Das fünfte Schuljahr - Part 1 von Fukai (Hogwarts) ================================================================================ Kapitel 19: Aussprache ---------------------- Harry Potter Das fünfte Schuljahr Part 1: Hogwarts --------------------------------------------------------- chapter 19: Aussprache Die Große Halle war von Gemurmel erfüllt. Dumbledore hatte alle Schüler zusammengerufen, um zu erklären, wie es weitergehen sollte. Das Dunkle Mal hatte sie alle geschockt, selbst die Slytherin waren seltsam stumm. Zu Zeiten Malfoys hätten sie ein schleimiges Grinsen aufgesetzt und großspurige Töne gespuckt. Doch ohne ihren großen Anführer waren sie ebenso blass wie alle anderen. Jeder fürchtete den unnennbaren Lord. Harry, der schon wieder aus der Krankenstation entlassen worden war (oder sagen wir lieber, der Madam Pomfrey mit solch finsteren Blicken erspießte, als sie ihn dazu verdonnern wollte noch über Nacht zu bleiben, dass sie ihn "freiwillig" gehen ließ), saß schweigend zwischen seinen Kameraden. Cho hatte sich tief in seine Arme gekuschelt. Niemand der Gryffindors hatte etwas dagegen, dass sie an ihrem Tisch saß. Keiner beharrte in diesem Moment auf die tradierte Ordnung, die sowieso längst überholt war. Harry starrte konzentriert in die Menge. Hermine war bisher nicht wieder aufgetaucht. Harry hatte sie noch nie so aufgewühlt erlebt. Auch Ron behandelte ihn noch immer mit einer gewissen Distanz. Zwar war seit Harrys Sturz die eisige Kälte aus seinem Blick gewichen, doch es war noch immer eine Wand zwischen ihnen, die verhinderte, dass es zwischen ihnen wieder so wie früher wurde. Doch vielleicht würde es nie wieder so sein wie früher. Er sah zum Slytherin-Tisch. Jinathan saß anteilnahmslos in der Masse der tuschelnden Slytherins. Harry konnte nicht erkennen, welche Gefühle sich auf seinem Gesicht wiederspiegelten. Hermines Worte mussten ihn hart getroffen haben. Dennoch war er ruhig geblieben, ja regelrecht emotionslos. Als ob ihm all das egal sei, als ob es wirkungslos an ihm abprallen würde. Doch Harry wusste, dass dies nicht der Fall war. Jinathan konnte seine Gefühle sehr gut verbergen. Darin war er ebenso gut, wie es Malfoy stets gewesen war. Seufzend suchte er die Menge nach Hermine ab. Sie war noch immer nicht da. Langsam machte er sich Sorgen. Cho strich ihm liebevoll über seine Wange. "Mach dir keine Sorgen. Sie kommt schon noch." Harry nickte leicht. Wenn er das nur glauben könnte... Schließlich erhob sich der weißhaarige Direktor gemächlich von seinem Stuhl und räusperte sich laut. Sofort trat Stille ein. Er warf einen langen schweigenden Blick über die Schülermassen. Dann begann er mit lauter, schleppender Stimme: "Meine lieben Schülerinnen und Schüler. Wir sind wieder einmal in bedrückter Stille zusammengekommen. Der heutige Tag hat sehr viel Wirbel in der Zauberwelt verursacht und auch die Muggel scheinen die brodelnde Gefahr zu spüren. Das Dunkle Mal, welches nunmehr schon zum zweiten Mal in kürzester Zeit unseren Himmel besudelte, ist nur der Anfang. Ich müsste lügen, wollte ich euch beruhigen. Doch ihr seid alt genug, um die Wahrheit zu erfahren. Harte Zeiten sind angebrochen. Seit Lord Voldemorts Auferstehung sind nur wenige Monate vergangen. Doch vieles ist geschehen. Ein Bündnis mit den Riesen ist zustande gekommen. Ebenso laufen derzeit die Verhandlungen mit den Kobolden. Bisher steht es gut für uns. Der Frieden zwischen unseren Völkern war noch nie so gesichert wie jetzt. Unsere Verbündeten werden immer zahlreicher. Und auch das Ministerium ist nicht untätig. Doch ich will euch nichts vormachen. Wir alle wissen, über welche Macht Lord Voldemort gebietet. Es wird alles andere als leicht sein, ihn zu schlagen. Selbst mit den erfahrensten Zauberern und den stärksten Kriegern an unserer Seite wird es nicht einfach." Eine betretene Stille stellte sich ein. Keiner wagte es zu sprechen. Dumbledore strich sich andächtig durch seinen langen schlohweißen Bart. "Hogwarts existiert schon seit vielen Jahrhunderten. Vier der mächtigsten Zauberer ihrer Zeit erbauten diese Schule mit all ihrem magischen Können. Nirgends gibt es einen sicheren Ort, das verspreche ich euch. Darum wird trotz der gegenwärtigen Umstände der Unterricht normal weiterverlaufen. Verteidigung gegen die dunklen Künste wird verstärkt unterrichtet. Dementsprechend habe ich Professor Snape als zweiten Lehrer neben Professor Spruce ausgewählt." Ein Raunen ging durch die Menge. Dumbledore hob gebieterisch die Hand und die Gespräche verstummten wieder. "Allerdings teilte mir das Ministerium vorhin mit, dass die Schulpflicht vorläufig aufgehoben wurde. Jedem Schüler ist es freigestellt zu seiner Familie zurückzukehren, solange bis sich die Wogen wieder etwas geglättet haben. Der Unterricht verläuft also auf freiwilliger Basis. Wir werden niemanden zwingen hier zu bleiben." Er schob seine Brille zurecht und sah in die Runde. Harry schüttelte leicht den Kopf. Seine Familie war hier. Er würde nicht zu den Dursleys zurückkehren. Als er zu Cho sah nickte diese leicht. Sie beide würden Hogwarts um keinen Preis verlassen. Dumbledore war ein großartiger Zauberer. Sie vertrauten ihm voll und ganz. Nachdem Dumbledore noch einige Worte gesprochen hatte waren alle Schüler wieder in ihre Häuser geschickt worden. Für diesen und die nachfolgenden Abende galt bis auf Widerruf eine Ausgangssperre nach 18 Uhr. Harry trennte sich schließlich schweren Herzens von Cho und machte sich gemeinsam mit Ron auf den Weg zu ihrem Gemeinschaftsraum. Er hoffte inständig, dass Hermine schon dort sein würde. Doch als er durch das Portraitloch trat merkte er schnell, dass sie noch immer nicht aufgetaucht war. *** "Warte auf mich, Jin!" Sara schnappte sich hastig seinen Arm und hakte sich lächelnd ein. Er hielt kurz inne und musterte sie kühl ehe er wieder nach vorne sah, wo Professor Snape die Slytherin-Schar in ihren Gemeinschaftsraum trieb. "Was soll das werden?" fragte er schroff. Ihr Lächeln erstarb für einen Moment, doch dann hatte sie sich wieder gefangen. Sie war seine Abweisungen langsam gewöhnt. "Sei doch nicht immer so unfreundlich." Sie stupste ihn gegen die Stirn. "Ich tu dir doch nichts!" Grinsend zog sie ihn mit sich, der murmelnden Menge hinterher. Jinathan ließ es schweigend über sich ergehen. Gedankenverloren schweifte sein Blick durch die kalten Steinflure. Er fror. Es war keine äußere Kälte, denn das Schloss wurde zu dieser Jahreszeit recht gut geheizt. Es war vielmehr eine Empfindung, die ihn von innen heraus frösteln ließ. Er steckte seine Hände tief in die Taschen seines eleganten schwarzen Umhangs. Sara musterte ihn lächelnd. "Wo bist du mit deinen Gedanken?" fragte sie neugierig. Er sah sie nicht an und hielt auch nicht inne als er antwortete: "Das geht dich nichts an!" Seine Stimme klang nicht spöttisch oder arrogant. Es lag eher ein gelangweilter Unterton darin, als wäre ihm egal, welche Wirkung sie auf das anhängliche Mädchen hatten. Sara zuckte kurz zusammen und zog ihren Arm zurück. "Du hast recht", antwortete sie zerknirscht. Jinathan drehte sich um. Er wusste, dass seine Reaktion unberechtigt hart gewesen war. Schließlich kannte er die Schlagkraft von Worten nur zu gut. Er hatte sie selbst erst vor kurzem spüren müssen. Die Erinnerung daran kam ihm seltsam verschwommen und unwirklich vor. Als wäre all das nicht ihm, sondern einem ganz anderen Jinathan passiert, der zwar genauso aussah wie er und auch genauso roch und sprach, sich wie er bewegte, aber der dennoch nicht er selbst war. Jinathan war nicht schwach und hilflos gegenüber einem Mädchen. Er war kalt und gefühllos. Er konnte nichts empfinden. Keine Liebe oder Zärtlichkeit. Es musste also ein anderer Jinathan gewesen sein, der vor wenigen Stunden all die harten Worte widerspruchslos über sich ergehen lassen hatte, ohne sich zu wehren, sich zu verteidigen. Er drehte sich zu Sara, wollte ihr ein versöhnliches Lächeln schenken, doch es gefror, als sein Blick vorbei an dem schwarzhaarigen Mädchen an einem Punkt hinter ihr haften blieb. Seine Augen weiteten sich. Sara folgte seinem Blick irritiert und erkannte ein Mädchen mit braunen langen Haaren, welches an der kühlen Felswand lehnte und sie beobachtete. Ihre lockigen Haare waren zerzaust, ihr Gesicht halb von ihnen verdeckt und ihre Hände hatte sie unruhig ineinander verknäult. Sara wandte sich zurück zu Jinathan. Seine Augen waren wieder regungslos wie eh und je, finster und undurchdringlich, wie ein nächtlicher Sturm auf hoher See, der einen über Bord zog, wenn man sich zu weit vorwagte. Schweren Herzens riss sich Sara von diesem faszinierenden Anblick los und trat auf das Mädchen zu. "Bist du nicht eine Gryffindor?" Das Mädchen antwortete nicht. Schweigend musterte sie das schwarzhaarige Mädchen. Dann wanderte ihr Blick sehnsüchtig zu Jinathan. "Bist du seine Freundin?" fragte sie mit zitternder Stimme. Sara nickte leicht. "Ja, allerdings." Das Mädchen schluckte. "Du hast ihn gern, nicht wahr?" Wieder nickte Sara, diesmal jedoch ungeduldig. "Aber was geht dich das eigentlich a...?" Sie stockte. Die selben Worte wie Jinathan. Sie wusste, wie diese kleinen wenigen Worte schmerzen konnten. "Ich meine, warum willst du das wissen?" Ihre Gegenüber zuckte leicht zusammen. Unruhig trat sich etwas zurück, als wollte sie sich im Schatten der Wand verstecken. "Bist du nicht dieses Mud... die muggelstämmige Freundin von Harry Potter?" Das Mädchen nickte und überging ihren kleinen Versprecher dabei kommentarlos. Vielleicht hatte sie ihn auch gar nicht mitbekommen. Sara fand, dass sie ziemlich aufgewühlt aussah. Ihre Augen waren rotunterlaufen, als hätte sie vor kurzem geweint. "Hermine war dein Name, oder?" Wieder nickte sie. "Und was willst du hier? Wir sollen doch alle in unsere Häuser zurückkehren." Ehe Hermine antworten konnte hatte Jinathan Sara beiseite gestoßen, Hermine am Arm gepackt und in die Richtung, aus der er gerade erst gekommen war, mit sich gezogen. Sara sah ihnen überrascht hinterher. Warum ließ man sie nur immer im Regen stehen? Hermine ließ sich wehrlos hinterher ziehen. In ihrem Kopf tobten Tausende von Gedanken. Wieso gab er sich noch mit ihr ab? Wollte er sie jetzt für ihre Worte bestrafen? Wollte er ihr alles erklären? Oder wollte er sich einfach nur rächen? Sie sah ihn unsicher an, doch ihre Blicke trafen sich nicht, denn er schaute konzentriert nach vorne, hatte ihr nur den Rücken zugewandt. Achtlos zog er sie in den nächsten Gang. Dann blieb er endlich stehen und drückte sie gegen eine Wand. Hermine hielt die Luft an. Was würde er jetzt machen? War er wütend? Sie wusste es nicht. Seine kalten wunderschönen Augen zeigten keine Regung. Seine schmalen Lippen lächelten nicht, waren aber auch nicht ärgerlich oder zornig verzerrt. Nervös sah sie zu Boden. Sie spürte seinen stechenden Blich, traute sich aber nicht ihm in die Augen zu schauen. Sie hatte Angst sich wieder in ihnen zu verlieren. "Was tust du hier?" Seine Worten klangen nicht wütend, trotzdem zuckte sie erschrocken zusammen. Noch bevor sie eine Antwort stammeln konnte, die höchstwahrscheinlich sehr unlogisch geklungen hätte, redete er schon weiter. "Dumbledore hat uns angewiesen in unsere Häuser zurückzukehren. Wärst du dort gewesen wüsstest du das auch. Es ist zu gefährlich. Du solltest jetzt nicht mehr draußen herumstromern." Hermine sah überrascht auf. Sie hatte mit allem gerechnet. Mit Vorwürfen, mit Wut und Streit. Aber das? Machte er sich nach allem noch Sorgen um sie? Ein leises Schluchzen drang aus ihrer Kehle. "Warum bist du so?" Jinathan sah sie finster an. "Warum bin ich wie?" Nun sah sie doch hoch. Scheu suchte sie seinen Blick. "So furchtbar nett. Nach allem was ich dir angetan habe! Warum kannst du nicht wütend sein? Du hast allen Grund dazu. Aber wenn du so nett bist fühle ich mich noch schlechter." Hermine fluchte über ihre eigenen Worte. Das war egoistisch. Erst behandelte sie ihn wie Dreck und nun dachte sie nur an sich selbst. Schließlich geschah es ihr recht. Warum sollte nur er sich schlecht fühlen. Sie war die Schuldige. Wenn er sie nun damit bestrafen wollte, dass er ihr ein noch schlechteres Gewissen einredete, dann war das nur gerecht. Sie sah wieder zu Boden. Jinathan nahm seine Hände von ihren Schultern und trat einige Schritte zurück. "Ich war in meinem Leben schon oft genug wütend. Bis ich einsah, dass Wut Schwäche bedeutet. Was nützt es wütend zu sein? Es ändert genauso wenig wie Hass. Das hat mich Harry gelehrt." Er verzog seine Lippen zu einem flüchtigen Lächeln, ein kurzer Augenblick, ein Lidschlag, der so schnell wieder verging, das es kaum wahrnehmbar war. "Der Hass macht einen blind." Seine Stimme klang fest, entschlossen. 'Und wie soll man blind einen Krieg gewinnen?' Seinen letzten Gedanken sprach er nicht laut aus. Denn das war sein Krieg, sein persönlicher Kampf. Hermine biss sich auf die Lippen. Wie wahr doch diese Worten in ihren Ohren klangen. Sie war schwach, ihr Hass hatte sie überwältigt, sie blind gemacht. Die Welt hatte sich schwarz um sie herum gefärbt, sodass die Wahrheit von der Dunkelheit verschluckt worden war. Sie hatte sich selbst getäuscht. "Ich fände es besser, wenn du dich ab jetzt von mir fern hältst!" Jinathans Worte stachen wie ein stumpfer Dolch in ihr Herz. Stumme Tränen rannen ihre blassen Wangen hinab. Beschämt senkte sie den Kopf noch tiefer und nickte. "Wir wollen ja nicht, dass Hogwarts klügste Schülerin unter schlechten Einfluss gerät", fuhr er trocken fort. Augenblicklich ruckte ihr Kopf wieder in die Höhe. "Aber Jinathan, das ist doch nicht wahr... du bist kein schlechter Einfluss." Seine Miene blieb ausdruckslos. "Ich meine... es war falsch, was ich vorhin gesagt habe. Ich hab nicht nachgedacht. Ich war so wütend, weil Harry heute beinahe gestorben wäre. Letztes Schuljahr sind so viele schlimme Dinge passiert und irgendwann konnte ich nur noch Hass auf dieses ... Monster empfinden. Und als ich dann das Mal auf deinem Arm sah, da hat es in meinem Kopf klick gemacht und ich hatte keine Kontrolle mehr über meine Wut." Es klang kläglich. Warum konnte sie nicht einfach den Mund halten? Sie machte doch nur alles noch schlimmer! Verbittert presste sie die Lippen aufeinander. Warum verteidigte sie sich überhaupt? Warum konnte sie sich nicht einfach ihre Schuld eingestehen? War sie wirklich so egoistisch? Hermine schüttelte verwirrt den Kopf. "Ich will nicht, dass du mir verzeihst. Ich will nur, dass du weißt, dass du nicht wie Er bist. Und ich möchte nicht, dass du dir nun einredest, du seist schlecht oder grausam... Das bist du nämlich nicht!" Ihre Stimme war immer leiser geworden und wisperte nun nur noch als ein Flüstern an sein Ohr. "Woher willst du das wissen?" Jinathans Stimme klang seltsam hart. "Du kennst mich nicht. Du weißt nichts über mich. Vielleicht ist ja alles wahr, was du vorhin gesagt hast. Ich bin sein Sohn. Du hast recht. Warum also sollte ich nicht Harry Potters Tod wollen? Warum, denkst du, bin ich kein Spion?" Hermine sah ihn verunsichert an. Warum sagte er so etwas? Wollte er sie verwirren oder nervös machen? Wollte er ihr Angst einjagen oder sie wütend machen? Welches Ziel verfolgte er damit? Hermine verstand gar nichts mehr. Sie wusste nicht, was sie noch glauben sollte. "Ich bin ein Slytherin UND ich bin ein Riddle. Zwei Gründe dich von mir fern zu halten. Außerdem hat es noch nie jemand lange mit mir ausgehalten. Entweder haben sie Angst vor mir oder sie versuchen durch ihre Schleimereien einen Nutzen für sich daraus zu ziehen bis sie merken, dass sie bei mir auf Granit beißen. So war es schon immer und so wird es auch bleiben. Ich hatte nie Freunde und brauche auch keine. Freunde sind nur lästig. Sie stehen immer im Weg, nerven einen und schaffen nur Probleme. Du siehst, es hatte sowieso keine Zukunft." Hermines Hände hatten sich zitternd zu Fäusten geballt. Ihre Stimme bebte vor unterdrückten Schluchzern, als sie sprach: "Das ist doch gar nicht wahr. Du belügst dich nur selbst, Jin! Was hat man denn davon, wenn man immer allein ist? Ein Leben in Einsamkeit ist kalt und leer. Das kannst du nicht wollen." Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Woher willst du wissen, was ich will?" Ihr Blick wirkte nun fast flehend. "So bist du einfach nicht. Du versuchst dich wieder zurückzuziehen. Versteckst dich hinter deiner kalten Fassade, damit dich ja keiner anspricht. Aber das ist nicht richtig..." Sie senkte den Kopf. "Und das schlimmste daran ist, dass ich es war, die all das verursacht hat. All deine Selbstzweifel. Und alles nur, weil ich zu schwach war den Hass in mir zu zügeln." Unruhig scharrte sie mit ihrem Fuß über den Boden. Ihr Haar hing zerzaust in ihr Gesicht, verbarg ihre Miene, ihre rotunterlaufenen Augen. "Ich bin Schuld, wenn du dich jetzt wieder in dein Schneckenhaus einschließt." Langsam trat sie näher, doch Jinathan wich etwa um die selbe Länge zurück. Seine Distanz knisterte förmlich in der Luft. Traurig senkte sie den Blick. "Was ist mit diesem Mädchen? Sie scheint nett zu sein. Warum versuchst du nicht einfach mal ein wenig freundlicher zu ihr zu sein? Sie mag dich sehr." Jinathan schnaubte. "Willst du jetzt Seelenklempner spielen? Dann fass dir erst mal an die eigene Nase, ehe du mich zu verkuppeln versuchst." Lässig versenkte er seine Hände in seinem wallenden schwarzen Umhang. Seine dunklen Haare, seine finsteren Augen und sein schwarzer Umhang verliehen seiner blassen Haut einen gespenstige Anblick. Sein aschfahles Gesicht wirkte müde. Er schenkte ihr nur noch einen letzten Blick ehe er sich umdrehte und wieder in Richtung Slytherin-Turm verschwand. Da stand sie nun. Die stolze Hermine Granger, alleingelassen in Schuldgefühlen. *** Ron lief unruhig im Gemeinschaftsraum auf und ab. "Was ist, wenn Filch sie erwischt? Oder noch schlimmer: Snape. Der verarbeitet sie doch glatt zu Hackfleisch." Harry zog entnervt an seinem Umhang, sodass er gezwungen war, endlich still zu stehen. "Ach was, sie kann schon auf sich aufpassen." Er versuchte optimistisch und überzeugend zu klingen. Ron funkelte böse. "Dir scheint es ja egal zu sein. Was ist überhaupt passiert? Sie verpasst doch nicht umsonst Dumbledores Ansprache. Das passt einfach nicht zu ihr. Irgendwas muss doch zwischen euch passiert sein?" Er befreite sich wieder aus Harrys Griff und zog weiter seine Runden um den Kamin. Dabei ließ er Harry nicht aus den Augen. "Es war etwas persönliches..." versuchte dieser Rons Frage auszuweichen. Ron blieb erbost stehen. "Ich verstehe. Wieder eines eurer Geheimnisse, das ihr dem bösen Ron nicht erzählen könnt. Stimmt ja, in letzter Zeit scheint es zur Marotte zu werden, dass man mir nichts mehr erzählt. Aber wozu auch?" Er stemmte verärgert die Hände in die Hüften. Sein Gesicht war rot angelaufen und konkurrierte nun mit seinen Haaren. "Ich bin ja nur ein dummer Weasley. Hab mich schon lange gefragt, wieso der große Harry Potter sich überhaupt mit mir abgibt." Er schmiss sich rücksichtslos auf einen freien Sessel und verschränkte die Arme vor der Brust. Harry schaute entsetzt. "Aber Ron, das stimmt doch gar nicht. Du bist nicht dumm. Du bist mein Freund und daran wird sich auch nichts ändern!" Er trat näher, doch Ron ignorierte ihn. Harry seufzte. In letzter Zeit schien irgendeine fiese dunkle Wolke über ihm zu hängen. Ständig regnete es nur Ärger und Missverständnisse. Ihr ganzes Vertrauen schien den Bach runter zu gehen. Er setzte sich in einen Sessel neben ihm. "Ich weiß, dass ich in den vergangenen Wochen nicht immer für dich da war. Es ist so viel passiert und da hab ich dich manchmal einfach vergessen. Aber das muss doch nicht heißen, dass ich nicht dein Freund bin. Wir haben doch immer zusammen gehalten. Wir haben schon so viel erlebt. Soll das jetzt alles vorbei sein?" Harry seufzte erneut. Er war noch nie gut in solchen Sachen gewesen. Sie hatten oft Streit gehabt und ebenso oft hatten sie sich wieder versöhnt. Doch noch nie war es so schlimm gewesen. Noch nie stand so eine hohe, schier unüberwindbare, Mauer zwischen ihnen. Er stand auf, warf ihm noch einen verzeihenden, flehenden Blick zu und begab sich dann auf die Suche nach seiner verschollenen Freundin, die derweil wohl einsam und in Tränen aufgelöst durch das kalte Schulgebäude irrte. Doch Hermine weinte nicht. Sie wollte nicht mehr weinen. Sie wollte sich nicht mehr schuldig fühlen. Wollte nicht mehr hassen. Von jetzt an wollte sie stark sein, so wie früher. Eine ehrgeizige, strebsame und ein wenig arrogante Besserwisserin. So war es am besten. So würde Jinathan sie nicht mögen und so würde sie ihm auch nicht mehr zu nahe kommen. Dann würde alles wieder in Ordnung kommen. Jeder ging seinen eigenen Weg. Sie als eine Gryffindor und er als ein Slytherin. Von jetzt an würde sie sich keine Fehler mehr leisten. Nie mehr. Sie würde perfekt sein, unnahbar und selbstbewusst zugleich. Entschlossen stemmte sie sich in die Höhe, wischte sich die letzten nassen Spuren in ihren Gesicht von der Seele. Jetzt war sie frei für eine neue Hermine. *** Der Miniatur-Niffler, den Harry von Hagrid zum Geburtstag bekommen hatte, war nicht gerade das, was Harry sich erhofft hatte. Genervt verpasste er ihm einen Tritt, der ihn einige Meter weiterschlittern ließ. Der Mini-Niffler gab einen fiependen Laut von sich, ehe er seine Nase wieder in den staubigen Boden versenkte. Harry seufzte. Angeblich sollte der kleine ausgestopfte und durch Magie wieder zum Leben erweckte Racker verschwundene Dinge aufspüren. Harry hatte gehofft, dass dies auch auf Personen zutraf, doch leider hatte der Niffler einen Eigenwillen entwickelt. Nun war er, zu Harrys Leidwesen, ständig auf Futtersuche. Wieder einmal mümmelte die kleine flaumige Ratte um die Ecke. Harry wandte sich achtlos in die andere Richtung. Er würde Hermine wohl auch alleine finden. So groß war Hogwarts ja auch nicht... ... was er nach der nächsten halben Stunde, die er vergeblich suchte, dann jedoch schnell wieder zurücknahm. Hogwarts war ein verdammt altes verwinkeltes Schloss voller endlos langer ewig gleicher Gänge und Treppen, die zudem auch noch ständig ihren Standort veränderten, um arme Schüler zu verwirren. Harry lehnte sich erschöpft gegen eine Wand und schloss die Augen. <> Eine kalte Hand auf seiner Schulter ließ ihn erschrocken aufschreien. "Was...?" Er blickte in zwei stechende Augen, die ärgerlich verzogen waren. "Schrei doch gleich die ganze Schule zusammen, damit sie uns auch ganz schnell finden." Hermines Stimme troff nur so vor Ironie. Er musterte sie verwirrt. "Was machst du hier?" Harry hätte beinahe laut aufgelacht, doch er wollte sich ein weiteres Kommentar ersparen. "Das gleiche könnte ich dich fragen. Wo warst du die ganze Zeit? Ich such dich wie verrückt. Du hast Dumbledores Ansprache verpasst. Und außerdem sprüht Ron wieder vor überschäumender Wut auf mich, weil ich ihm nicht erzählen wollte, was auf der Krankenstation vorgefallen ist." Er maß sie mit prüfendem Blick. "Geht es dir gut?" fragte er schließlich nach einer Pause des Schweigens. Sie nickte wortlos. Ein leichtes Lächeln stahl sich in ihr Gesicht. "Jetzt ist alles wieder ok!" Harry legte fragend den Kopf schief, hakte jedoch nicht nach. Sie würde es ihm schon erzählen, wenn sie bereit dazu war. Schweigend hielt er ihr seinen Arm hin und sie henkelte sich ein. Gemeinsam erschienen ihm die langen Flure Hogwarts gar nicht mehr so endlos und dunkel. Sie erreichten den Gryffindor-Turm unbehelligt und schlüpften hastig durch das Portraitloch in ihr warmes Zuhause. Ron erwartete sie schon. Oder eher erwartete er Hermine, Harry ignorierte er weiterhin. "Da bist du ja. Wo warst du denn so lange?" Sie schüttelte leicht den Kopf. "Ich musste nur etwas für mich alleine sein und nachdenken." Sie umarmte ihn, was dem überraschten Ron einen hochroten Kopf verschaffte. "Aber jetzt ist alles wieder in Ordnung. Es tut mir Leid, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast." Mit einem warmen Lächeln verschwand sie die Treppen hinab in den Mädchenschlafsaal. "Ron?" Der Angesprochene drehte sich langsam um. Er war noch immer etwas rot im Gesicht. "Was genau steht eigentlich zwischen uns? Ist es wirklich nur dein verletzter Stolz oder gibt es da noch etwas anderes?" Ron hätte ihn zweifelsohne alleine im Raum stehen lassen, hätte Harry ihn nicht schnell gepackt und am Gehen gehindert. Ron drehte sich nicht zu ihm um. Harry registrierte es als Abweisung. Es versetzte ihm einen leichten Stich, doch er würde sich davon nicht abhalten lassen. "Es ist wegen Jinathan, nicht wahr? Du hast Angst, dass er mein Freund werden könnte und mich dir wegnehmen würde. Und Hermine auch. Hab ich nicht recht. Es ist alles nur Eifersucht." Ron riss sich wütend los und funkelte ihn an. "Und wenn schon. Was kümmert es dich noch? Du hast doch schon längst mit mir abgeschlossen." Er sah ihm trotzig in die Augen, als wollte er ihn Macht seiner Augen bezwingen. "Aber Ron, das bildest du dir doch alles nur ein! Meinst du nicht, dass man auch mehrere Freunde haben kann? Warum denkst du, dass ich dich vergesse, nur weil ich einen weiteren Freund habe? Wieso denkst du, dass wir keine Freunde sein können?" Ron ballte wütend die Fäuste. "Es geht nicht. Dieser Jinathan macht alles kaputt. Er ist ein Slytherin und trotzdem vertraust du ihm mehr als mir. Und außerdem..." Er brach ab. "Was außerdem?" Harry spürte, dass er dem Grund von Rons Benehmen ganz nah war. " ... Ich hab sie zuerst gesehen." Rons Stimme klang leise, dennoch bebte sie vor Zorn. "Ich kenne sie schon so lange. Schon seit wir gemeinsam nach Hogwarts kamen. Warum zieht sie mir diesen Typen vor?" Seine Augen schimmerten leicht. Harry zuckte zusammen, als hätte es in seinem Kopf einen Schlag gegeben. Jetzt endlich schien er zu verstehen. Warum hatte er es nicht früher gesehen? Ron war in Hermine verliebt. Sein gesamter Frust richtete sich auf Jinathan. Er hasste ihn nicht nur dafür, dass er ihm Harrys Freundschaft entzog, sondern hauptsächlich, weil er ihm Hermine wegnahm. Für einige Sekunden stand Harry sprachlos neben seinem besten Freund, dessen Gefühle er erst so spät erkannte. Er hatte ihre Freundschaft in letzter Zeit wirklich sehr vernachlässigt. Beruhigend legte er seine rechte Hand auf Rons Schulter und dieser ließ es gewähren. "Ich wusste ja nicht..." Er senkte den Kopf. Was sollte er schon groß sagen? Er war noch nie ein Meister der Worte gewesen. "Aber weißt du, Jinathan hat es auch nicht einfach. Ich will ihn jetzt nicht verteidigen, doch er verdient deine Härte nicht." Ron wollte sich wieder verärgert abwenden. "Außerdem haben sich die beiden diesen Abend wohl getrennt." Er blieb stehen und drehte sich zu Harry. Seine Miene war ausdruckslos. "Kam sie deshalb nicht zu Dumbledores Rede? Liebeskummer?" Harry schüttelte den Kopf. "Viel mehr Schuldgefühle. Sie hat Dinge gesagt, die ihn sehr verletzt haben." Ron senkte den Kopf. "Ich verstehe." "Nein, ich glaube, dass tust du nicht." Ron sah ihn finster an. Harry fuhr jedoch unbeirrt fort. "Du musst es jetzt endlich alles erfahren." Ron verschränkte die Arme und maß ihn mit einem was-du-nicht-sagst-Blick. Harry seinerseits begann nun unruhig im Raum auf und ab zu laufen. Dann endlich, als hätte er überlegt, wie er anfangen sollte, begann er zu reden. "Jinathan ist tatsächlich Voldemorts Sohn..." Ron wollte entsetzt aufschreien, doch Harry ließ ihm keine Zeit. "... aber er hasst seinen Vater ebenso sehr, wie wir ihn hassen. Er kam nach Hogwarts, um mich zu treffen. Er wollte mit meinen Eltern sprechen, die seit dem Priori Incantatem als Geister zurückgekehrt sind." Rons Augen wurden immer größer. "Er bat sie, ihm dabei zu helfen seinen Vater zu töten. Darum ist er hier. Er will weder mich töten noch sonst irgendwelche fiesen Dinger drehen." Ron schnaubte. "Und das hast du ihm abgekauft?" Er wollte sehr verächtlich klingen, doch Harry nickte einfach nur trocken. "Das habe ich. Ich vertraue ihm." - "Wo wir wieder bei dem Punkt angelangt sind", warf Ron ein. "Du vertraust diesem Slytherin eher als mir." Harry seufzte. "Ron, ich vertraue euch beiden. Warum willst du das nicht verstehen?" Er antwortete nicht, sondern drehte sich einfach um und stieg die Treppen zum Jungen-Schlafsaal hinauf. Auf der obersten Stufe blieb er noch einmal stehen. "Deine Eltern sind also zurück?" Harry nickte wortlos. "Das ist schön." Dann verschwand er durch die Tür. Harry seufzte. "Ja, das ist schön..." Traurig senkte er den Kopf. Dennoch freute er sich nicht mehr... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)