Abbey ~ Life in Twilight von Blackwolf (Denn niemand weiß, wer du bist - nicht einmal du selbst) ================================================================================ Kapitel 6: *+~ Arroganz ~+* --------------------------- „Wie kann man das nur auf den Markt bringen? Aspirin ist so erbärmlich...“ Tala rieb sich unablässig mit den Fingerknöcheln die Schläfen und stöhnte übertrieben vor sich hin, denn er war der Meinung, dass man ihm wenigstens so etwas Aufmerksamkeit schenkte, da seine beiden Zimmergenossen seit Stunden die Zeit totschwiegen und keinerlei Anstalten machten, diesen Zustand irgendwie verändern zu wollen. Kai ignorierte ihn nun schon seit mehreren Minuten erfolgreich und starrte statt dessen die Zimmerdecke an, während er versuchte Talas Geräusche auszublenden und sich auf das stetige, heimtückische Pochen seiner Kopfschmerzen zu konzentrieren. Dies gelang ihm recht gut und bald schon vergaß er alles um sich herum und lauschte nur noch dem unermüdlichen Dröhnen unter seiner Schädeldecke. Nach einiger Zeit verwandelte es sich in ein zögerliches Klopfen, wurde dann aber bald eifriger und verwandelte sich schließlich in ein unverschämtes Hämmern. Na bitte, dann würde er eben eine Tablette schlucken! Kai rappelte sich auf und starrte zu Tala, der alle Tabletten neben seinem Bett am Boden verstreut hatte. Dann starrte er die Tür an, und schlagartig wurde ihm klar, das es eben nicht nur seine Kopfschmerzen waren, die unermüdlich klopften. Erneut ertönte das Geräusch einer Faust, die gegen die Tür sauste. Auch Bryan hatte sich etwas aus seinem Federbett geschält und seine grünen Augen beobachteten voller Argwohn die Tür. Dann drehte er sich sorgsam darauf bedacht, sich nicht zu schnell zu bewegen zu Kai um und sein Blick sagte eindeutig: „Lass sie klopfen!“ Und wie als hätten die Personen vor der Tür diesen Blick gesehen und zu interpretieren gewusst, erklangen weitere Versuche, die drei zum Aufmachen zu bewegen. „Tala?“ Helens Stimme erklang glockenhell und in ihr schwang eine alarmierende Besorgnis mit. „Hey, Tala? Brüderchen?“ Der Rothaarige erkannte sofort die Stimme seine Schwester, obwohl er mit seinem Gejammere und Gejaule nicht aufhörte, sondern seinen Kopf in das Kissen vergrub. „Tala.“, zischte Kai gefährlich und funkelte den schneeweißen Lakenhaufen an. „Beweg dich, oder ich schwöre dir, du wirst schneller unter der Erde sein, als es die lieb ist.“ kai hoffte, dass Tala die Drohung zu mindest so ernst nehmen würde, dass er seinen Hintern zur Tür bewegen würde, denn er war sich scher, dass er in seinem jetzigen Zustand nicht in der Lage war, den Rothaarigen zu ersticken, erwürgen oder zu erdrosseln. Tala zuckte zusammen und hob seinen Kopf. Die Farbe seines Gesichts unterschied sich kaum von der seines Kissens, außer, das um seine Nase ein leichter Grünstich zu erahnen war. Der Blick, den er Kai zu warf, war beleidigt und argwöhnisch. Doch, und das war ein wahres Wunder, stand er umständlich auf, um die Tür zu öffnen. Kaum war der Schlüssel im Schloss gedreht, urde diese aufgeworfen und Helen warf sich in die Arme ihres Bruders, was diesen dazu brachte, unsicher auf den Füßen, wie er es war, rückwärts zu stolpern und Gegen Kais Bettpfosten zu fallen. Kai zog in typischer Geistesgegenwärtigkeit seinen Kopf wie eine Schildkröte ein. Eine Sekunde später landete Talas Hintern wenige Zentimetern vor Kais Gesicht. Kai prustete empört, doch dadurch wurde sein Kopf so sehr erschüttert, dass er es lieber ließ und augenblicklich verstummte. „Was war los, Brüderchen? Ihr wart gestern nirgends aufzufinden und heute wart ihr gar nicht beim Frühstück, und das Mittagessen habt ihr auch verpasst!“ Bryans Kopf schoss nach oben und er fischte mit seiner Hand nach dem Wecker auf seinem Nachttisch. Er verzog enttäuscht das Gesicht; Helen hatte Recht, sie hatten tatsächlich Frühstück und Mittagessen verpasst. Talas blasses Gesicht wurde etwas gräulich. „Ähm. Wir haben alle einen Virus... haben geschlafen.“ Verstohlen rieb er sich über seine Armbeuge, wo immer noch ein Pflaster klebte. „Na dann, sieht ja so aus, als würde es euch schon besser gehen. Und Nina hat erzählt, du hast dich in den Schnee geworfen.“ Helen ließ ihren Bruder los und beobachtete Kai neugierig. Dieser hatte das Bettzeug zurück geschlagen, sich im Schneidersitz positioniert und seine Arme verschränkt. Er unterdrückte erfolglos ein Grinsen. „In den Schnee geworfen...“ Kai prustete. Tala prustete auch, allerdings eher aus Verärgerung. „In den Schnee geworfen?“, echote er und starrte seine Schwester wie eine Erscheinung an. Diese nickte nur; ihr schien es absolut egal zu sein. „Also bitte schön! Ich war wirklich krank! Okay? Ich habe mich nicht aus Absicht in den Schnee geworfen!“ Tala reckte seine Kinn etwas nach vorne und blickte die rote Haarmähne argwöhnisch an. „Und vor allem geworfen... bitte... Tala würde so was nie einfallen.“ Das Kai dabei vor lauter unterdrücktem Gelächter nicht platzte, war auch schon alles. Und ebenso Bryans todernstes Nicken und das Gekicher, dass dabei seinen Mundwinkeln entwich, waren nicht sehr hilfreich. Aber Helen war nicht darauf aus, irgendwelche Rechtfertigungen zu hören. „Balkov meinte, ihr sollt heute Abend zum Appell kommen. Ob ihr zum Abendessen kommt, ist euch überlassen, aber falls ihr nicht in der Halle seid, bekommt ihr einen Monat Hofdienst.“ „Zu gütig...“ Kai zog spöttisch eine Augenbraue nach oben. Nachdem Helen verschwunden war, warf Kai sich drei Aspirin ein und schaffte es, sich in das Bad zu schleppen. Dort begrüßte ihn ein grauenvoller Anblick; seine Augen lagen tief in ihren Höhlen und sie schimmerten nur etwas milchig vor sich hin. Außerdem hatten sich seine Augenringe noch etwas tiefer in seine Haut gegraben, und dass er noch blasser als sonst aussah, half seinem Allgemeinanblick nicht besonders. Aber wenigstens fühlte er sich nach der Dusche fähig einige Meter zu gehen, was ihn zur Bibliothek brachte, wo er in einer Couch zusammen sank. Was die anderen beiden betraf, so konnten sie um seinetwegen in ihren Betten vergammeln; denn die beiden hatten sich nach Helens Abgang nur in ihre Betten zurück gelegt und sich einmal umgedreht. Gedankenverloren starrte er auf seinen linken kleinen Finger. Er tat weh, der Verband war verrutscht und am liebsten hätte Kai eine örtliche Betäubung gehabt. Statt dessen begnügte er sich damit, seine Unterlippe blutig zu beißen. Nina starrte unschlüssig die große, erhabene Flügeltür an und seufzte ehrfürchtig. Nur den Leuten aus dem A-Trupp war gestattet die große Bibliothek zu betreten. Feierlich streckte sie ihre Hand aus und drückte vorsichtig die Klinke nach unten. Dann drückte sie die Tür auf. Der Raum war groß, hatte hohe Decken und mehrere Regalreihen voll mit Büchern. Sortiert nach Sachbüchern, Historien Romanen, Krimis und sonstigem. Einige Sitzmöglichkeiten waren zwischen den Regalen verteilt und auch einige Tische standen in den Ecken. Die Fenster waren recht groß, so dass viel Licht herein viel, doch die Scheiben waren so getönt, dass das Licht gedämpft war und in warmen Farben den Raum erhellte. Ihre Begeisterung für die Bibliothek wurde allerdings durch die Anwesenheit eines gewissen Typen gebremst. Besagter Typ saß lässig auf einer Couch und starrte seinen bandagierten Finger an. Sogar in diesem Zustand schaffte er es, eingebildet auszusehen. Trotzdem erkannte sie, dass er etwas kränklich wirkte; er war blass wie Pergament und seine Augen waren stumpf. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie ihn angestarrt hatte, aber als er ruckartig den Kopf hob und sich seine dunklen Augen in ihre bohrten, plötzlich lebendig und doch so verschlossen. „Du bist es.“, bemerkte er, und wie schwach diese Worte auch sein mochten, aus seinem Mund klangen sie hart, kalt und abstoßend. „Jaah, und du bist Pilatus.“, knurrte Nina und strich sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht. Kai hob seine Augenbrauen und er wirkte gelinde überrascht, dass sie es wagte, ironische Bemerkungen abzulassen. „Super erkannt.“, sagte er trocken und sah sie spöttisch an. Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich zu einem Regal voller Krimis. Sollte er es doch versuchen, er würde sie nicht reizen können. Am besten sollte er abhauen, und sie in Ruhe lassen. Oder wenigstens so tun, als würde er nicht mit ihr in einem Raum sein. Anscheinend schien er ihre Gedanken erahnt zu haben. Sie spürte förmlich, wie sein spöttischer Blick ihr in den Rücken bohrte, aber er gab keinerlei Geräusche von sich, außer seinem leisen Atem. Entsetzt bemerkte Nina, dass sie inne gehalten hatte und Kais kräftiger Atmung gelauscht hatte. Sie drehte sich wütend um und wollte den Mund öffnen, um dem Bastard auf seiner Couch die Meinung zu geigen, doch besagter Bastard hatte sich seelenruhig direkt hinter sie gestellt. Erschrocken machte sie einen Satz nach hinten und stieß dabei gegen eine alte Kiste voller Zeitungen und Dossiers. Beklopptes Teil, dachte sie im Bruchteil einer Sekunde, als ihr Körper Anstalten machte, über die Kiste zu sausen. Doch in eben diesem Bruchteil war Kais Hand nach vorne geschnellt und hatte sie unsanft am Oberarm gepackt. Das tat zwar auch weh, doch immerhin würde sie jetzt nicht mehr Gefahr laufen, ihren Hinterkopf mit der Ecke eines Bücherregals Bekanntschaft schließen zu lassen. Als sie wieder auf eigenen Beinen stand, ließ Kai sie los. Sein Blick war unverändert spöttisch, und seine Mundwinkel waren zu all dem auch noch belustigt nach oben gekräuselt. Sie konnte sich nicht helfen, sie musste ihn einfach wütend anstarren. „Ein Danke wäre jetzt angebracht.“, bemerkte Kai und sah sie an. Er stand so nahe bei ihr, dass ihr klar wurde, dass sie mindestens zwei Köpfe kleiner war als er. Trotzdem reckte sie das Kinn angriffslustig. „Ich habe dich um nichts gebeten.“ „Ja, aber ich habe dich trotzdem fest gehoben. Dafür sollte ich doch mindestens den goldenen Orden der Verdienste der „Selbstlosigkeit und Reaktionsvermögen“ bekommen, oder?“ Kai seufzte gespielt. „Aber ich bin so bescheiden, und begnüge mich mit einem simplen Danke.“ Nina zog ihre Augenbrauen nach oben. Natürlich hatte er recht, sie sollte sich bedanken, aber es war das letzte, was sie wollte. Sich bei diesem arroganten Typen zu bedanken. Wo käme sie da hin, wenn sie jetzt klein beigab? Sie würde auf jeden Fall nicht, das ein Punkt an ihn ging. Denn immerhin stand es zwischen ihnen immer noch unentschieden. Und so sollte es bleiben, außer wenn das Schicksal gütiger Weise ihr einen Punkt zukommen ließ. „Verpiss dich, du Idiot!“, fauchte Nina statt dessen und sah Kai verächtlich an. Dies war nicht besonders beeindruckend, denn sie war viel kleiner als er. Wahrscheinlich sah sie eher aus, wie ein wild gewordenes Eichhörnchen... Große, grüne Augen starrten ihn wutentbrannt an. Sie war hübsch, keine Frage, aber sie hatte das Temperament einer hitzigen Katze. Es würde ihn nicht wundern, wenn sie gleich ihre Krallen ausfuhr, und ihn anfauchte. Mit letzterem lag er sogar richtig. Sie warf ihm eine Schwall Schimpfwörter entgegen, wobei „arroganter, arschgesichtiger Schleimbolzen“ noch die netteste Bezeichnung war. „Ich fühle mich geschmeichelt.“, sagte Kai trocken, aber mit einem Hauch Belustigung. Das brachte Nina dazu zu schnauben. „Schön. Na dann kannst du ja abhauen.“ „Warum?“, fragte Kai gelassen. Ninas Wangen wurden rot vor Wut. „Weil du mich nervst, deswegen! Du ist einfach nur so arrogant, warum hat sich jemand überhaupt herabgelassen, jemanden wie dich zu zeugen?“, fauchte sie und es schien, als würden ihre Haare elektrisiert sein, denn sie standen ihr wie von Zauberhand in einer Löwenmähne um den Kopf. „Oh, da solltest du wohl meine Eltern fragen, aber ich war immer der Meinung, dass das Kondom abgelaufen war.“ Seine Stimme war ruhig, doch eine unterschwellige Bitterkeit schwang in ihr mit. „Aber ich schätze mal, du wirst dich wohl noch ein wenig gedulden müssen, bis du sie fragen kannst.“ „Warum? Sind sie genauso arrogant wie du? Haben wohl keine Zeit für dich!“, sie sah ihn verächtlich an. „Hm, keine Ahnung, aber was letzter angeht, sie sind tot, und da du nicht aussiehst, als würdest du in absehbarer Zeit über den Jordan gehen wirst...“, Kai zog eine Augenbraue vielsagend nach oben. Nina stand allerdings wie vom Donner gerührt da. Jetzt verwandelte sich ihre glühende Wut in Scham. Verdammt, sie hatte einfach ein zu loses Mundwerk. „Das... das tut mir wirklich Leid.“, stotterte sie. „Oh, jaah, mir auch.“, pflichtete Kai ihr ungerührt bei. „Ich wette deine Eltern haben dich in voller Absicht gezeugt.“ „Wie?“ Die Schwarzhaarige starrte ihn perplex an. Entweder täuschte sie sich, oder es war ihm vollkommen egal, dass er gerade Witze auf Kosten seiner Eltern machte, die ganz nebenbei und total zufällig, tot waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)