And I would gladly hit the road... von Schreiberliene (An unlucky australian Lovestory?) ================================================================================ Kapitel 7: Sunday morning ------------------------- Jack war immer da, beherrschte jeden seiner Gedanken und es schien dem Finnen unmöglich, seine Augen und, das war erheblich schlimmer, seine Finger von seinem Freund zu lassen. Allerdings konnte er ohne zu lügen sagen, dass dieses Interesse durchaus auch zurückkam... Kaum zu glauben, doch schon mehr als zwei Monate war er in Australien und je mehr Zeit er hier verbrachte, desto deutlicher wurde ihm, wie begrenzt die gemeinsamen Stunden mit seinem Liebsten waren... Außerdem hatte sein Gastgeber ja erst vor einem Monat seine Qualitäten erkannt. Maximal noch das Jahr, dass Jack in Finnland verbrachte, doch vielleicht bekam er auch eine andere Familie - man hatte ihm gesagt, dass sei nicht unmöglich... Und dann wäre der Junge, mit dem ihm schon so unglaublich viel verband, weg. Hastig riss Esa sich aus diesen trüben Gedanken. Er wollte nicht traurig werden, viel lieber im hier und jetzt leben, für alles andere war die Zeit zu schade! Trotzdem irgendwie in einer merkwürdigen Stimmung, kuschelte er sich etwas näher an seinen Australier und hoffte, es würde wieder vergehen. Leider war diese traute Zweisamkeit nicht von langer Dauer, denn Schritte näherten sich über die Treppe und an dem Klackern konnte Esa sich seufzend denken, wer da kam... Schnell huschte er zurück in sein eigenes Bett und schlüpfte unter die eiskalte Decke. So war es immer - ohne Jack fehlte etwas auf seiner Matratze. Die Klinke bewegte sich nach unten, doch natürlich hatten sie am letzten Abend die Türe abgeschlossen - wäre ja noch schöner! Doch plötzlich hörte man das Geräusch eines Schlüssels, der herumgedreht wurde, und Anne betrat das Zimmer. Obwohl sie eigentlich eine furchtbar nette Person war, hatte Esa gelernt, sie zu hassen. Andauernd mussten sie aufpassen, nicht von ihr erwischt zu werden, andauernd spionierte sie ihnen hinterher, andauernd sorgte sie dafür, dass er das Bett wechseln musste, andauernd störte sie... Eigentlich merkwürdig, denn sonst war sie eine weltoffene, leicht chaotische und wirklich sympathische Person. "Wacht auf, Jungs! Frühstück ist fertig, ihr wollt doch zeitig los, oder?" Ein protestierende Grummeln zeigte, dass Jack ganz und gar nicht ihrer Meinung war, doch im Gegensatz dazu stand der verwuschelte Haarschopf, der sich erhob und der dunkle Oberkörper, der umgehend folgte. "Ist ja schon gut..." Gähnend streckte er sich, in Gedanken noch halb bei seinem Traum und halb bei dem Zelttrip, den sie heute machen wollten... Er grinste gerade, als ihm einfiel, das "sie" in diesem Falle nur er und Esa wären, da seine Eltern fanden, zwei so große Jungs sollten etwas miteinander unternehmen, als seine Mutter mit einem spitzen Aufschrei auf ihn zugestürmt kam. Absolut überumpelt fragte er sich nur noch, wieso seine Mutter plötzlich seine Brust betatschte - etwas, was ihm, ehrlich gesagt, ziemlich unangenehm war. "Mum! Was soll das?" Protestierend stieß er sie weg, doch seine Mutter starrte ihn fassungslos an. "Was bitte ist das ?" Pikiert deutete sie auf einen großen, schon fast verblassten Knutschfleck, den Esa vorein paar Tagen dort platziert hatte und für den sie nun schleunigst eine gute Erklärung brauchten. "Was soll das schon sein? Ich hab´ mich gestoßen... Du weißt schon, Turnunterricht, Reck und ich..." Völlig ruhig, nicht zu schnell, nicht zu langsam hatte Jack ihr geantwortet und erhob sich nun aus seinem Bett. "Was dachtest du denn?" Scheinbar müde, obwohl der Schreck jede Schläfrigkeit vertrieben hatte, schlurfte er durch das Zimmer und sammelte ein paar Kleider ein, während seine Mutter ihn skeptisch beobachtete. Gerade als Jack in die kühle Sicherheit des Bades verschwinden wollte, damit seine Mutter nicht noch mehr Rückstände der diversen Nächte fand, hielt diese ihn mit kalter, warnender Stimme zurück. "Ich wüsste, wenn du eine Freundin hättest? Und wenn du sexuelle, ehelichen Absichten hättest?" Der Australier, der seiner Mutter in Liebesdingen noch nie wirklich über den Weg getraut hatte, drehte sich seufzend um und erwiderte ihren Blick leicht genervt. "Mum, ich verspreche dir, wenn ich eine Freundin habe, bist du die erste, die es erfährt. Und wenn ich mit einem Mädchen Sex haben sollte, weiß ich, dass ich sie heiraten muss. Okay?" Für einen Moment war die Luft im Zimmer fast zum Schneiden, dann lächelte Anne entspannt und meinte: "Wolltest du nicht duschen gehen?" Erleichtert verschwand Jack in dem gefließten Raum und ließ sich aufseufzend gegen die Kacheln sinken. Verdammt, das war knapp gewesen... Während dessen grinste Anne ihren Austauschsohn entschuldigend an und meinte: "Nun, wenn ein Junge mit siebzehn noch keine Freundin hatte, wird man als Mutter eben misstrauisch... Und bevor er irgendeine Dummheit macht, schließlich ist in seinem Alter eine Beziehung wirklich etwas ernstes, frage ich lieber ein Mal zuviel nach..." Esa nickte verstehend, spürte aber einen bitteren Geschmack im Mund, von dem er nicht genau wusste, ob er von den nicht geputzten Zähnen, der ausgestandenen Angst oder dem glühenden Hass der seine Eingeweide überschwemmte, kam. Nachdem sich der Aufbruch einige Male wegen Kleinigkeiten verschoben hatte, gingen die beiden jungen Männer auf die Zeltwanderung, die sie schon so lange geplant hatten - nicht zuletzt, weil sie endlich wieder ganz alleine sein würden. Esa, der sich nicht vorstellen konnte, zwei Tage durch diese endlose, rote Wüste zu gehen, seufzte auf. Wandern war definitv keines seiner Hobbies. Brauchte es aber auch nicht, denn Jack hatte genug Spaß für sie Beide. Ein richtiger kleiner Freak, der leider einen Kopf größer war als er selbst... Heilfroh bemerkte der Finne, wie ein Wagen neben ihnen hielt und ein beleibter Fahrer seinen hochroten Kopf herausstreckte. "Was macht ihr denn hier?" Jack strich sich einige Haare aus der Stirn und grinste freundlich. "Wir wandern... Aber mein Finne ist ein bisschen fußfaul. Außerdem glaubt er, dass hier wäre schon ewige, rote Wüste." Die beiden Heimischen lachten und Esa beschloss, dass die Australier ein seltsames Völkchen waren. Allein ihr Humor! Schließlich hatte er doch recht, viel roter und leerer konnte es doch nicht mehr werden... "Tja...Wenn ihr mögt, nehm ich euch ein Stückchen mit. Dann seid ihr früher da und unser Landesgast hat Chancen, seine Füße zu behalten..." Wieder lachten die zwei schallend, und hätte Esa nicht auf einen weichen Sitz spekuliert, hätte er wohl eine patzige Bemerkung gemacht. So grinste er nur schief und stieg hinter Jack, der sich artig bedankte, in den Geländewagen, der ihnen einige Meilen abnahm, bevor sie wieder aussteigen mussten. Müde und irgendwie doch begeistert von der Tier- und Pflanzenwelt, die sich einem auftat, wenn man auf seinen Liebsten hörte, ließ der Finne sich in den Sand fallen. Noch während er überlegte, warum eigentlich das Zelten hier ungefährlicher war als anderswo, stellte sein Gefährte ein kleines Zelt auf, und Esa beschloss, dass er ihm noch nie dankbarer gewesen war. Schnell schlüpfte er in die kleine Behausung und machte es sich auf seinem Schlafsack bequem. Das Leben war doch herrlich... Jack betrat jetzt auch das kleine Reich, dass sie für diese Nacht nur für sich hatten, und ein schmutziges Grinsen lag auf seinen Lippen. "Schön, dass wir mal ein paar Stunden für uns haben..." Esa merkte, wie ihm mal wieder das Recht des Älteren, anzüglich zu sein, entrissen wurde - und das gefiel ihm nicht, auch wenn er eigentlich viel schüchterner war, als es oft den Anschein hatte. Ein freundliches Grinsen seinerseits, ein schneller Griff in seinen Rucksack und ein kleiner, handlicher Cd-Player kam zum vorschein. "Nicht zu vergessen..." Jack stöhnte verzweifelt auf und schien das kleine Elektrogerät am liebsten in die Wüste kicken zu wollen. "Müssen wir das Ding die ganze Zeit hören? Wie heißt das Lied eigentlich, von wem ist es?" Der blonde Mann zuckte mit den Schultern und drückte auf die Playtaste, voraufhin die Musik durch das Zelt klang und ein frustierter Australier sich auf den Boden warf. "Ich prophezeie dir, mit dem Ding wirst du nie eine richtige Beziehung führen..." Dunkel grummelten diese Worte durch ihr kleines Reich, doch Esa lachte nur hell auf und legte sich näher an seinen schmollenden Liebhaber. "Und wie nennst du das, was wir haben?" "Keine Ahnung..." Sie lagen eine ganze Zeit da und hörten nur das eine Lied, das immer wieder in der Endlosschleife lief und Jack fast um den Verstand brachte. Schließlich wollte er sich auf das Gerät stürzen, doch Esa hatte mit so etwas gerechnet und vereitelte das Attentat, indem er sich zwischen die Beiden warf und eine Rangelei heraufbeschwor, die bald deutlich mehr wurde und somit die Musik völlig in den Hintergrund treten ließ. Es war ein ganz neues Gefühl, sich nicht zurückhalten zu müssen, so laut stöhnen zu dürfen, wie sie wollten - und das nutzten die Beiden weidlich aus. Esa meinte, unter den inzwischen wirklich kundigen Händen verglühen zu müssen und versuchte verzweifelt, einen Gegenangriff zu starten, der aber schon im Keim und mit einem innigen Kuss abgeblockt wurde. Es war ein Kampf, in dem keiner gewinnen wollte, keiner gewinnen konnte... Und als Jack in die vor Leidenschaft trüben Augen sah, wusste er, dass es heute weiter gehen würde, als sie es je gewagt hatten... Esa wachte auf, weil sein Magen ihm zwei völlig unterschiedlichen Signale schickte: Einmal hatte er Hunger und dann war ihm etwas schlecht. Als der Finne dann die Augen aufschlug und verschiene Geräusche gleichzeitig wahrnahm, eines davon gerade erst einsetzend, die er nicht direkt zuordnen konnte, meldete sich auch sein Hinterteil. Gut vorbereitet war Jack ja auf diese Wanderung gewesen, das konnte man ihm nicht vorwerfen, doch anscheinend gehörte dieses Ziehen unwiderurflich dazu... Plötzlich sandte sein Gehirn ein Wort, das ihn absolut verwirrte. Regen. Erst nach einigen Sekunden wurde ihm klar, dass das eines der undefinierbaren Geräusche gewesen war, die ihn irritiert hatten. Das andere war der furchtbar leise Cd-Player, der seine ewige Dudelei wohl mit seiner Batterie bezahlt hatte. Es war Sonntagmorgen, sein Lieblingslied lief, Regen fiel auf´s Dach, und er hatte nur noch eine einzige Sache, die er unbedingt machen wollte - etwas, das er viel zu lange aufgeschoben hatte. Außerdem hatte er Sex gehabt. All das führte dazu, dass es ihm unverschämt gut ging. Leicht stöhnend kniete er sich neben seinen Freund und betrachtete das ruhige Gesicht, das sich im Schlaf immer so entspannte. Vielleicht sollte er üben? Er kam sich leicht albern vor, schließlich war er achtzehn und kein kleines Schulmädchen mehr und konnte mit diesem Thema erwachsen umgehen. Trotzdem beugte er sich ein Stückchen weiter nach unten und flüsterte fast unhörbar: "Ich liebe dich..." Kurz wartete er, hoffte halb, dass Jack doch wach gewesen war und ihm somit die Frage, wie er es ihm sagen sollte, ersparte, doch sein Schatz drehte sich nur schnarchend auf die andere Seite. Anscheind kam ihm von Esa zu viel Unruhe entgegen... Seufzend erhob der sich und trat nach draußen, wo große, graue Wolken den Himmel verhangen und das Wasser einen dichten Vorhang bildete, der ihn innerhalb von wenigen Minuten völlig durchnässte. Nun ja, zumindest hatte er trockene Kleider dabei... Außerdem war das hier etwas ganz anderes als bei ihm zuhause. Dort war Regen nicht besonderes und wenn er kam, dann meistens nicht so plötzlich. Doch hier... Die rote Erde war dunkler geworden und wirkte nun wirklicher als zuvor. Kleine Tiere, die sonst in der Erde lebten, waren schnell hervogekrochen und huschten über die Steine, während die Hitze, die in der Erde gespeichert gewesen war, in dünnen Nebelschwaden verzischte und das Sonnenlicht an manchen Stellen durch die Wolken brach und Lichtkreise auf den Boden malte. Am Horizont konnte er einen schmalen, unglaublich hellen Streifen sehen, der ein Zeichen eines wunderschönen Sonnenaufgangs war. Irgendwie schien alles wie im Traum, und mit einem Mal hatte Esa das Gefühl, tanzen zu müssen - er drehte sich lachend im Kreis und war sich gar nicht mal so sicher, was ihn derart glücklich machte. Dieser Morgen war sicher ein Teil, dieses Land, und besonders dieser unglaubliche Mensch, den die meisten unwissenden Wesen für einen Durchschnittsbürger hielten, der aber soviel mehr war. Esa wusste nicht genau, wie die Beziehung zwischen ihnen genannt werden sollte, doch er war sich eigentlich sicher, dass sein Geständnis nicht auf taube Ohren stoßen würde... Vielleicht war das ja auch nur sein unglaublicher Optimismus, doch in diesem Moment wollte Esa am liebsten die ganze Welt umarmen und ihr zeigen, wie sehr man das Leben genießen konnte, wie schön es war... Und er lachte, drehte sich im Kreis, bis er meinte, nicht mehr stehen zu können und noch viel weiter. Kurz fragte er sich, ob er nun übergeschnappt war, doch dann sank er auf den Boden. Er war einfach nur wahnsinnig froh, hier zu sein, wahnsinnig froh, dass seine Maschine nicht abgestürzt war, wahnsinnig froh, dass er bei Jack gelandet war, wahnsinnig froh, dass er diesen dazu gebracht hatte, sich und ihn zu akzeptieren, wahnsinnig froh, mit ihm geschlafen zu haben, auch wenn mit seinem Geständnis vielleicht alles enden würde, wahnsinnig froh, dass es Jack überhaupt gab, wahnsinnig froh... Jack hatte den Regen auf das Zeltdach prasseln gehört, und kurzzeitig war ihm so, als hätte jemand zu ihm gesprochen, doch er verdrängte die Stimme, wollte schlafen. Aber als sich ein helles, klares Lachen mit dem Geräusch der fallenden Regentropfen mischte, kämpfte er sich aus den Decken und streckte den Kopf in´s Freie... Und er sah einen achtzehnjährigen Mann, der nie wirklich aufgehört hatte Kind zu sein, der sich unablässig drehte, und drehte, und drehte, bis seine Beine schließlich nachgaben, und in diesem Moment wurde Jack klar, was das zwischen ihnen war. Und während die Sonne höher stieg, hinter den Wolken verschwand und so nur einen roten Schatten am Horizont hinterließ, während die Erde langsam schlammig wurde, während der Zauber, der über diesem Morgen gelegen hatte, plötzlich verschwand, wusste er genau, dass der andere gar nicht viel anders fühlen konnte. Und so hob er seine Stimme und rief so laut, dass es jeder, der sich auch nur im näheren Umkreis befunden hätte, gehört haben musste. Vielleicht ist das gerade das Besondere an diesem Land: Es war keiner außer ihnen in der Nähe. An diesem Tag, an diesem Morgen, in diesem Land voller Menschen, waren Jack und Esa völlig alleine auf der Welt und hatte auch kein Bedürfnis nach anderen. "Ich liebe dich. Für immer." Jack wusste gar nicht, wieso es ihm nicht schon früher aufgefallen war. Er hatte ihn die ganze Zeit geliebt, seit dem Moment, als er ihn als Einzigen in der Menge der Flughafenmenschen gefunden hatte, seit er seine Augen gesehen hatte, da hatte sein Herz schon für ihn entschieden. Es war nicht ein wenig schöner bei Esa zu sein, sein Herz schlug nicht etwas schneller - seine Gefühle hatten schon längst entschieden, als sein Geist noch mit dem Gedanken rang, schwul zu sein. Und hier schien plötzlich alles so einfach... Das, was er fühlte, war Liebe. Esa schaute ihn durch den dichten Regenschleier an und lächelte. "Vielleicht nicht für immer, aber für hier und jetzt auf jeden Fall... Ich wollte es dir eigentlich zuerst sagen." Jetzt musste auch Jack lächeln und ging langsam zu dem Finnen, neben den er sich setzte. Lange saßen sie dort, bis der Regen verklungen und die Sonne wieder erschienen war, bis heller Dampf aus ihren Kleidern aufstieg. Zeit hatte im hier und jetzt keine Bedeutung. Leider haben auch unendlich und ewige Momente irgendwann ein Ende, zumindest, wenn sie von Menschen geschaffen werden... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)