Expect the unexpected von Aka_Tonbo (Steve/Bucky) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Ein Woche darauf, war es soweit. Steve hatte mit der Hilfe von Sam, die nötigsten Räumlichkeiten gesäubert und kleinere Reparaturen vorgenommen, sodass sie nun ein paar der Zimmer mit seinem Hab und Gut bestücken konnten. Peggy und Angie hatten sich der Küche angenommen, aus welcher gerade erheitertes Frauenlachen zu hören war. Peggy hatte Angie über ihre Arbeit in einem kleinen, individuellen Café kennengelernt, das sie des Öfteren besuchte, und hatte sich mit ihr angefreundet. Steve lernte Angie als eine Frau kennen, die ebenso wusste was sie wollte und damit nach und nach Peggys Herz erobert hatte. Sie waren nun seit gut einem Jahr zusammen und er gönnte Peggy ihr Glück aus ganzen Herzen. Die beide passten einfach nahtlos zusammen. Er und Sam kümmerten sich derweilen um die Möbel. Während Phil über das Koordinieren der Kisten und anderer Möbelstücke Tony beaufsichtigte, damit dieser keinen zu großen Unsinn anstellen konnte. Auf dem Weg hinauf in sein Schlafzimmer, in welches sie eine etwas sperrige und massive Kommode zu tragen gedachten, fiel Steve Tonys Geschenk auf, das dieser erst vorhin auf dem Kaminsims platziert haben musste. Steve zog seine Augenbrauen abermals skeptisch zusammen, als er es musterte. Er war im wahrsten Sinne sprachlos gewesen, als Tony ihm dieses Stück Kunst überreicht hatte. Tony war dafür bekannt, Leute, ob nun Freunde oder Fremde, gern etwas auf die Schippe zu nehmen. Steve war sich jedoch nicht wirklich sicher, ob dieses Geschenk auch darunter zählte oder Tony es damit vollkommen ernst meinte. „Es passt sicherlich wunderbar auf den Kaminsims.“ Hatte dieser überzeugt gemeint. „Ich weiß ja um deinen Faible für Kunstwerke und dies hier ist ein Einzelstück.“ Tony war auf Steves Unvermögen, sich dazu zu äußern, mit einem „Nein, nein, nichts zu danken.“ an ihm vorbei gerauscht, um das Haus einem genaueren Blick zu unterziehen. Das Problem war nicht, dass Steve etwas gegen diese Art von Dekoration hatte, nur musste es nicht ausgerechnet eine weiße Marmorbüste von Antony Stark sein. Und er war sich sicher das, wäre Pepper nicht auf einer Business Tour in Kyoto, sie ihn auch davon abgebracht hätte. Etwas geschafft schoben er und Sam die Kommode an ihren vorgesehenen Platz, worauf sich Sam ein paar Schweißperlen von der Stirn wischte und sich mit dem Rücken gegen das Möbelstück lehnte. „Warum ist Stark noch mal hier? Hab nicht gesehen, dass er auch nur ein Teil hereingetragen hätte? Aber anscheinend ist sein Ego schon Last genug.“ „Hey, das hab ich gehört!“ Tony trat nun auf sie zu und reichte ihnen, zu Sams Überraschung, sogar zwei Flaschen mit Wasser. „Ich bin überwältigt.“, meinte Sam in einem aufziehenden Ton, und reichte eine der Flaschen an Steve weiter. „Ich weiß, dass du einfach zu begeistern bist Wilson.“ Sam gab auf diesen Kommentar von Tony einen wenig amüsierten „Tsk“-Laut von sich und widmete sich seinem Wasser. „Und hast du dir mein Angebot überlegt? Ich könnte dir dieses Haus im Nu uneinnehmbar machen. Nicht das uns ein nackter Landstreicher unseren Steven wegholt und an einen Jahrmarkt verkauft.“ Steve bereute es kurzerhand, dass er diese Story erzählt hatte. Er hätte sich denken sollen, dass dies, ein guter Grund wäre, um Tonys kindlichen Trieb, alles mit Technik ausfüllen zu wollen, erneut anfachen würde. „Ich denke, ein paar neue Schlösser an den Türen und neue Verriegelungen an den Fenstern reichen zu.“, ließ er Tony nicht zum ersten Mal wissen, was dessen vorfreudiges Grinsen dennoch nicht zum Schwanken brachte. „Ok, das ist kein Problem, überlass mir das Ganze und du…“ „Tony, ich habe schon jemanden damit beauftragt. Außerdem möchte ich vermeiden, die halbe Nachbarschaft gegen mich aufzubringen, wenn eine deiner Spielereien sich wieder selbständig macht.“ Tony ging dazu über eine Schnute zu ziehen. „Das war ein Mal!“ Steve schenkte ihm einen ermahnenden Blick. „Ok, vielleicht zwei oder drei Mal, aber das ist doch das Interessante an solchen Dingen. Sie sind immer für eine Überraschung gut.“ „Sag das den Leuten, die eine halbe Stunde in deinen Firmenfahrstühlen festsaßen und AC/DC auf Konzertlautstärke ertragen mussten. Oder dein Ultron Programm, das die Leute zwei Tage lang nicht aus dem Gebäude gelassen hat, weil es der Meinung war, dass sie ein Virus wären. Und nicht zu vergessen…“ „Ist ja schon gut. Ich gebe zu, dass nicht immer alles perfekt läuft, aber zu meiner Verteidigung, niemand ist gezwungen für mich zu arbeiten. Es steht jedem frei, seinen Job bei Stark Industrie zu kündigen, wenn sie ein paar Lappalien derart ernst nehmen müssen. Außerdem, habe ich ein neues Projekt, an dem ich momentan arbeite. Und diesmal wird es garantiert ein Erfolg. Dagegen ist Ultron nicht mehr als ein Kinderspiel. „Das mag ja sein, aber ich fühle mich dennoch sicherer, wenn dieses Haus auf gut alte Art und Weise abgesichert wird. Ohne Computer, Laser oder umherfliegende Drohnen die, einen mit Elektroschocks versehen.“ Tony schaute Steve entgeistert an, gab aber schließlich ein resigniertes Seufzen von sich. „Rogers, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen du kommst gradewegs aus dem Mittelalter. Aber gut, dann bleibe bei Mistgabel und Fackel, wenn es drauf ankommt. Solltest du deine Meinung noch ändern, du weißt ja wie ich zu erreichen bin.“ Steve schenkte Tony ein Lächeln, das sagte, dass er auf keinen Fall auf sein Angebot zurückkommen würde.“ „Dinosaurier.“, murrte dieser bockig und begab sich unter ständigen Gebrummel wieder nach unten. Dass Tony und er Freunde waren, erschien manchmal eher als eine kosmische Eigenheit. Nicht weil er ihn nicht schätzte. Er selbst sah sich als einer der unvoreingenommensten Menschen, hielt er nicht viel von Vorurteilen, wenn er sein Gegenüber nicht weiter kannte. Tony war der Sohn von Howard, und Howard war einer der engsten Freunde von Dr. Erskine gewesen. Dennoch hatte er Tony erst einige Jahre später kennengelernt, als dieser von einem Internat im Ausland wieder zurück nach New York gekommen war. Ihr erstes Zusammentreffen war von Tonys arroganter Aura und seinem schnippischen Kommentaren bestimmt. Ein Umstand, der ihn zuerst, zukünftigen Abstand hatte halten lassen wollen. Doch über die Zeit konnte er lernen, warum Tony solch einen Wall aus nerviger Spitzfindigkeit und gefälschter Gleichgültigkeit um sich herum hochgezogen hatte. Nach dem Tod seiner Eltern, versuchte er ihm als Freund so gut es ging beizustehen, auch wenn es ihm, durch seine Auslandseinsätze, nur über die Distanz möglich gewesen war. Tony hatte ihn regelmäßig angemault, dass er in Ordnung wäre und keinen Panzer stämmenden Babysitter brauche. Steve war froh gewesen, dass Tony noch Pepper und Rhodey an seiner Seite hatte. Freunde, die ihn zu etwas mehr Vernunft bewegen konnten, wenn er sich im Stillen der Last seiner neu aufgekommenen Verantwortung zu sehr bewusst geworden war und diese versuchte in kostspieligem Alkohol aufzulösen. Das lag nun fast fünf Jahre zurück. Tony war zwar nicht unbedingt feinfühliger geworden, aber er behandelte andere Menschen nicht mehr wie ein notwendiges Übel. Und er wusste, dass Tony Sam ebenso als einen Freund ansah, auch wenn er versuchte, es nicht so durchscheinen zu lassen. Gut nur, das Sam eine der gelassensten Personen war, die er kannte und er recht schnell mit Tonys Allüren zurechtgekommen war. Sie hatten den Truck so gut wie ausgeräumt und sämtliche Möbel soweit im Haus verteilt, das man davon sprechen konnte, dass schon ein wenig Gemütlichkeit herrschte. „Ich kann dir gern dabei behilflich sein, wenn es um das Streichen der Zimmer geht. Ich habe mir ein paar Tricks angeeignet, als ich im Haus meiner Schwester sämtliche Räume nach ihren Wünschen mit Farbe versehen durfte.“, brachte Phil sein Angebot vor, als sie sich alle in der Küche versammelten und lächelte bescheiden, als Steve ihm seine Aufmerksamkeit schenkte. „Ich hatte nicht nur einmal den Gedanken, dass Bob wohl doch eher freiwillig auf Geschäftsreise ging, als seiner schwangeren Frau und ihren ständig wechselnden Renovierungswünschen ausgesetzt zu sein.“ Steve schmunzelte mitfühlend. „Ich komme gern darauf zurück.“ Steve war gerade dabei, mit seinen Freunden und den ausgegebenen Flaschen Bier auf die getane Arbeit anstoßen zu wollen, als ein kurzes Räuspern vom Küchendurchgang her, sämtliche Blicke auf den dort stehenden jungen Mann richten ließ, der etwas nervös auf die Gruppe am Küchentisch schaute. Steve erkannte den Jungen, der vor seinem Haus mit dem Skatboard gestürzt war. „Uhm hi…“ gab dieser unsicher von sich. „Die…die Vordertür war offen und ich, naja ich hab geklopft, aber… die Klingel scheint nicht zu funktionieren und da ich Stimmen hörte. Uhm…also Tante May meinte, ich sollte…sie hat etwas zubereitet und…“ Der Junge hob erklärend die rechteckige Dose in seinen Händen an und Steve trat mit einem seichten Lächeln auf ihn zu. „Dann bist du sicherlich ihr Neffe, oder?“ Der Junge schaute Steve nun etwas erleichtert an. „Uhm ja, ich bin…ich bin Peter.“ „Ok Peter, freut mich offiziell deine Bekanntschaft zu machen.“ Steve streckte ihm die Hand entgegen, was Peter etwas unbeholfen mit der Dose hantieren ließ. „Oh.“ Steve zeigte an, dass er ihm diese abnehmen wollte und Peter drückte sie ihm schließlich in die Hand, worauf Steve sie zur Seite stellte. Er schüttelte Peter die Hand und wendete sich dann wieder den anderen zu, um auch den Rest der Gruppe vorzustellen. Wie sich herausstellte, hatte ihnen Mrs. Parker einen wirklich fantastischen Apfelkuchen gebacken. Apfelkuchen war eine Schwäche von Steve, die er nie zu verstecken im Stande war. Peter hatte etwas von seiner Befangenheit verloren und befand sich in einem Gespräch mit Tony, oder eher gesagt, redete nur Tony und Peter nickte, wenn es angebracht erschien. Sam, Angie, Phil und Peggy verfolgte das Ganze mit einem amüsierten Ausdruck. Steve war gerade dabei die Dose aufwaschen zu wollen, um sie Peter sauber wiedergeben zu können, als plötzlich Chocolate neben ihm auf die Küchenzeile sprang und Steve beinahe einen Herzinfarkt damit besorgte, worauf er die Dose beinahe zurück ins Spülbecken fallen ließ. „Meine Güte, Chocolate, erschreck mich nicht so!“, murrte er, während das Zwicken in seinen Nervenenden, das solch einem Schreck beiwohnte, langsam wieder abklang. Chocolate schaute wie zu erwarten ungerührt von Steve, zu den anderen im Raum. Sie ließ ihre Münzgrauen Augen augenscheinlich analysierend über die Fremdlinge wandern. „Wusste gar nicht, dass du schon ein Haustier hast.“ Peggy erhob sich, um sich Chocolate näher ansehen zu wollen. „Vorsicht!“, kam es von Steve und Peter gleichzeitig, was Peggy mit einer hochgezogenen Augenbraue erwiderte. „Sie ist nicht grad der Schmußetyp.“, informierte Peter sie, was Peggy jedoch nicht einzuschüchtern vermochte, begab sie sich nun mit Chocolate auf eine Augenhöhe. Steve hielt automatisch die Luft an. „Ungewöhnliche Augen.“, stellte sie fest, und wagte es tatsächlich ihre Hand dem Tier entgegenzubringen. Chocolate schaute weiter stur in Peggys Gesicht, ließ aber ihren Schwanz nun etwas energischer hin- und herschweifen. Steve hatte noch immer keine Ahnung von Katzen, aber ihm entging dennoch nicht, wie sich Chocolates Pupillen mit einem Male weiteten und er gerade so noch verhindern konnte, dass deren Krallen unschöne Kratzer auf Peggys Wange hinterließen. Stattdessen hatte er nun drei feine, rote Linien auf seinem Unterarm, die zu bluten begannen. Mit einem leisen Zischen griff er nach dem Geschirrtuch und drücke es darauf. „Alles ok?“ Peggy klang entschuldigend, als sie das Handtuch zur Seite schob und auf die Kratzer blickte. „Hab schon schlimmeres durchgestanden.“ Es war nicht wirklich der Rede wert, jedoch nichts, was man in einem hübschen Gesicht herumtragen sollte. „Uhm…hier.“ Peter reichte ihm eine kleine Plastikflasche auf der zu lesen war, dass es sich um ein Desinfektionsmittel handelte. „Skatboard.“, meinte er auf die fragenden Blicke und zuckte dabei in einer selbstverständlichen Geste mit den Schultern. „Danke.“ Das Brennen steigerte sich um ein weiteres, als er das Spray auf seine Wunden brachte, aber er würde definitiv nicht daran sterben. Steves Blick wanderte nun zurück zu der Stelle, wo Chocolate gesessen hatte, und tatsächlich war diese immer noch da und machte auch nicht den Eindruck, als würde sie etwas bereuen. *** Es regnete in Strömen und Steve musste feststellen, dass das Dach des Hauses stellenweise nicht mehr ganz seine Aufgabe erfüllte. Er gab zu, dass er gar keinen Gedanken daran verschwendet hatte, sich nach dessen Zustand zu erkundigen. Es war eher eine Eingebung gewesen, dies zu überprüfen, als der Regen an Intensität zugenommen hatte. Zum Glück war es nicht so arg, dass der Regen schon durch die Dielen des Dachbodens zog und weiteren Schaden anrichten konnte. Der Wind entlockte den hölzernen Schindeln ein leises Klappern, verbunden mit einem übermütigen Heulen, wenn dieser durch die undichten Stellen im Dachstuhl huschte. Das Krachen von Donner schloss sich an, was das Licht der nackten Glühbirnen unruhig flackern ließ. Sobald das Unwetter aufgehört hatte, würde er sich um die Reparaturen kümmern, aber jetzt konnte er nicht viel tun, außer ein paar alte Blumentöpfe aus einer Ecke zu holen und sie unter die undichten Stellen zu schieben. Ein weiterer heftiger Donnerschlag und Steve stand leise murrend im Dunkeln seines Dachbodens. Die Leitungen waren ebenso eine Sache, die es zu erneuern galt, aber er hatte gehofft, dass er sich vorerst noch auf andere Dinge konzentrieren konnte. In Ermangelung einer Taschenlampe und dem Zurücklassen seines Handys im Wohnzimmer, versuchte er sich vorsichtig zur Bodenluke zurückzutasten, darauf bedacht, nicht haltlos hindurchzufallen, sollte er sich einen Fehltritt erlauben. Das Holz unter seinen Füßen knarrte und der Wind und der Regen jagten mit Donner und Blitzen einher. Steve steuerte diesem Ensemble ein blechernes Scheppern bei, als sein Fuß mit einem Male gegen irgendetwas stieß und es hörbar zu Fall brachte. „Na großartig.“, maulte er verdrossen und schob sich auf seinen Füße vorsichtig weiter. Zum Glück entging er dem Missgeschick Hals über Kopf in die darunterliegende Etage zu poltern und schlich weiter in Richtung Wohnzimmer. Er fand sein Handy auch genau dort, wo er es hatte liegen lassen und machte sich mit dessen Beleuchtung, auf den Weg zum Sicherungskasten, der, wie üblich, im Keller des Hauses seinen Platz hatte. Er konnte froh sein, wenn er sich nicht wirklich noch etwas brechen würde an diesem Abend. Etwas missmutig zog er seine Augenbrauen zusammen, als auch das Bewegen der einen oder anderen Sicherung keinen Erfolg mit sich brachte. Ein Blick aus dem schmalen Kellerfenster zeigte ihm jedoch, dass die komplette Nachbarschaft ohne Licht war und es somit nicht nur an seinen Leitungen liegen konnte. In diesem Falle würde er einfach abwarten müssen. Ein kurzes Gleisen erhellte die Umgebung und Steve fing eine hastige Bewegung, nicht unweit von seinem Kellerfenster ein, die ihn glauben ließ, die nackten Füße einer Person vorbeieilen gesehen zu haben. Sofort kam ihm wieder die Geschichte ein, die ihm Mrs. Parker erzählt hatte und ohne weiter Zeit zu verschwenden, hasstete Steve aus dem Keller und zur Hintertür in der Küche des Hauses, die sich recht nahe an besagten Kellerfenster befand. Rasch öffnete er die Tür und spähte hinaus. Jedoch erschwerte ihm die Witterung und die Dunkelheit eine ausreichende Sicht. Sollte es womöglich dieser merkwürde Landstreicher gewesen sein, der versuchte sich hier Zugang verschaffen zu wollen? Dachte er womöglich, ihn würde niemand bemerken, nun wo der Strom ausgefallen war. Wäre er am Ende sogar zu Gewalt bereit, weil sich jemand seinen Unterschlupf angeeignet hatte. Das Letzte, was Steve wollte, war eine Auseinandersetzung und dass irgendwer verletzt werden könnte. Erneut zuckte ein Blitz auf, doch Steve erkannte auch im kurzen Schein, der damit einherging, nichts Ungewöhnliches. Mit einem Raunen trat er zurück ins Haus, um die Tür wieder schließen zu können. Dieser Abend hatte bis jetzt nicht gerade etwas Entspannendes. Ein schmerzerfülltes Zischen rutschte ihm über die Lippen, als er mit seinem Knie gegen eine Ecke der Küchenzeile stieß und er schon drauf und dran war, einfach ins Bett gehen zu wollen, bevor er sich noch mehr blaue Flecke zuziehen würde. Er befand sich auf halben Wege die Treppe hinauf, als ein kurzes Klicken zu hören war und das Licht, wie auch der Fernseher sich wieder erhellte und die Stille mit leisen Gelächter irgendeiner Unterhaltungsshow unterbrochen wurde. Dennoch fühlte er sich nun recht müde und würde seinem Plan, zu Bett gehen zu wollen, weiter beibehalten. Seine Schritte führten zum Fernseher, den er abschaltete. Mit einem Gähnen wendete er sich wieder um, nur um daraufhin auf ein dunkles Knäul aus nassen, schmutzigem Fell zu blicken, das sich wie selbstverständlich auf der Couch langgemacht hatte. Sie musste sich vorhin durch die Hintertür gestohlen haben. Steve sah die grauen Pfotenabdrücke auf dem Boden, dem vor der Couch befindlichen Teppich und nicht zu Letzt auf der Creme-farbenden Couch selbst, mit der er die Vorhergehende ersetzt hatte. Der Geruch von nassen Fell stieg ihm in die Nase und hätte er es nicht besser gewusst, hätte er gemeint Chocolate würde ihn angrinsen, über die von ihr gemachte Sauerei. „Das ist doch nicht dein ernst, oder?“ Chocolate setzte an, sich seelenruhig eine ihrer Vorderpfoten zu putzen. Steve fühlte sich einen Moment lang beinahe veralbert. Er könnte sie aufjagen und zurück in den Regen scheuchen, aber das brachte er auch nicht übers Herz. Doch wenn er seine Polster noch retten wollte, sollte er sie schnellst möglich reinigen und vermeiden, dass Chocolate sich dabei einen neuen Platz zum einsauen suchte, bevor sie wieder trocken und sauber wäre. Steve kam ein Gedanke. Aber er musste gezielt und geschickt vorgehen. Er verließ das Wohnzimmer, ohne sich noch einmal geäußert zu haben und Chocolate schaute ihm möglicherweise skeptisch nach, über sein wortloses Entfernen. Fünf Minuten später, schlich er sich wieder an und späte prüfend in Richtung Couch, ob Chocolate noch immer dort saß. Diese schien ihn nicht zu bemerken. Gut so, dachte Steve und pirschte sich weiter. In seiner Hand ein großes blaues Frottierhandtuch, das er aus dem unteren Badezimmer geholt hatte. Es war nicht ganz einfach Chocolate in einer raschen Aktion in das Handtuch zu wickeln, zeigte sie sich, wie zu erwarten, äußerst unwillig über diesen Hinterhalt. Doch er hatte sie so erwischt, dass sie ihre Beine und damit auch ihre Krallen nicht zum Einsatz bringen konnte und Steve brachte das widerspenstig ruckende Bündel ins Bad. Mit einem Hüftstoß ließ er die Tür ins Schloss fallen. Er hatte ein paar wenige Zentimeter Wasser in die Wanne gelassen, nur so viel das Chocolates Pfoten und die Ansätze des langen Fels an ihrem Bauch damit in Berührung kommen würden, um den dort befindlichen Schmutz lösen zu können. Er mochte zwar keine Ahnung von Katzen haben, aber auch er wusste, dass sie Wasser in abrupten, großen Mengen nicht mochten, weswegen er es auch so schonend wie möglich anging. Chocolate zappelte nun noch etwas mehr, hatte sie wohl so eine Idee, was sie erwarten sollte. Steve fand es erstaunlich, wie solch ein kleines Tier zu solcher Kraft finden konnte, hatte er zu tun, dass er sie in seinem Griff zu halten. Mit Bedacht ließ er sie in die Wanne nieder und ließ sie die letzten wenigen Zentimeter aus dem Handtuch rutschen, sodass sie auf ihren Pfoten im Wasser landen würde. Doch so wie es aussah, hatte er das Ganze etwas unterschätzt, dachte Chocolate nicht daran sich dieser ganzen Aktion einfach so zu fügen. Sobald sie mit dem Wasser in Berührung kam, ging sie in ein hektisches Toben über, und wollte schnellst möglich wieder raus aus diesem Behältnis. Das Einzige, was sie jedoch erreichte war, dass sie am glatten Rand abrutschte und schließlich vollständig im Wasser landete, was sie nur noch verrückter werden ließ. Und in seiner Erkenntnis, dass er dem Tier mehr Stress zugefügt hatte, als etwas Positives bewirkt zu haben, griff er nach dem nun völlig durchweichten Fellträger, um ihn aus dieser unschönen Situation heraus zu manövrieren. Chocolate war alles andere als dankbar. Sie kratzte und biss, was Steve angespannt zischen ließ, er jedoch nicht daran dachte, sie nun einfach fallen zu lassen. Er setzte sie auf dem Wannenvorleger ab und griff nach einem neuen Handtuch, um Chocolate damit trocken rubbeln zu können. Und zu seinem Erstaunen, ließ diese es nach ein paar Augenblicken, der anhaltenden Gegenwehr, mit sich geschehen. Ein amüsiertes Schmunzeln trat auf Steves Lippen, als er das nun recht aufgebauschte Bündel Katze vor sich betrachtete und diese nun gleich doppelt so plüschig wirkte als sonst. Chocolate schien seine Erheiterung zu bemerken und schenkte ihm einen äußerst missmutigen Blick. „Ach nun sei nicht so. Ich hatte es gut gemeint.“ Steves Ausdruck wurde sanfter. „Vermisst du die Leute, die sich sonst um dich kümmerten?“ Steve kam sich augenblicklich etwas albern vor, Chocolate solch eine Frage zu stellen, erhielt er als Antwort, eh nicht mehr, als dass sie ihn einfach nur weiter anschaute. Und je länger er in ihre Augen schaute, umso mehr spürte er ein merkwürdiges Empfinden in sich aufkommen. Ein leicht aufwühlendes Gefühl, wenn er es beschreiben müsste. Chocolate richtete sich schließlich auf und trappte zur Tür. Steve war sich der Bitte bewusst, oder in Chocolates Fall, wohl eher dem Befehl. „Zu Diensten Fräulein.“, meinte er während er ihr die Tür öffnete und sich sogar leicht in seinem Spaß verbeugte. Chocolate schenkte ihm einen weiteren abschätzigen Blick, bevor sie aus dem Raum stiefelte. *** „Guten Morgen, Captain.“ Steve rollte ein wenig mit den Augen, kombinierte dies aber mit einem leichten Lächeln, als er Jim und Gabe mit einem breiten Grinsen vor seiner Haustür begrüßen konnte. „Uns wurde zugetragen, es gäbe hier ein paar Dinge zu beheben.“ Mit einem bestätigenden Nicken bat Steve die beiden herein und führte sie erst einmal in Richtung Küche. „Ein paar der alten Schlösser und Verriegelungen sind eben schon etwas außer Form und Peggy bestand darauf, dass sie erneuert werden müssen.“ „Sorry, dass wir nicht beim Umzug behilflich sein konnten, aber trotzdem ne nette Hütte.“ gab Gabe von sich, während er sich interessiert umschaute. Steve holte zwei weitere Becher aus einem der Hängeschränke und füllte sie mit Kaffee. „Da gibt es nichts zu entschuldigen, Familie braucht schließlich auch ihre Zeit.“ Gabe und Jims Familie hatten sich über die Jahre eng angefreundet und Steve war der Letzte, der seine Freunde von einem gemeinsamen Familienurlaub abhalten würde, wegen eines Umzuges. Steve stellte die beiden Becher sowie Milch und Zucker vor seine Freunde. Er kannte Gabe und Jim aus seiner Zeit beim Militär, und auch wenn er ihr Vorgesetzter gewesen war, hatten sie und ein paar andere in ihrem Trupp eine freundschaftliche Bindung aufbauen können. Sie waren ein gutes Team gewesen. Umso mehr freute es ihn, dass seine Freunde nach dem Austritt nicht haltlos in die normale Welt hatten zukehren müssen, so wie es für so viele andere Soldaten oft der Fall war. Peggy hatte Beziehungen zu anderen Unternehmen, welche fähige Leute suchten und Steve hatte das Angebot weitervermittelt. „Hat euch die Nachricht erreicht, das Dugan einen Irish Pub aufmachen will?“ Jim gab ein amüsiertes Schnaufen in seine Kaffeetasse. “Irgendwie hatte ich nichts anders von ihm erwartet.“ „Der perfekte Ort um Montys Jungessellenabschied zu feiern. Auch wenn ich nicht glaube, das Sue davon angetan sein wird.“ Die drei Männer gaben ein wissendes Schmunzeln preis. „Noch sind es ein paar Monate bis dahin, und wenn er nicht aufpasst, ist seine Sue auf und davon. Hab gehört, er hat angefangen Schifferklavier zu spielen, und wenn er spielt wie er singt, dann läuft sie ihm sicherlich weg.“ Aus dem Schmunzeln wurde ein einheitliches Lachen. „Das wurde aber wirklich höchste Zeit. Diese Fenster könnte man ja mit einem Zahnstocher öffnen.“ „So ist das nun mal mit alten Häusern, also tobt euch ruhig aus ihr zwei. Ich lege meine Sicherheit getrost in eure Hände.“ Wie auf Knopfdruck straffte sich die Haltung von Jim und Gabe, worauf sie mit einem schnitten Salutieren ein „Zu Befehl, Captain!“ von sich gaben. Steve verließ mit einem leicht ergebenen Kopfschütteln den Raum. Auf dem Weg, die Treppe nach unten, entdeckte er Chocolate, die sich auf der untersten Stufe befand und nun ansetzte ihm entgegen zu kommen. „Guten Morgen, Hoheit.“, meinte er neckend, was ihm erwartungsgemäß nur einen sturen Blick einbrachte, als sie an ihm vorbeistieg. Sie schien ganz offensichtlich die Herrin des Hauses zu sein, machte sie zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass es nicht so wäre, selbst jetzt, wo er hier eingezogen war. Und so gesehen machte es ihm auch nichts aus. Bis jetzt hatte sie keinen großen Schaden angerichtet, bis auf die Sache mit der verschmutzten Couch. Chocolate ging schnurstracks in das Zimmer in dem Gabe und Jim zu tun hatten, was wohl einfach nur ihrer Neugier zuzuschreiben war. Sie tauchte stets auf, wenn neue Leute hier zu gegen waren, was Steve daran erinnerte, dass er seine Freunde wohl warnen sollte, das Chocolate recht wirsch auf Streichelversuchte reagierte. „Irgendwie kann das einen schon nervös machen.“ Gabe schaute von seiner Wasserflasche auf Chocolate, die die beiden auf Schritt und Tritt verfolgt hatte, bei ihrer Arbeit durch das Haus. „Sie ist etwas eigen, aber ansonsten.“ Steve erhob sich von seinem Platz am Küchentisch, wo er seine Freunde zu einer Pause aufgefordert hatte. „Wenn es in Ordnung ist, lass ich euch mal ne Weile allein, da ich noch ein paar Dinge zu besorgen habe. In der Zwischenzeit übergebe ich Chocolate das Kommando. Also keine Dummheiten Männer.“ Steve konnte gerade noch Unterbinden, dass man seinen Befehl abermals mit militärischer Inbrunst anerkannte. Es war ein angenehmer frühherbstlicher Tag, kein Grund die wenigen Blocks bis zum Supermarkt mit dem Auto zurückzulegen. Außerdem gab es ihm die Möglichkeit, sich seine Nachbarschaft etwas eingehender ansehen zu können. Er sah ein älteres Ehepaar, das in ihrem Vorgarten werkelte und schmunzelte erheitert, als die Frau im Vorbeigehen ihrem Mann einen Klapps auf den Hinter gab. Diese Art von Beziehung war immer wieder beneidenswert, vor allem, wenn sie in solch einen Alter noch derart harmonisch sein konnte. Ein Radfahrer rauschte an ihm vorbei, und er hörte kurz darauf das energische Bellen eines Hundes, den eine Frau in Jogging Montur an einer Leine führte. Sein Blick fiel wieder auf die Straße, wo eine in Eile wirkende Frau einen kleinen Jungen an der Hand führte, um diese überqueren zu wollen. Steve verfolgte wie der Junge alle Mühe hatte, Schritt zu halten und ihm auf halben Wege über die Straße, sein Plüschtier aus der anderen Hand rutschte. Der Frau schien es nicht aufgefallen zu sein, zog sie das nun zurückzerrende Kind weiter mit sich. Steve joggte auf das Plüschtier zu, als er verfolgen konnte, wie der Junge sich nun losriss und stur auf dieses zu rannte. Aus seinem Augenwinkel heraus, nahm Steve einen schweren, dunklen Wagen war, welcher auf diese Distanz kein Problem haben sollte, die Szene richtig deuten zu können. Dennoch erhöhte Steve sein Schritttempo. Die Frau war ebenso den Jungen nachgeeilt, der nun nach seinem Hasen griff und ihn an Ort und Stelle abzuputzen begann. Ein schrilles Hupen folgte, was den Jungen sein Spielzeug wieder erschrocken fallen lassen ließ. Noch rechtzeitig packte die Frau das Kind am Arm und zog es von der Fahrbahn, nur um daraufhin mit ansehen zu müssen, wie der protzige Oldtimer ohne Gewissen über den Plüschhasen fuhr und den Jungen damit in ein herzzerreißendes Weinen versetzte. „So ein Widerling.“, brummte Steve erzürnt und nahm schließlich das Stofftier von der Straße. Es war schmutzig und hatte ein, zwei aufgerissene Stellen. Nichts, was man mit etwas Geschick nicht wieder hinbekam. „Hey.“ Steve näherte sich dem Jungen und der Frau, die ihn gerade versuchte zu beruhigen. „Hey.“ Die Frau schaute ihn entschuldigend an, während sie liebevoll über die Wangen des immer noch weinenden Kindes strich. „Ich denke mit der richtigen, ärztlichen Versorgung ist er bald wieder fit.“ Steve hielt den Hasen behutsam in seinen Händen, was den Jungen mit einem Schniefen darauf schauen ließ. Die Frau nahm Steve das Plüschtier ab und schaute mit prüfendem Blick auf das Spielzeug. „Ich denke, der Onkel hat Recht. Wir machen ihn wieder gesund. Du hast doch diese Pflaster mit den Fußbällen darauf, ich denke Mr. Fluff freut sich darüber, wenn du sie mit ihm teilst. Außerdem möchte er nicht, dass du traurig bist.“ Die Frau lächelte den Jungen aufmunternd an. „Wir bekommen das wieder hin, Miles, ok?“ Die Tränen hörten nicht auf zu laufen, aber Miles nickte überzeugt, und die Frau erhob sich nun und schenkte Steve ein dankbares Lächeln. „Dieser Mann ist wirklich furchtbar.“, setzte sie an und deute mit einer Kopfbewegung in Richtung des nun außer Sicht geratenen schwarzen Wagens, während sie Miles wieder bei der Hand. „Danke für die Hilfe.“ „Kein Problem.“ Steve schaute noch einmal auf Miles. „Er ist ein tapferer Hase.“, meinte er zu ihm, was Miles erneute zustimmend nicken ließ. „Der Tapferste!“, gab er nun weitaus weniger geknickt von sich, was Steve ein erleichtertes Lächeln aufsetzten ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)