Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 7: Vor dem Finale II ---------------------------- "Mamo-chan, vergiss nicht den Vorraum zu schrubben." "Verstanden!" "Mamo-chan, hol mit dem Handwagen noch das Gemüse vom Depot." "Geht klar!" "Mamo-chan, im Gewächshaus drei muss Unkraut gejätet werden!" "Schon so gut wie erledigt!" "Mamo-chan, der Geldbote auf der Talroute braucht Geleitschutz!" "Genau mein Ding!" "Mamo-chan, passe diesen Nachmittag auf die Kindergruppe auf!" "Okay!" "Mamo-chan, unterrichte die älteren Kinder am Shuriken!" "Bereits dabei!" "Mamo-chan, der Raikage möchte, dass du den Wochenvorrat einkaufst!" "Auf dem Weg!" "Mamo-chan..." "Mamo-chan!" "Maaaamoooo-chaaan!" "Mamo-chan!" Mamo-chan?" Oh ja, man konnte wirklich behaupten, dass Kumogakure mich hart ran nahm. Hart und ungerecht. Am frühen Morgen begannen die vielen kleinen Jobs, die ich am Tag bewältigen musste, und erst am späten Abend hatte ich Gelegenheit dazu, mich ein wenig auszuruhen. Süffisante Bemerkungen, dass ich doch jung wäre und sowas abkönnen müsste, waren da nicht besonders hilfreich. Und das alles nur, weil Uzuki-sensei mich mit diesem einen Abend in Unkosten gestürzt hatte. In horrende Unkosten. Ich hatte mir ein großzügiges Taschengeld von dreitausend Ryou eingesteckt, und auf der Reise nach Kumogakure etwas mehr als eintausend am Abend des Barbeques mit den Frauen verbraucht. Aber um dieses Gelage zu bezahlen reichte die restliche Summe bei weitem nicht. Vor allem weil die Erwachsenen auf meiner illustren Liste Sake getrunken hatten. Nicht einfach den billigen für dreihundert Ryou die Flasche, sondern den teuren für zweitausend. Und dann nicht nur eine Flasche, sondern gleich mehrere. Auch das Essen war nur vom Feinsten gewesen, und am Ende des Abends hatte ich mit zwanzigtausend Ryou in der Kreide gestanden. Das entsprach in etwa dem Nettomonatslohn eines Angestellten in Konoha und war ein ganzer Haufen Geld. Dennoch, wäre ich in Konoha gewesen, hätte ich diese Summe mit zwei bis drei C-Rang-Missionen aufbringen können. Spesen nicht eingerechnet. Aber ich war nicht in Konoha und konnte deshalb nur sehr begrenzt als Ninja arbeiten. Darüber hinaus suchte Uzuki-sensei die Jobs aus, die ich machen sollte, und sie verhandelte auch meine Bezahlung. Spätestens nach dem zweiten Tag hatte es sich unter den Bürgern und Geschäftsleuten Kumogakures herum gesprochen, dass ich ein williger, fleißiger und preiswerter Arbeiter war, der zu so ziemlich jeder Arbeit herangezogen werden konnte. Deshalb tat ich hier alles, von der Laufburschentätigkeit über den Babysitter bis zum Leibwächter - buchstäblich alles. Nach sieben Tagen rief mich der ganze Ort bei meinem Kosenamen, und jeder kannte mich. Ich wurde sogar manchmal auf meinen Stirnschutz angesprochen und verwundert gefragt, ob ich nicht doch ein Kumo-Nin wäre. Ebenso erstaunt wurde ich auch öfter gefragt, warum ich nicht für mein Finale trainierte. Nun, die Frage hätte ich gerne an Sensei weitergeleitet, aber ich bin sicher, dass die Antwort sehr unbefriedigend ausgefallen wäre. Und so passte ich auf Kleinkinder auf, die schlechter zu hüten waren als ein Sack Flöhe, sodass ich mich meistens mit vier bis sechs Schattenklonen um die Kleinen kümmerte. Oder trainierte eine der Ninja-Schulklassen im bewaffneten und unbewaffneten Kampf, was für mich auch nur möglich war, weil ich diese Lektionen schon vor sechs und mehr Jahren selbst erhalten hatte; ich musste also nicht befürchten, potentiellen zukünftigen Gegnern Geheimnisse Konohas zu verraten. Auch sehr beliebt war es geworden, Begleitschutzmissionen auf mich abzuwälzen, die vor allem Zeit kosteten, ungefährlich waren, und einen wichtigeren Kumo-Shinobi freistellten. Meistens ging es darum, die Zahlmeister zu eskortieren, die in die Dörfe und Städte ins Tal gingen, um Warenlieferungen für die Stadt abzurechnen. Mitten im Freundesland eine einfache Sache, doch so viel Geld musste eskortiert werden. Das gebot einfach der gesunde Menschenverstand. Und dazwischen tat ich auch noch alles andere: Unkraut jäten, Einkäufe erledigen, die öffentlichen Bäder schrubben... Kein Wunder, dass ich abends todmüde und bar jeden Chakras auf meinen Futon fiel und beinahe sofort eingeschlafen war. Wenigstens kam ich trotz der vielen Aufträge dazu, im Laufe des Tages gut zu essen. Das musste man den Menschen in Kumogakure lassen, sie versorgten mich verdammt gut, wenn ich irgendwelche niederen Tätigkeiten für sie erledigte. Ich musste nicht befürchten, an Entkräftung zu sterben. Mir schwebte auch eher Erschöpfung vor, je näher der Tag des Abschlusswettbewerbs kam. Und wenn ich doch mal ein paar Stunden unerwarteter Freizeit hatte, schleifte mich Sensei in die Trainingshalle, ließ mich P-chan beschwören und mich mit ihr trainieren, soviel meine Muskeln hergaben. Glücklicherweise ging es meinem rechten Bizeps von Tag zu Tag besser. Und das alles passierte nur, weil mich Omoi im lobenswerten Versuch, mich aufzuklären, ins Frauenbad geschleppt hatte. Und weil ich anschließend dazu verdonnert worden war, das gemeinsame Essen zu bezahlen. Und das war es eigentlich wert gewesen, wenn ich so an diesen Abend zurückdachte. *** "Bwahahahaha! Ein vorzüglicher Tropfen!", lobte der Raikage den Sake, der ihm von seiner jugendlichen Begleiterin eingeschenkt worden war. Mabui, so hieß die junge Dame, war in der Ausbildung in der Verwaltung und sollte A-Samas Sekretär beerben, der schon dessen Vater gedient hatte, und nun langsam auf den Ruhestand zuhielt. Sie hatte sich bei mir für ihre unangekündigte Anwesenheit mehrfach entschuldigt, unter anderem mit einer tiefen Verbeugung, und versprochen, lediglich beim Raikage zu sitzen, und nichts zu konsumieren. Dem hatte ich natürlich harsch widersprochen und sie ebenfalls eingeladen. Energisch hatte ich daraufhin geachtet, dass sie tatsächlich vom hervorragenden Essen nahm. Wenn man wie ich bereits den untersten Boden der Hölle betreten hatte, konnte man erstaunlich großzügig sein. Auf jeden Fall hatte ich bei der jungen Dame einen Stein im Brett, und wie es aussah, auch beim Raikage. Der übrigens gerade Sake aus einer Flasche für dreitausend Ryou trank. Für den Preis musste das Zeug einfach schmecken. A-Sama bildete mit seiner Sekretärin die Stirnseite. Rechts von ihm saß Konoha eins, links Kirabi-samas Gruppe. Nii-sensei hatte sich nach einer entsprechenden Aufforderung neben dem Raikage niedergelassen. Wahrscheinlich, um ihn mit Sake zu versorgen. Eventuell auch, um ihr das Gefühl zu nehmen, zu keiner der Gruppen wirklich zu gehören. Mir direkt gegenüber saß Omoi. Äußerlich war er unverletzt; seine Stimme war die gleiche wie immer, und alles an ihm war wie auch zuvor. Aber ich hatte die Augen nicht vergessen, diese feurig roten dämonischen Augen von Samui und Karui, als ihnen erlaubt worden war, seine Bestrafung vorzunehmen. Ich war versucht, ihn zu fragen, wie sie ihn bestraft hatten, aber dann traute ich mich doch nicht. Kirabi-sama und Uzuki-sensei saßen dem Raikage am Nächsten. Ich war ebenso wie Omoi zwischen den Mädchen eingekeilt. Eine unvorteilhafte Position, weil Hana und Karin sich einen Spaß daraus machten, mich mit dem Essen zu füttern, das ich teuer bezahlen musste. Und da dieses Schicksal nicht abzuwenden war, langte ich ordentlich zu. Omoi hingegen sah sich Karuis Redeschwall ausgesetzt, während Samui sich bemühte, Kirabi-sama ebenso zu servieren, wie es Nii-sensei und Mabui-san taten. Doch der große Shinobi aß und trank nur wenig, während er mit melancholischer Miene ins Leere starrte. "Schmeckt es dir nicht, Kirabi-sama?", fragte ich. Das hätte mich wirklich gewundert, denn das Essen war großartig und mit sündhaft teuren Zutaten zubereitet. "Was?" Sein Blick kam aus der Ferne zurück. Mit einem Lächeln quittierte er Samuis Geste, ihm einzuschenken. Dankbar ließ er sich seine Trinkschale füllen. "Oh, nein, das Essen ist gut. Aber ich bin mit meinen Gedanken ganz woanders. Erinnerst du dich noch an das Lied, das ich im Trainingsgelände über dich gemacht habe? Ich habe jetzt schon sechzehn Zeilen, und ich fürchte, es wird noch mehr." Omoi stieß ein leises Lachen aus. "Ich habe es schon gehört, Mamo-chan. Das wird gut, richtig gut. Sensei, wenn du so weiter machst, werde ich noch das erste Mitglied in deinem Fanclub!" "Hängst du immer noch dieser Sprechsingerei nach?", fragte A-sama ärgerlich. Kirabi warf seinem älteren Bruder einen ebenso ärgerlichen Blick zu. "Du hast gesagt, ich kann tun und lassen, was nicht mit meiner Arbeit als Jounin kollidiert. Darf ich jetzt nicht einmal mehr reimen, wenn ich die Zeit dazu habe?" "Vielleicht hast du einfach zu viel Zeit", brummte der Raikage mürrisch. Das war keine gute Entwicklung. Abgesehen davon, dass sich A-sama und sein Bruder anschickten, auf meinem Abend ihre schmutzige Wäsche zu waschen. Das hätte zweifellos ein frühes Ende bedeutet und meine Finanzen geschont, aber ich konnte nicht über meinen Schatten springen. Schon gar nicht, wenn Menschen, die ich mochte, sich aus Unachtsamkeit gegenseitig verletzten. "Hatte A-sama eigentlich nie Hobbies?", warf ich mit unschuldiger Miene ein und nippte an meinem Saft. Ein wichtiger Grund, erwachsen zu werden, fand ich. Dann durfte ich endlich mal ein Bier trinken, von dem die Erwachsenen alle so begeistert waren. Oder diesen Sake. Kirabi lachte leise. "Oh, da gibt es ein Hobby, das hat sein Vater immer gehasst. Kannst du dir vorstellen, dass du hier am Tisch mit dem dreifachen Meister Kumogakures in der Kunst des Ikebanas sitzt?" "In der Kunst des Blumensteckens?", fragte ich erstaunt. Nun, das war nicht gerade die männlichste aller Künste, aber zweifellos eine schwierige, anspruchsvolle und beachtenswerte. Die Chance, das mein Plan aufging, stand an dieser Stelle Halbe-Halbe. Der Raikage sah seinen Bruder einen bangen Moment ernst an. Dann entrang sich seiner Kehle ein leises Kichern. "Oh, ich erinnere mich. Er hat immer befürchtet, ich würde deshalb zu sehr verweichlichen, oder den Weg des Shinobis verlassen. Gut, er war immer stolz auf mich, wenn ich wieder einen Preis gewann. Aber sicherheitshalber hat er mich anschließend beim Sparring durchgeprügelt, um zu prüfen, ob ich noch Mann genug war. Dabei habe ich ihm immer erklärt, dass das Blumen stecken für mich das Gleiche war wie für ihn Go-Steine legen. Wie das Ordnen der Truppen vor einer Schlacht. Ein fertiges Bild malen, das bereits in meinen Gedanken existiert." Er seufzte leise. "Heute komme ich kaum noch dazu, geschweige denn, dass ich an Wettkämpfen teilnehmen kann. Als Raikage ohnehin nicht." Er schüttelte unmerklich den Kopf. "Du bist ein kluger Kopf, Morikubo-kun." Sicherheitshalber verzichtete ich darauf, zu antworten. "Der Kleine hat ja Recht. Was rege ich mich über eine Sache auf, die dir etwas bedeutet und dir nicht schadet, Ototo? Eigensinnig warst du schon immer und wirst es auch bleiben, also was soll ich dich ändern? Jedenfalls solange du deine Pflichten erfüllst." "Solange ich meine Pflichten erfülle?" Kirabi runzelte die Stirn. "Ich stehe ja wohl treu zu Kumogakure, und bin allzeit für die Stadt und ihre Shinobi da." "Bis auf letzten August, nicht wahr? Oder letztes Jahr die Herbstmonate, die du ohne dich abzumelden im Land der heißen Quellen verbracht hast. Und darf ich dich am vorletztes Jahr im Frühjahr erinnern, als du uns in diese Glücksspielstadt zum Pachinko-Spielen und Roulette mitgenommen hast?", zählte Samui ohne Gnade auf. "Musst du mir so in den Rücken fallen, Samui-chan? Nur weil ich ab und zu eine Auszeit vom Stress nehme, bin ich doch kein schlechter Shinobi." Dazu schien der Raikage etwas zu sagen zu haben, und leider fiel mir diesmal nichts ein, womit ich die Situation noch retten konnte. "Wieso sein Vater?", platzte es aus Karin heraus. Erstaunt sah ich sie an. "Was?" "Kirabi-sama hat das gesagt. Also der Vater von A-sama hat sein Ikebana gehasst. Das hat mich verwundert. Hast du nicht den gleichen Vater, Kirabi-sama?" Erstaunt sah der Jounin sie an, bevor er verlegen eine Hand hinter den Kopf legte. "Ach, weißt du, Karin-chan, das ist eine eigene Geschichte. Natürlich haben wir nicht den gleichen Vater. Wir haben nicht einmal die gleiche Mutter. Aber A-sama bezeichnet mich schon so lange als seinen kleinen Bruder, und ich ihn als meinen großen, da vergisst man solche Details schon mal." "Um es genauer zu sagen, trage ich den Ehrennamen A, weil ich der stärkste Shinobi Kumogakures bin. B bekam seinen Ehrennamen, weil er der Einzige war, der nicht nur mit mir mithalten konnte, sondern auch in der Lage war, mit mir ein Team zu bilden. Bevor ich meinen Vater beerbte und Raikage wurde, waren wir das stärkste Team der Stadt und eine sichere Bank der Jounin. Das machte uns zu einer Familie, Akimichi-kun. Du kennst das ja aus deiner eigenen Gruppe, oder? Die beiden müssen ja nach zwei Jahren schon wie Geschwister für dich sein." "Und seitdem bin ich sein Bruder. Aber da wir jetzt eher selten dazu kommen gemeinsam zu kämpfen, muss ich seine Arbeit mit übernehmen und doppelt so viel leisten. Auch weil wir ausgerechnet den Raikage nicht riskieren können. Das sieht er allerdings anders", sagte Kirabi amüsiert und ließ sich von Samui Sake nachschenken. "Meine Art ist es, von meinen Shinobi nur das zu fordern, was ich auch selbst bereit bin zu leisten. Deshalb stehe ich immer noch im Feld. So hat es auch der Vierte Hokage gehalten. Und so hält es auch der Dritte Hokage, der legendäre Professor." "Risiken", tadelte Kirabi. "Kalkulierbare Risiken, Ototo", erwiderte A-sama. "Risiken sind nur vertretbar, wenn sie nicht mit Risiken verbunden sind. Vor allem für den Raikage", konterte Kirabi. "Entweder kann das jetzt noch tagelang so weitergehen", sagte Nii-sensei seufzend, "oder wir können weiter essen." Für einen Augenblick herrschte Stille, dann lachten Kirabi und A-sama zusammen auf. "Recht hast du, Yugito-chan." "Weshalb sind wir sonst hier?" Ich betrachtete die beiden, wie sie sich und der jungen Jounin verschmitzt zulächelten. "Sicher, dass Ihr keine Brüder seid?" Der Raikage schnaubte anerkennend. "Du gefällst mir wirklich, Morikubo-kun." "Ich hoffe, Sie versuchen jetzt nicht, ihn für Kumogakure abzuwerben, A-sama", warf Uzuki-sensei gespielt böse ein. "Nein, damit warte ich, bis wir die Ergebnisse der Endrunde haben." Es folgte wieder ein Moment der Stille, und wieder lachten Kirabi und der Raikage. Die anderen Jounin fielen ein. Na, wunderbar, hatten wir diese Klippe auch elegant umschifft. Der Rest sollte ein angenehmer, ruhiger, wenngleich sauteurer Abend werden. Dachte ich zumindest. Als die Tür hinter mir aufglitt, ahnte ich, dass der weitere Verlauf des Essens nicht den Weg nehmen würde, an den ich gedacht hatte. "Entschuldigen Sie die Störung", sagte unser Kellner von der Tür aus, "aber hier sind zwei Personen, die Uzuki-san und die Abordnung aus Konoha treffen möchten." Ich spürte sofort die Anspannung am Tisch steigen. Kirabi-sama spannte seine Muskeln an, der Raikage wechselten seinen Gesichtsausdruck von Amüsement zu ärgerlicher Vorsicht. Omoi und die Mädchen hatten auch begriffen. Ich spürte von ihnen, wie sie Chakra schmiedeten. Nur Uzuki-sensei blieb unbeeindruckt. Sie erhob sich. "Einen Augenblick. Ich komme." Die Miene des Raikages entspannte sich. "Aber nicht doch, Uzuki-kun. Bitten Sie Ihre Gäste herein. Das heißt, wenn es dem Gastgeber Recht ist." Ich verschluckte mich fast beim Gedanken, dass ich den Wunsch des Raikages erlauben musste. "Natürlich", sagte ich hastig. "Bitte sie herein, Uzuki-sensei." Die ANBU nickte dankbar und ging zur Tür. Dort stand sie einige Minuten, wechselte ein paar Worte mit jemandem, von dem ich nur die Stimmen hörte, aber kein Wort verstand. Schließlich trat Uzuki-sensei beiseite und ließ einen groß gewachsenen bärtigen Mann herein. In seinem rechten Mundwinkel steckte eine Zigarette, die aber nicht angezündet war. Er winkte fröhlich in die Runde, bevor er sich respektvoll vor dem Raikage und Kirabi-sama verbeugte. Dann sah er uns Konoha-Nins wohlwollend an. "Also habt Ihr alle drei es geschafft. Respekt, Respekt." "Sarutobi-sensei." Asuma Sarutobi war Jounin, ein Sohn des dritten Hokages und einer der besten Krieger Konohas, nicht zuletzt wegen seiner Agilität und der Wind-Affinität. Ich hatte ihn noch nie im Training oder gar im Kampf gesehen, aber der Mann war ein kleines Wunder, hatte er doch seine Prüfung zum Ninja schon mit neun abgelegt und war mit zwölf Chunin geworden. Zwei Jahre eher, als ich zur ersten Prüfung angetreten war. Er war ein Ausnahme-Ninja, und das nicht nur wegen der seltenen Wind-Affinität. Ich hingegen musste mich mit dem Feuer-Element zufrieden geben, das sehr viel häufiger vorkam... Na, Schwamm drüber. Anstatt Neid zu entwickeln hatte ich meine Kraft darauf richten müssen, in meinem Element einfach besser zu werden und schwerere Jutsus beherrschen zu lernen. "Sensei, setz dich doch!", sagte ich hastig, sprang auf und besorgte ein weiteren Sitzkissen für ihn. Ich machte zwei draus, denn unser Kellner hatte im Plural gesprochen. "Danke, Morikubo-kun." Er nahm Platz und ließ sich von mir eine Schale mit Sake befüllen. "Du erwartest einen weiteren Gast?" Ich lächelte ironisch. "Unser Kellner sprach von zwei Personen, Sensei." "Immerhin." Ich verstand damals nicht, was er sagen wollte, und auch jetzt kann ich nur versuchen zu interpretieren, was er damit meinte. Aber ich bin mir sicher, er war mit mir zufrieden. "Guten Abend", klang nun eine Frauenstimme hinter mir auf. Ich fuhr hoch und entdeckte den nächsten Jounin. Yuuhi Kurenai trat lächelnd ein, und ließ sich von mir, nach der obligatorischen Verbeugung vor dem Raikage und Kirabi-sama, auf das zweite Sitzkissen geleiten. "Danke, Mamoru-kun", sagte sie, während ich auch ihr eine Schale mit Sake einschenkte. Dann verließ ich die beiden wieder, um auf meinen Platz zu gehen. Auch ohne, das ich etwas sagen musste, würden sich Karui und Karin der Beiden annehmen, wenn es darum ging, die Trinkschalen wieder zu befüllen. Zumindest hoffte ich das. "Sarutobi-kun." Der Raikage nickte Asuma freundlich zu. "Kurenai-kun." Auch sie bekam ihr Quent an Aufmerksamkeit des Raikages. "Ihr seid die Konoha-Delegation." Er fragte nicht, er stellte fest. Sarutobi-sensei nickte fröhlich. "Allerdings. Und wir sind hoch erfreut, dass wir überhaupt kommen konnten, weil es unser einziges Team ins Finale geschafft hat. Alle drei." Wieder war da dieser Stolz in seinem Blick. Es war natürlich nicht schwer zu verstehen. Wenn das Chunin-Examen nicht in der eigenen Stadt stattfand, machte es wenig Sinn, die Bewertung anderer Jounin zu nutzen, um zu entscheiden, welche eigenen Shinobi nun Chunin werden sollten. Natürlich würden alle beteiligten Dörfer ihre Fachleute entsenden und die Einzelkämpfe beurteilen. Auf dieser Grundlage würden die Kages und anderen Dorfführer ihre Entscheidungen fällen. Ich hätte damit rechnen müssen, dass der Hokage nicht einfach irgendwen entsandte, sondern Jounin, die Ahnung davon hatten, was sie sahen. Sarutobi-sama galt als großartiger Taijutsu-Nutzer, beherrschte aber auch ein subtiles Ninjutsu. Er würde vor allem mich und Karin-chan beurteilen. Kurenai-sama hingegen beherrschte ein besonders starkes Genjutsu. Es war offensichtlich, dass sie Hana-chan beurteilen würde. Wir murmelten unseren Dank. Er fiel bei mir wohl etwas spärlich aus, denn das Eintreffen der beiden machte mich etwas nachdenklich und rückte das Finale wieder in mein Bewusstsein. War ich gut genug? Würde ich mich zumindest nicht blamieren? Musste ich gegen einen Genjutsu-Nutzer antreten, womöglich gegen Hanako? "Was?", fragte ich verwirrt, als ich zwar Asumas Stimme hörte, aber die Worte nicht verstand. "Ich habe gefragt, warum du diese Feier finanzieren musst, Mamoru-kun." Asuma grinste mich breit an. "Yugao-kun sagte, es wäre spaßiger, dich direkt zu fragen." Ich warf Sensei einen schnellen Seitenblick zu. Hätte ich es besser nicht getan. Ihr Grinsen war nicht nur sehr undamenhaft und erwartungsvoll, es hatte auch eine sadistische Note. Auch das war Teil meiner Strafe. Mist. Ich warf einen schnellen Blick zu Nii-sensei herüber, die errötete. Dann Samui-chan und Karui-chan. Die eine blieb verschlossen, die andere hatte erschrocken die Augen aufgerissen. "Das hier ist meine Strafe, Asuma-sama", sagte ich gedehnt. Dadurch, dass der alte Hokage mich im Beschwörungsgewerbe trainierte, war ich in seiner engeren Familie bekannt. Sarutobi-sensei hatte mir in einem Anflug von Übermut angeboten, ihn beim Vornamen zu rufen. Seither tat ich das auch, allerdings sehr vorsichtig und in Maßen. "Deine Strafe für was, Mamoru-kun?", fragte Kurenai-sensei interessiert. Ich schluckte hart. "Dafür, das ich im Frauenbad war." "Du warst WAS?", rief sie erschrocken und wäre beinahe aufgesprungen. "Ich meine, ausgerechnet DU?" "Wie, ausgerechnet ich?", fragte ich verwirrt. "Das sollte wohl besser ich erklären", sagte Sarutobi-sensei mit mühsam beherrschter Stimme. "In unseren Kreisen sieht man es... Etwas problematisch, dass du mit zwei Mädchen in einem Team bist, und dass du an keiner der beiden irgendein Interesse zeigst." Er blinzelte leicht. "Man... vermutet, dass du ein Spätentwickler bist, und das Hayate-kun dann mit dir vor einem Dilemma steht. Oder man vermutet, dass du... Aber das gehört hier nicht her." "Spätentwickler?" Ich mochte das Wort vom ersten Moment an nicht. "Ich erkläre dir das alles in Ruhe. Später, vielleicht morgen. Jetzt erkläre mir erst mal, wie du ins Frauenbad gekommen bist. Und was du da gesucht hast." Etwa zehn Minuten später lachte Asuma so sehr, dass er sich den Bauch halten musste. Die anwesenden Frauen, Uzuki-sensei ausgenommen, waren rot bis unter die Ohren geworden. Er bedachte Omoi mit einem sachlichen Blick, dann hielt er sich wieder den Bauch und lachte weiter. "Und?", fragte er schließlich unter Tränen, "hast du wenigstens was gelernt, Mamoru-kun?" Automatisch griff ich mir an die linke Wange. "Forscherdrang kann manchmal ganz schön wehtun, Asuma-sama." Das brachte ihn wieder zum Lachen. "Asuma!", sagte Kurenai-sensei empört. Der große Ninja lachte noch einmal schnaubend und brummte dann eine Entschuldigung. "Hast du noch eine Erfahrung aus der Geschichte gezogen, Mamoru-kun?" "Ja. Mich nicht erwischen zu lassen. Erwischt werden ist teuer. In vielerlei Hinsicht." Erneut lachte Sarutobi-sensei so sehr, dass er mit der Rechten auf den Tisch klopfte. "Oh, wenn ich das Vater erzähle. Ich kann nicht mehr. So jung und schon so dreist. Und so erfolgreich!" Bei den letzten drei Worten senkten Nii-sensei und Omois Teampartnerinnen die Köpfe. Er räusperte sich erneut und murmelte eine weitere Entschuldigung. "Nun gut, genug davon. Hast du denn genügend Geld mit? Ich meine, du musst jetzt ja noch zwei weitere Personen durchfüttern, nachdem du uns eingeladen hast. Wenn nicht, kann ich dir was leihen." "Oh, Asuma-kun, auch die Bezahlung dieses Festmahls ist Teil seiner Strafe", sagte Uzuki-sensei mit dem Lächeln eines Raubtiers. "Ich habe mir da einiges ausgedacht, um ihm einzubläuen, dass das Glück auch seinen Preis hat." "Okay, jetzt bin ich interessiert." Er beugte sich in ihre Richtung, und ich seufzte. Hätte Sensei zugelassen, dass Sarutobi-sensei mir ausgeholfen hätte, wäre ich bis nach dem Finale aus dem Schneider gewesen. Aber ihre Lektion, die sie mir demonstrieren wollte, war ihr sehr, sehr wichtig. Auch das sollte ich erst später verstehen, ebenso ihre Motive und ihre Methode. Ein altes Sprichwort sagte: Die Belohnung für eine gut gemachte Aufgabe ist eine noch schwerere Aufgabe. Oh, es hatte Recht, so unglaublich Recht. "Es gibt einiges zu tun in Kumogakure", sagte Sensei, und zählte ein paar der Dinge auf, die ich in den nächsten Tagen erledigen würde. Die Miene Sarutobis hellte sich merklich auf. Wieder zeigte sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. "Nicht schlecht, Yugao-san. Nicht schlecht." "Ich finde, er sollte das Frauenbad nicht schrubben!", sagte Kurenai-sensei heftig. "Was da alles passieren kann! Und es ist ja auch schon einiges da passiert." "Er schrubbt es ja nicht, wenn Betrieb ist", wiegelte Uzuki-sensei ab. "Außerdem, wenn er Kraft dafür hat, wieder Frauen im Bad zu beobachten, habe ich ihn nicht hart genug ran genommen." Das quittierten die anderen Jounin und der Raikage mit Gelächter. Und ich wusste, die nächsten Tage würden verdammt schwer werden. Auf einer Skala von eins bis zehn sicher dreizehn oder vierzehn. Mist. *** Später, als man die Genin schon zurück in ihre Quartiere geschickt hatte, saßen die Jounin und der Raikage noch zusammen. Diesen Teil des Abends würden sie Mamoru nicht aufbürden, und auch einige andere Dinge nicht. Erfahren würde er es freilich nie. Es sollte schließlich eine lehrreiche Lektion bleiben. Bei einer weiteren Flasche Reiswein entsponn sich ein intensiver Austausch an Informationen und Gedanken. Der Raikage musterte die Jounin Konohas nachdenklich. "Dieser Orochimaru. Wenn Konoha ihn nicht endlich eliminiert, wird es für diesen Fehler noch teuer bezahlen." Kurenai machte eine abwehrende Handbewegung. "Er ist schwierig zu erfassen. Um nicht zu sagen, er kann nicht gefunden werden, wenn er es nicht will. Außerdem hat er noch immer Helfer und Informanten in Konoha selbst. Wir wissen nicht, wie er diese Leute rekrutiert, aber er tut es. Und da ist immer noch der Fakt, dass er ein Sannin ist. Einer der drei legendären Shinobis Konohas." A-sama strich sich nachdenklich über seinen Bart. "Dann sollten zumindest die anderen beiden Sannin nach Konoha zurückkehren. Wenn es jemanden gibt, der ihm Paroli bieten kann, dann doch sicher sie." Er überdachte seine Worte einen Moment lang. "Nein, das ist keine gute Idee. Einen ehemaligen Team-Kameraden zu töten fällt selbst den abgebrühten Shinobi schwer. Orochimaru hingegen dürfte alle Hemmungen über Bord geworfen haben. Ein unfairer Gegner, der was sucht? Die Unsterblichkeit?" Der Raikage schlug ärgerlich auf den Tisch. "Unsterblichkeit, was für ein Quatsch! Er sollte sich auf Unverwundbarkeit konzentrieren!" "Das macht er dann sicher als Nächstes", brummte Asuma und trank seine Schale leer. "Wir werden jedenfalls die Augen offen halten", fügte Kirabi-sama hinzu. "Eine Bedrohung wie Orochimaru ist auch eine Last für uns." Asuma senkte das Haupt zu einem dankbaren Nicken. "Das wäre Konoha sehr Recht." Er sah in die Runde. "Und wenn ich gerade mit den beiden Jinchuriki Kumogakures an einem Tisch sitze, würde ich gerne über unseren Jinchuriki berichten." Der Raikage ließ ein mürrisches Brummen erklingen. "Ist der Neunschwänzige noch immer im Körper eines Kindes eingesperrt, das nicht einmal ansatzweise Talent für einen Ninja aufweist?" Als eines der wichtigsten Geheimnisse Konohas so offen vor ihm ausgeplaudert wurde, zeigte Asuma Nerven. Seine rechte Augenbraue zuckte bedrohlich. "Noch immer", bestätigte er schließlich. "Aber das mit der Eignung steht noch nicht fest. Einer unserer besten Jounin wird sich seiner annehmen, wenn es soweit ist." "Du also, Asuma-kun", stellte der Raikage fest. "Eventuell auch Yugao-chan." Sie lächelte bei diesen Worten leicht. "Ich fühle mich als ANBU wohl. Diese kleine Reise mit Mamo-chan und den Mädchen ist zwar eine nette Abwechslung, aber gewiss nichts, wofür ich meine Karriere unterbreche." "Bleibt noch Guy-kun." Kirabi beugte sich leicht vor. "Das weiße Biest ist auch noch da." "Wer? Ach, Hatake-san." Nachdenklich kraulte sich der Raikage den Bart. "Nein, unwahrscheinlich. Er hat in zehn Jahren als Jounin noch nicht eine einzige Gruppe übernommen. Er gilt als einzelgängerisch, wortkarg und übertrieben ernst. Er müsste schon die neuen Sannin bekommen, damit er überhaupt Interesse daran entwickelt, ein Team Genin zu führen." "Danach sieht es nicht gerade aus", sagte Asuma seufzend. "Wir hatten schon lange keinen Ninja mehr, der vor der regulären Zeit ein Shinobi geworden ist. Ich weiß, das ist kein Kriterium für den weiteren Lebensweg, aber meistens zeigt es ein Ausnahmetalent an." "So wie bei dir, Asuma-kun? Mit neun graduiert ist ein deutliches Zeichen für ein Ausnahmetalent", sagte der Raikage. Er lachte. "Nun, was soll ich sagen? Da herrscht ein gewisser Druck in der Familie. Man erwartet einiges von dem Nachkömmling eines Hokages. Ich hoffe nur, bei meinem Neffen wird man keine so übertriebenen Erwartungen haben. Oder ihn ins Ninja-Handwerk drängen, so wie mich." "Ach. Wolltest du nie Ninja werden?", staunte A-sama. "Ich habe mich immer sehr für Floristik interessiert", erwiderte Sarutobi-sensei mit todernster Miene. Kurenai schlug ihn tadelnd auf die Schulter. "Asuma, hör auf, den Raikage hoch zu nehmen." "Schon gut, schon gut. Aber es würde mich wirklich freuen, wenn Konohamaru werden könnte, was immer er wollte. Wenn er sein Glück darin sieht, Ninja zu werden, dann soll er es tun. Aber wenn er etwas anderes werden will, meinetwegen Journalist, wäre es schön, wenn man ihn ließe." "Ist Konohamaru-kun Träger des Biju?", fragte der Raikage unvermittelt. Die Mienen der Konoha-Jounin versteinerten. "Den Versuch war es wert", lachte A-sama. "Er ist zu jung, um es sein zu können", sagte Asuma unvermittelt. "Asuma!", klang Kurenais Stimme scharf auf. Der große Shinobi winkte ab. "Es ist kein Geheimnis, und ich will Konohamaru nicht gefährden, weil ich ein unwichtiges Detail nicht verraten will. Er ist es nicht, Raikage-sama." Der Raikage musterte ihn lange und nickte schließlich. "Mabui-kun, korrigiere morgen unsere Liste über den Neunschwänzigen und streiche Konohamaru." Die Sekretärin des Raikages nickte bestätigend. Asuma atmete erleichtert auf. Genauso gut hätte es der Raikage als Bluff interpretieren können. Dann wäre Konohamaru erst Recht ins Visier der zweifellos vorhandenen Spione Kumogakures in Konoha geraten. "Und Ihr habt ihn unter Kontrolle, euren Jinchuriki?", fragte Kirabi-sama. "Ich meine damit nicht, ob Ihr ihn eingesperrt habt. Ich möchte wissen, ob es ihm gut geht, ob er gut eingebunden ist in Konohas Strukturen." "Es ist... schwierig", gestand Asuma. "Er steht unter dem Schutz meines Vaters, aber... Auf ihn ist viel Unverständnis und Ärger der Älteren gerichtet, sicher auch Hass." Die Miene Kirabis verfinsterte sich. "Und ich bin sicher, er hat nichts davon verdient." "Oh, er ist ein kleiner Satansbraten. Aber... Wir können nicht mehr tun als ihn zu beschützen. Noch mehr Protektion von den Sarutobis würde ihn isolieren. Richtig isolieren. Wir haben kein Patent für ihn, aber wir wären froh, wenn wir es hätten." "Und wenn er einfach nur ein Freund der Sarutobis wäre? Würde das nicht genügen?" "Es gibt keinen in meiner Familie in seinem Alter." Asuma seufzte. "Ich fürchte, wir müssen die Dinge laufen lassen und ihn seine Freunde selbst finden lassen. Auch wenn mir die Bigotterie einiger meiner Leute mehr als auf die Nerven geht." "Du hast dir einige Gedanken über euren Jinchuriki gemacht", stellte der Raikage fest. "Es freut mich zu hören, dass es jemanden in Konoha gibt, der sich Sorgen um ihn macht. Ich weiß aus erster Hand, wie schwierig das Verhältnis zu einem Jinchuriki sein kann, mit wie viel Angst und Hass man konfrontiert wird." Er sah seinen Bruder an. "Und wie sehr es sich lohnt, die eigenen Vorteile zu überwinden, den Schatten zu überspringen und das Risiko einzugehen, voran zu schreiten." "Auch, wenn wir Zeit dafür brauchten", erwiderte Kirabi mit einem leichten Lächeln. Nii-sensei nickte beifällig. Auch sie konnte mehr als genug zu diesem Thema sagen. Die in Menschen versiegelten Biju waren mächtige Waffen, aber auch mächtige Bedrohungen, die Tod und Vernichtung gesäht hatten. Viele Menschen übertrugen ihre Ängste und ihren Hass nur zu gerne auf jene Menschen, in denen die Monstren versiegelt worden waren. Das war ungerecht, hetzerisch und naiv, aber letztendlich konnten die Biju jederzeit ausbrechen und unglaubliche Schrecken anrichten. Auch das war unfair, aber kaum zu vermeiden. "Er wird seinen Weg gehen", stellte Asuma fest. "Und er beginnt gerade erst." Der Raikage hob seine Schale. "Dann lasst uns trinken auf unsere jungen Leute, die wir in eine Welt entlassen, die wir geschaffen haben. Sie ist nicht perfekt, sie bietet Gefahren, sie ist an manchen Stellen hässlich, aber es ist die Welt, die unsere jungen Leute neu formen werden." Auch die anderen hoben ihre Schalen. "Dachtest du dabei an jemand bestimmten, A-sama?", fragte Asuma lächelnd. "Nun, fürs Erste meine ich sie alle. Aber es schadet bestimmt nicht, mit einem Auge auf Morikubo-kun zu schauen, wie er die Welt ein klein wenig seinen Wünschen anpasst." Leises Gelächter klang am Tisch auf, dann prosteten sie sich zu und tranken. Die nächsten Tage versprachen interessant zu werden. *** Manchmal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Manchmal in meinem Leben hatte ich auch das Gefühl, nach Strich und Faden verarscht zu werden. Als Asuma im Laufe der letzten Woche vor dem Finale verkündete, er wolle sich mein Training ansehen, hatte ich schon gedacht, die Zeit der Mini-Aufträge wäre für mich vorbei. Stattdessen ging er mit mir auf all die kleinen Aufträge. Beobachtete mich beim Kinderhüten. Dabei, wie ich eine Klasse junger Shinobi unterrichtete. Wie ich Waren von A nach B brachte. Botengänge erledigte. Und vieles mehr. Und er begleitete mich tatsächlich auch auf diesem Gang, dem wöchentlichen Geldboten für die Tantei-Handelsorganisation zu eskortieren. Der Bote selbst, Mappi-san, hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt, ausgerechnet einen Jounin in seiner Begleitung zu haben. Nicht, dass ich ihm nicht auch gereicht hätte. Sagte er zumindest. Und so stieg ich also mit dem Boten aus der Stadt Kumo hinab ins Tal, und Asuma folgte mal hinter mir, mal ging er voran, so wie seine Laune es ihm vorschrieb. Er hatte sich schnell beliebt gemacht. Die Leute, die mich für meine Missionen durchfütterten hatten absolut kein Problem gehabt, den lustigen, sympathischen Riesen mitzufüttern. Vielleicht war das der wahre Grund, warum er mitkam. Vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall gingen wir die gut verdichtete Bergstraße schnell hinab. Ich ein wenig schneller als Asuma, weil ich mich an die dünne Luft bereits gewöhnt hatte, während der Jounin erst ein paar Tage hier war. Tatsächlich machte ich diese Wanderung alle zwei bis drei Tage, je nach Auftragslage, und hatte mich längst daran gewöhnt. Es war wohl auch für meine Kondition nicht so verkehrt. Ich hielt wesentlich länger gegen P-Chan durch, wenn ich ehrlich war. Und Asuma als starker Raucher... Na, Schwamm drüber. Er hielt mit, und mehr verlangte ich nicht von ihm. Wahrscheinlich begleitete er mich, weil das bereits Teil des Tests der Chunin-Prüfung war. Dann blieben Uzuki-sensei und Kurenai-sensei für die Mädchen. Mit ein wenig Logik machte das auch Sinn. "Raucherpause", klang Asumas Stimme hinter mir auf. Ich verdrehte resignierend die Augen. Nicht schon wieder. Außerdem, die Luft war für ihn schon so dünn, und er verschlechterte seine Atmung absichtlich darüber hinaus mit Zigaretten? In Mappi-san hatte er dabei einen willigen Verbündeten, denn der drahtige kleine Mann nutzte die Gelegenheit, um sich wieder mal eine Zigarette von Asuma zu schnorren. Damit war ich überstimmt und musste warten, bis die lachenden und scherzenden Männer den Rest ihrer abgebrannten Glimmstengel unter ihren Füßen zertraten, und wir weiter gehen konnten. Das machte die eintönige Mission nicht gerade erträglicher, geschweige denn kürzer. Da hockten sie also am Boden, die Kippen im Mundwinkel, und erzählten sich gegenseitig witzige Episoden ihrer Leben. Mit halbem Ohr hörte ich hin, denn bei Asuma konnte man nie sicher sein, ob man nicht was lernen konnte. Der Rest meiner Aufmerksamkeit aber war auf meine Umgebung gerichtet. Okay, wir waren in Freundesland. Okay, nur Verrückte legten sich mit einem offiziellen Geldboten Kumos an. Und okay, nur vollkommen durchgeknallte Schurken würden es ernsthaft versuchen, sich auf einen Händel mit einem Shinobi einzulassen. Unmöglich war das freilich nicht. Außerdem war es mein Job, wachsam zu sein. Und auch wenn mich die ersten beiden Jobs des Tages so viel Kraft gekostet hatten, das ich beinahe im Stehen eingeschlafen wäre - die Blöße zu versagen gab ich mir freilich nicht. Als irgendwo hinter mir ein dumpfer Laut erklang, registrierte ich ihn erst nicht. Aber automatisch griff ich nach einem Kunai. Das war ein vollkommen automatisierter Vorgang, der sich über die Monate und Jahre eingespielt hatte. Fühlte ich mich bedroht, oder passierte etwas, was nicht ins Szenario passte, ergriff ich meine Waffe. Erst als ich das schwere Messer in Händen hielt, registrierte ich das Geräusch. Und als ich aufsah, kam auch Asuma aus der Hocke hoch. Ich winkte ab. "Bleibe bitte bei Mappi-san, Asuma-sama. Ich schau mir das mal an." "Sei vorsichtig. Nicht, dass hier so nahe an Kumo etwas passieren kann, aber..." Irrte ich mich, oder troff seine Stimme vor Ironie? Ich huschte, das Kunai abwehrend vor mich gehalten, in das kleine Bergwäldchen neben der Straße. Es war recht licht und weit, und so sah ich auch schon bald, was das Geräusch verursachte. Ehrlich gesagt erschrak es mich so sehr, dass ich minutenlang konsterniert stehen blieb und die Szene nur musterte. Ranko-sensei stand inmitten eines Haufens bewusstloser Kumo-Shinobi, die mehr oder weniger lädiert, aber hoffentlich noch am Leben waren. Den Letzten hielt sie mit der linken Hand einen halben Meter in der Luft, und mit der Rechten arrangierte sie sein Gesicht um. Junge, Junge, die mussten Ranko-sama ganz schön angepisst haben, um ihre Intensivbehandlung zu bekommen. Normalerweise gab sie sich damit zufrieden, einen Gegner nur zu zerstören. War sie sauer, so wie in diesem Fall, sorgte sie dafür, dass der Angreifer die Lektion nie wieder vergaß - wenn sie ihn überhaupt leben ließ. Und Sensei war wirklich mächtig sauer. "Dass... du... mir... das... nie... wieder... tust!", zischte sie ärgerlich, jedes Wort von einem Schlag begleitet. Doch der Shinobi reagierte nicht mehr, und hing halb besinnungslos in ihrem Griff. Wäre sein Gesicht nicht bereits grün und blau angeschwollen, hätte man es für eine Szene aus einer Komödie halten können. Dennoch, Sensei war gnädig gewesen und hatte keinen der sieben Idioten getötet. Da konnte ich mich nur fragen, womit sie Sensei derart verärgert hatten. "Ranko-sama!", rief ich. Die Affenkriegerin sah verdutzt zu mir herüber. "Mamo-chan?" Zuerst versuchte sie, den lädierten Ninja hinter ihrem Rücken zu verbergen. Das gelang nicht, also ließ sie ihn einfach fallen. "Ahaha. Ahahaha. Du bist schon hier? Ich dachte, du würdest frühestens in einer halben Stunde vorbei kommen." Bei den vielen Raucherpausen von Asuma und Mappi wäre das sicher kein Problem gewesen. Wir waren hintenan. "Ich habe mich beeilt." Mit Nachdruck deutete ich auf die Kumo-Nins. "Was ist passiert, Sensei?" "Das willst du nicht wissen, Mamo-chan. Es reicht, wenn ich dir sage, dass ich die Lage im Griff habe." Vorsichtig nickte ich. Ich kannte ihr aufbrausendes Temperament, und ich wusste, dass ein falsches Wort schreckliche Konsequenzen haben würde. Wenn Sensei nicht darüber reden wollte, was hier geschehen war, dann würde sie nicht darüber reden. Nicht einmal unter Folter würde ihr etwa zu entlocken sein. Obwohl, das mussten ganz besonders mutige Foltermeister sein. Und die brauchten vorher eine mutige Division Jounin, die überhaupt erst versuchte, sie einzufangen. "Was tust du hier, Sensei? Ich habe dich ewig nicht mehr gesehen und dachte, du wärst auf dem Affenberg. Aber dann hat Perine gesagt, du seist gar nicht Zuhause. Und Ranma-sensei hat auch nichts gesagt! Warum bist du noch in Kumogakure?" Sie schlug sich die Hände sauber und kam langsam auf mich zu. "Ah, hatte ich ja fast vergessen. Du hast ja meinen nutzlosen Zwilling beschworen. Wundert mich, dass dir der Tagträumer eine Hilfe gewesen ist." Ich schluckte hart. Zweifellos würde jetzt ein Tadel wegen dieser Beschwörung folgen - oder Schlimmeres. Sensei trat an mich heran. Sie maß mit der flachen Hand meine Körpergröße und verglich sie mit ihrer eigenen. "Noch zwei Jahre, und wir können uns in die Augen schauen, Mamo-chan." Die Wärme, ja die Sanftheit in ihrer Stimme irritierte mich. Ich spürte, wie meine Rechte mit dem Kunai zu zittern begann. Wie würde sie mich bestrafen? Würde ich anschließend auch so aussehen wie die armen Kumo-Nins, die sie so mächtig angepisst hatten? Ich präparierte mich mental für das Schlimmste. Übergangslos steckte ich in ihrer Umarmung, wie damals im Onsen-Gasthaus. "Mein großer tapferer Shinobi. Ranma beschworen zu haben war eine große Leistung. Und das mit deiner Verletzung. Du wirst immer besser. Vielleicht sogar noch besser als ich." Sie schüttelte bei der Absurdität ihrer eigenen Worte vehement den Kopf. "Okay, vielleicht besser als Ranma." Sensei stand zwar als Affe vor mich, aber sie hielt meinen Kopf gegen ihren Brustkorb gedrückt. Und Sensei hatte nach menschlicher Art eine ziemliche Oberweite. Eine weiche Oberweite, um genau zu sein. Die Episode aus dem Frauenbad fiel mir wieder ein. Was, wenn jemand Sensei darüber informierte? Was, wenn ihr bewusst wurde, dass ich auf dem Wege war, ein Mann zu werden? Würde sie mich dann für ihre Unachtsamkeit bestrafen? Immerhin ruhte mein Gesicht auf ihrem Busenansatz, und den Pelz würde sie als Ausrede nicht gelten lassen, dessen war ich mir sicher. "Mir reicht eigentlich schon P-chan", sagte ich hastig. "Oh, das habe ich mitbekommen. Auch keine schlechte Leistung. Du kannst sie mittlerweile gezielt beschwören. Dazu gehört eine Menge. Aber untersteh dich, Enma zu beschwören. Wenn du ihn störst, und es ist nicht wichtig, kann das Ärger bedeuten. Und ich meine keinen Ranko-Ärger, sondern das Dreifache, Mamo-chan." "Ich werde ja wohl kaum in der Lage sein, ausgerechnet Enma O zu beschwören", widersprach ich trotzig. Sensei seufzte und löste sich von mir. "Ich kenne da einen kleinen Jungen in Konoha, der will unbedingt Hokage werden. Er plustert sich auf, redet sich ein, sehr viel besser zu sein als er wirklich ist, und hält sich schon jetzt für nahezu unbesiegbar. Was machst du hingegen, Mamo-chan? Das genaue Gegenteil." Sie runzelte die Stirn. "Mamo-chan, wenn ich dir sage, dass du gar nicht schlecht bist, würdest du mir das glauben?" Okay, diese Option bestand. Bei aller Selbstkritik merkte ich selbst, dass ich zugelegt hatte. "Ja, schon." Sie seufzte erleichtert. "Das ist ja immerhin etwas." Sie führte Fingerzeichen für ihre Verwandlung aus, und für einen Moment glaubte ich, sie würde sich in den kleinen Affen verwandeln und wieder auf meiner Schulter mitreiten. Stattdessen verwandelte sie sich in eine Menschenfrau, welche die Kleidung eines Kumo-Ninjas trug. "Niemand verlangt von dir, der nächste Hokage zu werden. Oder eines Tages die Armeen Konohas in die Schlacht zu führen. Aber wir schauen alle mit Wohlwollen auf dich als viel versprechendes Talent. Und die Affen mögen dich alle, Mamo-chan. Du sollst so weit kommen, wie du aus eigener Kraft schaffst. Mehr verlangt niemand von dir. Aber es verlangt auch niemand weniger von dir, verstehst du?" "Aha. Das bedeutet, Ihr habt mir ein Ziel gesteckt, das Ihr mir nicht verratet. Und wenn ich es nicht erreiche, gibt es Ärger." "So in etwa", erwiderte sie grinsend. "Mamoru-kun! Wie lange willst du denn weg bleiben?", klang Asumas Stimme auf. "Wir wollen langsam auch mal ins Tal kommen!" "Das sagt der Richtige", sagte ich leidlich amüsiert. "Ich komme, Asuma-sama!" Ich sah Sensei an. "Willst du mitkommen? Oder warum bist du hier draußen und verdrischst harmlose Kumo-Ninjas?" "Harmlose?" Sie stockte. "Ich komme mit. Ich bin hier ohnehin fertig. A-sama hatte mich um ein paar Dinge gebeten, die ich erledigen soll, dies war eine davon. Außerdem habe ich noch ein paar weitere Interessen in der Stadt. Es gibt ein paar mögliche Kontraktpartner in Kumogakure, die ich unter die Lupe nehmen möchte." Sie zuckte mit den Schultern. "Es war ein anstrengender Monat, Mamo-chan." Keine sehr detaillierte Auskunft. Da es mir allerdings unmöglich war, Sensei dazu zu zwingen, ausführlicher zu werden, beließ ich es dabei. "Affenclan-Geschäfte, also." "So kannst du das nennen." Während wir zur Straße zurück gingen, knuffte sie mir gespielt gegen mein Kinn. "Und, bist du schon aufgeregt? Das Finale ist in drei Tagen." "Ich wäre ruhiger, wenn Uzuki-sensei mich hätte trainieren lassen, anstatt mich durch einen Haufen Mini-Jobs zu hetzen." Ranko-sama schnaubte leise. "Ach so. Jedenfalls will ich mir deinen Kampf ansehen, Mamo-chan. Noch ein Grund, warum ich noch nicht zurückgekehrt bin." Wir traten aus dem Wald hervor, und es irritierte mich erheblich, dass Asuma nicht überrascht war, Ranko zu sehen. Was mich noch viel mehr irritierte war aber Mappi-san. Er winkte ihr so vollkommen ungezwungen zu, so als würden sie einander schon eine lange Zeit kennen. Mir brannte eine entsprechende Frage auf der Zunge, aber bei Sensei konnte man nicht sicher sein, ob man sie stellen durfte. Also schluckte ich und hielt die Klappe. "So, und jetzt wollen wir uns mal ein bisschen beeilen, damit du deinen nächsten Auftraggeber nicht warten lassen musst, Mamoru-kun", sagte Asuma grinsend. Oh, ich war neugierig, andererseits aber auch nicht lebensmüde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)