Abbey ~ Life in Twilight von Blackwolf (Denn niemand weiß, wer du bist - nicht einmal du selbst) ================================================================================ Kapitel 4: *+~ Auf Entzug~+* ---------------------------- Boom! Ein ohrenbetäubendes Geräusch ließ Kai fast an die Decke gehen. „Winoschlafn...“, murmelte Tala quengelig, der sein Kopf in seinem Kissen vergraben hatte. Kai und Bryan stimmten ihm mit Gemurmel zu. Boom! „Wie bitte?“, kam von der abgeschlossenen Tür und der Lärm wurde eingestellt. Anna und Nina hatten sich, nachdem weder Klopfen und Brüllen Fortschritt versprachen, gegen die Tür geworfen und rieben sich jetzt die schmerzenden Schultern. „ Wir wollen noch schlafen !“, beschwerte sich Kai, dessen Haare in alle erdenklichen Richtungen abstanden, schließlich lauthals. Was fiel denen ein, sie zu wecken? „Hättet ihr uns nicht sanfter wecken können?“ „Das haben wir ja seit fünf Minuten versucht, Jungs!“, Anna seufzte hörbar. „Warum weckt ihr uns eigentlich?“, fragte Bryan verschlafen und rieb sich die Augen. Mit einem Blick auf seinen Wecker setzte er hinzu: „Wir haben noch eine Stunde bis zum Frühstück...“ „Das wissen wir!“, bemerkte Nina spitz. Kai verzog, als er ihre Stimme hörte, das Gesicht. Nicht schon wieder dieses nervige, kleine, eingebildete, arrogante Miststück. Vielleicht war es ja ihre Idee gewesen, sie um diese gottlose Zeit aus dem Bett zu werfen. Das sah der ähnlich. Wahrscheinlich wollte sie sich bei ihm rächen... und natürlich fand Anna diese Idee amüsant... „Aber ihr habt heute Hofdienst! Und wir hätten euch sanfter geweckt, wenn ihr Intelligenzbestien nicht die Tür abgeschlossen hättet! Niemand schließt hier die Tür ab!“, sagte Anna und klopfte zur Verdeutlichung gegen besagtes Objekt. „Mist!“, sagte Tala und wechselte entsetze Blicke mit seinen Zimmerkameraden. „Ähm... Kai hat einen Hexenschuss, Bryan hat chronisches Nasen bluten und ich... ich... ähm... habe meine Tage!“ Kai sah ihn mit zusammen gezogenen Augenbrauen an. „Wie schön für euch. Ihr macht jetzt trotzdem auf!“ Anna ließ wieder ihre Faust gegen die Tür donnern. Tala und Kai warfen Bryan, dessen Bett der Tür am nächsten war, einen auffordernden Blick zu. Bryan sah die Tür vorwurfsvoll an, als würde sie an dieser engen Nachbarschaft schuld sein. Es war offensichtlich, dass er sein warmes Bett nicht verlassen wollte. Tala und Kai starrten ihn nun an. Seufzend erhob er sich also und drehte den Schlüssel im Schloss um, als die Tür schon aufgestoßen wurde – Bryan bekam sie gegen den Kopf. „AU!“, entfuhr es ihm und er trat wütend gegen die Wand, das ihn nur dazu brachte, auf einem Fuß herum zu hüpfen, da nun auch sein großer Zeh weh tat. Anna schlug schuldbewusst eine Hand vor ihren Mund. „Sorry, Bryan, ich wusste nicht, dass du da stehst.“ Sie versuchte erfolglos ein Kichern zu unterdrücken. Bryan hatte sich auf sein Bett niedergelassen und starrte sie wütend an. Anna ließ nun ihren Blick zu den anderen beiden schweifen. Tala hatte Augenringe wie Autoreifen und Kais Blessuren waren nun nicht mehr nur blau, sondern auch teilweise gelb und grün. Die drei Jungs sahen wirklich nicht gesund aus. Nina wickelte ihr schwarzes Haar um einen Fingern und grinste belustigt. Sie warf Kai, der sie anstarrte, als wäre sie das personifizierte Böse, nur einen kurzen Blick zu. Idiot. Idiot. Idiot., dachte sie und freute sich innerlich, dass Kai noch schlimmer als am vorigen Abend aussah. Jaah, sie hatte schon einen Hang zum Sadismus... Anna tätschelte mitleidig Talas Kopf. „Mensch, ihr seht wirklich scheußlich aus. Du hast Augen wie ein Panda, in Kais Gesicht leuchtet ein Regenbogen und Bryans Zeh ist jetzt ganz dick...“ Tala nickte und sagte: „Jaah, hab Mitleid mit uns. Wir sind viel zu fertig um zu arbeiten. Lass uns hier, damit wir in die Schattenwelt driften können um dort vom Fährmann über den Fluss gefahren zu werden... Vielleicht kriegen wir Gruppenrabatt.“ „Nichts da!“ Anna schüttelte den Kopf. „Was? Kein Gruppenrabatt?“, Kai grinste amüsiert. Die Blondine warf Kai einen genervten Blick zu. „Okay, Jungs. Nina, weck Ilynea und noch ein paar andere Mädels. Wir greifen den dreien unter die Arme.“ „Unter die Arme greifen hört sich toll an!“, flötete Tala unschuldig. Kai sah ihn vorwurfsvoll an. „Keine schmutzigen Hintergedanken, bitte!“ Nina schnaubte und verschwand, um die anderen zu wecken. Anna lächelte die Jungs an. „Ich gebe euch fünf Minuten, dann komme ich in euer Zimmer gestürmt. Und ich will keine bösen Überraschungen sehen!“ Bryan nickte eifrig. „Nein, du wirst nicht sehen, dass Kai Barbiesocken trägt und Tala Plüschstrings hat!“ „Da bin ich aber beruhigt...“ „Hey! Der String macht mich wirklich sexy, stimmt’s, Kai?“ „Wenn du rosa Plüsch, der sich furchtbar mit rostroter Beinbehaarung beisst sexy findest, dann ja!“, sagte Kai feixend. Anna winkte und schloss die Tür hinter sich. Nach nur drei Minuten öffnete Tala, der nun in Jeans und Pullover gekleidet war die Tür. „Bonjour, Mademoiselle...“ „Jaja... du bist ein toller unrasierter Franzose...“, erwiderte sie. Tala verzog enttäuscht das Gesicht. „Isch biin uhnroooosiet? Mais, das kahnn nischd sein!“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. Nein, eindeutig babyweich. „Franzosen rasieren sich nicht.“, erklärte Anna und taxierte Kai, der sich fort weg die Augen rieb. „Non, FrohsööösINNEN rosierön sisch nischd...“ Bryan verdrehte die Augen. „Altööö doch oinfach mal doine Klappö!“, äffte er Talas französischen Akzent nach. „Was soll das? Du hast das nicht drauf! Wenn, dann heißt es: Altee dohch onfoch mal deijne Klappee!“ „Jungs, hört auf! Wenn ihr euch so toll über französische Akzente streiten könnt, dann könnt ihr auch alleine im Hof Schnee schaufeln.“ Annas Worte ließen Bryan vorwurfsvoll Tala anblicken. „Siehst du, ich hab es doch gesagt!“ Tala wollte gerade etwas erwidern, als Nina mit Ilynea und Elisabeth Korolew, dem eitelsten Mädchen der Welt, zurück kam. Elisabeth hatte schon seit Ewigkeiten einen Narren an Tala gefressen. Höchstwahrscheinlich war das der Grund für ihre Eitelkeit, denn Tala flirtete oft und gerne. Auch mit ihr.Und wahrscheinlich machte er auch mit allen möglichen Mädchen aus der Abtei rum. Und vielleicht auch mit vielen von draußen. Und Groupies. Tala war der gefühlslose Typ, der so etwas brachte. Er hatte keinen Skrupel und oft erwischte sich Kai dabei zu denken, dass er so etwas nie machen würde. Das stimmte zwar, aber das hieß nicht, dass er sich sehr viel mehr um andere Menschen kümmerte. Er hatte gedacht, dass er Anna lieben könnte, aber er hatte es nie geschafft. Es war immer nur eine tiefe Vertrautheit, die aber an einem dunkeln Punkt in seinem Herzen scheiterte. Kai konnte offen zugeben, dass die einzigen Menschen, die eine Bedeutung für ihn hatten Anna, Tala und Bryan waren. Anna erinnerte ihn an gute Zeiten, die er eigentlich schon längst vergessen hatte und Tala und Bryan teilten sein Schicksal... Wahrscheinlich wollte sich Tala einfach nicht damit abfinden, niemanden lieben zu können. Er spielte ein Bühnenstück und er war Held, Drehbuchautor und Regisseur auf einmal. Kai dachte, das Tala vielleicht etwas gefunden hatte, was dem Gefühl Liebe nahe kam. Ein Ersatz. Eine Tablette. Eine Droge. Manchmal dachte er, dass er viel schlimmer war als Tala. Tala hatte eine Schwester um die er sich kümmerte. Er kannte wenigstens Geschwisterliebe. Und Bryan auch. Er hatte Faith. Und Kai hatte nichts. Und außerdem war er ein emotionales Wrack. „ Hey, Kai! Beweg dich!“, befahl Anna und schob ihn den Gang entlang. Elisabeth himmelte in der Zwischenzeit Tala an, der sich immer wieder zu Bryan umdrehte und die Augen verdrehte. „Tala, ich helfe dir!“, flötete sie und lächelte ihn dabei dümmlich an. Tala lächelte gezwungen zurück. „Schön für dich.“ Seine Worten machte allen, außer Elisabeth, deutlich, dass er nicht erpicht auf ihre Hilfe war. Kai vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen und hielt den Kopf gesenkt. Er hatte eigentlich gar nicht den Nerv, so früh am Morgen von den Mädels genervt zu werden. Irgendwie schien der Tag nichts Gutes zu verheißen. Bryan stieß das uralte und etwas unheimliche Holztor, dass zum Innenhof führte mit seinem Fuß auf. „Na, dann schönes Schaffen...“, sagte er, und nahm sich eine der Schneeschaufeln, die an der steinernen Wand lehnten. Jeder nahm sich eine Schaufel und fing an missmutig in dem Schnee herum zu stochern. Über Nacht hatte es unermüdlich geschneit, so dass der gepflasterte Innenhof metertief unter der Schneeschicht vergraben war. Entgegen seiner Worte schob Bryan die obere Schneeschicht unmotiviert Hin und Her. „Mein Gott, das ist so lustig. Das ist wie Tyson auf Speed.“, murrte er. „Halte endlich mal die Schnauze.“, fauchte Kai ungehalten. Er hatte schon ein großes Quadrat frei geschaufelt, und es war offensichtlich, dass er Bryans Arbeit missbilligte. Tala lächelte belustigt. Ja, das waren seine Teamkameraden. Hatten immer ein nettes Wort für einander übrig... Die Mädchen waren schon etwas weiter voran als Bryan, aber sie lenkten sich gegenseitig ständig ab in dem sie mit Schneebällen warfen. Elisabeth machte wirklich übertriebene Anstalten und schrie und quietschte andauernd... Kai schaufelte mürrisch vor sich hin, tatsächlich schien Schneeschaufler ein passender Alternativberuf für ihn. Tala grinste und lehnte sich auf die Schaufel. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Körper und eine wallende Hitze durchzog ihn. Er merkte, wie seine Haut sich rötete und wischte sich keuchend Schweiß von der Stirn. Dann überkam ihn eine stechende Kälte. Seine Hände fingen an zu zittern. Die Schaufel fiel auf den glitzernden Schnee. Seine Beine gaben nach, ihm wurde schwarz vor Augen... Kai war nicht überrascht. Auch wenn die Mädchen entsetzt aufschrien, er hatte fast damit gerechnet. Nina starrte beunruhigt auf Talas leblosen Körper. Seine Lippen liefen sehr schnell blau an und er war leichenblass. Als Kai Bryans Blick suchte, erkannte er, dass auch Bryan darauf gefasst gewesen war. Bryan packte halbherzig Talas Schultern und schüttelte ihn. „Tala? Hey, kannst du mich hören? Tala!“ Doch der Rothaarige regte sich angesichts des unmotivierten Rütteln nicht. „Los, wir bringen ihn rein.“, murmelte Kai und packte Talas Beine. Anna sah ihn entsetzt an. „Ihr könnt Tala doch nicht herum schleifen als wäre er ein dreckiger Besoffener! Er ist krank!“, fauchte sie. Sie kniete an Talas Seite und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Kai bedachte sie mit einem genervten Blick. „Jaah, denkst du das? Seit wann hast du denn deinen hippokratischen Eid abgelegt?“, knurrte er. Er nickte Bryan zu und die beiden hoben Tala vom Boden hoch. Anna schüttelte den Kopf, lief aber vor um das Tor zu öffnen. Nina, Elisabeth und Ilynea folgten ihr. Sie wirkten ebenso schockiert. „Sollten wir nicht Balkov Bescheid geben?“, fragte Nina unsicher. Niemand antwortete ihr. Erst als Bryan und Kai Tala in sein Bett verfrachtet hatten, sagte Bryan: „Jaah, ich geh‘ dann mal zu Balkov.“ Mit diesen Worten und einem seltsamen Gesichtsausdruck verschwand er. Kai stand am Kopfende des Bettes in dem Tala lag. Er warf Anna einen gehetzten Blick zu und knetete nervös seine von der Kälte geröteten Hände. „Was wollt ihr noch? Er wird schon nicht abkratzen.“ Die Mädchen sahen Kai eher zweifelnd an. Angesichts seines seltsamen Benehmens – nervös Hände kneten – sahen sie nicht ein, Kais Worte ernst zu nehmen. Trotzdem sagte Anna: „Ja, wir gehen jetzt lieber... wahrscheinlich braucht er nur Ruhe!“ Mit diesen Worten schob sie die anderen drei aus dem Zimmer. Sobald sich die Tür hinter den Mädchen geschlossen hatte, ließ sich Kai auf sein Bett fallen. Nach etwa zehn Minuten fing Tala sich an zu regen. Er hustete erst, dann brummte er schwach: „Ich brauch das jetzt sofort, oder ich schlag hier alles kurz und klein.“ Sein Zimmergenosse stand auf und verriegelte die Tür. „Schön locker bleiben, Tala. Bryan ist schon bei Balkov. Aber ich schätze mal, dass wir erst in einer Stunde unsere Dosis kriegen. Du weißt doch, dass Balkov es liebt, wenn wir uns quälen.“ Kai lachte trocken. Dann drehte er sich blitzschnell und schlug seine rechte Faust gegen die Wand. Darauf folgte ein wütender Schrei. Tala zog die Augenbrauen hoch und wischte sich Schweißtropfen von der Stirn. „Ich hab’s gewusst. Bei dir fängt es auch schon an! Du solltest es nicht übertreiben Kai. Ich habe schon gestern gedacht, dass du außergewöhnlich aggressiv bist. Erst legst du dich mit Ronny an, dann ärgerst du Iwan... oh ja... und Housin ging dir auf die Nerven. Und nicht zu vergessen, Nina, die Kleine.“ Nun war es an Kai, der mit der linken Hand seine noch zur Faust geballte und zerkratzte andere Hand rieb, die Augenbraue hoch zu ziehen. „Die haben mich wirklich alle tierisch genervt. Aber sagen wir’s mal so: Meine Entzugserscheinungen polieren wenigstens mein Image auf... deine lassen dich eher wie ein kleines sensibles Püppchen wirken...“ Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Püppchen?“ Tala sah Kai wütend an. Wenn Kai Entzugserscheinungen hatte provozierte er gerne Leute. Man musste einfach die Sprüche über sich ergehen lassen. Aber andererseits hatte Tala auch Entzugserscheinungen. Und somit das Anrecht auf angewandte Gewalt. Jedenfalls war das seine Meinung. Er schob das Bettzeug weg und erhob sich. „Das sensible Püppchen würde dir jetzt bitte sehr gerne eine in die Fresse hauen.“ „Dann soll es doch kommen und die Fresse treffen.“, knurrte Kai provokant. Nun standen sich die beiden gegenüber. Tala konnte Kai ansehen, dass dieser zu einer Schlägerei nicht nein sagen konnte. Nun gut, wie er wollte. Er schlug zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)