Hab mich lieb von RubyF ================================================================================ Kapitel 4: Idiot ---------------- A/N: Hallo ihr Lieben. Daaaanke für eure vielen lieben Kommis *auf und ab dops* Und ein ganz großes Dankeschön auch an KleinerMond, meine verehrte Beta-Leserin (das darf ich doch sagen, oder? *g*) für die Empfehlung *knuuutsch* Das gleiche gilt natürlich auch für ihre Story "Lunar Eclipse", wer sie noch nicht kennt: lesen! Spannend, erschreckend, traurig, süß, ein Remus-Sirius, das sich aus der breiten Masse hervorhebt! Und wenn ich einmal dabei bin Werbung zu machen: guckt mal bei "Die Rumtreiber" von MissProkyon rein! :) Soo, und nun noch was zur Story: ich find's toll, dass ihr echte Kritik anbringt, ich hoffe ich kann mich verbessern! Die Wiederholungen sind so ein kleines Problem von mir >.<, aber zumindest zum Teil auch beabsichtigt. Remus ist kein Multiproblemfall, aber er sieht das anders. Er merkt nicht, dass er sich im Grunde nur im Kreis dreht mit seiner Keiner hat mich lieb-Theorie. Es ist immer wieder dasselbe. Für ihn ist das schon zur fixen Idee geworden. Á la "Ich könnte ja Arbeit finden, wenn der böse böse Alkohol nicht wäre" - sprach's und öffnete die nächste Bierflasche. Ich hoffe ihr versteht wie ich das meine. Ein ziemlich großes Wahrnehmungsproblem. Und er schiebt die Schuld von sich weg. Der Werwolf ist das Problem und fertig. Kategorisches Denken ist so herrlich einfach, ne? Aber so funktioniert es nun mal nicht... (ja, ich bin Anhänger der Systemtheorie ^^) *bah* ich fang an hier rumzulabern (das findet sich auch in meinem Schreibstil wieder, ich kann einfach nicht so Dinge huschhusch abhandeln...), was ich eigentlich sagen wollte: ich hab's wohl etwas übertrieben und werde versuchen das in Zukunft anders zu machen. Gebt mir bitte auch weiterhin Rückmeldung darüber! So, noch etwas zu diesem Kapitel (und die nächsten): wie gesagt ich nehme mir so manche Freiheit, was die Charas angeht, wenn das in bestimmte Bilder von ihnen nicht reinpasst, dann tut es mir leid. Zur Handlung: Ich hab keinerlei Erfahrungen mit solchen Dingen und hoffe, dass ich nicht unsensibel oder gar unglaubwürdig werde. Es fällt mir so schwer die deutschen Spitznamen zu verwenden >.< ~*~ Kapitel 4 Idiot Es war schon lange dunkel auf den Gängen im Schloss. Dunkel und kalt - der Winter begann schon seine eisigen Klauen auszustrecken um die Schüler daran zu erinnern, dass selbst der goldenste Herbst einmal ein Ende haben würde. Zu so später Stunde war eigentlich niemand mehr unterwegs und so staunten die Gemälde nicht schlecht als ein großer dunkelhaariger Junge an ihnen vorbeihastete. Doch ein verstohlener zweiter Blick aus zusammengekniffenem Auge legte die Aufregung wieder: Sirius Black, ach so, alles klar. Nein, es war wirklich nichts Neues, dass der schwarzhaarige Gryffindor zu nächtlicher Stunde unterwegs war und die meisten Porträts hatten es schon längst aufgegeben ihn zu belehren. Doch war er heute Nacht nicht, wie die 2D-Schlossbewohner vermuteten, unterwegs um irgendeinen Blödsinn anzustellen, sondern er war auf der Suche. Auf der Suche nach seinem Freund Remus Lupin. Als dieser nicht zum Abendessen aufgetaucht war, hatte Sirius sich noch keine Gedanken gemacht. Es kam nicht gerade selten vor, dass Remus irgendwo saß, so sehr in ein Buch vertieft, dass er alles um sich herum ausgeblendet hatte. Nur ein kleines, unangenehmes Ziehen in Sirius' Magen deutete auf die Unruhe, die ihn schon bald voll erfassen sollte. Ging es Remus vielleicht nicht besonders gut? Es war bald Vollmond, da war er meistens immer auch gesundheitlich angeschlagen... Doch auch nach dem Abendessen bekamen er und die andern beiden Remus nicht zu Gesicht. Er war weder im Schlafsaal, noch im Gemeinschaftsraum, noch bei Madam Pomfrey. Ein Vertrauensschüler-Treffen war nicht angesetzt und Flurdienst hatte er heute auch nicht, wie sie von Lily Evans erfuhren. Die drei Rumtreiber wurden immer unruhiger, denn nicht nur Sirius war aufgefallen, wie außerordentlich mies Remus heute drauf gewesen war. Sirius war nicht entgangen mit welchen Blicken Remus beim Frühstück das Brotmesser beehrt hatte, und als die Uhr weit über die Schließzeiten der Bibliothek und Galgenstreich für die Schüler hinaus geschritten war, war es vorbei mit Sirius' nervös überspannter Geduld. Der Gemeinschaftsraum war schon leer, so fiel es nicht besonders auf, als James und Sirius sich heraus schlichen. Selbst die Fette Dame war zu verschlafen, als dass sie ihnen eine Strafpredigt halten konnte. Vor dem Porträt trennten die beiden Freunde sich. Sie hatten sich das Schloss aufgeteilt, Peter blieb zurück um im Gryffindorturm die Stellung zu halten. Noch hofften alle drei, dass Remus dort bald wieder auftauchen würde, schmutzig von der Erkundung eines neuen Geheimganges vielleicht und völlig ahnungslos, warum sie in solcher Aufregung um ihn waren. Doch im Grunde waren sie sich im Klaren darüber, dass das wohl ein bloßer Wunschtraum bleiben würde... Was bin ich nur für ein Idiot!, schimpfte Sirius auf sich selbst. Er hatte doch schon am Morgen geahnt, dass mit Remus etwas ganz und gar nicht stimmte - viel schlimmer als sonst. Und was hatte er getan? Statt Remus damit aktiv zu konfrontieren, hatte er sich in die Passivität zurückgezogen und es gerade mal fertig gebracht Remus anzustoßen in der Hoffnung ihn damit von dem Messer und was auch immer er damit vorhatte wegzueisen. Nun gut, zumindest *das* schien ihm gelungen zu sein...doch wer weiß, was er damit nun wieder ausgelöst hatte, Remus schien jedenfalls ganz schön aufgelöst, als er die Große Halle verließ... Sirius seufzte. Verdammt, warum hatte er Remus gestern auch unbedingt herausfordern wollen? Er wusste doch wie sensibel der Junge war. Es musste für ihn doch wie Verrat, wie neuerliche Ablehnung - und diesmal auch noch von seinen besten Freunden! - ausgesehen haben. Wer weiß, wo er jetzt war - und in welchem Zustand! Sirius wollte sich das lieber nicht vorstellen und beschleunigte seinen Schritt noch etwas. Als er um eine Ecke bog, stockte er plötzlich. Vor ihm öffnete sich eine breite Fensterfront, die großzügig das schon ziemlich helle Mondlicht hereinließ. Mitten auf den Ländereien, einsam und erhaben, stand die Peitschende Weide, ihre dünnen Äste von einer leichten Brise durchrauscht. War Remus vielleicht...? Wie von einer plötzlichen, schrecklichen Eingebung getrieben, rannte Sirius los, seinen zu durchsuchenden Schlossteil völlig ignorierend. Eilig hastete er über die Ländereien, seine nachtscharfen Augen erspähten sofort einen langen Ast im Mondlicht und mit geübten Bewegungen war er schon bald in dem Gang unter dem Baum verschwunden. In der Heulenden Hütte war es grabesstill. Nicht mal das Kratzen einer Ratte war zu hören und zum ersten Mal heute bekam es Sirius wirklich mit der Angst zu tun. "Remus?", fragte er mit erstickter Stimme in die gruslige Stille hinein, für eine Antwort betend; doch sie kam nicht. Die wildesten Bilder purzelten in seinem Kopf herum, eines schlimmer als das andere, als er begann das Haus gründlich zu durchsuchen. Das Mondlicht drang nur hier und da in die Hütte ein, sonst war alles dunkel. Sirius leuchtete mit seinem Zauberstab in alle Ecken. Spuren konnte er keine entdecken, zu oft schon hatten die Rumtreiber ihre monatlichen Partys in dem schmutzigen Gemäuer gefeiert...also blieb nur die zeitaufwendige, zermürbende Suche in jedem Winkel. Irgendwann stand er vor der Tür zum Dachboden, dem obersten Geschoss. Das war der einzige Bereich, den sie noch nie betreten hatten...Sirius atmete tief durch bevor er die kleine Tür öffnete. Vor ihm eröffnete sich eine steile, reichlich morsch aussehende Treppe, sie sich nach oben im Dunkeln verlor. "Rem?", fragte Sirius unsicher. Keine Antwort - Mist. Verdammt, wann er nur so ein weicher Idiot geworden? Doch er wusste eigentlich, warum er so war. Es ging hier schließlich um Remus! Es war Sirius schon immer wichtig, dass es seinem "Kleinen" (jaja, der Spitzname traf eigentlich schon ein ganzes Weilchen nicht mehr zu...) gut ging. Er wusste, dass Remus kein Mitleid wollte, aber das war es ja auch nicht, es war...viel mehr. Wie viel genau, darüber wollte Sirius jedoch lieber nicht nachdenken...noch nicht. Der Boden knarrte gefährlich unter jedem seiner Schritte, der Staub war ziemlich aufgewühlt, auf jeden Fall war hier jemand hin- und hergelaufen, offensichtlich sogar ziemlich aufgebracht. Der schwache Lichtschein seines Lumos-Zaubers wanderte weiter über den mit allerlei Gerümpel versehenen Dachboden. Plötzlich stockte er. Inmitten eines besonders großen Gewühls von schleifenden Schuhabdrücken und verscharrtem Dreck war ein dunkler Fleck. Die Flüssigkeit war gierig von Staub und morschen Dielenbrettern aufgesogen worden, doch als Sirius sich tiefer darüber beugte, konnte er noch einen schwachen feuchten Glanz erkennen...dunkelbraun - Blut! Fast im selben Moment dieser erschreckenden Erkenntnis fiel ihm ein unscheinbares schwarzes Lumpenbündel nur wenige Schritte weiter ins Auge. Es brauchte keine Vermutung, er wusste mit Sicherheit, dass Remus sich darunter verbarg. Er schloss die kurze Distanz mit einem einzigen Sprung und begann sofort seinen Freund mit zittrigen Fingern zu untersuchen. "Remus? Was ist passiert?" er hörte selbst wie seine Stimme sich vor Panik überschlug "Warum ist da ein Bl..." er hielt inne, als er Remus umdrehte und das Messer auf dem Boden entdeckte. Das aus dem Zaubertränkekasten. Er wusste noch, wie Remus es ihm in der ersten Zaubertrankstunde nach den Ferien gezeigt hatte. Er war stolz darauf gewesen, denn es war feinste Qualität, und das zum Sonderpreis in einem kleinen Ramschladen in einer Quergasse neben Gringotts... Die hauchdünne gefährlich scharfe Klinge war verklebt mit teils schon getrocknetem...Blut. "Remus!" seine Stimme war hoch und überschlug sich, während er den leblosen Körper vor sich weiter abtastete, seine Augen aber nicht von der gruseligen Ästhetik des besudelten Messers reißen konnte. Plötzlich trafen seine Finger auf feuchten, klebrigen Stoff, und endlich sah Sirius wieder auf den Körper vor ihm. Remus' Gesicht schien noch blasser als sonst. Seine Haare klebten ihm schweißnass am Kopf und er schien auch geweint zu haben. Doch jetzt war er bewusstlos, ein schlaffer Körper in der dunkelsten Ecke seines monatlichen Gefängnisses. Der feuchte Stoff gehörte zu den Ärmeln der schwarzen Schuluniform, Sirius wagte es nicht darunter zu schauen, suchte jedoch noch nach weitern Verletzungen, konnte aber keine finden. Dafür fiel ihm etwas anderes auf: als er Remus' Oberkörper abtastete, schien sich dieser leicht zu heben und zu senken. Bitte - oh ja, bitte!, schickte Sirius ein Stoßgebet los, als er sich über Remus' Gesicht beugte. Er spürte einen schwachen warmen Luftzug und bekam eine Gänsehaut davon. Ein Atmen - flach zwar, aber zweifelsfrei da. Sirius atmete auf. +++ Als Remus langsam aufwachte, fühlte er...Moment mal - aufwachte? So war das aber nicht geplant gewesen! Es sollte ein ruhiger Schlaf werden. Endlich friedlich und ohne Träume. Vor allem aber sollte er nicht wieder aufhören... Remus seufzte - nicht mal einen vernünftigen Tod brachte er zustande. Stattdessen lag er nun auf der Krankenstation (die Gerüche und das Gefühl der Matratze unter ihm waren ihm inzwischen so vertraut wie der Anblick seiner rechten Hand...), er hatte Kopfschmerzen, und seine Arme brannten wie Feuer. Er brauchte sie nicht unter der Bettdecke hervorzuheben um zu wissen, dass sie in dicke Verbände gehüllt waren. Er spürte das leichte Scheuern auf seiner Haut, den warmen Druck und die Taubheit gegenüber der Bettdecke darüber. Remus seufzte wieder. Na wunderbar - noch mehr Schmerzen, noch mehr Narben. Beides Dinge, denen er für immer hatte entsagen wollen. Wie war er eigentlich hierher gekommen? Wer hatte ihn gefunden? Er wusste es nicht. Das letzte an das er sich erinnern konnte, war Blut und Schmerz - und viel Angst. Ein leises Schnaufen riss ihn aus den düsteren Erinnerungen an - ja, wann? Letzte Nacht? Erst jetzt öffnete Remus die Augen richtig und entdeckte, dass jemand neben ihm saß - Sirius Black! Sofort beschleunigte sich sein Herzschlag, wie immer wenn er Sirius sah - und besonders wenn er mit ihm alleine war. Der schwarzhaarige Rumtreiber hatte es doch tatsächlich fertig gebracht auf den schrecklich unbequemen Stationsstühlen eine Position zu finden, die ihm etwas Schlaf erlaubte. Besonders friedlich sah er allerdings nicht aus, wie Remus fest stellen musste. Er hatte ihn schon ganz anders schlafen sehen... Sirius' linker Arm lag angewinkelt auf seinem Oberkörper, während der andere ausgestreckt auf das Krankenbett wies. Sirius' Hand lag auf der Bettdecke, neben der flachen Erhebung, die Remus' Hand andeutete. Es sah fast so aus als hätte Sirius versucht seine Hand zu nehmen, aber sich dann nicht getraut. Warum war er hier? Warum wusste er, dass Remus hier war? Hatte ER ihn gefunden? Das hieße ja, er hatte ihn gesucht! Remus wusste nicht, ob er sich schämen sollte, weil er Sirius Ärger und Mühe gemacht hatte - oder lieber freuen, weil er sich genügend Sorgen um ihn gemacht hatte ihn zu suchen - und dazu noch wusste wo. Er beschloss diese Entscheidung auf später zu verschieben. Stattdessen betrachtete er Sirius im Schlaf und plötzlich bemerkte er wieder diese Ruhe und den Frieden. Das sanfte Gefühl, das ihn in die Heulende Hütte getrieben hatte. Von dem er gedachte hatte, dass nur dieser eine Ausweg es ihm auf Dauer bringen könnte... Röte kroch in seine Wangen. Sirius war ihm wirklich der liebste Mensch auf Erden - und auch, wenn diese Gefühle eigentlich als abartig einzustufen waren und mit zu den Gründen für seine jetzige Situation zählten - so spendeten sie ihm doch auch einen gewissen Trost. Gerade begann ein schüchternes Lächeln sich seinen Weg zu bahnen, als plötzlich Bewegung in Sirius kam. Hastig schloss Remus die Augen und stellte sich schlafend, lauschte dabei auf die raschelnden Geräusche von Sirius' Kleidung, als dieser langsam aufwachte, sich aufrichtete und streckte, ausgiebig gähnte. Dann wurde es ruhig und Remus spürte Augen auf sich gerichtet. Kurz darauf ertönte Sirius' Stimme "Was glaubst du, tust du da? Bin ich je auf dein vorgetäuschtes Schlafen reingefallen, hm?" Seine Stimme war ganz wuschig, noch richtig verschlafen und Remus liebte diesen Ton. Vorsichtig öffnete er die Augen, bedacht darauf Sirius nicht ins Gesicht zu sehen. "Nein, bist du nicht..." murmelte er verlegen. "Eben." Es folgte eine ziemlich lange, peinliche Pause, in der keiner von beiden so richtig zu wissen schien, was er sagen sollte... Schließlich brach Remus das Schweigen, er wollte es endlich wissen: "Warum bist du hier?" "Ich hab darauf gewartet, dass du aufwachst, wollte sichergehen, dass du wieder in Ordnung kommst." Diese Worte standen in harschem Gegensatz zu dem, was Remus von den anderen gedachte hatte. Er war sich sicher gewesen Sirius völlig egal zu sein. Doch der Ausdruck auf dessen Gesicht war offen und ehrlich. Zum ersten Mal kam Remus wirklich ins Zweifeln. "Warum?" fragte er unsicher. "WARUM?" Sirius zog die Augenbrauen hoch "Weil ich mir Sorgen gemacht hab, du blöder Idiot! Genau wie die anderen. Wir haben uns aufgeteilt - und wo finde ich dich? Und vor allem in welchem Zustand? Verflucht, ich hab mich noch nie so erschrocken!" Er unterbrach sich, als er Remus' riesige Augen bemerkte "Was ist?" "Ihr habt mich gesucht?" seine Stimme war heiser. "Natürlich! Glaubst du, du könntest einfach so verschwinden und keinem fällt was auf?" Remus antwortete nicht. "Also wirklich Rem! Mach mal die Augen auf! Das was du da gestern versucht hast, war echt das Egoistischste, was du je gemacht hast. Du bist nicht allein auf der Welt, weißt du das?" "Ich könnte es aber genauso gut sein! Es wär doch für alle nur eine Erleichterung gewesen!" Für einen Moment fehlten Sirius bei diesem Ausbruch tatsächlich die Worte. Verdattert blickte er Remus ins Gesicht. Unter den trotzigen Zügen blitzte auch eine Menge Leid und Selbsthass durch - in einem weitaus größeren Ausmaß als Sirius je vermutet hätte... Erschrocken stand er auf und setzte sich neben Remus aufs Bett, sorgfältig darauf bedacht nicht dessen verletzten Arm zu berühren. "Sag mal, denkst du das wirklich?" fragte er besorgt "Weil, weißt du, das ist nicht wahr! Denk mal an deine Eltern - an deine Mutter! Die beiden wären außer sich vor Schmerz, wenn du plötzlich nicht mehr da wärst. Du bist beliebt bei den Lehrern und der Lieblingsvertrauensschüler einer Menge der jüngeren Schüler. Leute aus unserer Klasse fragen dich um Rat, du wirst für deine Ruhe und Geduld geschätzt - du siehst es bloß vor lauter Selbsthass nicht! Und nicht zuletzt sind da noch die Rumtreiber. Was wären wir denn ohne dich, hm? Du bist unser unersetzbarer Freund und machst uns erst komplett!" Remus hatte Sirius ruhig zugehört, wusste aber nicht recht, ob er ihm glauben konnte. War er wirklich so blind gegenüber seinen Mitmenschen gewesen? Er verzog das Gesicht "Meine Eltern lieben mich, weil sie das müssen. Blut bindet. Sie haben gar keine andere Chance. Am liebsten hätten sie mich doch in diesem Wald liegen lassen, das hätte ihnen eine Menge Ärger erspart!" "Moony!" rief Sirius erschrocken aus "Das ist nicht...", aber Remus war noch nicht fertig: "Für die Lehrer und Schüler bin ich doch nur einer unter vielen, sie würden mich nicht vermissen...und was euch angeht: kannst du mir ins Gesicht sehen und sagen, dass das nicht nur Mitleid ist, hä?" Sirius zuckte ein wenig zurück angesichts der harten Mine des jungen Gryffindors neben ihm - so war sein Rem nur selten drauf. Doch dann erinnerte Sirius sich selbst wieder, dass bald Vollmond war und das Remus für gewöhnlich aufs Gemüt schlug. Sirius atmete durch und antwortete bedächtig "Es ist richtig - wir machen uns Sorgen um dich - und ja, wir leiden auch mit dir. Aber Rem, wir haben Mitleid mit dir, weil wir dich mögen - nicht andersrum... Verstehst du den Unterschied?" Der harte Ausdruck auf dem jungen Gesicht brach auf um einer weicheren nachdenklichen Miene Platz zu machen "Ja...ich denke schon..." murmelte der Junge leise. Es folgte wieder eine lange Pause, in der sie andächtig nebeneinander auf dem Bett saßen. Schließlich hielt es Sirius nicht mehr länger aus, er musste einfach noch etwas wissen und hoffte, dass er damit das fragile Band zwischen ihnen, das sie eben so mühsam aufgebaut hatten, nicht gleich wieder zerstören würde... "Du, Rem...bist du enttäuscht, dass es nicht geklappt hat?" "Nein!" - diese spontane Antwort überraschte selbst Remus und er nahm sich etwas Zeit um darüber nachzudenken - mit dem Ergebnis, dass es die Wahrheit war! Seine Stimme war langsam und nachdenklich, als er weitersprach. "Ich mein...irgendwie hielt ich es für eine gute Idee, es war ne schnelle einfache Lösung für alles - dachte ich. Aber so einfach war es dann doch nicht! Es hat scheiße weh getan und ich hatte plötzlich tierische Angst...wenn ich jetzt so drüber nachdenke, war es vielleicht sogar die Angst zu sterben..." er war immer leiser geworden und verstummte schließlich ganz. Es war so wahnsinnig schwer darüber zu reden. Und doch merkte er, wie er sich mit jedem Wort ein kleines bisschen besser fühlte. Warum hatte er nicht schon viel früher den Mund aufgemacht? Sirius hatte ihm bedächtig zugehört, ohne ihn zu unterbrechen. Es war ein schönes Gefühl, wenn jemand einem wirklich zuhörte. "Das ist schön zu hören, weißt du?" sagte Sirius ruhig "Ich bin glücklich, dass du eigentlich leben willst." Vorsichtig nahm er den zierlichen Jungen in die Arme, er wollte ihm nicht weh tun - und verschrecken auch nicht. Doch Remus drückte sich schüchtern noch etwas näher an ihn - ein Gefühl, das Sirius unheimlich genoss. Leise sprach er weiter "Poppy hat auch so was gesagt..." - seit Sirius einmal einen Lehrer gehört hat, der die Krankenschwester Madam Pomfrey so nannte, tat er es ebenso, und nicht ohne eine gewisse freche Betonung - "...aber ich wollte es erst glauben, wenn ich es von dir gehört habe... Sie sagte, du musst sehr vorsichtig gewesen sein. Die Klinge war sehr scharf und dazu noch mit dem ein oder anderen Verstärkungszauber verwoben - eigentlich nicht für Schülerhände gedacht... Aber deine Wunden sind nicht besonders tief. Du hast nur die oberen Hautschichten auf der Oberseite durchritzt. Ein Schnitt durch die Hauptschlagader an der Unterseite und mein Auftauchen hätte dir nichts mehr gebracht..." Sirius schluckte "Da war soviel Blut...ich hatte panische Angst ich wäre zu spät...das hätte ich mir nie verziehen..." Ein leises Zittern durch Remus' Körper verriet, dass dieser weinte. Er versuchte sich von Sirius zurückzuziehen um es besser verbergen zu können, aber der Schwarzhaarige tat so, als sähe er die Tränen nicht und hielt Remus weiter fest, strich ihm vorsichtig durchs Haar. Remus war soviel Streicheleinheiten von Sirius gar nicht gewöhnt - aber es war auch genau das, was er gerade brauchte. Worte allein waren so hohl, er wollte auch spüren, dass er jemandem wichtig war. Und es war so ein unglaublich schönes Gefühl, dass gerade Sirius diese Person war. Irgendwann, als er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte - draußen wurde es schon dunkel und sie waren immer noch ganz allein auf der Krankenstation, nicht mal Madam Pomfrey war da - durchbrach Sirius wieder die Stille "Du sag mal, wie lange schleppst du eigentlich schon solche Gedanken mit dir rum, hm?" Remus öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder, schluckte, blickte zur Seite. Sirius stupste ihn energisch gegen den Kopf "So lange also schon? Idiot!", doch er lächelte dabei, und seine Stimme war...liebevoll fast schon. Ach Sirius, warum machst du immer solche Dinge mit mir?, fragte Remus im Stillen Das macht mir doch nur immer wieder falsche Hoffnungen... Das war mal wieder einer dieser trügerischen Momente, die dieses warme Gefühl in ihm drin hinterließen - nur um ihn kurz darauf wieder hart auf dem Boden der Realität aufkommen zu lassen... Doch blieb die Ernüchterung diesmal aus. Remus wurde rot: am liebsten wollte er ewig so in Sirius' Armen sitzen. Es fühlte sich so warm und friedlich an. "Warum gibst du dich eigentlich mit einem wie mir ab? Ich könnte dir doch völlig egal sein.", fragte er leise und erhielt dafür wieder eine kleine Kopfnuss von Sirius: "Rede nicht so von dir! Du bist mehr wert!", murmelte er in die zunehmende Dunkelheit hinein "Richtig, du könntest mir egal sein, ebenso wie James oder Peter mir egal sein könnten, nur einer unter vielen - aber du BIST es nun mal nicht. Sowas nennt man Freundschaft. Ich bin mit dir zusammen, weil ich das will...also, äh, ich meinte ich verbringe halt gern die Zeit mit dir...ich..." - war er da tatsächlich ins Stottern geraten? Genau diesen Moment suchte Madam Pomfrey sich aus um - lautstark über "diese verflixte und überzogen lange Lehrerkonferenz" schimpfend - zurückzukehren. Mit einem Flick ihres Zauberstabs gingen ein paar Lichter an und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Remus eine leichte Röte auf Sirius' Gesicht zu erkennen. Doch noch bevor er sich sicher sein konnte, sprang sein Freund auch schon erschrocken auf. Diesmal stotterte er unverkennbar "S..so spät schon? Hähä...sorry Rem, ich muss los. Hab den anderen gesagt, ich wär in der Bibliothek, damit wir ein bisschen ungestört sind. Naja...die macht aber gleich zu, also muss ich zurück...ich komm morgen wieder, ja?" während er das vor sich hin stammelte, hatte er hastig seine Sachen zusammengesucht, wuschelte Remus noch mal frech durchs Haar und schob sich dann schnell an der Krankenschwester vorbei Richtung Tür. Die Schwester blickte ihm stirnrunzelnd hinterher "Die Bibliothek? Eine unglaubwürdigere Ausrede ist Ihnen wohl nicht eingefallen, Mr Black?" Doch Sirius drehte sich nur kurz um und blinzelte Remus frech zu. Dieser erwiderte das Grinsen automatisch, war jedoch eigentlich noch ganz in Gedanken versunken, was Sirius wohl damit gemeint hatte, dass er geflunkert hätte, damit sie ein bisschen allein sein konnten... Doch Madam Pomfrey holte ihn schnell aus seiner Traumwelt zurück. Sie lächelte ihn freundlich an, während sie seine Stirn fühlte "Na, Ihnen scheint's ja schon viel besser zu gehen." Es war klar, dass die damit nicht nur seinen körperlichen Zustand meinte und Remus nickte stumm. Er musste einen widerlichen Trank nehmen, der helfen sollte den Blutverlust auszugleichen, dann machte sie sich daran seine Verbände zu wechseln. Zum ersten mal betrachtete er sie bewusst: 2 dicke, feste Druckverbände, der rechte sogar ein wenig durchgeblutet - er schien doch so einige Adern getroffen zu haben. Remus blickte zur Seite, als die Verletzungen freigelegt wurden - er wollte sie nicht sehen. Er musste wieder mit Tränen kämpfen. Die sensible Madam Pomfrey, die sein Unbehagen bemerkte, redete drauf los um ihn abzulenken. "Ein paar prima Freunde haben Sie da, Mr Lupin. Damit Sie etwas Ruhe kriegen, haben sie heute das Gerücht verbreitet, Sie hätten eine ansteckende Krankheit und wären deswegen unter Quarantäne." Remus lächelte abwesend "Ja...gute Freunde...", murmelte er mit erstickter Stimme. "Nur schade, dass erst so was passieren muss, dass Sie es bemerken...", seufzte Madam Pomfrey "Nun ja, das Gerücht funktionierte jedenfalls sehr gut - zu gut, wenn Sie mich fragen. Denn ein Haufen Schüler nutzte das um sich Symptome auszudenken und zu behaupten sie hätten das Gleiche, aber keiner hat sich getraut zu mir zu kommen, aus Angst sich wirklich bei Ihnen anzustecken. Ich war heute ständig zwischen den einzelnen Häusern unterwegs... Aber wenigstens haben wir damit auch gleich mit eine Begründung für Ihre Abwesenheit vom Unterricht nach Vollmond in zwei Tagen..." Remus erschauerte - er mochte lieber nicht daran denken... Madam Pomfrey war inzwischen auch mit der Behandlung des zweiten Arms fertig und begann ihn sorgfältig wieder einzuwickeln "Und dann noch diese nervenaufreibende Lehrerkonferenz - puh! Ich bin bisher noch nicht mal dazu gekommen ihren Eltern zu schreiben." Entsetzt starrte Remus die Schwester an "Haben Sie das etwa vor? Auf keinen Fall! Bitte nicht!", bettelte er mit seinem flehendsten Blick. Er wollte nicht auch noch seine Eltern mit seiner dummen Tat belasten. Doch Madam Pomfrey blieb hart: "Natürlich habe ich das! Mr Lupin, das hier ist was anderes, als ein paar Verletzungen nach Vollmond...ich MUSS sie informieren - und ich werde, basta. Da helfen keine Einwände..." Remus biss sich auf die Lippe - verflucht, und was jetzt? Die Krankenschwester fixierte den Verband, dann blickte sie ihm fragend ins Gesicht "Und - wie fühlt es sich an?" "Es brennt.", antwortete Remus mit düsterer, monotoner Stimme, doch auch davon ließ sie sich nicht beeindrucken: "Guut! Wenn es brennt, heißt das es heilt. Noch besser ist es, wenn es anfängt zu jucken..." Und damit löschte sie das Licht und ging in ihr Büro - wahrscheinlich um die verdammte Nachricht an seine Eltern zu schreiben. Remus versuchte den Gedanken an morgen zu verdrängen und kuschelte sich in seine Decke. Dachte lieber an Sirius und dieses wundervolle Gefühl von ihm im Arm gehalten zu werden. Remus fragte sich ob ein Herz auch jucken konnte - brennen tat es zumindest schon... +++ Als Sirius am nächsten Tag mit James draußen während einer Stunde Pflege Magischer Geschöpfe einem verdammt listigen und fixen Kniesel hinterher jagte, der ihnen entwischt war, fiel ihm von Weitem eine Kutsche vor der großen Freitreppe am Schlosseingang auf. Sirius beschlich so eine Ahnung. "Denk dir was aus, ok?", rief er James noch zu, dann sprintete er die Strecke bis zum Schloss und folgte eilig dem Weg zum Krankenflügel. Und tatsächlich: nicht mehr weit davon erspähte er die Krankenschwester zusammen mit Remus' Eltern den Gang entlanggehen. Vorsichtig schlich er sich näher und hörte gerade noch, dass darüber diskutiert wurde, wie schnell Remus in St. Mungo's geschlossener Abteilung eingewiesen werden konnte. "NEIN!" Sirius drängelte sich entsetzt und noch immer ziemlich außer Atem dazwischen "Das ist doch idiotisch! Sie können Moony nicht einfach zu den ganzen Bekloppten stecken! Da geht er doch endgültig unter!" Die Lupins blickten ihn an, wie man ein trotziges Kind ansah, das sein Lieblingsspielzeug nicht mit anderen teilen wollte. "Sirius. Ich weiß, dass ihr Schüler denkt, Remus hätte nur eine ansteckende Krankheit - aber es ist sehr viel ernster...", sagte Remus' Vater, der seinem Sohn seine Augen vererbt hatte, mit sanfter Stimme, wurde jedoch von Sirius harsch unterbrochen. "Natürlich denken die das, ich hab das Gerücht schließlich mit verbreitet.", meinte er mit wegwerfender Handbewegung "....muss ja schließlich nicht gleich jeder glotzen kommen..." Verblüfft blickten ihn die Lupins an, dann erklärte Poppy ruhig "Mr Black ist der ,Mitschüler' von dem ich Ihnen erzählt habe. Der Ihren Sohn gefunden hat." Es dauerte nur eine überraschte Sekunde, dann hatte Sirius schon die zierliche, zwei Köpfe kleinere, Mrs Lupin um den Hals hängen, während Mr Lupin ihm überschwänglich und mit festem Druck die Hand schüttelte. So fühlt sich also die Umarmung einer Mutter an... ging es Sirius durch den Kopf. Doch es war nicht seine Mutter und es war ihm unangenehm. Da löste sich Mrs Lupin auch schon und blickte ihm in die Augen "Oh Sirius, ich weiß gar nicht, wie wir unseren Dank ausdrücken sollen! Wenn du nicht gewesen wärst - ich mag gar nicht daran denken! Du hast ihm das Leben gerettet! Remus kann sich glücklich schätzen so einen Freund zu haben!" "Genau, ein Freund! Das ist es, was Remus jetzt braucht! Nicht ärztliche Behandlung!", widersprach Sirius erneut. Remus' Vater blickte ihn ernst an "Meinst du nicht, dass du diese Entscheidung einem ausgebildeten Heiler überlassen solltest, Junge?" Sirius' Gesicht wurde verschlossen "Gestern noch habe ich Remus widersprochen, als er sagte er wäre nur eine Last für Sie. Hab ich mich da etwa geirrt? Lieben Sie ihn doch so wenig, dass Sie ihn jetzt einfach so abschieben?" Mrs Lupin sog erschrocken die Luft ein. "Aber Sirius, was redest du denn da? Er ist uns doch keine Last! Natürlich lieben wir Remus. Mehr als uns selbst!" Sirius erwiderte ihren tränenreichen Blick ruhig "Und warum sagen Sie ihm das nicht einfach und sind für ihn da, anstatt ihn mit einem Haufen Irrer einsperren zu lassen?" Die drei Erwachsenen sahen sich an, dann legten sie wortlos den kurzen, restlichen Weg zum Krankenflügel zurück. Sirius schlüpfte unauffällig mit hinein, blieb jedoch neben der Tür stehen. Er beobachtete wie die Lupins das lang gestreckte Zimmer durchquerten, sah wie Remus seine Arme öffnete und wie ihn seine Mutter an sich drückte. Sirius war zu weit weg um Genaueres erkennen zu können, doch er wusste, dass nicht nur Mrs Lupin weinte... Leise lächelnd verließ er den Raum. +++ Kopfschmerzen. Böse, stechende, hartnäckige Kopfschmerzen plagten ihn schon seit Stunden. Bald würde es dunkel werden. Bald würde der Vollmond über der Schule aufsteigen. Remus hatte wahnsinnige Angst davor. Madam Pomfrey hatte ihn gewarnt, dass es hart werden würde. Härter als es bisher je gewesen war. Die Verletzungen an seinen Armen waren einigermaßen verheilt, aber was mit ihnen passieren würde, wenn er sich verwandelte, das konnte selbst die Krankenschwester nicht mit Genauigkeit sagen...aber dass es verdammt weh tun würde, soweit war sie sicher. Gerade brachte sie ihn heimlich zur Peitschenden Weide, schenkte ihm noch einen letzten aufmunternd gemeinten Blick, der jedoch auch ihre Sorge nicht verbergen konnte, dann verschwand Remus in dem dunklen feucht-kalten Gang. Noch nie war er ihm so endlos lang vorgekommen. So einsam und bedrohlich. Am Ende wartete die Heulende Hütte auf ihn, groß und dunkel und schrecklich leer. Am liebsten wäre Remus wieder umgekehrt und hätte sich im Schoß seiner Mutter verkrochen, die noch ein paar Tage im Schloss blieb. Doch das ging natürlich nicht. Das ging noch nie zu Vollmond, auch wenn er sich das als Kind jedes Mal verzweifelt gewünscht hatte. Egal ob Bauchschmerzen oder Kratzen im Hals, die Anwesenheit seiner Mutter war ihm immer die beste Medizin gewesen - doch hier konnte auch sie ihm nicht mehr helfen. Er war auf sich allein gestellt. Als er endlich die Heulende Hütte erreichte, stand er eine Weile missmutig in der Halle, blickte unwillkürlich nach oben. In Richtung Dachboden. Er kämpfte verbissen gegen Tränen an und merkte wie es langsam begann. Seine Knie wurden verflucht weich und sein noch elend geschwächter Körper schrie auf unter der leisen Ankündigung dessen, was gleich mit ihm passieren würde. In der Ferne hörte Remus ein leises Donnergrollen. Wie passend! Müde stolperte er ins Wohnzimmer, rollte sich auf der schiefen Couch ein, in der chancenlosen Hoffnung alles im Schlaf überstehen zu können. Er spürte schon dieses Kribbeln und Ziehen überall in seinen Muskeln. Draußen wurde es jetzt schnell dunkler, immer weniger Licht stieg durch die schmalen Ritzen ins Haus. Und das Gewitter schien auch rasant näher zu kommen. Plötzlich hörte Remus ein Knacken hinter sich und schreckte hoch. Was er sah, nahm ihm kurz den Atem. "SIRIUS! Was machst du denn hier?" "Ich hab auf dich gewartet..." langsam kam Sirius näher. "Ich kann dich doch gerade jetzt nicht allein lassen!" Vorsichtig kam er näher, bereit sich zu verwandeln, sobald es bei Remus losging. "Aber das geht nicht! Madam Pomfrey hat gesagt es wird richtig schlimm. Schmerz macht den Wolf aggressiv!" Remus wimmerte, er spürte den Augenblick immer näher kommen, wollte Sirius nicht dieser Gefahr aussetzen. Denn er merkte selber, dass es diesmal richtig quälend werden würde. "Das hab ich mir auch schon so gedacht" - verflucht, wo nahm Sirius nur diese Ruhe her?? - "Aber genau das ist der Grund, warum ich hier bin. Ich lasse dich nicht zu seinem Opfer werden. Der Wolf darf nicht beenden, was du vor 2 Tagen begonnen hast!" Remus blickte seinen Freund sprachlos an, überlegte fieberhaft, was er noch sagen könnte um ihn zu überzeugen, aber da war es auch schon zu spät. Gerade als draußen der erste Blitz die Nacht durchzuckte, überkam es ihn. Er schrie auf und knickte in sich zusammen. Eigentlich sollte der Schmerz langsam vertraut sein, aber es war immer noch blendend. Als Remus seine Wachstumsphase hatte, hatte er häufig nachts dieses Ziehen in der Kniekehle oder der Armbeuge...so ungefähr fühlte es sich jetzt auch an...aber viel stärker - und dazu noch am ganzen Körper. Seine Gliedmaßen wurden länger, haariger, überall zog es, seine Arme, die sich langsam zu Wolfsbeinen formten, stachen wie die Hölle, er spürte überdeutlich, wie manche der verschorften nadeldünnen Wunden wieder aufplatzten, spürte diese schreckliche Angst vor sich selbst, die Erinnerung an die Angst auf dem Dachboden. Als die Verwandlung abgeschlossen war und er endlich wieder andere Dinge um sich selbst wahrnahm, bemerkte er, dass auch Sirius sich transformiert hatte. Schwarz und zottig saß Tatze ihm gegenüber, ein aufmerksamer Glanz in seinen dunklen Augen. Und dann kam die Wut. Die letzten Male, wenn die Rumtreiber bei ihm gewesen waren, hatte er sich nach und nach immer mehr wie ein Mensch gefühlt. Ein paar Mal waren sie sogar schon draußen gewesen. Aber jetzt schien nichts mehr davon übrig zu sein. Verzweifelt merkte Remus, wie ihm langsam aber sicher die Kontrolle aus den Händen glitt, konnte nur als unfähiger Beisitzer zuschauen, was mit ihm geschah. Konnte jede Gefühlsregung des Wolfes spüren, als wäre sie seine eigene. Stemmte sich mit aller Macht dagegen, war aber noch schwächer als sonst und konnte nichts ausrichten. Der Wolf spürte die Schmerzen, die die Schnitte hinterließen, hatte all die unterdrückten Aggressionen und Ängste der letzten Zeit in sich - und wollte sie rauslassen. Draußen wütete ein heftiger Herbststurm und er wollte mitwüten. Ja, er wollte raus aus diesem Haus! Er wollte etwas reißen, er hatte Hunger. Doch als er begann nach einem Ausgang zu suchen, wagte es doch tatsächlich dieser verrottete Drecksköter sich ihm in den Weg zu stellen. Er sträubte knurrend das Fell, Blitze und Donner zerschnitten in immer kürzeren Abständen die Nacht. Für einen winzigen Moment schaffte es Remus die Kontrolle an sich zu reißen. Ein kurzes kaum wahrnehmbares Zögern, doch es reichte für Tatze sich bereit zu machen. Schon im nächsten Moment ging der Wolf blitzschnell zum Angriff über. Die beiden Tiere verkeilten sich ineinander. Grollen und Fiepen ertönten abwechselnd durch das Haus. Und obwohl der Wolf geschwächt war, brachte er noch eine erstaunliche Kraft auf. Keine Seite wollte nachgeben und so dauerte der Kampf an, während sich draußen die Gewitterfront um Hogsmeade und das Internat entlud. Als Remus irgendwann nach Monduntergang zitternd und völlig erschöpft die Augen aufmachte, schien schwaches Licht auf seine Menschengestalt, zusammengesunken in einer schmutzigen Ecke. Er konnte sich kaum rühren, jedes seiner Glieder schien zu schmerzen, und ihm war schrecklich kalt. Irgendetwas Warmes und Flüssiges lief ihm von der Stirn ins Auge und er blinzelte mehrmals. Vermutlich Blut. Er war es gewöhnt mit Verletzungen aufzuwachen, von denen er nicht wusste, wie er sie sich zugezogen hatte. Plötzlich merkte er wie ihm jemand eine zerlotterte Decke überlegte und blickte müde auf. Sirius stand vor ihm, das schwache Licht ging von seinem Zauberstab aus, er sah geschafft aus und - "Sirius!", rief Remus erschrocken auf: Tatze war nicht ganz unbeschadet aus dem nächtlichen Kampf hervor gegangen, seine Arme und Hals zeugten von Biss- und Kratzwunden. Sirius betrachtete sie eingehend. "Du blöder Idiot!" sah Remus ihn gerade noch frech auf sich herab grinsen. Dann wurde alles schwarz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)