And I would gladly hit the road... von Schreiberliene (An unlucky australian Lovestory?) ================================================================================ Kapitel 3: That may be all I need... ------------------------------------ Schweden... Deutschland... Frankreich... Spanien... USA... Alles hätte er wählen können, doch nun saß der Finne sprachlos an dem Frühstückstisch und schaute in seine tiefrote Tomatensuppe. Ja, Tomatensuppe, denn das schienen die hier tatsächlich als "Start in den Tag" zu sehen - furchtbar. Esa blickte verstohlen von seinem Teller auf und sah, wie seine hübsche Gastmutter sich fröhlich mit ihrem muskulösen, großen Mann unterhielt. Der war überaus freundlich, hatte dunkelbraunes Haar und die selben leuchtenden Augen wie sein Sohn, der ratlos neben Esa saß und anscheinend nicht wusste, was er mit seinem Gast machen sollte. Mit einiger Überwindung aß dieser dann sein seltsames Frühstück, um seine Gastfamilie nicht zu beleidigen und griff dann zu dem Mangosaft, der seltsamerweise auf dem Tisch stand. Esa hatte nicht einmal gewusst, dass es so etwas gab, doch schon nach den ersten Stunden in diesem Haus lernte er etwas über die fremde Kultur - auch wenn es sicher länger brauchen würde, bis er sich an die neuen Sitten gewöhnt hatte... Zumindest dieser Jack war eine angenehme Überraschung - nicht nur das er gut aussah, er schien auch intelligent und nett zu sein, außerdem hatte er da so ein Gefühl. Da gab es ja eventuell Chancen... Grinsend überlegte Esa, ob es sich wohl lohnen würde, den lieben Jungen ein wenig näher kennen zu lernen - ein Jahr war eine lange Zeit... Andererseits würde er danach gehen, und es wäre maximal noch das Rücktauschjahr. Der Finne seufzte erleichtert auf, denn allein die Tatsache, dass er wieder auf die Pirsch ging und überhaupt über so etwas nachdachte, zeigte, dass es hier gar nicht so schlecht war. Er benahm sich nur wie eine Mimose. Etwas irritierend war aber, wie stark er sich zu dem anderen hingezogen fühlte, wo er doch normalerweise deutlich zurückhaltender war. Nach dem Essen gingen sie zurück in ihr Zimmer, setzten sich auf ihre Betten und starrten sich solange an, bis ihnen langweilig wurde. Dann brach Jack die Stille. "Ähm...Was willst du denn machen? Irgendwelche besonderen Wünsche?" Sein Gast schüttelte den Kopf und zuckte gleichzeitig mit den Achseln. "Nein, ich weiß ja nicht einmal, was man hier machen kann..." Wieder fiel Jack der lustige Akzent auf und er musst schmunzeln. Er mochte den anderen schon jetzt, im Grunde müssten sie sich nur an einander gewöhnen. "Mhh...Na, wie wäre es denn dann bei diesem Wetter mit schwimmen?" Eine Antwort war überflüssig, denn die hellgrünen Augen des Anderen begannen zu strahlen und er lächelte ihn nickend an. Damit war das also schon einmal geklärt, und wenige Minuten später befanden die beiden sich auf dem Weg.Vorbei an einem Friedhof, auf dem selbst bei diesen Temperaturen Kerzen in den Totenlämpchen brannten, über eine schier endlose Straße, an der nur sehr vereinzelt Häuser standen, hin zum Ort des Begehrens. "Gefällt dir dein Zimmer?" Etwas besseres fiel Jack nicht ein, doch so konnte er wenigstens eine Konversation starten, und Esa reagierte auch prompt. "Ja, danke, gefällt mir sehr, die Betten sind auch sehr gemütlich." Der nette blonde Junge lächelte verlegen und schaute dann hinaus auf die Straße, die immer schneller an dem schmutzigen Fenster vorbeiraste. "Dir wird es hier sicher Spaß machen - wenn man sich an die ewige Fahrzeit gewöhnt, geht es eigentlich." Esa nickte, und als sie endlich am Schwimmbad eingetroffen waren, seufzten beide erleichtert auf - zumindest hatte sie hier etwas zu tun. Während die Hitze erbarmungslos auf die hellblaue Oberfläche prallte und das Licht sich in chaotischen Mustern immer wieder brach, saßen die beiden Jungen auf einer kleinen Decke und unterhielten sich prächtig. Irgendwann zwischen der zweiten Pommes und der Wasserschlacht, so genau konnten sie es nicht sagen, war das Eis gebrochen, und nun stellte sich heraus, dass sie sich nicht unbedingt für die gleichen Dinge interessierten. "Du singst?!" Fassungslos starrte Jack seinen finnischen Gast an und suchte verzweifelt nach Worten. "So...So richtig??" Esa lachte und nickte zustimmend, während er sich eine Hand voll Gummibärchen aus der Tüte nahm. "Ja, ich bin sogar im Chor. Und ich koche unheimlich gerne." Sein Gegenüber sah aus, als würde für ihn eine Welt zusammenbrechen und schnappte sich ebenfalls einige dieser Gelantineklumpen. "Strickst du zufällig auch? Ich meine, könnte ja sein..." Esa lachte und und warf dabei sein helles Haar zurück, halb aus Gewohnheit, halb, um seinem Gegenüber vielleicht ein bisschen mehr sexuelle Aufmerksamkeit abzuringen. "Nein, ist mir zu langweilig... Was machst du denn in deiner Freizeit?" "Joggen, skaten, spazieren gehen, Kirche... So etwas eben." Der zierliche, blonde Junge verschluckte sich und versuchte hustend, sich vor einem vorzeitigen Erstickungstod durch ein Gummibärchen zu retten - wie schon erwähnt hatte er, sein Ableben betreffend, andere Pläne. "Kirche? So siehst du aber gar nicht aus, einen fanatischen Gläubigen stelle ich mir anders vor..." Sofort merkte Esa, dass er einen Fehler gemacht hatte, denn urplötzlich kühlte die Stimmung merklich ab, und die Augen des kräftigen Australiers funkelten gefährlich. "Wir sind nicht fanatisch - aber wir legen sehr großen Wert auf die Kirche. Hast du was gegen die Religion?" "Nein, natürlich nicht, ich meine, wir gehen zwar nicht häufig beten oder so, aber im Grunde stehe ich ziemlich neutral dazu..." Jack nickte verstehend. "Wir gehen jeden Sonntag und erwarten von jemandem, der bei uns wohnt, dass er das selbe macht... Außerdem sind wir davon ausgegangen, dass du auch nach dem christlichen Glauben lebst." Der andere Junge nickte schnell verstehen und meinte: "Kein Problem, wirklich..." Sofort wurde er mit einem warmen Lächeln belohnt und Jack wandte sich prompt anderen Themen zu. "Machst du denn gar keinen Sport oder so? Singen, kochen, lesen... Sonst nichts?" Esa blickte ihn, mit den Gedanken noch ganz woanders, irritiert an, fing sich dann aber wieder und lachte. "Doch, ich mache gerne Karate." "Karate?!?" Ungläubig blickte der attraktive Australier mit der markanten Nase ihn an und wieder musste Esa kichern. "Ja, Karate..." "That may be all I need In darkness she is all I see Come and rest your bones with me Driving slow on Sunday morning And I never want to leave" Leise vor sich hersingend stand Esa unter der Dusche und beobachtete, wie das warme Wasser an der hellblauen gefliesten Wand herablief und sich in der Wanne sammelte. Wie Regen, der gegen ein Fenster gedrückt wird, wie Tränen, die auf Glas perlen, wie schmelzender... Aber mit den Gedanken war er ganz woanders. Nun gut, vielleicht nicht ganz woanders, denn man brauchte nur in´s Nebenzimmer zu schauen, wo ein dunkelhaariger, muskulöser, humorvoller und leider verdammt religiöser junger Mann saß und kopfschüttelnd den leisen Tönen lauschte, die durch die Wand herüberklangen. Er war das Problem. Seufzend lehnte Esa sich zurück und überlegte sich, wie schön einfach das alles gewesen wäre, wenn dieses dumme Flugzeug einfach abgestürzt wäre. Keine Probleme, kein Herzklopfen, kein "sich-dumm-fühlen". Aber nein, natürlich waren sie haarscharf an der Katastrophe vorbeigeschliddert, nur damit er in einer unglaublich netten Familie landete, die anscheinend sehr am lieben Gott hing. Nicht, dass er ungläubig gewesen wäre, aber einige Passagen aus dem heiligen Buch und einige Äußerungen der Kirche gefielen ihm nicht besonders - unter anderem die Abneigung gegen gleichgeschlechtliche Liebe. Mit einer kraftlosen Handbewegung beendete er die Wasserzufuhr, doch die Gedanken strömten ungehindert weiter. Und was, wenn die Nähe und starke Verbundenheit, die er zu spüren geglaubt hatte, in Wirklichkeit nur seiner Phantasie entsprungen war? Wer sagte ihm, dass Jack nicht auch an Homophobie litt? Müde zog er sich an, vertauschte die verschiedenen Öffnungen seines Pullovers und griff dann nach dem Fön. Vielleicht sollte er es einfach ausprobieren? Bis jetzt hatte er eigentlich noch keine besonders schlechten Erfahrungen gemacht, doch wenn er ehrlich war, wollte er nicht unbedingt hier anfangen - den Jungen musste er noch mindestens ein Jahr lang vor der Nase haben... Ein letzter, abgrundtiefer Seufzer und er machte sich auf den Weg zu seinem Bett. Momentan konnte er sowieso nichts anderes tun, und mit etwas Glück würden seine Gefühle, die ja erst im Anfangsstadium waren, sich Schritt für Schritt zurück entwickeln. Pfeifend deckte Jack den Tisch und tänzelte dann, mit ein paar sehr eleganten Schritten zum Kühlschrank, wo er in einer vollkommenen Pirouette die Butter hervorkramte und sie ebenso tänzerisch auf die hölzerne Platte stellte. Das Leben war doch wirklich wundervoll, die Sonne schien, es war Sonntag und sein Austauschschüler und er verstanden sich in den letzten Wochen immer besser. Ja, so langsam mutierte der zierliche Finne zu einer Art guten bis bestem Freund - lustig, frech und irgendwie ein bisschen verrückt - die Melodie, die er bis vor ein paar Sekunden in die Weltgeschichte gepfiffen hatte, erinnerte ihn an das Lied, dass sein Gast tagtäglich sang und hörte. Ja, ein wenig verrückt das Ganze, aber nett verrückt - genau wie die Kochleidenschaft, die der Junge an den Tag gelegt hatte. Und dann dieses starke Band zwischen ihnen - der Finne war einfach ein Glückgriff gewesen. Prüfend ließ Jack seinen Blick über sein Werk schweifen und als er nichts entdecken konnte, was fehlte, sorgte er dafür, dass seine Familie sich bald versammelt und niedergelassen hatte. "Also, wir sind dann wahrscheinlich morgen Früh gegen acht zurück, vielleicht auch etwas früher - macht bitte nicht soviel Dreck, und denkt daran, euch umzuziehen, bevor ihr irgendetwas anderes tut!" Seine Mutter, wie jeden Sonntag unverschämt fröhlich, trieb alle ein wenig zur Eile an und gab dabei wieder die selben Tips wie immer. "Ach ja, der Reverend braucht ein paar junge Leute, die ihm nach dem Gottesdienst helfen - ihr könntet euch doch melden, ihr habt doch sowieso nichts zu tun." "Klar Mum, machen wir. Müssen wir nicht langsam mal los?" Seine Mutter warf einen schnellen Blick auf die Uhr und nickte zustimmend. "Ja, dann mal ab ins Auto, Männer!" Jack und sein Vater sprangen umgehend auf und leisteten dem Befehl Folge, doch Esa schien kurz zu zögern. Der Australier war sich nicht sicher, doch er hatte das Gefühl, dass sein Gast sich in ihrer Kirche nicht besonders wohl fühlte - verständlich, schließlich konnte er selbst sich auch nicht vorstellen, einem anderen Pastor zuzuhören als dem seinen. Aber das würde sich bestimmt legen... Schließlich saßen sie alle in ihrem besten Sonntagskleidern im Auto und fuhren hastig in das nahegelegene Gotteshaus, wo die beiden Jungen ihren ganzen Vormittag damit verbrachten, Kelche und Kerzenleuchter abzustauben. Müde ließ sich Esa auf sein Bett fallen, wollte nicht mehr an seinen Anzug denken, den er nicht zerknittern sollte, nicht an all die Dinge, die man hier an einem Sonntag machen musste... Wie konnte eine so nette Familie nur derart starrsinnig sein, was ein einziges Thema anging? Er wäre nie auf die Idee gekommen, bei sich zuhause in Varkaus zum Pastor zu gehen und ihm seine Hilfe bei Aufräumarbeiten, Sammeltätigkeiten und dem Ordnen von Dingen anzubieten, doch hier wurde es regelrecht von einem verlangt. Anscheinend war gar nichts unmöglich... Die Zimmertür schlug zu und zusammen mit einem erfrischenden Luftzug trat Jack ein, streckte sich und setzte sich dann neben Esa, der demonstrativ die Augen geschlossen hatte. Lachend piekte der Australier seinem Zimmergenossen in den Bauch und machte ihn natürlich sofort auf sein Versäumnis aufmerksam. "Du solltest dir was anderes anziehen. Mum dreht sonst durch - sie hasst es, zu bügeln." "Muss sie ja auch nicht..." Ein bisschen musste er herummosern, doch dann raffte er sich schweren Herzens auf und wechselte in ein etwas bequemeres T-Shirt. "Was machen wir denn heute noch den ganzen Tag? Deine Eltern kommen doch erst Morgen zurück, oder irre ich mich?" "Keine Ahnung - irgendwelche Vorschläge?" Ein kraftloses Kopfschütteln war die einzige Antwort, und aus reiner Gewohnheit schnappte Esa sich seine heiligen Kopfhörer und stellte auf volle Lautstärke. But things just get so crazy living life gets hard to do Sunday morning rain is falling and I'm calling out to you Singing someday it'll bring me back to you Find a way to bring myself home to you Doch kaum wollte er in der wohligen Ruhe der Klänge verschwinden, da drückte doch jemand in selbstmörderischer Absicht den bestimmten Knopf, der der Musik ein Ende bereitete. "HEY! Was zum Teufel soll das?" Jack grinste nur teuflisch und schnappte sich das kleine Elektrogerät. "Erstens: Fluch nicht! Zweitens: Du hörst dieses Lied andauernd, mein Lieber, und jetzt ist Schluss damit.Außerdem habe ich sonst nichts zu tun..." Halb wütend, halb amüsiert stürzte Esa sich auf seinen Kontrahenten und begann, ihn auf grausamste Art und Weise durchzukitzeln. Leider lies er dabei seine Deckung außer acht und bald war er zum Opfer degradiert worden und wälzte sich hilflos und zum wiederholten Male dem Erstickungstod nahe hin und her, bei dem verzweifelten Versuch, den warmen Fingern auszuweichen. "Hör...Hör auf! Ich ergebe mich..." Jack lachte nur laut und genoss die lockere Situation, die alles ein wenig freier machte. "Jaja, das sagen sie alle..." Lachend und schon den Tränen nahe blickte der Finne in das belustigte Gesicht seines Gegners, in die blauen Augen, auf die gerade Nase, die hellbraune Haut, die schwarzen Haare und das verschmitzte Lächeln und wusste nicht so recht, ob er ihn lieber schlagen, erwürgen oder küssen wollte. Als Jack ihn kichernd losließ, entschied er sich der Einfachheit halber für letzteres. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)