Art von Jaulen entwich Bucky, und Steve spürte die Spitzen der Krallen an seinem Hinterkopf. Bucky schien kurz vor dem Höhepunkt. Und Steve gab dem Impuls nach, über Buckys Hals zu lecken und leicht dort hineinzubeißen, was diesen in ein letztes Vorrucken versetzte und mit einem Fauchen schließlich in Steves Hand kommen ließ. Steve schloss einen Arm um Buckys Mitte während dieser die Nachwellen auskostete und setzte einen weiteren Kuss auf dessen leicht zittrige Schulter. Sie blieben eine Weile so, und Steve lauschte den hektischen Atemzügen, bis Bucky seinen Kopf wieder anhob. Was folgte, war mehr als unerwartet. Steve erkannte noch wie Buckys Augen sich mit Entsetzen weiteten und er sich unter einem jammernden „Nein, nein, nein…“ von Steve losriss und panisch versuchte, die Wanne zu verlassen. Steve hatte keine Ahnung, was vor sich ging. Erst als Bucky ausrutschte und unsanft mit den Knien auf den Fließen aufkam, erwachte Steve aus seiner Starre und folgte Bucky sofort. „Bucky.“ Steve versuchte ihm aufzuhelfen, jedoch zuckte dieser bei der kleinsten Berührung weg und schaute Steve mit der Panik seiner tierischen Seite an. „Es tut mir leid…“, wimmerte dieser und rutschte auf den kalten Fließen weiter von Steve weg. „Bucky was…“ Steve ließ sich von seiner Verwirrung nicht davon abhalten, Bucky zu folgen. Als dieser schließlich an einem der Schränke anstieß und nicht weiter zurückweichen konnte. „Es tut mir leid.“, wiederholte er und wendete sein Gesicht mit einem schmerzlich verzweifelten Ausdruck zur Seite, wo er begann, sich auf seiner Unterlippe herumzubeißen. Steve fühlte sich erneut schlecht, dass er der Auslöser für Buckys Zustand zu sein schien. Dabei wollte er doch das ganze Gegenteil erreichen. Steve nahm eines der großen Handtücher und legte es über die bebende Gestalt von Bucky, bevor er sich selbst ein anderes um die Hüften legte. Er kniete sich vor ihn, worauf dieser seinen Kopf leicht anhob und kurze, unsichere Blicke auf ihn warf, als befürchte er etwas Unangenehmes. Steve nahm seinen Mut zusammen und legte seine Hände vorsichtig an Buckys Gesicht, welches so viel Hilflosigkeit widerspiegelte und dirigierte es so, dass sie sich ansahen. „Ich…“ Bucky schluckte schwer. „Ich wollte das nicht.“ Nun war es an Steve erschrocken dreinzuschauen und sein Herz zog sich krampfartig zusammen. Bucky wollte es nicht! Er hatte es also völlig falsch gedeutet und sich ihm damit aufgezwungen, während dieser sich eh schon so verletzlich fühlte! Bucky wollte es nicht und er hatte es dennoch getan! Doch bevor er zu einer Entschuldigung ansetzen konnte; sprach Bucky weiter. „Ich weiß, du kannst es nicht leiden, wenn ich…wenn ich so bin…“; murmelte er niedergedrückt. „Bitte schick mich nicht weg. Es tut mir leid. Ich…ich werde mich bessern. Ich verspreche es.“ Buckys Blick nahm etwas Flehendes an. „Es ist nur, wenn du es bist, ist es so schwer, weil…weil du schaffst es, dass ich mich gut fühle.“ „Gott, Bucky.“ Steve gab ein tiefes Seufzen wieder und konnte nicht anders, als Bucky in seine Arme zu ziehen und ihm liebevoll über den Kopf und dessen Katzenohren zu kraulen. Bucky hatte Angst. Angst, dass jede intime Interaktion Steve nun dazu bringen würde, ihn zu verstoßen oder wütend auf ihn zu sein. Es war solch ein starker Kontrast zu dem aufmüpfigen und selbstsicheren Katermann, den er vor all den Wochen zum ersten Mal in seiner Küche zu Gesicht bekommen hatte. Hier hatte er wirklich etwas angerichtet. „Ich schick dich nirgendwohin und es war vollkommen in Ordnung, es zu genießen. Ich wollte, dass du dich gut fühlst.“ „Du bist nicht wütend?“ Steve schüttelte nachdrücklich seinen Kopf. „Auf keinen Fall.“ Bucky zog seinen Kopf etwas zurück, um Steve wieder ansehen zu können, sagte aber nichts und Steve meinte, dass Bucky die Ehrlichkeit einfach in dessen Gesicht suchte. Dann lehnte er sich wieder vor und Steve lachte kurz auf, als dessen raue Zunge mehrmals über seine Wange leckte. Es war eine Geste der Verbundenheit unter Katzen, das hatte Steve gelesen und es reichte ihm als Gewissheit, dass Bucky ihm Glauben schenkte. Und er würde sein Bestes tun, diese Gewissheit aufrecht zu erhalten. *** Bucky zeigte sich niedergeschlagen, nachdem Tasha sie wieder verlassen hatte. Sie besuchte Bucky regelmäßig, um ihn auf dem Laufenden zu halten, was ihre kleine Familie anging und ob sich sonst irgendwelche Dinge ereignet hatten. Steve schenkte ihnen für ihre Gespräche stets Privatsphäre, da er davon ausging, dass dies auch erwünscht war. Doch heute hatte ihn Bucky gebeten, bei ihnen zu bleiben und er setzte sich nach einem fragenden Blick auf Tasha, die nur ein Schulterzucken wiedergab, schließlich dazu. Es war das erste Mal, dass er etwas Genaueres über ihre Familie hörte, auch wenn es für ihn keine großen Zusammenhänge gab. „Billy und Tommy haben gefragt, wann du wieder zurückkommst. Sie wollen dir ihre Fortschritte beim Trainings zeigen.“ Tasha lächelte in einer liebevollen Weise, wie Steve es bis jetzt nur in Verbindung mit Bucky bei ihr gesehen hatte. „Sie haben sich wirklich gut entwickelt.“ Bucky lächelte ebenso, aber es war deutlich, dass dem etwas Wehmütiges inne wohnte. „Sag ihnen, dass es noch eine Weile dauern wird. Und auch, dass sie Kate nicht ständig ärgern sollen.“ Steve erfuhr das Kate das Nesthäkchen ihrer Gruppe war, die, soweit er es mitbekommen hatte, aus fünf jungen Werkatzen sowie Bucky und Tasha bestand, die sich um diese kümmerten. Auch dass Kate bei ihrer Rettung noch ein Baby gewesen war, was sich Steve doch recht aufreibend vorstellte. Er hätte keine Ahnung, was er tun sollte, würde er sich urplötzlich um ein Baby kümmern müssen. Und dazu noch um vier Werkatzenkinder. Und er bewunderte Bucky und Tasha, dass sie trotz allem stark geblieben waren, für ihre neue kleine Familie. Tasha hatte zum Ende hin Buckys Hand genommen und ihre Nase leicht gegen die seine gestupst, sah sie wohl besser als jeder andere, dass Bucky betrübt war, nicht mit ihr gehen zu können. „Wir warten auf dich.“ Hatte sie ihm gesagt und Bucky stumm darauf genickt. Als Tasha wieder gegangen war, hatte sich Bucky ins Schlafzimmer verzogen und auf dem Bett zusammengerollt. Steve ließ ihm die gesuchte Ruhe. Aber es tat ihm dennoch weh, ihn so zu sehen. Das Problem bestand darin, dass Bucky in seiner menschlichen Form ein Risiko darstellte, sollte er seine Familie aufsuchen. Sie hatten sich versteckt zu halten, um nicht entdeckt zu werden in ihrem gesuchten Unterschlupf und da sich Bucky nicht verwandeln konnte, blieb er auf Distanz. Seine erste Priorität war die Sicherheit seines Gleichen und Steve verstand dies nur zu gut. Er war froh, dass wenigstens Tasha ab und zu vorbeikam und Bucky sich nicht gänzlich abgeschnitten fühlen musste. Tasha hatte sich recht schnell angepasst und Steve fragte sich stets, wo sie ihre Kleidung herbekam, die sie bei ihren Besuchen immer trug, wirkten diese doch unerwartet modebewusst und sie recht selbstsicher darin. Kein Anzeichen dafür, dass sie nicht eine ganz normale New Yorker Bürgerin wäre. Ein Blick auf die Uhr sagte Steve, dass es kurz vor Neun war, als ein deutliches Knurren von seinem Magen ihn darauf verwies, dass dieser auch seine Zuwendung brauchte. Er holte das braune Plastikröhrchen aus einem der in der Küche angebrachten Hängeschränke und schaute einen kurzen Augenblick erwartungsvoll darauf. Seit gut drei Tagen nahm er diese Pillen ein und er hoffte, dass diese neue Variante auch den gewünschten Effekt mit sich bringen würde. Bucky hatte sich den ganzen Tag über nicht weiter gezeigt und auch nur wenig von dem gegessen, was Steve ihm gebracht hatte. Er schlief die meiste Zeit und Steve störte ihn nicht dabei. Manchmal brauchte man solche Phasen einfach. Er hatte sich indes mit anderen Dingen in ihrem Apartment beschäftigt, da er Bucky in solch einem angreifbaren Zustand auch nicht gänzlich allein lassen wollte. Er hatte mit Peggy telefoniert, die ihm davon erzählte, dass sie einen alten Bekannten getroffen habe. „Kannst du dich an Gilmore Hodge erinnern?“, hatte sie mit merklicher Kälte in der Stimme gefragt, denn sie beide wussten wohl wer Gilmore Hodge war. Steve hatte das erste Mal in der High School mit ihm Bekanntschaft machen dürfen, als dieser versuchte, ein eingeschüchtert wirkendes Mädchen von sich zu überzeugen, und der trotz ihrer dünnen aber dennoch vorgebrachten Ablehnung, einfach nicht aufgeben wollte. Steve hatte ihn daraufhin darauf verwiesen, dass er ihre Antwort respektieren sollte und sie war davongehuscht, als Hodge ihm ein blaues Auge verpasste. Seit diesem Vorfall war er der regelmäßigen Anfeindung von Hodge und seinen ebenso einfachstrukturierten Kumpanen geworden. Dies fand erst ein Ende, als er sich mit Peggy das falsche Ziel einer dummen Anmache gesucht hatte, und sie ihm ohne viel Drum rum eine verpasste. Hodges war danach das Gespött der Schule geworden und hielt sich von da an nur noch im Hintergrund auf. „Er kam in Angies Café und ich erkannte ihn sofort wieder. Ich versteckte mein Gesicht hinter der Karte und ob du es glaubst oder nicht, er machte sich sofort an Angie ran. Er war genau derselbe schmierige Charakter wie damals. Du hättest seinen Blick sehen sollen, als ich ihm sagte er solle sie in Ruhe arbeiten lassen und er sich daraufhin mir zuwandte. Er sah aus, als habe er den Geist von Elvis gesehen.“ Peggy lachte amüsiert und Steve tat es ihr gleich. „Er war ziemlich schnell wieder auf und davon. Schade eigentlich, denn ich hätte ihm gern meinen verbesserten linken Haken gezeigt.“ Und ja, das war eindeutig Peggys Temperament, wenn es um diese Art von Mitmenschen ging. „Wie geht es Bucky?“, hatte sie sich in wesentlich einfühlsameren Ton nach dieser kleinen Anekdote erkundigt und Steve erzählte ihr von seinem derzeitigen Zustand. „Das kann ich verstehen. Es würde mir nicht anders gehen.“ Sie war noch eine gute Weile skeptisch geblieben, was Bucky betraf und Steve verstand ihre Einstellung, hatte sie die ihm zugefügten Verletzungen nicht einfach so vergessen gehabt. Aber sie verstand mit der Zeit ebenso, wie wichtig Bucky ihm geworden war und vertraute ihm schließlich, dass er für sich das Richtige tat. „Er ist ein hübscher Kerl, das kann man nicht abstreiten.“ Hatte sie ihr Einverständnis zu verpacken gewusst und Steve dabei wohlwollend in die Seite geknufft. Den Rest des Tages verbrachte er mit Lesen, Zeichnen, Kochen und damit, eine Serie auf Netflix anzufangen, die ihm Clint empfohlen hatte. Irgendetwas mit einem blinden Rechtsanwalt, dessen alter Ego sich der aktiven Verbrechensbekämpfung verschworen hatte. Und da er eh nichts weiter zu tun hatte, war es einen Versuch wert. Gut zwei Stunden später, drang ein dumpfes Poltern an Steves Ohren, das er dem Schlafzimmer zuordnen konnte, was ihn sich sofort in Bewegung setzen ließ. Mit einem besorgen Vorbringen von Buckys Namen, trat er in das halbdunkle Zimmer, wo sein erster Blick auf das zerwühlte Bett fiel, das jedoch vollkommen leer war. Steves Blick schweifte rasch durch den restlichen Raum. In einer Nische zwischen einem mordenden, weiß lackierten Sideboard und der Außenwand sah er die zitternden Ansätze von Buckys kauerndem Körper. Steve überkam der Impuls sofort zu Bucky hasten zu wollen, doch er erinnerte sich daran, dass Bucky in plötzlichen Überraschungsfällen meist dem Instinkt seiner wilden, tierischen Seite folgte. Er verspürte ausreichend Anspannung, um die bekannten Katzenmerkmale zum Vorschein gebracht zu haben. Somit näherte er sich Bucky sachte, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine Bewegungen auch alle nachvollziehen zu können. Doch kaum, dass er vor Bucky stand war klar, dass dieser ihn gar nicht wahrnahm. Buckys Atmung ging stockend und seine Augen waren starr und gaben etwas Distanziertes wieder, während er sich apathisch hin- und herwiegte. „Bucky?“, versuchte es Steve erneut, was Bucky nicht aus seiner Starre brachte, sondern ihn nur abgehakt mit dem Kopf schütteln ließ, als wäre Steves Stimme etwas, das er versuchte zu vertreiben. Steve war einen Moment lang ratlos, wie er vorgehen sollte, ohne Bucky noch weiter aufzuwühlen. Dann erinnerte er sich daran, dass Bucky Blues zu mögen schien, zumindest hatte es damals den Eindruck auf ihn gemacht und es konnte nicht schaden, dieser Eingebung nachzugehen. Er hatte den passenden Internetradiosender dazu auf seinem Laptop, den er aus dem Wohnzimmer holte und auf dem Bett platzierte, worauf wenig später, leise die typischen Klänge eines Pianos und anderer harmonierender Instrumente den Raum erfüllten. Steve selbst setzte sich Bucky gegenüber und da er einfach das Bedürfnis von einer physischen Verbindung in sich spürte, schob er seine eigenen nackten Füße an die von Bucky heran, bis sie sich berührten und er seine Zehen leicht über dessen Knöchel streifen ließ. So vergingen ein paar Minuten. Buckys Zittern versiegte und seine Atemzüge wurden tiefer und durchgehender. Was Steve jedoch ein Schmunzeln bescherte war, das nun rhythmische Hin- und Hertänzeln von Buckys Schwanz zur Melodie des gerade laufenden Songs. „Bucky?“ Und wie um sich wach zu bekommen, blinzelte dieser nun mehrmals und das Hin- und Herwiegen seines Körpers stoppte. „Alles in Ordnung?“ Bucky schaute ihn an, wirkte aber immer noch etwas abwesend. Dann begannen sich dessen Nasenflügel deutlich zu bewegen, als habe er Witterung von etwas aufgenommen. Bucky befand sich mit einem Mal in Aktion, indem er sich zuerst nach vorn lehnte und dann dazu überging sich so zu positionieren, dass er sich auf seinen Knien und auf die rechte Hand gestützt vor Steve befand. Und wie die übergroße Katze, die er war, bewegte sich Bucky auf ihn zu, bis er Steve regelrecht in den Schoß krabbelte, was diesen sich etwas überfordert gegen das Bett sinken ließ. Bucky schob seine Nase gegen Steves Halsbeuge und Steve wurde warm. Es war ein neckendes Kitzeln, das diese anhaltende Geste mit sich brachte. Gefolgt von Buckys rauer Zunge, die in katzentypischer Manier in eine Art Putzen überging, verbunden mit einem basstiefen Schnurren, das auch durch Steves Körper vibrierte. Es war eine verspielt anmutende Situation, die Steve letztendlich doch unterbrechen musste, da sich die von Bucky geleckte Haut langsam etwas geschunden anfühlte unter der kratzigen Zuwendung. In einem nun fast schon eigenständigen Ablauf, legte er seine Hände sanft an Buckys Gesicht und zwang ihn mit vorsichtigem Nachdruck ihn anzuschauen. „Hey Bucky, wie geht es dir?“ Bucky wirkte etwas konfus. Ob auf die ihm gestellte Frage oder auf die Situation an sich, war unklar. Bucky drehte leicht seinen Kopf in Steves Händen und leckte dessen Daumen. „Hey, bitte konzentrier dich. Kannst du das für mich tun?“, forderte er ihn ohne seine Stimme anzuheben auf, was Bucky dazu übergehen ließ, seinen Kopf nun gegen dessen linke Hand zu pressen und ihn leicht dagegen zu bewegen. „Versteh schon.“, schmunzelte Steve und kraulte Bucky hinter den Ohren. So wie dieser es am liebsten hatte. „Dein Geruch hat sich geändert.“ Buck lehnte sich nun gänzlich gegen Steve, wo er erneut dessen Hals entlang schnüffelte. „Ich habe es vermisst.“ Steve sah dies als Bestätigung, dass seine neuen Pillen ein Erfolg waren. Er würde Bruce später darüber in Kenntnis setzen. Jetzt jedoch hatte Bucky erst einmal Vorrang. „Ist wieder alles in Ordnung mit Dir? Du warst ziemlich abwesend, als ich dich auf dem Boden vorfand. Schlecht geträumt?“ Bucky drängte sich mehr an Steve und wühlte sein Gesicht in dessen Shirt. „Ich war zurück im Käfig. Ich hörte die anderen schreien. Ich roch ihr Blut und die toten Körper, derer, die nutzlos für sie waren.“ Buckys Stimme zitterte und Steve hatte nur den wagen Horror vor Augen, von dem, was Bucky ihm gerade anvertraute. Tashas Worte hallten nur zu deutlich in seinem Kopf wieder. „Ich war anders und doch nicht gut genug. Sie wollten immer mehr. Sie hörten nicht auf danach zu suchen.“Bucky lehnte sich ein Stück auf Steve zurück und griff nach einer seiner Hände, die er zu einer Stelle kurz unter der linken Seite seines Brustkorbes führte. Er dirigierte Steves Finger so, dass sie über eine grobe, längliche Vernarbung strichen. „Ich erinnere mich genau daran. Ich habe es gesehen, als sie mich aufgeschnitten haben. Sie wollten, dass ich es sehe und dass ich es spüre. Und ich wünschte mir nur, ich könnte zu den anderen, zu denen, die schon gegangen waren.“ Steve merkte, dass sich seine Kehle trocken anfühlte und sein Zorn über diese Taten sie nur noch mehr zum Brennen brachte. Bucky schmiegte sich wieder an ihn, ungestört dessen, dass Steves Hand nun flach auf seinem Bauch ruhte. Steve fand keine Worte etwas Angebrachtes wiederzugeben und somit blieb es vorerst still, bis auf das leise Fließen der noch immer spielenden Musik. Das leichte Zusammenrutschen von Buckys Körper ließ Steve annehmen, dass dieser eingeschlafen war. Steve strich ihm sacht über die dunklen Haare. „Ich wusste, du würdest zurückkommen.“, hörte er Bucky verschlafen murmeln, der sein Gesicht unter einem leicht schmatzenden Laut wieder in Steves Halsbeuge vergrub. Steve würde sich am nächsten Morgen der ungünstigen Position mehr als bewusst werden, in der er mit Bucky auf sich eingeschlafen war. Dem würde ein zugetanes Lächeln folgen, über den Schoß voll übergroßer, schlafender Katze, die so zufrieden wirkend in sein Shirt sabberte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)