Konoha Side Stories von Ace_Kaiser ================================================================================ Kapitel 4: Der lange Weg zum Turm --------------------------------- Der große, weißhaarige Mann ging nervös in seinem Raum auf und ab. Er war ein Riese, muskelbepackt und breitschultrig, und sein Blick schien immer zornig zu sein. Eine elegante junge Frau lehnte an der Wand und beobachtete ihn dabei. Der Mann wandte sich ihr abrupt zu. "Du stellst mir da keine guten Aussichten, Ranko-sama." Die große Schönheit lächelte gewinnend, und strich eine Strähne ihres seidig schwarzen Haares nach hinten. Ihr gefiel diese Gestalt sehr. Vor allem gefiel es ihr einen Kimono zu tragen. "Aber, aber, Raikage-sama, einfach wäre doch nicht lustig." Der große Mann besah sie sich lange, bis sich so etwas wie ein spöttisches Lächeln auf seine Züge stahl. "Ich bin einiges gewohnt, und habe auch schon einiges erlebt. Ich habe nicht den Drang, noch mehr zu erleben, und aufregende Zeiten schon gar nicht." "Aber du wirst ihnen nicht entkommen können." "Aber ich werde ihnen nicht entkommen können." Der Raikage seufzte lang und tief, und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. "Der Affenclan hat also immer noch kein Interesse daran, mit einem Shinobi Kumogakures einen Kontrakt zu schließen." "Der Affenclan hat allgemein kein Interesse daran, mit irgend einem Shinobi der fünf großen Nationen einen Kontrakt abzuschließen. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel. Wenn du mir also einen viel versprechenden Kontraktnehmer wie meinen Mamoru-chan vorstellen kannst, überlege ich mir das eventuell." "Schade. Ich hatte gehofft, ich könnte einen Kontrakt abschließen." "Du?" Die Affenkriegerin in ihrer menschlichen Tarnung rutschte vor Schreck ein Stück die Wand hinab, an der sie lehnte. "Ausgerechnet der berüchtigte A-Sama, der einzige Ninja, von dem man sagt, er würde es alleine mit einem Biju aufnehmen können? Was willst du mit all der Macht? Außerdem, wenn ich dich daran erinnern kann, hat dein Dorf gleich zwei Jinchuuriki, oder?" "Das ist nicht der Punkt. Wir bringen einen Großteil unserer Zeit dafür auf, die Bestien in ihnen unter Kontrolle zu halten, anstatt sie zu nutzen. Yugito-chan und mein Bruder zahlen den Preis dafür, das wir unsere militärische Stärke erhöhen. Sie kämpfen jeden Tag dagegen, sich von ihren Biju übernehmen zu lassen, und sie werden wegen ihrer Macht auch noch gehasst." Stumpf starrte der Raikage vor sich hin. "Bei Yugito-chan sehe ich nicht so viel Grund zur Besorgnis. Sie hat sich ihren Respekt erkämpft und wird im Ansehen einiger Leute - der richtigen Leute - weiter ansteigen. Aber mein Bruder ist eine andere Geschichte. Sein Biju, der Achtschwänzige, ist in den letzten zwanzig Jahren siebenmal ausgebrochen, hat seinen Träger übernommen und unglaubliche Schäden angerichtet. Alle erwarten, das er auch ein achtes Mal ausbricht, und deshalb sind sie gefangen zwischen ihrer Angst vor dem Achtschwänzigen und dem Respekt, der einem hochrangigen Ninja wie Kirabi zusteht." Wieder seufzte der Raikage. "Ich sehe den Tag kommen, an dem er all die Brocken hinwirft und nur noch tut was er will. Vielleicht wird er sich dann vollkommen auf diese verrückte Reim-Musik konzentrieren. Oder er wird Kumogakure eine lange Nase drehen und durch die Lande ziehen. Verstehen kann ich es ja. Ich muss mich hier als Lehrmeister aufspielen, als böser Boss, und vor dem Rat muss ich demonstrieren, wie sehr ich die Achtschwänzigen diesmal im Griff habe. Dafür tanzt mein eigener Bruder wie eine Marionette an meinen Fäden. Nein, ich erwarte nicht, das er das ewig mitmacht." "Aber du wirst natürlich nicht zulassen, dass er sein eigenes Ding macht." Der Raikage schnaubte amüsiert. "Nein, das kann ich nicht und das werde ich nicht. Dennoch, er ist mein Bruder, und... Oh, ich hasse diese Arbeit. Bisher hat sie immer nur von mir genommen, nie etwas gegeben." "Das ist der Preis, den jene zahlen, die an der Spitze stehen." Ranko stieß sich von der Wand ab und kam in langen, eleganten Schritten zum Raikage herüber. "Und eventuell solltest du Kirabi auch einfach nur vertrauen." "Bwahahaha! Ein guter Witz!" Sofort setzte er wieder eine mürrische Miene auf. "Nein. Ich bin zu sehr der Kage dieser Stadt, als dass ich mich auf so etwas einlassen kann. Hätte ich aber durch einen meiner Ninjas Zugriff auf den Affenclan, dann..." "Oh, bitte nicht, A-sama", tadelte Ranko. "Nicht auf die Mitleidstour. Die hassen wir doch beide." "Dann bleibt es dabei? Von den großen Städten gibt es nur Kontraktträger in Konoha?" "So sieht es aus", erwiderte sie. "Den Hokage und meinen Mamoru-chan." Der Raikage runzelte die Stirn. "Was siehst du bloß in ihm? Was sieht der Affenclan in diesem kleinen, dürren Kerl? Der Hokage, das ist verständlich. Der Ruf des Professors eilt ihm überallhin voraus. Aber dieser kleine Mann? Was soll er deiner Meinung nach mal werden? Hokage?" Ranko lachte leise. Sie beugte sich vor und nahm das Gesicht des Raikages in die Rechte, um es zu sich zu drehen. "A-sama, mein Gesicht ist hier oben", tadelte sie. "So? Nun, wenn du mich aber auch in diese Richtung drückst. Was ist nun mit diesem Mamoru?" "Ob er eines Tages Hokage wird oder nicht kann ich nicht entscheiden. Ich glaube es eher nicht. Aber ich glaube daran, dass er ein guter Chunin wird, und wenn er sich weiter so positiv entwickelt und am Leben bleibt, eines Tages auch ein guter Jounin. Und was das Interesse der Affen an ihm angeht, er passt zu uns. So einfach ist das. Wir suchen uns unsere Kontraktträger nicht nach Potential aus, wie es die Schlangen tun, nicht nach dem unbändigen Chakra wie die Frösche. Wir wollen, wenn wir beschworen werden, mit jemandem zu tun haben, den wir mögen. In vielen Fällen ist es sogar eine tiefe, innige Liebe, die uns mit unseren Kontraktträgern verbindet. Und der Affenclan hat Mamoru-chan sofort ins Herz geschlossen. Wir sind, trotz unseres Rufs, ein sehr emotionales Volk." "Ich verstehe. Zumindest glaube ich, das ich verstehe, Ranko-sama." Er grinste dünn. "Vermisst er dich eigentlich nicht? Du hast ihn verlassen, kaum das du in der Stadt warst." "Hm? Oh, ich nehme an, er denkt, dass ich die Beschwörung aufgelöst habe und wieder auf dem Affenberg bin. Das ist schließlich der einfachste Schluss." "Und? Wirst du zum Trainingsgelände gehen und ihm helfen?" Die Affenkriegerin schüttelte den Kopf. "Nein, A-sama. Ich habe Vertrauen in Mamoru und seine Gruppe. Er wird sich durchschlagen, wie immer. Zähigkeit. Das ist auch eine Eigenschaft, die wir Affen lieben." Ranko beugte sich weiter vor, und kam dem Gesicht des Raikages sehr nahe. "Ich habe auch eine Frage, A-sama. Welches Interesse hat Kirabi an meinem Schützling?" Nun begann der große Mann leise zu lachen. "Mein Bruder ist einer der besten Shinobi Kumogakures, wenn nicht der beste. Aber er hat einen eklatanten Fehler. Sein Herz ist viel zu groß. Ganz Kumogakure passt hinein, und noch ein paar hundert Menschen mehr. Ich schätze, er macht sich Vorwürfe, weil er nicht da war, als Mamoru-kun verletzt wurde. Und dann hat er den dürren Burschen nach und nach ins Herz geschlossen. Das dürfte auch schon alles sein, denn abgesehen von seiner Fähigkeit, Affen zu beschwören, hat er nichts, was die Shinobi meiner Stadt interessiert." "Das beruhigt mich zu hören. Und, wird er Mamoru-chan helfen?" "Sicherlich nicht. Würde er nicht vermuten, dass der Bengel es schaffen kann, hätte er ihn längst daran gehindert, zum zweiten Teil der Prüfung anzutreten." Der Raikage lehnte sich nach hinten, und glitt so langsam aus Rankos zarter Hand. "Der Rest liegt bei ihm. Wir werden sehen." Ranko richtete sich wieder auf. "Ja. Wir werden sehen." "Hast du Angst um ihn?" "Welcher Lehrer mit dem Herz am richtigen Fleck würde keine Angst um seinen Schützling haben?", erwiderte sie. "Ich verstehe. Aber die Kämpfe der Schüler müssen die Schüler selbst bestreiten, Ranko-sama." "Ich weiß." Sie wandte sich ab. "Ich weiß." Der Raikage streckte eine Hand nach ihr aus, schien etwas sagen zu wollen, doch dann ließ er die Hand auf den Tisch sinken. "Das Ende der Prüfung ist in vier Wochen. Wenn du willst, sei in dieser Zeit mein Gast. In deiner menschlichen Hülle, als Affe, was immer du willst." "Ich danke dir für das großherzige Angebot, A-sama", erwiderte sie, ohne sich umzudrehen. Der Raikage seufzte. Irgend etwas musste doch besonders an diesem Burschen sein. Irgendwas. *** Es gab mehr als einen Moment in meinem Leben, in dem ich mir die Byakugan meines Freundes Kou Ryuuga herbei gewünscht hatte. Im stockfinsteren Wald des südlichen Trainigsgeländes wünschte ich es mir inbrünstig wie selten. Es war nicht nur die Dunkelheit, die Gefahr jederzeit gegen irgendetwas Lebendiges zu laufen. Es war eine kreatürliche Angst, die mich zu lähmen drohte, die mich zwingen wollte, mich zusammenzukrümmen, mich auf den Boden zu hocken, meine Augen zu schließen und meine Ohren zuzuhalten, bis der Morgen kam. Aber ich widerstand. Ich ließ mich von der Angst nicht einnehmen, nicht von ihr beherrschen, und das lag letztendlich an meinem schmerzenden rechten Arm. Ich hatte gar keine Zeit, die Angst in mir weiter hoch kochen zu lassen, während der heilende Bizeps schmerzte, als wolle er aufplatzen. Das dichte Blätterwerk schloss das Licht der Sterne fast aus. Uns blieb nur wenig Licht übrig, um uns zu orientieren. Und zugleich waren unsere Sinne bis zum Zerreißen gespannt, um auf der Hut zu sein vor den nachtaktiven Jägern. Und um nicht aus Versehen in das Versteck eines tagaktiven Jägers zu treten und ihn zu verärgern. Meine schwachen sensorischen Fähigkeiten wurden hier zu unseren einzigen Augen, deshalb führte ich den Zug an. Meiner Schätzung nach hatten wir in der Finsternis bereits einen Kilometer auf einem gut ausgetretenen Tierpfad hinter uns gebracht, das war von unserer Perspektive aus ein Viertel der Strecke bis zum Turm. Dafür hatten wir eine Stunde gebraucht, denn wir mussten uns nicht nur wegen der Tiere vorsehen, sondern auch vor den anderen Teams. Die wir bekämpfen mussten, weil einerseits nur sechs Teams der Eintritt und damit der nächste Teil der Chunin-Prüfung gestattet werden wurden, und die wir finden mussten, um unsere Partner aufzuspüren, denn ohne Partner gab es auch keinen Eintritt. Eine perfide Geschichte, die sich Motoi-sensei da ausgedacht hatte. "Mamo-chan!" Beim Klang von Hanako-chans Stimme fuhr ich alarmiert herum und zog mit links ein Kunai. "Wo?" "Wie, wo?" "Wo hast du jemanden bemerkt?" "Wie, bemerkt?" "Na, du hast mich doch gerufen!", fragte ich irritiert. "Oh, du hast das als Alarmruf missverstanden. Entschuldige." Sie lächelte verlegen, und das dünne Sternenlicht blitzte für einen Moment im Weißen ihrer Augen auf. "Mir ist nur etwas eingefallen. Sag mal, wo ist eigentlich Ranko-chan? Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit du ins Krankenhaus eingeliefert wurdest." "Ranko-chan?", fragte ich irritiert. Natürlich, die Antwort war einfach. Die Beschwörung war ausgelaufen, und sie war zum Affenclan zurückgekehrt. Aber konnte ich ihr das wirklich sagen? Sie wusste zwar, dass der Hokage mich zum Kontraktträger gemacht hatte. Aber es würde mich in Erklärungsnot bringen, wenn ich ihr erzählen wollte, wen ich da beschworen hatte. Wenn sie dann eins und eins zusammenzählte und sich an die große Frauengestalt im Garten der Onsen-Gaststätte erinnerte, wusste sie, wen sie da gestreichelt und gefüttert hatte. Und dann war sie so entsetzt über sich selbst, dass sie stundenlang nicht mehr zu gebrauchen war. "Ich habe sie bei Kirabi-sama gelassen. Er kümmert sich um sie, bis die Prüfung vorbei ist", log ich. Ärgerlich biss ich mir auf die Unterlippe. Nun würde ich Sensei noch einmal beschwören müssen, und ich wusste weder ob es mir noch mal gelang, noch welche Laune Ranko-sensei hatte, wenn ich sie schon wieder herbei rief. Bisher schien sie mir gewogen zu sein, aber das konnte sich schnell ändern. "Oh, ja, verstehe. Ist ja auch das Naheliegendste. Wir können das süße Äffchen ja hier nicht gefährden", sagte sie mit leiser Enttäuschung in der Stimme. Vermutlich hätte sie das süße Äffchen ohne Weiteres gefährdet, wenn dies bedeutet hätte, es in der Nähe zu haben. "Mamo-chan." "Ich denke auch, so ist es besser. Aber wir sehen sie ja nach der Prüfung." "Mamo-chan." "Was ist denn, Karin? Ist dir auch etwas eingefallen?" "Nein, aber ich höre etwas. Jemand kommt schnell näher." Ich fuhr zusammen. Verdammt, hatte ich meine Pflichten vernachlässigt? Ich streckte meine Sinne, so weit ich konnte, aber ich fand nichts. "Wo?" Karin bedeutete mir eine Richtung, und ich konzentrierte mich darauf, nicht mehr mein komplettes Umfeld, sondern einen kegelförmigen Bereich zu erfassen. Dadurch wurden wir angreifbar, aber ich konnte ein Stück weiter voraus tasten. Dann erspürte ich tatsächlich die Bewegungen in den Bäumen, und erahnte schwach etwas Chakra. Die Bewegungen deuteten auf uns, und ich konnte das Chakra immer stärker spüren, je näher sie kamen. Noch immer unterdrückt, aber die Ahnung wurde deutlicher. "Jemand kommt", stellte ich unsinnigerweise fest und hielt das Kunai kampfbereit vor mich. Jemand kam. Genauer gesagt eine Dreier-Gruppe. Sie hielt direkt auf uns zu. Und dann... Erreichten sie uns. Wir hörten, wie sie nacheinander von den Bäumen herab sprangen und auf dem Tierpfad landeten. "Yo", erklang es in der Dunkelheit. Vor uns gleißte eine Kugel auf. Deutlich zu sehen war der schimmernde eine Stern in ihr. "Wollen wir mal schauen, ob wir zusammen passen?" Der matte Schein der Kugel entriss ein maskiertes Gesicht der Dunkelheit, in dem nur die Augen zu sehen waren. Schwarze, irgendwie müde wirkende Augen über einem weißen Mundschutz. Seine beiden Gefährten, beides Männer, grinsten erwartungsvoll, ihre Waffen kampfbereit gehalten. Ich erkannte das Zeichen auf ihrem Stirnband, die Achtelnote. "Hana-chan", sagte ich leise, ohne den Blick von den dreien zu wenden. Hanako griff in ihren Ausschnitt und holte die Kugel hervor. Sofort begann ein einzelner Stern in ihr zu glimmen. Erleichtert atmeten die anderen drei Genin auf. "Na, dann sind wir ja wohl Partner, was?", rief der Anführer fröhlich. "Das nenne ich Glück. Jetzt müssen wir nur noch vor der Vierergruppe beim Turm sein!" Auch Hanako und Karin seufzten erleichtert. War es wirklich so einfach? Wenn wir geschickt waren, wenn wir auf der Hut waren, konnten wir uns in zwei, drei Stunden zum Turm durchschlagen. Und dann mussten wir nur noch rechtzeitig eintreten, bevor die sechs Spots belegt waren. Das war der Fehler in der Kalkulation Mutui-senseis. Wenn sich zwei Partner sehr früh trafen, konnten sie das Feld von hinten aufrollen. "Partner", sagte ich langsam und senkte das Kunai, ließ es aber nicht los. "Wir sind Konoha Eins." Die Augen des Anführers ließen vermuten, das er lächelte. "Keine Sorge, wir wissen wer Ihr seid. Dein Auftritt war nicht zu übersehen, Mamoru-chan." Ich hüstelte verlegen. "Und deiner auch nicht, Hana-chan. Ehrlich gesagt war es Euer Vorbild, das uns die Stärke gegeben hat, Hikari nicht zurück zu lassen." Der Rechte der beiden Shinobi ächzte gequält auf. "Ich habe mich nicht zweimal erwischen lassen! Ehrlich!" Der Anführer lüftete seinen Atemschutz. Ich konnte nun sein ganzes Gesicht sehen. Es war ein hübsches, apartes Frauengesicht, und das Lächeln war bezaubernd. "Wir sind Otogakure Eins. Wir nehmen das erste Mal an einer Chunin-Prüfung teil, und prompt haben wir es in den zweiten Teil des Seminars geschafft. Das ist für ein so kleines Dorf wie unseres ein Riesenerfolg. Ich bin Maria. Hikari habe ich ja schon vorgestellt, und das ist Santori." "Uns muss ich ja kaum vorstellen, wenn Ihr schon so viel über uns wisst", erwiderte ich. "Es tut mir leid, dass Ihr ausgerechnet eine Gruppe zum Partner habt, die einen Verletzten mit sich herum schleppen muss." Maria winkte gönnerhaft ab. "Was soll's? Wir stehen ganz am Anfang des Examens, und wir können direkt bis zum Turm durch, während die anderen noch ihre Partner suchen und auf Gegner treffen. Wollen wir dann gleich mal weiter?" Hanako nickte und wollte vortreten. Aber ich hielt sie mit dem gesunden Arm ab. "Bevor wir los ziehen, würde ich gerne noch etwas über eure Jutsu erfahren." Ich deutete auf mich. "Mein Element ist das Feuer. Hana-chan ist Wind-affin, und Karins Element ist die Erde." Die drei Genin aus Otogakure wechselten einen schnellen Blick miteinander. "Wind." "Wind." "Wind." Ich runzelte die Stirn. "Nicht gerade die glücklichste Kombination, wenn man auf Variation steht, oder?" Maria lächelte erneut auf ihre bezaubernde Art. "Du musst verstehen, Mamo-chan, das liegt an der Natur unseres Jutsu. Die Meisten von uns Oto-Nin beherrschen den Schall. Deshalb ist es essentiell für uns, eine Wind-Affinität zu haben, oder sie zu entwickeln. Wir sind in dieser Affinität die derzeit Besten, und wir haben verschiedene Stile. Santori ist ein Beschwörer-Typ, Hikari hingegen Genjutsu-Nutzer. Ich selbst bin Taijutsu-Nutzer. Der Wind ermöglicht es uns, unsere Fähigkeiten voll zu entfalten." Ich hätte gerne mehr erfahren, aber Marias fragend hochgezogenen Augenbrauen sagten genug darüber, dass wir nun an der Reihe waren, unsere Techniken zu enthüllen. "Taijutsu", sagte ich entschuldigend und deutete auf meinen rechten Arm. "Gerade etwas eingeschränkt in meinen Möglichkeiten." "Genjutsu", sagte Hanako-chan. Das war nur die halbe Miete, und ich unterdrückte das Verlangen, sie anzusehen und zu fragen, warum sie eine derart oberflächliche Information unterschlug. "Ninjutsu", sagte Karin schüchtern. "Von allem etwas, gemischte Elemente, und der Anführer ist verletzt. Na ja, es könnte besser sein. Oder auch weitaus schlimmer." Ich erwartete, das Hana-chan protestierte, als Maria mich als Anführer bezeichnete; dass sie es nicht tat, ließ einen kalten Schauder über meinen Rücken fahren. Maria betrachtete uns und seufzte. "Nichts gegen euch, Konoha Eins, aber beinahe befürchte ich, dass wir die Hauptlast tragen werden, wenn es zum Turm geht, und Ihr werdet nur mithalten müssen, um in die nächste Runde zu kommen. Ausgerechnet das große Konoha bekommt den Sieg geschenkt, und das kleine Oto rackert sich für euch ab." Sie zuckte mit den Schultern. "Na, egal. Hikari, Vorhut. Santori, Nachhut. Ich gehe zu Mamo-chan in die Mitte. Karin, rechts, Hana, links. Mamo-chan, du übernimmst Boden und Luft." Ich nickte zustimmend. Das war eine gute Analyse. Die Wind-Affinen würden einerseits einen Hinterhalt, andererseits Verfolger schneller aufspüren als ich. Die Flanken zu decken bedeutete für Karin und Hana, dass sie sich nicht weit von mir entfernen mussten. Maria dachte mit, und das erschreckend gut. Und ich konnte mit meinen beschränkten sensorischen Fähigkeiten die höheren Ebenen und den Boden auf Angreifer überwachen, in einem überschaubaren, kleinen Umfeld. "Also, wollen wir dann?" Sie wartete keine Antwort ab und gab Hikari ein Zeichen. Der große schlanke Mann sprang voran. Wir reagierten wie im Training, bewegten uns ebenfalls und besetzten die Spitze. Maria hielt sich direkt neben mir, und bot mir damit persönlichen Schutz, während meine Mädchen auf die Flanken gingen. "Wie ist das eigentlich passiert? Das mit dem Arm, Mamo-chan?", fragte Maria, während wir durch die Nacht gingen. Hikari musste sensorische Fähigkeiten besitzen, die meinen weit überlegen waren. Er bewegte sich vor uns mit schlafwandlerischer Sicherheit. Ein leises Klopfen verriet uns ab und an, das ein Baum im Weg war. "Ach, es war eine dumme Geschichte. Wir, ein Haufen Wegelagerer, und eine Schwertklinge, die das Genick eines Freundes getroffen hätte, wenn ich den Arm weggezogen hätte." "Wow. Der Arm könnte jetzt ab sein, hast du daran gedacht?" "In dem Moment nicht", erwiderte ich. "Und hätte ich drüber nachdenken können, wäre es mir das Leben meines Freundes wert gewesen." Maria lächelte zufrieden. "Du gefällst mir, Mamo-chan. Jemand, der sich für seine Kameraden einsetzt, der bereit ist, ihnen auf Kosten des eigenen Lebens das Leben zu retten, das sind Menschen, die ich mag." Ihr Lächeln verschwand übergangslos. Ich verkrampfte kaum merklich die Hand um mein Kunai. Maria sah kurz nach hinten, dann wieder zu mir. "Oh, es ist nichts. Ich dachte nur für einen Augenblick, ich hätte ein Chakra gespürt. Ein ziemlich starkes, das... Ich meine, es wäre einen Blick wert, oder? Wir wissen ja noch gar nicht, ob wir eine Zweiergruppe sind, oder vielleicht sogar zur Vierergruppe gehören." Schweigend setzten wir unseren Weg fort. War es nicht unsere Pflicht als Shinobi, herauszufinden, ob es noch eine dritte oder gar vierte Kugel mit einem Stern gab? Mussten wir nicht zu unseren Verbündeten stehen? Ich ahnte, das es doch nicht so einfach getan war, und dass wir mit Erreichen des Turms erst am Anfang der Aufgabe standen. "Wo waren wir? Ach ja. Ich mag Menschen, die sich für andere aufopfern." Wieder dieses süße Lächeln. Zugleich aber, an der Grenze meiner Fähigkeit zu hören, war da dieser Laut. Ich riss mein Kunai hoch, und stoppte damit Marias Schwertangriff. "Sie sind so willige Opfer - eigentlich!", keuchte sie, während sie versuchte, mit ihrem Schwertarm meine Abwehr zu zerschlagen. Hikari war bei dem Ton umgekehrt und hatte Hana-chan attackiert. Das überraschte Mädchen kniete halb gegen einen Baum gelehnt. Ihr linker Arm baumelte wie nutzlos von ihrer Schulter herab. Santori hatte Karin attackiert, aber keinen Erfolg gehabt. Ihr Baika no Jutsu hatte zwei riesige Hände produziert, die ihn wie eine Mauer gestoppt hatten. Er fand sich am Boden wieder, wo er für eine Sekunde benommen den Kopf schüttelte, bevor er wieder auf die Beine kam. Keine gute Situation. Eigentlich eine Scheiß Situation. Hanako zog ihr Kunai mit rechts und hielt es abwehrend vor sich, während Santori seinen Tierclanpartner beschwörte. "Was wird hier gespielt?", fragte ich mit krächzender Stimme, während ich mit Maria einen reinen Kampf der Kraft focht. "Wir haben beide Kugeln mit einem Stern, oder?" "Ja. Und dafür sind wir auch dankbar. Das hat es uns erlaubt, euch sehr nahe zu kommen. Ich wage nicht mir vorzustellen wie unser Angriff ausgesehen hätte, wenn wir euch nicht überrascht hätten." Sie sah mich ernst an. "Tut mir leid, Mamo-chan, aber es ist nichts persönliches. Wir haben den Auftrag, deine Konoha-Gruppe zu eliminieren. Und du weißt was ein Auftrag für einen Ninja ist." Wieder lächelte sie, flüchtig diesmal. "Ihr seid wohl einem Daimyo im Land des Wassers zu sehr auf die Füße gestiegen. Aber keine Sorge, wir töten euch schnell und sauber, ohne große Quälerei." "Soll ich dafür auch noch dankbar sein?", zischte ich, während ihr Schwertarm mein Kunai immer tiefer drückte. Der beschworene Tierpartner Santoris war ein mannshoher Bär. Ich verstand für einen Moment nicht, welche Affinität Bären mit dem Wind-Element hatten, bis sich das Tier auf die Hinterbeine stellte, fast vier Meter Größe erreichte, und tief Atem schöpfte. Der Angriff mit purer Luft hob Karin trotz ihres Jutsus von den Beinen und schleuderte sie gegen einen Baum. Sie quiekte erschrocken auf, als sie gegen den harten Stamm prallte. Hanako, wegen der Armverletzung unfähig, ihr Jutsu einzusetzen. Karin, von einem Distanzkämpfer in Bedrängnis gebracht. Und ich, der Taijutsu-Nutzer, wurde vom gegnerischen Anführer an Ort und Stelle festgehalten und drohte jederzeit selbst mein Leben zu verlieren. War es naiv von mir, darauf zu hoffen, dass die Jounin Kumogakures uns beobachteten und eingreifen würden? Hatte ich es überhaupt verdient, das sie zu unseren Gunsten eingriffen? Ja, wahrscheinlich war es naiv. Und die einzige Variante, die mir darüber hinaus blieb, bedeutete einen tödlichen Hieb von Maria hinzunehmen, und mit der letzten Kraft, die ich besaß, einen Affenkrieger zu beschwören. Falls ich überhaupt so weit kam. Aber für das Leben meiner Kameradinnen, meiner Freundinnen war ich gewillt, Schmerzen hinzunehmen. Den Tod hinzunehmen. Dieser Gedanke löste etwas in mir aus. Ein Schub der Wärme erfüllte mich, und neue Kraft schien in meinen überanstrengten linken Arm zu fließen. "So weit sind wir noch nicht", knurrte ich und drückte ihr Schwert ein Stück von mir fort. "Du hast ja noch Reserven. Und du gibst nicht so schnell auf. Respekt. Aber wir müssen jetzt zu einem Abschluss kommen, so leid mir das persönlich auch tut." "Laber nicht! Nichts hiervon tut dir leid, Maria!", rief ich ärgerlich. "Oh, da hast du mich wohl erwischt", sagte sie und lächelte mich liebevoll an. Doch aus dem liebevollen Lächeln wurde eine gierige Grimasse. "Dann lass uns mal etwas Spaß haben!" "DOTON!" Zwischen mir und Maria bäumte sich die Erde auf. Bevor ich mich versah, trennte mich eine mehrere Meter hohe Mauer aus Dreck von der Genin aus Otogakure. Zugleich schloss sie aber auch Karin mit Maria und Santori auf der anderen Seite ein. Ich reagierte sofort, stieß mich an der Mauer aus Erde ab, Maria mit meinen sensorischen Fähigkeiten verfolgend. Die hatte sich der Richtung zugewandt, aus der das Chakra für das Erd-Jutsu gekommen war, dem neuen Gegner. Das erlaubte mir für den Moment, Hikari zu attackieren und Hanako zu entlasten. Ich schleuderte mein Kunai nach ihm, und der Ninja wich ihm aus, verschwand im Dunkeln. "Das kam unerwartet. Aber wer mag es schon einfach?", klang seine Stimme auf. Aus dem Wald, hinter mir, über mir. Ich verstand, warum die Windaffinität für ihn so interessant und wichtig war. Von woher würde er kommen? Welche Geräusche waren echt und welche nicht? Wenn er sein Chakra genug unterdrückte, wie nahe würde er mir kommen können, ohne das ich ihn bemerkte, ihn abwehren konnte? Ich zog ein zweites Kunai, landete neben Hanako. Schützend stellte ich mich vor sie, abwehrbereit. Zugleich aber erfüllte mich Todesangst um Karin auf der anderen Seite der Mauer. Maria hatte noch immer nicht versucht, über den Wall zu kommen und mich zu attackieren. Das irritierte mich erheblich. "Denkst du wirklich, du kannst sie schützen, du erbärmlicher kleiner Wicht?", flüsterte es direkt hinter meinem rechten Ohr. "Du wirst es nicht wissen, aus welcher Richtung ich kommen werde. Und wenn du es spürst, ist es mein Schwert, das dir durch die Rippen geht. Du kannst mich nicht hören, du kannst mich nicht sehen. Und ich werde meinen Spaß daran haben, mir deine Gedärme genauer anzusehen." In einem Punkt hatte er unrecht. Ich konnte ihn nicht kommen hören, solange er den Wind manipulierte. Aber ich konnte ihn sehen. "Hana-chan!", rief ich, stieß mein Kunai griffbereit in den Baumstamm hinter mir und formte mit der unverletzten Linken einen Teil des Fingerzeichens für ein Feuerjutsu. "Gut!", rief Hanako, sprang auf und an meine Seite. Ihre Rechte formte die andere Hälfte des ersten Fingerzeichens. So schnell wie es uns möglich war, gingen wir alle Symbole durch, während ich Chakra schmiedete und in meinem Mund sammelte. "Katon! Endan!" Ich spie Flammen aus. Dabei bewegte ich mich um den Baum herum und steckte alles im Umkreis in Brand. Wenn ich Hikari damit nicht erwischte, würde ich einen zweiten Feuerstoß in die Äste über mir jagen, auch auf die Gefahr hin, selbst in einem Waldbrand gefangen zu sein. Aber der Gedanke war unnötig, denn der Oto-Ninja wurde von meinem Jutsu aus nächster Nähe getroffen. Er hatte nicht einmal Zeit zu schreien, als sich die Flammen durch ihn hindurch fraßen. Ich griff nach meinem Kunai, riss es wieder hervor und starrte auf das brennende Häufchen, das mal ein Genin gewesen war. "Du hast dich zu sehr auf deine Kunst verlassen und vergessen, dass auch ein Ninja, der angegriffen wird, eine eigene Kunst hat", flüsterte ich. "Oh, das war cool! Meinst du, das kriegen wir auch mit dem Bewusstseinstransfer hin? Dann bin ich nicht so wertlos!", sagte Hanako aufgeregt. Ich schaute auf ihren Arm, doch sie winkte ab. "Meine Chakra-Knotenpunkte wurden getroffen. Der Arm ist gelähmt. Mindestens noch ein paar Stunden." Sie sah mich ernst an. "Und was jetzt?" "Wir haben es mit einer dritten Partei zu tun. Die hat sich dankenswerterweise vorerst um Maria und Santori gekümmert. Leider ist auch Karin auf der anderen Seite. Und da wir nun unseren Gegner ausgeschaltet haben, müssen wir da rüber. Wir..." "Hey, Konoha, suchst du das hier?", klang eine vertraute Stimme auf. Vor mir landete ein zuckendes Bündel Frau, leidlich beleuchtet durch den Brand, den ich gelegt hatte. Für einen Augenblick glaubte ich, mein Herz müsse aussetzen, weil ich Karins schwarze Haare zu erkennen glaubte. Dann aber erkannte ich Maria, die sich mühsam wieder aufzurichten versuchte. "Du... Schwein...", krächzte sie. "Oh, aber lange nicht so ein Schwein wie du. Immerhin habe ich nicht meine Partner angegriffen." Seine Miene wurde starr. "Und ich habe auch keine Lust, die ganze Chunin-Prüfung zu gefährden. Dafür bin ich schließlich hier." "Und?", fragte ich. "Wie geht es jetzt weiter, Suna?" Tooma grinste über das ganze Gesicht. "Tja, wenn du Pech hast, Konoha, dann war es das für euch. Wenn Ihr eine Zweiergruppe wart, dann ist das Examen für euch vorbei." "Abgesehen davon, dass du und deine Suna-Gruppe uns noch erledigen kann", fügte ich hinzu. Tooma lachte laut auf. Dabei erkannte ich, das in seinem Rachen etwas blitzte. Eine Art Vorrichtung für... Kleine Nadeln? Im flackernden Feuerschein sah ich ähnliche Nadeln in Marias Körper. Er hatte sie vergiftet. Eine weitere Gestalt erschien auf dem Erdwall. Einer der Suna-Genin, ein bulliger Kerl mit mürrischer Miene. Auf seinen Armen trug er Karin. "Was wird das? Ein Erpressungsversuch?", fragte ich resignierend. "Ach komm. Es ist nichts Persönliches. Wir sind mitten in einer Prüfung. Und meine Gruppe ist gerade dabei, ihren Partner zu finden. Als Zugabe haben wir die Oto-Gruppe zerschlagen, und das reicht für den Anfang." Er nickte in Richtung seines Partners. Die grimmige, rote Gesichtsbemalung unterstrich sein mürrisches Wesen. "Bei der Gelegenheit kannst du dich bei Katou bedanken. Er hat das Erdjutsu beschworen, das dir den Arsch gerettet hat. Er hat auch dein zweites Mädchen gerettet, bevor dieser Bär sie am Baum zerquetschen konnte." "Stimmt das, Karin?" Die junge Akimichi nickte. "Ja, er hat einen zweiten Erdwall geschaffen, der mich abgeschirmt hat. Und dann hat Lian..." Der dritte Suna-Genin erklomm den Wall. Oder vielmehr sie. Lian war mir zuvor nicht aufgefallen, und auch jetzt hätte ich sie eher für einen Mann gehalten. Allerdings einen Mann mit beträchtlicher Oberweite. Sie trug den klassischen Turban Sunagakures, der allerdings nicht die überdimensionierte Größe Toomas erreichte. "Und dann habe ich mir erlaubt, ihnen zu demonstrieren, was passiert, wenn Wasser und Erde zusammen kommen." Ich nickte verstehend. "Ein Sumpf." "Ein tiefer Sumpf." Sie grinste breit. "Für den Bären hat es gereicht, also nehme ich an, für den zweiten Oto-Nin auch." Sie musterte Maria. "Also, ich bitte dich, Tooma. Sind wir heute wieder mal zu weich? Warum hast du sie leben lassen? Dieses hinterhältige Biest." "Richtig, ich habe sie leben lassen", gestand Tooma grinsend. "Aber auch nur, weil ein schneller Tod für sie zu gut wäre. Weißt du noch, was Motoi-sensei gesagt hat? Die meisten Jäger hier sind tagaktiv. Ich bin gespannt, was schneller ist: Ihr Körper beim verarbeiten meines Giftes, oder die Jäger in diesem Wald dabei, sie aufzuspüren. Beinahe bin ich versucht, mir das anzusehen." "Sch... Schwein", kam es gurgelnd aus Marias Kehle. Toomas Miene verzerrte sich vor Wut. Sein Turban entwickelte ein Eigenleben. Er klappte auf, bildete ein mechanisches Männchen aus, das ein kurzes Schwert in der Hand hielt, und auf Maria zusprang. Die Klinge drang in ihrem rechten Oberschenkel ein und ließ sie vor Schmerzen aufheulen. "Noch ein Wort von dir, und ich töte dich doch gleich!", rief er wütend. Er machte eine herrische Bewegung mit der rechten Hand, und die Puppe sprang zu ihm zurück. Sie kletterte auf seinen Kopf und formte sich dort wieder zum Turban. Von Maria erklang kein weiterer Laut. Tooma nickte zufrieden. "Wie ich schon sagte, eine Gruppe ausradiert zu haben reicht uns zur Zeit. Außerdem sind wir ja Verbündete, Suna und Konoha, meine ich. Und wenn ich ehrlich bin, dann mag ich dich, Konoha. Du bist so herrlich störrisch, du könntest ein Suna-Shinobi sein. Und damit kommen wir zu dem Punkt, der uns beiden nützt." Er hob die rechte Hand. Darin glomm eine Kugel mit drei Sternen. In seiner Linken glomm die der Oto-Gruppe mit dem einen Stern. "Was meinst du, Konoha, sollte man eine Gelegenheit ergreifen, wenn man sie vor sich hat? Das macht doch gute Ninjas aus, oder? Was also, wenn wir ab jetzt die Kugel mit einem Stern benutzen?" Für einen Moment glaubte ich, vor Erleichterung zusammenbrechen zu müssen. Tooma hatte nicht mehr und nicht weniger angeboten, als fortan unser Partner zu sein. Damit waren wir für den Turm wieder Zutrittsberechtigt, und ich ahnte, dass die Offiziellen des Chunin-Examens das anerkennen würden. "Willst du dich wirklich mit drei Verletzten belasten?", fragte ich matt. Tooma deutete hinter uns. "Mit Verletzten, die noch in der Lage sind, so etwas anzurichten - jederzeit, Konoha. Ach, bei der Gelegenheit, Lian, wärst du so nett, unsere Position wieder in Schatten zu hüllen?" "Aber natürlich, Tooma." Sie lächelte dünnlippig und beschwor ein Wasserjutsu, mit dem sie die restlichen Flammen meiner Attacke auf Hikari wieder löschte. Als die Welt rund um uns wieder in Dunkelheit versank, und nur noch die beiden Kugeln in Toomas Händen etwas Helligkeit verströmten, kamen die drei Suna-Nin den Wall herunter. Katou ließ Karin wieder auf die Beine, stützte sie aber noch einen Moment, bis er absehen konnte, dass sie sicher stand. "Sie wurde hart gegen den Baum geschleudert. Ich dachte schon, sie hätte sich etwas gebrochen." "Nein, keine Sorge", erwiderte Karin. "Ich habe mich auf dem Rücken dick gemacht. Das hat den Aufprall abgefedert." Sie sah betreten zu Boden. "Danke, Katou-san." "Jederzeit wieder. Und da wir ja jetzt zwei verbündete Gruppen sind...", begann er. "Wie dem auch sei!" Plötzlich stand ich zwischen den beiden, und ich wusste nicht einmal warum. "Wenn Ihr einen Medi-Nin in eurer Gruppe habt, hätte ich jetzt etwas für ihn zu tun." "Ach, wie niedlich. Bist du etwa eifersüchtig, Mamoru-kun?", fragte Lian grinsend. "Ei-eifersüchtig? Auf den Mann, der Karin gerettet hat? Mach dich nicht lächerlich." Aber ehrlich gesagt glaubte ich meine eigenen Worte nicht. "Wir reden später. Erstmal sollten wir so viel Distanz wie möglich zu diesem Ort aufbauen. Meine Rechnung sagt, das wir noch drei Minuten haben, bis eine weitere Gruppe hier eintrifft. Wenn wir nicht bereits beobachtet werden", sagte Tooma. Er warf Maria einen Blick zu. "Falls du es schaffst zu überleben - geh mir in Zukunft aus dem Weg, verstanden? Falls du es nicht schaffst, grüß deine toten Kameraden, und sag ihnen, sie sollen Platz machen. Wir schicken ihnen noch mehr Oto-Nin." Die gelähmte Frau schaffte es, die Hände zu Fäusten zu ballen. Aber sie war schlau genug, keinen weiteren Ton von sich zu geben. "Hauen wir hier ab", sagte Tooma schließlich und eilte voran. Mit den Suna-Nin wurde unser Weg einfacher. Tooma war sensorischer Ninja, und er war richtig gut darin. Mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit liefen wir durch den Wald, ohne auf Hindernisse zu treffen. Seine Reichweite übertraf meine um das Zehnfache. Es führte mir vor Augen, was ein richtiger sensorischer Ninja zu leisten vermochte, und das war ein sehr deprimierendes Gefühl. Andererseits konnte man in eine Dreier-Gruppe niemals alle starken Jutsu vereinigen, außer man hatte Kakashi Hatake oder den Sandaime in einer Gruppe. Als wir kurz rasteten, um etwas zu essen und zu trinken, nahm ich Tooma an die Seite. "Ihr habt uns schnell gefunden." "Reine Notwendigkeit. Ich habe dich und deine Gruppe von vorne herein im Auge behalten und gezielt gesucht. Ich hätte euch so oder so ein Bündnis angeboten. Ich rechne damit, dass die Kumogakure-Gruppen ohnehin ein Bündnis eingehen werden, und je stärker wir anderen werden, desto größer ist unsere Chance, zum Turm zu kommen. Ich denke, für die Kumo-Genin ist es eine Frage der Ehre, zu kontrollieren, wer die zweite Prüfung besteht. Die großen Dörfer werden jedenfalls nicht dabei sein, wenn es nach ihnen geht." Er rieb sich den Nacken. "Also, wenn wir vier oder fünf Gruppen vereinigen können, haben wir sicherlich die besten Chancen. Denn wie hat Motoi-sensei doch gesagt? Man hat auf dem Schlachtfeld oft die merkwürdigsten Verbündeten." Ich nickte ihm respektvoll zu. Er hatte die Sache weiter gedacht als ich. Andererseits hatte ich mich auch mehr mit dem Aspekt beschäftigt, der ihm unbekannt sein musste. Dass die Konservativen in Kumogakure meine Gruppe versagen sehen wollten. "Das ist noch nicht alles. Sie haben meine Gruppe besonders auf dem Kieker", gestand ich. "Wegen dem Krieg vor fünf Jahren?" Ich nickte. "Sie wollen wohl beweisen, dass die Konoha-Shinobi ihren eigenen weit unterlegen sind." "Mach dich nicht lächerlich, Konoha. Suna hatte auch seinen Anteil an Kämpfen mit Kuma. Denkst du, du hast den Zorn der Konservativen exklusiv gepachtet?" Er grinste mich an. "Würde ich das glauben, dann würde ich deine Gruppe ausliefern und so locker in die nächste Runde kommen." Als er meinen Blick sah, hob er abwehrend die Hände. "Entschuldige, aber ich bin ein Shinobi. Ich erfülle Aufträge. Für Wünsche und Wunder sind andere zuständig." "Nein, nein, das ist es nicht", wiegelte ich ab. "Ich war nur erstaunt, weil du Facetten siehst, die mir verborgen geblieben sind. Also sind da schon zwei Nationen, die sich in Kumogakure beweisen müssen?" Tooma grinste mich an. "Na sieh mal einer an. Da ist ja wohl doch jemand recht schnell von Begriff." Der Suna-Genin sah auf. "Wir verschwenden Zeit. Wenn die Sonne kommt, erwachen die Räuber, und dann haben wir es mit noch mehr Gegnern zu tun." Also erhoben wir uns. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir knapp die Hälfte geschafft, und der Stand der Sterne verriet uns, dass es schon nach Mitternacht war. Die Nacht war klar und ruhig, frei vom Lärm eines Kampfes. Aber das Trainingsgelände war groß. Auch wenn man sagte, dass die Nacht besser Geräusche transportierte als der Tag, war dies kein Indiz dafür, dass gar keine Kämpfe statt fanden. Und ich war mir sicher, dass sie stattfanden. Irgendwo da draußen, während Genin ihre Partner suchten, und sich mit Gegnern konfrontiert sahen. Zumindest hoffte ich das, denn die Alternative hätte im schlimmsten Fall gelautet, dass sich Konoha Eins und Suna Eins den restlichen zehn Gruppen stellen mussten. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. *** Mit den ersten Sonnenstrahlen, die durch das Gewirr der Blätter brachen, kündigte sich nicht nur der neue Tag an. In Marias Körper ließ allmählich die Lähmung nach, und sie konnte mit zitternden Händen ein Kunai ergreifen. Rings um sie erwachte der Wald zum Leben. Sie hörte einen großen Räuber sein Erwachen in die Welt posaunen, hörte das leise Rascheln von Pfoten im Unterholz, den erschreckten Quiek-Ton eines Nagers, der einem Räuber zum Oper fiel. Ein mächtiger Pflanzenfresser in der Ferne rief nach seinen Artgenossen und erhielt Antwort - und lockte damit auch die Räuber an, die es nun zweifellos auf die Neugeborenen und Halbwüchsigen der Herde abgesehen hatten. Das würde ihr vielleicht den Funken Ablenkung einbringen, den sie brauchte, um sich nicht nur wehren, sondern auch retten zu können. Das war eine Sekunde, bevor sie merkte, das etwas Ungewöhnliches vorging. Die Welt bewegte sich. Nein, korrigierte sie sich, sie selbst bewegte sich. Deutlich konnte sie die Schleifspur im Dreck sehen, die ihr Körper zog. In ihren Beinen erwachte das Gefühl wieder, und jetzt spürte sie, dass etwas sie umschlungen hielt, dass etwas an ihr zog. Sie bewegte mühevoll den Kopf, und wünschte sich, es doch nicht getan zu haben, denn sie starrte in ein nicht mehr allzu fernes Maul. Ein Löwenkopf, eine riesige karnivore Pflanze, die ihre Beute mit Tentakeln fing, in ihr Maul zog, und mit ihren Verdauungssäften langsam zersetzte. Ein qualvoller und elender Tod. Maria stieß ihr Kunai mit allem was sie an Kraft hatte in die Erde! Entsetzen gab ihr Kraft, und die Wut auf Tooma, der garantiert gewusst hatte, dass die Pflanze hier lauerte, ließ sie den Griff nicht verlieren. Während die Pflanze an ihr zerrte, spürte sie das Leben in ihren Körper zurückkehren. Zugleich aber fühlte sie ihre Finger tauber und tauber werden, während sie sich gegen den Zug stemmte. Nur ein wenig mehr, ein klein wenig mehr, bis sie sich aufsetzen und die Tentakel zerschneiden konnte, nur ein winziges Minütchen! Ein scharfer Ruck ging durch ihren Körper, als weitere Tentakel heran schnellten. Sie fühlte sich, als würde sie innerlich zerrissen werden! Der Schmerz wollte sie schreien lassen, aber sie hatte keine Kontrolle über ihre Stimme. Es wurde nur ein kurzes, kehliges Wimmern. Aber sie lebte, noch war sie nicht verschlungen! Dann schob sich das Kunai Millimeter für Millimeter aus der Erde, war kein Halt mehr für sie, und mit einem plötzlichen Ruck bot sie dem Löwenkopf keinen Widerstand mehr. Wie eine hilflose Gliederpuppe flog sie auf das weit aufgerissene Maul zu, sah bereits die ersten Säuretropfen fließen. Ihr standen unglaubliche Qualen bevor. Dann ging alles ganz schnell. "Bist du in Ordnung, Maria?" Verwundert blinzelte die junge Frau. Nur mühsam konnte sie die Augen öffnen."Kidomaru-sama!" Der Otogakure-Jounin trug sie auf den Armen. Unter ihnen zerfiel der Löwenkopf in vier gleich große Teile. Der Jounin, der Marias Gruppe zum Examen eskortiert hatte, landete mit seiner Last direkt auf dem Erdwall. Er besah sich das Geschehen. "Ich sollte dich hier an Ort und Stelle töten, du Dummkopf. Nicht nur, dass du das erste Chunin-Examen versaut hast, das Otogakure besucht hat, du hast auch noch den Auftrag versiebt. Oto-Nin versagen nicht. Und du hast auch noch deine Gruppe verloren." Schuldbewusst senkte sie den Kopf. "Ja, Kidomaru-sama. Ich bitte um eine harte und gerechte Bestrafung." "Andererseits hat dieser Bastard aus Suna auch eine Strafe verdient, und die Bälger aus Konoha ebenso. Sie können mit Oto-Nins so nicht umspringen." Er sah die junge Frau mit einem wölfischen Grinsen an. "Wirst du eines Tages in der Lage sein, für diese Schande Rache zu nehmen, oder ist es besser für uns alle, dich doch noch in den erstbesten Löwenkopf zu werfen?" Mutlos ließ Maria den Kopf sinken. Sie hatte ja versagt. Hatte die zweite Gruppe aus Suna bemerkt, aber nicht weiter beachtet. Und sie hatte die Konoha-Genin unterschätzt, weit unterschätzt. Vielleicht war es wirklich besser, wenn sie in Zukunft Otogakure und Orochimaru-sama nicht länger mit ihrer Anwesenheit besudelte. Vielleicht war es besser, wenn fähigere Shinobi ihrem Platz einnahmen. Vielleicht. Doch dann regte sich Trotz in ihr. Heftiger, lebendiger Trotz. Zugleich fühlte sie mehr und mehr Leben in ihren Gliedmaßen. Sie biss die Zähne zusammen, und lebendiger Hass erfüllte sie. "Oho", kam es vom Jounin, "dein Blick gefällt mir." "Kidomaru-sama, es wäre vielleicht eine gute Idee, mich doch zu töten", presste sie zwischen den Lippen hervor, "denn ich kann für nichts garantieren, wenn ich jemals wieder auf Shinobi aus Konoha oder Suna treffe." Langsam setzte der Jounin sie auf die eigenen Füße. "Es ist also doch noch Leben in dir. Gut, Otogakure neigt dazu, unnützen Ballast abzuwerfen. Aber Otogakure erhält am Leben, was ihr noch nützlich ist. Und ich sehe bei dir genügend Potential, um zumindest heute noch leben zu dürfen." Er griff in ihr Gesicht, zog es zu sich heran und sah ihr in die Augen. "Der Rest liegt bei dir, Maria!" Trotz des harten Griffs, trotz der Schmerzen, die er ihr bereitete, erwiderte sie den Blick, voller Trotz, voller Hass. Hass auf Tooma aus Sunagakure, Hass auf Mamoru aus Konohagakure. "Verstanden, Kidomaru-sama!" "Du hast Trotz und Hass im Blick. Das ist gut, das ist sehr gut. Komm, wir verschwinden von hier. Es gibt für Otogakure nichts mehr zu gewinnen." "Jawohl, Kidomaru-sama!" Sie folgte ihrem Jounin, als dieser sich in Bewegung setzte. Und mit jedem Atemzug schwor sie Tooma und Mamoru furchtbare Rache für ihre Demütigung und ihre toten Kameraden. *** Als die ersten Lichtstrahlen durch das Blätterdach fielen, sich der Morgen ankündigte, etwa eine halbe Stunde, bevor die Sonne endlich aufging, war der Turm nicht mehr fern. Alles, was wir jetzt noch brauchten, das war eine gute Beobachtungsposition, um die Situation einschätzen zu können. Ich hatte solche Situationen schon selbst erlebt. Bei Überwachungsmissionen, den letzten Phasen vor einer Attacke, und immer hatte uns dabei Hayate-sensei begleitet, unsere Informationen gepoolt und uns vor groben Fehlern bewahrt. Diesmal lag es an sechs Frischlingen, aus dem was wir sehen konnten, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Erkundung übernahmen Tooma und Karin. Er war der beste sensorische Ninja, und Karin hatte ein vorzügliches Gedächtnis. Wir anderen bereiteten uns ein Lager, das wir so gut es ging gegen Entdeckung absicherten. Lange würden wir ohnehin nicht hier bleiben. Aber es bestand für uns keine Notwendigkeit, weiteren Gruppen zu begegnen. Wir mussten nur in den verdammten Turm rein kommen. Es dauerte nicht lange, und die beiden kamen zurück. Die Sonne kroch gerade im Osten über den Horizont; ich ahnte, dass der Weg in den Turm hinein mindestens ebenso schwer sein würde wie der Weg durch den Dschungel. Zudem erwachten nun die tagaktiven Jäger und würden uns zusätzliche Scherereien machen. "Sechs Gruppen sind schon vor Ort", sagte Tooma ernst. "Eine Zweiergruppe aus Kumogakure, und eine gemischte Vierergruppe. Die große Gruppe hindert das Kumo-Doppelteam daran, den Turm zu betreten. Sie besteht aus zwei Gruppen Kirigakure, einer aus Iwagakure und einer aus Kusagakure." Lian sah skeptisch drein, während sie auf einem Grashalm kaute. "Warum gehen sie nicht direkt rein? Es kommt niemand mehr dazu, sie haben ihre Vierer-Gruppe komplett. Ich meine, ich bin dankbar dafür, dass sie dem Doppel aus Kumogakure den Eintritt verwehren, denn das gibt uns die Chance, zu den letzten beiden Teams zu gehören. Aber warum tun sie das?" "Im schlimmsten Fall müssen wir annehmen, dass sie sich verbündet haben, um ein theoretisches Zweierteam der kleineren Ninjadörfer zu begünstigen", sagte ich ernst. "Kumogakure im eigenen Ort aus dem Examen zu kicken ist eine schwere Demütigung." "Heißt das, wir sollten den Kontakt mit dem Zweierteam aus Kumo suchen?", fragte Katou skeptisch. "Es gibt zwar dieses Sprichwort, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist, aber irgendwie mag ich daran nicht glauben." Der große Genin kratzte sich ausgiebig im Nacken. "Wisst Ihr, was mich stört? Da haben also vier Gruppen aus drei Dörfern Kugeln mit der gleichen Anzahl Sternen, finden zusammen lange bevor wir überhaupt den Turm erreicht haben, und verteidigen jetzt auch noch den Turm gegen andere Ninja-Gruppen, nur um ihre Favoriten einzulassen? Sie müssen doch wissen, dass da draußen noch zwei weitere Gruppen aus Kumogakure sind, und dass die Genin aus Kumo dann zumindest die gleiche Mannstärke haben." Tooma nickte. "Sprich es doch aus. Es klingt als wäre dieses Szenario von langer Hand geplant. Und wenn es das ist, dann frage ich mich, wo die Zweiergruppe bleibt, die sie rein lassen wollen. Ich meine, wir wurden durch den Kampf verlangsamt. Kann es sein, dass die andere Doppelgruppe sich noch verspätet? Außerdem fehlen in dieser Rechnung noch zwei weitere Teams, die eventuell gerade auf der Lauer liegen und die Lage sondieren." "Möchtest du, das wir nach diesen Gruppen suchen und den Kontakt mit ihnen aufnehmen?" Nachdenklich neigte ich den Kopf. "Wenn wir unsere Zahl verdoppeln, vergrößern sich unsere Chancen, sowohl gegen die Vierergruppe als auch gegen die Doppelgruppe aus Kumogakure." Hinter uns erscholl in der Ferne lautes Gebrüll, das kurz darauf vom qualvollen Fiepen einer sterbenden Kreatur abgelöst wurde. Die Jäger begannen ihr Tageswerk. So wie wir. "Das wäre ein guter Gedanke. Wir sollten in beide Richtungen denken, sowohl über ein Bündnis mit Kumogakure nachdenken als auch über ein Bündnis mit dem letzten übrig gebliebenen Zweier-Team. Und wir sollten uns beeilen, bevor das Vierer-Bündnis sein Ziel erreicht. Dann ist es für uns alle zu spät." Nachdenklich nahm ich einen Stock zur Hand und begann in der Erde vor mir herum zu mahlen. "Karin." Die junge Akimichi zuckte zusammen. "Mamo-chan?" "Du bist mir viel zu still. Was hast du da draußen gesehen?" Sie errötete und wandte den Blick ab. "Nun, das... Das ist nur meine Meinung, aber..." "Karin", sagte ich mit mahnender Stimme. "Ich habe dir gesagt, dass du mir alles erzählen sollst. Jeden noch so flüchtigen Gedanken. Einfach alles." Als die Sunagakure-Ninjas leise zu kichern begannen, wiegelte ich ab. "Alles, was mit der Mission zusammenhängt, meine ich." Sie sah wieder auf, lächelte schüchtern. "Nun, da ist was... Ich meine, es... Sie passen nicht, Mamo-chan." "Wie, sie passen nicht?", fragte ich verdutzt. "Na, die Stirnbänder. Und die Gesichter. Sie passen nicht." Ich runzelte ratlos die Stirn. "Das musst du mir näher erklären, Karin." "Na, die Iwa-Gruppe. Das sind nicht die Gesichter, die..." Sie verstummte, als sie unsere entsetzten Gesichter sah. "Nur so ein Gedanke!" "Und die Kusa-Gruppe wahrscheinlich auch", knurrte Tooma in plötzlicher Erkenntnis. "Verdammt!" "Karin, was ist mit den Kirigakure-Ninjas? Passen die Gesichter zu den Stirnbändern?", fragte ich eindringlich. "J-ja, da passt alles soweit." "Na, das würde doch passen", stellte ich seltsam zufrieden fest. "Kirigakure hat eh noch eine Rechnung mit uns offen." "Du tust es schon wieder", tadelte Tooma. "Die Welt dreht sich nicht nur um Konoha, Mamoru." "Ich fürchte, in diesem Fall schon. Ärgerlicherweise. Glaub mir, ich wünschte mir, es wäre anders." Resignierend stocherte ich weiter in der Erde herum. "Augenblick. Kann mir mal einer erklären, worum es geht?", fragte Hanako irritiert. "Ich glaube, ich komme gerade nicht hinterher." "Was die beiden sagen wollen, ist", begann Lian, "dass die Vierergruppe nicht aus je einem Team aus Iwa und Kusa und zwei Teams Kiri besteht, sondern aus je zwei Gruppen aus Kiri und Kumo." "Und das bedeutet, das mit der Doppelgruppe Kumo-Genin alle Kumo-Gruppen am Turm sind. Genau sechs. Genau die Anzahl, die eingelassen werden soll. Also ist es eine Falle." "Oh. Aha. So macht das tatsächlich Sinn." Hanako kniff die Augen zusammen. "Also, anstatt in den Turm zu ziehen und die sechs Plätze für die nächste Prüfung zu belegen wollen sie was?" "Uns demütigen, im schlimmsten Fall töten", stellte Tooma fest. "Und damit das auch klappt, spielen sie uns diese Schmierenkomödie vor, in der zwei Kumo-Gruppen die große Vierergruppe attackieren und immer wieder abgewiesen werden. Das können sie durchhalten, bis das Zeitlimit erreicht ist. Und selbst wenn wir uns bis dahin nicht zeigen, brauchen sie nur einzuziehen, und haben lediglich etwas Zeit vertan." "Die Frage, die sich uns also stellt, ist folgende." Ich versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken, was mir nicht besonders gut gelang. Ich war es gewöhnt, längere Zeit nicht zu schlafen, notfalls tagelang wach zu bleiben. Aber die Verwundung forderte ihren Tribut, und wir waren nun fast einen ganzen Tag und eine ganze Nacht auf den Beinen. "Geben wir auf und versuchen wir es nächstes Jahr wieder, und bleiben wir deshalb am Leben, oder versuchen wir es doch irgendwie?" Karin begegnete kurz meinem Blick, sah dann aber scheu zur Seite. "Karin?", fragte ich mahnend. Die Akimichi wiegelte ab. "N-nichts." "Karin!" "Es hat nichts mit dem Thema zu tun! Ich frage mich halt nur, wie sie eine Vierergruppe aufstellen konnten! Haben sie vier Kugeln mit gleicher Anzahl Sternen, oder..." "Oder haben sie sich die Kugeln von anderen Gruppen besorgt?", vollendete Tooma ernst. "So wie wir." Nachdenklich zog er beide Kugeln hervor. Die mit dem einen Stern von den Oto-Nins, und die mit den drei Sternen, die von vorne herein in ihrem Besitz gewesen war. "Wenn wir es mit einem guten Plan zu tun haben, dann war die Aufklärung der Kumo-Nin im Vorfeld nahezu perfekt", sagte ich ernst. "Eventuell wussten sie auch vom Vorhaben der Oto-Nin, und haben beschlossen, uns ihnen zu überlassen. Und Ihr, Tooma, seid aus der Planung gefallen, weil Ihr uns nachgejagt habt." Tooma trommelte mit den Fingern der Linken einen schnellen Takt auf dem Waldboden. "Bisschen viele Lücken." "Hast du eine bessere Interpretation anzubieten?" "Nicht im Moment, Konoha." Er stellte das Trommeln ein. "Aber heißt das nicht im schlimmsten Fall, dass wir, also Suna Eins und Konoha Eins, die letzten beiden Gruppen sind?" "Nicht die letzten beiden", klang eine Stimme mitten zwischen uns auf. Genau zwischen Hanakos Beinen wuchs die Erde empor, bis sie Mannshöhe erreicht hatte. Die junge Genin starrte fassungslos auf die halbmeterbreite Säule aus Erde und Dreck. Die Säule riss auf und entließ einen Ninja. Ich kannte ihn. Es war Amir aus Getsugakure. "Meine Gruppe gibt es auch noch." "Duuuuu", grollte Hanako, während sie langsam auf die Beine kam. "Duuuu waaaaagst es...." Der kleine Getsu-Nin grinste gewinnend in die Runde, wurde aber entsetzlich blass als er Hanako sah. "AUTSCH!" Da saßen sie also mitten zwischen uns. Der große, dürre Hassin, der dicke Khal, und der kleine, geradezu zerbrechlich schmächtige Amir. Letzterer rieb sich gerade die schmerzende Wange, auf der sich Hanakos Rechte eindrucksvoll verewigt hatte. Ihr Schlag war so hart gewesen, sodass der Handabdruck weiß geblieben war, während die restliche Wange nun in tiefem Rot leuchtete. "Ich habe mich doch entschuldigt", versuchte es der Genin erneut, aber Hana-chan ließ ihn eiskalt abblitzen. "Ich bin nicht sicher, ob wir tatsächlich mit solchen Rüpeln zusammenarbeiten sollten, Mamo-chan", sagte sie hochmütig. "Sie lauern Mädchen auf und kommen dann zwischen ihren Beinen aus dem Boden hervor." "Ja, ja, Hana-chan, wir haben es alle gesehen", wiegelte ich ab. Entsetzt blies Hanako die Wangen auf. Aber es blieb bei dieser Geste. Sie senkte ihr tiefrotes Gesicht. "Wenn ich jetzt nicht mehr heiraten kann, bist du Schuld, Amir." "Himmel, Ihr Konoha-Nin seid ja solche Kinder", sagte der Anführer der Getsu-Gruppe in komischer Resignation. Aber das ärgerliche Lächeln verschwand schnell wieder. "Was ich sagen kann ist folgendes: Diese sechs Gruppen haben von vorneherein zusammen gearbeitet. Sie haben nach und nach die anderen Gruppen ausgeschaltet, die in ihrer Reichweite waren oder die dumm genug waren, auf die Scharade am Turm herein zu fallen. Knapp die Hälfte wurde im Wald getötet oder schwer verwundet zurückgelassen. Der Rest hier am Turm überwältigt und in der Nähe versteckt. Es scheint so, als würden die Kumo-Nin so nahe bei ihren Prüfern nicht mehr über die Strenge schlagen wollen." "Es kann aber auch Taktik sein, um uns glauben zu machen, wir hätten bei einem Angriff eine Überlebenschance, weil sie uns hier nicht töten wollen", warf ich mürrisch sein. "Entschuldige, Amir, aber darauf will ich mich nicht verlassen." "Und du tust gut daran, weil du schlau bist", sagte Amir ernst. Er sah in die Runde. "Was also tun wir?" Katou hob eine Hand. "Ich habe eine Zwischenfrage. Wie viele Sterne hat eure Kugel, Amir-kun?" Amir verzog keine Miene, als er mit dem Suffix für Gleichgestellte angesprochen wurde, obwohl er augenscheinlich zehn Jahre älter als der Erd-Jutsu-Nin war. Stattdessen grinste er breit. "Wie es der Zufall so will..." Er streckte seine Hand in Richtung Khal aus. Der Dicke ließ ein lautes Rülpsen hören, dann spie er die Kugel aus. Sie hatte einen Stern, genau wie unsere und jene, welche den Otogakure-Genin gehört hatte. "Na, das nenne ich einen Zufall", sagte ich erstaunt. "Nicht ganz ein Zufall. Die Kumo-Nin sammeln die Kugeln ihrer besiegten Gegner ein. Und diese war dabei. Als sie sich noch nicht organisiert hatten, haben wir uns diese hier ausgeborgt. Wir haben auch noch unsere alte, die mit zwei Sternen." "Kann ich die mal sehen?", fragte ich. Khal rülpste erneut, und nun hatte Amir beide in der Hand. "Du hast vermutet, wir könnten mit den Kumo-Nin verbündet sein?", fragte der kleine Mann. Es lag kein Vorwurf in seiner Stimme. Dafür aber etwas Anerkennung. "Jetzt nicht mehr", erwiderte ich. "Dann sind wir also jetzt rechtens die Dreier-Gruppe. Bleibt nur noch eine Frage: Wie kommen wir in den verdammten Turm?" Amir sah von mir zu Tooma. "Dann steht es fest? Aufgeben ist keine Option?" "Noch ist es keine Option", sagte der Suna-Genin ernst. "Man stellt uns zwar eine Falle, aber man gibt uns auch gleichzeitig die Möglichkeit, sie zu überwinden." Ich nickte zustimmend. "Hana-chan, dein Arm?" "Ist fast wieder gut. Ich kann mein Jutsu einsetzen." Das waren gute Nachrichten. "Ich erkläre euch jetzt unsere besten Jutsus", sagte ich ernst und schilderte die Fähigkeiten meines Teams. Tooma schloss sich an. "Lian hat Erd-Affinität und ist Ninjutsu-Benutzer. Katou ist wie du, Amir, ein Erd-Affiner und nutzt ausgewogen Taijutsu und Ninjutsu. Ich selbst habe eine Blitz-Affinität, aber mein Ninjutsu nutzt hauptsächlich Kampfpuppen." "Ah, die berühmten Kampfpuppen von Sunagakure. Ich würde zu gerne mal eine in Aktion erleben. Wo ist deine? Irgendwo in der Nähe versteckt?" Tooma grinste und tippte sich an seinen gewaltigen Turban. "Äh... Beleidigst du mich gerade?" "Nein, ich gebe dir einen Hinweis." "Aha. Kommt nicht bei mir an." "Mann, bist du langsam! Der Turban ist seine Puppe", rief Hanako. "Der Turban? Dann hast du keinen Wasserkopf?" "Wenn du Streit suchst, bist du bei mir genau an der richtigen Adresse, Kleiner!", rief Tooma und sprang auf. "Bitte, meine Herren!", schnitt meine Stimme dazwischen. "Wir wollen doch bitte weder unseren Feinden unsere Position verraten, noch uns schon vorher gegenseitig umbringen. Amir, bitte." Wütend, aber gehorsam, setzte sich Tooma wieder, während Amir zustimmend nickte. "Wie Ihr seht, bin ich Erdjutsu-Nutzer und bevorzuge Ninjutsu. Hassin ist Luft-affin. Er ist ein Genjutsu-Nutzer, aber er macht auch im Taijutsu eine sehr gute Figur. Und Khal ist Wasser-affiner Ninjutsu-Kämpfer." "Das heißt, wir haben nur einen Genjutsu-Benutzer in unseren Reihen", stellte ich ärgerlich fest. "Und, bist du stark genug, um alle achtzehn Genin unter einem Genjutsu zu fangen, Hassin?" Der große dürre Mann lachte hässlich. "Meinst du, ich hätte es dann nicht längst getan?" "Gutes Argument. Was wissen wir über die Fähigkeiten der sechs Gruppen?" Amir nickte als Zeichen dafür, das er Näheres wusste. "Hier am Turm bekämpfen sie sich nur mit Kunai, Schwertern und Shuriken. Draußen im Kampf gegen die anderen Gruppen haben sie hauptsächlich Ninjutsu genutzt. Aber sie haben auch zwei oder drei Genjutsu-Nutzer, die ahnungslose Gruppen eingefangen haben, die auf die Scharade mit den zwei feindlichen Gruppen hereingefallen sind." "Diese Genjutsu-Nutzer müssen wir also unter den Genin der Zweiergruppe suchen", stellte ich fest. "Das macht es nicht gerade leichter." "Hm. Wie sieht es mit deinem Jutsu des Erdverstecks aus, Amir?" Tooma deutete auf den Getsu-Nin und dann auf Katou. "Eventuell können wir das mit seinem Jutsu verbinden und uns bis zum Turm durchwühlen. Wenn wir für eine gute Ablenkung sorgen..." "Und wie soll diese Ablenkung aussehen? Wen willst du opfern? Oder hoffst du, dass die Kumo-Shinobi auf Klone hereinfallen?" So etwas wie Hoffnung glomm in Amirs Augen auf. "Wenn jemand Kage Bunshin no Jutsu beherrscht, könnten wir kurzfristig unsere Kampfkraft erhöhen und für die Ablenkung sorgen, die wir brauchen. Neun Schattenklone, die unsere Gestalten annehmen, dazu unsere Erdjutsu..." Wortlos deuteten Karin und Hanako auf mich. Ich hob schuldbewusst die Linke. "Ich beherrsche Kage Bunshin. Aber in meiner derzeitigen Lage kann ich bestenfalls zwei aufrecht erhalten, und das auch nicht sehr lange. Ganz davon abgesehen, dass ich Hilfe brauche, um die Fingerzeichen zu formen. Mein Chakra ist ein klein wenig durcheinander, seit mir beinahe der Arm abgehackt wurde." Enttäuscht raunte Amir auf. "Schade. Das wäre ein guter Plan gewesen." "Wenn wir schon nach jedem Strohhalm greifen", nahm Katou den Faden wieder auf, "sollten wir Bunshin no Jutsu nutzen, einfach weil wir es können. Mein Limit sind fünf Klone." "Ich schaffe auch fünf", sagte Lian. "Acht", sagte Tooma. Amir hob die rechte und die linke Hand und zeigte sieben Finger. Hassin hob vier Finger, Khal zeigte neun an. Hanako konnte zehn erzeugen, da ihr Ninjutsu eine hohe Chakra-Kontrolle benötigte, Karin schaffte immerhin auch fünf. "Mein Limit bei Bunshin no Jutsu liegt gerade bei drei", sagte ich entschuldigend. "Ich bin nicht in der besten Verfassung." "Nicht so schlimm. Das wären sechsundfünfzig Klone, die im Kampf aber nicht sehr viel wert sind. Es wäre zumindest ein Überraschungsmoment." "Den wir nutzen wollen, um zum Turm zu kommen? Dessen Eingang wahrscheinlich unter einen Genjutsu liegt, um zu verhindern, das wir durchbrechen?" Ich sah zu Hanako herüber. "Hana-chan, schau dir den Turm an. Karin, führe sie." Die beiden Mädchen nickten bestätigend, bevor ihre Konturen zu verwischen schienen und sie spurlos verschwanden. "Gibt es einen besonderen Grund, warum du deine beiden Teamgefährten fort geschickt hast? Ich meine, außer um zu klären, ob die Kumo-Shinobi die gleiche Schweinerei gemacht haben wie mit der falschen Tür zum Examens-Raum?" Tooma grinste dünn. "Ich habe noch eine Fähigkeit, die ich bisher nicht erwähnt habe. Ich bin ein Kontraktnutzer. Aber ich bin nicht besonders gut darin, wirklich starke Kämpfer zu beschwören. Und ausgerechnet jetzt bin ich durch meine Verletzung zusätzlich gehandicapt." Ich schnaubte amüsiert. "Ich will es trotzdem versuchen, aber ich wollte mich nicht vor Karin und Hanako blamieren, wenn ich statt eines Kriegers ein Kleinkind beschwöre." "Ach, sieh an, Konoha, sind wir etwa eitel?", fragte Tooma grinsend. "Mit welchem Tierclan hast du denn einen Kontrakt? Konoha ist ja für die Kontrakte mit Hunden und Fröschen berühmt." "Affen", gestand ich leise. "Ich habe einen Kontrakt mit den Affen." Die anderen raunten erstaunt auf. "Das sind gute Nachrichten. Affen sind für ihr Taijutsu bekannt und gefürchtet. Und sie sind für Genjutsu nahezu unanfällig", sagte Lian zufrieden. "Solange es dir gelingt, einen Krieger zu beschwören, haben wir unsere Zahl zumindest auf zehn erhöht." Amir sah mich erwartungsvoll an. "Und, willst du es probieren?" "Kann mir mal jemand mit der Schlinge helfen?" Lian trat an meine Seite und half mir, den verletzten Arm zu befreien und zum Mund zu führen. Ich biss in den Daumen, setzte Blut frei - ehrlich, dass ich auch einfach die Linke hätte nehmen können, fiel mir erst hinterher ein - und drückte die Hand auf den Boden. "Kuchiose no Jutsu!" Zuerst war da Rauch. Genug Rauch, um mich befürchten zu lassen, dass unsere Position für die Gruppen am Turm enthüllt worden war. Dann war da leises Husten von den anderen aus der Zweckgemeinschaft. Und danach war... Nichts? Erschrocken starrte ich vor mich, wo sich jetzt eigentlich zumindest ein kleiner Affe hätte befinden müssen. "Nichts!", rief ich enttäuscht. "Nichts", sagte Tooma matt und zerdrückte einen derben Fluch zwischen den Lippen. "Nichts", klang Amirs enttäuschte Stimme auf. Ein allgemeines Raunen ging durch unsere Reihen. "Tatsächlich nichts", klang neben mir eine vertraute Stimme auf. "Wonach schauen wir denn, Mamo-chan?" "Ich habe versucht, einen Affenkrieger zu beschwören", sagte ich zutiefst betrübt, "aber es ist mir nicht gelungen." "So, so. Das ist eine ernste Situation. Hey, warum nimmst du nicht mich stattdessen?" Ärgerlich wandte ich mich dem Sprecher zu. "Weil ich einen Affen... WHOA! SENSEI!" Der Affe, der neben mir hockte und bis eben mit mir auf den Beschwörerkreis gestarrt hatte, kniff die Augen zusammen und lächelte mich an. Er hatte sich in eine menschliche Tarnung gehüllt, in der er einen Kampfanzug aus Konoha trug. "Hallo, Mamo-chan." Ich starrte in das freundliche Gesicht mit der dicken Narbe, die einmal quer über beide Wangenknochen und die Nase verlief. Für einen Augenblick meinte ich, Iruka-sempai vor mir zu sehen, aber auch nur, weil der Affe das wollte. "Ranma-sensei!" Ich japste erschrocken. "Ranma-sensei, wie lange bist du schon hier?" Erstaunt sah er mich an. "Aber Mamo-chan, du hast mich doch beschworen!" Nun klang erfreutes Raunen auf. "Dann hast du es doch geschafft!", sagte Tooma zufrieden. "Ist Ranma-sensei stark?" "Nein, du verstehst nicht!", rief ich beinahe verzweifelt. "Ich kann Ranma-sensei gar nicht beschworen haben! Er ist viel zu stark und viel zu mächtig, als dass ausgerechnet ich..." Ich japste nach Luft, suchte nach Worten. Ranma war Rankos Zwillingsbruder, und unter den Kämpfern der Affen nicht gerade der Unwichtigste. "Sensei, spiele nicht mit mir! Seit wann bist du hier?" Ranmas Lächeln verwischte. Er nahm meinen Kopf zwischen beide Hände, drehte ihn zur Seite und zog ihn zu sich heran. "DU HAST MICH BESCHWOREN!", brüllte er aus nächster Nähe in mein rechtes Ohr. Ich denke, den anschließenden Tinnitus hatte ich tatsächlich verdient. "Also", fragte Sensei in die Runde, nachdem ich wenigstens wieder etwas hören konnte, "warum hat Mamo-chan mich beschworen?" "Ah! Ranma-sama!" Hanako sprang als Erste in unsere Mitte. "Ranma-sama, ist der Sandaime etwa auch in der Nähe?" "Nein, Hana-chan. Mamoru hat mich beschworen." "Ach was, Ranma-sama, Mamoru doch nicht. Ich..." Sie lächelte schief, machte eine wegwerfende Handbewegung. Doch dann erstarrte sie, sah mich erstaunt und Sensei noch erstaunter an. "Er hat wirklich?" Ranma-sensei nickte bestätigend. "Und jetzt bin ich hier. Wie kann ich helfen?" "Ha... ha... Ranma-sama?", klang Karins verschüchterte Stimme auf, als sie sich zu Hanako gesellte. "Ist der Sandaime hier?" "Ich glaube, der Witz wird langsam etwas alt", murrte der Affenkrieger. "Bringt mich jetzt bitte jemand auf den neuesten Stand?" Fünf Minuten später war mein Tinnitus abgeklungen, und Ranma-sensei über die Lage informiert. Er klopfte sich amüsiert auf die Schenkel. "Und die haben wirklich den wahren Eingang zum Turm verhüllt? Naivlinge." "So naiv nun auch wieder nicht. Einige Genin sind darauf herein gefallen", sagte Amir. "Wie das halt mit Genin so ist." Trotziges Gemurmel erklang. "Nichts gegen die Anwesenden." "Also, Ranma-sensei", nahm Amir den Faden wieder auf, "wie können Sie uns helfen?" "Tja, ich schlage vor, ich kümmere mich um die Vierergruppe mit den Kiri-Genin und den Kumo-Genin, und Ihr beschäftigt die Zweiergruppe mit den restlichen Kumo-Shinobi. In der Zeit versuchen Hanako-chan und Hassin-kun das Genjutsu aufzuheben, das eigentliche Tor zu enthüllen und euch allen Zugang zum Turm zu verschaffen." Amir starrte den Affenkrieger wie einen Geist an. "Jetzt mal ernsthaft, Sensei, wie können Sie uns helfen?" "Soll ich die Zweier-Gruppe auch noch übernehmen? Ich dachte eigentlich, Ihr wollt auch ein wenig Spaß haben, aber ich kriege das bestimmt hin. KAGE BUNSHIN NO..." "Es ist gut, Sensei", sagte ich hastig. "Es sieht vielleicht für die Prüfer besser aus, wenn wir auch etwas selbst tun. Letztendlich entscheidet nicht unsere Anwesenheit darüber, ob wir das Examen bestehen, sondern die Meinung der Prüfer." "Oh. Ja, das ist ein gutes Argument. Also, mein Angebot steht. Ich übernehme die Vierer-Gruppe." "Das ist kein schlechter Scherz?", fragte Amir entsetzt. "Es sind ja nur Genin", erwiderte Ranma schulterzuckend. "Kein Witz", erklärte ich mit tonloser Stimme. "Ranma-sensei ist auf Jounin-Level. Und das sage ich ohne zu übertreiben. Eher die andere Richtung." "Gut, dann ist es abgemacht. Aber wenn wir Recht haben, und die Genjutsu-Nutzer summieren sich bei der kleinen Gruppe, müssen wir schon vorher eine Abwehr parat haben", sagte Tooma. "Das wird schwierig, wenn unser Genjutsu-Nutzer damit gebunden ist, die Barriere zu durchbrechen." Nachdenklich stocherte ich weiter im Waldboden herum. "Wir müssen sie entweder schnell identifizieren, oder alle ausschalten." Katou räusperte sich vernehmlich. "Wenn Ranma-sensei angreift, ergibt sich da vielleicht eine Möglichkeit, im Moment größter Verwirrung." "Und das wäre?" Nachdenklich lauschte ich den Worten des Suna-Genin, und nicht nur meine Miene hellte sich mehr und mehr auf, während ich ihm zuhörte. *** Die neun Shinobi näherten sich der Vierergruppe mit allen Anzeichen der Vorsicht, blieben immer auf dem Sprung, und nur einer von ihnen, Tooma, ging tatsächlich bis auf Rufweite heran. "Können wir reden?", rief Tooma herüber. Einer der Ninjas, er trug einen Stirnschutz von Iwa, trat ein paar Schritte vor. "Was willst du, Sunagakure?" "Die Gruppen auf die Ihr wartet kommen augenscheinlich nicht", stellte Tooma fest und deutete hinter sich. "Und wir sehen für zwei von unseren Teams die Chance, in den Turm gelassen zu werden und zur nächsten Runde vorzustoßen." "Ihr seid eine Gruppe zuviel", stellte der Iwa-Nin fest. "Wir regeln das intern." Tooma deutete auf die Shinobi hinter sich. "Da sind wir uns einig. Wir helfen erst einander, überhaupt in den Turm zu kommen, und dann losen wir untereinander und in aller Freundschaft aus, wer als fünfte und sechste Gruppe rein darf." "In aller Freundschaft?" Der Iwa-Shinobi lachte laut. "Was seid Ihr denn für Genin? Freundschaft unter Ninjas? Komische Bande. Wenn ich du wäre, würde ich mich genau jetzt von einer Gruppe trennen. Endgültig. Dann könnten wir reden." Tooma grinste wölfisch. "Ich denke, zu neunt haben wir bessere Chancen. Falls wir zu einer Einigung kommen und Ihr euer Wort nicht haltet." Der Iwa-Nin zog die Stirn kraus. "Ihr regelt das selbst?" "Ihr werdet mit unseren Problemen nicht belastet. Ihr geht als die vier ersten Gruppen rein, und wir folgen mit zwei weiteren Gruppen." "Hm", machte der Andere. "Wir mögen Konoha nicht besonders. Wir alle nicht." "Wie ich schon sagte, wir regeln es anschließend selbst. Also, wollt Ihr noch auf eure ausstehenden Gruppen warten, oder haben wir einen Deal?" "Wie du schon sagtest, wir warten auf zwei weitere Gruppen. Aber bevor wir die Kumogakure-Trottel einlassen... Du kannst mir nicht garantieren, dass die Konoha-Genin das siebte Team sind?" "Nein, wie gesagt, wir regeln das anders." Der Iwa-Ninja grinste bösartig. "Nun, vielleicht kann ich euch die Entscheidung auch abnehmen." Zwischen den neun Neuankömmlingen brach die Erde auf. Aus einer nahen Pfütze entstanden drei Ninjas Kirigakures. Plötzlich waren sechs Ninjas mitten zwischen der Gruppe Toomas. Bevor jemand aus der Gruppe reagierte, hatte der erste Kiri-Nin mich erdolcht, und der zweite sein unterarmlanges Shuriken auf Hanako geworfen. Doch wer damit gerechnet hätte, dass sich der Iwa-Ninja oder seine Handlanger damit zufrieden gaben, sah sich getäuscht. Ein Kunai raste von hinten auf Tooma zu, bohrte sich in seinen Rücken und durchstieß widerstandslos die Rauchwolke, in die sich der Suna-Nin aufgelöst hatte. Auch ich verschwand, ebenso Hanako und Lian, die als erste attackiert worden waren. "Bunshin!", rief einer der Kiri-Genin. "Es sind nur Klone!" Ärgerlich verzog der angebliche Iwa-Genin sein Gesicht. "Das hättet Ihr merken müssen!", warf er dem Kiri-Ninja vor. "Wir haben von allen neun ein starkes Chakra gespürt!", rechtfertigte sich der Kiri-Ninja, und warf frustriert Shuriken auf die anderen Klone. Sie verpufften, kaum das sie getroffen wurden. Nun, alle bis auf Karin. Sie blockierte das Shuriken mit einer beiläufigen Handbewegung. "Das muss dann wohl mein Chakra gewesen sein." Sie verschränkte die Hände ineinander und streckte sie, bis die Knöchel knackten. "So, und da Ihr jetzt eure wahren Absichten verraten habt, kann es ja losgehen." Irritiert betrachtete der Iwa-Genin das dünne schwarzhaarige Mädchen. "Imai, töte sie." Der Kiri-Genin bestätigte, zog sein Schwert und stürmte auf Karin zu. Er führte einen mächtigen Hieb von oben herab auf sie aus, doch das kleine Mädchen fing die Klinge mit Daumen und Zeigefinger der Linken so lässig ab, als wäre es nur ein leichter Fächer. Sie grinste dämonisch. "Wie ich schon sagte, dann kann es ja losgehen." Sie zog das Schwert und damit den Kiri-Ninja näher zu sich heran, trat ihm in den Bauch und gab ihm damit einen Bewegungsimpuls mit, der ihn meterhoch und meterweit durch die Luft wirbelte. Als er aufschlug, blieb er nach Atem ringend liegen. Karin indes zerbrach seine Klinge mit einer ebenso beiläufigen Handbewegung, mit der sie die Klinge bereits gefangen hatte. Die anderen fünf Ninjas begannen sie vorsichtig zu umkreisen, ihre Waffen gezückt. Karin lächelte voller Vorfreude. "Los, lasst uns anfangen." Die fünf Ninjas nickten einander zu, dann stürmten sie gemeinsam auf das Mädchen zu. Zur gleichen Zeit löste ich mein Katon aus; ein Teil des Gehölz ging in Flammen auf. Aus dem Wald brach eine Horde Raubechsen hervor, die vor dem Feuer floh. Lian zur Linken und Khal zur Rechten dirigierten die gut fünfzig verschreckten und panischen Tiere wie Schäferhunde ihre Herde direkt auf die anderen beiden Gruppen aus Kumo zu. Ich eilte hinterher, einerseits um nicht selbst ein Raub der Flammen zu werden, andererseits, um die Tiere mit gelegentlichen Flammenstößen weiter anzutreiben. Das war der kritische Part unserer Planung. Wenn die Kumo-Nin nun folgerichtig reagierten, wenn sie verstanden was wir taten, wenn sie mich als oberste Bedrohung erkannten und mich bekämpften, dann kippte der ganze Plan. Zumindest für mich. Kurz vor den beiden Gruppen lösten sich Lian und Khal von den Tieren, gaben ihnen Freiraum. Sie breiteten sich nun aus, und in ihren Augen war neben der Panik auch Wut zu sehen. Diese Wut richtete sich auf die sechs Genin vor ihnen. Einer floh, ein weiterer erschuf einen Erdwall vor sich. Zwei von ihnen schleuderten Shuriken auf die Tiere, und die erste Salve ließ sechs unserer Raubechsen verpuffen, enttarnten sie als weitere Klone. Dies ließ sie für einen Moment aufatmen, aber dann verschwanden auch Lian und Khal in Rauch und Nebel. Sie zögerten, nur einen kleinen Augenblick, und das war genau das, was wir brauchten. Die zweite Reihe der Raubechsen löste sich in Rauch auf, aber die Reihe, die danach kam verwandelte sich in sechs Ninjas unserer Gruppe. Mittlerweile hatten wir vier Ninjas als mögliche Genjutsu-Wirker eingestuft, und sie wurden unsere primären Ziele. Es war wichtig zu verhindern, das sie ihre Kunst anwenden konnten. Deshalb durften sie keine Fingerzeichen machen, oder, was für uns fataler wäre, auf ein Bluterbe zurückgreifen, das uns womöglich auch noch unbekannt war. Tooma hatte das ganz praktisch ausgedrückt. "Also brechen wir ihnen was, oder wir töten sie gleich." Zumindest versuchten wir es, und im ersten Angriff wurden drei Kumo-Nin verletzt. Zwei von ihnen an den Händen, was Fingerzeichen effektiv verhinderte. Aus der hinteren Reihe der zu Raubechsen transformierten Klone lösten sich zwei Echsen und hielten Kurs auf den Turm. Diesen Teil der Entwicklung beobachtete ich mit Sorge. Das waren Hassin und Hanako mit dem Auftrag, den eigentlichen Eingang zum Turm zu enthüllen. Wenn die Kumo-Genin sie angriffen, wenn Ranma-sensei - der einen Riesenspaß an der Idee gehabt hatte, als Karin getarnt zu kämpfen - auch nur einen der zwölf Ninjas, um die er sich hatte kümmern wollen, entkommen ließ, gerade weit genug um die beiden anzugreifen... Ich verdrängte den Gedanken. Wenn nicht Ranma, wer sollte sonst in der Lage sein, zwölf Genin auf einen Schlag aufzumischen? Ich war nun nahe genug, um in den Kampf einzugreifen. Als siebter Genin konnte ich mir mein Ziel aussuchen. Allerdings war die Lage bereits sehr unübersichtlich. Karin - die echte Karin - hatte mit ihrem Körperjutsu erneut die Riesenhände ausgeformt und drei der Kumo-Genin einfach von den Füßen gewischt. Tooma hatte einen von ihnen mit der Nadelvorrichtung in seinem Mund getroffen und vergiftet, aber der Bastard wollte einfach nicht umfallen. Zwei der Gegner entpuppten sich als Kawarimi, als Ablenkungsziele, was uns zwang die Originale zu suchen. Lian hatte einen Genin am Wickel, den sie mit aller Kraft daran hindern wollte, Fingerzeichen zu formen. Der Rest entzog sich meinem Blick. Es war ein großes, kräftiges Chaos. In etwa wie Hanako-chans Zimmer, aber vielleicht nicht ganz so durcheinander. Ich wurde von einem Shuriken an der Schulter gestreift, was mich doch ein wenig verwunderte. Ich war hier die geringste Bedrohung, hatte noch nicht einmal in den Kampf eingegriffen. Es musste sich um eine abgelenkte Waffe handeln. Dachte ich, bis mir ein zweiter um die Ohren flog, dann ein dritter. Jemand nahm sich Zeit, inmitten der Bedrohung durch den Nahkampf ausgerechnet mich anzugreifen. Und das bedeutete folgerichtig, dass er wahrscheinlich auch die anderen Konoha-Genin auf dem Kieker hatte. "Tooma!", rief ich. Der Genin schlug seinem Gegner gegen die Schläfe und sprang bis zu meiner Position zurück. "Feuerwand!" Der Suna-Nin nickte, und half mir mit seiner Linken, die Handzeichen zu formen. Schwerfälliger als Hanako-chan, aber immer noch schnell genug. Ich spie meine Flammen aus, und aus ihnen wurde eine mehrere Meter hohe Flammenwand zwischen den Kämpfenden und dem Turm. Das würde Hanako und Hassin ein paar kostbare Sekunden erkaufen, vielleicht eine Minute. Ich erschauderte bei dem Gedanken, dieses Jutsu mitten unter die Kämpfenden zu werfen. Es hätte Freund wie Feind verzehrt. Feuer war unglaublich gerecht und fraß einfach jeden. Ich zog mein Kunai, suchte nach einem Gegner. Tatsächlich griffen nun jene Ninja ein, die sich zuvor von Klonen hatten vertreten lassen. Einer von ihnen beherrschte Kage Bunshin, und wir sahen uns nun nicht nur zwei, sondern acht weiteren Gegnern gegenüber. Alles in allem war die Situation verfahren, aber solange wir nicht starben, hatten wir das bessere Blatt in der Hand. Ich wehrte den ersten Schattenklon ab, parierte seinen zweiten Tritt und musste die Beine zu Hilfe nehmen, um den zweiten zu parieren. Ein winziger Moment der Unsicherheit genügte mir, um ihn anzuspringen und ihm mein Knie zu einem tödlichen Stoß in die Kehle zu rammen. Er verpuffte im gleichen Atemzug, als der Schaden an ihm bei einem echten Ninja den Tod ausgelöst hätte. Der andere Schattenklon attackierte mich von der Seite, und mir blieb nichts anderes übrig, als auf Tooma oder einen der anderen zu vertrauen. Ich war nicht auf dem Höhepunkt meiner Kraft, müde, erschöpft und hatte kaum noch Chakra. Eigentlich war mir alles reichlich Scheißegal, für einen langen, endlosen Moment. Beinahe hätte ich mich zu Boden sinken lassen, um zu schlafen, einfach nur zu schlafen. Der Schattenklon löste sich auf, als ihn zwei Wasserlanzen aufspießten. Lian zwinkerte mir für einen winzigen Moment zu, dann musste sie sich wieder um ihren eigenen Gegner kümmern. Auch ihn attackierte sie mit Wasserlanzen. Das ließ mich noch einmal hochschrecken. Ich prüfte meine innere Uhr. Der Kampf dauerte nun schon fast zwei Minuten. Wir kamen in die kritische Zeit, in der sich der Gegner sammeln, neu ordnen und wieder angreifen konnte. "Hana-chan!", rief ich über die Flammen hinweg. "Gleich!" Gleich konnte so ziemlich alles bedeuten. Und das war ein frustrierender Gedanke. Zudem erlosch meine Feuerwand nach und nach. Auch ein Zeichen dafür, dass mein Chakra nachließ. "JETZT!", kam der vollkommen unerwartete Ruf von Hassin. Der unerwartete und erlösende Ruf. Tooma grinste neben mir. Sein Turban nahm die Puppenform an und wirbelte auf einen Kumogakure-Ninja zu. Wirbeln war das richtige Wort. Die kleine Puppe wurde zu einem Kreisel aus Klingen und Tod; der Genin entkam nur mit knapper Not. Lian weichte den Boden auf, Katou beschwor aus ihm eine Schlammsäule, die zwei unserer Gegner mit sich riss. Die Zahl der Schattenklone war nun bei null, uns standen nur noch drei Gegner gegenüber. Drei waren am Boden, bewusstlos oder tot. Und dankenswerterweise war noch kein Genjutsu über uns geworfen worden. Nach und nach lösten sich unsere Verbündeten aus dem Kampf. Karin kam als Letzte. Ich schreibe hier nach und nach, aber seit dem Ruf von Hassin bis zu dem Moment, als Karin mich passierte, vergingen bestenfalls zwanzig Sekunden. Tooma zog seine Puppe zurück; er umfasste mich unter den Armen und sprang mit mir davon. Er musste gemerkt haben, dass ich am Ende meiner Kräfte war. Wir überquerten die nun nicht mehr so hohe Feuermauer und landeten auf der anderen Seite. Hanako und Hassin standen mehr als vierzig Meter von jener Stelle entfernt, die uns noch immer ein Tor vorgaukelte. Sie winkten uns heran. Von der anderen Gruppe unserer Gegner eilten drei Ninjas heran. Unglaublich, dass sie Ranma-sensei entkommen waren. Hanako setzte ihr Bewusstseinstransferjutsu ein, übernahm einen von ihnen. Er verpuffte augenblicklich. "Schattenklone!", rief ich ärgerlich. "Egal, hinein jetzt!", rief Tooma, schlang, als er neben ihr landete, den anderen Arm um Hanako, und sprang mit uns beiden über die Türschwelle in den Turm hinein. Hassin war der Letzte. Lian, Katou, Khal und Amir bildeten eine defensive Linie vor dem Eingang, und tatsächlich mussten sie einige Kunais abwehren, die auf sie zuflogen. Dies löste einen Wutschrei aus, der sich gewaschen hatte. Kirabi-sama setzte über unsere Gruppe hinweg. Als er mitten im Tor wieder aufsetzte, tat er irgend etwas, was ich nicht sehen konnte. Aber die Angriffe hörten definitiv aus. "Jetzt reicht es aber!", blaffte er. "Anstatt hier herum zu spielen solltet Ihr euch mehr um euer Examen kümmern! Drei Gruppen finden noch Einlass, nicht mehr und nicht weniger! Macht das unter euch aus, aber entscheidet euch! Wir haben keine Probleme damit, nur drei Gruppen bestehen zu lassen! Ihr habt dafür nicht ewig Zeit!" Mit diesen Worten wandte er sich wieder um. Er murmelte einen derben Fluch, und irgendwie musste ich bei diesem Anblick grinsen. Motoi-sensei hatte die Reaktion Kirabi-samas mit unbewegter Miene verfolgt. Als er sicher sein konnte, dass der große Jounin fertig war, deutete er auf uns. "Die Kugeln, bitte." Tooma hielt seine eroberte Kugel mit den einen Stern hoch. Phal rülpste die Einstern-Kugel der Getsu-Ninjas hoch. Und Hanako holte unsere Kugel aus ihrem Ausschnitt. Motoi-sensei betrachtete alle drei Kugeln eindringlich. Dann nickte er. "Sie sind echt. Ich gratuliere, Ihr neun seid die Ersten, die den zweiten Teil des Chunin-Examens bestanden haben." Ich spürte, wie meine Knie weich wurden. Diese Worte waren wie eine große Erleichterung für mich. Endlich. Endlich! Ab hier war das Examen keine Gruppenaufgabe mehr. Ich hatte Karin und Hanako sicher bis hierhin eskortiert. Mit einem Seufzer sackte ich in mich zusammen. "Mamo-chan!", hörte ich Hanako besorgt rufen. "Mamoru!" Das war Karins Stimme. Merkwürdig, das sie mich nicht bei meinem Kosenamen rief. Ich fühlte, wie mich jemand davor bewahrte, zu Boden zu stürzen. "Ich habe dich, Konoha. Ruh dich aus. Du hast es dir verdient", raunte mir Tooma ins Ohr. Ich hätte gerne gelächelt, aber ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper. In Tooma hatte ich einen würdigen Rivalen gefunden. Und einen Freund. "Na, na, na", klang Uzuki-senseis wohlklingende Stimme irgendwo in meiner Nähe auf. "Wie kriegen wir den nur fit für die nächste Runde? Wenn er Pech hat, ist er in zehn Minuten schon dran, falls sich die Streithähne da draußen schneller einigen als wir es erwarten." "Na, das lass mal meine Sorge sein, Yugao-chan", hörte ich Ranma-sensei fröhlich rufen. Ich spürte seine kräftige Hand auf meinen Kopf, und hätte ich die Kraft gehabt hätte ich ihn für die Zerstörung meiner Frisur getadelt. "Ich gratuliere dir, Mamo-chan. Du hast auch den zweiten Abschnitt der Chunin-Prüfung gemeistert", flüsterte er mir ins Ohr. Damit war ich fertig mit dem Examen. Dachte ich zumindest. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)