Das Tor von Trollfrau ================================================================================ Kapitel 30 - Zaubersprüche -------------------------- Als Lena erwachte, war sie ein weiteres Mal allein. Erschrocken hielt sie sich ihr Kleid vor den Busen. Irgendwer hatte sie wohl notdürftig damit zugedeckt. Wie sehr hoffte sie, das es nicht Rion war, der sie so gesehen hatte. War Lena nicht in Laris’ Armen eingeschlafen? Wo steckte dieser jetzt schon wieder? Rion sprach doch davon, das sie erst bei Nacht angreifen wollten. Jetzt jedoch schien die Sonne noch nicht lange am Himmel zu stehen. Schleunigst zog sie ihr Kleid wieder über und eilte aus dem Zelt. Im Bannkreis zwischen den Bäumen war es verdächtig still. Sie waren doch nicht etwa ohne Lena hier weggegangen? Langsam lief sie in Richtung Feuerstelle. Erschrocken blieb die junge Frau jedoch stehen. Laris hockte mit gesenktem Blick am Boden und wieder war er wie ein Paket zusammengeschnürt. Als Rion die Menschenfrau herankommen sah, schaute er auf. „Was ist passiert?“, entfuhr es ihr und sie eilte auf Laris zu. „Er versuchte vor einiger Zeit den Troll mit meinem Schwert zu töten!“ Rion war einer von denen, den das ganz bestimmt nicht störte. „Elya war dabei, als das passierte.“ Laris verzog keine Miene. Er starrte einfach nur weiter auf den Boden. „Ist es wirklich nötig, dass er auf diese Weise gefesselt ist?“ Sie hockte sich neben ihn. „Vielleicht solltest du nicht so nah an ihn herangehen“, riet ihr Rion ab. Erst jetzt schaute Laris die Menschenfrau an. Sein Blick war wie aus Stein. Lena erschreckte das zutiefst. Behutsam strich sie dem Elf über die Wange. Ihn schien das jedoch völlig kalt zu lassen. Rion erhob sich. „Er ist eine Gefahr für uns Alle!“ Der große Bruder schien sich mehr um die Gruppe als um ihn zu sorgen. Irgendwie konnte Lena diese Begebenheit nachvollziehen, dennoch machte sie das ziemlich traurig. Ganz sicher hatte es die letzte Nacht für den Elf nie gegeben. Laris schloss die Augen und atmete sehr tief. Er sagte kein Wort. Lena war sich sicher, würde man nichts gegen sein Leiden tun, würde er daran zu Grunde gehen. Endlich betrat auch Tares den Schauplatz. Er schien unverletzt und warf Lena einen bedauernden Blick zu. „Ich weiß nicht, was so plötzlich in ihn gefahren ist.“ Lena stand auf und schloss ebenfalls die Augen. Weitere dieser Vorfälle würde sie, was Laris angeht, nicht länger ertragen. Ihre Angst um diesen Mann war nie größer gewesen. Rion zog ein weiteres Schriftstück hervor und reichte es Lena. „Was ist das?“, fragte sie neugierig. Es war zusammengerollt und nicht gefaltet wie der Brief ihrer Großmutter. „Theodora berichtete in dem Schreiben, welches ich dir bereits gegeben habe, von einem Buch.“ Lena rollte es auf. „Diese Seiten brachte sie noch in Sicherheit.“ Sie runzelte die Stirn. „Im Brief stand doch, dass alle Aufzeichnungen vernichtet wurden.“ „Vielleicht spielte ihr das Gedächtnis zu dieser Zeit schon Streiche und lies sie das vergessen.“ Stellte dieser Kerl ihre Oma Dora etwa in diesem Moment als eine senile, alte Frau hin? In ihrem Brief hatte sie so lobend von ihm gesprochen und jetzt so etwas. Sie warf Rion einen saueren Blick zu. Allerdings war er sich nicht bewusst warum und ging nicht darauf ein. Lena wand sich erneut dieser Rolle zu. Die Buchstaben waren verblichen und der Schriftart wegen schlecht zu lesen. Einige Male überflog sie den Text. „Mit einem dieser Sprüche kannst du einen Schutzzauber errichten. Mit deinem Medaillon kannst du diesen dann bewegen.“ Rion schien gut aufgepasst zu haben. Die Buchstaben waren einigermaßen gut zu lesen, doch die Worte ergaben für Lena keinen Sinn. Wieder und wieder schaute sie sich diese drei Seiten an. „Kannst du mir vielleicht verraten, welcher von denen der richtige ist?“ Rion kam näher und begutachtete sie selbst. „Leider nicht. Ich befürchte, du musst sie ausprobieren.“ Er gab ihr die Seiten zurück. „Das kann ja heiter werden“, dachte sie sich. Laris war mittlerweile aufgestanden und spielte sichtlich mit dem Gedanken, davonzulaufen. Als sein Blick erneut den von Lena traf, war die Kälte in seinen Augen verschwunden. Was sie jetzt sah, war blanke Angst. Lena wusste nicht, was sie tun sollte. Der Blick des erinnerungslosen Elfen hing erneut an ihr. Sie stellte sich ganz nah neben Laris und legte ihre die Hand auf seine Schulter. Hilflos wanderte sein Blick über ihr Gesicht. Sicherlich überlegte er, wer diese Person neben ihm war. Lena war auch jetzt wieder den Tränen nahe. Gewiss war Laris das bereits aufgefallen. Unmöglich konnte sie jetzt jedoch Schwäche zeigen, deshalb drehte sie sich von ihm weg. Dennoch hörbar schniefend entfernte sich Lena ein Stück von der Gruppe und wickelte die Rolle erneut auf. Sie sollte es also testen, welcher der Richtige ist. Angst machte sich in ihr breit. Sie nahm das Schmuckstück in die Hand. Auch jetzt spürte sie dieses unliebsame Kribbeln. „Vielleicht sollte ich mich ein ganzes Stück von hier entfernen,“ sagte sie schließlich mit dem Blick der Gruppe nochmals zugewandt. Rion nickte. Auch er schien sich nicht besonders wohl dabei zu fühlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)