Harry Potter von abranka ================================================================================ Kapitel 1: Harry Potter ----------------------- Dieses Jahr ist es also so weit. Der berühmteste Junge der Zaubererwelt beginnt sein erstes Schuljahr in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei. Der Junge, der als Baby bereits berühmt wurde, weil er den Angriff von Du-weißt-schon-wem überlebte und diesen - wenigstens vorläufig - vernichtete. Das mit dem Vorläufig wissen nur wenige - ich gehöre dazu. Nun, aber ich weiß auch Dinge, die anderen verborgen sind, was schon allein mit meinem Leben als ehemaliger Todesser und als aktueller Spion Albus Dumbledores, des Schulleiters von Hogwarts, zusammenhängt. Aber genug von mir. Harry Potter. Ich werde dafür sorgen, dass er sich nicht auf seinem Ruhm ausruht. Oh nein. Ich werde dafür sorgen, dass er auf dem Boden bleibt. Aber zuerst werde ich ihn dorthin zurückholen... Bei der Auswahlzeremonie im großen Saal sehe ich ihn das erste Mal. Der berühmte Harry Potter ist ein erstaunlich kleiner Junge. Unter dem großen, sprechenden Hut scheint er zu verschwinden. Nach Gryffindor verschlägt ihn sein Weg... Gut. Ich unterdrücke ein kleines, boshaftes Lächeln. Das macht mir den Weg frei. Wäre er in mein Haus, nach Slytherin gekommen, hätte ich ihn mir nicht so zur Brust nehmen können, wie ich es will. Aber so... Ein kleines diabolisches Funkeln steht in meinen schwarzen Augen. Ich weiß es, denn Professor Quirrel, der neben mir sitzt, sieht mich noch verschreckter an als sonst. Ich kann angsteinflößend sein - und das ist auch gut so. Während des Essens behalte ich den Jungen im Auge. Plötzlich sieht er herüber und unsere Blicke treffen sich. Seine Hand berührt die berühmte blitzförmige Narbe. In seinen Augen zeichnen sich Furcht und Verwirrung ab, während ich äußerlich vollkommen ungerührt bleibe. Innerlich bin ich angespannt. Was spürt der Junge? Von was hat er gerade eine Ahnung bekommen? Es sieht so aus, als wenn ihn das Mal meiner Vergangenheit berührt hätte... Möglicherweise - er ist mit Du-weißt-schon-wem verbunden und ich bin es auf meine Art auch. Egal, was es ist, es wird seine Furcht nur schüren. Es ist das erste Mal, dass ich eine Unterrichtsstunde ungeduldig erwarte. Diese spezielle erste Stunde der Erstklässler in Zaubertränke sehne ich mir regelrecht herbei. Die erste Möglichkeit Potter gegenüber zu stehen, ihn zu sprechen und zu sehen, was er noch kann außer berühmt zu sein. Meine Lippen kräuseln sich leicht. Noch zwei Minuten. Zwei Minuten, dann werden diese Kinder vor Angst erzittern und lernen, was es heißt, Respekt zu haben. Exakt zwei Minuten später stoße ich die Tür zum Klassenraum auf. Die Kerker haben die Schüler schon verschreckt, aber das ist nichts gegenüber dem, was sie jetzt erwartet. Mein schwarzer Umhang weht hinter mir her und gibt mir ein bewusst gruseliges Erscheinen. Schwarz ist meine Farbe. Die Kinder sind still. Schlau von ihnen. Die Gerüchte sind eben schnell - und was mich betrifft durchaus zuverlässig. Wenigstens, was meine Gemeinheiten angeht. Während ich in die Klasse hereinrausche, beginne ich zu sprechen. Ich brauche nicht laut zu reden, nein, ich kann beinahe flüstern, so still ist es. "Sie sind hier, um die schwierige Wissenschaft und exakte Kunst der Zaubertrankbrauerei zu lernen. Da es bei mir nur wenig albernes Zauberstabgefuchtel gibt, werden viele von Ihnen kaum glauben, dass es sich um Zauberei handelt." Ich komme auf dem Podium an und wende ich mich der Klasse zu. Leicht herablassend blicke ich sie an. "Ich erwarte nicht, dass Sie wirklich die Schönheit des leise brodelnden Kessels mit seinen schimmernden Dämpfen zu sehen lernen, die zarte Macht der Flüssigkeiten, die durch die menschlichen Venen kriechen, den Kopf verhexen und die Sinne betören." Eine dramatische Pause. Die Schüler kleben an meinen Lippen. Nur Potter hat den Blick gesenkt und kritzelt etwas. Er hat sich gerade die Garantie meiner Aufmerksamkeit für den Zeitpunkt nach meiner Ansprache gesichert. Nicht, dass er sie nicht eh bekommen hätte, aber nun weitaus berechtigter. "Ich kann Sie lehren, wie man Ruhm in Flaschen füllt, Ansehen zusammenbraut, sogar den Tod verkorkt - sofort Sie kein Haufen großer Dummköpfe sind, wie ich sie sonst immer in der Klasse habe." Die Schüler blicken erwartungsvoll und angespannt - diese Rede schlägt immer ein. Jetzt kann ich mich um Potter kümmern. Ich ziehe die Namensliste hervor und blicke darauf, als wenn ich vorher nicht gewusst hätte, dass er da ist. Soll er sich einen Moment lang noch in Sicherheit fühlen. "Ah ja, Harry Potter. Unsere neue - Berühmtheit." Der Sarkasmus in meiner Stimme ist unüberhörbar. Die Slytherins kichern leise, wissen sie doch, dass ich als ihr Hauslehrer auf ihrer Seite stehe. Potter beißt sich auf die Unterlippe. Jetzt weiß er, dass er auf meiner persönlichen Liste ganz oben steht. Ein ganz leichtes, dünnes Lächeln erlaube ich meinen Lippen. Ich trete auf ihn zu. "Potter, was bekomme ich, wenn ich einen Wermutaufguss geriebener Affodillwurzel beifüge?" Er schweigt verblüfft darüber, dass er so plötzlich seinen Potter-Bonus eingebüßt hat - oder besser: in eine andere Art von Bonus umgewandelt hat. Eine, die ihm schwerlich zusagen dürfte. Die Hand einer Schülerin zuckt hoch, doch ich ignoriere sie. "Ich weiß es nicht, Sir," sagt Potter schließlich leise. Jetzt erlaube ich mir ein deutlicheres Lächeln. Hämisch dürfte es aussehen. "Ruhm ist eben nicht alles, Potter." Ich halte einen Moment inne und lasse in ihm den Glauben wachsen, dass es damit ausgestanden ist, dann schieße ich nach. "Versuchen wir's noch mal, Potter. Wo würden Sie suchen, wenn Sie mir einen Bezoar beschaffen müssten?" Wieder Schweigen von seiner Seite. Wieder wedelt diese nervige Schülerin mit ihrer Hand in der Luft herum. Und wieder übersehe ich sie. "Ich weiß es nicht, Sir." Hinter mir höre ich einen Teil der Slytherins lachen. Sollen sie ruhig - sie sehen gerade, dass auch ein Potter nur mit Wasser kocht und offenbar keine große Leuchte ist. "Sie dachten sicher, es wäre nicht nötig, ein Buch aufzuschlagen, bevor Sie herkommen, nicht wahr, Potter?" Er zittert leicht und scheint nun gänzlich verunsichert. Gut so. "Was ist der Unterschied zwischen Eisenhut und Wolfswurz, Potter?" Eine letzte Frage. Das Mädchen springt auf und wedelt mit der Hand dicht unter der Kerkerdecke herum. Erstaunlich, dass sie sich so weit strecken kann. Von Potter kommt keine Antwort. Stattdessen nur eine dumme Bemerkung. "Ich weiß nicht, aber ich glaube, Hermine weiß es, also warum nehmen Sie nicht mal Hermine dran?" "Ich habe sie nicht gefragt," fauche ich ihn an. Mutig ist er also doch. Wenigstens eine positive Eigenschaft. Nur Respekt muss er noch lernen, ansonsten hätte er das trotz allem Mut nicht gewagt. "Setzen Sie sich," knurre ich in Richtung des Mädchens, wende mich um und marschiere wieder zum Podium zurück. "Zu Ihrer Information, Potter: Affodill und Wermut ergeben einen Schlaftrank, der so stark ist, dass er als Trank der Lebenden Toten bekannt ist. Ein Bezoar ist ein Stein aus dem Magen einer Ziege, der einen vor den meisten Giften rettet. Was Eisenhut und Wolfswurz angeht, so bezeichnen sie dieselbe Pflanze, auch bekannt unter dem Namen Acontinum. Noch Fragen? Schreiben Sie sich das auf!" Damit sind die Fronten klar. Er wird mich nicht mögen. Niemals. Nicht nach der Art, wie ich ihn gerade bloß gestellt habe. Aber das soll er auch nicht. Nein, er soll ernsthaft lernen. Und dazu darf er von seinem dämlichen Ruhm nicht abgelenkt werden. Dafür werde ich schon sorgen. Harry Potter wird mich sicherlich nicht vergessen. Aber er wird auch garantiert nicht vergessen, was er bei mir alles lernt. Nicht nur das Brauen von Zaubertränken, sondern auch Respekt, Disziplin, den Umgang mit Demütigungen - und dem Begegnen der Angst. Ich bin immerhin sein Lehrer und daher wird er bei mir elementare Dinge lernen. Aber es steht nirgends geschrieben, dass das auf die angenehme Art geschehen muss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)