Chiisana LOVE-STORIES von Ditsch (Die ultimative Anime-Crossover-Dating-Fanfic) ================================================================================ Kapitel 39: Sesshōmaru und Michiru - Das Gesicht im Spiegel ----------------------------------------------------------- Von Erstmal: Tut mir leid, dass die Geschichte jetzt erst kommt, ich war mal wieder etwas langsam und dann auch noch ein paar Tage in Urlaub. Nehmt sie trotzdem als Jubiläumsgeschichte - am 30.10. sind die Chiisana Love-Stories 3 Jahre alt geworden! Und hier gibt es mal wieder ein Wunschpairing. Vielen Dank an , mir hat es wirklich sehr gefallen, diese Geschichte zu schreiben. Zum Ende hin wurde es mit der Zeit etwas knapp und ich habe die Hälfte der Geschichte an den letzten zwei oder drei Tagen geschrieben – aber Spaß gemacht hat es mir trotzdem! Allerdings kann es sein, dass die Charaktere nicht unbedingt mit dem Original übereinstimmen. Sailor Moon habe ich so lange nicht gesehen, dass es mir wahnsinnig schwer fiel, etwas über Michiru und Haruka zu schreiben. Und als dann auch noch Setsuna dazu kam, habe ich einfach mal drauf losgeschrieben ^^“ Also entschuldige ich mich jetzt lieber schon mal bei allen Fans, falls ich irgendwas schlimm verbockt habe U.U So, ich hoffe mal, die Geschichte gefällt euch trotzdem einigermaßen! Das Gesicht im Spiegel Seine neue Flamme? Beiläufig fiel Michirus Blick auf diese Schlagzeile, die in großen Buchstaben über das Titelbild einer Illustrierten geschrieben war. Gerade wollte sie sich abwenden, um sich um die Einkäufe zu kümmern, für die sie den kleinen Convenience Store an der Ecke betreten hatte. Doch ihre Augen blieben an dem Foto hängen, das wohl zu der Schlagzeile gehörte. Neben einem peinlich berührt dreinschauenden, überaus muskulösen Mann stand dort ein hochgewachsenes Mädchen mit kurzen, blonden Haaren, das mit leicht überraschtem Blick in die Kamera sah. Das war Michirus Freundin Haruka, daran bestand kein Zweifel, selbst wenn sie ein für ihre Verhältnisse ungewöhnlich weibliches, fast schon niedliches, Outfit trug. Und die Hand dieses Mädchens lag in der des anscheinend ein paar Jahre älteren Mannes; sie standen so dicht aneinander, dass ihre Schultern sich fast berührten. Michiru nahm das Magazin in die Hand und blätterte eilig zu dem Artikel. Wie sie beim Überfliegen des Textes erfuhr, ging es um den berühmten Radsportler Akira Suzuki, und das Bild war von einem Passanten geschossen worden, der die beiden eine Weile beim Flirten beobachtet hatte. Beim Anblick des Wortes Flirten drehte sich der Oberschülerin der Magen um. Selbst wenn der Artikel in der nicht sonderlich seriösen Zeitschrift sicher maßlos übertrieb, war sie sich sicher, dass etwas passiert sein musste. Das Foto log nicht, denn weshalb sollte jemand ausgerechnet ein Bild ihrer Freundin an der Seite dieses Mannes einfügen? Und in solch einem Aufzug war sie ihr auch noch nie begegnet. Trotzdem versuchte die Türkishaarige, sich zu beruhigen. Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Selbst wenn Haruka diesen Mann getroffen hatte, musste das nicht gleich das Schlimmste bedeuten. Wenn sie nach Hause kam, würde sie einfach nachfragen, was es damit auf sich hatte und dann würde sich alles klären. Das versuchte Michiru sich zwar einzureden, doch alle Zweifel konnte sie nicht vertreiben. Als sie schließlich, mit einer großen Einkaufstüte beladen, vor der Tür des Appartements stand, das sie mit Haruka bewohnte, zitterten ihre Hände so sehr, dass sie Schwierigkeiten dabei hatte, den Schlüssel ins Schloss zu bekommen. „Ich bin wieder da“, rief sie, nachdem es ihr endlich gelungen war. Doch ihre Stimme war zu leise, als dass Haruka, die es sich wie jeden Abend vor dem Fernseher gemütlich gemacht hatte, sie hätte hören können. Michiru schlüpfte in ihre Hausschuhe, stellte die Einkaufstüte auf dem Küchentisch ab und zog die Zeitschrift hervor, die sie gekauft hatte. Sie warf noch einen kurzen Blick auf das Titelblatt, wobei sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzog, bevor sie das Wohnzimmer betrat. „Ich bin wieder da“, sagte sie erneut. Diesmal schien Haruka sie zu bemerken, denn sie legte ihren Kopf in den Nacken, um sie über die Rückenlehne des Sofas hinweg anzusehen. „Hey“, sagte sie. Als sie die Zeitschrift in der verkrampften Hand ihrer Freundin entdeckte, wandte sie sich ganz um und legte die Arme auf die Lehne. „Was ist das?“, fragte sie überrascht, da Michiru sonst nie solche Hefte las. „Schau dir das mal an“, bat die Türkishaarige und zeigte der anderen das Titelblatt. Harukas Augen weiteten sich ein wenig, als sie das Foto sah, doch sie fing sich schnell wieder und riss Michiru die Zeitschrift aus der Hand. „Was hat es damit auf sich?“, fragte diese. „Das ist gar nichts“, erwiderte Haruka achselzuckend, wobei sie das Heft in ihrer Hand zusammenrollte und mit einem gezielten Wurf in den Mülleimer beförderte. „Wer ist das?“ Michiru sah ihre Freundin abwartend an. „Hast du neuerdings das Lesen verlernt?“, erwiderte sie patzig. „Ich habe wohl gelesen, wie er heißt“, erklärte Michiru und versuchte dabei, das wütende Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. „Aber ich will wissen, was du mit ihm zu tun hast.“ „Was geht dich das an?“, rief Haruka aufgeregt und sprang auf. „Ich hab halt ’ne neue Bekanntschaft gemacht!“ Michiru hob zweifelnd die Augenbrauen. „Einfach nur eine Bekanntschaft?“, hakte sie nach. Es war offensichtlich, dass die andere ihr etwas verheimlichte. „Kann dir doch egal sein!“ Mit diesen Worten stampfte Haruka aus dem Raum. Michiru blickte ihr empört hinterher. Doch die Empörung blieb nicht lange, und schon bald musste die Oberschülerin die Lippen aufeinander pressen, um all die Gefühle zurückzuhalten, die in ihrem Inneren umherwirbelten. Sie atmete tief ein und aus, dann ging sie in die Küche, um die Einkäufe in den Kühlschrank einzuräumen. „Wohin gehst du, Haruka?“, fragte Michiru, als diese eines Abends im Flur kniete und ihre Schuhe anzog. Die Blonde drehte sich zu ihrer Freundin um, die im Türrahmen stand und mit verschränkten Armen auf sie herabsah. „Treff mich mit Usagi. Was dagegen?“ Michiru musterte sie, wobei ihr finsterer Blick ihr einen Stich versetzte, sagte dann aber: „Nein, nein. Geh ruhig.“ Sie drehte sich um und murmelte: „Bis nachher.“ „Es könnte später werden“, kündigte Haruka noch an, bevor sie die Wohnung verließ. Das Klacken der Tür ertönte, dann war es still. Michiru fasste sich an den Kopf. Es könnte später werden. Es kam ihr vor, als hätte sie diesen Satz in letzter Zeit viel zu oft gehört. Und Usagi müsste von Harukas ständigen Besuchen während der letzten Woche auch genervt sein. Wenn sie denn wirklich zu ihr gehen würde... Haruka mochte zwar viele Leute täuschen können, aber Michiru konnte sie nichts vormachen. Doch obwohl sie das wusste, tischte sie ihr jeden Tag wieder diese Lüge auf. Vielleicht dachte sie, sie wäre tatsächlich überzeugend, was möglicherweise kein Wunder war, wo Michiru sie doch immer gehen ließ. Sie wusste selbst nicht, warum sie das eigentlich tat, während sich ihre Innereien schmerzhaft zusammenzogen und sie die Tränen kaum zurückhalten konnte. An diesem Abend konnte die Oberschülerin sich nicht einmal mehr dazu durchringen, etwas zu essen, bevor sie sich ins Bett legte. Das dauerhafte Ziehen in ihrem Bauch vertrieb jegliches Hungergefühl, und selbst wenn sie etwas gegessen hätte, wäre es wohl nicht allzu lange in ihrem Magen geblieben... Sie fühlte sich elend. Und mit jedem Abend, den sie allein in ihrem Appartement verbrachte, von nichts als Stille umgeben, wurde ihre Verfassung schlimmer. Michiru drehte sich im Bett herum und wickelte die Decke enger um sich. Trotz der für November noch recht milden Temperaturen fror sie, wie so oft in den letzten Tagen. Doch diese Kälte war wohl eher seelischer Natur, eine warme Decke konnte daran nicht wirklich etwas ändern... Mit zitternder Hand griff Michiru nach dem Handspiegel auf ihrem Nachttisch. Er war ihr wertvollster Besitz – immerhin gehörte er zu den drei Talismanen, mit deren Hilfe sie den Heiligen Gral gerufen hatten. Sein von einem goldenen Rahmen umrandetes Spiegelglas konnte Bilder von anderen Orten, oder auch anderen Welten oder Zeiten zeigen, doch in den letzten Tagen hatte sie daran nichts als ihr eigenes Gesicht sehen können. Die Augenringe, die sich langsam abzeichneten, die geröteten Augen, das unordentliche Haar... Michiru schloss die Augen, da sie diesen Anblick nicht länger ertragen konnte. Sie presste den Spiegel an ihre Brust, als könne er die Leere vertreiben, die sich dort ausgebreitet hatte, seit Haruka ihre Zeit nicht mehr mit ihr verbrachte. Doch es schien nur noch schlimmer zu werden, da er sie daran erinnerte, dass sie, Haruka und ihre Freundin Setsuna bei der Beschwörung des Grals vereinigt gewesen waren. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als wieder mit Haruka vereint zu sein. Alles sollte wieder so sein, wie es noch vor ein paar Tagen gewesen war. Oder hatte ihre Beziehung schon länger auf der Kippe gestanden, selbst wenn sie es nicht bemerkt hatte? Haruka musste ja einen Grund gehabt haben, sich mit diesem Mann zu treffen... Michirus Finger schlossen sich noch fester um den Griff des Spiegels. Sie wollte nicht allein sein. Gab es denn nun, wo ihre Freundin sie im Stich gelassen hatte, niemanden mehr, der an ihrer Seite stehen konnte? Seufzend öffnete Michiru ihre Augen einen Spaltbreit und starrte auf ihren Spiegel, den sie nun mit ausgestreckten Armen über sich hielt - und ein Paar schmaler goldener Augen starrte zurück. Vor Schreck ließ sie den Spiegel fast fallen, bekam ihn dann aber doch noch zu fassen. Sie blinzelte einmal, doch das Gesicht verschwand nicht, auch wenn es sich ein wenig bewegt hatte und da es nicht das erste Mal war, dass ein Bild auf dem Spiegelglas erschien, hielt Michiru es auch nicht weiter für eine Halluzination ihrer müden Augen. Interessiert zog sie den Spiegel näher zu sich heran und betrachtete das Gesicht, das mit gleichgültigem Gesichtsausdruck in ihre Richtung blickte. Obwohl die Augenlider mit roter und die Wimpern mit schwarzer Farbe betuscht worden waren, war Michiru sich sicher, dass es sich hierbei um einen Mann handelte. Doch bevor sie sein auch ansonsten interessant bemaltes Gesicht genauer betrachten konnte, drehte er sich von ihr weg, und alles, was sie sah, war seidiges, silberweißes Haar. Und auf einmal verschwand auch dieses Bild und Michiru sah wieder ihr eigenes Abbild vor sich. Müdigkeit und Erschöpfung, die sich noch vor wenigen Minuten in ihren Gesichtszügen abgezeichnet hatten, wurden von Neugierde verdrängt und die Oberschülerin setzte sich auf. Sie fragte sich, was es mit dem gerade Geschehenen auf sich hatte. Wer war dieser Mann? Und warum hatte der Spiegel ihn ihr gezeigt? Zufall war es wohl kaum gewesen... Michiru schlug die Decke zurück, schwang die Beine aus dem Bett und schlüpfte in ihre Hausschuhe. Ihren Talisman fest in der Hand, verließ sie das Schlafzimmer und lief in den kleinen Flur, wo auf einer kleinen Kommode ihr schnurloses Telefon lag. Bevor sie es in die Hand nahm, um die Nummer ihrer Freundin Setsuna zu wählen, warf sie einen kurzen Blick auf die Wanduhr. Es war erst kurz vor halb zehn, also noch lange nicht zu spät, um jemanden anzurufen. „Hallo, Setsuna!“, begrüßte sie ihre Freundin, nachdem diese sich mit erstaunter Stimme gemeldet hatte. „Ich bin’s, Michiru.“ „Was ist los?“, fragte Setsuna. Anscheinend hatte sie schon am aufgeregten Ton der anderen erkannt, dass etwas nicht stimmte. „Mein Spiegel hat mir eben das Gesicht eines Mannes gezeigt“, kam Michiru gleich auf den Punkt. „Ist das etwas Ungewöhnliches?“ „Das könnte man so sagen, denn das, was er mir zeigt, hat normalerweise einen Grund. Aber mit dieser Person wusste ich absolut nichts anzufangen.“ „Mh...“, murmelte Setsuna in Gedanken versunken. „Was war es für ein Mann?“ Michiru schloss die Augen, um sein Gesicht wieder vor sich zu sehen. „Ich glaube, es war kein menschliches Wesen, er hatte etwas ... dämonisches.“ „Inwiefern?“ „Er hatte spitze Ohren und goldene Augen und auf sein Gesicht waren Formen gemalt... Außerdem hatte er lange, weiße Haare, auch wenn er seinem Gesicht nach noch nicht allzu alt gewesen sein konnte.“ „Interessant, interessant...“, stellte Setsuna fest. Einen Moment schwiegen beide, dann stellte Michiru die Frage, wegen derer sie eigentlich angerufen hatte: „Glaubst du, du kannst ihn ausfindig machen und mich zu ihm bringen?“ „Sicher könnte ich das“, sagte Setsuna sofort. „Aber weshalb möchtest du das?“ Auf diese Frage wusste Michiru nicht gleich eine Antwort zu geben. „Weißt du...“, murmelte sie leise. „Ich möchte einfach wissen, was es mit ihm auf sich hat und außerdem... würde es mir sicher gut tun, für eine Weile von hier zu verschwinden...“ Setsuna gab einen erstaunten Laut von sich. „Ist zwischen dir und Haruka etwas passiert?“ Michiru seufzte. Vor ihrer Freundin konnte niemand etwas verbergen, selbst wenn sie einem nicht einmal persönlich gegenüberstand. Sie merkte auch sofort, dass Michiru keine Antwort geben würde, daher sagte sie: „Du brauchst es mir nicht zu erzählen, keine Sorge.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Komm morgen früh zu mir, ich werde schon einen Weg finden, dich zu diesem Mann zu schicken.“ Michiru fiel ein Stein vom Herzen. „Danke, Setsuna“, sagte sie. Dann legte sie auf. Ohne dass sie es verhindern konnte, stahl sich ein fröhliches Lächeln auf ihre Lippen. „Pass gut darauf auf“, mahnte Setsuna ihre Freundin mit strengem Blick, als sie ihr den kleinen goldenen Schlüssel hinhielt. Michiru nahm ihn entgegen und steckte ihn in die kleine Umhängetasche, die sie mitgenommen hatte. „Das werde ich tun“, sagte sie. Setsuna seufzte. „Und pass auch auf dich auf“, sagte sie, dann war sie verschwunden. Am frühen Morgen dieses Tages war Michiru zur Wohnung ihrer Freundin gefahren. Dieser war es mithilfe des magischen Spiegels und dank ihrer Kräfte als Wächterin von Raum und Zeit gelungen, die Welt wiederzufinden, in der der mysteriöse Weißhaarige lebte. Sie hatte Michiru sofort dorthin gebracht und ihr dann den kleinen Zeitschlüssel überreicht, mit dessen Hilfe sie später in ihre Zeit würde zurückkehren können. Nun blickte die Türkishaarige sich zum ersten Mal in der unbekannten Welt um. Sie war neben einem verwitterten, von den verschiedensten Pflanzen überwucherten Brunnen gelandet, der auf der Lichtung eines Waldes lag. Die Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach fielen verliehen allem, worauf sie trafen, einen magischen Glanz, und zeigten ihr, dass der Tag hier schon lange angebrochen war. Michiru atmete die frische Luft des Waldes ein. All die verschiedenen Düfte, die so gar nichts mit ihrer eigenen Welt zu tun hatten, ließen sie fast vergessen, weshalb sie hier war. Doch als eine sanfte Brise ihr Haar erfasste, kam ihr wieder Haruka in den Sinn, die sich ihr gegenüber auch manchmal als leichter Wind gezeigt hatte, obwohl sie sonst immer so stürmisch war. Der Gedanke daran zog Michiru das Herz zusammen, und selbst das Grün des Waldes und die warmen Strahlen der Sonne halfen ihr nicht mehr, sich besser zu fühlen. „Ich muss diesen Mann finden“, rief sie sich ins Gedächtnis. Ihr Spiegel hatte ihn ihr gezeigt, als sie einsam gewesen war, darum war sie sich sicher, dass dieser Mann ihr helfen konnte, Haruka zu vergessen. Also setzte sie sich in Bewegung, denn laut Setsuna war er ganz hier in der Nähe. Und tatsächlich: Sie war gerade mal fünf Minuten gelaufen, als sie eine leise Stimme hörte. Neugierig beschleunigte sie ihren Schritt und dann erblickte sie ihn schließlich. Er lehnte mit dem Rücken an einem Baum und hatte die Augen geschlossen, so als schlafe er. Sein silberweißes Haar, das ihm fast bis zu den Knien ging, und die langen Ärmel seines kimonoartigen Gewandes bewegten sich leicht im Wind. Michiru konnte auch die Muster auf seinem Gesicht erkennen, selbst wenn sie einige Meter entfernt stand: Auf jede seiner Wagen waren zwei spitz zulaufende, violette Striche gezeichnet, die ein wenig an einen Tiger erinnerten, und auf seiner Stirn, hinter dem dichten Ponyhaar kaum zu sehen, prangte ein lila Sichelmond. Auf einmal bewegte sich sein Mund, wenn auch nur minimal. Erst jetzt bemerkte Michiru das kleine, schwarzhaarige Mädchen und den noch kleineren grünen Wicht, die am Boden zu Fuße des Weißhaarigen saßen. Während sie bewegungslos zu ihm herübersah, schnellte plötzlich sein Kopf herum und mit einem Mal wurde sie von einer starken Hand an der Kehle gepackt und gegen einen Baum gedrückt. Völlig überrumpelt blickte sie den Weißhaarigen an, dessen Gesicht nun nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt war. „Wer bist du?“, fragte er mit knurrender Stimme und schloss die langen, dünnen Finger seiner rechten Hand noch enger um ihren Hals. Michiru versuchte etwas zu sagen, doch es gelang ihr nicht. Ob es am durchdringenden Blick seiner goldenen Augen oder einfach am Luftmangel lag, wusste sie nicht genau. „Sesshōmaru-sama! Du erwürgst sie!“, rief das kleine Mädchen entsetzt. Das grüne Wesen neben ihr lachte mit gehässiger Stimme auf. „Geschieht ihr recht, wenn sie sich so hinterlistig anschleicht!“, rief es. Der Weißhaarige, dessen Name anscheinend Sesshōmaru lautete, lockerte seinen Griff ein wenig. Er hätte seine Hand auch ganz wegnehmen können, denn allein sein Blick reichte aus, um Michiru bewegungsunfähig zu machen. „Wer bist du?“, wiederholte er mit drohender Stimme. „Michiru Kaiō“, flüsterte sie mit heiserer Stimme. „Was willst du hier?“ Zwar war Michiru sich sicher, dass es nicht unbedingt das Beste war, die Wahrheit zu sagen, doch wäre sie angesichts dieses alles durchdringenden Blickes niemals auf die Idee gekommen, eine Lüge zu erzählen. „Ich habe dich gesucht“, flüsterte sie. „Warum?“ „Mein magischer Spiegel hat mir ein Bild von dir gezeigt und ich wollte wissen, wer du bist“ Michiru ärgerte sich darüber, dass sie ihm das alles erzählte, doch wer hätte an ihrer Stelle etwas anderes getan, unter dem wachsamen Blick seiner goldenen Augen, seinem übermenschlichen Gesicht so nahe? „Was für ein Spiegel?“ „Ein Talisman. Er kann mir Bilder aus anderen Welten und Zeiten zeigen.“ „Woher kommst du?“ „Aus einer Welt, die dieser nicht im Geringsten ähnelt.“ Sesshōmaru sah ihr noch ein letztes Mal tief in die Augen, dann ließ er von ihr ab und drehte sich um. „Verschwinde von hier“, befahl er mit leiser, kalter Stimme. „Nein“, sagte Michiru schlicht. Er wandte sich langsam wieder zu ihr um. „Hab ich mich nicht klar ausgedrückt?“, knurrte er und ließ die Knochen seiner Hand bedrohlich knacken. „Ich werde nicht verschwinden“, sagte Michiru. Sie war sich gewiss, dass er, der eine unglaublich starke, dämonische Aura ausstrahlte, im Falle eines Kampfes keine Probleme dabei hätte, sie zu besiegen. Doch etwas in ihr sagte ihr, dass es nicht so weit kommen würde. Ihr Spiegel hatte sie hierher geführt, es musste einen Grund haben... „Was willst du von mir?“ „Das habe ich bereits erklärt.“ Sesshōmaru verengte seine Augen zu Schlitzen. „Du wolltest wissen, wer ich bin. Ich bin Sesshōmaru, Hundedämon, Sohn des Inu no Taishō. Und nun verschwinde.“ Der Stolz, der in jedem seiner Worte mitschwang, ließ Michiru einen kalten Schauer den Rücken herunterlaufen. „Tut mir leid, das ist nicht das, was ich wollte.“ Sie verschränkte die Arme und blickte dem Weißhaarigen direkt in die Augen. „Ich möchte dich begleiten.“ Einen Moment lang ließ sich Überraschung auf seinen Gesichtszügen erkennen, doch diese wurde schnell wieder zu dem kalten, arroganten Ausdruck, den er zuvor gezeigt hatte. „Ich sehe keinen Grund, weswegen ich dich mitnehmen sollte“, erklärte er. Dann drehte er sich wieder von ihr weg. „Rin! Jaken! Wir gehen. Ich habe keine Lust, mich noch länger mit diesem Menschenweib zu befassen.“ Mit diesen Worten verschwand er zwischen den Bäumen. Michiru biss sich auf die Lippe. Er hatte sie tatsächlich nicht angegriffen, doch sie war sich nicht sicher, ob sie diese Lösung bevorzugte. „Kommst du aus derselben Welt wie Kagome-sama?“ Da sie gedacht hatte, allein zu sein, schrak die Türkishaarige zusammen, als sie diese unschuldige Stimme hörte. Sie sah herab und entdeckte das kleine, schwarzhaarige Mädchen, das vorhin neben dem grünen Zwerg gestanden hatte. Es sah neugierig zu ihr auf. „Wer ist Kagome-sama?“, fragte Michiru. „Ein Mädchen aus einer anderen Welt“, erklärte das Mädchen. „Sie trägt auch immer so lustige Kleidung.“ Michiru sah an sich herab. Obwohl sie gewusst hatte, dass es damit in diesem Zeitalter nicht einfach sein würde, hatte sie sich nicht von ihrer Schuluniform trennen können. „Sie trägt auch eine Schuluniform?“ „Vielleicht heißt es so, auf jeden Fall sieht es fast genauso aus!“, rief die Kleine. „Warum begleitest du Sesshōmaru?“, fragte Michiru nach einer kurzen Pause. Diese Frage beschäftigte sie schon seit sie das Mädchen vorhin gesehen hatte. Im Gegensatz zu dem Grünling schien sie durch und durch menschlich zu sein. Dabei hatte der Weißhaarige sie selbst vorhin doch so abweisend als „Menschenweib“ bezeichnet... „Er hat mir das Leben gerettet“, erwiderte das Mädchen strahlend. „Und dann hat er mich mitgenommen!“ Michiru blickte sie verblüfft an. Der Dämon schien ihr nicht wirklich die Art von Person zu sein, die kleinen Mädchen in Not zu Hilfe eilte... Er schien viel eher der zu sein, der sie in eine Notlage brachte. Das Mädchen schien ihre Gedanken zu erraten, denn sie sagte: „Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie bin ich für ihn anders als andere Menschen. Er würde keine andere an seiner Seite dulden.“ Dies schien sie sehr glücklich zu machen, denn sie strahlte übers ganze Gesicht. „Ach, so ist das...“, murmelte Michiru. Die Kleine sah sie verwundert an. „Warum willst du überhaupt mit ihm mitkommen?“, fragte sie. „Nur, weil du ihn in einem magischen Spiegel gesehen hast?“ Michiru sah seufzend auf sie herab. „Weißt du...“, begann sie, „dieser Spiegel zeigt mir Orte und Personen, die eine besondere Bedeutung haben. Daher habe ich mich gefragt, was es mit Sesshōmaru auf sich hat.“ „Also reine Neugier?“ Michiru zwang sich zu einem Lächeln, von dem sie sich allerdings sicher war, dass es nicht unbedingt überzeugend war. „So könnte man es vielleicht sagen.“ Eine kleine, warme Hand schloss sich um ihre. „Geht es dir gut? Du siehst müde aus“, stellte das kleine Mädchen besorgt fest. „Vielleicht solltest du lieber nach Hause gehen?“ „Nach Hause...“, murmelte Michiru und ihre Gesichtszüge verzerrten sich, als sie daran dachte, wie Haruka es vielleicht gerade ausnutzte, dass sie weg war. Die Kleine drückte ihre Hand noch fester. „Oder möchtest du ein bisschen Abstand gewinnen?“ Ein schmales Lächeln stahl sich auf Michirus Lippen. Dieses kleine Mädchen verstand sie tatsächlich. „Warte hier!“, rief sie auf einmal und lief in die Richtung, in die Sesshōmaru und der grüne Wicht verschwunden sein mussten. Michiru sah ihr verwundert hinterher. Was hatte sie vor? Kurze Zeit später kam sie wieder, den weißhaarigen Dämon hinter sich herziehend. Das strahlende Lächeln in ihrem Gesicht – das bei ihr anscheinend nicht wirklich selten war – ließ Hoffnung in Michiru aufkeimen. „Er hat zugestimmt! Du darfst mitkommen!“, rief die Kleine ihr glücklich zu. Die Ältere blickte erst sie, dann Sesshōmaru an. Letzterer sah noch immer so finster aus wie zuvor, nickte aber kaum merklich, als er ihren fragenden Blick bemerkte. „Danke“, flüsterte Michiru dem Mädchen, das sich inzwischen als Rin vorgestellt hatte, zu, als sie hinter ihr auf dem Sattel eines zweiköpfigen Drachens saß, der sie in rasendem Tempo durch die Gegend transportierte. Sie warf einen kurzen Blick zur Seite, wo Sesshōmaru, in Form eines großen Hundes mit silberweißem Fell, mit dem grünen Zwerg namens Jaken auf dem Rücken, neben ihnen herrannte. Er hatte sie tatsächlich mitgenommen, was sie wohl vor allem Rins Überredungskunst zu verdanken hatte. Und er ließ sie nicht nur an diesem Tag in seiner Nähe bleiben, nein, auch am nächsten und am übernächsten Tag verlor er kein Wort darüber, dass sie ihn in Ruhe lassen sollte. Genauer gesagt verlor er ihr gegenüber überhaupt kein Wort, wie sie sich am dritten Abend nach ihrer Begegnung eingestehen musste. Sie, Rin und Jaken saßen gemeinsam um ein kleines Lagerfeuer, während Sesshōmaru etwas abseits an einem Baum lehnte, die Augen geschlossen. Michiru betrachtete ihn. Seine unmenschliche Schönheit, die immer wieder ihre Blicke auf sich zog, zog sie wieder einmal in ihren Bann. Man hätte meinen können, ein Mann mit langen, weißen Haaren und mit bunten Zeichnungen im Gesicht sähe einfach nur lächerlich aus, doch niemand hätte es jemals gewagt, Sesshōmaru als lächerlich zu bezeichnen. All die Details seines Äußeren fügten sich zu einem Gesamtbild zusammen, das die Bezeichnung perfekt durchaus verdient hatte, wie Michiru fand. Sie war so sehr in Gedanken versunken, dass sie erst merkte, dass etwas nicht stimmte, als Rin einen spitzen Schrei ausstieß. Ein lautes Summen erfüllte die Luft, ganz als ob ein riesiger Bienenschwarm in der Nähe wäre. Unwillkürlich warf Michiru einen Blick nach oben. Das was sie sah, ließ sie zusammenzucken: Eine ganze Herde gefährlich aussehender Wesen verdunkelte den Himmel. Michiru konnte sie nicht genau erkennen, da sie wild durcheinander flogen, doch die Hörner und scharfen Fängzähne, die sie erblickte, machten ihr nicht gerade Mut. „Sesshōmaru-sama!“, kreischte Rin. Der Angesprochene öffnete seine Augen einen Spaltbreit und blickte die Dämonen an, die scheinbar genau in ihre Richtung flogen. Mit einem genervten Seufzer stand er auf, zog ein langes Schwert aus seiner Scheide und ließ es durch die Luft sausen. Eine Art Druckwelle, die von dieser Bewegung hervorgerufen wurde, raste auf die in der Luft verharrenden Wesen zu, und mit einem Mal sah man an ihrer Stelle nur noch ein paar abgetrennte Gliedmaßen, die zu Boden fielen. Michirus Augen weiteten sich vor Erstaunen, während Sesshōmaru einfach sein Schwert wieder wegsteckte und in seine vorherige Position zurückkehrte, ganz so, als wäre nichts geschehen. „Er ist wirklich stark“, murmelte sie gedankenverloren. Rin stimmte ihr zu und Michiru sah die Kleine an. Es war wirklich merkwürdig. Dieser Mann, oder viel eher Dämon, konnte mit einem einzigen Schlag seines Schwertes eine riesige Herde von Angreifern vernichten, und gleichzeitig hatte er dem kleinen Mädchen das Leben gerettet und auch ihr geholfen, als sie ihn gebraucht hatte. Sie konnte nicht anders, als ihn zu bewundern, auch wenn sie sich wünschte, er würde sie ein wenig mehr beachten. Nach diesem Zwischenfall machte die Gruppe sich schnell wieder auf den Weg. Michiru fragte sich, wohin ihre Reise wohl führte, aber aus unerfindlichen Gründen war sie sich sicher, dass selbst Rin auf diese Frage keine Antwort wusste, auch wenn sie schon länger dabei war. Und Sesshōmaru persönlich anzusprechen, traute sie sich nicht. Zwar war sie wirklich nicht feige, aber die Art, wie er die Dämonen getötet hatte, hatte sie an seine kalte Seite erinnert, die er ihr schon bei ihrer Begegnung gezeigt hatte, und sie fürchtete, er würde sie fortschicken, wenn sie ihn in irgendeiner Weise belästigte. Nun waren sie wieder unterwegs, wie jeden Tag: Rin und Michiru auf dem zweiköpfigen Drachen und Jaken auf dem Rücken Sesshōmarus. Doch auf einmal blieb der große Hund stehen und hob die Schnauze. Seine Nase zuckte leicht, so als wittere er etwas. Er sprang zu Boden – da sie wie immer einige Meter über dem Boden unterwegs gewesen waren – und verwandelte sich in seine Menschenform. Knurrend stieß er hervor: „Naraku“ Michiru wusste nicht, was es damit auf sich hatte, doch Rin zuckte zusammen, als Sesshōmaru diesen Namen nannte. Unruhig blickte sie um sich. „Wo ist er?“, fragte sie. „Er ist in der Nähe“, war die vage Antwort des Dämons. „Diesmal kriege ich ihn!“ „Ich komme mit!“, rief Rin, selbst wenn sie vor Angst zitterte. Sein Kopf schnellte in ihre Richtung. „Nein“, bestimmte er, „du bleibst hier. Ich werde alleine gehen.“ Jaken, der sich gerade wieder aufgerappelt hatte, da er bei Sesshōmarus Verwandlung von dessen Rücken gefallen war, ließ einen Seufzer der Erleichterung vernehmen. Doch diese Erleichterung verschwand gleich, als Sesshōmaru vor ihn trat und mit drohendem Blick auf ihn herabsah. „Wenn jemand ihnen ein Haar krümmt, bist du tot“, drohte er. Dann verwandelte er sich zurück und lief davon. Michiru starrte an die Stelle, an der der Hundedämon eben noch gestanden hatte. Er hatte nicht nur von Rin gesprochen. Wenn ihr etwas passierte, würde Sesshōmaru sich an Jaken rächen, weil er sie nicht beschützt hatte. Eine Wärme stieg in ihr auf, wie sie sie schon seit langem nicht verspürt hatte. Sie war ihm nicht egal, auch wenn er sie immer ignorierte... „Wir sollten uns irgendwo verstecken“, flüsterte Rin. „Warum?“ Michiru, die bis eben völlig in Gedanken versunken gewesen war, blickte das Mädchen verwundert an. „Wenn Naraku hier irgendwo ist, werden seine Abkömmlinge auch nicht weit sein!“, erwiderte sie, und man sah, wie sehr ihr dieser Gedanke Angst einflößte. „Wer ist überhaupt dieser Naraku?“ „Er ist... grausam. Und seine Abkömmlinge sind ebenso grausam wie er.“ Michiru wollte weitere Fragen stellen, doch sie sah, wie unbehaglich Rin sich fühlte und ließ es daher bleiben. „Schnell, wir sollten hier nicht noch länger rumstehen!“, drängte Jaken. „Zu spät“, flötete da auf einmal eine Stimme, die direkt aus dem Himmel zu kommen schien. Die drei sahen hoch und entdeckten eine große weiße Feder, die auf sie zugeflogen kam. Eine junge Frau mit schwarzen Haaren, die einen Kimono trug, sprang von ihr herab und landete auf dem Boden. Sie zückte einen Fächer und ließ ihn durch die Luft sausen. Bevor Michiru wusste, wie ihr geschah, wurde sie von einem Windstoß nach hinten geschleudert. Den beiden anderen erging es ebenso. „Was willst du von uns?“, rief Rin mit zitternder Stimme. Ein grausames Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der Frau aus. „Euch töten, was sonst? Ach, was ist es doch für ein wundervoller Zufall, dass Sesshōmaru heute nicht da ist, um euch zu beschützen!“ Sie lachte. Michiru starrte sie an. „Du steckst mit diesem Naraku unter einer Decke!“, rief sie zornig. Kagura sah sie abschätzend an. „Was bleibt mir anderes übrig? Er hat mein Herz in der Hand!“ Damit schwang sie erneut ihren Fächer und Michiru wurde von einem noch stärkeren Windstoß erfasst und gegen einen Baum gedrückt. „L- lass sie in Ruhe!“, stammelte Jaken und erhob den merkwürdigen Stab, den er immer mit sich herumtrug. Auf seiner Spitze befanden sich zwei Köpfe: der einer alten Frau und der eines alten Mannes. In diesem Moment öffnete der alte Mann seinen Mund und spie Feuer. Doch dieser Angriff entlockte seiner Gegnerin nur ein schmales Lächeln; mit einer Bewegung ihres Fächers hatte sie den Feuerstrahl abgewehrt und auf den armen Wicht zurückgelenkt, der vor Schmerzen aufschrie und den Stab fallen ließ. Darauf schien die andere nur gewartet zu haben: sie sprintete los – schnell wie der Wind – und brachte die Waffe in ihren Besitz. „Ihr seid so gut wie tot“, erklärte sie lächelnd. „Gegen die Macht des Windes kommt niemand an!“, rief sie und startete eine erneute Attacke. Diesmal schien Rin, die sich ängstlich an Michiru geklammert hatte, ihr Ziel zu sein. Diese wusste, was sie zu tun hatte. Sie zog ihren Verwandlungsstab aus ihrer Umhängetasche und rief: „Macht der Neptunnebel, mach auf!“ Wenige Sekunden später trug sie nicht mehr ihre Schuluniform, sondern das Kostüm einer Sailorkriegerin. „Angelockt von der neuen Zeit, jetzt in dieser Welt. Sailor Neptun!“, stellte sie sich vor und stellte sich schützend vor Rin. Der Windstoß, den ihre Gegnerin gerade losgeschickt hatte, traf sie frontal, doch sie hielt ihm stand. „Wen haben wir denn da?“, fragte die andere. „Hat Sesshōmaru eine neue Entdeckung gemacht?“ „Verschwinde!“, rief Sailor Neptun. Ein melancholisches Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht der Windmagierin. „Wie gerne ich das doch tun würde... Ja, ich wäre zu gerne so frei wie der Wind.“ Sie erhob ihren Fächer. „Doch ich bin es nicht! Und darum müsst ihr sterben!“ Sie ließ ihre Waffe niedersausen. Neptun schleuderte dem Windstoß ihre eigene Attacke entgegen, doch sie konnte ihn nur ein wenig bremsen. Während sie erneut zurückgeschleudert wurde, spürte sie auf einmal einen Schmerz in sich, der nichts mit dem Wind zu tun hatte, der ihr in die Haut schnitt. So frei wie der Wind... Sie musste an Haruka denken, die es ebenso hasste, von anderen eingeschränkt zu werden. „Noch eine Bewegung und du bist tot“, ertönte da auf einmal eine drohende Stimme. Gerade hatte die Windmagierin einen besonders starken Angriff auf Neptun gestartet, doch die Sailorkriegerin spürte nur eine sanfte Brise auf ihrer Haut; Sesshōmaru, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, hatte sich vor sie gestellt und die Attacke mit seinem mächtigen Schwert abgewehrt. Die Schwarzhaarige fluchte, wagte es aber tatsächlich nicht, sich zu bewegen. Die Hand, die ihren Fächer umklammert hielt, zitterte und sie blickte Sesshōmaru abwartend an. Dieser ließ sein Schwert wieder in seiner Scheide verschwinden und knurrte: „Verschwinde und sag deinem Herrn, dass er mich mit solchen billigen Tricks nicht überlisten kann!“ Damit schien die andere nicht gerechnet zu haben, denn einen Moment lang sah sie ihn verwirrt an. Doch als sein Befehl zur ihr durchgedrungen war, schwang sie sich so schnell sie konnte auf ihre Riesenfeder und flog davon. Nun drehte Sesshōmaru sich zu Neptun um. Eine Weile musterte er ihren Körper, der vom Kampf einige Spuren davongetragen hatte. Dann wandte er sich an Jaken, der sich zitternd in Rins Yukata festgekrallt hatte. „Bring sie zu einem Heiler“, befahl er ihm. Doch bevor Jaken irgendwas sagen konnte, hatte Neptun sich zu Wort gemeldet: „Das ist nicht nötig.“ Sie verwandelte sich in ihre Menschenform zurück. Verwundert beobachteten die drei anderen, wie ihre Verletzungen mit einem Mal verschwanden. Sie lächelte. „Danke, dass du mich beschützt hast, Sesshōmaru.“ Es war das erste Mal, dass sie ihn mit seinem Namen ansprach, was er allerdings nur mit einer gehobenen Augenbraue quittierte. Als er nicht auf sie einging, sondern sie nur ansah, fuhr sie leise fort: „Und auch danke, dass ich mit dir kommen darf. Ich – mir gefällt es hier wirklich gut und ich würde gerne hier bleiben und -“ Sesshōmaru unterbrach sie: „Kümmer dich erstmal um die Probleme in deiner eigenen Welt, bevor du dir neue schaffst.“ Michiru sah in sein Gesicht und entdeckte dort den Ansatz eines väterlichen Ausdrucks neben der Kälte, die er eigentlich zeigen wollte. Sie biss sich auf die Lippe, um bei diesem Anblick nicht zu lächeln, da ihn das sicher gestört hätte. „Was meinst du?“, fragte sie, auch wenn sie sich sicher war, dass Rin ihm alles erzählt hatte, was sie ihr bei ihrer Begegnung gesagt hatte. „Du bist doch nur in diese Welt gekommen, um vor irgendwas zu fliehen. Findest du das nicht feige? Und noch dazu scheint es nicht einmal ein übermächtiger Gegner, sondern einfach nur eine Beziehung zu sein, die dir Angst macht.“ Michiru starrte in seine goldenen Augen, die unerbittlich auf sie herabsahen. Im Grunde hatte er recht. Es war feige gewesen, in diese Welt zu kommen. Und besonders Haruka gegenüber war es nicht fair gewesen... Sie hatte ihr wehgetan, aber das war noch lange kein Grund, einfach vor ihr wegzulaufen. Und eins hatte sie vollkommen vergessen, während sie blindlings davongelaufen war: Sie würde Haruka immer lieben, egal was sie tat. Und sie vermisste sie schmerzlich, wie ihr bei dem Kampf eben bewusst geworden war. Ihre Schwärmerei für Sesshōmaru würde niemals die tiefen Gefühle ersetzen können, die sie für Haruka hegte, auch wenn sie sich die letzten Tage eingebildet hatte, es würde funktionieren. Die Türkishaarige blickte erst Jaken an, der neugierig zu ihr aufsah, dann Rin, die eher einen besorgten Ausdruck zeigte, und schließlich sah sie wieder zu Sesshōmaru auf. „Ich werde in meine Welt zurückkehren.“ Sie meinte, den Anflug eines Lächelns auf seinem Gesicht zu sehen, als sie dies verkündete. Rin stieß einen überraschten Schrei aus. „Du willst uns verlassen?“, rief sie. Michiru kniete sich hin, um die Kleine in ihre Arme zu schließen. „Ich muss zurück, tut mir leid.“ „Ich werde dich vermissen“, murmelte Rin mit Tränen in den Augen. Michiru ließ sie los und sah Jaken an. „Mach’s gut“, sagte sie zu ihm. Dann richtete sie sich wieder auf und wandte sich ein letztes Mal Sesshōmaru zu. „Danke ... für alles.“ Sie sah noch einmal in seine goldenen Augen. Dann zog sie den kleinen Schlüssel, den Setsuna ihr gegeben hatte, aus der Tasche und hielt ihn in die Luft. Während die Landschaft um sie herum langsam verschwamm, meinte sie noch ein „Viel Glück“ von Sesshōmaru zu hören, dann stand sie wieder in Setsunas Wohnzimmer, wo ihre Reise begonnen hatte. Dort kam sie anscheinend zu einem ungünstigen Augenblick, denn Haruka und Setsuna, die zusammen auf dem großen Sofa saßen, schienen bis eben eine ernste Unterhaltung geführt zu haben. Nun starrten sie Michiru, die gerade vor ihnen aufgetaucht war, überrascht an. „Ich bin wieder da“, sagte die Türkishaarige, um die entstandene Stille zu überbrücken. „Warst ja auch lange genug weg...“, grummelte Haruka. Michiru blickte ihre Freundin überrascht an, dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und sie fiel ihr um den Hals. „Ich hab dich auch vermisst, Haruka.“ „Es scheint ja doch alles in Ordnung zu sein zwischen euch“, stellte Setsuna schmunzelnd fest. Michiru ließ sich neben Haruka auf dem Sofa nieder. „Was ist mit diesem Radsportler?“, fragte sie leise. „Vergiss es“, war die Antwort der Blonden. Michiru sah sie empört an. Doch bevor sie ihren Gefühlen Luft machen konnte, hatte Haruka eine Erklärung hinzugefügt: „Ich habe mich von ihm getrennt, er war ein Idiot.“ Lachend zog sie ihre Freundin noch enger zu sich heran und flüsterte ihr ins Ohr: „Gegen dich kommt sowieso keiner an.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)