Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 73: Der Regenmacher 9 ----------------------------- 3. Mein Geburtstagsmorgen begann mit Selbstzweifeln. Ich wusste, das im Nebenzimmer Maria und Akira schliefen, und ich fragte mich, seit ich erwacht war, ob ich dem Jungen wirklich ein guter Vater war. Klar, der Kleine liebte mich abgöttisch. Das erste Wort, das er hatte sprechen können, war Papa gewesen, nicht Mama. Wenn ich in der Nähe war, war ich seine erklärte Nummer eins. Aber wofür? Ich war nicht dabei, als er geboren wurde. Ich hatte ihn nie gebadet, nie seine Windeln gewechselt, nie ihn einen ganzen Tag mit mir herumgetragen. Nun lief er schon selbst und wollte bestenfalls für ein paar Schritte auf meinen Arm. Und ansonsten? Die meiste Zeit verbrachte er, wenn er in Konoha und damit theoretisch bei mir war, bei meinen Eltern, damit ich "den Rücken für die Ninja-Geschichte" frei hatte. Aber war es wirklich das, was einen Vater ausmachte? Ich wusste es nicht, aber es fühlte sich in jedem Fall falsch an. Ich, der ich auf Missionen ging, war so richtig, und hunderte Shinobi machten es mir jeden Tag vor. Aber ihn zurückzulassen, nicht hier zu sein, ihn nicht jeden Tag zu begleiten, ihn aufwachsen zu sehen, all das zehrte mehr an mir, als ich öffentlich zuzugeben bereit war. Tatsächlich wusste ich, dass ich ein miserabler Vater war, dafür aber ein guter Schauspieler. Und mit Vater und Mutter hatte ich die besten Substituten, die ich mir wünschen konnte. Und wenn das nicht reichte, waren da immer noch Maria selbst, meine große Schwester, P-chan, Hana-chan und Karin. Aber wo war ich in der ganzen Geschichte? Ich war unzufrieden, das spürte ich jeden Moment. Ich hatte Aki-chan nicht gewollt, aber das hieß nicht, dass ich ihn nicht liebte. Da gab es keinen Zweifel. Wenn es jemanden gab, der mich manipulieren durfte, der von mir verlangen konnte, ohne zu geben, dann war es mein Sohn. Aber er gab mir dennoch so viel, obwohl er kaum etwas von mir erhielt. Es war schwer für mich, daraus schlau zu werden. Als ich das erste Mal die Augen aufschlug, war ich also achtzehn Jahre alt geworden. Und es war noch mitten in der Nacht. Halb drei Uhr morgens. Überhaupt nicht meine Zeit, aber einfach umdrehen und weiterschlafen konnte ich auch nicht. Also stieg ich aus dem Bett, zog leichte Kleidung an und verließ den Raum durch mein Fenster. 'Aniki?', klang Kishios verschlafene Stimme in meinem Geist auf. Seine sensorischen Fähigkeiten waren permanent aktiv und er registrierte jede Veränderung in seinem Umfeld. Diese Veränderung hatte ihn geweckt. Daran hatte ich nicht gedacht. "Schlaf weiter, Otouto", sagte ich leise, in der Gewissheit, dass ich die Worte auch dachte und er sie hören konnte. "Ich mache nur einen Rundgang." 'In Konoha der Frohsinn lacht, wenn Aniki einsam wacht', frozzelte Kishio, bevor seine Gedankenstimme verstummte. Eine weitere Stimme hallte auf. Das war natürlich Shinpachi, der unseren kurzen Dialog mitverfolgt hatte. Ich lachte selbst, wenn auch nur in Gedanken. Aber es war ein schwermütiges Lachen. 'Dicke Gedanken?', fragte Kishio mitfühlend. "Das heißt schwere Gedanken", korrigierte ich ihn. Selten fiel mir sein Dialekt des Landes der Reisfelder so sehr auf wie heute. "Ich werde etwas töten gehen, und schon wird es besser." 'Sehr komisch', erwiderte er gespielt beleidigt. 'Ich schlafe dann weiter. Ruf mich, wenn du gerettet werden musst.' "Ich komme drauf zurück", versprach ich. Und das meinte ich durchaus ernst. In dem einen Jahr, in dem wir zusammen waren, waren wir mehr und mehr zu einer Familie zusammengewachsen, und ich gäbe mein Leben jederzeit in Kicchans Hände. Und in die von Shinpachi. Wenn ich mir jemandes sicher war, außerhalb der Familie, in die ich geboren worden war, und abseits meines Teams, dann waren es meine beiden Wahlbrüder. Eine gerührte, melancholische Stimmung voller Dankbarkeit schwappte über mich hinweg. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es nicht meine Gefühle waren, sondern die der beiden Moerus. Natürlich, ich war nahe genug gewesen, dass sie immer noch meine Gedanken hören konnten. Das machte mich verlegen. Ich redete so gut wie nie über meine Gefühle, und jetzt mitten in der Nacht einfach mit der Tür ins Haus gefallen zu sein war mir etwas peinlich. Und wie immer konnte ich mit dieser Situation nicht umgehen. "Ist halt so", sagte ich deshalb trotzig. "Ich bin dann mal weg." Mit diesen Worten begab ich mich in Step und verschwand aus dem Innenhof. Ich eilte über das nächtliche Konoha hinweg. Meine Gedanken zogen dabei so konträr zu meinem Bewegungstempo dahin, als würde ein Hase gegen eine Schildkröte laufen. Wie hieß es doch gleich? Die Schildkröte schaffte einen bemerkenswerten zweiten Platz und der Hase wurde Vorletzter. Wieder hörte ich ein fernes, leises Lachen. Shinpachi. Ich war immer noch nahe genug, dass er meine Gedanken hören konnte. Verdammt, dabei war der Spruch so alt, der hatte schon Mumifizierungsspuren, fand ich. 'Bist du sicher, dass du keine Gesellschaft willst?', klang nun seine Stimme auf. "Keine Sorge, ich komme klar. Ich muss nur selbst etwas nachdenken." 'Mein Angebot steht, Otouto', sagten seine Gedanken. Otouto nannte er mich äußerst selten. Meistens dann, wenn ihn seine familiären Gefühle übermannten. Dabei war er älter als ich, wenngleich ich mehr aktive Jahre als Ninja hinter mir hatte. Aber das waren nur Rechenexempel. Letztendlich war zwar der Wert eines Ninjas in Zahlen zu fassen, nicht aber der Wert eines Menschen. Und Shinpachi war ein prächtiger Bursche, an dessen Loyalität und Freundschaft ich keinen Zweifel hegte. "Du wirst noch genug Zeit dafür bekommen, wenn wir im Yuki no Kuni unterwegs sind", sagte ich schmunzelnd. Er lachte auf. 'Hoffentlich nicht', erwiderte der ältere Moeru. Denn das hätte bedeutet, dass die Luft brannte - und das nicht wegen mir. Ich schmunzelte, dann riss die Verbindung ab. Aber ich wusste, dass zumindest Kicchan mich immer noch in seiner Ortung hatte. Um sie zu verlassen, hätte ich Konoha hinter mir lassen müssen. Und selbst dann hätte Kishio mich noch wohl fokussiert tausende Kilometer weit verfolgen können, um über mich zu wachen. Den Beinahefehler von Kumogakure würde er nie wieder begehen. Und ich war ihm dankbar dafür. Ich erreichte die Stadtmauer. Nachdem ich mich bei den Wachen angemeldet hatte, sprang ich auf die Zinne. Niemand durfte einfach so auf die Mauer. Weder nachts, noch tags, weder von außen, noch von innen. Außer, er war ein Shinobi und er meldete sich an. "Morikubo-san?", klang eine bekannte Stimme auf. Meine sensorischen Fähigkeiten verrieten mir schnell, dass es sich um einen guten Bekannten handelte: Aoba Yamashiro. "Seit wann heißt es San?", fragte ich den Mann, der für drei Dinge zu Recht berühmt war. Erstens dafür, dass er ein Tokubetsu Jounin war, ein spezialisierter Jounin, was ihn bis knapp unter die Riege der wichtigsten Ninjas Konohas erhob. Zweitens für sein Feuer. Sein Katon war nicht gerade das heißeste, aber kaum ein Katon-Nutzer, mich eingeschlossen, benötigte so wenig Chakra für seine Kunst wie er. Und drittens für seine Sonnenbrille, die er sogar jetzt in der Nacht trug. Es hieß, noch niemand hätte je seine Augenfarbe gesehen. Manche wollten sogar wissen, er war in Wirklichkeit ein sensorischer Ninja und hätte gar keine Augen. Das konnte ich widerlegen. Ich konnte sowohl seine Augen gut sehen als auch die Versorgung derselben mit Nährstoffen. Seit ich mit Kishio trainierte, war meine Kunst erheblich gesteigert worden. Eine Falle, wie sie Kabuto mir damals in Kumo gestellt hatte, würde diesmal sehr viel trickreicher sein müssen, damit ich auf sie hereinfiel. "Seit du achtzehn bist. Herzlichen Glückwunsch, übrigens." Der kleinere Shinobi schüttelte mir die Hand. Verlegen erwiderte ich den Händedruck. "Danke, Aoba-san. Daran habe ich gerade nicht gedacht." "Und was geht dir durch den Kopf, dass du um drei Uhr morgens die ANBU in Konoha scheu machst?" Ich sah ihn an. Das war schwierig wegen der Sonnenbrille. Aber ich sah ihn an. "Mein Sohn macht mir zu schaffen", gestand ich. "Akira-kun? Ich weiß, der Rat ist ganz aus dem Häuschen, weil er fürchtet, die Schattenkunst der Nara könnte von Tsukigakure absorbiert werden. Obwohl wir freundliche Beziehungen unterhalten. Aber das ist es sicher nicht, was dich umtreibt." "Auch", gestand ich leise. "Aber ich denke, dafür habe ich eine Lösung gefunden. Was mir mehr zu schaffen macht, ist die Frage, ob ich ihm ein guter Vater bin. Ich meine, ich bin erst achtzehn und ich habe noch nichts für ihn getan." Aoba runzelte die Stirn. "Ich bin kein Vater. Da kann ich dir nicht weiterhelfen." Er zuckte die Achseln. "Der Sandaime hätte dir da einen Rat geben können, denke ich. Aber ich... Tut mir leid." "Yamashiro-kun, wer hält dich da von der Arbeit ab?", klang eine Befehlsgewohnte Stimme von unten auf. "Oh scheiße. Nichts, Hyuuga-sama! Es ist nur Mamoru Morikubo!", rief er hastig hinab. Ich sah nach unten und erkannte den Herrn der Hyuugas am Fuß der Mauer. Er trug die vollständige Jounin-Bekleidung Konohas, was eindeutig besagte, dass er heute Nacht in Dienst war. Und wie es schien, überwachte er die Mauer. "Mamoru-san? Du solltest es besser wissen, als die Wachen bei ihrer Arbeit zu stören", tadelte er mich. Er winkte mir auf Konoha-Art, indem er die Hand ausstreckte und mit den Fingern wedelte, während die Handfläche nach unten zeigte. Im Land der Steine wäre es eine Aufforderung gewesen, fortzugehen. Hier und in Kumo aber hieß es: Komm mal. Ich nickte Aoba noch einmal zu, dann verschwand ich per Step und kam vor Hyuuga-sama wieder hervor. Er musterte mich ernst, bevor er mir die Hand reichte. "Ich gratuliere zum Geburtstag, Mamoru-san." Ich nahm die dargebotene Hand und drückte sie. "Danke, Hiashi-sama." Er musterte mich einen Moment. "Begleite mich ein Stück, Mamoru-san." Er machte sich auf den Weg und setzte zweifellos voraus, dass ich ihm folgte. Nun, er war der Clanherr von Kou, und außerdem kannte ich ihn schon mein Leben lang. Gut genug. Immerhin. "Weißt du, Mamoru-san", sagte er mit ernster Stimme, während wir die Mauer entlang gingen, "ich habe dir in den letzten beiden Jahren nie dafür gedankt, was du für Hinata getan hast." "Hm? Ich habe nichts für sie getan, was der Aufmerksamkeit wert wäre." "Du hast sie unbeschadet wieder abgeliefert. Das kommt selten vor, wenn ich ihren Missionsrekord anschaue", sagte er und schmunzelte. "Ständig übernimmt sie sich und verletzt sich oder wird grün und blau geschlagen, weil sie immer denkt, das, was sie leistet, ist noch nicht gut genug. Als du sie mitgenommen hast, kam sie fast unbeschadet nach Hause. Und sogar ein wenig selbstbewusster." Er hielt an und sah mir in die Augen. Irritierend, denn alle geborenen Hyuugas hatten eine weiße Iris. Ich fragte mich unwillkürlich, ob Kou und meine Schwester auch Kinder zeugen würden, die eine weiße Iris hatten - das Byakugan. Das war nicht unwahrscheinlich. Aber es gab auch geborene Hyuugas ohne Byakugan, wenn auch sehr selten. Die Frage war nur, was besser für die Kinder war. Alle, die nicht zur kleinen Hauptfamilie gehörten, die Hiashi-sama, seine Frau, Hinata und ihre kleine Schwester Hanabi umfasste, gehörten zur Zweigfamilie und mussten die Versiegelung über sich ergehen lassen. Mit der Versiegelung legten sie ihre Leben und vor allem ihre Byakugans in die Hände der Hauptfamilie, die absolute Macht über ihre Leben bekamen. Hiashi-sama konnte jederzeit und in wenigen Sekunden jeden anderen Hyuuga töten, wenn er es wollte. Oder ihn schmerzhaft bestrafen. Oder beides. Nein, das war kein Schicksal, das ich meinen Neffen und Nichten zumuten wollte. Freiheit war ein hohes Gut, egal wie wichtig die Byakugan für die Hyuugas und Konoha waren. "Selbstbewusster?" Ich ließ die Mission Revue passieren, dachte an Harusame, den Unter-Daimyo, der sein kleines Reich mit perfiden Methoden ausgenommen und sogar Sklaven genommen hatte, dachte an Mei-chan, die jetzt gerade Mizukage in Kirigakure war. Nein, ich konnte mich nicht erinnern, sie mehr gefordert oder bevorzugter behandelt zu haben als die anderen. Gut, ich hatte sie zeitweise mit Naruto zusammengespannt, in den sie augenscheinlich total verknallt war - noch immer, wie ich vermutete - aber ansonsten... Moment Mal, ging es vielleicht in diesem Gespräch letztendlich um Naruto? Hatte jemand in der Familie bemerkt, dass die künftige Erbin der Familie ausgerechnet ihr Auge auf einen Clanlosen, Familienlosen Burschen wie Naruto geworfen hatte, der zudem auch noch Jinchuriki war? Was mich wieder daran erinnerte, wie Konoha Naruto behandelt hatte und noch immer behandelte, und das alles nur, weil man ihn ungefragt als Gefäß für den Kyubi, den neunschwänzigen Fuchs, benutzt hatte. Ärgerlich ballte ich meine Hände zu Fäusten. "Hiashi-sama, was liegt Ihnen auf dem Herzen? Wenn es darum geht, wen Hinata..." "Naruto-tono ist nicht der Grund unseres Gesprächs", sagte der Herr der Hyuugas geradeheraus. "Aber wenn du über ihn reden willst, kann ich gerne etwas dazu sagen, weil ich weiß, dass Ihr Freunde seid." Er hielt an und atmete einen Moment tief ein. "Warum Naruto? Das ist es, was ich nicht begreife. Okay, er ist ein eifriger, schnell lernender Shinobi, der eher sterben würde als seine Kameraden zu gefährden. Er hat bereits mehrere S-Rang-Missionen hinter sich. Und mit Jiraiya-sama hat er einen der besten Lehrers Konohas. Dass er als Jinchuriki sein Biju beherrscht, ist sogar ein Bonus. Den Kyubi quasi in der Familie zu haben, würde die Rolle der Hyuugas in Konoha stärken. Aber das wird nichts werden." "Sie denken weit voraus, Hiashi-sama", sagte ich mit unterdrückter Wut. "Aber warum wird es nichts?" "Denkst du, ich bin blind? Ich weiß sehr wohl, was meine Töchter tun. Gerade die Ältere ist ein Quell ständiger Sorge für mich. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe oder wie es passiert ist, aber sie war von Anfang an ein ängstliches, zurückhaltendes Kind, ständig auf der Hut, immer bereit lieber nichts zu tun, als etwas falsch zu machen. Sie war in sich gekehrt und regelrecht feige. Ich hatte mich damit abgefunden, dass sie so war, aber dennoch war sie noch immer meine Tochter, und ich liebte sie damals und liebe sie heute. Es ändert nichts." Seine Augen mit der weißen Iris drangen durch mich hindurch. "Und dann änderte sich alles. Sie bestand darauf, Ninja zu werden. Sie bestand darauf. Hinata. Sie wollte etwas aus eigenem Antrieb. Ja, sie forderte es geradezu. Ich war überrascht und verwirrt und ängstlich. Was hatte sie verändert? Was hatte ihren Charakter beeinflusst? Und wohin führte sie dieser Weg? Und ich musste erkennen, dass es Naruto war. Der kleine, fiese Bengel, der ganz Konoha terrorisierte, nur um Aufmerksamkeit in Form von wütenden Schreien zu bekommen." Nun ballte auch Hiashi Hyuuga die Hände zu Fäusten. "Ich war dagegen, musst du wissen. Ich war immer dagegen, den Jungen alleine aufwachsen zu lassen. Glaub es mir oder nicht, aber ich hatte angeboten, ihn in meinem Haushalt aufzunehmen. Aber die anderen Familien wollten das nicht, weil dies ja bedeutete, dass der Kyubi zu den Hyuugas kam. Tatsächlich wollte keine der Familien, dass irgendeine Familie den Kyubi bekam. Und so wurde entschieden, dass er alleine leben sollte, sobald er dazu in der Lage war. Sein Leben wurde geopfert, weil erwachsene Menschen Politik gemacht haben. Aber gab er auf? Kam für ihn die Agonie? Nein. Er stand auf und kämpfte. Oh, er war ein lausiger Ninja, aber das lag an seinen lausigen Lehrern. Erst als er durch seine Beharrlichkeit überzeugte, erst als er kämpfte und Hayate-kun zugeteilt wurde, blühte er auf. Und je mehr er aufblühte, sich bewies, Freunde fand, umso stärker wurde Hinata. Die Hinata, die heute meine Tochter ist, und das blasse, stille Kind, das sie damals vor dem Akademie-Eintritt war, sind kaum noch zu vergleichen. Wenn dies so weitergeht, wird sie mir eine würdige Nachfolgerin sein. Und das alles nur wegen Naruto. Umso schwerwiegender ist es, dass ihre Wünsche und Hoffnungen nie erfüllt werden." Nun war sein Blick wehmütig, mitfühlend, ein wenig traurig. "Wieso?" Er seufzte. "Du kennst Sakura Haruno?" Ich nickte. Oft genug hatte ich sie mit meinem kleinen Bruder Naruto gesehen. Team sieben. Das freche Ding, das bei Tsunade-sama in der Lehre gewesen war und Steinplatten mit bloßen Händen spaltete. Vornehmlich zusammen mit dem Boden, auf dem sie lagen. "Naruto ist Hals über Kopf in sie verliebt. Ich weiß das. Ich kenne den Blick, den er hat, wenn er sie ansieht. Aber sie ist in den jungen Uchiha verliebt, der desertiert ist." Er schnaubte leise aus und bedeutete mir, weiterzugehen. "Noch ist sie auf Sasuke fixiert. Aber irgendwann wird etwas passieren. Sasuke wird sie verraten, oder die Aufspüreinheit wird ihn finden und töten. Und was dann? Dann sind da nur noch Sakura und Naruto. Ich weiß, dass Naruto Hinata mag. Sehr sogar. Weißt du, ich hatte nie etwas gegen Naruto, erst recht nicht seit ich weiß, welche Inspiration er für Hinata ist. Und schon gar nicht, seit er Neji mehr Verstand eingeprügelt hat, während der Chunin-Prüfung, kurz vor dem Angriff auf Konoha... Aber er sieht nicht, dass Hinata in ihn verliebt ist. Und niemand sagt es ihm. Niemand kann es ihm sagen. Und trotz all ihrer Fortschritte wird sie es ihm nie selbst sagen... Aber sollte eines Tages der junge Uchiha sterben, auf welche Art auch immer, sind da nur noch zwei im Liebestriangel. Und erzähl mir, was du willst, aber Sakura Haruno hat sich schon viel zu weit auf Naruto eingelassen. Sie verlässt sich auf ihn, stützt sich auf ihn, vertraut ihm. Und Naruto ist blind vor Liebe zu ihr. Sind das nicht Situationen, in denen man Naruto die Daumen drücken möchte? In denen man ihm wünscht, er möge endlich Erfolg haben, vor allem, da der Uchiha zum Feind Konohas geworden ist? Ich habe keine Idee, wie die Dinge geschehen könnten, sodass Naruto meine Hinata bemerkt, sich in sie verliebt und sie zusammenkommen. Es gibt nur zwei Möglichkeit, aber weder wird der junge Uchiha zurückkehren, noch wird die junge Haruno sterben. Ich kenne ihre Eltern, sie sind zäh wie Leder. Wenn das auf ihre Tochter abgefärbt hat, dann ist sie quasi unsterblich." Er schrak zusammen und hob abwehrend die Hände. "Ich wünsche ihr nicht den Tod, oder so." "Habe ich auch nicht erwartet." "Aber so sieht eben die Realität aus. Und das stimmt mich traurig, denn Naruto tut ihr gut. Wie viel könnte sie wachsen, wären sie wirklich zusammen?" Er seufzte. "Und Naruto hätte dann endlich einen festen Platz im Leben. Ich würde ihm einen schaffen. Mit diesen meinen Händen. Hätte ich das nicht vor, hätte ich ihn schon vor langer Zeit töten können, seit ich Hinatas Interesse das erste Mal mitbekommen habe." Wir schwiegen einige Zeit. Das heißt, ich schwieg, und Hiashi Hyuuga fragte die einzelnen Posten ab, während wir die Mauer entlang gingen. Ninjas waren jederzeit kampfbereit. "Jedenfalls danke ich dir. Du hast Hinata viel gegeben. Genug, um sie noch selbstbewusster zu machen." Ich musste lächeln. Und ich erinnerte mich daran, wie wir damals vor der Mission damals zusammen gespeist hatten. Sie hatte ein Abendkleid getragen und war ein Blickfang gewesen, obwohl meine Mädchen dabei gewesen waren. Ja, an Hinata war so viel mehr dran, als man hinter ihrem schüchternen Wesen vermutete. "Sie ist etwas besonderes." "Sie ist mein Kind. Selbst wenn sie nichts besonderes wäre, ich hüte sie und beschütze sie. Soweit sie mich lässt. Aber letztendlich muss man seine Kinder auch loslassen. Selbst wenn es bedeutet, ihnen den Freiraum zu geben, sich selbst den Hals zu brechen. Ich kann sie nicht vor der Welt einsperren und behüten, auch wenn ich das möchte. Ich muss sie all ihre eigenen Fehler machen lassen. Ich kann nur da sein, für sie da sein, wann immer sie zurückkommt. Ich kann nur ihr Anker sein, ihr Vater, ihre Familie..." Erstaunt sah ich den großen Mann an. "Hyashi-sama, als ich heute morgen erwachte, plagten mich Zweifel wegen meines Sohnes." "Akira-chan?" Er schmunzelte. "Kou hat ihn mitgebracht. Ein paarmal schon. Ich glaube, ich muss mich entschuldigen, weil Hanabi ihn mit Süßigkeiten überfüttert hat. Was für Zweifel, Mamoru-san?" "Bin ich ein guter Vater?" Der Hyuuga hielt an und taxierte mich. Er legte beide Hände auf meine Schultern. "Das ist eine sehr gute Frage, die jeden Vater beschäfigt. Jeden plagen die Zweifel. Bin ich genug Vater? Verbringe ich genug Zeit mit meinem Kind? Bereite ich ihn gut genug auf die Welt vor? Kann ich ihn vor der Welt beschützen, oder beschütze ich lieber die Welt vor ihm? Wir alle stehen vor diesem Dilemma. Und das jeden verdammten Tag. Es hört nie auf. Niemals. Denn selbst wenn sie erwachsen werden, so bleiben sie doch immer die eigenen Kinder." Ich fühlte, wie ich erbebte. Meine Augen wurden feucht. Hiashi-sama hatte einen Großteil meiner Ängste und geheimsten Gedanken ausgesprochen, und das berührte mich. Er nahm mich in die Arme und drückte mich. "Es ist in Ordnung, Mamoru. Du bist seit sechs Jahren ein Ninja, tötest und kämpfst für Konoha, aber nie hat dich jemand auf den Kampf vorbereitet, ein Vater zu sein. Eigentlich bist du selbst noch ein halbes Kind, das viel zu schnell viel zu erwachsen sein musste. Aber die Antwort auf all deine Fragen und Zweifel liegen in einer Frage. Nicht in: Bin ich genug für meinen Sohn da? Sondern in: Bin ich für meinen Sohn da?" Er löste sich, hielt mich ein Stück von sich. "Bist du für deinen Sohn da?" "Ich bin meistens nicht mal hier", sagte ich bedrückt. "Wenn Ihr zwei im gleichen Haus seid, bist du da für ihn da?" "Ich bemühe mich", sagte ich bedrückt. "Ich bemühe mich sehr." Der große Hyuuga lächelte. "Und damit hast du alle Antworten, die du brauchst. Denn mehr als sich bemühen kann niemand. Es gibt keine Perfektion. Gerade nicht für Eltern. Mehr kannst du ihm nicht geben, und mehr musst du ihm auch nicht geben. Außer deiner unverbrüchlichen Liebe und Treue, außer deinem Verständnis und deinen Schutz." Übergangslos fühlte ich mich erleichtert. Es war, als hätte jemand Felsbrocken von meinem Herzen geräumt. "Hiashi-sama..." "Ich weiß. Jeder Vater weiß das. Es wundert mich, dass Shikaku mit dir noch nicht darüber gesprochen hat. Aber es ist gut, dass wir es jetzt konnten." Seine kräftige Rechte klopfte auf meine Schulter. "Wurde aber auch Zeit, dass es dir jemand sagt, oder?" Ich nickte leicht. Ich fühlte mich wirklich viel besser, obwohl seine Worte übersetzt bedeuteten, dass ich mich durchaus noch mehr anzustrengen hatte... Aber es fühlte sich gut an. "Du solltest also besser wieder nach Hause gehen und schlafen, Mamoru", sagte er schmunzelnd. "Du hast noch einen langen Tag vor dir und musst ausgeruht sein, nicht wahr?" Ich nickte schwach. Dieser Mann hatte die Byakugan? Er brauchte sie nicht, um mich bis auf die Seele zu durchschauen. "Den habe ich, Hiashi-sama." "Dann geh stiften, Mamo-chan. Heute Nacht wache ich über Konoha, nicht du." Erschüttert sah ich ihn an. Dann trat ich zwei Schritte zurück und verbeugte mich formell aus der Hüfte vor ihm. Das ließ ihn schmunzeln. Wohlwollend schmunzeln. Wir nickten einander zu und ich verschwand per Step. Egal ob ich bereits ein guter Vater für meinen Sohn war oder nicht, ich wusste, dass es immer eine Möglichkeit gab, voran zu schreiten. Und ich würde voran schreiten. Alles andere hätte nicht meinem Wesen entsprochen. Tatsächlich fand ich in dieser Nacht noch Schlaf für ein paar Stunden. *** Als ich erwachte, erwartete mich eine handfeste Überraschung. Ich meine - ich bin Shinobi, und Überraschungen gehörten seit den ersten Tagen meines Trainings zum täglichen Brot, wie man im Land der Steine sagt. Es sollte eigentlich schwer fallen, mich zu überraschen. Und ich war ja auch schon einiges gewohnt. Hatte mehr als einen Tag in einem Teich verbracht, nur mit einem dünnen Schilfrohr bewaffnet, durch das ich Luft holen konnte, war bereits ein paarmal fast gestorben, hatte mich selbst mehrfach in Brand gesetzt und war auf dem besten Wege zu werden, was ich immer gescheut hatte, ein Jounin Konohas. Und ich war es auch gewöhnt, morgens zu erwachen und das Gesicht voller Haare zu haben. Nicht meine eigenen, versteht sich. Oder ich erwachte und spürte einen meiner Arme nicht mehr, weil ein Frauenkörper es sich auf ihm so richtig bequem gemacht hatte. Aber es kam eigentlich eher selten vor, dass ich die Augen aufschlug, und ein Mädchengesicht mit Schweiß auf der Stirn auf mich herabsah. "Mamoru, hilf mir", sagte das Mädchen beschwörend. "Hana-chan?", fragte ich verwundert, während ich versuchte, die Situation zu begreifen. "Hana-chan, was machst du in meinem Schlafzimmer?" "Dich wecken", erklärte sie lapidar. Irgendwo knackte etwas, sie fuhr zusammen und richtete den Kopf auf wie ein Hund, der auf feinste Geräusche lauschte. Als nichts weiter passierte, fügte sie hinzu: "Damit du mir hilfst." "Wobei soll ich dir helfen?", fragte ich, kurz den Verdacht hegend, dies wäre ein Traum, womöglich ein Wunschtraum mit meinen geheimen Begierden als Träger. Ehrlich, wenn man erst einmal Sex hatte, konnte man sich dran gewöhnen. Vor allem aber war man versucht..." "ER ist hier, Mamoru! Und ER ist hinter mir her!" Also kein Wunschtraum. Überhaupt kein Traum, denn in diesem Traum hätte Kishio sicher nichts zu suchen gehabt. Allerdings stand er in der Tür und beobachtete die Szene. "Also noch mal von vorne. Was ist los, Hana-chan?", fragte ich und richtete mich auf. "Wie ich schon sagte, er ist hier und er ist... Besser geworden. Angsteinflößend besser. Also, ich habe Angst, Mamoru." 'Weißt du, was sie meint, Otouto?', fragte ich Kishio mit meinen Gedanken. Der junge Moeru zuckte die Achseln. 'Ich habe keine Ahnung. Sie kam hier vor einer Minute reingestürmt, lief geradewegs zu deinem Zimmer und hat dich so lange geschüttelt, bis du wach warst. Das hat mich dann geweckt.' Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Hanako. Ihr Adrenalinspiegel war verdammt hoch, sie war nervös, geradezu unruhig. Sie hatte vielleicht keine Angst, aber sie war verstört. In Gedanken ging ich unsere gemeinsamen Feinde durch, fand aber niemanden, der noch lebte und dazu in der Lage war. Ich legte ihr beide Hände auf die Schultern. "Natürlich helfe ich dir. Aber dafür musst du von vorne anfangen, Hana-chan. Wer ist hier? Und was will er von dir?" "Was er von mir will?" Ihre Augen kontraktieren. "Meinen Körper, vermutlich. Wer er ist? Harusame." Nun fuhr ich vollends auf. "Was?" Harusame, so lautete der Name des Unter-Daimyos, mit dem wir schon zweimal kollidiert waren. Nach dem zweiten Mal hatte ich gedacht, der Daimyo des Mizu no Kuni hätte ihn ein für allemal kaltgestellt. Was zum Henker machte er also in Konoha? Und warum war er hinter Hanako her? "Mamoru, du hast einen Gast", sagte Vater, sah in mein Zimmer und trat ein Stück beiseite. Der groß gewachsene Mann mit dem Kirigakure-Stirnband, das zu einer Mütze gebunden war, nickte mir ernst und respektvoll zu, bevor er mit leuchtenden Augen sagte: "Hanako-tono. Es freut mich, dich so schnell wiederzusehen!" "Er ist HIER!", rief sie entsetzt und verkroch sich hinter meinem Rücken. "Äh...", machte der große Kiri-Nin etwas hilflos. Halb streckte er eine Hand aus, aber da er einsah, dass das nichts brachte, ließ er sie wieder sinken. "Harusame", stellte ich fest, den Mann taxierend, den ich selbst seines Postens enthoben hatte. "Nur noch Haru, Morikubo-sama." Er verbeugte sich vor mir, weit tiefer und länger als ich verdient hätte. "Ich bin hier zu deiner Unterstützung, Morikubo-sama. Ich bin der Regenmacher." Tick. Eins. Tick. Zwei. Tick. Drei. Ich war wach. "Aaaaaaah! Du bist der Regenmacher?" "Frag ihn, was er von mir will, und dann bring ihn um", zischte Hanako hinter meinem Rücken. "Ich bin der Regenmacher. So nennt man mich in Kirigakure." Er legte beide Hände aneinander und verneigte sich erneut, diesmal aber leichter, irgendwie eleganter. "Als du mich damals abgesetzt hast, Morikubo-sama, wurde ich unter einer Person platziert, die dafür sorgen würde, dass ich nicht erneut Unsinn anstellen kann. Und so sehe ich es heute, ich habe Unsinn angestellt. Viel Unsinn. Ich wurde Mei Terumi-sama zugeteilt, und sie ließ mich durch eine harte Zeit gehen. Eine Zeit, die ich verdient habe, jetzt, wo ich die Dinge klarer sehe, nicht mehr mit dem Blick des verwöhnten Kinds aus reicher Familie, sondern mit den Augen des erfahrenen, reifen Shinobi. Du möchtest sicherlich ein paar Erklärungen von mir hören, nicht?" "Wollen wir nicht! Geh einfach wieder nach Kirigakure!", rief Hanako ärgerlich. "Hanako-tono..." "Ja, wollen wir", ging ich dazwischen. "Was ist passiert?" "Ich... Wurde zum Ninja ausgebildet. Ungewöhnlich, einen Mann meines Alters noch einmal von Grundauf aufzubauen, ihm vollkommen Neues beizubringen. Die letzten zwei Jahre waren zweifellos die interessantesten, aber auch die härtesten meines Lebens. All meiner Privilegien verlustigt konnte ich mir nur neues Vertrauen und neues Verständnis erarbeiten. All dessen entledigt, was mit meinem Namen verbunden war, konnte ich nur den Weg gehen, der mich zum Verständnis über meine Taten und zur Buße über sie führte. Mein neues Leben ist eine Buße, Morikubo-sama, eine ewige Buße, die erst beendet ist, wenn ich sterbe." Für einen kurzen Moment starrte er ins Leere. Aber schnell hatte er sich wieder gefangen. "Wenn man erst einmal unten ist und um sein Überleben kämpft, in meinem Fall lernt, sieht man viele Dinge anders. Wenn man selbst auf der Stufe steht, auf die man alle anderen stets gesehen hat, verändert es die Perspektive. Man sieht klarer. Man versteht. Man verändert sich. Mir wurde relativ schnell klar, dass mein Weg hatte scheitern müssen. Dass ich dumm genug gewesen war, auf dumme, feige, gierige, arrogante und brutale Ratgeber gehört zu haben, während ich jene Ratgeber, die mein Onkel mir mitgegeben hatte, zwar benutzte, aber mir selten ihre Meinung anhörte. Ich habe damals versagt. Und dieses Versagen will ich gutmachen, mit jedem einzelnen Tag, den ich noch leben werde. Ich..." Er verstummte erneut, betrachtete stumm seine Hände und seine Kiefermuskeln kontraktierten. "Ich habe Blut an den Händen. Das lässt sich nie wieder fortwaschen. Schlimmer noch, es war mir damals egal. Ich war einem Leben gegenüber gleichgültig. Dies schlug alles auf mich zurück. Ich... Verstehe nun vieles. Ich... Weiß nun vieles. Und ich muss sagen, es ist ein gefährlicheres, aber auch schöneres, besseres Leben. Ich mag es, ein Ninja zu sein. Nun bin ich das Werkzeug." "Aha. Und warum hat man dich mir zugeteilt, Haru?" Er lächelte verschmitzt auf die gleiche jungenhafte Art, die mir von ihm berichtet worden war, bevor ich ihn hatte verhaften und einkerkern lassen. Mir war klar, dass manche Frauen darauf ansprachen. "Nun, ich habe darum gebeten, Morikubo-sama." "Du hast was?" "Ich habe darum gebeten, der Chunin sein zu dürfen, der dich begleitet." "Chunin?", fragte ich argwöhnisch und zog eine Augenbraue hoch. "Ist er immer noch da?", fragte Hanako ungehalten aus ihrem Versteck heraus. "Chunin. Wie ich schon sagte, das Leben als Shinobi gefällt mir. Es fordert viele meiner Talente. Es tut gut, etwas zu tun, was man kann und an seine Grenzen gehen zu können. Manchmal auch darüber hinaus." Er zuckte die Achseln. "Und ich habe darum gebeten, weil du der Shinobi bist, der mich besiegt hat. Mich, Terumi-sama, Kyun-tono, meine Garnison... Selbst Koji-tono. Wenn man wie ich sein altes Leben fortwirft und neu anfängt, sucht man sich andere Lehrer als zuvor. Es war immer mein Wunsch, einmal auf der gleichen Seite wie der Stratege zu stehen, der mich besiegt hat. Nicht, dass ich es ihm schwer gemacht hätte. Aber er hat auch Mei Terumi-sama besiegt, die fünfte Kazekage. Für mich ist dies eine ganz besondere Gelegenheit, Morikubo-sama. Aber das ist noch nicht alles. Mir war klar... Ich meine, ich habe gehofft... Ich hoffte wirklich, bei dieser Gelegenheit Hanako-tono wiedersehen zu können." "Ich habe dich gesehen! Jetzt geh wieder nach Hause!", murrte sie laut. "Ich glaube nicht, dass du Chancen bei ihr hast", sagte ich. Das traf ihn sichtlich. Er errötete stark, und hätte er nach seinen Waffen gegriffen, hätte ich nach meinem Schwert... Ach ja, das hatte ich ja Kira geschenkt. Aber meine Kunai waren immer in Griffreichweite. Doch es war anders. Die Röte kam nicht aus Wut. Es war ein Gefühl der Scham, das ich in seinen Augen sehen konnte. Und es war auch kein Adrenalin, das durch seine Adern jagte. Kishio, der einen halben Schritt zurückgetreten war, um ungehindert seine Waffen zücken zu können, verharrte in der Bewegung und ließ die Hände wieder sinken. Keine Gefahr. Auf sein Urteil konnte ich mich verlassen. Das war also dieses delegieren, eh? Konnte ich mich dran gewöhnen. "Es ist... Nicht so, als würde ich herkommen und erwarten, dass Hanako-tono in ewiger Liebe zu mir verfällt, kaum dass sie mich sieht. Ich habe mich viel zu sehr wie ein selbstherrlicher, sich überschätzender Idiot verhalten, dass mich irgendjemand lieben könnte..." Seine Worte wogen schwer und klangen ehrlich. "Jene, die mich liebten, meinten meinen Status und mein Geld. Jene, die mich nicht liebten, konnte ich durch meine Macht zwingen. So, wie ich auch Hanako-tono gezwungen habe. Beziehungsweise hätte, wenn mehr Zeit geblieben wäre. Zumindest, bis sich die zarte Blüte in eine tödliche Kunoichi verwandelt hätte." Diese Erkenntnis ließ mich grinsen. Breit grinsen. Hanakos Hände, die sich in meinen Rücken krallten, schlossen sich vor Genugtuung ein wenig. Auch sie grinste gerade zweifellos. Sie war ja für Schmeicheleien sowas von empfänglich. "Was also ist es, was du willst?" Er sah zu Boden. Sah wieder auf. Wieder fort. Erneut zu Boden. "Eine Chance, Morikubo-sama." "Eine Chance?", echote ich. Nun sah er mich wieder an. Auch Hana-chan verließ ihr Versteck ein Stück und linste über meine Schulter. "Eine Chance, ja." Er griff sich mit beiden Händen an die Brust. "Ich bin nicht mehr der, der ich vor zwei Jahren war. Harusame, der Neffe des Daimyos, ist tot, unwiderruflich gegangen, seit ich das erste Mal meine Waffen zog, um mein Leben zu verteidigen, ohne, dass jemand anderes dies für mich tat. Es war ein weiter Weg für mich, voller Entbehrungen, voller Anstrengungen und voller Erkenntnis. Ich habe viel geopfert." Er hob die linke Hand. Gut konnte man nun erkennen, dass ihm die obere Fingerkuppe und Teile der ersten Fingerglieder von Zeige-, und Ringfinger fehlten. Wer immer das getan hatte, er hatte einen sauberen Hieb gelandet. Dies war nicht das Werk einer gezielten Verstümmelung, wie die Yakuza, eine Verbrechergruppe im Land der Steine, von jenen ihrer Mitglieder verlangten, die für Fehler sühnen mussten. Dies war ein Schwertstreich gewesen. Ein leises "oh" des Mitgefühls kam von Hana-chan. Als Kunoichi kannte sie sich mit Verletzungen aus. Und mit den Einschränkungen, die sie brachten. Haru lachte leise. "Der Streich war auf meinen Hals gezielt. Ich kann froh sein, dass es nur ein wenig Finger getroffen hat. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich gewonnen habe." Nein, das musste er nicht. Nicht mir gegenüber. "Jedenfalls bin ich jetzt anders. Nicht besser oder klüger oder so etwas. Aber ich habe die Bedeutung der Worte Bitte und Danke gelernt. Auch die Bedeutung der Worte Vergebung und Gnade, weil mir beides zuteil wurde. Vielleicht bin ich jetzt, ah, ein wenig schlauer, aber auf jeden Fall ist Haru ein Mensch, der alles abgelegt hat, was Harusame ausgemacht hat. Bis auf eine Ausnahme." Ich musste grinsen. Nun ließ der ehemalige Unter-Daimyo die Katze aus dem Sack. Hana-chans Hände krallten sich noch ein wenig fester in meinen Rücken. Sie spürte es auch. "Was ich nie ablegen konnte, ist die Erinnerung an Hanako-tono. An ihr goldenes Haar, an ihr wunderschönes Gesicht, an ihre..." Er errötete, und für einen Moment spürte ich, wie Hana-chan nach ihrer Waffe griff. Adrenalin rauschte durch ihren Körper, und sie war bereit, jetzt und hier einen Mord zu begehen. "Ihre was?", hakte ich nach. Dies brachte dazu, Hana-chans Wut sofort verpuffen zu lassen. "N-nichts! Ist nicht so wichtig!", rief sie. "Sprich weiter, Haru!" Dies war eine Drohung gewesen, und der Kiri-Nin hatte sie wohl verstanden. "Ich konnte dich nie vergessen, egal was ich je tat in den letzten beiden Jahren. Nicht das wunderschöne Wesen, das feengleich in meinen Palast geschwebt gekommen war, und nicht die knallharte Kunoichi, die mich binnen weniger Augenblicke besiegt hatte. In deinem Zorn, Hanako-tono, bist du noch viel schöner, als..." Verlegen sah er zur Seite. "Ich weiß, dass ich keine Chance gegen Morikubo-sama habe. Nicht in deinem Herzen. Aber wenn ich auch nichts ändern kann, was deine Zukunft betrifft, wenn es kein uns gibt, so will ich doch, dass deine Meinung von mir besser wird. Ich will nicht, dass du von mir nur von jenem Menschen denkst, den du als Harusame kennengelernt hast. Ich bin jetzt Haru, und ich bleibe es, bis ich getötet werde. Bis dahin will ich dienen und schützen, wie es sich für einen Kiri-Nin gehört." "Aber sie ist doch...", begann ich, doch Hana-chan hängte sich um meinen Hals, wobei sie mich fast erwürgte. Sie küsste mich demonstrativ auf die Wange. "Ja, an Mamo-chan kommst du nie heran, das ist wahr." Okay, da würde jemand einem gewissen Ryu Kaminari eine Menge zu erklären haben, schätzte ich. "Wie ich schon sagte, ich möchte die Chance nutzen, Morikubo-sama zu begleiten, um mich zu beweisen. Und vielleicht um zu verhindern, dass er weiteren Kunoichi... Ich meine, du hast doch schon Hanako-tono, Morikubo-sama, die schönste Frau ganz Konohas. Du musst da doch nicht auch noch mit armen, unschuldigen Kiri-Nin-Herzen spielen." Nun errötete ich ein wenig. Irgendwie ahnte ich, dass mir diese Geschichte, mit der ich Suirins Leben gerettet hatte, auf genau diese Weise nachhängen würde. Und dies für eine lange, lange Zeit. Mist. Nun wurde ihr Griff um meinen Hals richtig fest. "Das ist vielleicht keine so dumme Idee, Haru-san." Ich bemerkte wohl, was hier geschah. Und warum sie mich halb erwürgte. Obwohl sie sich offiziell einen anderen Freund gesucht hatte, war sie eifersüchtig auf das, was ich Suirin angetan hatte - abgesehen davon, dass ich ihr Leben gerettet hatte. Sie sah Haru an. "Wir werden sehen, was passiert. Und je nachdem, was man mir von dir berichten wird, werden wir sehen, ob sich meine Meinung ändert, Haru-san." Der Kiri-Nin, der mal ein Daimyo gewesen war, nickte erfreut. Er verbeugte sich tief und steif aus der Hüfte. "Vielen Dank für diese Chance, Hanako-tono!" Als er wieder aufsah, war er für eine Sekunde nachdenklich. "Oh, da war ja noch was." Er öffnete seine Chunin-Weste und zog einen flachen Gegenstand hervor. "Dies soll ich dir von der Godaime Kazekage geben, Morikubo-tono. Und ich soll dir herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag wünschen." Ich nahm das flache Päckchen entgegen und wog es in der Hand. Schwer war es nicht. "Richte Mei-chan... Ich meine Terumi-sama meinen Dank aus." Ich öffnete das Paket. Es enthielt ein Ninja-Stirnband. Die Seite mit dem Symbol Konohas lag obenauf. Keine schlechte Idee von ihr, denn das Silberstirnband konnte ich nicht mehr lange tragen, ohne es zu beschädigen, und um ein neues hatte ich mich noch nicht gekümmert. Ich nahm das Stirnband auf und drehte es. Auf der Innenseite war auch ein Zeichen angebracht. Die vier kurzen Wellen Kirigakures. Ich stockte. Dies war mehr als ein Geschenk. Es war eine Einladung, mich überall und jederzeit als Kiri-Nin ausgeben zu können. Und dies mit Segen der Kazekage. Es gab nicht viele Geschenke, die man einem Shinobi machen konnte, die solch einen Wert besaßen. "Meinen aufrichtigen, tief empfundenen Dank", fügte ich berührt an. Für einen Moment war ich versucht, Haru auf die Party einzuladen, aber dort hatte er rein gar nichts verloren. Vielleicht nach der gemeinsamen Mission. Eventuell. Ganz vielleicht. "Unsere Mission beginnt in zwei Tagen. Wo wirst du...?" "Ich bin Gast der Godaime Hokage", sagte Haru. "Meine Mission erfolgt in direkter Absprache der Kages. Bis wir aufbrechen, werde ich mich meinem Training widmen, Morikubo-sama. Aber ich werde rechtzeitig am Haupttor sein." Gut, das verschaffte mir zwei Tage Luft. Und er versaute mir meine Geburtstagsfeier nicht. Das war schon mal ein Pluspunkt. Er vergab die Chance, mit Hana-chan Zeit zu verbringen, ob sie wollte oder nicht. Eventuell hatte er sich wirklich verändert. Zum Besseren. Wir würden sehen. Er verneigte sich erneut. "Ich habe nun einen Termin bei Tsunade-sama. Wenn Ihr mich entschuldigt, Morikubo-sama, Hanako-tono." Er nickte Kishio und Vater zu. "Morikubo-san, Moeru-san." Dann verließ er das Zimmer. Kurz danach ging die Haustür. Er war fort. "Uff", machte Hana-chan und ließ endlich meinen Hals los. Wie eine Marionette, der man die Schnüre durchgeschnitten hatte, fiel sie auf die Kissen. "Das wäre geschafft. Dies ist wirklich das erste Mal, dass ich froh bin, dass Ryu nicht in Rufweite ist. Ich fürchte, wir hätten uns drum schlagen müssen, wer Haru töten darf." "Sei dir mal nicht so sicher", sagte ich, schlug die Decke zurück und stand endlich auf. "Ein untrainierter Mensch, der es in zwei Jahren zum Chunin schafft, ohne sein Leben lang darauf vorbereitet zu werden, hat definitiv etwas auf dem Kasten." Das war nur zu wahr. Ich beschloss, vorsichtig zu sein. Sehr vorsichtig. Vor allem, solange er noch glaubte, ich sei Hana-chans fester Freund. Man konnte ja nie wissen. "Papapapapapapapapa!" Akira kam in den Raum gelaufen, noch immer in seinem Schlafanzug. Ich nahm ihn auf den Arm. "Her... Herz..." Herzlichen...", half Maria aus, die lächelnd in der Tür stand. "Herzlichenglückwunsch!" rief er begeistert und umarmte mich. "Danke sehr, mein Sohn." Ich küsste seine Wange. "Vielen Dank." Das zweite Geschenk des Tages war auch nicht gerade schlecht. Und der Tag hatte noch einiges mehr zu bieten. *** Der Tag verging wie im Flug mit den Vorbereitungen für die Feier im Gemeinschaftssaal der Nara. Vereinzelt trafen auswärtige Gäste ein. Ich freute mich sehr, als ich einen kräftigen Handschlag mit Ryuji Nekozumi austauschen konnte. Der Riese mit dem überdimensionierten Schwert war in den letzten Jahren einer meiner besten Freunde geworden. "Es tut gut, dich wiederzusehen, Mamoru", sagte er, Augenblicke bevor er mich mit der Kraft eines Braunbären umarmte. "Und ich habe einiges zu erzählen." So, wie er es betonte, ging es um die Mission. Interessiert sah ich ihn an. "Ich bin gespannt." "Das darfst du sein", versprach er. Der große Clansführer reichte Kishio die Hand. "Moeru-sama." "Nekozumi-sama." Sie schüttelten einander die Hände und lächelten sich grimmig an. Wie es schien, waren sie auch Freunde geworden. "Hey, kleiner Bruder! Alles klar in Konoha?" "Omoi!", rief ich erfreut. "Karui! Samui!" Ich eilte auf die drei Kumo-Nin zu und schüttelte ihre Hände. "Willkommen in Konoha. Ist Sensei nicht dabei?" "Er schickt dir Grüße und ein Geschenk. Aber leider ist er auf einer Mission", erklärte Omoi grinsend. "Lutscher?" Übergangslos steckte er mir einen der Lollis in den Mund, die er permanent zu lutschen pflegte. Himbeer. Immerhin hatte er Geschmack. "Ich habe keinen Lutscher. Darf ich trotzdem eintreten?", fragte Kankurou. Ich wandte mich zum Ratsherrn Sunagakures um. "Natürlich darfst du das, Kan-chan." "Der Kazekage lässt sich entschuldigen. Er wäre gerne gekommen, aber im Moment kann er Sunagakure nicht verlassen. Es liegt etwas in der Luft", erklärte der schwarzgekleidete Puppenmeister, während wir einander die Hände schüttelten. "Aber er hat dir ein Geschenk gesandt und ich soll dir herzliche Glückwünsche ausrichten." "Danke, Kan-chan." "Was denn? Uns begrüßt du gar nicht?", beschwerte sich Lian bei mir. "Natürlich tue ich das, aber alles geht hier streng nach Reihenfolge. Zuerst der mächtige Ratsherr von Sunagakure, dann seine Schergen", scherzte ich. "Hallo. Schön, euch zu sehen, Lian, Tooma." Die beiden Suna-Nin begrüßten mich herzlich, obwohl es gar nicht so lange her war, dass wir einander gesehen hatten. Tooma war noch ein Stück größer geworden. Lian auch, wenngleich das nicht die Körpergröße betraf. Und ihr ehemals herbes Gesicht war nun mindestens so hübsch wie das ihrer Mutter. Aber man sagte ja, das nichts eine Frau schöner machte als die Liebe. Und sie und der Puppenspieler Tooma waren heftig ineinander verliebt. "Ist hier zufällig das Ende der Schlange, um beim mächtigen ewigen Chunin vorstellig zu werden?", fragte eine weitere bekannte Stimme. Ich sah erfreut zu den Neuankömmlingen herüber. "Amir! Hassin! Khal!" Die drei Jounin aus Tsukigakure kamen rasch näher und begrüßten mich herzlich. Wenn nicht zu meiner Volljährigkeit, wann sonst hätte ich sie einladen sollen? "Da traut man sich ja gar nicht richtig...", klang eine schüchterne Mädchenstimme zu mir herüber. "Susume-chan?" Erfreut eilte ich auf sie zu. "Was bist du gewachsen. Wie bekommt dir der Dienst in der Burg?" Ein scharfer Blick traf den Mann in ihrer Begleitung: Tsuyoshi, ihr Freund, der mittlerweile als Hauptmann diente. "Du behandelst sie doch gut?" "Alles in Ordnung, Mamoru-san!", sagte er und hob beschwichtigend die Hände. "Ich trage sie auf Händen." "Nur über Pfützen", scherzte Susume. "Ich soll schön von Papa und Onee-chan grüßen. Sie ist wieder schwanger, deshalb wollen sie nicht weit reisen." Papa nannte sie Genta, den ehemaligen Banditen, der Genta-no-Son gegründet und zum Erfolg gemacht hatte, mittlerweile. Wirklich, der Straßenräuber hatte die Kurve gekriegt und sein Leben auf ein besseres Fundament gestellt. "Immerhin du bist hier." "Und mein Freund." "Ach ja, und dein Freund", sagte ich gespielt säuerlich. Dennoch ging der Offizier einen halben Schritt zurück und lächelte verlegen. Hatte er Angst vor mir? Sehr gut. "Kommt rein", sagte ich versöhnlich. Damit waren alle Auswärtigen, die ich geladen hatte und die auch hatten kommen können, eingetroffen. Dazu kam meine Familie - was die Nara einschloss - und einige spezielle Freunde aus Konoha, die schon da waren. Abzüglich einiger Leute, die nicht kommen konnten. Naruto zum Beispiel war auf einer Mission, was ich sehr bedauerte. Aber ansonsten konnte ich mich nicht beklagen. Freudestrahlend folgte ich meinen Gästen in den Saal. "Mamo-chan, kann ich dich kurz sprechen?", fragte Ryu Kaminari. Er nickte in Richtung der Ecke, wo der Tisch stand, auf dem ich meine Geschenke sammelte. Nicht, dass ich damit gerechnet hatte. Aber für den frühen Nachmittag war er schon gut gefüllt. Eines der Geschenke war von Ryu. Bücher für meine umfangreiche Bibliothek, wie ich vermutete, wenn ich auf Gewicht und Form des Pakets schloss. "Natürlich." Also stellten wir uns abseits. "Was diesen Haru angeht...", knurrte er. "Ich bin ganz Ohr." "Damit das klar ist, Hana-chan gebe ich nicht her. Nicht mal für dich." "Glasklar." "Wenn dieser Haru sich also was einbildet, wenn er meint, er könnte hintenrum bei ihr landen, komme ich vornerum mit dem Schwert. Ich hoffe, das ist ihm klar." "Wenn es ihm nicht klar ist, werden wir es ihm klar machen", versprach ich. Ryus Miene hellte sich auf. "Ich kann mich also auf dich verlassen, Mamo-chan?" "Natürlich kannst du das. Ich werde nicht zulassen, dass so etwas Dummes passiert wie dass sich ausgerechnet unsere Hana-chan auf so einen Kerl einlässt, keine Sorge." "Danke. Schlimm genug, dass ich sie mit dir teilen muss", erwiderte er erleichtert, aber auch ein wenig verärgert. "Aber das wusste ich wenigstens vorher." "Nun." Das machte mich doch ein wenig verlegen. Er hatte ja Recht. Ich schlief nicht mit ihr, das hatte sie nie gewollt, aber wir waren einander noch immer näher als manche Geschwister. Man konnte beinahe sagen, uns gab es nur zusammen. Glücklicherweise war Ryu gut mit mir befreundet, Teufel auch, er war mein bester Freund in Konoha. Allein deshalb konnte es mit ihm und Hanako gut gehen. Zumindest hoffte ich das, als Balsam für mein Ego. Ich klopfte ihm auf die Schulter. "Keine Sorge, ich bin bei dir." "Ich weiß", erwiderte Ryu. "Und ich weiß das zu schätzen." "Wo ist denn das Geburtstagskind?", klang hinter uns die Stimme der Hokage auf. "Hier, Tsunade-sama!" Ich lächelte erfreut und kam zur Tür. Dort stand sie, begleitet von Shizune, wie immer, eigentlich. Sogar Buta-kun, das kleine Schweinchen war dabei. "Danke, dass Ihr gekommen seid." "Danke für die Einladung, Mamo-chan", sagte Shizune verschmitzt lächelnd. Das Schweinchen grunzte bestätigend. "Kommt doch rein", bat ich. "Langsam, langsam. Zuerst ist dein Geschenk dran. Mal sehen. Das letzte Mal habe ich dir zum Geburtstag ein ANBU-Team geschenkt", sagte sie nachdenklich, auf die Geschehnisse in Suna anspielend. "Was also kann ich dir dieses Jahr schenken?" "Alleine deine Anwesenheit ist bereits Geschenk genug, Tsunade-sama", erwiderte ich. "Galante Antwort. Aber ich habe schon etwas ausgesucht." Sie überreichte mir zwei Schriftrollen, die sie von Shizune übernahm. "Deine offizielle Akkreditierung als Tokubetsu Jounin Konohas inklusive einer temporären diplomatischen Immunität, die du im Yuki no Kuni eventuell gebrauchen kannst." "Danke, Tsunade-sama." Diplomatische Immunität? Für einen Ninja? Wusste sie etwas, was sie mir noch nicht mitteilen wollte? Ahnte sie etwas? Gab es ein Problem? Mit gemischten Gefühlen nahm ich beides entgegen. Immerhin, ich dachte nicht länger über die Akkreditierung als Jounin nach und beschäftigte mich mehr mit der Immunität. "Wenn du schon dabei bist, Geschenke auszupacken, dann mach unseres doch auch gleich auf." Kira grinste wie ein Honigkuchenpferd. Er, Shinji und Mai standen hinter mir und hielten mir das Päckchen entgegen, mit dem sie gekommen waren. "Gut, gut." Ich öffnete es und fand zu meiner Verwunderung ein Buch und eine Vase mit Steckmoos. "Nanu?" "Du hast zwar keine Ambitionen, mal Hokage zu werden", erklärte Shinji grinsend, "aber falls du dich doch mal dazu entschließen solltest, musst du Ikebana erlernen, die Kunst des Blumensteckens. Das scheint eine Grundvoraussetzung zu sein, wenn man Kage werden will." Tsunade-sama lachte schallend. "Eine sehr gute Idee. Soll ich dir ein paar Stunden geben, Mamo-chan?" Innerlich amüsiert, aber nach außen säuerlich sah ich mir das Geschenk an. "Danke, Tsunade-sama. Die werde ich jetzt wohl auch nötig haben." Meine Genin grinsten dabei von einem Ohr zum anderen. "Nicht, dass ich wirklich Hokage werden möchte, oder so." "Wenn du schon mal dabei bist... Hier, bitte." Ich nahm das kleine Paket aus Shinpachis Händen entgegen. Es war eine Kreuzvorrichtung für den Rücken, mit der man zwei Schwerter tragen konnte. Ein übliches Gimmick unter Shinobi. Dieses hier war aus schwarzem Holz gefertigt, geschliffen, lackiert und dann an den entscheidenden Stellen mit geschwärztem Stahl beschlagen worden. "Selbstgemacht?" Shinpachi schmunzelte. "So gut bin ich dann doch nicht. Aber ich habe darauf geachtet, dass es die beste Arbeit Konohas ist." Ich fühlte mich sehr bewegt. Die Sache hatte nur einen Haken. Ich trug nur ein Schwert. Wenn ich denn eines hatte. Aber diesen Einwand zu bringen wäre nicht nett gewesen. Es war schlimm genug, das Shinpa-chan es in meinen Gedanken lesen konnte. Aber warum grinste er dann noch immer. "Mein Geschenk ist leider auch nicht neu", sagte Kishio bescheiden. Er breitete eine Beschwörungsrolle neben sich aus, berührte einen der Versieglungskreise mit einer Hand und hob die andere. "Kai." Die Versieglung brach auf. Hervor kamen zwei Schwerter, kunstvoll gearbeitete, mattierte Waffen, nur etwas kürzer als ein Katana, etwas länger als das übliche Ninja-Schwert. Augenscheinlich für einen Mann gearbeitet, der größer als der durchschnittliche Ninja war. Also perfekt für mich. Ich betrachtete die Ornamente auf den lackierten Scheiden für einen Moment und erkannte mehrfach jene Symbole, mit denen sich Moeru für bestandene Prüfungen zu tätowieren pflegten. Kishio nahm beide Waffen auf und bot sie mir mit nach oben geöffneten Handflächen dar. "Ich habe sie überarbeiten und schärfen lassen. Sie sind sofort einsatzbereit." Er lächelte seinen großen Bruder an. "Wir haben bei dem Geschenk zusammengearbeitet, Nii-chan." Ich nahm die beiden Waffen entgegen. Es waren schöne, gut austarierte Klingen, die... Ich stutzte, als ich einen winzigen Gedankenfetzen Kishios erwischte, den er zu unterdrücken gedacht hatte. Es war der Blick auf eine verbrannte Hütte, begleitet vom Gestank von verbranntem Holz und verschmorten Fleisch, und ich sah junge Hände in der noch warmen Asche arbeiten, um zu einem Versteck im Boden zu gelangen, wo die Schriftrolle gelegen hatte. Kishio hatte diese Waffen aus den Trümmern seines Dorfes gerettet. Mehr noch, ein noch flüchtigerer Gedanke ließ mich diese Schwerter an einem voll ausgerüsteten Shinobi mit bereits ergrauten Haaren erkennen, der Kishio und Shinpachi verdammt ähnlich sah. Ich verstand. Ich verstand wirklich. "Das kann ich nicht annehmen", sagte ich mit versagender Stimme. "Du hast sie doch schon angenommen, Aniki", sagte Kishio lächelnd. "Aber dies sind die Waffen deines Großvaters, und..." "Es sind Waffen. Waffen wollen benutzt werden. Und für mich sind sie zu lang und Shinpachi ist kein Schwertkämpfer. Außerdem will ich, dass sie in der Familie bleiben." Ich war gerührt, hatte einen Kloß im Hals. "Danke", sagte ich und schloss die Hände um die Waffen. Um meine Waffen. Ich steckte sie in die Halterung und platzierte diese dann auf dem Geschenktisch. Für die Reise ins Yuki no Kuni würde ich sie bereits tragen. Ob Kishio und Shinpachi wussten, welche Last sie mir damit aufgebürdet hatten? Egal. "Lasst uns feiern", sagte ich fröhlich. Leider ging das nicht, denn nun bestanden meine anderen Gäste darauf, dass ich ihre Geschenke öffnete. Und gerade kamen weitere Gäste aus Konoha an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)