Und wenn alles nur ein dummer Fehler war? von abgemeldet (Ein Engel ist auch nur ein Mensch) ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Kapitel 12 Kurz nach dem Frühstück, das natürlich Oscar und André getrennt von einander zu sich genommen hatten, gab eins der Hausmädchen dem General bescheid, dass ein Bote eingetroffen sei. Nachdem Oscars Vater von diesem einen Brief erhalten hatte, ging der Überbringer der Nachricht nicht sofort, sondern wartete bis dieser gelesen hatte. „Der beiliegende versiegelte Umschlag ist für das Brautpaar. Ich bitte darum, dass mein Hochzeitsgeschenk bis zum Tag der Hochzeit eine Überraschung bleibe. Mein Gesandter wird zeigen um was es sich handelt. Danke!“ Graf Hans Axel von Fersen „Darf ich Ihnen nun das Betreffende zeigen?“, der Bote verbeugte sich kurz und ging auf das Nicken des Generals hin voran. Dieser dachte gerade darüber nach woher der Graf von der Hochzeit und auch von Oscars Überleben wusste, und ob er ahnte, dass André der Bräutigam war. Da waren sie auch schon an ihrem Ziel angelangt. Sie standen etwas abseits hinter dem Haus, wo nun zwei Pferde standen. Das eine war eine schneeweiße, fast silbern glänzende Stute. Daneben ein ebenso prachtvolles Tier; ein nachtschwarzer Hengst. „Das sind Lumière (frz. „Licht“) und Ombre (frz. „Schatten“). Ich werde mich nun von ihnen verabschieden bis Paris ist es noch ein langer Weg. Ich wünsche ihnen noch einen guten Tag. Adieu!“, nach einer weiteren Verbeugung ging der Bote dann. Oscars Vater schaute sie sich genauer an. Es waren wirklich herausragend schöne Tiere mit dem typisch barocken Körperbau. Sie waren an einen Zaun angebunden und schienen ruhig das sie umliegende Gras zu verspeisen. Er wusste, dass André seinen morgentlichen Gang in den Stall bereits getan hatte und somit wollte er nun die Beiden in genau diesen führen. Als er aber die Stute an ihrem Strick nehmen wollte, stieg diese und hätte ihn beinahe mit ihren Vorderhufen getroffen. Sie wieherte laut auf, legte die Ohren an bis es aussah als wolle sie den Menschen vor sich fressen, und riss sich schlussendlich los. Sie galoppierte in einem Höllentempo in Richtung der Gebäude. Irgendwie konnte er jetzt gut verstehen, warum sie als Hochzeitsgeschenk erwählt wurde, seine Tochter legte ein ähnliches Verhalten an den Tag, wenn sie sehr wütend war. So folgte er dem Pferd, in der Hoffnung es irgendwann wieder zu finden. Cecile war gerade ein paar Schritte aus dem Haus gegangen, um mal wieder ihren Sohn zu suchen, da ihre Mutter gerade auf Oscar aufpasste. Auf einmal sah sie wie ein weißer Blitz immer näher kam, als sie erkannte, dass es sich um ein Pferd handelte, ging sie langsam auf das Tier zu, welches nun endlich sein Tempo zurücknahm und schließlich vor ihr zum Stehen kam. Sie beruhigte die Stute und wunderte sich wo diese wohl so plötzlich herkam. Da kam ihr Vater außer Atem bei ihr an und schüttelte seinen Kopf bei dem Anblick, der sich ihm bot. Die Stute stand seelenruhig neben Cecile, und tat so als könne sie kein Wässerchen trüben. „Was soll das?“, sie wollte nun endlich erfahren, was es mit diesem Tier auf sich hatte. „Die Beiden sind ein Hochzeitsgeschenk.“, brachte er spontan heraus. „Aber das ist nur ein Pferd!“, seine Tochter sah ihn fragend an. „Mist! Vor lauter suchen habe ich den Hengst einfach unangebunden stehen gelassen.“ Da hörte man Hufgeklapper immer näher kommen. Der Rappe blieb neben dem General stehen und schnaufte einmal kurz. „Auf jeden Fall scheint er einen wesentlich ruhigeren Charakter zu haben, als sie!“, Cecile konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und auch ihr Vater stimmte kurz darauf mit ein. Er war sich nun sehr sicher, dass von Fersen wusste, dass André der Auserwählte war, die Charakterähnlichkeit der Beiden mit ihren zukünftigen Besitzern war einfach zu deutlich. Für Oscar waren heute die Minuten wie Stunden vergangen. Es war nun eine halbe Stunde her, dass sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester zu Mittag gegessen hatte. Seid dem saß sie vor dem Frisiertisch ihrer Mutter. Diese war dabei ihr irgendetwas Undefinierbares in die Haare zu schmieren, was sie als Kur beschrieben hatte und ihre Haare noch glänzender machen sollte. Allein das fand Oscar ein völlig unnötiges Vorhaben, welches nur noch davon übertroffen wurde, was ihre Schwester machte. Diese hatte sich Oscars Hände vorgenommen und war nun mit einer Creme zum Ende ihrer halbstündigen Arbeit gekommen. Cecile sah ihrer Schwester musternd ins Gesicht, und suchte daraufhin etwas in den Schubladen des Tischchens. Oscar betrachtete äußerst skeptisch, was diese tat, und hoffte, dass sie ihr nicht noch etwas ins Gesicht schmieren würde. Ihre Bedenken waren allerdings unbegründet, anstelle einer Creme oder Ähnlichem, holte Cecile eine Pinzette heraus und beugte sich zu Oscar. Das ging Oscar jetzt aber doch zu weit und versuchte ihrer Schwester die Pinzette aus der Hand zu nehmen. Diese ließ allerdings nicht los. „Oscar! Ich will dir doch nur deine Augenbrauen in Form zupfen!“ „Meine Augenbrauen sind so in Ordnung wie sie sind! Du musst mich nicht auch noch mit diesem Ding quälen!“ Cecile stutzte kurz, dann setzte sie zum entscheidenden Gegenschlag an, „Ach so ist das! Lässt sich fast erschießen ohne mit der Wimper zu zucken, aber vor der Pinzette hat sie Angst!“ „Das war was völlig anderes! Und …ich habe keine Angst! “, erwiderte Oscar immer leiser werdend. Worauf Cecile die Diskussion beendete, indem sie einfach anfing. Auch Sophie kam ab und an, um bei dieser Verschönerungsarbeit zu helfen. Oscar war nur froh, dass sie immerhin ihre gewohnte Kleidung tragen durfte, obwohl sie trotz dieser sich im Moment weniger denn je im Spiegel vor sich erkannte. Mit dem Zeug in den Haaren und der leicht geröteten Haut in ihrem Gesicht. Und so ähnlich sollte es wohl den Rest des Tages weitergehen. Früher hatte André die Zeit immer gehasst, in der er von Oscar getrennt war und zum Nachdenken verdammt, aber heute mit der Gewissheit ab morgen endlich für immer mit ihr vereint zu sein, ließ er seine Gedanken gerne etwas schweifen. Wie schlecht hatte er sich gefühlt, als Oscar vor etwa 10 Jahren für den Grafen von Fersen ein Kleid anzog, um mit diesem zu tanzen. An diesem Tag wäre er am liebsten gestorben und nach den Kopfschmerzen am nächsten Morgen zu urteilen war er wohl auch nur knapp einer Alkoholvergiftung entgangen. Der Gedanke aber, an das was er getan hatte, als Oscar ihm gesagt hatte er könne gehen und sie bräuchte ihn nicht mehr, ließ ihn kurz die bevorstehende Hochzeit für reines Wunschdenken halten. Wie konnte Oscar ihm sein Verhalten nur verzeihen? Er selbst konnte es doch nicht! Aber sie hatte es getan und das war schließlich die Hauptsache. Sie würden also wirklich heiraten, trotz aller Hürden, die ihnen in den Weg gelegt wurden und die sie sich selbst gestellt hatten. Und jetzt würde sie allein für ihn ein Kleid tragen! Ja, er konnte sagen, dass seine größten Wünsche nun in fast beängstigendem Tempo wahr wurden: Seine Liebe beruhte nicht länger auf Einseitigkeit, die gesetzliche Lage erlaubte ihm sie zu heiraten, sogar seine Großmutter und Oscars Eltern würden dabei sein, und sie würden in wenigen Monaten Eltern sein, ein Kind haben, als Beweis ihrer Liebe. Nein, er könnte nicht glücklicher sein! Na ja, vielleicht, wenn seine Eltern auch noch kommen könnten, aber das war ja leider wirklich undenkbar. Gegen Abend erreichten Rosalie und Bernard das Anwesen. Sie waren nach einer langen, anstrengenden Fahrt endlich angekommen und wurden nun von Oscars Mutter und Andrés Großmutter begrüßt. Nachdem sie sich kurz auf ihrem Zimmer von der langen Reise erholt hatten, holte sie Sophie auch schon zum Essen. Draußen ging die Sonne langsam unter und es wurde immer dunkler. Bernards ungutes Gefühl passte sich seiner Meinung nach stark diesem Naturscheuspiel an. In dem großen Speisesaals des Palais saßen Rosalie, Oscars Mutter und Vater und ein sehr junger Mann, der ihm als Oscars Neffe vorgestellt worden war. Er fragte sich sowieso, wo eigentlich Oscar und André steckten. Auch behagte ihm die Gegenwart des Generals nicht, der mit seiner ernsten Miene und seiner all zu aristokratischen Ausstrahlung ihm gegenüber saß. An der Art wie er ihn manchmal anschaute hatte Bernard schnell erkannt, dass er sich noch zu gut daran erinnerte, dass er der Schwarze Ritter war und Oscar ihn absichtlich hat freikommen lassen. Aber sein Blick ließ kein Raum für Zweifel, der General war wohl trotz der Erklärung seiner Tochter, dass sie ihn nur mit dem Räuber verwechselt hätte, davon überzeugt, dass er der Schwarze Ritter war. Bernard dachte nur, dass es noch eine ganz schön angespannte Zeit werden würde. Rosalies Gedanken gingen in eine ähnliche Richtung. Sie hatte schließlich mit Bernard jemanden an ihrer Seite, der aus Sicht des Generals ein hochgradiger Verräter der Monarchie war. Sie hatte nur die Hoffnung, dass noch etwas von seiner positiveren Sichtweise, die er bei Oscar und André an den Tag gelegt hatte, übrig war. Rosalie wollte nur nicht, dass die Hochzeit von Streitereien begleitet würde. Nach dem Essen war der General sehr schnell mit seinem Enkel verschwunden, wie Madame de Jarjayes dann erklärte wollten die Beiden Schach spielen, wobei ihr ihr Enkel sichtlich leid tat. Als Rosalie sie nach Oscar und André fragte, erklärte sie, dass die Zwei sich bis morgen zur Hochzeit nicht sehen dürften und sie somit heute Abend auf ihren Zimmern gegessen hatten. Rosalie beschrieb sie daraufhin, wie sie zu Oscar kam. Nachdem Sie sich bedankt hatte ging sie auch direkt den ihr beschriebenen Weg und ließ ihren Mann ohne ein Wort stehen. Dieser setzte ein schiefes Grinsen auf und meinte mehr zu sich selbst: „Ich kann anscheinend nur Gott danken, dass Oscar eine Frau ist, ansonsten hätte ich wohl keine Chance bei ihr gehabt.“ Oscars Mutter stand noch schräg vor ihm und musste lachen, als sie das hörte. Da wurde Bernard bewusst, dass er das gerade laut gesagt hatte und wurde verlegen. „Das muss euch nicht unangenehm sein. Aber ich kann euch versichern, dass wäre Oscar ein Junge geworden, ihr nicht Ansatzweise Angst hättet haben müssen!“ Bernard schaute die Dame vor sich verdutzt an und hatte förmlich ein riesiges Fragezeichen mitten im Gesicht. „Um es kurz zu halten: Wenn Oscar als Junge zur Welt gekommen wäre, hätte ihr Vater sie dermaßen verwöhnt, dass aus ihr niemals der Mensch geworden wäre, der Oscar heute ist. Sie wäre wahrscheinlich einer dieser typischen Adligen geworden, die ihr so hasst.“ Sie machte eine Pause und setzte dann wieder an: „Aber lassen wir dieses Hypothesen Spiel! Wo Rosalie nun erstmal beschäftigt ist, möchtet ihr nicht vielleicht zu André? Der Arme ist mehr oder weniger schon den ganzen Tag allein.“ Nach einer weiteren Wegbeschreibung ging auch Bernard seiner Wege zu André. Oscar lag quer auf ihrem Bett und dachte nach. Sie hatte jetzt zum ersten mal an diesem Tag ihre Ruhe und niemand wuselte um sie herum. Aber dies währte nicht lange, denn es klopfte jemand an die Tür. Zuerst wollte Oscar einfach so tun, als wäre sie nicht da, doch dann hörte sie von draußen: „Lady Oscar? Ich bin es, Rosalie!“ Dies ließ sie sofort aufstehen und die Tür öffnen. „Rosalie! Schön, dass du gekommen bist!“, nach einer längeren Umarmung dann, musste Rosalie erst einmal erzählen, was in der letzten Zeit in Paris vor sich gegangen war. Sie unterhielten sich noch eine zeitlang. Dann verließ Rosalie das Zimmer, um Oscar genügend Schlaf für morgen abbekommen zu lassen. Während dessen hatte das Gespräch in Andrés Zimmer zu Beginn einen sehr ähnlichen Inhalt. Allerdings musste Bernard zum Schluss unbedingt noch fragen, ob der General, was ihn betraf wohl friedlich bleiben würde, worauf André nur lachend erwiderte, dass er ihn längst angegriffen hätte, hätte er solches im Sinn gehabt, außerdem wäre er in der letzten Zeit äußerst nett für seine Verhältnisse mit Allen umgegangen. So ging Bernard wenigstens etwas beruhigt und hoffte, dass Rosalie auch zurück sein würde. Der nächste Tag würde schließlich interessant genug werden. Auf dem Weg in das Gästezimmer konnte er ein Grinsen nicht unterdrücken, allein Oscar morgen in einem Kleid zu sehen, hätte die Anreise gerechtfertigt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)