Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 27: Schneidender Wind 1 ------------------------------- Prolog: Wenn ich bisher mit meinen Erzählungen, meinen Erinnerungen an meine Zeit als junger Shinobi unterhalten konnte, so ist das ein eigentlich ungewollter Nebeneffekt. Sicher, es ist ein blutiges, gewalttätiges Gewerbe voller Tod und Vernichtung, und jeder Lacher tut einem gut. Und wahrscheinlich verkläre ich in meiner Erinnerung durchaus die eine oder andere Geschichte ein wenig, und sehe damals brenzlige Situationen mit meiner jetzigen Erfahrung eher gelassen. Aber wenn ich etwas vorhatte, dann sicher nicht, einen humorvollen Text zu schreiben. Den Humor, der sich einschleicht, sehe ich als kostenlose Zugabe an. In erster Linie geht es mir darum, meine eigenen Erlebnisse zu verarbeiten, zu konservieren, selbst zu verstehen was ich noch weiß. Selbst zu verstehen, was ich getan habe, was mir passiert ist. Und irgendwie stehen mir die Erinnerungen an jene Tage seltsam klar vor Augen. Ich sehe sie, als würde ich sie als Begleiter meines jüngeren Ichs gerade selbst erleben. Ich kann mich an Details erinnern, die so unwichtig sind, dass ich mich frage, womit sich mein jüngeres und dümmeres Ich nur beschäftigt hat, in diesen oder jenen Momenten. Aber ich kann mich nicht tadeln, denn gerade ich weiß, was für schreckliche und grandiose Zeiten noch auf ihn warten. Und so nehme ich es hin, dass ich noch weiß, dass Hanakos Haar nach Flieder geduftet hat, als sie zum vollwertigen Chunin erklärt wurde, nur ein paar Tage, nachdem wir aus dem Land des Wassers zurückgekehrt waren. Und das Karin am gleichen Tag, als auch sie Chunin geworden war, vor der Ernennung bittere Tränen geweint hatte, weil das bedeutete, das wir nicht mehr zu dritt agieren würden. Zumindest sehr viel seltener als zuvor. Aber ich habe sie stolz und strahlend gesehen, als sie ihre Bestätigung im Chunin-Rang empfangen hatte. Ich erinnere mich an den Geruch von frisch geschnittenem Gras, als ich erst Karin, und dann Hanako zu ihren ersten eigenen Chunin-Missionen verabschiedet hatte, sehe immer noch die dicken Gewitterwolken, die nur eine Stunde später einen heftigen Starkregen nach Konoha bringen würden, erinnere mich an jedes Wort unseres Abschieds. Und ich verspüre immer noch die innere Zerrissenheit, als ich zuerst die eine, dann die andere mit ihrer Dreiergruppe verschwinden sah. Ich hatte mich selten hilfloser gefühlt. Ich war mir vorgekommen, als hätte ich meine Mädchen verraten. Aber es ging nicht anders. Wir waren nun alle drei Chunin, und die Zeit würde kommen, in der wir wieder zusammen arbeiteten. Bis dahin blieb mir nur, ein guter Ninja und Anführer zu sein. Und ich hoffe, das war ich, in all den Jahren... Meine nächste Erzählung setzt ein halbes Jahr später ein. Ich hatte meinen sechzehnten Geburtstag schon lange hinter mir, und meine Mädchen mittlerweile auf drei Gruppenmissionen gehen sehen, während ich mehrere A-Rang-Missionen bestritten hatte, eine davon alleine. Damals war ich natürlich fest davon ausgegangen, sie nicht zu überleben, weil ich meine Kräfte nicht einschätzen konnte. Aber ich war auch trotzig gewesen, nach dem Motto: Jetzt erst Recht. Ich behielt Recht, übrigens. Ein halbes Jahr später aber sollte ich ohne meine Mädchen auf eine eher harmlose Mission, bei einer Chunin-Prüfung in Sunagakure einen Lehrer spielen und die Leistungen unserer Genin beurteilen. Eine einfache Sache. Dachte ich. Bis zu einem gewissen Punkt. Ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass dem leider nicht so war. Aber was rede ich. Hier ist die Geschichte. 1. "Herein!" Tsunade-samas laute Stimme ging mir durch Mark und Bein. Die große blonde Frau mit der beträchtlichen Oberweite konnte einigen Shinobi Angst machen. Nicht nur weil sie angeblich im Besitz eines Jutsu war, das sie unsterblich machte; ihre Persönlichkeit war ein Vorschlaghammer, den sie an unvorsichtigen, frechen oder dummen Shinobi ausführlich trainierte. Täglich. Ich selbst hatte diesen Hammer schon mehrfach abbekommen. Nach ihrer Aussage, um mich stärker zu machen. Ich vermutete ja eher, es machte ihr Spaß, mich zu quälen. "Ich sagte: Herein! Morikubo-kun!", blaffte sie. Ich stellte meine Gedanken hintenan und betrat ihr Büro. "Du hast mich rufen lassen, Tsunade-sama?" "Ja, das habe ich. Schön, das du so schnell reagiert hast, Morikubo-kun." Sie grinste, auf eine überlegene Art. Das war nie ein gutes Zeichen bei ihr. Also ersparte ich es mir, ihr zu erklären, das ich gerade in der Wanne gelegen hatte, als sie mich rufen ließ, und das meine Kleidung am nassen Körper klebte - und draußen war der junge Frühling klamm und nass. Sie musterte mich eindringlich. "Morikubo-kun, du wirst nach Suna gehen." "Nach Suna?", fragte ich erstaunt. "Ja, Himmelherrgott, habe ich hier ein Echo im Raum?", fuhr sie mich an. Ich straffte mich. "Sunagakure. Jawohl, Tsunade-sama. Was soll ich dort tun?" "Schon besser", sagte sie süffisant. Sie deutete neben sich. Dort saßen auf einer Stuhlreihe Kurenai-sensei, Asuma und Uzuki-sensei, rechts neben ihnen Might Guy-sensei und Hatake-sensei. Letzterer las nicht einmal in seinem Lieblingsbuch, was einiges über Tsunade-sama aussagte. "Wir schicken diesmal sechs Genin zur Chunin-Prüfung nach Sunagakure", sagte Kurenai-sensei. "Meine Gruppe, und die von Guy. Wir sind der Meinung, dass sie es diesmal schaffen werden." "Deine Gruppe kenne ich ja, Kurenai-sensei." "Yuuhi!" "Yuuhi-sensei", beeilte ich mich zu sagen. "Aber die Gruppe von Guy-sensei kenne ich leider nicht." Der große schwarzhaarige Mann in seinem grünen Trainingsanzug begann bellend zu lachen. "Natürlich kennst du sie schon, zumindest zwei von ihnen." Der Mann erhob sich lächelnd und verbeugte sich knapp, aber lange vor mir. "Als ihr Lehrer entrichte ich dir den längst überfälligen Dank dafür, dass du bei der Zerstörung von Otogakure so gut auf sie geachtet hast und sie hast entkommen lassen, wobei du dein Leben riskiert hast, Mamoru-tono!" Das brachte mich in die Bredouille. Ich hatte damals zweihundert Genin unter meinem Kommando gehabt. Wenn sie aber Teil einer Genin-Gruppe waren, die noch immer einen Jounin hatte und nun zu einem Examen aufbrechen würde, konnten das durchaus jüngere Genin sein. Ich stutzte. "Ach, genau! Neji-kun und Tenten-chan!", rief ich aufgeregt. "Ich habe die zwei ja schon eine mittlere Ewigkeit nicht mehr gesehen! Wie geht es den beiden?" Guy setzte zu einer Erklärung an, aber Tsunade-sama fuhr uns dazwischen. "Beredet das später! Jetzt wollen wir erst mal die Fakten klären. Dies ist die erste Chunin-Prüfung, an der wir seit dem Angriff auf Konoha wieder teilnehmen, und ich will, dass es so viele unserer Genin wie möglich in die Finalrunde schaffen. Dies wird unsere neue Visitenkarte für die Welt sein. Und ich erwarte einen verdammten Erfolg!" "Ja, Tsunade-sama", murmelte ich, und hörte die gleichen Worte aus weiteren Mündern. "Jedenfalls ist kein Jounin verfügbar, der noch mitgehen könnte. Asuma hat dann dich vorgeschlagen, und Kakashi hat dem zugestimmt." Merkwürdig. Ich hätte erwartet, Zuspruch von Kurenai-sensei und Uzuki-sensei zu erhalten. Aber von Kakashi? Ich erinnerte mich noch zu gut daran, wie er mich vor meiner Mission ins Land des Wassers mit einem Fingerschnippen meterweit hatte fliegen lassen. "Ich erwarte kein besonderes Gefahrenpotential für unsere Genin, oder gar für unsere Jounin oder dich, Morikubo-kun. Dennoch, werdet nicht leichtsinnig. Ein Shinobi weiß nie, was hinter der nächsten Hausecke auf ihn wartet." Sie musterte mich einige Zeit eindringlich. "Du bist der Wunschkandidat meiner Jounin. Und ich muss gestehen, ich denke auch, dass du die Leistung deines Genins gut genug bewerten kannst, um ihn uns zu empfehlen oder nicht. Ich erwarte dann deinen Bericht. Ihr brecht Übermorgen früh auf." Wir bestätigten, und verließen nacheinander das Büro. Das war relativ kurzfristig, aber nicht ungewöhnlich. "Wen ersetze ich denn?", fragte ich nonchalant, als wir zu sechst auf dem Flur standen. "Gekko", sagte Uzuki-sensei, während sie an mir vorbei trat. Ich fühlte mich, als hätte man mir einen Kübel Eiswasser in den Nacken geschüttet. "Sensei, ich..." Sie wandte sich mir zu. Ihr hübsches Gesicht zeigte ein Lächeln, das sogar ihre Augen erreichte. Obwohl sie mittlerweile kleiner war als ich, wuschelte sie mir durch die Haare. "Und ich finde, dass das eine gute Entscheidung ist. Du wirst Gekko Ehre machen. Noch mehr Ehre als ohnehin schon. Ich bin sicher, er wäre sehr stolz auf dich und Karin und Hanako, wäre er noch unter uns." Die Verlegenheit schloss meine Kehle. Ich brachte kein Wort hervor. Wusste sie eigentlich, was sie mir gerade antat? "Na, na", klang Asumas Stimme auf. "Wer wird denn hier alte Geschichten aufwärmen? Wollen wir nicht lieber irgendwo schick essen gehen, um unsere gemeinsame Reise einzuläuten? Ich hätte Lust auf koreanisches Barbeque. Und ich gebe einen aus." "Na, das ist doch mal ein Vorschlag!", stimmte Uzuki-sensei zu. "Ich bin dabei." "Ich auch", sagte Kurenai-sensei. "Was ist mit euch? Guy, Kakashi?" "In einem gesunden Körper kann man nur stecken, wenn man ihn mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt! Natürlich bin ich dabei!", rief Guy aufgeregt. Hatake-sensei atmete einmal kurz tief aus. "Dann muss ich wohl auch. Also, gehen wir." Er sah zu mir herüber. "Was ist mit dir, Mamo-chan?" "Oh, ich komme gerne mit. Aber vorher müsste ich noch mal schnell nach Hause und ein paar wichtige Sachen erledigen." Mich aus meinen klammen Klamotten schälen, noch mal abbrausen, ordentlich abtrocknen und trockene Sachen anlegen. "Das verstehe ich nicht. Deine Mädchen sind doch gar nicht in der Stadt", feixte der weißhaarige Jounin. "Seine Mädchen? Habe ich da was nicht mitgekriegt?", fragte Guy interessiert. "N-nicht so wichtig! Ich komme jedenfalls nach!", sagte ich hastig. "Asuma, der gleiche Laden wie immer?" "Ja, der wie immer. Und lass dir ruhig Zeit beim Abtrocknen!", rief er mir nach. Spöttisches Gelächter hallte mir nach. Natürlich freundlich gemeintes spöttisches Gelächter. Ab jetzt war ich mit fünf Jounin unterwegs, und es schien, dass sie mich das gleich vom Start hinweg spüren lassen würden. Nun gut, sie waren Jounin, und ich nur ein Chunin. Das sie mich ausgewählt hatten, war alleine schon eine Riesenehre. Dennoch nahm ich mir fest vor, mich nicht unterkriegen zu lassen. Nicht von Konoha-Jounin. Ich grinste bissig. *** Ich fühlte mich nach der zweiten Dusche und in frischen Klamotten deutlich wohler. Als Ninja hatte ich schon weit größere Missstände in Kauf genommen, zum Beispiel damals im Land der Reißzähne, als ich zwanzig Stunden unter Wasser verbracht hatte, mit nicht mehr als einem simplen hohlen Schilfrohr zum Luftholen ausgestattet, um meinen Verfolgern zu entgehen... Goldene Erinnerungen. Und es bewies, dass ein Schilfrohr im Schilf nicht auffiel. Manchmal waren die Klassiker eben die besten Tricks. Aber wenn ich schon mal nicht auf einer Mission war, dann sah ich auch keinen zwingenden Grund, auf ein wenig Komfort zu verzichten. Gut gelaunt machte ich mich also auf den Weg zur Gaststätte. Wenn die Jounin glaubten, dass sie mit dem Herrn Chunin verfahren konnten wie immer sie wollten, würden sie bald einsehen, dass auch der kleine Shinobi Mamoru Morikubo ein klein wenig mehr war als sie erwarteten. "Wohin des Weges?", sprach mich eine vertraute Stimme an. Ich wandte mich ihm zu. Natürlich, mein Cousin Shikamaru. Wer sonst würde mitten am hellichten Tag nutzlos auf der Straße herumgammeln? "Asuma gibt einen aus. Willst du mitkommen?" Er sah mich einen Moment berechnend an, bevor er sich zu einem entsagenden Seufzer durchrang. "Nein, kein Bedarf. Aber kann ich dich ein Stück begleiten?" "Ich habe nichts dagegen. Wo drückt denn der Schuh?" Shikamaru drückte sich von der Wand ab und schloss zu mir auf. Die ersten Meter gingen wir schweigend, während sich der junge Chunin sortierte. Ich spürte, dass ihm der Grund, wegen dem er mit mir sprechen wollte, zu schaffen machte. "Niichan, hat es dich nie gestört, dass...", begann er, brach aber unsicher wieder ab. "Dass ich das Schattenjutsu der Naras nicht beherrsche? Dass ich früher von einigen Clansmitgliedern als unfähig angesehen wurde? Dass ich erst die Chunin-Prüfung bestehen musste, bevor sie kapiert haben, dass ich auch ohne die Schattenkünste ein erfolgreicher Shinobi sein kann? Meinst du das?" Shikamaru lächelte schmallippig. "Du hast es schon immer gut verstanden, in die Herzen anderer Menschen zu blicken. Eine Fähigkeit, die ich auch gerne hätte. Aber ich hatte nie so viel Interesse an anderen Menschen, und..." "Und außerdem würde das ja Mühe bedeuten, oder?", fragte ich grinsend. Shikamarus Faulheit war legendär, aber ohne wirklich belegt werden zu können. Es war eher so, dass er sich nach einfachen Strukturen sehnte, nach einfachen Entscheidungen. Zwar wurde er dank seiner hohen Intelligenz gerade mit komplexen Problemen geradezu spielerisch fertig, aber der Aufwand war es, der ihm das Genick brach. Hinsetzen, nachdenken, Lösung finden, all das war kein Ding. Für die Lösung dann aber zwanzig Ninjas zu koordinieren ging ihm gegen den Strich. Und ausgerechnet dafür hatte er grandiose Fähigkeiten... Es war ein Kreuz für ihn. Aber die Alternative war, dass Schlechtere als er auf seine Missionen gingen, und das konnte er auch nicht zulassen. Manchmal fragte ich mich, ob ich in Shikamarus Sicht auch einer der "Schlechteren" war. Wenn ja, hat er es mich nie merken lassen. Er legte beide Arme an den Hinterkopf, verschränkte sie und sah in den Himmel. "Auch", gestand er. "Aber manchen Dingen kann man im Leben nicht entkommen, ohne zu riskieren, was man ansonsten vom Leben erhalten hat, denke ich." Er sah mich wieder an. "Und? Wie lautet deine Antwort, Niichan?" Ich schnaubte amüsiert. "Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht fluche wie ein Seemann, weil ich nicht die geringste Affinität zur Nara-Kunst habe. Ich komme mir seit meiner frühesten Kindheit wie ein erbärmlicher Versager vor, der immer nur im Hintergrund stehen darf. Ich habe Jahre gebraucht um zu begreifen, dass ich eigentlich für einen Platz im Vordergrund geschaffen worden bin. Aber dennoch, meinen Schatten nicht manipulieren zu können ist eine schlimme Strafe." Ich senkte den Kopf. Meine eigenen Worte hatten mir weh getan. Weil sie so wahr waren, elementar wahr. "Und du hast es im Griff?" Ich lächelte dünnlippig. "Manche Dinge musst du nicht im Griff haben. Dafür sind sie auch gar nicht gedacht. Du musst sie nur akzeptieren. Aber sie hören nie auf zu schmerzen." "Also quält es dich jeden Tag." Ich nickte. "Früher mehr als heute, weil es für mich unwichtiger geworden ist. Ich habe andere Fähigkeiten, andere Qualitäten. Und ich werde nicht auf meine Fähigkeit reduziert, Affen beschwören zu können. Das hilft ein wenig, denke ich. Und gegen das Gefühl, nicht dazu zu gehören, habe ich ja dich und deinen Vater." Für einen Moment stockte Shikamaru bei diesem Lob, aber wirklich nur für einen Moment. Dann hatte er in seine Spur zurückgefunden. "Das mit den Affenkriegern finde ich wiederum phantastisch. Ich kann nur ein bisschen Schatten manipulieren, du aber hast die gleichen Kontraktpartner wie der Sandaime Hokage. Du weißt, dass die Affen sich sehr genau aussuchen, mit wem sie einen Kontrakt schließen. Es soll nicht nur einmal vorgekommen sein, das ein bestehender Kontrakt von ihrer Seite aus wieder gelöscht wurde." Nun, ich hatte die Rolle gesehen, auf der ich mit meinem Blut unterschrieben hatte, und ich kannte die Zahl jener, die einen Kontrakt abgeschlossen hatten. Und die Zahl jener, deren Name wieder gelöscht worden war. Die Rolle ließ diese Felder frei, und mit einem guten Auge konnte man die Namen noch erkennen, wenn man es wollte. Ob ich ihm erzählen sollte, dass Orochimaru zu jenen gehörte, deren Kontrakt gelöscht worden war? Ich entschied mich dagegen. Das war eine interne Angelegenheit der Affen und ihrer Kontraktpartner. "Danke, dass du mich trösten willst. Aber ich bin mittlerweile sehr viel härter im Nehmen, als ich es früher war. Mach dir also keine Sorgen um mich. Ich gewinne meine Kämpfe auch ohne die Fähigkeiten der Naras." Nachdenklich sah ich ihn an. "Aber darum geht es dir auch nicht so richtig, oder?" "Woher...?" "Nur so ein Gefühl. Also raus mit der Sprache, Lieblingscousin: Was nagt an dir?" Verlegen sah er zu Boden. "Sie wollen mich zum Jounin machen. In einem halben oder ganzen Jahr. Wegen meiner Leistungen und meiner Qualitäten als Anführer." Ich klopfte dem Kleineren kräftig auf die Schulter. "Na, das ist doch großartig! Ich meine nicht für dich, dann hast du ja noch mehr Arbeit. Aber du kannst dich dann ruhigen Gewissens zu den besten Shinobi Konohas zählen." "I-ich wollte ablehnen", stammelte er. "N-nein, nicht weil ich die Arbeit nicht haben will. Es ist nur so, dass... I-ich kann doch nicht Jounin werden, wenn du..." Verblüfft sah ich ihn an. "Du willst kein Jounin werden, bevor ich nicht Jounin bin? Das ist es?" Shikamaru sah mich stumm an und nickte. "Dann mach es. Nichts könnte mir mehr Recht sein, als nicht zum Jounin befördert zu werden. Lass dir das nicht zu schaffen machen, Shikamaru. Es gibt da eine alte Regel für Shinobi: Jeder wird bis zur Grenze seines persönlichen Könnens befördert. Meine Grenze ist der Chunin. Jedenfalls zur Zeit, aber ich sehe nicht, dass sich das ändern wird. Vielleicht bieten sie mir eines Tages den spezialisierten Jounin an, so wie Aoba-sensei, aber ich glaube nicht, dass ich je in den elitären Kreis der besten Ninjas Konohas aufsteigen werde. Das wäre vielleicht etwas viel verlangt." Shikamaru sah mich auf eine merkwürdige Art an. "Äh, Niichan, du weißt aber schon, dass sie dich auf A-Rang-Missionen schicken, oder? Das hat doch schon was von einem spezialisierten Jounin, oder nicht?" Nun, ich gebe zu, damals war ich in diesem Thema betriebsblind und störrisch. Und ich klammerte mich an Kleinigkeiten, um meine Welt zusammen zu halten. Also antwortete ich auch störrisch. "Solange mir niemand sagt, dass ich plötzlich die Fähigkeiten für einen Jounin entwickelt habe und im Rang aufgestiegen bin, gehe ich davon aus, dass ich weiterhin Chunin bin. Und das ist mein letztes Wort." Shikamaru lächelte verschmitzt. "Okay, habe es kapiert. Also kann ich ruhig Jounin werden, oder?" "Wie ich schon sagte, mach es. Ich glaube, es gibt nicht sehr viele Shinobi in Konoha, die in deinem Alter als würdig befunden wurden, Konoha, das Land des Feuers und seine Kameraden in dieser Position zu verteidigen. Du machst mich sehr stolz, wenn du in absehbarer Zeit Jounin wirst." Er stockte, als er antworten wollte. Nachdenklich sah er wieder in die Wolken. "Hat man dir das eigentlich mal erzählt, diese Geschichte, dass man gewisse Posten nicht ablehnen sollte, weil sie sonst Schlechtere übernehmen und so? Und dass es dann in einer Situation, die man selbst gemeistert hätte, unnötig viele Verluste unter den Shinobi geben kann?" "Ja, das hat man. Und ich bin froh, dass ich diese Position erreicht habe, in der ich Konoha am Besten dienen kann, Shikamaru." Er warf mir einen scheelen Seitenblick zu, bevor er leise seufzte. "Du machst mich auch stolz, Niichan", sagte er unvermittelt. Erstaunt blieb ich stehen. Damit hatte ich nicht gerechnet. "Was?" "Ich sagte, dass du mich auch stolz machst. Nicht nur auf meinen Cousin, sondern auch auf den Shinobi, der du bist. Für mich bist du ein wichtiges Vorbild." Hastig wedelte ich mit beiden Armen. "Vergiss das mal schnell wieder, das mit dem Vorbild. Such dir da lieber andere Leute aus. Asuma zum Beispiel, Kurenai-sensei, oder meinetwegen Tsunade-sama. Aber an mir gibt es nicht viel, worauf man stolz sein kann." Shikamaru lachte abgehackt. "Lass mich mal nachdenken. Du hast die Chunin-Prüfung bestanden, oder?" "Ja, in einem Alter, als Asuma längst spezialisierter Jounin war", wiegelte ich ab. "Und du bist auch Chunin, oder etwa nicht?" Shikamaru lächelte. "Okay, was ist mit dem Gegenangriff auf die Oto-Nin, vor den Toren Konohas? Du bist mitten in ihre Neuordnung rein geplatzt und hast sie aufgesprengt, bevor sie erneut in die Stadt eindringen konnten." "Das war ich doch nicht alleine", sagte ich hastig. "Und wenn du gleich als Nächstes zum Angriff auf Otogakure kommst, da war ich auch nicht alleine." "Und was ist mit dieser Chakra-Bombe, die du stabilisiert hast, bis der letzte Shinobi und der letzte Mensch aus Otogakure den Gefahrenbereich verlassen hatte?" "Okay, das war tapfer, aber auch dumm", murmelte ich. "Allerdings auch absolut notwendig." "Und dann ist da noch die Geschichte mit der Burg, die du mit nur acht Shinobis erobert hast, oder? Man erzählt sich ja, der Groß-Daimyo des Landes des Wassers hätte ein sehr lobendes Schreiben an Tsunade-sama verfasst." Erstaunt sah ich den Jüngeren an. "Davon weiß ich ja gar nichts!" Shikamaru lachte leise. "Wahrscheinlich haben sie dir absichtlich nichts erzählt. Aber egal. Ich sehe mehr als genügend Gründe, um auf dich stolz zu sein, Niichan." Ich seufzte leise. "Nicht, dass mich das nicht freuen würde. Immerhin bist du für mich wie ein kleiner Bruder, und welcher große Bruder freut sich nicht, wenn der kleine stolz auf ihn ist. Aber nimm dir wenigstens andere Vorbilder als mich." "Vorbild? Davon habe ich nie was gesagt, Niichan." Auf diese Worte muss ich ein so dummes Gesicht gemacht haben, dass Shikamaru einen Lachanfall erlitt. Er wollte gar nicht mehr aufhören, zumindest bis ich ihn zurückzulassen drohte. "War-hahaha-warte doch, Niichan. Hi, hi. Das war doch nur Spaß. Kein Grund beleidigt zu sein." "Doch, jetzt bin ich beleidigt!" "Niichan!", rief er und ergriff mich an der Schulter. "Es tut mir leid. Aber ich habe so wenige Gelegenheiten, dich mal richtig baff zu sehen, da habe ich halt die Situation ausgenutzt. Glaub mir doch, du bist eines meiner Vorbilder. Weil du nicht aufgibst. Weil du hartnäckig bist, und etwas wieder und wieder versuchst, bis es gelingt. Weil du selbst dann noch kämpfst, wenn dein rechter Arm gar nicht mehr kann - dann eben mit links. Das sind doch gute Dinge, die man sich zum Vorbild nehmen kann, oder?" Ich blickte kurz auf meinen rechten Bizeps. Dort wusste ich unter dem Ärmel eine lange, gleichmäßige Narbe, die genau jene Stelle markierte, an der ich vor Harusames Burg beinahe den ganzen Arm verloren hätte. "Das mit den Schmerzen solltest du vermeiden. Nimm das mal als guten Rat an", scherzte ich. "Ist gut." Er musste zwar noch immer grinsen, aber er lachte wenigstens nicht mehr. Während wir weiter gingen, musterte ich ihn. "Was ist, Niichan?" "Ich frage mich gerade, warum du so offen bist." "Ach weißt du, Mamo-niichan, ich habe über einiges nachgedacht. Über den Tod deines Senseis. Über den Tod des Sandaime Hokage. Wir sind in der gleichen Branche, oder? Und wir können auch jederzeit sterben, sei es durch eine Falle, oder weil wir einem Ninja begegnen, der stärker ist als wir. Da habe ich mir überlegt, wie gerne Hayate-sensei wohl noch ein letztes Mal mit euch hätte sprechen wollen, also mit Uzuki-san, dir und den Mädchen. Ich meine, ich möchte nicht, dass irgendwelcher Groll oder Missverständnisse bei meiner Familie und meinen Freunden zurückbleiben, wenn ich sterbe und sie nicht mehr aufklären kann." Abwehrend machte er eine Handbewegung in meine Richtung. "Nicht, dass du denkst, ich glaube meinen eigenen Tod zu ahnen, oder so. Aber wenn ich ehrlich... Ich meine, ehrlicher durchs Leben gehe, und Missverständnisse gar nicht erst aufkommen lasse, dann... Nun, viele meiner Freunde sind Ninjas, und können auch sterben. Ich will nicht, dass dann zwischen ihnen und mir ein Wort unausgesprochen ist. Oder zwischen dir und mir, Niichan. Das würde mir wehtun." Ich klopfte dem Jüngeren auf die Schulter. "Verstehe. Du hast ja Recht. Also ist das der Grund für deine neue Gesprächigkeit." "Ja. Ich will, dass du immer weißt, wie sehr ich dich schätze. Und ich will, dass du..." Ich brachte ihn mit einer Handbewegung zum Verstummen. "Ich hoffe, du zweifelst niemals daran, was ich wirklich in dir sehe, kleiner Bruder?" Das verblüffte ihn für ein paar Sekunden. Doch dann lächelte er. "Nein, natürlich nicht." Ich klopfte ihm erneut auf den Rücken, und wir gingen weiter. "Ich bin froh über deine neue Einstellung", sagte ich. "Ich denke, einiges von dem, was wir uns heute erzählt haben, gehörte ohnehin dringend ausgesprochen." "Ja, das denke ich auch. Ich freue mich, wie du über mich denkst, und wie du zu mir stehst, Niichan. Und wenn wir gerade dabei sind ehrlich zu sein: Was meinst du denn, wer es wird in deinem Leben? Karin-chan oder Hanako-chan?" "So ehrlich will ich dann doch nicht werden", sagte ich grinsend. Shikamaru musste erneut lachen. "Okay. Aber wenn du dich entschieden hast, vergiss nicht, es mir zu sagen." "Du wirst der Erste sein, der es erfährt", versprach ich wenig überzeugend. "Wenn ich es überhaupt erfahre, reicht mir das." Er klopfte mir zum Abschied grinsend auf den Oberarm und wandte sich um. Winkend ging er davon. "Viel Spaß in Sunagakure. Grüß mir Temari-chan, wenn du sie siehst." "Temari-chan? Wer ist das denn?", fragte ich spitzbübisch, um ihn in die Ecke zu treiben. "Deine Freundin?" Zu meiner Überraschung sah er kurz zurück, ohne verlegen zu sein. "Ein Freund. Glaube ich. Hoffe ich." Er winkte erneut, und setzte seinen Weg fort. "Also, auf diese Temari bin ich gespannt", murmelte ich, und setzte meinen Weg fort. "Sie muss schon sehr interessant sein, wenn sie Shikamaru eine Erwähnung wert ist." Ich beschloss, Asuma zu diesem Thema zu löchern. Ausführlich. *** "Also nochmal, du hast was?", fragte Guy. Seine Wangen waren vom Sake und vom Bier gerötet, und sein Blick war vor wenigen Sekunden noch fahrig gewesen. Nun aber schenkte er mir seine volle Aufmerksamkeit. "Hör mal, Sensei, ich hatte Amnesie, und sie hat die Situation ausgenutzt, und... Sie hat mir auch noch eingeredet, wir zwei wären..." "Also hast du tatsächlich..." Hastig leerte Guy sein Bier und orderte ein neues. "Und nun? Dein Stolz könnte verletzt sein, weil sie dich so sehr getäuscht hat, aber ich denke, es war eine ganz besondere..." "Komm wieder runter, Guy", sagte Uzuki-sensei mit verärgerter Stimme. "Du musst hier nicht alles wissen." "Aber Mamo-chan ist der Schüler des Sandaime Hokage", begehrte er auf. "Trotzdem. Du erzählst ihm ja auch nicht, mit wem du schläfst. Oder einer von euch anderen." Asuma begann spontan zu husten, und Kurenai-sensei verschluckte sich prompt an ihrem Sake, doch ich schien der einzige zu sein, dem das auffiel. Kakashi sah kurz auf, aber wie immer konnte ich seinen Blick nicht deuten. Uzuki-sensei rückte ein Stück zu mir herüber. "Mamo-chan, dass du mir nichts davon gesagt hast, dass dich diese kleine Oto-Schlampe ins Bett gezerrt hat, um mit dir zu schlafen, das finde ich doch ein wenig befremdlich. Ich meine, wie lange ist das her? Zwei Jahre? Und in der ganzen Zeit nicht ein einziges Wort." Ich sah verlegen und verärgert fort. "Guy-sensei hat vollkommen Recht. Mein Stolz wurde verletzt. Warum sollte ich damit hausieren gehen? Schlimm genug, dass es der ganze Rat weiß. Schlimm genug, dass es mir raus gerutscht ist. Ich glaube, Bier ist nichts für mich", murrte ich und schob das halb geleerte Glas von mir. Dann musterte ich das Glas mit kaltem Gerstensaft und zog es wieder zu mir heran. "Andererseits hasse ich Verschwendung. Sensei, du weißt, ich schätze dich sehr. Nein, das reicht nicht. Sensei, ich liebe dich wie Hayate, für das was du für mich und Hana-chan und Karin-chan getan hast, aber auch für das, was du bist. Und dafür, dass du für uns da warst, als Hayate ermordet worden war und du eigentlich zu viele eigene Probleme hattest. Aber verlange nicht von mir, dass ich dir alle meine peinlichen Geschichten erzähle." "Punkt für ihn würde ich sagen, Yugao-chan", sagte Kurenai-sensei, froh über die Ablenkung. "Oh, heiße, glutende Jugend!", rief Guy und langte über den halben Tisch, um mir auf die Schultern zu klopfen. "Das ist nichts, worüber du dich schämen musst! Im Gegenteil, auch wenn unsere Frauen das nicht gerne hören, und es kein Mann offen sagen würde, aber es gibt viele Männer, die würden dich um diese Erfahrung beneiden! Nein, sie beneiden dich sicherlich, wenn sie davon hören! Nicht, Kakashi?" Der weißhaarige Jounin sah auf, als hätte man ihn aus dem Schlaf geschreckt. "Ich bin mir nicht so sicher, ob die Männer ihn noch beneiden, wenn sie hören, was er danach in der Klinik mitgemacht hat." Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Und wie dumpfer Zorn in mir aufstieg. "Kakashi-sempai, bitte..." Ich wusste nicht, warum er davon wusste, und das machte die Sache mehr als ärgerlich. Der Copy-Ninja machte eine zustimmende Geste als Zeichen dafür, dass er nicht fortfahren würde. Gut so. Er hatte einen Stein bei mir im Brett. Aber leider reichte das nicht, um vom Haken zu sein. "Klinik?" Uzuki-sensei sah mich aus großen Augen an. "Mamo-chan, du hast dir doch nicht etwa...", begann sie stockend. Ich wedelte mit beiden Armen, um sie zum Verstummen zu bringen. "Nein, nein! Natürlich nicht! Okay, so natürlich was das dann doch nicht, aber ich habe mir nichts eingefangen!" Guy prustete in sein Bier, als er das hörte. Kurenai-sensei fiel die kleine Keramiktasse aus der Hand. Mist. Da hatte ich mich ja gründlich tiefer in die Scheiße geritten. Nun hatte ich keine andere Wahl, ich musste da durch, komme was wolle. "Aber der Rat hat halt angeordnet, dass ich mich regelmäßig auf mögliche Infektionen testen lasse, und dass ich vorbeugend Antibiotika und Chakra-Behandlungen erhalte. Nur um auf Nummer sicher zu gehen. Etwa ein halbes Jahr lang." Und sicherlich auch, um mir die Peinlichkeit dieses Vorgangs auf immer ins Gedächtnis zu brennen. Tief, tief einzubrennen, damit ich es nie wieder vergessen würde. Oh, ich könnte die beiden Alten... Ich könnte sie... "Das klingt ja stark nach einer Schikane", murmelte Guy, und sah zu Asuma herüber, der bisher nur schweigend zugehört hatte. "Und du hast das gewusst?" Ein entschuldigender Blick traf mich. Ich nickte bestätigend. "Natürlich habe ich davon gewusst. Ich war im Rat, als die Entscheidung getroffen wurde, Mamo-chan regelmäßig ins Krankenhaus zu schicken, nur für den Fall des Falles. Ich habe alles getan was in meiner Macht steht, um die Sache klein zu halten, weil ich weiß, wie peinlich ihm das ist." Er sah mich spöttisch an. "Aber ich nehme an, damit kann ich jetzt aufhören, nachdem du es selbst ausgeplaudert hast, Mamo-chan." "So schlimm oder so wichtig ist es nun auch wieder nicht", murrte ich leise und trank mein Bier aus. Verdammtes Teufelszeug. Wem hatte ich es nur zu verdanken, dass ich diesen Mist trank? Ach ja, mir selbst und meiner Experimentierfreudigkeit. Mist. "Aber Guy hat Recht", sagte Kakashi. "Es gibt sicherlich Männer, die dich um diese Erfahrung beneiden. Und Frauen, die dich deshalb hassen. Obwohl du nichts falsch gemacht hast. Einfach so, weil du ihnen eine Angriffsfläche bietest." "Ja, sowas habe ich mir schon gedacht", murmelte ich. Das war einer der Gründe gewesen, warum ich die Sache klein halten wollte. So klein, dass nicht einmal meine eigene Familie etwas von den Untersuchungen und Injektionen gewusst hatte. Zwei schlanke, weiche Arme schlangen sich um meinen Hals, und ich wurde gegen einen weichen Busen gedrückt. "Also, ich hasse Mamo-chan auf keinen Fall!", sagte Uzuki-sensei mit Nachdruck. "Auch wenn ich es schon etwas lotterhaft finde, was er da mit dieser Oto-Kunoishi getrieben hat, im wahrsten Sinn des Wortes, so bleibt er doch immer mein geliebter Schüler." "Danke", ächzte ich aus meiner unbequemen Situation heraus. Ich musste mittlerweile wirklich größer als Uzuki-sensei sein, so unbequem wie diese Haltung für meinen Rücken war. "Geliebter Schüler in welchem Sinne?", fragte Asuma. Die ANBU wurde rot. "So meine ich das bestimmt nicht, Asuma." Langsam ließ sich mich wieder fahren. "Sei dir sicher, Mamo-kun, wann immer und wo immer ich kann, werde ich dir zur Seite stehen." Das waren rührende Worte, und ich konnte die für mich sehr unerfreuliche Diskussion vollends zur Seite schieben. "Danke, Uzuki-sensei." "Yaguo!", sagte sie mit Nachdruck. "Du bist jetzt fast erwachsen und ein mehr als vollwertiger Shinobi." "Aber Uzuki-sensei, ich..." "Ya-gu-o!", wiederholte sie mit noch mehr Nachdruck. "Yaguo-sensei?", bot ich an. Für einen Moment verzog sie die Miene, dann aber lächelte sie. Nur um kurz darauf zu seufzen. "Du hattest Recht, Yuuhi, er hat immer noch diesen Genin-Respekt vor uns. Zu mehr Zugeständnissen ist er nicht bereit, der gute Mamoru." "Das kann er ja auch nicht machen, und euch bei euren Vornamen zu rufen, ohne ein Sensei, ein Sama oder ein Tono anzufügen", spottete Asuma. "Sein Kopf könnte ja explodieren." Ärgerlich sah ich den Sarutobi an. "Das war überhaupt nicht nett, weißt du das?" "Natürlich war das nicht nett. So hatte ich es schließlich auch gemeint." Er sah mich ernst an. "Du bist jetzt Chunin, und damit einer von denen, die besser und damit auch weniger sind. Du gehörst zu denen, die ständig Entscheidungen treffen müssen. Du hast wie wir Verantwortung für ganz Konoha übernommen. Und deshalb solltest du langsam mal lockerer mit uns umgehen." "Das werde ich mir merken, Asuma-kun!", erwiderte ich trotzig. "So locker nun auch wieder nicht", schmunzelte er. Das neue Bier kam, und ich griff nach dem Glas. "Wenn es darum geht, lockerer zu werden... Wir haben gut gegessen, und jetzt sollten wir alle noch gut trinken. Geht ja auf den freundlichen Herrn dort." Für einen Augenblick sah mich Asuma verblüfft an, dann begann er zu lachen. "Na also, geht doch." Mist. Selbst in der Niederlage machte der Bursche noch Boden gut. Furchtbare Leute, diese Jounin. *** "GUTEN MORGEN!" Entsetzt fuhr ich von meinem Futon hoch. Es war spät geworden, und ich hatte etwas zu viel getrunken, einfach nur weil es auf Asumas Kosten gegangen war. Aber sofort griffen meine Ninja-Reflexe, und ich griff nach meiner Kunai-Tasche. Schade nur, dass ich sie in Konoha eher selten zu tragen pflegte, geschweige denn im Bett. Entsprechend verwirrt sah ich in die Welt hinaus. Nun, zumindest jenen Teil der Welt, der mein Zimmer umfasste. Es dauerte einen Augenblick, bis ich den Fremdkörper erkannte, der nicht in diese Welt gehörte. Vor meinem Bett stand... Guy? Ich blinzelte. Nein, Might Guy schaute nicht so grimmig in die Welt, hatte nicht so dicke Augenbrauen und füllte den grünen Kampfanzug, den er zu tragen fehlte, auch nicht so miserabel. Und er war definitiv nicht so jung. "Morgen", ächzte ich. "Du hast drei Sekunden, um mir zu sagen, was du hier tust, bevor ich dich verprügle." Das schien ihn zu erstaunen. Die mürrische Miene wich auf. "Nun?", fragte ich. "Äh, sind die drei Sekunden nicht schon um? Du hast doch noch weiter geredet, als du mir die drei Sekunden gegeben hast, Sempai." "Oh mein Gott", murmelte ich und ließ mich wieder auf mein Kissen fallen. "Okay, du hast eine Minute." Dies schien den Jungen zufrieden zu stellen. Er begann zu lächeln, nein, eher zu strahlen. "Ich bin hier, um dich abzuholen, Morikubo-sempai! Es ist mir eine große Ehre, mit dem Mann zu reisen, der Otogakure zerstört hat! Neji und Tenten-chan haben mir schon viel von dir erzählt, und ich hatte dich immer kennenlernen wollen, aber..." "Moment, Moment", sagte ich mürrisch. "Neji? Tenten? Du bist Nummer drei aus Team neun?" Der junge Bursche straffte sich. "Rock Lee, Sempai! Zu deinen Diensten, Sempai!" Ich ächzte leise. "Nicht ganz so laut, bitte. Freut mich, dass du so enthusiastisch bist, aber ich habe gerade leichte Kopfschmerzen. Was machst du eigentlich hier, Lee-kun?" "Guy-sensei schickt mich. Damit du den Abmarsch nicht verpasst." Hastig ging mein Blick zur Uhr. Ich hatte doch nicht verschlafen? Nein, es war zwar schon spät, aber nicht so spät. Ich hatte noch eine knappe halbe Stunde, bevor ich mich auf den Weg machen musste. "Sehr fürsorglich", ächzte ich. "Und, wer hat dich reingelassen?" "Na, wer wohl?", klang die Stimme meiner Schwester von der Tür her auf. "Yuriko? Du hast ihn in mein Zimmer gelassen?" Sie grinste. "Nun, er wollte dich unbedingt kennen lernen. Und du bist nicht aufgewacht, als ich dich wecken wollte. Zweimal, mittlerweile. Da dachte ich mir, lass es mal Rock Lee versuchen." Sie ging zu dem kleinen grünen Halunken und tauschte mit ihm einen Handschlag aus. "Gute Arbeit, Lee-chan." "Eine meiner leichtesten Übungen", erwiderte Lee lächelnd. "Okay", brummte ich, schlug die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. "Verstehe. Gibt es Frühstück?" "Steht seit einer halben Stunde für dich bereit, Mamoru", sagte sie tadelnd. "Ich gehe dann die Miso-Suppe noch mal aufwärmen. Lee-chan, hast du schon gefrühstückt?" "Oh, ich wachse noch. In meinen Magen passt eigentlich immer was rein!", rief der Junge fröhlich und folgte ihr auf den Flur. So ließen sie mich alleine, halb aufgeweckt und vollkommen verkatert. Bei der Gelegenheit schwor ich mir, das nächste Mal Maß zu halten, auch wenn es darum ging, Asuma einen auszuwischen. Als ich frisch geduscht und komplett angezogen in die Küche kam, war sie bis auf Rock Lee und Yuriko leer. "Mom und Dad?", fragte ich. "Schon unterwegs. Mutter ist wie immer im Krankenhaus, und Vater hatte ein frühes Meeting." Sie tischte mir Pfannkuchen auf. Land der Blitze-Frühstück mit Miso-Suppe. Eine tolle Kombination. Dachte ich zumindest, bis zu der Sekunde, in der mir aufging, dass sie die Miso-Suppe nur für mich gemacht hatte. Ich liebte das Zeug eben. "Danke. Du wirst für Kou mal eine tolle Ehefrau abgeben", neckte ich sie. "Ja, da hast du Recht. Und bis es so weit ist, habe ich deine beiden Mädchen auf meinen Stand gebracht, was das Kochen angeht. Falls du dich doch noch für eine der beiden entscheidest, wirst du mein Essen nicht missen müssen", neckte sie mich. "Na, danke", murrte ich und strich Marmelade auf den Pfannkuchen. Lee hatte derweil seinen Teller geleert, und das mit Enthusiasmus. "Noch einen?", fragte Yuriko freundlich. "Es gibt noch mehr?", rief Lee erfreut. "Ich habe mehr als genügend Teig gemacht. Mamoru ist so ein guter Esser", sagte sie fröhlich und goss machte sich an die nächste Portion. Wenn sie etwas neben Kou und ihrer Familie wirklich liebte, dann waren das gute Esser. "Allerdings wird es für einen Nachschlag dann doch ein wenig spät", mahnte ich. Yuriko lächelte mich verschmitzt an. "Nun iss erst mal. Danach finden wir schon eine Lösung, Mamoru." "Tolle Lösung", murmelte ich, in der Hand mehrere Papiertüten mit eingeschlagenen und mit Marmelade bestrichenen Pfannkuchen haltend. Die waren für die anderen Reisenden. Meinen persönlichen Vorrat hatte Yuriko mir in den Rucksack gepackt. Weil die auch kalt schmeckten. Wirklich, sie würde eine sehr gute Ehefrau abgeben. Und es wurde höchste Zeit, dass ihr immer weiter ausufernder Mutterkomplex andere Ziele fand als mich. "Finde ich auch", ereiferte sich Lee und knabberte an einem seiner Tütenpfannkuchen. Ironie schien er nicht zu kennen. "So kann die Marmelade nicht raus fallen, und... Hey, wir bringen Pfannkuchen für alle mit!" Winkende Gesten antworteten, und wenig später standen wir in einem großen Pulk vor dem Tor Konohas. Sechs Genin, fünf Jounin und ein Chunin. Ich drückte den Genin die Hand. "Tenten, schön dich wieder zu sehen. Hinata, es freut mich, dass du so selbstbewusst ausschaust. Neji, schön, dich zu sehen. Kiba, Akamaru, Ihr seid ja das blühende Leben. Und Shino... Tja, was soll ich sagen? Wie geht es dem großen Krabbeln?" "Dieser Witz war vollkommen unnötig, Mamoru-sempai", murrte der Aburame. Nach einiger Zeit fügte er hinzu: "Es geht ihnen gut." "Freut mich zu hören." Ich wandte mich den höheren Ninjas zu und begrüßte einen nach dem anderen. "Ist Kakashi noch nicht da?" "Nein. Aber wir haben ja auch noch Zeit", sagte Uzuki-sensei. "So ungefähr zwei Minuten. Er wird schon kommen." Asuma tauschte einen Blick mit Guy aus. Guy nickte, als Asuma ihn fragend ansah. "Ich gehe ihn holen. Ich glaube, ich weiß, wo er ist. Mamo-chan, willst du mitkommen?" "Natürlich." Asuma nickte mir zu, und dann verschwand er vor meinen Augen. Step, ungefähr zwanzig Meter weit, gerade am Erfassungsrand meiner sensorischen Fähigkeiten, damit ich die Richtung wusste. Ich folgte ihm sofort. Es ging Richtung Friedhof. Und das weckte ein paar Erinnerungen, Kakashi betreffend. Was hatte er damals auf dem Friedhof gemacht, als er mich gemaßregelt und mir ins Gewissen geredet hatte? Den Sandaime und meinen Sensei besucht? Zufälligerweise zur gleichen Zeit wie ich? Nein, da musste mehr hinter stecken. Vor dem Treppenaufgang zum Friedhofsareal beendete Asuma Step. Ich war dicht hinter ihm. Die Stufen erklommen wir wie normale Menschen, aus Respekt jenen gegenüber, die hier begraben waren, die ihr Leben gewagt und verloren hatten, im Dienste Konohas und des Landes des Feuers. "Oh, Sakura", sagte Asuma und blieb stehen. Vor ihm stand das Mädchen mit den rosa Haaren, das ich ab und an mit Naruto sah. Sie war seine Teamkameradin. Mitglied Nummer drei war, während ich mit Otogakure beschäftigt gewesen war, zu Orochimaru desertiert und stand jetzt auf der Schwarzen Liste, aber noch nicht im Kopfgeldjägerbuch. Ausgerechnet Sasuke Uchiha, der Letzte, der in Konoha mit dem Sharingan geboren worden war. Na, es war abzusehen gewesen. Man hatte mir den kleinen Uchiha als besessen dargestellt, als besessen, um Rache an seinem Bruder zu nehmen, der für den kleinen Genozid an allen anderen Uchihas verantwortlich war, und nur Sasuke verschont hatte. Und da waren auch noch die Gerüchte über einen Putsch der Uchihas, der bevorgestanden hätte, wäre Itachi nicht Amok gelaufen. Oder seinem blutigen Auftrag gefolgt. Vielleicht würde ich eines Tages mehr darüber erfahren. "Sakura, hast du deinen Sensei gesehen?" Das Mädchen nickte. "Er ist auf dem Friedhof, am zentralen Gedenkstein. Er... Ah, Mamoru-sempai, hallo." "Hallo, Sakura-chan", erwiderte ich. "Du hast doch hoffentlich nichts dagegen, dass wir uns deinen Sensei ein paar Wochen ausborgen, oder?" Ihr verlegenes Lächeln hatte etwas Schmerz, aber auch Entschlossenheit, fand ich. "Das geht in Ordnung. Jetzt, da Naruto mit Jiraiya-sama auf Trainingsreise ist, bin ich sowieso die Letzte im Team, und meine Ausbildung zum Medi-Nin unter Tsunade-sama nimmt mich ohnehin sehr in Beschlag. Nehmt ihn ruhig mit. Aber bringt ihn in einem Stück wieder, ja?" Asuma lachte auf seine eigene unnachahmliche Art. "Versprochen, Sakura. Wenn du versprichst, eine gute Medizinische Kunoichi zu werden." "Abgemacht. Wir haben einen Deal", scherzte sie. Doch für einen Moment flackerte da wieder dieser Schmerz in ihren Augen auf. "Entschuldigt mich. Ich werde zurückerwartet." Ich sah ihr nach. "Sakura-chan." "Sempai?" "Sakura-chan, du musst immer schön lächeln." "Es ist nicht so, dass...", begann sie zaghaft, doch ich schnitt ihr die Worte im Mund ab. "Ein Lächeln ist die schönste Art, dem Leben die Zähne zu zeigen." Das verblüffte sie für einen Moment, aber die Idee schien ihr zu gefallen. Ein ehrliches, richtiges Lächeln, frei von Sorgen, schlich sich auf ihr Gesicht. Hocherfreut deutete sie eine Verbeugung an. "Danke für diesen guten Rat, Sempai! Ich werde ihn beherzigen!" Ich erwiderte die Verbeugung, und sie wandte sich wieder zum Gehen. "Du hast gut erkannt, dass etwas an ihr nagt", sagte Asuma. "Ja. Das war nicht schwer. Ihr zu helfen wird wesentlich schwerer. Und ich fürchte, ich kann es nicht", murmelte ich. "So? Du hast ihr doch schon geholfen, du kleiner Dummkopf." Er knuffte mir spielerisch gegen die Brust, was ich mit einem dünnen Lächeln quittierte. Hatte ihr das wirklich geholfen? Ein schöner Gedanke. Tatsächlich sahen wir den Copy-Ninja beinahe sofort. Er stand wirklich neben den zentralen Gedenkstein. Er wirkte tief in sich zurückgezogen. "Kakashi!", rief Asuma und winkte. "Kakashi, wir wollen los!" Der weißhaarige Shinobi schreckte hoch. Er wandte sich uns zu und lächelte für einen Moment - soweit man das bei seiner Maske erkennen konnte, zumindest. "Bin auf dem Weg!", rief er. Als wir zu dritt zurück zum Tor gingen, trat ich an Kakashis Seite. "Du hast mir einmal gesagt, dass man sich nicht von den Toten zwingen lassen soll, damit man nicht mehr Zeit bei ihnen als bei den Lebenden verbringt, Kakashi-sensei." "Ja, das stimmt. Und?" Ich sah ihn ernst an. "Warum lässt du es dann zu?" Er schwieg einige bange Sekunden, bevor er antwortete. "Weil ich nicht die Kraft dazu habe, den Zwang auf mich zu lüften, Mamoru. Er ist schon zu alt und zu stark, als dass ich ihn einfach abtun könnte. Aber es ist nicht so, als würde ich es nicht versuchen." "Du weißt, der Junge hat Recht", murrte Asuma. "Was heißt also, du würdest es versuchen? Sei ein Mann und stell dich ihr." "Das ist nicht so einfach wie du denkst", erwiderte Kakashi. "Natürlich nicht. Es ist nie einfach." "Entschuldigt, aber habe ich was nicht mitgekriegt? Wenn ich euch zuhöre, dann kommt es mir so vor, als würdet Ihr nicht mehr über den Zwang reden, sondern über eine Frau." Die beiden Jounin blieben abrupt stehen und sahen zu mir herüber. "Er ist gut", stellte Kakashi fest. "Ja, das ist er wohl. Und er steht noch ganz am Anfang." Asuma grinste breit. "Du hast Recht, Mamo-chan, es geht um eine Frau." "Und mehr Details wollt Ihr mir sicher nicht verraten, was?", sagte ich und seufzte gespielt enttäuscht. "Das ist nicht richtig. Wir haben einen langen Weg vor uns, und ich denke, wir werden dir einiges zu erzählen haben", sagte Kakashi nachdenklich. "Auch, von wem Asuma und ich gesprochen haben und wie ich zu ihr stehe." "Das klingt nicht nach Beziehung, eher nach Militär", stellte ich fest. "Es ist ja auch eine militärische Beziehung", erwiderte Kakashi. Asuma schüttelte in Unverstand den Kopf. "Und genau da fangen all deine Probleme an, Kakashi. Zumindest die Selbstgemachten." "Ja, wahrscheinlich hast du Recht", erwiderte der Copy-Ninja Spätestens jetzt war ich auf die ganze Geschichte gespannt. Ich erwartete von dieser Reise einiges an Aufregung. Es sollte sich als Untertreibung herausstellen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)