Auch Eis kann brennen, wenn es auf Feuer trifft von abgemeldet (...und kann lernen sich daran zu wärmen) ================================================================================ Kapitel 8: Warum einfach, wenn´s auch schwierig geht? ----------------------------------------------------- Sonntag. Der Ruhetag. Kein Stress, keine Arbeit, nur Entspannung. Nun, wenigstens galt das für die meisten von uns, nämlich für Mokuba und mich. Der Kleine hatte all seine Hausaufgaben bereits gestern erledigt und ich meine Designeinfälle ebenfalls. Nur Seto bildete mal wieder die große Ausnahme. Er ließ es sich nicht nehmen auch am Sonntag einige Stunden am Computer zu sitzen. Mokuba war zurzeit...irgendwo. Wo genau - keine Ahnung. Irgendwo in der Wohnung vermutlich. Seto saß an seinem Computer, ausnahmsweise mal wieder in seinem Büro, aber die Tür stand dafür halb offen. Er hatte anscheinend noch einige Daten einzugeben oder zu überprüfen. Ich kannte mich ja mit seiner Arbeit nicht wirklich aus, deswegen wusste ich nicht, was genau er eigentlich immer an seinem PC trieb. Aber auf jeden Fall waren beide Kaiba Brüder beschäftigt und schienen meine Hilfe nicht zu benötigen. Also beschloss ich mir an diesem wundervollen Sonntag mal wieder eine ausgiebige Dusche zu gönnen. Natürlich hätte ich auch die gewaltige Marmorbadewanne nützen können, aber mir war nicht wirklich danach. Mir genügte eine schöne und erfrischende Dusche. Es war einfach ein so gemütlicher und kuscheliger Sonntag, dass das jetzt genau das richtige war. Also stand ich nun in der riesigen Duschkabine und ließ mir das heiße Wasser meinen Körper hinunter laufen. Es tat einfach nur gut. Das Gesicht dem Wasserstrahl entgegenhaltend, genoss ich das prickelnde Gefühl mit geschlossenen Augen. - Derjenige der die heiße Dusche erfunden hat, hat echt den Nobelpreis verdient. - Gab es etwas Herrlicheres? Nach endlos langen Minuten erinnerte ich mich wieder daran, dass ich mir auch noch die Haare waschen musste. Also stellte ich mit leichtem Bedauern den Wasserstahl wieder ab und widmete mich der Körperpflege. Nachdem ich sowohl Duschgel als auch Shampoo abgewaschen hatte und nochmals einige Minuten das heiße Wasser genossen hatte, stieg ich erholt und rundum zufrieden aus der Dusche. Ich hüllte meinen Körper in das flauschige Handtuch und formte aus einem zweiten einen Turban, in dem ich meine Haare unterbrachte. Ich trat an den Spiegel über den Waschbecken heran und betrachtete durch die leicht beschlagene Fläche mein Gesicht. Es war von dem heißen Wasser gerötet und immer wieder liefen mir vereinzelte Wassertropfen über die Wangen, die ihren Weg von meinen einigen unter dem Handtuch hervorlugenden Haarsträhnen auf mein Gesicht fanden. Mein Anblick war im Großen und Ganzen annehmbar. Rasch trocknete ich mich ab und zog mir die zurechtgelegten Sachen an. Es waren ganz gemütliche und vor allem bequeme Wochenendklamotten. Ich entschloss mich dazu meine Haare an der Luft trocknen zu lassen. So würden sie zwar einige Stunden benötigen, bis sie vollends getrocknet waren, schließlich reichten sie mir bis zum Po, aber nachdem ich heute sowie so nicht vor hatte nach draußen zu gehen war das das Beste. Immerhin war ständiges Fönen auch nicht das wahre für meine Haare. Wenn ich die Möglichkeit hatte, dann ließ ich sie eigentlich immer lieber von selbst trocknen. Also rubbelte ich nochmals mit dem Handtuch die gröbste Nässe aus meinen Haaren und verlies letztendlich das Bad. Ich fühlte mich immer noch erfrischt und entspannt. Ich fühlte mich kurz gesagt einfach wohl. Ich ging in die Küche, um mir einen schönen heißen Tee zu machen. Ich war gerade in so gemütlicher Stimmung, da gehörte das für mich einfach dazu. In aller Ruhe setze ich das Wasser auf und wählte diesmal einen grünen Tee aus. Angesichts der Tatsache, dass Seto Tee mehr oder weniger verabscheute, hatte er dennoch eine gewaltige Auswahl an Sorten zu bieten. Nun ja, mir sollte es recht sein. Gerade tauchte ich den Teebeutel in die Tasse und somit in das bereits eingegossene heiße Wasser, als ich Schritte hörte. Ich hob den Kopf und sah, dass Seto aus seinem Büro getreten war und nun ebenfalls auf die Küche zusteuerte. Ich lächelte ihn kurz an, dann widmete ich mich wieder meinem Tee. Ich gab noch zwei Löffel Zucker in die Tasse und begann vorsichtig umzurühren, um sowohl den Zucker als auch das Teearoma besser zu verteilen. Seto nahm eine Tasse aus dem Schrank und stellte sie auf der Arbeitsfläche ab. Dann griff er nach der halbvollen Kaffeekanne, die immer noch in der Kaffeemaschine stand und von dieser warm gehalten wurde. Er hatte den Kaffee wohl schon heute Morgen vorsorglich für den ganzen Tag über vorbereitet. Er füllte seine Tasse mit dem dunklen und heißen Getränk und stellte die Kanne dann wieder zurück, um seinen Kaffee weiterhin warm zu halten. "Keinen Fön?" "Was?" Ich sah wieder von meiner Tasse auf und blickte überrascht in sein Gesicht. Er hatte eine Augenbraue leicht hochgezogen und hielt seine Kaffeetasse so in Händen, als wolle er gleich einen Schluck davon nehmen, zögerte jedoch noch einen Augenblick. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass er seinen Blick auf meinen feuchten und somit etwas strähnigen Haaren ruhte. "Doch klar habe ich einen Fön." "Dann weißt du nicht wie man ihn benutzt?" Ich ahnte schon worauf dieses Gespräch hinauslaufen würde, aber nachdem Setos Stimme eigentlich nicht spöttisch klang, wenn man es genau nahm, hörte sie sich eher belustigt an, ging ich einfach mal darauf ein und ließ mich von ihm etwas aufziehen. Ich stellte mich einfach etwas naiv und war gespannt wie er darauf reagieren würde. Anscheinend wollte er sich wohl ein wenig amüsieren und sich nicht wirklich über mich lustig machen. "Doch eigentlich weiß ich schon wie man einen Fön benutzt." "Wieso läufst du dann hier mit nassen Haaren durch die Gegend?" Ich gab einen übertriebenen Seufzer von mir. "Mir ist schon klar, dass du als Mann das nicht nachvollziehen kannst, wie es ist lange Haaren zu haben." Ich setzte eine bedauernde Miene auf, woraufhin er weiter die Augenbrauen hochzog. "Weißt du, durch das ständige Fönen gehen die Haare auf die Dauer kaputt. Deswegen lasse ich sie hin und wieder an der Luft trocknen." Er legte kurz abwertend die Stirn in Falten. "Wie wäre es dann mit abschneiden?" Ein schockierter Blick meinerseits war die Antwort. Seto zuckte nur leicht mit den Schultern. "Wenn es so unpraktisch und kompliziert ist..." Für ihn klang das wahrscheinlich sogar vollkommen logisch. Aber er war eben doch ein Mann und verstand nicht wie sehr ich an meinen langen Haaren hing. Schließlich hatte ich Jahre benötigt um sie so lang wachsen zu lassen. "Danke für den Rat, aber ich denke ich belasse dann doch lieber alles so wie es ist. Ich komme ganz gut damit zurecht." Ich lächelte ihm zu. Abermals zuckte er leicht mit den Schultern. "Hm...Wenn du meinst. Du musst damit leben." Damit machte er sich wieder auf den Weg in sein Büro. Ich verdrehte die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Seto Kaiba! Ich konnte nicht anders und musste über ihn schmunzeln. Ich nahm meine Tasse mit dem wohlriechenden Tee, machte einen kurzen Abstecher in mein Zimmer um mein Buch zu holen und ging dann zum Sofa im Wohnzimmer hinüber. Ich hatte mir vorgenommen in aller Ruhe ein wenig zu lesen. Vielleicht würde ich es heute endlich schaffen dem dicken Schmöker auszulesen. Also stellte ich meine Tasse auf den Couchtisch ab und ließ mich in die weichen Kissen niedersinken. Das Buch legte ich Rechts neben mir ab und machte es mir erstmal bequem. Ich setzte mich im Schneidersitz auf das Sofa und ließ meinen Blick zu meiner Teetasse hinüberwandern, um abschätzen zu können, ob ich sie von meiner jetzigen Position aus gut erreichen konnte. Doch mein Blick wurde auf halben Weg von etwas anderem abgelenkt. Ich betrachtete es neugierig und konnte meine Augen nicht von dem Anblick abwenden. Auf dem Tisch lag eine aufgeschlagene Zeitschrift. Ich rückte mich etwas auf der Couch zurecht und ließ meinen Blick keine Sekunde von dem Magazin vor mir weichen. Nun saß ich zwar bequem in den weichen Kissen, doch immer noch starrte ich diese Zeitschrift an. Irgendwie hatte sie etwas Verlockendes. Also gab ich mir einen Ruck und indem ich meinen Oberkörper weit nach vorne beugte konnte ich das Magazin erreichen und zu mir hinziehen ohne aufstehen zu müssen. Ich hob sie hoch und legte mir die Zeitschrift auf den Schoß. Nachdenklich betrachtete ich die aufgeschlagene Seite. Wer wohl darin gelesen hatte? Mit den Fingern die Stelle markierend klappte ich rasch die Zeitschrift zu um das Titelblatt anzusehen. In bunter Aufmachung und großer Schrift verkündete die "Weekly News" die wichtigsten Themen ihrer jüngsten Ausgabe. Ich kannte dieses Magazin nicht, wusste also auch nicht um die Qualität dieses Blattes. Also schlug ich die zuvor aufgeschlagene Seite erneut auf und betrachtete sie interessiert. Doch nach kurzem Überfliegen des Textes blätterte ich eine Seite zurück, da auf der Seite vor mir nur das Ende des Artikels zu lesen war und ich somit nicht wusste, worum es genau ging. Ich schlug also das Blatt Papier um und betrachtete überrascht ein Bild, welches in der linken oberen Ecke platziert worden war und auf den Artikel aufmerksam machen sollte. Seto Kaiba. Ich war überrascht. Das Bild war ein ungewohnter Anblick. Irgendwie sah es fast so aus, als hätte Seto für dieses Foto posiert, aber das passte so gar nicht zu ihm. Natürlich war er nicht Kamerascheu, das war mir klar, schließlich wurden seine früheren Duelle und die meisten Präsentationen von Neuerungen der Kaiba Corporation immer groß im Fernsehen und auf den meisten Kanälen ausgestrahlt. Aber Seto war nicht der Typ, der sich zu einer Fotosession in ein Studio setzte und sich ablichten ließ, wenn er brav und ordentlich posierte. Also fragte ich mich schon, wie dieses Bild entstanden war. Vielleicht war es ja auch eher zufällig geschossen worden. Wie auch immer. Seto blickte mir auf jeden Fall kühl und distanziert aus der Zeitschrift entgegen und nun fing ich an auch den Artikel dazu zu lesen. Jetzt war ich nämlich erst richtig neugierig geworden. Portrait von Seto Kaiba. Dieser junge und gutaussehende Mann hat in seinem Leben von gerade mal 20 Jahren das erreicht, wovon so mancher 45 jähriger Geschäftsmann träumt. Er besitzt und führt bereits seit Jahren ein Weltunternehmen, ist mit der Kaiba Corporation der Marktführer und ist Spitzenreiter in Entwicklung von Spielen. Aber wer ist dieser Seto Kaiba? In der Geschäftswelt bekannt und gefürchtet, doch wie ist der Privatmensch Seto Kaiba? Wenn es um sein Privatleben geht, dann entwickelt sich der sonnt so redegewandte Mann schnell zum "Kein Kommentar" Redner. Er blockt so gut wie jedes Interview ab, das sich nicht mit seiner berühmten Firma oder eines seiner neuesten Projekte befasst. Auch unsere Reporter blieben trotz zahlreicher Versuche erfolglos und konnten dem zurückhaltenden Mann kein Interview entlocken. Seto Kaiba gibt eigentlich nie freiwillig Informationen über sein Privatleben preis. Fast alle Bekanntgaben die diesen Mann betreffen beziehen sich einzig und allein auf Gerüchte, die Seto Kaiba weder dementiert noch bestätigt. Man spekuliert schon lange darüber, ob und mit wem er eine Beziehung führt. Zwar sieht man ihn in regelmäßigen Abständen in weiblicher Begleitung auf Empfängen und Spendengahlen erscheinen, aber nie handelte es sich dabei um die gleiche Frau. Mit Keiner zeigte er sich oft genug, um ihm eine engere Beziehung nachsagen zu können. Wer also ist dieser Seto Kaiba? Natürlich kann man ihn bestimmt nicht in einigen wenigen Sätzen beschreiben, dafür ist seine Persönlichkeit wohl zu vielschichtig. Aber dennoch ist das eine Frage, die wohl unsere meisten Leser brennend interessiert. Wie ist Seto Kaiba im gewöhnlichen Leben? Doch Informationen über diesen Aspekt seines Lebens zu bekommen scheint fast unmöglich zu sein... - Oh man, sagt doch gleich, dass ihr nicht die geringste Ahnung habt und redet nicht ständig um den heißen Brei herum. Und das geht noch eine ganze Seite so weiter. Dabei haben die doch gar keine Neuigkeiten...haben sie doch selbst geschrieben, dass nicht mal ihre Reporter ein Interview bekommen haben. Warum also schreiben die ein Portrait von ihm, wenn sie im Grunde nichts über sein Privatleben wissen? Anscheinend ist Seto einfach nur eine Garantie für höhere Absatzzahlen, deswegen bringen die ein 'Spezial' über ihn raus. Aber im Grunde steht da nur langweiliges Blabla...- Ich klappte die Zeitschrift leicht frustriert wieder zu und warf sie zurück auf den Couchtisch. Sie landete sicher und blieb auf dem Glastisch liegen. Ich hatte wirklich keine Lust den Artikel noch zu Ende zu lesen, denn eigentlich stand nichts Interessantes darin. Ich verzog etwas missbilligend das Gesicht. Ich mochte Magazine nicht, die nur um mehr Ausgaben zu verkaufen irgendwelche Gesichten erfanden oder auch nur altbekanntes aufplusterten um die Leser anzulocken. Das zeugte nicht gerade von hoher journalistischer Qualität. "Hallo Sarah. Was machst du denn gerade?" Mokuba ließ sich zu mir aufs Sofa fallen. Ich drehte den Kopf nach Links zu sah zu ihm hinüber. Der Kleine lächelte mir zu, dennoch blickte er mich auch fragend an. Ich hatte ihn nicht kommen gehört, war aber dennoch nicht durch sein plötzliches Auftauchen erschrocken. Im Gegenteil, ich freute mich ihn zu sehen. "Ich habe nur nachgedacht." Er musterte mich etwas nachdenklich. "Worüber denn?" Ich deutete mit dem rechten Zeigefinger auf die Zeitschrift, die vor mir auf dem Tisch lag. Mokuba folgte meinen Blick und als er das Magazin sah, machte sich der Ausdruck des Erkennens und Verstehens auf seinem Gesicht breit. "Ach, ich habe mich schon gefragt wo ich die liegen gelassen habe." "Das ist deine?" Er nickte. "Warum liest du denn so was? Wegen dem Artikel über Seto?" Er nickte abermals. "Ja. Ich wollte wissen, was die schon wieder über ihn schreiben...Hast du ihn gelesen?" Ich zuckte etwas mit den Schultern. "Ja, wenigstens bis zur Hälfte. Aber dann ist es mir zu blöd geworden. Die schreiben im Grunde ja nur, dass sie nichts von Seto wissen. Und das dann gleich zwei Seiten lang." Ich schüttelte leicht den Kopf über diesen Artikel. "Stimmt. Ich fand den Bericht auch ziemlich idiotisch." "Na ja, er war ja an sich nicht schlecht geschrieben, aber sie haben eben über etwas berichtet, über das sie keine Informationen hatten. Nämlich Setos Privatleben." Mokuba schnalzte missbilligend mit der Zunge. "Die haben echt so getan, als würde mein großer Bruder ein Geheimnis um sein Privatleben machen. Als würde er alles verheimlichen und niemanden daran teilhaben lassen." Ich hob überrascht die Augenbrauen. "Ist das denn nicht so?" "Nee, nicht wirklich. Seto sieht nur keinen Grund seine privaten Dinge in der Öffentlichkeit breitzutreten. Er verheimlicht aber auch nichts. Er erzählt solche Dinge eben nur nicht jedem Reporter. An sich ist es ihm egal, was die Leute über ihn wissen oder was nicht. Wenn sie etwas über sein Privatleben herausfinden, dann ist es ihm egal. Nur er erzählt so was eben nicht von sich aus der Presse." "Ist ja auch verständlich. Schließlich geht das die Leute nicht wirklich etwas an, was er in seiner Freizeit macht. Das ist echt seine Privatsache." "Find ich auch. Aber trotzdem gibt es ständig solche Artikel über ihn, in denen die Reporter Vermutungen anstellen und irgendwelche Gerüchte in die Welt setzen. Seto ist das zwar ziemlich egal, aber ich finde es trotzdem doof." "Nun, du hast eben einen berühmten Bruder. Die Leute reißen sich einfach darum mehr über ihn zu erfahren. Aber solange er sich nicht darüber aufregt und sie dich in Ruhe lassen, so lange können sie doch schreiben was sie wollen." Diesmal zuckte Mokuba leicht mit den Schultern. "Hast Recht. Mir sind diese ganzen Berichte eigentlich auch egal. Nur ab und zu lese ich mal wieder einen, um auf dem neuesten Stand zu sein. Darüber, was sie über meinen Bruder zu wissen glauben." Ich lächelte ihn an und er erwiderte es sofort. "Dein Bruder ist eben sehr interessant." Ich schmunzelnde ihm verschwörerisch zu. Mokubas Lächeln wurde schelmischer. "Ich weiß. Mein großer Bruder ist einfach spitze." Es herrschte Stille, in der wir uns gegenseitig anlächelten. Ich mochte es so mit Mokuba zu scherzen. Und sein Lächeln war jedes Mal einfach nur ansteckend. Ich ließ meinen Blick weiterhin vor mich hin lächelnd langsam über die Wohnzimmereinrichtung wandern. "Sarah?" Seine Stimme klang etwas unsicher. Das war neu. "Ja? Was ist denn los?" Ich sah zu Mokuba hinüber, der sich gerade etwas verlegen am Kopf kratze. Der Junge hatte doch schon wieder etwas vor, das konnte man ihm direkt an der Nasenspitze ansehen. "Ich wollte dich mal was fragen..." Er zögerte etwas. Also ging es wohl um etwas Größeres. "Was denn? Nur raus damit?" "Na ja..." Wieder ein verlegenes Kopfkratzen. "Ich habe mir da was überlegt und wollte dich fragen...ob du da vielleicht... mitmachen...könntest..." Mokuba schienen gerade die Worte auszugehen, um das auszudrücken, was er wollte. "Sag einfach was du möchtest und ich sag dir ob ich mit von der Partie bin, in Ordnung?" Ich lächelte ihn aufmunternd an. Auch wenn ich schon ahnte, dass Mokuba etwas vorhatte, dennoch wollte ich es mir erstmal anhören. Normalerweise hatte er ja ganz gute Ideen. Mokuba nickte. "Geht klar...Also ich habe mir überlegt...nein ich muss das anders formulieren..." Er dachte kurz mit gerunzelter Stirn angestrengt nach, dann schien er die richtigen Worte gefunden zu haben. "Also...Ich wollte dich bitten, ob du Seto nicht vielleicht fragen könntest, ob er mit uns, also mit dir und mir gemeinsam mal etwas unternimmt. Ich würde so gerne mal wieder in den Zoo gehen - mit ihm zusammen und du sollst auch mit. Das wäre wirklich klasse. Ich würde mich total darüber freuen. Also ich wollte dich bitten, dass du ihn danach fragst, ob er nicht mal Lust dazu hätte...und vor allem Zeit." Ich legte den Kopf etwas schief und betrachte den Jungen vor mir, dessen Augen ernst und dennoch voller Hoffnung waren. Ein seltsamer Blick für einen Zwölfjährigen. "Du willst in den Zoo? Bist du nicht vielleicht doch schon etwas zu alt für so was?" "Quatsch. Ich geh gerne in den Zoo. Und dafür kann man nie zu alt sein. Schließlich kann man dabei auch etwas lernen, wenn du die Sache schon von dieser Seite aufziehen willst." Er schob leicht trotzig die Unterlippe vor. Wieder konnte ich nicht anders reagieren, als Mokuba anzulächeln. "Stimmt, da hast du ganz Recht. Und weißt du was...ich geh auch gerne in den Zoo." Sein trotziger Ausdruck wich einem vergnügten Grinsen. "Dann machst du es also?" Man konnte die Vorfreude deutlich in seiner Stimme erkennen. Ich runzelte jedoch leicht die Stirn. "Also eines würde mich dann aber doch noch interessierten...Wieso fragst du Seto denn eigentlich nicht selber? Er würde dir das doch bestimmt nicht abschlagen. Er würde sicherlich zusagen." "Ja schon. Wenn ich ihn frage, dann sagt er bestimmt ja, aber...weißt du wenn du ihn fragst, dann..." Er geriet etwas ins Stocken. "Was dann?" "Na, wenn ich ihn darum bitte, dann weiß ich, dass er ja sagt, weil er glaubt mir das schuldig zu sein. Dass er mit mir Zeit verbringen muss, weil er eh immer so viel arbeitet. Ich weiß zwar, dass es ihm trotzdem gefällt, dass er gerne was mit mir unternimmt, aber er tut das eher aus Pflicht als großer Bruder. Aber wenn du ihn fragst und er dann ja sagt, dann weiß ich, dass er mitgeht, weil er wirklich Lust darauf hat und er es will und nicht nur, weil er glaubt er müsse das tun." Mokuba sah mich fragend und etwas unsicher an. "Verstehe. Weiß schon was du sagen willst...Wenn er auf meine Bitte hin mitgeht, dann tut er das freiwillig und du wüsstest das dann auch. Du müsstest dich nicht immer fragen, ob er nur mitgegangen ist, weil er es seiner Meinung nach muss, denn er hätte ja aus freien Stücken zugesagt. Wenn ich ihn darum bitte, ist es einfach etwas anderes als wenn du ihn fragst." Er nickte. Ich gab einen kleinen Seufzer von mir. Natürlich verstand ich Mokuba, aber das würde schon wieder so ein schwieriges Gespräch mit Seto werden. Ihn um etwas zu bitten oder etwas vorzuschlagen war fast immer sehr anstrengend für mich, denn Seto machte es mir in dieser Hinsicht wirklich nicht leicht. Aber selbstverständlich würde ich es tun...ich konnte diesem kleinen Kerl einfach nichts abschlagen und noch dazu war seine Argumentation so verständlich und nachvollziehbar. Da konnte man doch gar nicht mehr nein sagen. Konnten wir nur hoffen, dass Seto Lust auf so einen Ausflug mit seinem Bruder und mir hatte und dass ich nicht all zu viel Überzeugungsarbeit leisten musste. "In Ordnung, ich mach´s." Mokuba sprang auf und viel mir um den Hals. "Super." Damit hatte ich nicht gerechnet und kippte nach hinten weg und Mokuba, der mich immer noch umarmte, gleich mit mir. Wir konnten nicht mehr anders und prusteten los vor Lachen. "Danke, danke, danke...Sarah." "Schon gut. Dank mir erst, wenn ich deinen Bruder dazu bekommen habe ja zu sagen." Er rappelte sich leicht auf und setzte sich etwas zurück, so dass ich mich ebenfalls etwas aufrichten konnte. "Ich bin mir vollkommen sicher du schaffst das." Mokubas Blick sprach wirklich Bände. Er war in der Tat davon überzeugt, dass ich diese scheinbar unüberwindbare Hürde meistern würde. Er schien nicht den geringsten Zweifel zu haben. Ich hätte mir gewünscht, dass ich das Gleiche von mir hätte sagen können. Ich war mir überhaupt nicht sicher, dass ich es schaffen würde, Seto zu überzeugen und auch zu überreden. Aber diese strahlenden Augen...Für Mokuba würde ich es dennoch versuchen. Und ich wollte erfolgreich sein. Denn ich wusste nur zu gut, wie viel dem Kleinen das bedeutete. Ein Ausflug mit seinem Bruder zusammen...ja, ich würde mein Bestes geben. "Na wenn du so davon überzeugt bist, dann kann´s ja gar nicht mehr schief gehen, was?" Ich schmunzelte ihn an. "Sehe ich auch so. Ich weiß eben genau, dass du Seto dazu bringen kannst ja zu sagen." "Ich werde es auf jeden Fall versuchen...aber dafür habe ich was gut bei dir." Mokuba verzog kurz abwägend den Mund, dann lächelte er allerdings wieder sein einnehmendes Lächeln. "Geht klar." Ich lächelte ihn zufrieden an. "Dann werde ich mir mal was Schönes überlegen, was ich von dir einfordern kann." Mokuba erhob sich wieder und griff dabei nach der Zeitschrift auf dem Couchtisch. Ein Lächeln zierte immer noch sein Gesicht. "Erst überredest du Seto und dann sehen wir weiter." Ich lachte kurz auf, nickte dann aber zustimmend zu ihm hinauf. "Ich bin in meinem Zimmer wenn du mich brauchst." "Ist gut, ich bleibe hier und lese noch etwas." Ich deutete auf das Buch, das immer noch unberührt neben mir auf dem Sofa lag. Mokuba nickte kurz, dann machte er sich, das Magazin in der rechten Hand halten, auf den Weg in sein Zimmer. Er war wohl wirklich nur gekommen um mich um diesen Gefallen zu bitten. Ich sah Mokuba noch kurz lächelnd hinterher. Man konnte doch nicht anders als ihn einfach gern zu haben. Dann riss ich mich jedoch aus meinen schmunzelnden Gedanken und griff nach meinem Buch. Erneut machte ich es mir bequem auf der Couch und schlug die markierte Stelle auf. Tief in den Kissen versinkend glitt ich in die Welt des geschriebenen Wortes hinüber und war vollkommen darin gefangen. Das nervige Klingeln riss mich aus meiner wundervollen Phantasiewelt und somit aus meiner Konzentration. Wie lange hatte ich wohl schon gelesen? Eine Stunde oder länger? Mir war das Zeitgefühl abhanden gekommen. "Telefon!" Keine Reaktion. Es läutete immer noch weiter. "Will den keiner von euch rangehen?" Immer noch keine Reaktion. Das Telefon klingelte unaufhörlich und meiner Auffassung nach viel zu aufdringlich. Hörte das denn keiner? "Dann geh ich eben ran. Irgendwelche Einwände?" Wieso rief ich überhaupt durch die Wohnung? Ich wurde doch sowieso von den beiden Herren der Schöpfung ignoriert. Also stand ich von der Couch auf, ließ mein Buch liegen und eilte mit raschen Schritten durch die Wohnung, um den Hörer des Mobilteils abzuheben, dass neben der Küche an der Wand angebracht war. Ich war ja wenig begeistert davon einen Anruf der eigentlich nur für einen der Kaiba Brüder sein konnte entgegen zu nehmen. Aber nachdem die beiden auf ihren Ohren zu sitzen schienen... "Bei Kaiba, hallo?" Kurze Stille. "Sarah?" Eine mir unbekannte Stimme. "Ja?" Wieder kurz Stille. Dann schoss diese Stimme nur so los. "Ach das ist ja cool. Mokuba hat mir schon so viel von dir erzählt. Du hast echt eine nette Stimme. Also er lobt dich ja immer in den höchsten Tönen und ich finde du hörst dich wirklich nett an. Er redet immer total viel von dir..." "?" "Sag mal ist Mokuba zufällig da? Kann ich mit ihm reden?" "Ähm..." Ich stand leicht unter Schock. Wer um alles in der Welt war denn das? "Ja...er ist da...wer ist denn eigentlich dran?" "Ach sorry, ich hab ganz vergessen mich vorzustellen. Ich bin Kazuke, Mokubas Freund aus der Schule." "Ach Keizuke...jetzt verstehe ich. Ja Mokuba ist da. Warte ich bring ihm schnell das Telefon...und Keizuke? "Ja?" "Du klingst auch sehr nett." Mit einem Lächeln auf dem Gesicht ließ ich den Hörer sinken und machte mich auf den Weg zu Mokubas Zimmer. Ich klopfte an, doch es kam keine Reaktion. Der Kleine würde wahrscheinlich eh nichts tragisches machen, wobei ich ihn jetzt überraschen könnte, also öffnete ich die Tür einfach und trat ein. Er saß am Schreibtisch und tippte wie wild auf seinem Laptop herum. - Computerspiel! - Und jetzt wusste ich auch, warum er nicht auf das Telefon oder meine Rufe reagiert hatte. Er hatte Kopfhörer auf und hatte deswegen noch nicht einmal mitbekommen, dass ich eingetreten war. Ich stellte mich neben seinen Schreibtisch und nun hob er, von der Bewegung aufmerksam geworden, den Kopf und sah mich überrascht an. Schnell zog Mokuba die Kopfhörer herunter und sah mich fragend an. Ich hob den Telefonhörer hoch und reichte ihm diesen entgegen. "Telefon für dich. Es ist Keizuke." Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht auf. "Danke Sarah." Er nahm mir rasch den Hörer aus der Hand und hielt ihn sich ans Ohr. "Kazuke? Hallo. Toll das zu anrufst." Ich drehte mich um und war schon fast wieder draußen, als Mokuba mich zurückhielt. "Sarah?" "Ja?" Ich drehte mich, die Tür schon in der Hand, nochmals zu ihm um. Er hatte sich den Hörer gegen die Brust gedrückt und sah mich forschend an. "Hast du schon mit Seto geredet." Ich schüttelte leicht den Kopf. "Noch nicht. Aber ich werde es jetzt gleich tun...Zufrieden?" Mokuba nickte und dabei lächelte er glücklich. Wie konnte man da widerstehen? Ich lächelte zurück und verließ schließlich sein Zimmer um ihn in Ruhe telefonieren zu lassen. Draußen angekommen stand ich noch einen Moment unschlüssig herum, doch dann wandte ich mich Setos Büro zu und ging Schnur stracks darauf zu. Schließlich hatte ich es Mokuba versprochen. - Auf in den Kampf. - Also stand ich jetzt vor seiner Tür. Nun, um genau zu sein eher daneben, denn sie war nur leicht angelehnt und Seto hätte mich sehen können wenn er hochgeblickt hätte. Aber ich brauchte noch einen Moment um meinen Mut zu sammeln. Seto war bisher noch nie wirklich besonders begeistert gewesen, wenn ich ihn um etwas gebeten hatte. Meistens reagierte er genervt und abweisend darauf. Deswegen empfand ich diese ganze Situation als äußerst unangenehm. Warum hatte ich mich nur von Mokuba davon überreden lassen? - Wieso hat der Kleine nur so einen unwiderstehlichen Blick drauf? So was gehört echt verboten. - Ich seufzte einmal tief und straffte dann meinen Körper. Im Kopf war ich schon einmal das gleich folgende Gespräch durchgegangen und hatte mir bereits die hoffentlich passenden Worte überlegt mit denen ich Seto überzeugen wollte. Mit einem Lächeln, das vielleicht etwas verkrampft war trat ich an die Tür heran, klopfte kurz gegen das Holz und ging dann in sein Büro. Ein wenig nervös war ich dennoch, obwohl ich mich bereits öfters mit Seto unterhalten hatte. Aber unterhalten war eben etwas anderes als ihn um etwas zu bitten und ihm einen derartigen Vorschlag zu unterbreiten. Er saß wie gewohnt am Schreibtisch und tippte auf der Tastatur seines Computers herum. Nun wurde mir jedoch bewusst, warum Seto ebenfalls nicht auf das Telefonläuten oder meine Rufe von vorhin reagiert hatte. Denn neben seiner Arbeit am Computer telefonierte er auch noch. Er gab knappe und prägnante Befehle durch das Telefon an seinen Gesprächspartner weiter. - Wahrscheinlich wegen der Firma...aber am Sonntag? Na ja, er hat selbst mal gesagt, dass er jeden Tag arbeitet. - Er hob nicht den Kopf und somit war ich mir nicht im Klaren darüber, ob er mein Eintreten bemerkt hatte oder nicht. Seto starrte weiterhin angestrengt seinen Bildschirm an und beschäftigte sich gleichzeitig mit Tippen und Anweisungen erteilen. Ich trat näher an den Schreibtisch heran, unschlüssig darüber, was ich tun sollte. Vielleicht wäre es besser wieder zu gehen und später noch einmal wieder zu kommen. Aber andererseits hatte ich es doch Mokuba versprochen. Ich stand nun vor seinem Schreibtisch und haderte mit mir selbst, ob ich nun gehen oder doch warten sollte. Wenn ich Seto bei seiner Arbeit störte, wäre das bestimmt kein guter Start für unser Gespräch und auch ganz bestimmt nicht für mein Anliegen. "Führen Sie die Anweisungen genau so aus, wie ich sie Ihnen durchgegeben habe. Ich will keine Extratouren. Halten Sie sich genau an meine Befehle." Er gab etwas mit schnellen Handbewegungen ein. "Sichern Sie das Programm am besten doppelt ab. Ich will hinterher keine bösen Überraschungen erleben." Das Gespräch schien doch noch länger zu dauern, es wäre wohl wirklich besser jetzt zu gehen und es später nochmals zu versuchen. Doch genau in dem Moment, in dem ich diesen Entschluss gefasst hatte hob Seto den Kopf und musterte mein Gesicht. Er wirkte konzentriert und vielleicht sogar etwas hektisch. Sein Blick ruhte nur kurz auf mir, dann wand er seinen Kopf wieder dem Bildschirm zu und erteilte weitere Anweisungen. Er hatte mich also gesehen, aber hatte nichts zu meiner Anwesenheit gesagt oder angedeutet, dass ich besser wieder verschwinden sollte. Was sollte ich also nun tun? Wahrscheinlich war es ihm nicht wirklich Recht, dass ich in seinem Büro stand, aber er schien auch nicht unbedingt etwas dagegen zu haben. - Gut, dann warte ich eben bis er fertig ist und rede dann mit ihm. - Ich blickte rasch nach Rechts um mich zu versichern, dass der Stuhl immer noch vor Setos Schreibtisch stand und nicht auf wundersame Weise verschwunden war. Natürlich stand der schwarze Ledersessel wie es zu erwarten gewesen war immer noch auf seinem üblichen Platz. Also ließ ich mich kurzer Hand darauf nieder und begnügte mich damit Seto während meiner Wartezeit bei seiner Arbeit zu beobachten. Geschickt und äußerst schnell huschten seine Finger über die Tastatur und seine Stimme war autoritär und bestimmend. Wieder umfing ihn eine mächtige Ausstrahlung. Vor mir saß nun der Firmenchef der Kaiba Corporation, der es gewohnt war Befehle zu erteilen und dass diese auch wie von ihm erwartet ausgeführt wurden. Wenn er so auftrat hatte Seto eine überaus beeindruckende Wirkung auf mich. Man konnte einfach nicht anders als Respekt vor ihm zu haben. Wieder erwarten dauerte das Gespräch nicht mehr lange. Ich hatte gerade genug Zeit gehabt es mir etwas in diesem Sessel bequem zu machen und einen knappen Eindruck von Setos Bewegungen zu bekommen, da legte er auch schon den Hörer auf und tippte weiter auf seiner Tastatur herum. Jetzt war ich etwas verwundert. Es herrschte eine plötzliche Stille in dem Büro, da Seto aufgehört hatte zu sprechen. Nur das Tippen erfüllte den Raum. Ich war mir ziemlich sicher, dass er sich meiner Anwesenheit bewusst war, dass er bemerkt hatte, dass ich den Raum noch nicht verlassen hatte, obwohl er den Blick nicht von seinem Bildschirm gelöst hatte, aber dennoch gab er mit keiner Geste zu verstehen, dass er mich wahrnahm. Er ignorierte mich. - Soll ich mich vielleicht mit einem leisen Räuspern bemerkbar machen? Lieber nicht, das wird er sicherlich nicht besonders positiv aufnehmen. Ich bleibe einfach ruhig hier sitzen und warte bis er mir zu verstehen gibt, dass er mich bemerkt hat. So mache ich hoffentlich nichts falsch. - Also saß ich weiterhin beinahe bewegungslos auf dem Sessel und...wartete. Seto gab immer noch mit flinken Fingern Befehle ein und hatte nur Augen für seinen Bildschirm. Ich unterdrückte ein Seufzen. - Es ist ja bestimmt toll seinen teuren Flachbildschirm anzustarren, aber langsam wird mir langweilig. - Ich betrachtete Seto etwas genauer. Seine Körperhaltung war eher angespannt als locker. Obwohl sein Bürostuhl sicherlich sehr bequem sein musste, lehnte er sich dennoch nicht an ihn an. Kein Wunder dass er ständig unter Rückenschmerzen litt, wenn er ununterbrochen so verkrampft am Schreibtisch saß. Seine Augen bewegten sich rasch hin und her und verfolgten die eingegeben Befehle und Zeichen auf dem Bildschirm. Ich musste feststellen, dass sein Profil äußerst interessant wirkte. Seine männlichen Gesichtszüge kamen so besser zur Geltung. Bisher war mir das noch gar nicht so aufgefallen. Aber in der Tat, abermals musste ich den Leuten zustimmen. Seto Kaiba sah tatsächlich sehr gut aus. Ohne Vorwarnung stoppte er seine Tipperei, drehte seinen Bürostuhl leicht zu mir herüber und sah mich direkt an. Wie immer genau in die Augen. Sein Gesicht war nun wieder eher abweisend und verkrampft. "Du störst." Vielleicht hatte ich mich nur schon so daran gewohnt, oder aber diesmal war es in der Tat anders, aber ich fand, dass seine Stimme gar nicht mehr so spöttisch oder abweisend klang. Mir kam sie fast etwas resigniert vor. Wahrscheinlich war ich Setos Art wirklich einfach nur schon so gewohnt, dass mich seine Stimme nicht mehr erschreckte. Das war wohl auch ein Grund, warum ich sein Argument nicht wirklich all zu viel Bedeutung beimaß. Ich hatte ihn mittlerweile schon so gut kennen gelernt, dass ich wusste, dass ich ihm nicht ununterbrochen auf die Nerven ging und ihn ständig störte, auch wenn er dies gerne des Öfteren betonte. Ob er es nun zugeben würde oder nicht, aber ich hatte das Gefühl, dass er mich irgendwie sehr wohl leiden konnte. Ich stellte mich seinem Blick und sah ihm ebenfalls direkt in seine Augen. "Ich weiß, ich störe immer." Seine Mimik verriet nichts. Keine Bewegung, keine Gefühlsregung war zu erkennen. "Ich wollte mir dir reden." "Bist du vorhin ans Telefon gegangen?" Er wechselte einfach das Thema. Nun war ich gleich doppelt überrascht. Erstens weil er einfach meine Worte ignorierte, so tat als ob er sie gar nicht gehört hatte und zweitens, da er doch das Läuten des Telefons mitbekommen hatte und somit wohl auch meine Rufe. Aber da er anscheinend gerade selbst mit dem Telefonieren beschäftigt gewesen war, hatte er nicht darauf reagiert. "Ja, das bin ich. Da weder Mokuba noch du reagiert habt, dachte ich, ich sollte besser rangehen...Es war übrigens Keizuke, der mit Mokuba reden wollte." "Hm." - Das war ja von ihm zu erwarten gewesen. Warum bin ich bloß nicht überrascht, dass er mal wieder nur 'Hm' sagt? Typisch Seto. - "Seto, ich wollte mir dir reden." "Ich habe es gehört." - Und warum wechselst du dann einfach das Thema? - Nun wurde ich doch wieder etwas unsicher. Wahrscheinlich kam ich doch zu einem ungelegenen Zeitpunkt. "Soll ich vielleicht später wieder kommen?" Ich zeigte mit der Hand auf die Tür hinter mir, um anzudeuten dass ich gehen könnte, wenn er es wollte. Seto schloss kurz die Augen und sah mich dann wieder direkt an. Er machte einen äußerst genervten Eindruck auf mich. "Nein schon gut. Jetzt bist du nun einmal schon da, also worüber willst du reden?" - Wenn er doch nur nicht einen ganz so angespannten Tonfall an den Tag legen würde. Damit macht er es mir nicht gerade einfacher. - "Also genau genommen wollte ich dich um etwas bitten..." Ich versuchte ein Lächeln, das mir misslang. Man konnte mir bestimmt mein Unbehagen ansehen. "Um etwas bitten?" Er hob missbilligend die Augenbraue. Hatte ich wirklich etwas anderes erwartet? "Na ja, oder auch etwas vorschlagen. Wie du es sehen willst." Sein Blick war starr auf meine Augen gerichtet. Irgendwie erhoffte ich eine Antwort von ihm, die mir andeuten würde, dass ich weiter sprechen solle. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass nichts dergleichen von ihm kommen würde. Also zwang ich mich weiterzureden, obwohl ich mich dabei mehr als nur unwohl fühlte. "Also ich habe mir überlegt...nun, wenn du mal etwas Zeit hättest, dann könnten doch Mokuba, du und ich etwas unternehmen. Ich glaube Mokuba würde sich sehr freuen, wenn wir mal zusammen in den Zoo gehen könnten. Er hat mal so etwas angedeutet...ich weiß natürlich, dass du sehr viel zu tun hast und kaum Zeit für so etwas hast, aber ich habe mir gedacht...vielleicht könntest du einmal eine Ausnahme machen?" Seine Augenbraue wanderte schon wieder nach oben. Also beeilte ich mich weiter zusprechen, bevor er mich aus seinem Büro warf. "Natürlich verstehe ich wenn du keine Zeit dazu hast und falls es dich stören sollte, dass ich mitkomme zu dem Ausflug, dann kann ich selbstverständlich auch hier bleiben. Ich bin mir sicher, Mokuba freut sich mindestens genauso wenn du etwas allein mit ihm unternimmst und mir würde das auch nichts ausmachen...ich dachte einfach nur, dass es eine gute Idee wäre...Mokuba würde sich wahnsinnig freuen...aber wenn du keine Zeit hast....ich meine, das würde ich verstehen...es war nur so ein Gedanke..." Langsam wurde ich unter seinem Blick zu einem kleinen Häufchen Elend. Ich wusste nichts mehr zu sagen und blickte ihn nun unsicher und dennoch, wider besseren Wissens, etwas hoffnungsvoll an. Ich konnte direkt sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete, obwohl sich seine Mimik nicht veränderte. Sein Blick war weiterhin starr auf mich gerichtet, doch nach einigen Sekunden des Schweigens, die mir wie Ewigkeiten vorkamen, senkte er kurz die Lieder und seufzte leise und entnervt, dann sah er mich allerdings erneut scharf an. "Wenn ich ja sage, verschwindest du dann endlich und lässt mich in Ruhe weiterarbeiten?" Ein schnelles Kopfnicken meinerseits folgte. - Er sagt doch nicht tatsächlich ja, oder? Das wäre ja unglaublich...kann das wirklich wahr sein? - Seto drehte sich zu seinem Computer herum und tippte rasch auf der Tastatur herum und hielt dann inne. Nachdenklich musterte er den Bildschirm. - Ähm, war´s das jetzt? Soll ich wieder gehen? Hat er nun ja oder nein gesagt? Gott, der Kerl bringt mich noch ins Grab. - Seto studierte intensiv seinen Bildschirm. Was genau, konnte ich jedoch von meinem Platz aus nicht erkennen. Die Stille hüllte uns ein. Für mich ein unangenehmes Gefühl...für Seto...Keine Ahnung, wer konnte schon sagen was der Kerl so dachte und fühlte? "Nächsten Mittwoch könnte ich mir den Nachmittag frei nehmen." Er drehte sich wieder zu mir herum und sah mich mit einem Blick an, der sagte: nimm das Angebot an oder verschwinde lieber gleich. Er hatte also nur seinen Terminkalender geöffnet und nach einem geeigneten Tag gesucht. Dieses Angebot konnte ich wirklich nicht ablehnen. Ich war ja schon überwältigt davon, dass er überhaupt auf meinen Vorschlag eingegangen war, da wollte ich nicht auch noch eine Termindiskussion anfangen. Ich war bereit alles anzunehmen, was er mir anbot. Also nickte ich abermals rasch. "Gut, also dann Mittwoch...Und jetzt lass mich endlich weiterarbeiten." Damit wendete er sich erneut seinem Bildschirm zu. "In Ordnung." Ich erhob mich rasch und machte mich auf den Weg sein Büro zu verlassen. Seto hatte mittlerweile schon wieder begonnen seine Tastatur zu bearbeiten. Er hatte wohl seine Arbeit wieder aufgenommen. Ich sah noch einmal kurz hinter mich und betrachtete ihn einen Augenblick, wie er am Schreibtisch saß und wie immer Daten eingab. Ein freudiges Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. "Danke Seto." Natürlich reagierte er nicht darauf, denn schließlich arbeitete er und ignorierte mich wie immer dabei. Ich konnte nicht mal mit Bestimmtheit sagen, ob er meine Worte gehört hatte. Also wartete ich auch nicht auf seine garantiert nicht zu erwartende Antwort, sondern verließ das Büro mit schnellen Schritten um ihn nicht weiter zu stören. Ich hatte das geschafft, was ich nicht zu träumen gewagt hatte. Ich hatte Seto Kaiba davon überzeugen können mit Mokuba und mir einen Ausflug zu machen. Niemand war wohl mehr von seiner Zusage überrascht als ich. Als ich kurz darauf Mokuba die frohe Botschaft überbrachte, war ich erstmal die nächsten zwei Stunden taub. Er war wirklich vor Freude ausgeflippt und obwohl er vorher doch behauptet hatte, dass er sich meiner Überredungskünste vollkommen sicher war, mischte sich unter seine Jubelschreie auch unverkennbare Überraschung und Erstaunen. So ganz sicher war er sich dann wohl doch nicht gewesen. Seto war aber auch nicht der Mensch, dem man leicht zu etwas überreden konnte. Auf jeden Fall, nachdem Mokuba mir immer wieder "Danke" und "Super Sarah" ins Ohr gebrüllt hatte, mich einmal fest umarmt und beinahe erdrückt hätte, kam ich zu dem Schluss, dass dieser Anblick eines vor Freude überschäumenden Mokubas das unangenehme Gespräch mit Seto allemal wert gewesen war. In den nächsten Tagen sprach der Kleine fast ausschließlich nur von dem bevorstehenden Ausflug in den Zoo. Ich konnte nicht anders und wurde von seiner Vorfreude angesteckt. Seto hielt sich mit Kommentaren jeglicher Art zurück. Bereute er es schon zugesagt zu haben? Wenigstens ließ er sich das nicht wirklich anmerken. Aber natürlich sah man auch keine ausgeprägte Begeisterung an ihm. So brachten wir die restliche Zeit herum. Mokuba wurde von Tag zu Tag aufgeregter und hibbeliger, ich musste ständig bei seinem ausgelassenen Anblick vor mich hin lächeln und war glücklich...und Seto ließ sich rein gar nichts anmerken. Er war die Ruhe selbst. Also alles beim Alten und im Grunde so wie immer. Mittwochnachmittag. Ein kurzer Blick auf die Uhr meines Computers verriet mir, dass ich nicht mehr all zu viel Zeit übrig hatte. Also war es nun Zeit meiner Abteilung bescheid zu geben. Ich hatte es schon aus ganz bestimmten Gründen so lang wie möglich herausgezögert, aber nun blieb mir nicht anders übrig, als mich zu fügen. "Ich mach heute früher Schluss." Wenn ich gehofft hatte, dass dieser einfache Ausruf allein genügen würde, um die Neugier gewisser Mitarbeiter zu befriedigen, dann hatte ich mich gewaltig getäuscht. Und wie zu erwarten kam das, was ich geahnt und sogar etwas gefürchtet hatte. "Warum denn das?" Hiroko war schon zu mir herüber gekommen und lehnte sich an meinem Schreibtisch an. Ihr Blick war forschend und...unglaublich neugierig. Ich wand meinen Blick der Schreibtischoberfläche zu und begann rasch unnötiger Weise einige Papiere die darauf lagen zu ordnen...Nur um ihren Augen auszuweichen. Ich zuckte leicht mit den Schultern. "Nur so. Hab noch was vor." "Was denn?" Jetzt widmete ich den Disketten meine gesamte Aufmerksamkeit, ging sie nacheinander durch und las ihre Beschriftung. "Nichts besonders...Ich treffe mich nur nachher mit jemanden." "Mit wem denn?" Ihre Stimme wurde eindringlicher. "Niemand Besonderen." Jetzt waren die Stifte dran. Keiner konnte meiner energiegeladenen Ordnungsaktion entkommen. "Sarah?" Hiroko wurde drängender. "Hm?" Jetzt fing ich auch schon an wie Seto. Ich verbrachte wohl zu viel Zeit in seiner Gesellschaft und sein Benehmen färbte langsam auf mich ab. Hiroko griff nach meinen Händen und hielt sie mit ihren eigenen fest, drehte mich zu sich herum und indem sie sich etwas weiter nach vorne beugte konnte sie mir genau in die Augen sehen. Ich konnte diesem Blick doch nie widerstehen und plauderte immer gleich alles aus. - Mist verdammter. - "Sarah, jetzt hör auf mit diesem Herumwerkeln und sag mir was du vor hast...und vor allem mit wem." Sie ließ meine Hände wieder los doch ihre Augen blieben forschend und eindringlich auf mich geheftet. Ich wand mich unter ihrem Blick, doch ich hatte niemals eine Chance gehabt. Wie sollte man seiner besten Freundin auch so einen Ausflug verschweigen können? Ich seufzte auf und gab nach. Also ob ich jemals eine andere Wahl gehabt hatte. "Also gut..." Ich wich dennoch ihren Blick aus, um nicht ihre direkte Reaktion auf meine Worte sehen zu müssen. Warum kannte sie mich nur so in und auswendig, dass sie genau wusste, dass ich etwas vor ihr zu verbergen versucht hatte? "Ich treffe mich nachher mit Mokuba und Seto. Wir gehen zusammen in den Zoo. Mokuba hat mich dazu überredet Seto danach zu fragen...und nun ja, er hat eben ja gesagt. Deswegen muss ich heute also früher gehen." Jetzt drehte ich mein Gesicht wieder zu Hiroko herum, um sie ansehen zu können. Es war wie zu erwarten gewesen. Sie war baff. Aber nur einige Sekunden lang, dann fing sie an zu grinsen. Mit erhobenem Zeigefinger drohte sie mir, wobei sie über das ganze Gesicht lächelte. "Du bist mir ja eine. Du triffst dich mit Seto Kaiba und ihr unternimmt etwas zusammen." "Und Mokuba." "Ja, aber Seto Kaiba wird dabei sein." "Genauso wie Mokuba." Sie ließ sich nicht von ihrer tollen Idee abbringen. Hätte mich auch stark gewundert. Versuchte doch meine Freundin mich schon seit Ewigkeiten mit jemand zu verkuppeln. Warum dann nicht gleich mit Seto Kaiba? "Man könnte das ja dann fast so was wie ein Date nennen." "Nein kann man nicht." Langsam ging sie mir doch auf die Nerven. "Schließlich gehen wir mit Mokuba in den Zoo und nicht in ein romantisches Restaurant." "Das könnte aber noch folgen, wenn du Glück hast, dann..." "Hiroko komm schon. Hör auf mit dem Unsinn. Seto Kaiba und ich haben kein Date. Wir kommen nur einigermaßen gut miteinander aus, das ist alles. Und wir machen heute nur wegen Mokuba den Ausflug. Also interpretier da nichts hinein, was nicht da ist." "Aber du hast ihn darum gebeten und er hat zu gesagt, das habe ich doch schon richtig verstanden, nicht wahr?" "Aber nur, damit ich aufhöre ihn zu nerven." Ich musste bei dieser Erinnerung kurz Lachen. "Nein Hiroko ehrlich, wir machen das beide wegen Mokuba, weil sich der Kleine so darüber freut. Deswegen hat er zugesagt. Und ich bin mir sicher, dass es heute nett werden wir. Aber nur rein freundschaftlich, verstanden?" Das letzte Wort betonte ich besonders scharf. Ich wollte keine weiteren Diskussionen mit ihr führen müssen, ob Seto und ich etwas am Laufen hatten. Sie hob abwehrend, aber dennoch schmunzelnd die Hände. "Okay, okay, ich hab´s verstanden. Ihr seid nur Freunde. Wäre aber trotzdem eine schöne Vorstellung, aber nun gut. Dann muss ich mich eben weiter nach einem Mann für dich umsehen." "Tu das Hiroko, tu das. Sag mir bescheid, wenn du Mister Perfekt für mich gefunden hast." "Klar doch." Wir lächelten uns beide an. "Aber ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß heute bei deinem kleinen Ausflug, Sarah." "Danke. Ich denke es wird bestimmt lustig. Und wenn es dir nichts ausmacht..." Ich deute auf ihren Hintern, denn meine Freundin saß auf einer sehr wichtigen Zeichnung, die auf meinem Schreibtisch lag und die ich jetzt dringend benötigte. "Könntest du bitte aufstehen? Ich brauch die Skizze zum weiterarbeiten." "Oh, klar doch." Sie erhob sich rasch und lächelte mich nochmals an. "Wann gehst du denn eigentlich?" Ich warf nochmals einen kurzen Blick auf die Uhr. "In einer halben Stunde muss ich los." "Tja, dann schau mal das du bis dahin gut vorankommst. Sonst gibt's wieder Ärger mit dem Chef." "Keine Sorge, ich beeile mich." Damit machte ich mich daran, die Zeichnung genau zu studieren und mir hier und da einige Bemerkungen an den Rand zu kritzeln. Hiroko kehrte zu ihrem eigenen Schreibtisch zurück und widmete sich ihrer Arbeit. Nicht mehr lange und ich würde in die bereitstehende Limousine steigen, zu Mokubas Schule fahren um ihn abzuholen und dann zusammen mit ihm zur Kaiba Corporation fahren, um dort auf seinen Bruder zu treffen. Nicht mehr lange. Ich war gespannt. Im Grunde konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, wie dieser Tag wohl ablaufen würde. Einen solchen Ausflug mit dem Seto Kaiba zu machen...bei Mokuba hatte ich ja gar keine Bedenken. Der Kleine würde sich vor Freude nicht mehr beruhigen können, aber sein Bruder? Nun, zwar hatte Seto zugesagt, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er zusammen mit uns herumtoben würde. Blieb mir nur zu hoffen, dass er sich dennoch auch etwas amüsieren würde und auch seinen Spaß bei unserer kleinen Exkursion haben würde. Mein Tippen wurde von dem leisen Piepsen meiner Armbanduhr unterbrochen. Ich warf schnell einen Blick darauf und mit einem kleinen Seufzer stellte ich den Alarmknopf ab, den ich vorsichtshalber eingestellt hatte. Schließlich wollte ich Mokubas großen Tag nicht verderben indem ich zu spät kam und wir deswegen das ganze am Ende noch verschieben mussten. Es war Zeit. Ich räumte meine Arbeitsutensilien zusammen und packte meine Tasche. "Macht´s gut. Bis morgen dann." Mit einem mehr oder weniger einstimmig gebrummten "Bis Morgen" wurde ich von meinen Arbeitskollegen verabschiedet, die nicht mal die Köpfe hoben oder den Blick von ihren Arbeiten lösen konnten. Ich musste kurz darüber schmunzeln, doch dann machte ich mich auf den Weg zur Limousine...zu Mokuba...zum Ausflug...zu einem hoffentlich gut gelaunten Seto Kaiba. Ein lauter und überaus aufdringlicher Signalton erfüllte das Büro und weckte somit seine Aufmerksamkeit. Schon ganz automatisch wanderte seine rechte Hand zum Knopf der Sprechanlage und betätigte diesen, so dass ihn sein Gesprächspartner hören konnte. "Ja?" Seine Stimme klang mal wieder ungehalten über die Störung. Er konnte gar nichts mehr dagegen tun, er nahm schon von selbst diesen Tonfall an, ohne es noch steuern zu können. Er wurde nun mal nicht gerne bei seiner Arbeit unterbrochen. "Master Kaiba...Ihr Bruder und Miss Danzingten sind soeben eingetroffen und warten in der Einganshalle. Sollen sie zu Ihnen hoch kommen?" Einen Moment warf er seine Stirn in Falten, doch dann antwortete er Roland, indem er erneut den Knopf der Sprechanlage betätigte, den er während sein Angestellter gesprochen hatte, losgelassen hatte. "Nein, sie sollen unten warten. Ich komme gleich." "Verstanden Master Kaiba." Er faltete die Hände ineinander und stützte die Ellenbogen auf der Schreibtischplatte ab. Er war nachdenklich. Er hatte tatsächlich ganz vergessen, dass das heute war. Nun er hatte es nicht wirklich vergessen, eher verdrängt. Heute Morgen hatte Mokuba schließlich von nichts anderem gesprochen und nur von diesem Ausflug geschwärmt. Doch kaum war er in der Kaiba Corporation gewesen und hatte hinter seinem großen Schreibtisch in seinem riesigen Büro gesessen, da hatte er alle Gedanken an diesen Ausflug gänzlich aus seinen Gedanken gedrängt. Deswegen war er leicht überrascht gewesen, als Roland ihn mitten aus seiner Arbeit gerissen hatte, um ihm mitzuteilen, dass die beiden schon da waren. War es tatsächlich schon so spät? War es tatsächlich schon Mittwochnachmittag? Anscheinend ja. /Warum habe ich überhaupt zugesagt? Ich glaube, ich war zu dem Zeitpunkt etwas abwesend, sonst hätte ich mich doch niemals von ihr zu so etwas überreden lassen können. Warum bin ich gleich noch Mal auf ihren Vorschlag eingegangen? Weil Mokuba sich so sehr darüber freuen würde? Ich weiß es nicht mehr. Jetzt kann ich aber nicht mehr zurück und muss das alles über mich ergehen lassen...Vielleicht wird es ja auch gar nicht so schlimm. Mokuba hat sich schließlich wirklich wie wahnsinnig über diesen Ausflug gefreut, und Sarah...nun ja, es wird bestimmt erträglich werden. Und wer weiß, vielleicht macht mir es sogar irgendwie Spaß. Schließlich tue ich das für Mokuba. Ich werde einfach das Beste aus der ganzen Sache machen. Auch wenn ich stattdessen wesentlich Produktiveres tun könnte. Die Arbeit wird schließlich auch nicht weniger. Aber ich habe nun mal zugesagt und kann das nicht mehr ändern...Gut./ Mit den Händen abstützend erhob er sich aus seinem Bürostuhl und schob diesen leicht zurück. Er würde sich fügen müssen, da er nun mal zugesagt hatte. Rasch sicherte er noch die bisher eingegebenen und überarbeiteten Zahlen und Daten auf seinem Computer und ließ diesen dann herunter fahren. Er würde erst morgen wieder dazu kommen weiterzuarbeiten. Die letzte Tat für heute war, dass er seinen Flachbildschirm ebenfalls ausschaltete, um unnötigen Stromverbrauch zu vermeiden. Nun hatte er alles erledigt und würde sich nun der Sache stellen müssen. Dem Ausflug. Mit zügigen, aber dennoch gelassenen Schritten durchquerte er sein Büro, wobei der dicke Teppich die Geräusche seiner Fußtritte verschluckte. Durch die schwarze Flügeltür in das Vorzimmer tretend verließ er nun endgültig seinen Arbeitsplatz. Er ignorierte seine beiden Sekretärinnen, die jeweils an einem Schreibtisch vor seinem Büro saßen und entweder Telefongespräche entgegennahmen oder Briefe auf dem Computer verfassten. Zielsicher steuerte er auf den Fahrstuhl zu, der direkt vor ihm lag. Er durchquerte das große Vorzimmer, das eigentlich eher an einen Gang erinnerte und hatte keinen Blick für den teuren Mamorboden, noch für die exquisiten Möbel und Kunstgegenstände übrig, welche hier zu sehen waren. Er kannte all das nur zu genüge. Er hatte es oft genug gesehen und schließlich hatte er auch den Innenausstatter selbst ausgesucht, der die gesamte Einrichtung hier kreiert hatte. Einzig und allein die goldnen Fahrstuhltüren direkt vor sich zogen seinen Blick auf sich, welchen er Schritt für Schritt näher kam. Endlich stand er davor. Mit einer geübten Handbewegung zog er seine ID Karte, die er in Form einer Duell-Monsters Karte um den Hals hängen hatte, durch den Scanner der dort an der Wand angebracht war. Wie oft hatte er diese Bewegung schon durchgeführt? 1000 Mal? 10000 Mal? Wer zählte schon mit? Der Fahrstuhl kam und die Türen öffneten sich mit einem leisen 'Pling'. Natürlich befand sich niemand in dem Aufzug. Deswegen hatte er auch schließlich seine Karte benutzt. Sie garantierte ihm, dass niemand anderes Zugriff zu dem Aufzug hatte, solange er ihn selbst benutzte. Worauf er nun wirklich keine Lust hatte, war neben verschwitzten und gestressten Angestellten in einem Aufzug auf gerade mal drei m² zu stehen. Er tat zwei Schritte nach vorne, drehte sich dann um 180° um die eigene Achse, stand nun im Fahrstuhl und konnte durch die immer noch geöffneten Türen das Vorzimmer überblicken. Doch abermals hatte er keinen Blick für den Raum vor sich. Stattdessen wandte er sich zur Anzeigentafel um, welche Rechts von im in der Wand des Fahrstuhles eingelassen war. Sein ausgestreckter Zeigefinger der rechten Hand drückte den Knopf mit der Aufschrift 'Erdgeschoß: Empfangshalle'. Die Türen schossen sich kurz darauf und nun war er allein. Einen Moment genoss er die Ruhe, dann setzte sich der Aufzug mit einem kaum merklichen Ruck in Bewegung. Es würde eine kurze und vor allem ruhige Fahrt werden. Der Lift würde ohne anzuhalten die gesamten 35 Stockwerke durchfahren, ohne auch nur einmal anzuhalten. Dafür sorgte das Programm, welches er kurz zuvor mit dem Durchziehen seiner ID Karte aktiviert hatte. Nicht mehr lange und er würde wieder in die strahlenden Augen seines Bruders sehen, welcher vor Vorfreude kaum noch zu bändigen sein würde. Und Sarah...nun ja, sie würde eben auch da sein. Er würde einfach das Beste aus der ganzen Sache machen. Und vielleicht würde es ja tatsächlich angenehm werden. Er wusste zwar wirklich nicht mehr genau, warum er auf ihren Vorschlag überhaupt eingegangen war, aber wenn er an Mokubas Lachen dachte...Er musste zugeben, es war keine schlechte Idee von ihr gewesen. Es war wirklich schon zu lange her, dass er etwas Derartiges mit seinem Bruder unternommen hatte. Wenn er sich recht erinnerte hatte er wohl zuletzt vor geraumer Zeit mit ihm eine Spielmesse besucht. Viel zu lange her, das musste er sich eingestehen. Aber heute würden sie wieder etwas gemeinsam unternehmen. Wieder einmal schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Das geschah in letzter Zeit immer häufiger. Doch zum Glück war er alleine und niemand konnte es sehen. Es war einfach ein zu ehrliches Lächeln, welches niemand zu sehen brauchte. Und ob er es sich selbst eingestehen wollte, oder nicht, irgendwie freute er sich jetzt auf einmal doch auf diesen Ausflug. Ich stand immer noch in dieser riesigen Eingangshalle und blickte mich staunend um. Diese gewaltige Decke, der ganze dunkle Marmor und die gesamte Atmosphäre von Macht, Geld und Einfluss. Die Ausstrahlung eines Weltunternehmens. Es war einfach unglaublich. Mokuba hatte an mich gewandt gemeint, ich solle hier stehen bleiben, denn er würde nur schnell an der Empfangsrezeption bescheid sagen, dass wir hier waren, so dass mein seinem Bruder benachrichtigen konnte. Ich glaubte mich auch noch dunkel daran erinnern zu können, dass er etwas Ähnliches gesagt hatte, wie dass wir eventuell in Setos Büro gehen müssten, falls sein Bruder doch noch nicht alle Arbeiten erledigt hatte. Ich hatte aber nur mit halbem Ohr zugehört. Ich war viel zu überwältigt von dem ganzen Eindruck und Anblick der sich mir bot. "Seto kommt gleich. Wir sollen hier auf ihn warten." Dem Kopf im Nacken liegend, um die unbeschreibliche Deckenkunst zu bewundern, nickte ich und gab einen zustimmenden Ton von mir. Zum Antworten war ich zu abgelenkt. Aber Mokuba schien das nicht weiter zu stören. Vielleicht war ich wirklich etwas zu fasziniert von dieser ganzen Einrichtung, aber man musste zugeben, Seto hatte an nichts gespart. Genau so hatte ich mir immer die Halle eines Weltunternehmens vorgestellt. Aber es war eine Sache sich das in seiner Fantasie vorzustellen und dann wirklich in so einer Eingangshalle zu stehen. Weiter vor mich hin staunend ließ ich meinen Blick durch die Halle streifen. Es gab einfach überall etwas zu entdecken. Überall waren kleine Details versteckt, die man erst bei genauerer Betrachtung erkennen konnte. Gezielt platzierte Pflanzen, optimal eingesetzte Dekorationsmaterialen wie Marmor, Gold und dunkles Holz sowie zahlreiche wertvolle, dennoch aber nicht protzige oder aufdringliche Kunstgegenstände, welche die Atmosphäre als krönenden Abschluss abrundeten. Seto hatte wirklich an nichts gespart. Die Empfangshalle war einfach perfekt. Wie lange ich so dastand und aus dem Staunen nicht mehr herauskam, konnte ich nicht mehr sagen. Erstaunlich nur, dass Mokuba so geduldig neben mir stand und mich in aller Ruhe alles betrachten ließ. Wahrscheinlich war aber selbst in Gedanken versunken und malte sich bereits den Ausflug in den schillernsten Farben aus. "Beeindruckt?" Die Person mit dieser tiefen Stimme stand direkt hinter mir, höchstens zwei Schritte entfernt. Er war wohl gerade an mich herangetreten, ohne dass ich ihn gehört hatte. Ich ließ weiter meinen Blick durch die Halle schweifen und drehte mich nicht um, denn dafür war ich viel zu gefesselt von dem Anblick. "Das kannst du aber laut sagen. Ich will gar nicht wissen wie gewaltig der Rest aussieht, wenn das hier nur die Empfangshalle ist." Ich vernahm ein leises und kurzes Lachen hinter mir. Nun drehte ich mich doch zu Seto um und sah, dass ein selbst überzeugtes Lächeln sein Gesicht zierte. Nicht unbedingt kalt oder abweisend, vielmehr schien er stolz auf seine Firma zu sein und er wusste, dass andere Leute davon beeindruckt waren. So wie er es wohl auch beabsichtigt hatte. Er sah mir in die Augen, immer noch mit diesem Lächeln auf den Lippen. "Leider haben wir jetzt nicht mehr genug Zeit, also verschieben wir den Rundgang auf ein andermal." Ja, man konnte wirklich heraushören, dass er stolz auf die Kaiba Corporation war. Moment...Hatte er mir gerade das Angebot gemacht, mich durch seine Firma zu führen, mir alles zu zeigen? Er, Seto Kaiba? Also das musste er mir nicht zweimal sagen. Mit einem gewinnenden Lächeln trat ich einen kleinen Schritt näher an Seto heran. "Ich komme bei Gelegenheit auf dein Angebot zurück." Sein Gesichtsausdruck blieb zwar unbeweglich, aber seine Augen schienen irgendwie zu lächeln. Anscheinend war sein Vorschlag tatsächlich ernst gemeint gewesen. Das verwunderte mich nun doch ein wenig. Nun, auf jeden Fall schien er nicht wütend über meine Antwort zu sein, eher wirkte er zufrieden. Ich wandte mich nun wieder zu Mokuba um, der neben uns stand und schon vor Vorfreude hibbelig von einem Bein aufs andere hüpfte. Seto richtete kurz seinen Mantel und machte sich dann mit ruhigen Schritten auf den Weg zum Ausgang. Ohne sich umzudrehen forderte er uns auf ihm zu folgen. "Wir sollten langsam los, sonst wird es noch zu spät." Über das ganze Gesicht strahlend machten Mokuba und ich uns daran ihn mit schnellen Schritten einzuholen und an seiner Seite die Kaiba Corporation zu verlassen. Doch, heute war ein guter Tag für einen Ausflug. Seto schien ebenfalls guter Dinge, also konnte es heute richtig lustig werden. Wir traten ins Freie und die Sonne schien auf uns herab. Einen Moment blieben Mokuba und ich stehen und sogen die frische Luft ein. Es war einfach ein herrlicher Nachmittag und das Wetter war schlicht weg traumhaft. Seto hatte zwei Schritte vor uns angehalten um auf uns zu warten. Doch er drehte sich nicht zu uns um, sondern blieb ruhig stehen und ließ seinen Blick kurz über die Umgebung streifen. Obwohl es so ein schöner Tag war, waren erstaunlich wenig Leute und Autos unterwegs. Die Straße vor uns war nur wenig befahren und insgesamt war es erstaunlich ruhig, wenn man bedachte, dass wir uns im Stadtzentrum befanden. Um Seto nicht ungeduldig werden zu lassen traten wir rasch an seine Seite. Mokuba an seine Rechte, ich flankierte Setos Links. "Wie sieht's aus? Nehmen wir die Limousine oder gehen wir zu Fuß?" Mokuba deutete kurz auf das schwarze Auto mit dem wir beide gekommen waren und welches immer noch vor der Kaiba Corporation wartete. Fragend sah er zu seinem Bruder auf, der jedoch keine Miene verzog. Es war zwar nicht diese Maske, dieses abweisende Gesicht, aber man konnte dennoch nicht aus seinen Gesichtszügen herauslesen, was er gerade dachte. Schade eigentlich. Warum versteckte er sich jetzt schon wieder hinter seinem ausdruckslosen Gesicht? Er konnte doch Gefühle zeigen, aber jetzt versteckte er sie schon wieder. Ich würde diesen Mann wohl nie verstehen. Warum konnte er sich nicht einfach wie jeder andere auch auf diesen Ausflug freuen, oder wenigstens darüber, dass sein kleiner Bruder vor Freude fast in die Luft ging? Aber ich würde mir von seinem introvertierten Gefühlsleben bestimmt nicht die gute Laune verderben lassen. Ich legte den Kopf in den Nacken und blinzelte der Sonne entgegen, die mir direkt ins Gesicht schien. "Ach kommt schon, es ist so ein herrlicher Tag...wer will da schon die ganze Zeit im Auto sitzen? Klar gehen wir zu Fuß, es ist schließlich auch gar nicht so weit von hier. Wenn wir gemütlich gehen, sind wir spätestens in einer dreiviertel Stunde da." Mokuba nickte bestätigend. "Gut, dann gehen wir zu Fuß. Ist das in Ordnung, großer Bruder?" Wieder sah er fragend zu Seto auf. Erst jetzt reagierte er und sah zu Mokuba hinunter. "Wenn ihr unbedingt wollt." "Klasse." Mokuba strahlte und lächelte seinen Bruder begeistert an. Doch lange hielt er es nicht aus, er war einfach zu aufgeregt. Mit einem "Los kommt schon" setzte er sich in Bewegung und lief uns voraus. Er hatte es anscheinend sehr eilig. Wer konnte es ihm verdenken? Mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen folgte ich dem Kleinen und Seto tat es mir gleich. Im gemütlichen Spaziergangtempo liefen wir die Straße entlang, Mokuba immer ein zwei Schritte vor uns, der über das ganze Gesicht lächelte, ununterbrochen von dem Ausflug erzählte, von dem was er alles tun und ansehen wollte und sich immer wieder zu uns umdrehte, um zu sehen, ob wir ihm auch wirklich folgten. Das würde ein äußerst interessanter Spaziergang werden. Mokuba war so aufgeregt, dass er kaum auf den Weg achtete. Seto hingegen ging ruhig neben mir her und hörte sowohl seinem Bruder zu, aber schien auch gleichzeitig ein wenig die Umgebung zu betrachten. Ich hatte nicht gedacht, dass er der Typ war, der Spazierengehen genießen konnte. Das war doch mal etwas völlig Unproduktives. Aber dennoch schien es ihm zu gefallen. Denn so wie er neben mir herging, sah er zufrieden, ausgeglichen und gelassen aus. Dieser Mann war mir wirklich ein Rätsel. Zuerst versteckte er seine Gefühle hinter einer Maske und nun sah man ihm deutlich an, dass er sich entspannt fühlte. Ich beschloss dem einfach keine Aufmerksamkeit zu schenken. Das einzig Wichtige war doch, dass er sich wohl fühlte, alles andere war doch bedeutungslos. Hauptsache er und Mokuba genossen diesen Ausflug und die Zeit die sie gemeinsam verbringen konnten. Der Kleine quasselte ununterbrochen. Uns immer wenige Schritte voran, führte er uns und schien nicht damit aufhören zu können uns zu erzählen, was er vorhatte, was er alles ansehen oder besuchen wollte. Ich hörte ihm lächelnd zu und fing seinen Blick auf, wenn er sich in regelmäßigen Abständen zu uns umdrehte. Einerseits wohl um zu überprüfen, ob wir ihm wirklich folgten, anderseits, um mit uns reden zu können, oder besser gesagt, damit wir ihn besser verstanden. Denn er schwärmte ohne Unterlass, redete ohne Punkt und Komma und ließ uns nicht zu Wort kommen. Aber wir hatten sowie nicht vor seinen Begeisterungssturm zu unterbrechen. Seto lief schweigen neben mir her und hörte den Ausführungen seines Bruders gelassen zu. Wir gingen gemütlich, doch langsam wunderte ich mich, in welche Gegend wir kamen. Obwohl es Nachmittag war, waren hier kaum Leute auf der Straße. Die Häuser hier sahen zwar nicht heruntergekommen aus, aber wir befanden uns auch nicht gerade im Luxuswohnviertel der Stadt. Hatte Mokuba eine Abkürzung genommen und uns hierher geführt? Ich hatte so auf seine Erzählungen konzentriert gewesen, dass ich gar nicht mehr auf den Weg geachtet hatte. Waren wir in der Nähe des Hafens? Es kam mir fast so vor. Es ähnelte langsam einem Industriegebiet. - Na ja, wenn's schneller geht. Mokuba kennt sich besser aus und wird schon wissen ob das der richtige Weg ist. - Wieder drehte sich der Kleine zu uns um und schwärmte von den kommenden Taten, die er heute vollbringen wollte. "Mokuba pass..." Doch es war bereits zu spät. Mein wahrender Ruf kam nicht mehr rechtzeitig und erzielte somit auch nicht seine beabsichtigte Wirkung. Mokuba rempelte gegen die hinter ihm stehende Person und in seinem Gesicht spiegelte sich Überraschung und Schrecken über den plötzlichen Aufprall wieder. Er gab ein Stöhnen von sich. Warum hatte er auch nach hinten reden müssen, ohne auf den Weg zu achten? Er war so heftig gegen dem Mann gestoßen, dass er drohte zurück geschleudert zu werden und hart auf den Asphalt aufzukommen. Doch dies wurde von dem Angerempelten verhindert, indem er rasch seinen Arm ausstreckte und Mokuba am Oberarm packte, zu sich hin zerrte und ihn somit an sich zog. Mir fiel auf, dass der Mann dunkle Kleidung trug, nur dunkle Kleidung. Er überragte den Jungen um gut einen halben Meter. Er war wirklich groß. Er hatte blonde Haare und einen drei Tage Bart, welcher ihm ein leicht verwegenes Aussehen verlieh. Ich atmete erleichtert aus. Zum Glück war Mokuba nicht gefallen. Doch im nächsten Moment stutzte ich. Der Mann der Mokuba von dem Sturz bewahrt hatte, fing an zu grinsen. Ein seltsames Lächeln. Er senkte den Kopf und sah zu dem Jungen hinunter, der leicht an seinen Körper gepresst war. Das Lächeln verstärkte sich. Dann unvermittelt packte er Mokuba fester und mit einer schnellen Bewegung drehte er ihn herum, so dass er uns wieder sein Gesicht zugewandt hatte, welches bisher in der Kleidung des fremden Mannes verborgen gewesen war. Seine Gesichtszüge spiegelten immer noch Überraschung wieder. Das Grinsen des Mannes...es war...irgendwie...Ich bekam ein seltsames Gefühl. Die Arme des Blonden schlangen sich enger um Mokubas Körper und hielten ihn somit fester...gefangen? Meine Augen weiteten sich überrascht. - Was...?- Ich kam nicht dazu weiter zu denken, denn Seto regte sich neben mir. Ein kurzer Blick zu meiner Rechten zeigte mir, dass er angespannt und hochkonzentriert neben mir stand. Mein Kopf richtete sich wieder nach vorne, zu dem Mann und zu Mokuba, doch nun sah ich etwas anderes...und das ungute Gefühl wurde stärker. Hinter dem Mann, der immer noch Mokuba umschlossen hielt und uns inzwischen fies angrinste, waren drei weitere Männer aufgetaucht. Wo kamen die so plötzlich her? Warum waren sie auch alle in Schwarz gekleidet? Und warum grinsten sie ebenfalls so hinterhältig? Der Mann, der Mokuba festhielt, ließ seine rechte Hand in die Jackentasche gleiten, nur um sie sofort wieder herauszuziehen. Kurz blitzte etwas hell auf. Zu schnell um es erkennen zu können, denn er bewegte seine Hand zu hastig. Der Blonde machte eine rasche Bewegung und nun ruhte seine Hand in Mokubas Kopfhöhe und hielt den herausgeholten Gegenstand an dessen Gesicht. Jetzt erkannte ich es. Ein Messer! Ein gut 20 Zentimeter langes Messer! Und er hielt es an Mokubas Gesicht. Die Männer hinter ihm waren inzwischen näher an uns herangetreten und flankierten ihren Anführer, der Mokuba bedrohte...oder eigentlich uns. "Na, wo wollen wir denn hin?" Das Grinsen auf seinem Gesicht war abstoßen und bei dem Anblick des völlig verstörten und überraschten Mokubas zog sich mein Innerstes zusammen. Wir saßen in der Falle. Uh, ein Kliff-Hänger. Also das musste jetzt einfach sein. Ihr habt euch beschwert, dass ich zu wenig Spannung in meiner FF habe, also greife ich jetzt zu den billigsten Methoden zurück, um etwas Aufregung in meine bisher doch so qualitativ hochwertige Story zu bringen. Nein im Ernst, ich habe lange überlegt, ob ich wirklich hier schon mit dem Zusammenstoß Mokubas mit diesem netten, unbekannten Mann bringen soll, oder doch erst im nächsten Kapitel. Eigentlich ist dieses Kapitel eh schon viel zu lang, aber ich dachte, ich sollte langsam anfangen etwas mehr Spannung aufzubauen. Also entschuldigt den Kliff-Hänger, aber ich denke es ist eine gute Vorbereitung aufs nächste Kapitel. Und so wie es aussieht wird dieses auch nicht besonders kurz werden. Da wird nämlich eine Menge geschehen. Deswegen auch dieses abrupte Ende hier. Noch kurz zum Inhalt. Ich habe hier viele kleine Ideen einfliesen lassen, die mir so nebenbei eingefallen sind, aber im Grunde nichts mit dem Storyverlauf zu tun haben. Also das mit den nassen Haaren und dem Zeitungsartikel, genauso wie das Telefongespräch mit Mokubas Schulfreund. Das waren alles nur so Dinge aus dem Alltagsleben im Hause Kaiba, hat aber nichts wirklich mit der Handlung zu tun. Hoffe es hat euch dennoch gefallen. So stelle ich mir halt das Zusammenleben mit den Kaiba Brüdern vor. Das nächste Kapitel wird dafür dann vor Spannung und aufregender Handlung nur so strotzen...mehr oder weniger...irgendwie...so ein bisschen...denke ich mal einfach *grins* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)