And I would gladly hit the road... von Schreiberliene (An unlucky australian Lovestory?) ================================================================================ Kapitel 8: And I would gladly hit the road... --------------------------------------------- Der Rückweg war völlig anders, als Esa sich es vorgestellte hatte. Vielleicht, weil jetzt geklärt war, was zwischen ihnen war, vielleicht aber auch nur, weil er das Land jetzt mit anderen Augen sah, vielleicht, weil er schon ahnte, dass er alles in sich aufnehmen musste, dass die Zeit knapp wurde... Die Sonne war schon fast untergegangen, als sie das große Haus betraten, wo ihnen zum ersten Mal seit zwei Tagen der Duft von heißem Essen entgegenschlug und sie unwiderstehlich lockte. Schnell duschten sie, zogen sich um und versuchten, sich nicht anmerken zu lassen, was geschehen war. Für Esa wurde es mit jeder Minute schwieriger, sein Glück nicht heraus zu schreien, doch da es dann wohl abrupt geendet hätte, beherrschte er sich. Dass er heute morgen, statt in einer stickigen Kirche zu sitzen, Gott von Angesicht zu Angesicht in der Schönheit des Morgens begegnet war, tat auch das seinige: er fühlte sich gut und aß seinen Blumenkohl - Bohnen - mit - etwas - nicht - näher - Identifizierbarem - Eintopf, ohne sich Gedanken über den Geschmack zu machen. Ihm war, als wäre er unantastbar... Nach dem Abendbrot verschwanden die Beiden mit der Begründung, müde zu sein und morgen in die Schule zu müssen, auf ihr Zimmer. Esa schaffte es gerade noch, die Tür zuzuschließen, bevor sein Australier sich auf ihr stürzte und ihm den Verstand raubte. Sanft streichelte Jack über das weiche, blonde Haar seines Freundes und fragte sich, warum die Welt nicht immer so perfekt sein konnte. "Vielleicht, weil man dann das Besondere eines solchen Augenblickes nicht mehr spüren würde?" Erstaunt bemerkte der Jüngere, dass er seine Gedanken laut gesagt hatte. "Vielleicht... Ich will dich aber nicht mehr verlieren." Esa lachte leise und kuschelte sich etwas enger an den Anderen. "Wieso solltest du? Ich meine, ich habe nicht vor, jemals zu verschwinden." "Und wenn du zurück musst? Wenn ich zurück muss? Was dann?" Nachdenklich pustete Jack seinen warmen Atem über den nackten Hals, der sich ihm so praktisch anbot und hoffte, dass sein Geliebter eine Lösung für ihr Problem hatte. "Dann bin ich schon fast volljährig... Ich könnte dann sogar umziehen... Wir schaffen das schon." "Mhh..." "Glaube mir." "Ich glaube dir alles. Ich freue mich nur." Jack grinste und fragte sich, wieso seine Eltern eigentlich so gegen ihre Beziehung sein sollten - Liebe war schließlich göttlich, und wenn der Herr doch alles erschaffen hatte, hätte er diese Form sicher unterbunden, wenn sie ihm nicht gefallen hätte. Nein, Gott konnte gar nichts gegen ihre Verbindung haben... Aber das würde seine Mutter wohl eher nicht beeindrucken und das war alles, vorauf es ankam. Still lauschte er dem ruhigen Herzschlag des fremden Körpers, der sich an seinen schmiegte. Solange er liebte, würde ihn keiner aufhalten können und wenn sie die ganze Hölle auf ihn herabriefen - mit seinem Engel schaffte er alles. Und sich immer noch fragend, wie er so lange ohne Esa hatte leben können, schlief er ein. Esa spürte, wie ihm immer wärmer wurde und wusste, dass er es nicht mehr lange aushalten würde - zu lange war es her, dass sie eine Chance hatten, intimer zu werden. Doch jetzt hatte sie noch mindestens drei Stunden Zeit und wie er seinen Australier kannte, würde der die völlig auskosten wollen. Erst mit dem, was sie gerade taten, dann mit Zukunftsplänen und dann vielleicht mit etwas kuscheln. Wenn Zeit blieb. Doch wieder verschwanden alle Gedanken aus seinem Kopf, weil alles in einem Wirbel aus Lust und Leidenschaft verschwand, weil er nach Luft rang, da er gerade einige freie Sekunden hatte, weil er deutlich interessante Dinge zu tun hatte... Zärtlich wurde er auf sein Bett geschubst, fragte sich gar nicht erst, wie das überhaupt ging, und genoss jede Sekunde. Gerade überlegte er sich, warum eigentlich immer er den passiven Part übernahm, beschloss dann kurzerhand, es das nächste Mal einfach umzudrehen und vergaß gleich darauf alles, was er jemals gewusst hatte, weil sie miteinander verschmolzen. Dann riss er in Ekstase die Augen auf. Ohne jede Beherrschung krallte er sich in die Schulter seines Freundes und sah verschwommen, wie dessen Körper sich geschmeidig hin- und her bewegte. Dann erstarrte er. Mit einem Mal schien er nichts mehr zu hören, nichts mehr zu fühlen, nur noch Anne zu sehen, die fassungslos im Türrahmen stand und sie wie den Teufel leibhaftig anstarrte. "Jack..." Esa merkte selbst, wie schwach seine Stimme war, doch sein Geliebter hörte augenblicklich, dass etwas nicht stimmte. Nie sollte der Finne vergessen, wie Jack sich von ihm löste, herum wirbelte, seine Mutter sah und völlige hilflos die Bettdecke ein Stückchen hochzog - nicht, dass damit die Situation unverfänglicher gewesen wäre. Für immer war ihm der Schreck eingebrannt, der ihn bis in die Knochen erbeben und zittern ließ, der kalte, harte Blick, der ihn traf und die warmen Hände, die reflexartig unter der Decke nach seinen griffen. Das konnte doch nicht wahr sein... Das musste ein Albtraum sein... Doch Anne war echt und voller eiskalter Wut, und so trat sie auf die Beiden zu und zog die schützende Bedeckung weg. Esa wusste, dass er, als Älterer, die Verantwortung übernehmen musste, doch er bekam kein Wort heraus. Er spürte nur die Röte, die ihm ins Gesicht stieg, Jacks warme Hände und die Kälte, die auf seinen erhitzten Körper traf. Hätte der Jüngere ihn nicht plötzlich fest in den Arm geschlossen, wäre er vermutlich im ersten Schock in Tränen ausgebrochen, so aber hielt er alles zurück. "Mum..." Doch seine Mutter schien nicht gewillt, ihm zuzuhören, denn sie schüttelte nur ihren Kopf und konnte ihren Blick nicht abwenden. "Du... und er? Ein Junge? Was hast du dir dabei gedacht?? Ich weiß ja, dass Jungen gewisse Gelüste haben, doch man schläft nicht aus purer Geilheit mit einem MANN! Man beherrscht sich, verstehst du mich? Das ist doch... Du weißt selber, wie unnatürlich und widerlich das ist! Dich von einem Jungen verführen zu lassen! Was denkst du dir überhaupt dabei? Denkst du überhaupt? Habe ich dir in all den Jahren nichts beigebracht? Antworte mir!" Esa hatte während dieses Wortschwalls seine Beine ein Stückchen angezogen, unbewusst, um sich vor den harten Worten zu schützen und merkte, wie sehr ihn das alles traf. Kam Anne denn nicht auf die Idee, sie könnten tatsächlich eine Beziehung haben? Musste denn alles auf rein sexueller Basis laufen, sofern es unter Männern war? Jack spürte, wie der dünne Körper in seinem Arm noch stärker zitterte, und plötzlich kam in ihm Wut hoch. Wut auf seine Mutter, die ihn und Esa immer noch betrachtete, als wären sie irgend welche schleimigen Würmer, die sich in ihr Schlafzimmer verirrt hatten und die gegen ihre natürliche Art einfach unmenschlich und intolerant war, Wut auf sich, weil er nicht besser aufgepasst hatte und den zierlichen jungen Mann nicht beschützen konnte, Wut auf seine ganze Familie, die ihn nie akzeptieren würde und Wut auf alle, die seinen Geliebten beschimpften. Und aus dieser Wut schöpfte er die Kraft, tatsächlich zu antworten. "Mum! Ich liebe ihn. Wir sind zusammen, schon länger." Für einen Moment war Anne sprachlos, dann betrachtete sie ihren Sohn, als habe sie ihn noch nie zuvor gesehen. "Das ist krank. Das ist anormal, das weißt du." Die Worte erinnerten Jack an irgendetwas, doch in erster Linie verletzten sie ihn, auch wenn er gewusst hatte, dass seine Mutter nicht begeistert sein würde. Aber gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass sie damit seine Beziehung und Esa verunglimpfte, und er spürte, wie die Wut neu in ihm aufflammte. "Warum? Weil irgend jemand, der von der Liebe keine Ahnung hat, das sagt?? Weil es nicht üblich ist? Weil es...unnatürlich ist?" Seine Stimme klang immer wütender und er wäre am liebsten aufgesprungen, dachte aber gerade noch rechtzeitig an seine Blöße. "Liebe ist nicht berechenbar, du kannst keine Norm für sie aufstellen!" Plötzlich fühlte Esa, wie ihm wieder warm wurde, als er das hörte, die Angst verschwand und ließ die Gewissheit zurück, dass man ihm und Jack nie nehmen konnte, was sie gemeinsam erlebt hatte. Und so hob er den Kopf und begegnete dem kalten Blick, der ihn zu durchbohren schien und nun noch stechender wurde. "Genau, weil es unnatürlich ist! Gott selber hat beschlossen, dass eine Beziehung zwischen Männern abartig ist! Und außerdem ohne jeden Nutzen!" "Ach ja? Liebe ist also nur erlaubt, wenn sie zur Züchtung von Menschen dient? Mum, öffne doch die Augen! DAS ist bestimmt nicht abartig! Ich wette, du hast dir noch nie die Mühe gemacht, mit Menschen wie uns überhaupt nur zu reden!!" Anne wich entgeistert ein paar Schritte zurück, während ihre Gedanken wild durcheinander wirbelten. "Du bist krank. Zieht euch an und kommt nach unten. Ich rufe deinen Vater und den Pastor an." Sie drehte sich wortlos um und verschwand mit harten Schritten hinunter ins Wohnzimmer. Und während sie, fest entschlossen, ihren Sohn zu heilen, eine Nummer nach der anderen anrief, merkte sie nicht, dass sie ihn verlor. Es war vorbei. Anstatt verregnet und trübe zu sein, wie es sich für einen solchen Tag gehörte, schien die Sonne vergnügt vom Himmel und verstrahlte eine nicht zu leugnende Heiterkeit, die leider weder bei Esa noch bei Jack ankam. Nachdem weder Gespräche mit einem Geistlichen, noch Hausarrest oder andere Maßnahmen gefruchtet hatten, war man in dem großen Haus mitten ihm Nirgendwo darauf gekommen, dass der blonde Finne Ursache für die Krankheit des Sprösslings war und hatte ihn trotz machtloser Proteste weiter vermittelt. Es war sowieso undenkbar, dass Jack in diesem Zustand an einen Austauschprogramm teilnahm... Der Mann, der Esa abholte, war ein verständnisvoller Mitfünfziger, der eine lesbische Tochter hatte, am anderen Ende des Landes wohnte und einfach nicht verstehen konnte, warum die Eltern so rigoros gegen die Verbindung waren. Doch den wirklich höflichen aber eiskalten Erziehungsberechtigten schien keiner mehr hineinreden zu können. Und so standen Jack und sein Finne sich gegenüber, standen vor den Trümmern ihrer Pläne und konnten sich nicht vorstellen, wie es nachher sein würde. Als das Gepäck verstaut und alles Spuren des schwulen Besuchers getilgt waren, wurde es Zeit, Abschied zu nehmen. Traurig spürte Esa den festen Händedruck, der alles sein sollte, was er von seinem Freund bekam. Etwas anderes würden die Eltern gar nicht erlauben... Doch plötzlich zog er Jack fest an sich und küsste ihn, als gäbe es kein morgen - was zumindest für ihre Beziehung zu stimmen schien. Und während Anne fassungslos auf die Beiden zu lief, steckte der blonde Finne ihrem Sohn eine CD zu, von der beide wussten, welches Lied darauf war. Dann löste er sich schnell, bevor er anfangen konnte zu weinen, hastete zum Wagen und blickte kurz zurück. Und wie er seine erste und vermutlich einzige große Liebe mitten in der Wüste stehen sah, total überrumpelt, alleine, unsicher, lächelte er. Das Band zwischen ihnen war stärker als jemals zuvor, und Esa war sicher, dass es auch die Belastung der Entfernung aushalten würde. Wie von alleine öffnete sich sein Mund und die Melodie, die Jack so oft verflucht hatte, flog zu ihm herüber. "And I would gladly hit the road, get up and go if I knew That someday it would bring me back to you That someday it would bring me back to you." Jetzt grinste auch Jack, hatte es geschafft, die Trauer zu verdrängen. Singen konnte sein Schatz wirklich... Plötzlich kam eine Erinnerung in ihm hoch und liebevoll lächelnd rief er: "Nicht nur für hier und jetzt. Für immer. Wir sehen uns dann spätestens in drei Jahren!" Und als Esa in den Wagen stieg, die Tür schloss und weg fuhr, wussten Beide, dass sie sich wiedersehen würden. Denn auch wenn der Mensch etwas Zerbrechliches ist und das Glück noch schneller zersplittert, kann die Liebe unendliche Strecken zu nichts zusammenschrumpfen lassen. So, hier wären wir dann. Vielen Dank für euer Interesse an Esa, Jack und den Anderen. Ich würde mich sehr über eine letzte Rückmeldung von euch freuen, auch und besonders über konstruktive Kritik. Ich hoffe, ihr habt euren Spaß mit der Geschichte gehabt - ich meinen auf jeden Fall. Alles Gute, Schreiberliene. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)