Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 8: Finale des Chunin-Examens ------------------------------------ Alle waren nervös. Warum auch nicht? Im Finale wurde schließlich auf Leben und Tod gekämpft, und es lag alleine in der Gnade oder in den Fähigkeiten des Siegers, ob er seinen Gegner leben ließ oder nicht. Auch wenn sie es nicht zugegeben hätte, Karin hatte Angst. Wahrscheinlich hatten Hana-chan und Mamo-chan auch Angst, aber Mamoru war zu sehr damit beschäftigt, seine schmerzenden Muskeln zu dehnen, und Hana quatschte gerade munter mit Lian, der Suna-Kunoichi. Sie selbst stand mehr als verlegen im Warteraum herum. Niemand kümmerte sich um sie. Nicht, dass sie jetzt dringend Zuneigung gebraucht hätte, oder so. Aber es wäre beruhigend gewesen, wenn sich doch jemand... Wenn sich Mamo-chan... "Puki?", klang es vor ihr auf. Ranko-chan hockte dort vor ihr und sah sie fragend an. "Es... Es ist nichts", sagte sie, und fühlte sich gleich töricht dafür, sich vor einem Affen zu rechtfertigen. Das kleine Äffchen hielt den Kopf schräg, dann streckte es den rechten Arm zu ihr aus. In der niedlichen kleinen Hand hielt es ein Stück Orange. Karins Herz wäre beinahe übergequollen vor Zuneigung und Rührung. Ranko-chan wollte sie aufmuntern und ihr eines der heiß geliebten Orangenstückchen schenken. Mit Tränen in den Augen beugte sie sich vor und nahm das Obststück aus ihrer Hand. "Danke, Ranko-chan. Du machst mir eine Riesenfreude." Sie streckte den rechten Arm erneut aus, und der Affe kletterte daran auf ihre Schulter empor. Mit glücksseligem Lächeln verspeiste sie das Fruchtstück. "Was zum Nachspülen wäre nicht schlecht." Mal überlegen. Im Moment füllte sich die Giganthalle, in der das Finale ausgetragen werden würde. Die Paarung der Kämpfe stand noch nicht fest und würde auch frühestens in einer halben Stunde bekannt gegeben werden. Mehr als genug Zeit, um sich ein Getränk an einem der Automaten zu ziehen. Oder sich einen frisch gebrühten Tee von einem der Stände zu holen. Kurz entschlossen, Ranko auf der Schulter, verließ sie den Warteraum und suchte sich einen Getränkeautomaten. An der Maschine zog sie sich eine Schokomilch. Das tat sie nur, wenn sie alleine war. Sie wollte auf keinen Fall, dass Mamoru sie für kindisch hielt, egal wie lecker diese Milch war. Er sollte ihre Persönlichkeit sehen, ihre vielfältigen Interessen, ihr Fachwissen und ihr Können, nicht irgendeine obskure, aus Mitleid adoptierte kleine Schwester. Und wenn er sie erst einmal als Kunoichi, als Frau anerkannt hatte, dann würde er vielleicht... Dann würden sie vielleicht... Bei dem Gedanken errötete sie bis unter die Haarspitzen. "Bist du in Ordnung?", sprach eine fremde Männerstimme sie an. "Ich meine, du siehst aus als hättest du massiven Bluthochdruck." "Was? Oh. Nein, mir geht es gut. Ich bin nur etwas aufgeregt, weißt du? Ich muss heute noch im Finale kämpfen." Vor ihr stand ein weißhaariger Ninja mit dem Stirnschutz eines Konoha-Nins. Er musterte sie skeptisch durch die Brille. "Bist du sicher? Ich bin Medi-Nin. Soll ich dich nicht besser kurz auf Störungen im Chakra untersuchen?" "Nein! Mir geht es gut." Sie kniff ein Auge zusammen. "Aber was macht ein Medi-Nin aus Konoha auf dem Finale des Chunin-Examens in Kumogakure?" "Verzeih, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Kabuto Yakushi." Er legte verlegen einen Arm hinter den Kopf und lachte. "Wenn du so willst, bin ich ein Fan des Chunin-Examens. Ich habe letztes Jahr in Sunagakure daran teil genommen und bin im zweiten Teil gescheitert. Diesmal will ich es langsamer angehen, und vor allem die Finalrunde analysieren. Wenn ich im nächsten Jahr wieder antrete, werde ich besser vorbereitet sein." Er lachte erneut. "Das muss ja alles furchtbar verrückt klingen. Ich muss ja in deinen Augen ein vollkommener Loser sein. Du bist immerhin im Finale, und ich..." "Aber das hat doch damit nichts zu tun", wiegelte Karin ab. "Ich habe es doch auch nur so weit geschafft, weil ich die bedingungslose Unterstützung meiner Gruppe hatte. Sonst wäre ich noch im ersten Teil raus geflogen. Du hattest vielleicht einfach keine gute Gruppe." "Oh, das kann sein", erwiderte Kabuto mit Wehmut in der Stimme. "Ich bin der einzige Überlebende. Und ich lebe nur noch, weil man mich halbtot zum Sterben liegen ließ. Ich stehe jetzt nur hier, weil ich mich selbst heilen konnte. Zumindest bis der zweite Test vorüber war, und man die Toten und Überlebenden eingesammelt hat." Seine Stirn umwölkte sich. "Das war eine einschneidende Erfahrung. Aber ich bin ein Ninja, und ich weiß, welches Schicksal einen Ninja erwartet. Und dass die Gefahren einer Mission eher nach oben als nach unten gehen. Also versuche ich es wieder und wieder. Bis es klappt." Karins Mund klappte auf. "Ein wenig pathetisch, nicht?", gab Kabuto zu. "Nein, das ist es nicht. Aber du hast so eine Entschlossenheit, so eine energische Einstellung. Ich wünschte, ich wäre wie du." "Nun schau mich doch bitte nicht so bewundernd an. Du bist im Finale, nicht ich." Verlegen senkte Karin den Blick. "Tu-tut mir leid, ich wollte dich nicht unter Druck setzen." "Nein, das ist es nicht. Ich will nur mit meinen mittelmäßigen Leistungen keine falschen Erwartungen wecken. Ein starker Wille kann vieles bewirken, aber er kann nur eines von vielen Werkzeugen sein, die der Shinobi benutzt." Er musterte sie genauer. "Du bist Karin Akimichi, richtig?" "Ja. Du kennst mich?" "Na, wenn ich schon zum Finale nach Kumogakure reise, dann sollte ich auch vorbereitet sein. Du bist die Mitteldistanzkämpferin von Team drei. Dann haben wir noch den Nahkämpfer Mamoru Morikubo, und die Fernkämpferin Hanako Yodama. Eine ausgewogene Mischung. Wenn ich da an meine eigene Truppe denke, zwei Fernkämpfer und ein Nahkämpfer - und alle hatten die gleichen dämlichen Feuerjutsu drauf. Das musste ja in die Hose gehen." "Feuerjutsu hat Hana-chan und Mamo-chan gerettet. Er hat damit einen Gegner getötet, der sie zwei in einem Genjutsu fangen wollte." "Ah, radikal. Er hat einfach alles um sich herum in Brand gesteckt. Vermute ich." "Ich habe es nicht gesehen, nur die Flammen", wiegelte Karin ab. "Aber so muss es gewesen sein. Manchmal kann Mamo-chan kompromisslos sein. Wenn er muss." Kabuto nickte. "Das ist eine gute Eigenschaft für einen Shinobi. Kompromisslos sein, wenn er muss. Und die Gelegenheiten erkennen, wann er es muss. Alle anderen sind nur Bestien, die solange Tod und Verderben säen, bis sie selbst getötet werden. Aber einen Gegner wie Morikubo-kun kann man respektieren. Denke ich." Er lächelte Karin verschmitzt an. "Ich habe eine Karte über dich angelegt, auch wenn ich nicht glaube, dass ich sie noch brauchen werde. Willst du sie sehen?" "Eine Karte?" Kabuto griff in seine Gürteltasche und zog einen Stapel Karten hervor. "Ich sagte doch, diesmal will ich besser vorbereitet sein. Ich lege Daten über die Genin an, die zum Chunin-Examen antreten. Alle, die es nicht schaffen, sind meine potentiellen nächsten Gegner, deshalb studiere ich ihre Fertigkeiten und speichere sie auf diesen Karten. Ist natürlich alles versiegelt, und nur mit meinem Chakra zu öffnen." Er zog eine der einfarbigen Karten hervor, konzentrierte sein Chakra auf sie, und flugs poppte ein Bild Karins auf, darunter eine Tabelle und ein Leistungsdiagramm. "Ist sicher nicht mehr auf dem neuesten Stand, denn hier ist dein Körperjutsu noch deine Hauptwaffe." "Das ist immer noch so. Auch wenn ich ein paar neue Tricks gelernt habe." Sie musterte ihre Karte intensiv. Die Daten waren veraltet, entsprachen dem Stand als sie die Schule verlassen hatte. "Nicht ganz aktuell, Kabuto-san", monierte sie. "Ich werde das heute an das anpassen, was du uns zeigen wirst." Er grinste wild. "Ich habe hohe Erwartungen in dich, Akimichi-kun. Ich erwarte nicht, dass du jemals wieder ein zweites Mal zum Examen antreten musst. Im Gegenteil, ich sehe dich schon als Chunin." "Ich bin mir da nicht so sicher", sagte sie abwehrend. "Ich habe Angst davor, Verantwortung für andere zu übernehmen. Oder sie in den sicheren Tod zu schicken. Ich..." "Das ist normal, Akimichi-kun", unterbrach Kabuto sie. "Vollkommen normal. Ein Ninja, der keine Angst vor der Verantwortung hat, und sie dementsprechend respektiert, sollte gar nicht erst kommandieren. Mit der Erfahrung kommt die Ruhe, aber hoffentlich verlässt einen nie die Sorge um die eigenen Leute. Und jene, die ihre Shinobi in den sicheren Tod schicken... Wenn sie dies nur mit schwerem Herzen tun können, können sie wenigstens sicher sein, ihre Leute nicht sinnlos zu verheizen. Ich denke, dass du gutes Chunin-Material bist, Akimichi-kun. Da habe ich schon ganz andere erlebt." Erneut verdüsterte sich seine Miene. "Dieses Schwein Amir zum Beispiel. Als er meine Gruppe ausradiert hat, ließ er mich nur liegen, weil er sicher sein konnte, dass ich meinen Kameraden bald nachfolgen würde. Er ist absolut gnadenlos und tötet mit der Kaltblütigkeit eines Tieres." Sein Gesicht hellte sich auf. "Aber auch das sind gute Eigenschaften für einen Shinobi. Er hat nur den einen Fehler gemacht, mich leben zu lassen. Und irgendwann werde ich mich rächen. Hart und erbarmungslos." "Amir?" Sie kannte den Getsugakure-Nin nur als Retter in der Not. Aber er war aus seinem Erdversteck zwischen Hana-chans Beinen hoch gekommen, und das machte ihn schon ein wenig verdächtig. "Solltest du das Pech haben, gegen ihn kämpfen zu müssen, erwarte keine Gnade und zeige auch keine. Dies ist sein letztes Chunin-Examen, habe ich gehört. Er wird alles tun, um sich zu empfehlen. Auch wenn er dafür einen Kampfgefährten aus Runde zwei töten muss. Du kannst natürlich aufgeben, aber das fände ich schade. Und davon abgesehen steht es ja noch überhaupt nicht fest, ob du ihn auch nur aus der Ferne siehst." Karin senkte den Kopf. Es gab da diese Regel, diese eine Regel, das Gesetz des Hokages. Und das besagte, das eine Sache umso wahrscheinlicher eintrat, je mehr man drüber redete und ihr Eintreffen verneinte. Die Folge war, dass ihre Chance, auf Hassin zu treffen, gerade auf das Dreifache gestiegen war. "Ja, sicherlich." Was wusste sie noch mal über das Jutsu des Erdnutzers? "Oh, jetzt habe ich dir Gedanken gemacht. Na, ich denke, ich werde mir dann meinen Platz suchen und dich von den Zuschauerrängen anfeuern, okay? Und wenn du deinen Gegner geplättet hast, schenke ich dir diese hier vielleicht. Ich brauche sie dann ja nicht mehr." Er wedelte mit Karins Karte. "Natürlich nachdem ich sie upgedated habe." "Wirklich? Das wäre aber nett von dir." "Aber dafür musst du schon gewinnen", lachte er. "Oh, das werde ich schon. Versprochen. Ich gehe dann auch mal zurück." Sie verbeugte sich vor Kabuto, und der Affe auf ihrer Schulter imitierte die Geste. Auch Kabuto verbeugte sich leicht, murmelte eine Abschiedsformel und ging nach einem letzten Winken auf die Zuschauerränge hinaus. Karin aber wandte sich um, in Richtung Warteraum. Sie fühlte sich motiviert, und das war gut so. *** Fluchend versuchte ich, Leben in meine Muskeln zu bekommen. Sie schmerzten und spannten. Ich erwartete jede Sekunde einen handfesten Krampf. Anstatt mich den letzten Tag vor dem Finale ausruhen zu lassen hatte Uzuki-sensei gesagt, es wäre verkehrt, meine Muskeln abkühlen zu lassen. Deshalb hatte sie mich zuerst durch eine Sparringsrunde mit P-chan gehetzt, und anschließend war sie selbst gegen mich angetreten. Dabei hatte sie die Unterschiede zwischen einem Jounin und mir sehr deutlich gemacht. Mehrmals. Man hätte von einer absoluten Demütigung sprechen können. Verdammt, das war es wohl auch. Und Asuma, dieser Verräter? Hatte sich alles angeschaut, und mir anschließend auf die Schultern geklopft, die mir ohnehin schmerzten. Wenn ich wirklich noch krampfen würde, wäre ich gezwungen, einen Affenkrieger zu beschwören, der an meiner Stelle kämpfte. Wofür hatte ich dann diese schwierige Heilung auf mich genommen? Warum jeden Tag mein Taijutsu trainiert? Wieso die Feinheiten meines Feuerjutsu heraus gearbeitet? Und die meiste Zeit die vielen kräftezehrenden Aufträge von Kumogakure erfüllt? Eine große Hand krachte auf meine Schulter, und ich spürte den Muskelschmerz einmal durch meinen ganzen Körper zucken. "Mamoru-kun, bist du fit?", hörte ich Asuma-sama sagen. "Das war jetzt nicht sehr nett", erwiderte ich mit Schmerzverzerrtem Gesicht. "Also nicht fit? Ist dein Arm noch nicht wieder in Ordnung?" "Dem geht es gut. Ich habe nur einen mörderischen Muskelkater von gestern." "Ach, die Sparringsrunde mit Yaguo-kun. Warum heilst du dich nicht selbst? Von dieser Art der Chakra-Kontrolle solltest du mittlerweile genügend wissen, Mamoru-kun." Was hätte ich ihm sagen sollen? Dass ich bereits einen Großteil meines Chakras aufwandte, um den Muskelschmerz im kaum verheilten rechten Bizeps zu kontrollieren? Chakra, das ich im Kampf ohnehin noch viel nötiger brauchte? Verdammt, ich war Taijutsu-Kämpfer, doch jetzt gerade war ich ein hilfloses Lämmchen. Zumindest wenn ich die anderen Genin als Maßstab nahm, gegen die ich kämpfen würde. Allerdings würde es meine Situation verschlimmern, wenn ich hier Schwäche zeigte. "Ich spare mir mein Chakra für den Kampf, Asuma-sama", erwiderte ich trotzig. Das brachte ihn zum Lachen. Und mir brachte es einen weiteren Schlag auf die Schulter ein, der mir einen Schmerz von den Zehenspitzen bis zu den Haarwurzeln einbrachte. Wirklich, ich war nie besonders mordsüchtig gewesen, aber in diesem Moment hätte ich Asuma auf der Stelle umbringen können. Wenn ich die Kraft gehabt hätte, um ein Kunai zu ziehen. Falls ich gegen Asuma auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte. Stattdessen fiel ich halbherzig in sein Lachen ein. Als Nii-sensei, Kirabi-sama und Motoi-sensei den Raum betraten, wurde es schlagartig still. Wir acht Aspiranten auf den Rang eines Chunin sahen sie gespannt an. Nun würde die Aufteilung erfolgen, wir würden wissen, wer unsere Gegner sein würden. Und es würde entschieden werden, ob die Sieger dieser vier Duelle gegeneinander antreten würden, bis es schließlich nur noch einen gab. Viele Städte hielten ein K.O.-Finale für unnötig, und gaben die Paarungen schon nach der dritten Etappe des Examens bekannt. "Ich bitte um Ruhe", sagte Motoi-sensei unnötigerweise. Noch ruhiger hätten wir kaum sein können. Er sah ins Rund. "Die Paarungen für diesen Kampf haben uns erhebliche Schwierigkeiten bereitet, weil niemand gegen Morikubo-kun und sein Beschwörungsjutsu antreten will. Das bedeutet für seinen Gegner automatisch den K.O.. Und wir Jounin haben dann keinerlei Möglichkeiten, Morikubo-kuns Fähigkeiten und die seines Gegners zu beurteilen. Wen also können wir opfern? Wir haben uns diese Frage lange und oft gestellt." Zaghaft ging Karins Hand nach oben. Ich sah auf ihren Lippen schon ihre Freiwilligenmeldung. Mit einem schnellen Schritt war ich neben ihr. Erschrocken hüpfte sie mit einem Trippelschritt vor, als meine Linke auf ihrem Po landete. Der kleine Klaps hatte ihr nicht weh getan, aber die erhoffte Wirkung gezeigt. "Du meldest dich nicht freiwillig als meine Gegnerin", zischte ich ihr zu. Erschrocken, und mit tief geröteten Wangen sah sie mich an. "Mamo-chan..." Ich trat wieder einen Schritt beiseite. Asuma musterte mich schräg von der Seite. "Im Frauenbad hast du wohl nicht allzu viel gelernt, was?" "Was?" Es irritierte mich, dass der große Jounin grinsend den Kopf schüttelte. "Nachdem dieses Intermezzo vorbei ist", klang Motoi-senseis Stimme laut auf, "können wir weiter machen. Folgende Personen haben sich für das Finale qualifiziert. Mamoru Morikubo, Hanako Yodama, Karin Akimichi, alle Konoha. Tooma, Lian, beide Sunagakure. Amir, Hassin, beide Getsugakure. Zum Schluss Jardin Nabara, Kumogakure. Wir werden per Los bestimmen, wer..." "Moment, Motoi-san." Jardin, der sich bisher stillschweigend in einer Ecke aufgehalten hatte, trat heran. "Ich habe vier Wochen lang hart trainiert. Ich fühle mich in der Lage, es mit Morikubo und seinem Beschwörungsjutsu aufzunehmen." Er verbeugte sich steif in der Hüfte. "Bitte teilen Sie mich Morikubo zu, Motoi-san!" Erschrockenes Raunen ging durch den Raum. Er hatte trainiert, um mein Jutsu auszukontern? Er hatte Ranma-sensei doch erlebt! Was also konnte er aufbringen? Und wie konnte ich das kontern? Konnte ich das überhaupt überleben? Ich fühlte, wie meine Hand nach oben glitt. War es ehrenhaft, an dieser Stelle auszusteigen? Und was würden meine Kameradinnen sagen? "Ich nehme die Herausforderung an, Motoi-sensei", hörte ich mich sagen. War das Wagemut, oder fortgeschrittener Wahnsinn? Ich wusste es nicht. Motoi schnaubte zufrieden, wechselte einen bestätigenden Blick mit Kirabi-sama und Nii-sensei, und sagte: "Gut. Erster Kampf ist also Morikubo-kun gegen Nabara-san." Der Kumo-Genin wandte sich mir zu. "Kämpfe mit voller Kraft. Du wirst jedes Quentchen brauchen", verkündete er düster. "Wetten, dass nicht?", erwiderte ich salopp. Kontrollierte Hana-chan mich etwa gerade, um den Kumo-Nin noch mehr zu reizen? Oder glaubte ein Teil von mir tatsächlich das, was ich da gerade sagte? Jardin schnaubte amüsiert und trat wieder in seine Ecke. Also, an Selbstvertrauen mangelte es ihm im Moment nicht gerade. Sein Suiton war meinem Katon generell überlegen, und ich hatte im Moment einfach nicht genügend Chakra, um diesen Nachteil auszugleichen. Allerdings weigerte ich mich das zu zeigen, und grinste den Kumo-Genin frech an. Innerlich aber war mir sterbenselend. "Kommen wir zu den restlichen drei Kämpfen." Kurz besprach sich Motoi mit den beiden Jounin, und als diese nickten sagte er: "Tooma bestreitet Kampf zwei gegen Yodama. Lian tritt an gegen Hassin. Die letzte Paarung ist Amir gegen Akimichi." Einerseits was das Aufatmen groß. Niemand musste gegen einen Kameraden aus dem eigenen Dorf antreten. Andererseits waren wir alle Kampfgefährten geworden und hatten einander schätzen gelernt. Das machte es für keinen von uns leicht. "Sensei, eine Frage!", meldete sich Tooma. Motoi-sensei nickte auffordernd. "Sensei, wird es ein K.O.-Finale geben?" "Die Prüfungskommission erachtet es als nicht notwendig. Jeder Genin hat während der Einzelkämpfe mehr als genügend Gelegenheit, um seine Fortschritte zu zeigen." Das ließ uns erneut aufatmen. Kein Halbfinale, kein Finale. Das bewahrte uns endgültig davor, gegen jemand aus dem gleichen Team anzutreten. Obwohl, zu dem Zeitpunkt hätte ich ohnehin bereits im Krankenhaus gelegen. Entweder in der Notaufnahme, oder in der Pathologie. Aber eventuell... Mein Blick ging umher, suchte Ranko-sama. Zuletzt hatte ich sie mit Karin gesehen. Sie musste ich nicht erst beschwören - sie war ja schon da! "Na, Konoha, ich sehe mal zu, dass ich deine kleine Hanako liebevoll behandle. Ich will mir ja keinen Ärger mit dir einhandeln", scherzte Tooma, während er mir freundschaftlich auf die rechte Schulter klopfte. Was dazu führte, dass mich erneut eine Schmerzwelle durchfuhr. "Wie genau hast du das denn gemeint?", fragte Lian böse. "So, wie es sich angehört hat. Ich sehe zu, dass an Hana-chan genügend dran bleibt, was Mamo-chan lie..." "Aaaahhh!" Mit hochrotem Kopf stürmte Hanako heran. "Tooma, du kannst doch nicht... Und davon mal abgesehen, wieso glaubst du, dass du gewinnen wirst?" "Werde ich nicht?", fragte der Suna-Nin überrascht. "Willst du etwa gewinnen?" "Ja, das war der Plan", erwiderte sie mit fester Stimme. "Und das sollte sogar möglich sein, nicht wahr, Tooma?", säuselte Lian ihm ins Ohr. "Denn wenn ich sehen sollte, dass du nicht wirklich, wirklich nett zu ihr bist - oder wenn ich sehe, dass du ZU nett bist, dann solltest du den Kampfplatz besser nicht lebend verlassen." Eine einsame Schweißperle tropfte dem Genin die Stirn herab. "S-so habe ich das doch gar nicht gemeint, Lian! Du weißt doch ganz genau, dass Mamo-chan und die beiden..." Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Ich schlug die geballte Rechte in die linke Handfläche. "Lian-chan, du bist eifersüchtig! Ganz klar, du bist eifersüchtig. Du fürchtest, Tooma könnte sich mit Hana-chan in mehrerlei Hinsicht vergnügen, nicht nur auf kämpferischer Ebene." Ungläubige Blicke trafen mich. Tooma schlug die Rechte vor die Stirn. "Himmel, ausgerechnet jetzt lernt der Kerl auch noch dazu! Hat dir schon mal jemand das Prinzip vom sehr schlechten Timing erklärt, Konoha?" "Oder davon, dass man manche Gedanken besser nicht ausspricht!", tadelte Hanako. Ihre Wangen waren tief gerötet. "A-außerdem lasse ich bestimmt nicht mit mir spielen! Nicht in dem Sinne, Tooma!" "Das hatte ich auch gar nicht vor!", rechtfertigte sich der Suna-Genin. "Ich nehme Mamo-chan ja auch nicht eine seiner beiden..." Hanako wedelte mit beiden Händen vor Toomas Gesicht herum. "Du kannst doch nicht einfach..." "Was, ich kann nicht einfach? Solltet Ihr die Dinge nicht mal aussprechen, du und Karin-chan? Ich meine, wie hoch ist die Hoffnung, dass dieser Holzkopf noch mehr über dieses Thema lernt?" Die Blicke der meisten Anwesenden gingen in meine Richtung. "Was?", fragte ich irritiert. Wie auf ein geheimes Kommando sahen alle wieder in eine andere Richtung, und ein kollektives Seufzen ging durch die Reihen. "WAS?" Ich erhielt keine Antwort. "Na, da wurdest du ja noch mal vom Gong gerettet. Oder von Mamo-chan", säuselte Lian, und drückte dem Teamkameraden einen Kuss auf die Wange. Waren die zwei wirklich nur Teamkameraden? Ich bekam da leichte Zweifel. Nun errötete Tooma für einen Moment, und er musste sich räuspern, bevor seine Stimme zurückkehrte. "Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Glück, Konoha. Und ramm diesen Kumo-Trottel ungespitzt in den Boden, okay?" Na, wer hier wohl wen ungespitzt in den Boden rammen würde. "Etwas in der Art hatte ich vor. Dir auch viel Glück gegen Hana-chan. Du wirst es gebrauchen können. Sie hat die letzten vier Wochen viel gelernt." "Mamo-chan, du redest wieder", wiegelte sie ab und sah verlegen zur Seite. "Das Gleiche gilt für mich", sagte Amir und klopfte mir ebenfalls auf die Schulter. Wieder zuckte dieser Schmerz durch mich hindurch. Ein gequälter Laut entkam meinen zusammengebissenen Zähnen. Der kleine Amir hob abwehrend die Arme. "Friede, Mamo-chan. Ich habe keinesfalls vor, Karin etwa Schmerzhaftes anzutun." "E-es ist doch noch gar nicht sicher, ob du gewinnst!", warf Karin ihm vor. Irgend etwas in ihren Augen schien aufzuleuchten. "Außerdem habe ich auch trainiert! Und... Und ich nehme es dir übel, wenn du nicht mit allem kämpfst, was du hast!" Kurz sah ich Furcht in ihren Augen flackern, aber das war nur ein Moment. Amir nickte anerkennend. "Ich erwarte einen guten Kampf, Karin-chan. Dies wird mein letztes Examen, so oder so. Und ich will mich empfehlen." Durch Karin ging ein körperlicher Ruck. "Ich werde dir einen guten Kampf liefern", versprach sie. Irgend etwas ging in ihr vor, veränderte sie. Von einer Sekunde zur anderen straffte sie sich, schien größer zu werden. Sie war entschlossener. Gefährlicher. Und schöner. Schöner? Hatte ich das wirklich gedacht? Aber es war tatsächlich so. Wie sie da stand, mit ihrem Gegner Auge in Auge, schien sie zu funkeln, ja zu strahlen wie ein Diamant im Sonnenlicht. "Mamo-chan, ich werde dich nicht enttäuschen", versprach sie. Ich lachte rau auf. Nachdem Jardin mich umgebracht hatte, konnte sie gar nicht mehr schlechter als ich abschneiden. Empört sah sie mich an. "Du brauchst nicht zu zweifeln! Ich habe genauso hart trainiert wie du, Mamo-chan! Du wirst stolz auf mich sein!" Mit diesen Worten wandte sie sich ab. Also, das war neu. Mein hässliches Lachen, das sie so fulminant fehlinterpretiert hatte, hätte ihr normalerweise die Tränen in die Augen getrieben und sie in irgend eine Ecke gescheucht, in der sie ihren Kummer ausheulen konnte. Stattdessen war sie noch kämpferischer geworden. Entschlossener. In diesem Moment war sie mehr denn je eine Akimichi. Ehrlich, ich war beeindruckt. Zutiefst beeindruckt. Aber wo zum Henker war jetzt Ranko-sensei? "Runde eins! Die Kontrahenten bitte auf den Kampfplatz!", erklang es aus der Halle. Das durchfuhr mich beinahe noch ärger als die Schläge auf meine Schulter. Wo war Sensei, wenn ich sie wirklich mal brauchte? Ich sah mich suchend um, aber auf die naheliegendste Methode, andere zu fragen, kam ich nicht. "Morikubo-kun, komm jetzt!", klang Motoi-senseis Stimme auf. "J-ja, ich bin schon auf dem Weg." Mist. Mistmistmistmistmist! Ich war verdammt! Ich kannte die Arena von Konoha, ein Monolith-Bau, der seinesgleichen suchte. Die Halle in Kumogakure war das überdachte Pendant. Die Zuschauer saßen nicht ganz so hoch wie bei uns Zuhause, aber es waren mindestens ebenso viele Plätze vorhanden. Und die Halle war brechend voll. Als wir eintraten, brandeten Jubel und Beifall zu uns herunter. Jardin ging siegesgewiss voran. Er hob hier und da den Arm, und winkte ins Rund. Ich trottete ihm nur hinterher. Motoi-sensei führte uns in die Mitte. "Ich bin euer Schiedsrichter. Wenn ich sage, dass ein Kampf vorbei ist, ist er vorbei. Ansonsten gibt es keine Regeln. Alles ist erlaubt. Benehmt euch wie stolze Shinobi. Dazu gehört auch, dass Ihr rechtzeitig aufgebt, wenn die Situation aussichtslos für euch ist, verstanden?" Mein Kopf ruckte hoch. War da vielleicht eine Möglichkeit, lebend aus der Sache heraus zu kommen? "Aufgeben?" Motoi grinste grausam. "Der Gegner muss die Aufgabe annehmen. Oder ich muss zum Entschluss kommen, dass wir nichts Neues mehr sehen werden. Etwas in der Art." Wieder senkte ich den Kopf. "Natürlich. Wie es sich für tapfere Shinobi gehört." "Du hast es verstanden, Morikubo-kun." Jardin lächelte Raubtierhaft. "Keine Sorge, Motoi-san, ich werde ihm nicht genügend Luft lassen, um um Gnade zu betteln." In einem Anflug von Größenwahn schnaubte ich abfällig. "Wir werden sehen, wem hier die Luft wegbleibt." Wütend sah er herüber. "Du verdammtes Großmaul aus Konoha! Ich werde..." "Warten, bis der Kampf offiziell eröffnet ist!", sagte Motoi mit Nachdruck. "N-natürlich." Jardins Miene versteinerte, und er trat einen halben Schritt zurück. Der Jounin nickte zufrieden. "Kampf eins, LOS!" Mit einem schnellen Step war er am Rand der Kampfarena angekommen, ein Sprung brachte ihn auf die Tribüne. Beinahe zugleich sprang auch Jardin von mir fort. Er grinste dämonisch. Aus seiner Shinobi-Uniform holte er ein Briefchen hervor und öffnete es. "Irgendwelche letzten Worte, Morikubo?" "Wie wäre es mit: Ich gebe auf?", fragte ich hoffnungsvoll. Das versetzte Jardin in Rage. "Du wirst deinen Spott noch bitter bereuen!" Na toll, damit hatte ich es noch schlimmer gemacht. Er riss das Briefchen auf und schüttete sich den Inhalt in den Mund. Beinahe sofort spürte ich, wie von ihm eine regelrechte Eruption an Chakra ausging. Wenn ich das in zwanzig Metern Entfernung noch spüren konnte, was hatte er da gerade geschluckt? Kennen lernen wollte ich es auf keinen Fall! "Ich habe doch gesagt, ich habe geübt! Sieh die Früchte meiner Arbeit!", rief Jardin herüber und biss sich in den rechten Daumen. "Kuchiose no Jutsu!" Die Beschwörung verursachte eine riesige Rauchsäule. Als sie verschwand, enthüllte sie einen Giganten. Ich sah auf. Und auf. Und noch weiter auf. Was Jardin da gerade beschworen hatte, konnte man mit vier einfachen Worten treffend beschreiben: Zwanzig Meter lange Schlange. Okay, ich war im Arsch. "Na, was sagst du dazu, Morikubo? Selbst dein gewaltiger Affenkrieger kann nicht gegen meinen Oro-Kabu gewinnen!" Er stemmte beide Hände in die Hüften und lachte rau. Die Schlange senkte den Kopf, um mich zu mustern. Dann sah sie Jardin an. "Dafür rufst du mich? Für dieses Würstchen hätte auch ein schwächerer Untergebener Manda-samas genügt." Jardin musterte mich durch zusammengekniffene Lider. "Unterschätze diesen hier nicht. Er ist sehr stark. Du wirst es noch erleben?" "So? Da bin ich aber gespannt. Was ist denn so besonderes an ihm?" "Er beschwört Affenkrieger." Das brachte die Schlange zum Prusten. "Dieses Würstchen? Affenkrieger? Da müsste er schon mit einem Kaliber wie dem Affenkönig aufwarten, damit ich überhaupt Schwierigkeiten bekomme. Da lache ich doch drüber. Töten wir ihn gleich!" "Warte! Ich will, dass er mit allem kämpft, was er hat! Sonst ist mein Sieg kein richtiger Sieg!" Die große Schlange zögerte. "Wie du willst. Du bist der Boss. Leider." Sie sah zu mir herüber. Mit ihrer dunklen, kräftigen Stimme sagte sie: "Dann zeige mir mal, was du hast, Mensch. Besser, du enttäuschst mich nicht!" Die Situation war so gefährlich, und gleichzeitig so absurd, ich musste lachen. Ich musste einfach nur lachen. So sehr, dass mir schnell der Atem fehlte. "Oi! Ist er jetzt verrückt geworden?", raunte die Schlange. "Nein, er holt zum Gegenschlag aus", sagte Jardin mit einem leisen Zittern in der Stimme. "Hoffentlich habe ich ihn nicht unterschätzt." Ein unsicherer Blick der Riesenschlange traf mich. "Ich sollte...", begann sie und schnellte vor. "Kuchiose no Jutsu!" Ich legte alles in diese eine Beschwörung, jeden winzigen Tropfen Chakra, den ich mobilisieren konnte. Vielleicht gelang es mir ja, Ranma-sama erneut zu beschwören! Selbst mit P-chan wäre ich zufrieden gewesen, obwohl das auch nur bedeutet hätte, nicht alleine zu sterben. Die charakteristische Rauchwolke entstand. Und die Schlange hielt genau auf ihr Zentrum zu. Doch sie stockte. Der Rauch verflog. Eine groß gewachsene Gestalt trat daraus hervor. Ich konnte nur den Rücken sehen, sah die lange weiße Mähne und den buschigen, weißen Schwanz. Und ich wusste, DEN hatte ich noch nie beschworen. Die Gestalt richtete sich zur vollen Größe auf. "Enko O Enma betritt das Schlachtfeld!", verkündete er. Ich wurde kreidebleich. Auf einmal erschien mir die Alternative, von dieser riesigen Schlange gefressen zu werden, als das erträglichere Schicksal. Oder von Jardin langsam in Stücke geschnitten zu werden. Was würde ausgerechnet der Affenkönig mit mir anstellen, nachdem ich ihn für derart Triviales wie ein Chunin-Prüfung beschworen hatte? "Morikubo-tono", klang seine Stimme auf. "O-sama?" Sein Blick ging nach hinten, und seine Augen waren kalt wie Stahl, als sie in meine sahen. "Läuft das Examen gut für dich?" "Bis jetzt ja, O-sama", erwiderte ich. Er sah nach vorne, sein Blick ging die riesige Schlange hoch. "Ich verstehe dein Problem." Der Affenkönig stellte sich in Positur und winkte die gigantische Schlange heran. "Komm nur. Ich lasse aus deiner Haut ein paar tausend Gürtel machen." Die riesige Schlange schien wie erstarrt. "Das ist eine Täuschung!", rief Jardin wütend. "Das kann nicht der Affenkönig sein! Schau dir Morikubo doch an! Der kann doch kaum noch stehen! Wie will der den Affenkönig beschworen haben können?" Die Schlange zögerte. Dann schnellte sie sich vor. In diesem Moment aber spürte ich, wie das Chakra in Enma wuchs. Nicht so wie in Jardin, nachdem er das Pulver geschluckt hatte. Nein, viel mächtiger, kräftiger. Ich glaubte, vom Chakra davon gespült zu werden, als mich die volle Energie traf. "Kommst du nun, oder muss ich zu dir kommen, Schlange?", rief der König. Wieder zögerte die Schlange. Sie sah zu Jardin herab. "Du hast Recht. Man darf diesen Konoha-Ninja nicht unterschätzen. Ich für meinen Teil habe genug. Man sieht sich, Genin!" Vor meinen Augen löste die Schlange die Beschwörung von sich aus auf. Es gab einen Knall, und sie war verschwunden. Empört und entsetzt starrte Jardin auf die Stelle, an der sich eben noch eine gigantische Schlange befunden hatte. "So war das nicht geplant!" Er sah suchend ins Publikum. "So hatten wir das nicht besprochen!" Der Affenkönig ging einen Schritt auf Jardin zu. "Hat man dir nicht beigebracht, dich im Kampf auf deinen Gegner zu konzentrieren, weil eine Sekunde geistiger Abwesenheit deinen Tod bedeutet?" Der Kumo-Nin erbleichte. "I-ich gebe auf", brachte er stotternd hervor. "ICH GEBE AUF!" Der Affenkönig schnaubte halb amüsiert und halb enttäuscht. "Wenn du die Kapitulation nicht annimmst, kann ich mich mit ihm noch ein wenig amüsieren, Morikubo-tono." "Nein, nein!", beeilte ich mich zu sagen. "Ich nehme sie an. Hörst du, Jardin? Der Kampf ist vorbei!" "Sieger im ersten Kampf", verkündete Motoi-sensei, "ist Mamoru Morikubo, Konohagakure!" Nun brandete wieder Jubel von den Rängen auf. Die Menschen standen auf und applaudierten. Sie hatten zwar keinen Kampf gesehen, aber jeder hatte das mächtige Chakra des Affenkönigs gespürt, und die gigantische Schlange gesehen. Fürs Auge war mehr als genug geboten worden. Vor mir gab es eine weitere Verpuffung, und anstelle von Enma O stand da plötzlich P-chan. "Ein Glück", hörte ich sie sagen, während sie verlegen lächelte und den rechten Arm hinter dem Kopf verschränkt hielt, "noch länger hätte ich diese Tarnung nicht aufrecht erhalten können!" "Ein Bluff?", rief Jardin entrüstet. "Ein verdammter Bluff? Affe, ich werde dich..." Er stürmte auf Perine zu. Ein Step, und ich war vor ihr. Für den Augenblick waren die Schmerzen vergessen. Ich hatte mein Kunai gezückt und hielt es stoßbereit vor mir. "Überlege dir genau, was du jetzt tust, Jardin Nabara! Ich habe dir einmal dein Leben geschenkt! Vertraue nicht darauf, dass ich es ein zweites Mal tue!" "Du kannst mich mal am...", begann er und stürmte weiter auf uns zu. Ich warf das Kunai. "Katon!" Ein Strahl reinen Feuers folgte der Schnur, die an dem Kunai befestigt war, und hüllte die Klingenwaffe ein. Jardin wich aus, aber damit war ich noch nicht am Ende meiner Kunst. Ich zog an der Schnur, riss Waffe und Feuerball in seine Richtung weiter. Er warf sich zu Boden, und das Feuer meines Jutsu zog über ihn hinweg, die Hitze glitt nur Zentimeter über sein Gesicht dahin. Als die Waffe ihn passiert hatte, riss ich sie zu mir zurück und fing sie auf. Jardin saß am Boden, die rechte Gesichtshälfte voller Brandblasen. Mit Entsetzen sah er zu mir herüber. Ich schnaubte frustriert. Und dann spürte ich, wie sich meine gemarterten Muskeln für diese aufreibende Aktion bedankten. Wieder wurde mein ganzer Körper von den Schmerzen gepeinigt. Es war ein wenig so wie den Ellenbogenknochen anzuschlagen, nur halt überall und viel stärker. Als ich mich von dieser Schockwelle erholt hatte, löschte ich zuerst das Feuer um mein Kunai. Ich packte die Klinge wieder weg und wandte mich von Jardin ab. "Der Kampf ist vorbei. Endgültig", sagte ich ernst. Ich sah zu Perine herüber. "Danke, dass du mich gerettet hast, P-chan. Wie immer bist du mir eine große Hilfe." Sie winkte gönnerhaft ab. "Ach, dafür doch nicht, Morikubo-tono. Wir Affen passen auf unsere Freunde auf, das weißt du doch. Wenn du mich jetzt zurückschicken könntest..." "Oh. Ja, natürlich." Ich löste die Beschwörung wieder auf, und Perine verschwand wieder auf den Affenberg. Dann ließ ich mich wie ich war einfach nach hinten auf den Steinboden der Halle fallen. Ich streckte Arme und Beine von mir. Da waren diese ernsthaften Erkenntnisse, mit denen ich gerade schwer zu kämpfen hatte: Ich war immer noch am Leben. Und ich hatte gewonnen. Und einen mörderischen Muskelkater, der immer schlimmer wurde. Ob ich den Platz überhaupt für den nächsten Kampf räumen konnte? Ich lachte rau. Das war jetzt meine kleinste Sorge. Die weit größere kam gerade irgendwo hinter mir auf die Beine und wankte mit unsicheren Schritten zum Ausgang. Mein neuer Todfeind Jardin Nabara. *** Auf den Rängen saß ein Agent. Das war nichts Ungewöhnliches, denn wenn Kumogakure schon einmal seine gut verteidigten Pforten für die Öffentlichkeit öffnete, dann nutzten viele Länder die Gelegenheit für ein wenig Erkundung. Und auch für die Suche nach viel versprechenden Genin der aktuellen Generation. Diese Agenten empfahlen anschließend das eine oder das andere versteckte Dorf, oder sie empfahlen bestimmte Ninja für Aufträge. Aber dieser Agent war mehr so der klassische Typ. Ein Infiltrator, Ermittler, ein Mann der Schatten, der aus diesem Schatten heraus tötete. Er war es gewesen, der Jardin das Pulver besorgt hatte, um sein Chakra zu pushen. Er war es auch gewesen, der ihm den Schlangenkontrakt besorgt hatte. Nun hatte er die aufwändige und zeitraubende Arbeit vor sich, den Namen dieses Versagers wieder von der Liste zu tilgen. Und am Besten wäre es auch, Jardin gleich mit zu tilgen, bevor die falschen Leute die richtigen Schlüsse zogen. Andererseits konnte ein so zorniger und zugleich verängstigter Mann noch einmal sehr nützlich sein. Ein Lächeln ging über sein Gesicht, als er an die verschiedenen Möglichkeiten dachte, wie man Jardin Nabara manipulieren konnte, um ihn ein wenig Drecksarbeit verrichten zu lassen. Die Fanatischen waren meistens die Nützlichsten, fand er. *** "Kampf zwei! Los!" Motoi sprang wieder davon, überließ das Geschehen den beiden Genin. Hanako sah Tooma böse an. "Wehe, du schonst mich!" Ein nicht besonders angenehmer Gedanke huschte durch ihren Verstand. "Und wehe, du versuchst irgendwas Schmutziges!" Abwehrend hob Tooma die Hände. "Sei versichert, werte Honoka-chan, ich habe nichts dergleichen im Sinn. Ich würde es auch nicht überleben.Denk an Lian und Mamoru." "Gut. Dann komm! Mit voller Kraft!", rief sie fordernd. "Okay!" Toomas Turban verwandelte sich wieder in das todbringende kleine Männchen. Es stürzte direkt auf Hanako zu, aber mit Kunais in beiden Händen stoppte sie die Klingen. Leider hatte das Männchen vier davon, und so rettete sie nur ein beherzter Sprung rückwärts vor einer ernsthaften Verletzung. "Gut ausgewichen", lobte Tooma. Er riss die Chakrafäden, welche die Puppe lenkten, nach vorne, um ihr nachzusetzen. Wieder wehrte Hanako zwei Klingen ab und wich den anderen beiden aus. Dann stockte dieser Angriff. "Gut, das ist also deine Reichweite", stellte sie fest und steckte ihre Kunais wieder fort. "Na, dann wollen wir mal!" Sie vollführte die Fingerzeichen für die Schattenklone. Kurz darauf gab es fünf Hanako Yodamas. Die vier Schattenklone verteilten sich rund um Tooma, knapp außerhalb der Reichweite seiner Chakrafäden. Tooma zog die Puppe zu sich zurück und wartete ab. "Tut mir leid, wenn ich es kurz mache!", rief Hanako. Ihre Schattenklone gingen zum Angriff über. Tooma reagierte blitzschnell, suchte sich einen der Klone aus und ließ die Puppe auf ihn niederfahren. Der Klon wehrte sich mit Kunais, doch diesmal durchschlug die Puppe diese Verteidigung. Zwei Klingen fuhren in Brust und Bauch, und lösten damit den Schattenklon auf. Tooma riss die Puppe zum nächsten Klon herüber. Auch der wehrte sich für ein paar bange Augenblicke, dann löste auch er sich auf, als eine Klinge durch den Hals ging. Da waren die anderen beiden Klone heran. Links und rechts stürzten sie herbei, umklammerten seine Arme und fixierten sie. Die Puppe stürzte ungesteuert zu Boden. "Ich sagte es doch. Tut mir leid, wenn ich es kurz mache", sagte Hanako erneut. Sie formte mit beiden Daumen und Zeigefingern ein Rechteck, durch das sie Tooma fixierte. "Shintenshin no Jutsu!" Die Technik der Körperkontrolle. Hanako war auf dem besten Wege, ihren Geist in Toomas Körper zu transferieren. Und damit nur einen Schritt davon entfernt, ihn "ich gebe auf" rufen zu lassen. Im gleichen Augenblick aber schien der Suna-Nin unter Strom zu stehen. Blitze zuckten über seinen Körper, wanderten seine Gliedmaßen entlang, besonders seine Arme. Die beiden Schattenklone wurden von den Blitzen erfasst, elektrisiert und zerstört. Tooma machte eine Bewegung mit der Rechten, und die Puppe kehrte zu ihm zurück. Genauer gesagt war sie in dem Moment zwischen ihm und Hanako, in jenem Augenblick, als sie ihre Bewusstseinstransfertechnik anwendete. Übergangslos fand sie sich in der Puppe wieder. Das überraschte sie. Es war ihr neu, dass es möglich war, mit dieser Technik auch leblose Materie zu übernehmen, geschweige denn eine Kampfpuppe. Aber egal ob interessant oder nicht, sie musste sich eine neue Strategie überlegen und diese Puppe wieder verlassen. Sie musste... Toomas Gesicht erschien riesengroß vor ihren Augen. Er lächelte. "Gib dir keine Mühe, Hana-chan. Das Siegel hält dich noch mindestens zwei Minuten gefangen. In der Zeit nehme ich mich mal deines Körpers an." Sie sah, wie Tooma, die Puppe in der Hand, auf ihren Körper zuschritt, der ohne Bewusstsein am Boden lag. Wehrlos, vollkommen wehrlos. Beim Gedanken, was der Suna-Nin jetzt alles mit ihr anstellen würde, überkam sie das kalte Grausen. Nun, vielleicht nicht das richtig kalte, und Tooma war irgendwie nett und ein toller Kerl, aber doch nicht so und hier! Und überhaupt, vor all den Leuten? Außerdem sollte doch Mamo-chan das erste... Tooma blieb zwei Meter vor der am Boden liegenden Mädchengestalt stehen. "So, näher gehe ich nicht heran, sonst gibt das Ärger mit Mamo-chan und Lian." Er hielt die Puppe so, dass sie ihn lächeln sehen konnte. "Deine Taktik war gut, aber du hast vergessen, dass ich Blitz-affin bin.Und dass auch ich dazu lernen kann. Mich von der Puppe zu trennen war aber der richtige Gedanke." Er öffnete den Mund, und Hanako sah dort etwas glitzern. Dann spürte sie einen leichten körperlichen Schmerz an der Schulter, und langsam begannen ihre Sinne zu verschwimmen. "Nur ein Betäubungsgift, Hana-chan. Es tut mir leid, dass ich es jetzt so schnell beendet habe." Den Rest seiner Worte hörte sie schon nicht mehr. Sie kamen nicht durch den dicken Nebel, der ihr Bewusstsein umhüllte. "Sieger: Tooma, Sunagakure!", verkündete Motoi, und wieder wurde applaudiert und gejubelt. Tooma, die Puppe wieder als Turban auf dem Kopf, winkte die Sanitäter heran. "Wir könnten hier eine Trage gebrauchen!" *** Als ich wieder wusste, wo ich war, begann gerade der Kampf zwischen Lian und Hassin. Ich hätte mir das gerne angesehen, aber ehrlich gesagt bereitete mir selbst ein Kopfnicken schon erhebliche Schmerzen. "Halt still, Mamo-chan." Nun fuhr ich erst Recht herum, und wurde mit erheblichen Schmerzen belohnt. "Autsch!" "Ich sagte doch, du sollst still halten", tadelte mich Ranko-sensei mit Wärme in der Stimme. Chakra strömte von ihren Händen in meinen Körper und erfüllte mich mit Wärme. Das war angenehm, aber es trug nicht sonderlich dazu bei, meine Schmerzen zu lindern. "Ranko-sama? Wo warst du vorhin? Ich habe dich gesucht. Und warum bist du ein Mensch?", raunte ich. "Wie ich dir schon sagte, ich habe Geschäfte in Kumogakure und konnte dir bei deinem Kampf leider nicht helfen. Aber ich denke, Perine hat mich würdig vertreten." Ich lachte leise. "Oh ja, das hat sie. Wenn ich daran denke, ich hätte wirklich König Enma beschworen... Ich weiß nicht, was er mit mir angestellt hätte." Sie gab mir einen leichten Klaps auf die rechte Schulter, was wieder eine Schmerzwelle durch meinen Körper jagte. "Vielleicht haben wir dir einmal zu oft gesagt, dass du Affenkrieger nicht ohne triftigen Grund beschwören sollst." "Das ist es nicht. Es waren eher die angedrohten Strafen, wenn ich es doch mache", erklärte ich. "Ach so, das." Sie lächelte wie bei einem guten Witz. "Da ist er also, unser Held." Uzuki-senseis Gesicht erschien über mir. "Respekt, Mamo-chan, ich habe dir nicht zugetraut, dass du noch so viele Reserven hast. Ich dachte, ich hätte dir alle verschlossen." Sie hatte was? "DU HAST WAS?", rief ich erschrocken und fuhr hoch. Nur um sofort unter großen Schmerzen wieder zu Boden zu sinken. "Ich habe deine Chakra-Knotenpunkte verschlossen. Die meisten, zumindest." "Ja, aber, aber, aber... WARUM?" Uzuki-sensei zuckte die Achseln. "Damit du deine Beschwörungstechnik verwendest." Entsetzt stöhnte ich auf. "Das leuchtet mir in keinster Weise ein." "Ach, das hat rein finanzielle Gründe. Sicher, du hättest Jardin und die Riesenschlange auch so besiegen können. Und das wäre sicherlich dein Sprungbrett zum Chunin gewesen." "So, hätte ich das?" Ich war mir eher sicher, dass ich gegen die Schlange keine Minute überlebt hätte. "Ja, hättest du. Aber da draußen sitzen viele potentielle Auftraggeber, die sich die Kämpfe vor allem deshalb anschauen, um zu sehen, welche versteckte Stadt das meiste Potential bietet, welche voraussichtlich Aufträge am besten erledigen wird. Dadurch, dass du vor deren Augen einen Affen beschwört hast, hast du der Reputation von Konoha genutzt." "Aha, wie interessant", murmelte ich. "Sieh es als Auftrag, von dem du nichts wusstest, Mamo-chan", sagte sie nonchalant, und packte meinen Körper mit festem Griff. Beinahe sofort konnte ich Erleichterung spüren. "Ich löse jetzt die Blockaden wieder. Gleich geht es dir besser." Ich stöhnte gequält. "Und wofür das alles? Damit ich aller Welt zeige, dass Konoha Kontraktnutzer für den Affenclan hat?" "Genau das. Eine rein taktische Entscheidung." Sensei lächelte niedlich. "Aber warum hast du mir das dann nicht einfach gesagt?", rief ich verzweifelt. "Weil du fraglos versucht hättest, ohne Beschwörung auszukommen, Konoha." Tooma trat grinsend in den Warteraum ein. Hinter ihm wurde Hanako auf der Trage herein gebracht. "Du bist ein ziemlich sturer Vogel." Ich ächzte. "Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Warst du nett zu ihr?" "So nett wie es ging. Sie hat eine vergiftete Nadel in der Schulter. Das Gift dürfte in etwa zehn Sekunden abklingen." "Definiere nett", verlangte ich. "Zwei Meter Abstand-nett. Reicht das?" Merkwürdigerweise tat es das. Ich nickte. Zusätzlich spürte ich die Erleichterung durch das Öffnen meiner Chakra-Knoten. "Du wirst noch ein paar Stunden Schmerzen haben, aber nicht so schlimme wie bisher", sagte Uzuki-sensei. Sie gab mir einen Klaps auf die Schulter, der diesmal nicht so furchtbar schmerzte. "Na los, steh auf und geh hin." Mit ihrer und Ranko-samas Hilfe kam ich auf die Beine. Ich ging bis zu Hana-chan und sah auf das schlafenden Mädchen herab. Merkwürdig, so wie sie da lag, mal nicht laut und polternd, nicht so besitzergreifend und Kommandosüchtig, sondern einfach nur friedlich schlafend, da war sie richtig süß. Man konnte sagen, schön. Vor allem weil sie das typische Blondhaar ihrer Familie geerbt hatte, das ihr Gesicht nun wie goldene Seide einrahmte. "Tooma, kannst du mir ein paar Liter von dem Zeug mitgeben? So friedlich sehe ich sie nie wieder." Der Suna-Nin lachte abgehackt. "Eventuell, Konoha. Eventuell. Ich muss jetzt mal schauen, wie es meinem Mädchen geht." Er nickte mir zu und trat zum Ausgang zu den Zuschauerrängen. Derweil schlug Hana-chan die Augen auf. Mir pochte das Herz bis zum Hals. "Mamo-chan", hauchte sie, "ich habe verloren." "Tooma ist ein starker Gegner. Du brauchst dich nicht zu ärgern, dass du verloren hast, Hana. Das ist keine Schande." "Mamo-chan!", rief sie mit gequälter Stimme. Sie kam hoch und klammerte sich an mich. "Danke, dass du so verständnisvoll bist!" Peinlich berührt spürte ich ihre Umarmung. Und ich spürte noch etwas anderes, weiches, in doppelter Ausführung auf meiner Brust. "Das geht schon in Ordnung, Hana", sagte ich. "Aber könntest du mich wieder loslassen?" "Ist dir das so unangenehm, dass ich bei dir Trost suche?", fragte sie schniefend. "Das ist es nicht." "Dann lass mich doch noch ein wenig so bleiben." Seufzend gab ich nach. Zumindest bis ich einen stechenden Blick in meinem Rücken spürte. Ich wandte mich um so gut ich konnte. Karin sah mich aus großen, wässrigen Augen an. Na klar, da hatten wir die Bescherung. Sie hatte ihre zarten kleinen Hände zu Fäusten geballt. "Mamo-chan, wenn ich verliere, kriege ich dann..." "Wenn du gewinnst", sagte ich mit Betonung auf dem letzten Wort, "kriegst du was immer du willst!" Auch wenn es bedeutete, dass mein Geldbeutel erneut geschröpft werden würde. Karins Augen wurden riesengroß. "A-alles, was ich will?" "Und ich mir leisten kann", schränkte ich ein. "Alles, was ich will?" Ihr Blick ging zu Amir herüber, der plötzlich blass wurde. "Na, schönen Dank auch für diesen Motivationsschub, Mamoru", sagte er sarkastisch. "Sieger: Hassin, Getsugakure!" "Dann sind wir jetzt wohl dran, Karin-chan. Aber vergiss nicht, wenn ich am Boden liege und nicht mehr atme, solltest du aufhören." "Was? Aber ich... Ich meine... Ich gebe nur mein Bestes, Amir-kun!" "Genau das befürchte ich ja. Also bis gleich, Mamoru. Hoffentlich in einem Stück", fügte er mit einem Seufzer an. Tooma kam wieder herein, mit einer nachdenklichen Miene. "Das war ein guter Kampf Lian hat ihn nur knapp verloren. Sein Genjutsu natürlich. Äh, Konoha, was machst du da eigentlich?" "Meine Teamgefährtin wegen ihrer Niederlage trösten." "Aha. Meinst du, das klappt auch mit Lian?" "Weiß nicht. Kannst es ja mal versuchen." Ich sah Hanako an. "Und? Hast du jetzt genug von..." "Nur noch ein kleines bisschen", murrte sie. Ich seufzte erneut. Frauen. Was für ein merkwürdiges Volk. Und warum grinste Uzuki-sensei so merkwürdig? Aber ich schwor mir, Karins Kampf anzuschauen, und wenn ich Hanako dafür tragen musste. *** Karin Akimichi war schon immer dünn gewesen. In den Worten ihrer Mutter hieß das mager. Die Körperkunst des Akimichi-Clans funktionierte am Besten, wenn man gesunde dreißig bis vierzig Prozent Übergewicht auf den Hüften hatte, das war wichtig für die Reserven, die das Familienjutsu benötigte. Tatsächlich gab es ein paar geheime Künste des Clans, die Karin niemals erlernen oder gar anwenden durfte, da sie ihre Kraft direkt von der Körpersubstanz nahmen, nicht vom Chakra. Es war schon mehr als einmal vorgekommen, dass ein Akimichi stolz und rundlich in die Schlacht gezogen war, und anschließend als abgemagertes Gerippe zurückgekehrt war - aber natürlich siegreich. Karin war also für die wichtigsten Familienjutsu nicht geeignet, und lange Zeit hatte es eine Diskussion darüber gegeben, ob man sie überhaupt Ninja werden lassen sollte. Erst ein Machtwort ihres Vaters, der die Clanoberen daran erinnerte, dass die Welt der Shinobi nicht nur aus den Jutsu des Clans bestand, hatte dazu geführt, dass sie das dürre Kind tatsächlich auf die Schule gelassen hatten. Karin wusste das. Sie kannte ihre Defizite, ihre eingeschränkten Möglichkeiten. Meistens behalf sie sich mit einer Soldatenpille, die Kalorien für mehrere Tage bot. Für sie reichte sie ein paar Stunden. Auf diese Weise konnte sie ein wenig mehr Energie herausschinden, die für das eine oder andere Akimichi-Jutsu notwendig waren. Der Rest waren Erdjutsu, die sie unter Hayate-senseis Anleitung erlernt hatte. Und sie war gut darin. Allerdings war sie bisher in noch keinem Gefecht gewesen, in dem ihr Baika no Jutsu die Situation nicht schnell und nachdrücklich geklärt hätte. Auch so ein Problem. Als Ninja wusste sie, dass man sich nicht auf einen einzigen Trumpf verlassen sollte. Aber sie setzte dieses Jutsu so natürlich ein wie andere die Atmung benutzten. Und es fraß auch nur wenig Chakra. Diesmal war es ein wenig anders. Amir war auch Ninjutsu-Nutzer mit Erdaffinität. Und er war mindestens zehn Jahre älter und erfahrener als sie. Sicherlich, er war noch kein Chunin, und das bedeutete nicht die besten Fähigkeiten. Aber sie hatte ihn am Turm kämpfen gesehen. Und sie hatte sein Vorrunden-Duell gesehen. Ihn zu unterschätzen wäre tödlich gewesen. Und dann war da noch die Geschichte, die Kabuto-san ihr erzählt hatte. Dass er grausam war, jede Chance nutzte. Tödlich und präzise. Aber der wichtigste Punkt war, dass Mamo-chan ihr versprochen hatte, was immer sie wollte, wenn sie diesen Kampf gewann. Das bedeutete, sie konnte ihn um einen kleinen Urlaub bitten, nur sie zwei, vielleicht in einem Onsen-Hotel. Gemeinsam in einem Privatbad baden, zusammen zu Abend essen, sich einen Raum teilen und die Nacht zusammen verbringen. Nur sie zwei, ganz alleine, und dann... Und dann... "Karin, irgendwie machst du mir Angst. Wo holst du eigentlich das ganze Chakra her? Und warum bist du so krebsrot im Gesicht?", raunte Amir ihr zu. Erschrocken sah sie den Getsu-Ninja an. "D-das ist die Aufregung." Sie verbeugte sich, während sie hinter Motoi-sensei herging, vor Amir. "I-ich hoffe, du hältst dich nicht zurück. Ich will nicht verlieren, wenn du mich geschont hast. Und ich will nicht gewinnen, wenn du nicht alles gegeben hast!" Womöglich nahm Mamo-chan sein Wort wieder zurück, wenn er meinte, Amir habe sie gewinnen lassen! Und was wurde dann aus dem schönen Urlaub? Ihre gemeinsame... "Natürlich kämpfe ich mit voller Kraft!", erwiderte er entrüstet. Leiser fügte er hinzu: "Ich kämpfe hier schließlich um mein Leben. Dieser Mamoru. Was hat er sich dabei gedacht, als er ein Streichholz in dieses Sprengstofflager geworfen hat? Na, vermutlich nichts, wie immer." Ergeben seufzte Amir und zuckte mit den Schultern. "S-sprengstofflager?" "Ich meine dich, Karin. Mamorus Worte haben dich so aufgeheizt, du stehst fast vor einer Explosion. Wenn ich überleben will, muss ich schon mit ganzem Einsatz kämpfen." "Wenn Ihr zwei dann mit tratschen fertig seid, würde ich gerne den Kampf beginnen", mahnte Motoi. Die beiden sahen auf. Sie standen bereits in der Mitte der Halle. "Entschuldigung, Sensei!" Karin verbeugte sich tief vor ihm. "Tut mir leid. Hab's gar nicht gemerkt", murmelte Amir peinlich berührt. "Wie dem auch sei. Vierter Kampf, Start!" Motoi-sensei verließ die Mitte, und zog sich wieder auf die Bühne zurück. Nun ging es also los. Eine seltsame Erregung hatte Karin erfasst. Hatte sie bisher gekämpft, um Hana-chan nicht zu enttäuschen und um vor Mamo-chan gut auszusehen, so ging es diesmal um etwas Größeres, größer als der Titel einer Chunin. Es ging um ihr ganzes zukünftiges Leben mit Mamo-chan! Das schlanke Mädchen massierte mit der Linken die Knöchel der Rechten. Die Knochen knackten dabei bedrohlich. "Es tut mir leid, wenn ich jetzt etwas rau zu dir sein muss, Amir-kun", sagte sie in einem bedauernden Tonfall. "Oh, ich habe so etwas schon erwartet..." Über seine Augen senkte sich ein Schatten düsterer Vorahnung. "Bringen wir es hinter uns, Karin-chan." "Okay. KATON!" Die junge Akimichi spie einen Feuerball aus, dem Amir nur knapp ausweichen konnte. Karin verfolgte ihn eine Zeitlang mit dem Feuerstrom, so weit das Feuer in ihrem Mund reichte, aber Amir war knapp vor den Flammen. Entgeistert starrte er die Kunoichi an. "Sag mal, was war das denn? Ich dachte, du bist Erd-affin! Und außerdem, ich habe mit deinem Körperjutsu gerechnet!" Verlegen kicherte sie und legte einen Arm hinter ihren Kopf. "Sarutobi-sensei hat mir ein paar Katons beigebracht. Er meinte, ich habe eine leichte Affinität zum Feuerjutsu." "Dann beherrschst du jetzt also zwei Elemente? Respekt, Karin-chan, Respekt." "Ach, was heißt beherrschen? So kunstvoll wie Mamo-chan bin ich nicht. Was er mit dem Kunai und seinen Flammen gemacht hat, erlerne ich nie." "Dennoch, das ist ein Riesenfortschritt. Beinahe tut es mir leid. DOTON!" Amir war ein kleiner, dürrer Mann, er wirkte beinahe zerbrechlich. Aber als er kraftvoll auf dem Boden aufstampfte, schien die Halle zu beben, und ein Riss zog sich über den Kampfplatz. Mitten unter Karin brach der Hallenboden auf zwei Meter Länge auf und offenbarte blanke Erde. Sie quiekte erschrocken auf und fiel in das Erdloch. Amir vollführte Fingerzeichen, und die Spalte begann sich zu schließen und Karin lebendig zu begraben. Dann war Ruhe. Leiser, zaghafter Jubel regte sich auf der Tribüne, aber Amir war von seinem Sieg nicht überzeugt. "Komm schon, Karin. Das war doch noch nicht alles." Dort, wo die Akimichi verschwunden war, gab es eine kleine Explosion. Mit Hilfe ihrer riesigen Hände kroch die junge Frau aus dem Loch hervor. Ärgerlich sah sie Amir an. "Ich wollte heute ohne Baika no Jutsu auskommen. Eigentlich!" "Ohne dein Jutsu? Was genau hat dir Sarutobi-sensei denn noch alles beigebracht?" "Nicht nur Sarutobi-sensei!" Ihre Arme schnellten nach vorne und wurden dabei ein wenig dünner. Amir beschwor einen Erdwall, der die Hände stoppte. Karin riss sie herum, um den Wall, und versuchte nach Amir zu greifen, den nur ein beherzter Sprung auf den Wall rettete. "Tsuchi Bunshin no Jutsu!" Er gestikulierte erneut, und rund um Karin erhoben sich zehn schlanke Erdsäulen. Die Erde bröckelte ab, zurück blieben zehn Amir-Erdklone. Gemeinsam griffen sie die Kunoichi an, doch Karin zog ihre Hände zurück, vergrößerte sie wieder und schlug einmal um sich. Mit dieser Verteidigung hätte sie auch einem Hyuuga Ehre gemacht. Anschließend spie sie einen Feuerstrom aus, der die zehn Klone erfasste und zu hartem Stein backte. "Nicht schlecht, Karin, wirklich nicht schlecht. Aber du bist nicht die einzige, die dazu gelernt hat!" Er formte erneut Handzeichen. "Suiton: Suishouha!" Von seinem Erdwall ausgehend entstand eine Flutwelle, die auf Karin zuraste. Die Welle nahm die Erde mit und verfärbte sich braun. Als die Kunoichi von den Füßen gerissen wurde, trieb Amir die Welle bis an die nächste Wand, wo er aus der Mischung zweier Elemente einen Sumpf entstehen ließ, der Karin bis zum Hals bedeckte. "So, ich denke, das war es dann", sagte Amir zufrieden. "Nur noch verhärten, und du bist gefangen, bis dich jemand mit Hammer und Meißel freihaut." "Nanu, du hast ja auch was dazu gelernt!", rief Karin erstaunt. "Nur schade, dass es nicht reicht." "Versuch mal in dem Sumpf deine supergroßen Arme zu bewegen", spottete Amir. "Sieh es ein, es ist vorbei." "Nun, nicht ganz", erwiderte Karin, grinste, und verschwand in einer Rauchwolke. "Ein Schattenklon!" Amir fuhr herum, nur um zu spüren, wie sich ein Kunai an seine Kehle legte. "Karin-chan? Aber wann..." Die junge Genin lächelte liebenswürdig. "Als du mich in der Erde gefangen hast, hatte ich genügend Zeit dafür. Tut mir leid, das ich so gewinnen muss. Würdest du dann bitte aufgeben?" Entsetzt starrte Amir sie an. "Du bist ja ganz schön gerissen, Karin.chan, das muss ich schon zugeben. Aber..." Amir verschwand in einer Rauchwolke. Zugleich schoss eine Erdsäule hinter Karin in die Höhe, aus der der richtige Amir hervor kam, und einen Handkantenschlag an ihrem Hals anbrachte. Sie klappte in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Amir fing sie sanft bei den Schultern und legte sie vorsichtig auf dem Erdwall ab. "Aber leider hatte ich genau die gleiche Taktik. Und bei diesem Spiel gewinnt der, der als Letzter aus seinem Versteck kommt. Tut mir leid, Karin-chan, aber aus dem freien Wunsch bei Mamo-chan wird wohl nichts." "Sieger: Amir, Getsugakure!" Für einen Moment schien die Halle Kopf zu stehen. Der Kampf war nicht lang gewesen, aber es waren zwei Erdjutsu-Nutzer angekündigt gewesen. Und der eine hatte sich um das Element Feuer erweitert, der andere um das Element Wasser. Alleine das war schon eine Show für sich. Für die Reputation von Getsugakure und Konohagakure war das allemal eine Empfehlung. Grund genug für minutenlangen Beifall für die beiden Shinobi. Amir winkte lächelnd in die Runde. Er wusste selbst am Besten, dass das Bestehen im Endkampf nicht bedeutete, Chunin zu werden. Es war nur eine Empfehlung. Er wusste nicht, ob es diesmal klappen würde, aber er hatte sein Bestes gegeben, um Führungsqualitäten zu zeigen, und natürlich seine Stärke. Der Rest lag bei den Jounin seines Heimatortes. Er blickte die Tribüne hoch. Dort standen Mamoru und Hanako und sahen zu ihnen beiden herab. Sie wirkten nicht besonders erfreut, aber der Shinobi lächelte schließlich doch für Amir, und zeigte ihm den erhobenen rechten Daumen. Amir imitierte die Geste grinsend. "Autsch!" Karin schreckte hoch wie aus einem schlechten Traum. "Ich habe verloren, richtig?" "Ja, hast du. Aber warum bist du schon wieder wach? Der Schlag war so dosiert, dass du mindestens noch drei Stunden liegen bleiben solltest! Was für Monster züchtet Ihr eigentlich in Konoha?" "Oh, ich habe damit gerechnet, dass du so etwas versuchst, und mir einen Schutzmantel aus verhärteter Erde angelegt." Sie hob die schwarzen Haare an und zeigte ihm den zerbröckelten Panzer. "Leider hast du härter zugeschlagen als ich erwartet habe. Mist." Amir starrte sie entgeistert an, dann begann er zu lachen. "Himmel, ich wünsche mir gerade, keinem von euch dreien jemals im Kampf begegnen zu müssen." Er reichte ihr eine Hand zum Aufstehen. "Wird wohl nichts mit deinem freien Wunsch bei Mamo-chan." Sie ergriff die Hand und ließ sich auf die Füße ziehen. "Da kann man halt nichts machen. Du warst eben besser als ich, Amir-kun. Aber lieber ehrlich verloren als dreckig gewonnen. Danke." "Danke wofür?" "Danke, dass du mit voller Kraft gekämpft hast. Das war für mich auch ein Beweis dafür, wo ich stehe. Weißt du, mein Selbstbewusstsein war ziemlich im Eimer, damals beim schriftlichen Examen, als Nii-sensei mich heraus gepickt hatte. Aber jetzt bin ich wieder obenauf. Ich konnte mit einem starken Ninja wie dir mithalten. Und du hast mich nicht getötet. Glücklicherweise." "Getötet?" Irritiert runzelte Amir die Stirn. "Warum hätte ich das tun sollen?" Nebeneinander, in die Menge winkend, gingen sie zum Ausgang. Karin sagte: "Erinnerst du dich an die letzte Prüfung? Du hast ein Team aus Konoha vernichtet, und das letzte Mitglied zum Sterben zurück gelassen." "Zum Sterben?" Amir lachte gehässig. "Ja, im zweiten Teil hatten wir einen Zusammenstoß mit Konoha. Aber das Team bestand nur aus zwei Leuten. Der dritte war nicht dabei. Und die beiden habe ich nicht getötet, nur neutralisiert. Auch wenn ich ein Shinobi bin, ich töte nur, wenn ich es muss." "Kabuto-kun hat mir etwas völlig anderes erzählt!" "Kabuto?" Amir ergriff Karin an der Schulter. "Kabuto?" "Ja, Kabuto-kun." "Ist er hier? Jetzt gerade? Im Publikum?" "Vorhin war er das. Wieso? Was ist?" Langsam, bedächtig, löste Amir die Hände von Karins Schultern. "Nichts. Es ist nichts. Er ist nur... Ich weiß, er hat dir viel erzählt, und er wird sehr überzeugend gewesen sein. Und jetzt steht meine Version gegen seine Version. Aber wenn du einen Rat von mir annehmen willst, Karin-chan, gehe diesem Bastard aus dem Weg! Er ist gefährlich, tödlich und rücksichtslos! Halte dich immer zuerst an deine Teamkameraden!" "Ich verstehe nicht. Was ist denn passiert?" "Ich bin ihm begegnet, aber nicht im Chunin-Examen. Der Kerl ist ein unbesiegbares Monster, und vollkommen gewissenlos", erwiderte Amir mit rauer Stimme. "Karin, höre auf mich. Meide diesen Bastard." "I-ich weiß gerade nicht, was ich denken soll", erwiderte sie. "Nun, Zweifel sind besser als nichts." Amir musste plötzlich lächeln. "Willst du dir jetzt nicht deine Umarmung bei Mamoru abholen? Du hast doch auch verloren, genau wie Hana-chan." "Stimmt! Da war ja noch was! Mamo-chan!" Amir sah der Kunoichi nach. Die drei waren ein verrücktes Gespann. Und Mamoru würde mit den beiden noch viel Ärger haben, aber auch gute Zeiten erleben. Was ihn selbst betraf, wenn Kabuto noch immer in Kumogakure war, dann musste er seine Teamkameraden warnen. Denn alleine oder gar zu dritt waren sie ihm keinesfalls gewachsen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)