Dritter Teil: Das Licht der Welt von abgemeldet (Fortsetzung von "Du kennst mich nicht und doch hasst du mich" und "Gift in Körper und Seele") ================================================================================ Kapitel 21: Ein starker Bund ---------------------------- Es dauerte beinahe eine Stunde, bis der Komissar alles hatte, was er benötigte. Kaiba hatte sich die ganze Zeit über in dem Wartezimmer aufgehalten. Die Beine hielt er von sich gestreckt, als er in einem der Sessel fläzte und auf die vier leeren Tassen starrte, die vor ihm auf einem kleinen Tisch standen. Nun hatte er genug Zeit, zu grübeln, einen Weg zu finden, Joseph und sich selbst auf andere Gedanken zubringen. Sollte er kleine Ausflüge mit ihm unternehmen, oder sogar vielleicht verreisen? Wohin? Joeys war in einem Zustand, der es nicht erlaubte, große Anstrengungen über sich ergehen zu lassen. Nicht nur körperlich, nein, auch psychisch, obwohl sich Joeys Psyche allmählich zu erholen schien. Er knabberte auf der Unterlippe, faltete die Hände auf dem Bauch und rutschte tiefer in die Polster. Aber irgend etwas musste er tun. Nicht nur Joey schienen die Zustände verrückt zu machen, das hatte man deutlich an der ruhigen Fahrt erkannt, die sich hinter sich gelassen hatten. Erneut drehte er das Gesicht zur Seite und schaute zu seinem Büro. Dort hatte sich nichts geändert. Joey erzählte seit geraumer Zeit und dabei machte er den Anschein, am liebsten abhauen zu wollen. Mit gesenkten Schultern saß er da und rieb die Hände ineinander. Kaiba fuhr sich über die Stirn, schob die Hand in die Hosentasche und holte das Handy hervor, auf dem er gemächlich eine Nummer tippte. Dann hob er es zum Ohr und atmete tief durch. Es dauerte nicht lange, da wurde abgenommen. "Japp?", meldete sich die Stimme eines jungen Mannes. Im Hintergrund waren viele Geräusche zu hören. "Wer da?" "Ich." "Unter allen Bekannten gibt es nur einen, der zu faul ist, seinen Namen zu nennen." Ein leises Quietschen ertönte, dann fluchte ein Mann im Hintergrund. "Hallo Kaiba. Was ist? Ist irgend etwas pass... hey, nein, das kommt nicht dahin!" "Was ist bei dir los?", erkundigte sich Kaiba und ein leises Schnalzen ertönte. "Wir räumen gerade den Laden um", erklärte Duke, der scheinbar sehr beschäftigt war. "Und bei dir? Warum rufst du an?" Kaiba blähte die Wangen auf, rollte den Kopf zur Seite und blickte wieder zum Büro. "Ich...", er räusperte sich, "... brauche deine Hilfe." "Meine Hilfe?" Duke hörte sich überrascht an. "Geht es um Joey?" "Genau." "Erzähl." "Es ist so", begann Kaiba. "Du weißt, welche Gefahr für Joseph besteht, nicht wahr?" Eine kurze Stille. "Mm." "Tja, und ich habe mich dazu entschlossen, ihn etwas abzulenken. Bedauerlicherweise bin ich nicht gut in so etwas... und habe keine Ahnung, wie ich das machen soll." "Du willst ihn auf andere Gedanken bringen?" Duke seufzte. "Das ist gut. Und woran hast du gedacht?" "Zuerst hielt ich es für das Beste, ihn wieder nach Hause zu bringen. Tatsache ist nur, dass sein Vater mal wieder auf Reisen ist. Also muss ich mir etwas anderes einfallen lassen." "Aber dir fällt nichts ein." "Ja doch." Kaiba zog eine Grimasse. "Du könntest mit ihm... ins Museum gehen." "Darauf hätte er keine Lust." "Stimmt" Kaiba nickte und wieder ertönte das Seufzen. "Dann geh mit ihm baden. Noch ist es warm." "Mm-mm." Wieder schüttelte Kaiba den Kopf und lugte zu dem Blonden, der gerade damit beschäftigt war, sich das Gesicht zu reiben. "Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre." "Warum?" "Warum wohl." Kaiba kratzte sich an der Nase. "Weil er sich dazu ausziehen müsste." "Ach so, na, dann geh mit ihm spazieren." "Oh Gott... wie ich das hasse." Stirnrunzelnd rappelte sich Kaiba etwas auf. "Aber das ist keine schlechte Idee, würde ihm sicher gut tun." "Klar, in der Nähe von Domino gibt´s doch genug Wälder. Da fährst du einfach mit ihm hin und dann seht ihr weiter." Kaiba saugte an seinen Zähnen, räusperte sich leise und starrte auf den Kaffeeautomaten. Antworten tat er nicht und in der Leitung herrschte so für kurze Zeit Stille. Duke wartete und wieder fluchte jemand im Hintergrund. "Was ist?" Noch immer zögerte Kaiba und es war ihm deutlich anzusehen, dass es ihm unangenehm war. "Ehm..." "Ja?" "Könntest du vielleicht...", wieder räusperte sich Kaiba, "... mitkommen?" "Ach?" Wieder war Duke überrascht. "Warum?" "Es tut ihm sicher gut, viele vertraute Menschen um sich zu haben. Und außerdem... muss ich etwas mit dir besprechen." "Was denn?" "Frag nicht, das wirst du sehen." Dann endlich erhob sich der Komissar und schloss den Koffer. Auch Joey kam auf die Beine. Kaiba hatte das Handy bereits weggelegt und richtete sich auf, als der ältere Mann sein Büro verließ. Ihm widmete er nicht viel Aufmerksamkeit, nein, seine Augen suchten nach Joey. Auch, während der Komissar ihm die Hand schüttelte, sich bedankte und noch irgend etwas anderes sagte, hielt er nach dem Blonden Ausschau und sah, wie er kurz darauf ebenfalls das Büro verließ. Er wirkte etwas geknickt, als er sich in den Türrahmen lehnte und die Hände wieder in den Hosentaschen verschwinden ließ. "Ja, verstanden." Den Blick auf ihn gerichtet, nickte er und der Komissar wandte sich ab. "Auf wiedersehen." "Wiedersehen." Auch er kehrte ihm den Rücken zu und näherte sich dem Blonden, der wieder mit dem Fuß Kreise auf dem Teppichboden zog und aussah, als wolle er sich nur noch verkriechen. Doch diesen Gefallen konnte Kaiba ihm nicht tun. Er erkundigte sich nur kurz nach seinem Empfinden, fasste ihn vorsichtig am Handgelenk und zog ihn mit sich. "Wohin gehen wir?", erkundigte sich Joey verdattert. "Wir machen einen kleinen Ausflug." "Schaut euch das an!" Joey ging in die Knie, umschlang mit den Armen die Beine und starrte auf den Boden. Gemeinsam mit Duke und Kaiba war er seit einer halben Stunde damit beschäftigt, durch den Wald zu spazieren. Es war ein herrliches Wetter und bisher waren sie hier noch keiner Menschenseele begegnet. Die Vögel zwitscherten, die Blätter rauschten und Kaiba war Duke für diese Idee wirklich dankbar, obwohl er es irgendwie langweilig fand. Mit großen Augen besah sich Joey einen riesigen Ameisenhaufen, auf dem sich die kleinen Tierchen tummelten. Kurz darauf grinste er und grabschte nach einem kleinen Stöckchen, welches neben ihm auf dem Weg lag. Duke trat neben ihn und schloss sich der staunenden Beobachtung an, während Kaiba eine Zigarette rauchte. "Pass auf", grinste Joey begeistert und fuchtelte mit dem Stöckchen. "Gleich rasten die völlig aus." "Mach mal." Duke hockte sich neben ihn und Joey pikste mit dem Stock ein Loch in den Haufen. Und wirklich! Sofort begannen die Ameisen wie wild herumzurennen und der Blonde lachte irgendwie hinterhältig. "Wow." "Ich sag dir, Duke", Joey pikste erneut in das Loch, "in einer halben Stunde ist das wieder repariert." "Vorsichtig, die Ameisen." "Whuah!" Sofort schüttelte sich Joey die kleinen Tierchen von der Hand, die den Stock als Brücke zu dieser benutzt hatten. Duke schüttelte verzweifelt den Kopf und Kaiba verfolgte das Szenario amüsiert. >Es tut gut, ihn so zu sehen. Es gibt hier unglaublich viel, was ihn begeistert.< Der Brünette sah sich um. >Ich sehe ich hier nur Bäume...< "Und schaut euch das mal an!" Wieder bückte sich Joey und hob ein Blatt auf, welches auf dem Weg gelegen hatte. Dieses hielt er Duke unter die Nase. "Na? Na?" "Das ist ein Blatt", bemerkte dieser etwas irritiert und der Blonde schüttelte heftig den Kopf. "Das ist nicht nur ein Blatt", meinte fest überzeugt und rupfte vorsichtig an den Kanten. "Schau genau hin. Das sieht aus wie der Controller meiner Playstation!" >Es geht ihm wieder gut.< Duke schmunzelte. "Warum sind hier so wenige Leute?", fragte Joey, der den Mund nicht mehr halten konnte, seit sie diesen Wald betreten hatten. Sie schlenderten gemütlich weiter und der Blonde sah sich um. "Sind die alle zu faul, um mal ein bisschen spazieren zu gehen?" Duke zuckte mit den Schultern. "Immerhin gibt es auch noch andere Orte, an denen man das kann." >Und außerdem ist spazieren gehen langweilig.< Fügte Kaiba gedanklich hinzu und trat die Zigarette auf dem Boden aus. "Ja, schon." Joey rümpfte die Nase. "Aber ich meine... boah, schaut euch das an!" "Was´n?" Duke war sofort ganz Ohr und Joey warf sich auf den Boden. "Habt ihr schon einmal so eine riesige Schnecke gesehen??" Fasziniert starrte er auf das flinke Tier und wieder konnte sich Duke ihm nur anschließen. "Ne." "Wow!" Joey stupste sie mit dem Finger an, worauf sie gleich die Fühler einzog und in sich zusammen kroch. "Schau dir das an, Seto. Eine Wehrschnecke!" Also schlenderte Kaiba näher und blieb neben der Kreatur stehen. Aber... nun, ihn begeisterte es weniger. Dennoch strengte er sich an, die Stimmung nicht zu vermiesen. Joey ging es gut und das war die Hauptsache. Während die beiden auf dem Boden hockten und leise tuschelten, fuhr er sich durch den Schopf und sah sich um. Dann schrie Joey. "Schau dir das an, Duke!" Der jedoch, kam flink auf die Beine und wich zurück. "Nimm die weg!" Joey lachte und hob die Hand, über die eine riesige Spinne krabbelte. Und Duke gefiel das überhaupt nicht. Vorsichtshalber trat er hinter Kaiba, krallte sich in dessen Hemd und lugte hinter seinem Arm hervor. "Ist die nicht riesig?", staunte Joey, als er auch die Spinne mit dem anderen Zeigefinger anstupste. "Die ist ekelhaft", zischte Duke. "Heeeey." Misstrauisch sah Joey ihn an, die Spinne unternahm währenddessen einen verzweifelten Fluchtversuch und seilte sich halsbrecherisch ab. "Nur Mädchen haben Angst vor Spinnen." "Wer hat das denn gesagt!" Duke verengte die Augen und der Blonde legte den Kopf schief. "Das ist nun einmal so und außerdem... huch, wo ist sie denn hin?" Verwirrt sah er sich um und starrte immer wieder auf seine Hand zurück. Kaiba hob die Augenbrauen, grinste und schlenderte kopfschüttelnd weiter. Auch Joey gab die Suche auf und trödelte mit. Kurz wischte er sich die Hände an der Hose sauber und schmatzte leise. Bald holte er auf, hakte sich bei Kaiba ein und betrachtete sich die Baumkronen, die weit über ihnen lagen. Kaiba atmete tief durch und auch Duke fühlte sich wohl, während sie so dahertrödelten. Jedoch nicht lange, da riss sich Joey los. "Schaut euch das an!" "Höh?" Joey war wieder stehen geblieben und zeigte auf einen Baum, dessen Rinde irgendwie fehlte. Kaiba lehnte sich etwas zur Seite und Duke kratzte sich am Kopf. "Das muss ein Tier abgefressen haben!" Joey stand der Mund offen. "Oder der Baum ist krank", murmelte Kaiba und der Blonde schickte ihm einen flüchtigen Blick. "Hörst du bitte auf, auf meine Hoffnungen zu zerstören? Das war ein Tier." "Und warum?", erkundigte sich Duke. "Weil das spannender ist." "Aha." Während sich Duke und Joey dann in ein fachmännisches Gespräch vertieften, sah sich Kaiba erneut um und musste die intelligente Diskussion bald unterbrechen. "Hier der Wegbiegung endet der Wald", meinte er und wies mit einem knappen Nicken in die Richtung. "Da gibt´s nen Cafe. Wollen wir noch etwas trinken?" "Gute Idee." Duke rieb sich den Bauch. "Ich glaube, ich habe sogar etwas mehr nötig, als das." So spazierten sie weiter und erreichten kurz darauf ein großes hölzernes Blockhaus, vor dem sich gemütliche Außensitze befanden. Gemächlich ließen sie sich nieder und während Kaiba gleich einen Blick in die Karte warf, begann Duke wieder mit Joey zu tratschen und er wurde kurz auf die Beiden aufmerksam. >Deshalb ist es gut, dass er dabei ist. Ihm fehlen nie die Worte oder gar die Gesprächsthemen.< "Ob es hier Bären gibt?" Lässig griff Joey nach einem Zahnstocher, steckte ihn sich in den Mund und bewegte ihn zwischen den Lippen. "Keine Ahnung." Duke sah sich kurz um und ließ sich im Stuhl tiefer sinken. "Warum fragst du? Hast du Angst vor einem oder willst du einem begegnen?" Joey grinste und Kaiba genoss diesen kurzen Augenblick. "Kommt drauf an, was für eine Entfernung zwischen uns liegt." Lachend griff auch Duke nach der Karte. "Oh man, ich brauch jetzt was Richtiges." Nicht viel später hatten sie ihre Bestellungen bereits vor sich und ließen es sich gut gehen. Während sich Duke durch einen riesigen Teller kämpfte, stand vor Kaiba nur der gewohnte Rotwein und Joey rührte in einem Milchkaffee. "Das ist ein herrlicher Platz für ein Cafe", bemerkte dieser bald und wischte sich den Milchschaum vom Mund. "Hier sitzt man mitten in der Natur." Er seufzte. "Und still ist es." "Mm." Da musste Kaiba ihm zustimmen. "Angenehm." "Ich hoffe nur, dass mir keine Spinnen über den Teller krabbeln." Duke schnitt eine Grimasse und Joey grinste, bevor er auf etwas aufmerksam wurde. Er hob die Augenbrauen, stützte sich auf die Armlehnen des Stuhles und richtete sich etwas auf, um einen besseren Überblick zu gewinnen. "Mm... herrlich." Schwärmend verdrehte Duke die Augen und stocherte gleich wieder auf das Essen ein. Währenddessen starrte Joey noch immer in dieselbe Richtung und bald erhellte sich sein Gesicht. "Ist da ein kleiner See?" "Hm?" Kaiba blickte auf und schloss sich seiner Beobachtung an. "Scheint so." Somit ließ der Blonde wieder in den Stuhl sinken und hob die Tasse zum Mund, um noch einen Schluck zu trinken. Dann erhob er sich. "Ich gucke mal." "Ja", murmelte Duke kauend. "Schau dir das mal an." "Bin gleich wieder da." Joey schob sich durch die anderen Tische und schlenderte davon. Kaiba und Duke sahen ihm nach. Der Brünette schwenkte den Wein im Glas und Duke rammte die Gabel noch einmal in das Steak, bevor er sich etwas über den Tisch lehnte. "Also", raunte er. "Erzähl mal, du wolltest doch etwas besprechen." Kaiba nickte und stellte das Glas ab. "Ich habe etwas vor. Wollte nur einmal deine Meinung darüber erfahren." "Mm-mm?" Duke nickte neugierig und Kaiba rückte sich kurz zurecht. Vorsichtig schlängelte sich Joey durch das hohe Ufergras, bevor er wirklich einen kleinen See erreichte. Fasziniert schweifte sein Blick über die glänzende Wasseroberfläche, seine Hand streifte das Schilf und dann ging er in die Knie, um etwas in den dünnen Algen zu rühren, die am flachen Ufer trieben. "Was?" Duke sah etwas überrumpelt aus, als er die Gabel sinken ließ. "Wirklich?" "Ja." Kaiba legte den Kopf schief. "Echt?" "Ja doch." Duke runzelte die Stirn und legte das Besteck ganz zur Seite. Es schien um eine wichtige Sache zu gehen. "Aber ich dachte... du magst so etwas gar nicht." "Ich habe es nur noch nie versucht." Kaiba zuckte mit den Schultern. "Bist du dem überhaupt gewachsen?", fragte Duke weiter. "An Herausforderungen wächst man", antwortete Kaiba nur und der Schwarzhaarige pustete sich eine lange Strähne aus dem Gesicht. "Ganz schön spontan, oder?" Er wirkte nicht sehr überzeugt, Kaiba hingegen schon. "Spontan, jedoch nicht unüberlegt", sagte er. "Nein, ich glaube wirklich, dass das das Beste ist, was ich machen kann." "Ja, schon." Stirnrunzelnd lehnte sich Duke zurück. "Aber... na ja." "Schau mal." Kaiba richtete sich auf und stützte die Ellbogen auf den Tisch. "Es würde Joseph wirklich gut tun und für mich wäre es kein Problem, dafür aufzukommen." "Das ist mir klar, aber was ist, wenn es Joey nicht gefällt?" "Oh, das wird es." "Und woher willst du das wissen?" "Ich weiß es nun einmal." "Und was ist, wenn es Joeys Vater nicht gefällt?" "Warum sollte es Charles nicht gefallen?" Kaiba wunderte sich. "Er muss doch keinen Finger krumm machen, auch kein Geld ausgeben oder sich sonst um irgend etwas kümmern. Und außerdem", er hob den Zeigefinger, "ist er sowieso die meiste Zeit über nicht Zuhause." "Gaaanz ruhig." Konzentriert neigte sich Joey nach vorn und näherte sich mit der Hand einem kleinen Frosch, der ganz gemütlich auf einem Seerosenblatt hockte. Er schob die Brille etwas höher, leckte sich die Lippen und verengte die Augen. "Na, komm her." Er beugte sich noch weiter, hatte den Frosch fast erreicht... und dieser sprang ins Wasser. "Verdammt nochmal." Der Blonde schnitt eine Grimasse, als er sich wieder aufrichtete, sich zurücksetzte und die Beine von sich streckte. "Und wie willst du das anstellen?", fragte Duke. "Also wirklich." Kaiba griff nach dem Glas. "Das ist ja wohl das kleinste Problem." "Wenn du meinst?" Duke zuckte mit den Schultern und Kaiba klaute sich eine Pommes von seinem Teller. "Meinen Segen hast du." Kaiba ließ es sich schmecken und Duke schien kurz zu grübeln, bevor er es ihm gleich tat. "Und...", er begann zu kauen, "... wann wilft du ef tun?" "Warum warten?", erwiderte Kaiba locker. "Joseph kommt heute sicher mit zu mir." "Gleif heute?" Duke starrte ihn an. Sie verblieben nicht lange an diesem Ort, bis Duke wieder in den Laden zurück musste, der im Umbau begriffen war, um mehr Platz zu beherbergen. So verabschiedeten sie sich und gingen ihrer Wege. Joey war noch immer bei ausgesprochen guter Laune, als sie sich auf den Weg nach Hause machten. Er redete viel und wurde von Mokuba entführt, sobald er das Haus der Kaibas betrat. Der Junge überredete ihn, einen Film mit ihm anzuschauen. Auch Kaiba wurde darum gebeten, lehnte jedoch ab und meinte, er hätte noch zu erledigen. So kam es, dass auch sie sich trennten. Kaiba verließ das Haus und Joey landete in Mokubas Zimmer, in dem sich der Junge sofort durch einen riesigen Haufen von DVD´s wühlte, um das Richtige zu finden. "Was schauen wir uns denn an?" Joey streckte sich auf Mokubas Bett, auf das der kleine Junge ihn beordert hatte. "Einen tollen Film!" Mokuba rannte zum Fernseher und Joey drehte sich auf den Bauch, stellte das schnell gemacht Popcorn in Reichweite ab und wippte heiter mit den Füßen. Bald kehrte Mokuba zurück, warf sich neben ihn und so begann der Film. Joey nahm es auf sich wie ein Mann, verfolgte das Opening aufmerksam und runzelte erst die Stirn, als plötzlich zwei dicke Nilpferde auftauchten, die sich unterhielten und jede Menge Blödsinn machten. Mokuba kicherte die meiste Zeit über und tastete nach der Popcornschale. Und es dauerte nicht lange, da spitzte sich die Situation dramatisch zu. Affen tanzten über den Bildschirm und Krokodile sangen. "Hey, Moment mal." Joey weitete die Augen. "Warum hat die Maus das gemacht?" "Die mag das Eichhörnchen nicht", half Mokuba begeistert aus. "Pass auf, das geht noch weiter so." "Echt?" >Hilfe.< Der Blonde streckte die Beine aus, stützte sich auf die Ellbogen und starrte weiterhin auf den Fernseher. Seit dieser lief, versuchte er vergebens, einen Sinn zu finden. Er kam zu dem Entschluss, dass man bei diesem Film nicht allzu viel überlegen durfte. Ein Kinderfilm eben, ohne jegliche Moral und tiefgründige Geheimnisse. Nachdem es eine Schnecke mit waghalsigen Stunts geschafft hatte, einen Baumstamm zu erklimmen, lugte er zu Mokuba. Der Junge wirkte jedenfalls überaus begeistert und so entschied er sich, abzuwarten. Vielleicht waren diese langweiligen Tiergeschichten ja nur Tarnung? Vielleicht brach in dem Wald bald ein Krieg zwischen Menschen aus? Mit Panzern und Raketenwerfern und so. Er biss sich auf die Unterlippe und langte nach dem Popcorn. Und außerdem hatte er sowieso nichts anderes zu tun, seitdem Kaiba sich plötzlich verabschiedet hatte. "Wer ist das jetzt?" Er verzog die Augenbrauen, als er einen neuen Charakter erspähte. "Das ist der Papa von dem kleinen Waschbären", flüsterte Mokuba gebannt. "Aber der ist zu streng." "Aha." Joey nickte langsam. "Und worum geht es überhaupt?" Empört drehte Mokuba das Gesicht zu ihm. "Das ist doch ganz klar", meinte er. "Um das Leben der Tiere." "Ah." Joey weitete die Augen und ließ sich das Popcorn schmecken. Als der Koala und der Maulwurf in einen Streit gerieten, wurde es etwas spannender. Und ebenso spannend blieb auch der Rest des Filmes. Der Biber schaffte es doch wirklich, sein Haus aus Treibstöcken zu bauen, das Eichhörnchen fand eine schöne Baumhöhle und die Schnecke bemerkte zu spät, dass sich ihr Leben nicht auf Bäumen, sondern auf dem Boden abspielte. Sogar der Koala und der Maulwurf vertrugen sich wieder, Gott sei Dank, und bald tauchten auch wieder die quasselnden Nilpferde auf. >Was zur Hölle hat Mokuba für Filme<, dachte sich Joey, als ein Igel aus Versehen in einen Bach fiel. >Das ist todlangweilig.< "Überlebt der Igel?", erkundigte er sich kurz darauf und Mokuba nickte hastig. "Ja, die Katze überwindet ihre Wasserscheu und rette ihn." Dieser atemberaubende Film lief weitere eineinhalb Stunden und nach dieser Zeit hatte Joey den Kopf abgelegt und starrte auf die Tür, während Mokuba immer wieder kicherte und sein Desinteresse überhaupt nicht bemerkte, ebenso die trübe Miene, die er zog. >Mir ist überhaupt nicht nach Fernsehen und noch weniger nach langweiligen Tiergeschichten.< Er schob die Arme unter den Bauch und blähte die Wangen auf. >Eigentlich will ich nur meine Ruhe.< Weitere Minuten verharrte er in dieser Haltung und dann öffnete sich plötzlich die Tür. Sofort hob Joey etwas den Kopf und dankte Gott, als er Kaiba erspähte. In gemächlichen Schritten, den Mantel über den Arm, trat er ein und warf sofort einen Blick zu dem Fernseher. Und ein skeptisches Stirnrunzeln brachte den Beweis: Der Film war mies. Joey legte sich wieder hin, sah ihn näherkommen und um das Bett herumgehen. "Hi." Flüchtig streifte er mit der Hand den Schopf des Jungen und ließ sich neben Joey auf der Bettkante nieder. "Seto, Seto!" Der Junge wurde zappelig. "Schau dir das an! Hast du das schon einmal gesehen?" Kaiba warf Joey einen knappen Blick zu, legte den Mantel ab und lehnte sich etwas zurück. "Tiere, die sprechen?", murmelte er. "Nein." Mit viel Überwindung drehte Joey das Gesicht etwas höher und sah zum Fernsehen. Er musterte Mokuba auch flüchtig, bevor er die Hand unauffällig zu Kaiba schob und etwas an dessen Hemd rupfte. "Seto...", flüsterte er kaum hörbar, "... rette mich." "Schaut, da ist wieder der Waschbär!" Kaiba blähte die Wangen auf, doch eine halsbrecherische Rettung war nicht mehr nötig, denn in dieser Sekunde begann das Ending. Der Film war vorbei und das Grauen fand sein Ende. Joey atmete erleichtert durch und Mokuba wandte sich aufgeregt an ihn. "Und?", juchzte er. "War das nicht herrlich?" "Mm-mm." Joey nickte, doch das schien Mokuba nicht zu genügen. Er sprang auf und stemmte die Hände in die Hüften. "Hat es dir echt gefallen?" Der Blonde blieb faul liegen. "Ja, war toll." "Hey!" Mokuba lachte laut... und warf sich lachend auf ihn. Kaiba hatte versucht, ihn abzufangen, doch er reagierte nicht schnell genug und so lag Mokuba kurz darauf quer auf Joeys Rücken und rüttelte an dem Blonden. Dessen Miene hatte sich augenblicklich verspannt. Flüchtig schlossen sich seine Augen, während seine Finger sich in das Laken klammerten. "Joey, komm schon!" Mokuba wollte kempeln, doch plötzlich griffen zwei Hände unter seine Arme und er wurde von dem Blonden hinunter gehoben. "Aber Seto!", quengelte der Junge, als er etwas zurückgesetzt wurde und Joey atmete tief durch, bevor er sich aufrichtete und vom Bett schob. "Du kannst ein andermal mit ihm kempeln, okay?" Kaiba tätschelte seinen kleinen Bruder. "Warum?" Sofort war der Junge ganz Ohr und sah Joey nach, der etwas geknickt zur Tür schlenderte und kurz winkte, bevor er den Raum verließ. "Was ist denn mit ihm?" Kaiba griff in der Zwischenzeit nach dem Mantel. "Er fühlt sich eben nicht wohl", antwortete er gelassen. "Das musst du auch mal akzeptieren." Somit schenkte er dem Kleinen ein knappes Grinsen und steuerte ebenfalls auf die Tür zu. Mokuba sah ihm nach. "Und was macht ihr jetzt?", rief er. "Wir...", Kaiba griff nach der Klinke, "... üben uns in der Mathematik. Möchtest du mitmachen?" "Igitt." Darauf hatte Mokuba keine Lust. Er warf sich auf das Bett zurück und rollte sich von einer Seite zur anderen, wobei er die Decke mit sich zog. "Dann schau ich noch einen Film!" "Ja, mach das", schmunzelnd verließ Kaiba das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Joey hatte sich nicht weit entfernt vor einen der besagten Vasenständer gehockt und kratzte an dessen Oberfläche. Dann drehte er das Gesicht zu Seto. "Und was machen wir jetzt?" "Wir ziehen uns zurück und genießen die Ruhe." Kaiba lächelte ihm zu, drehte sich um und winkte ihn mit sich. "Na komm." Diese Idee schien Joey besser zu gefallen als die Sache mit dem tollen Film. Ohne lange zu zögern, kam er auf die Beine, streckte sich ausgiebig und folgte Kaiba zum Arbeitsraum, in dem man besser entspannen konnte, als in dem Privaten. Durchaus etwas müde, schob er sich durch den Türrahmen, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür und schloss sie. Kaiba hatte den Mantel auf den nächstbesten Stuhl geworfen und sich zu einem der Schränke begeben. In diesem wühlte er und Joey stieß sich ab. Wieder streckte er die Arme von sich, rollte verspannt mit dem Kopf und warf sich letztendlich auf eines der Sofas. Gemütlich rutschte er in die Kissen und zog die Füße zu sich auf das Polster. Anschließend sah er sich trübe um und schloss die Augen. Er vernahm leise Schritte und spürte, wie Kaiba sich neben ihn setzte, hörte, wie ein Feuerzeuge klickte und da blinzelte er und lugte zur Seite. Mit einer Zigarette lehnte sich Kaiba zurück, legte die Füße auf dem Tisch ab und räkelte sich kurz. Er beobachtete ihn eine Weile, bevor er sich träge aufrichtete, näher an ihn heranrutschte und dabei ein Kissen mit sich zog. Kaiba hob etwas die Arme, als dieses auf seinem Schoss abgelegt wurde. Dann bettete Joey den Kopf auf dem weichen Stoff, atmete tief durch und schloss wieder die Augen. Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf Kaibas Lippen ab, als er die Arme wieder sinken ließ, den Rechten vorsichtig über Joeys Schulter legte und mit der anderen zärtlich durch dessen Haar fuhr. So schien sich Joey wohl zu fühlen und eine lange Zeit verharrten sie annähernd reglos. Nur Kaiba nahm hin und wieder einen Zug, während Joey den Anschein erweckte, zu schlafen. Zufrieden rümpfte der Blonde die Nase, zog die Arme unter den Leib und genoss die zärtliche Streicheleinheit. Lange blieb er dort liegen und nahm alsbald ein merkwürdiges Geräusch wahr. Es war wie ein leises Kratzen auf dem Laminat Fußboden. Nicht darauf achtend, blieb er liegen und auch Kaiba ließ sich nicht stören. Sein Hinterkopf verblieb gemütlich auf dem Polster der Rückenlehne, die blauen Augen hafteten ruhig auf der Decke. Doch bald ertönte das Kratzen wieder und in der völligen Stille, die in dem Zimmer herrschte, war es sehr auffällig. Endlich öffnete Joey die Augen einen Spalt weit und sah sich faul um. Und das leise Kratzen hielt an. Es war merkwürdig. So ein Geräusch hatte Joey noch nie gehört. Er lauschte noch kurz, schloss die Augen erneut und wartete, bis es erneut ertönte. Dann rappelte er sich auf Kaibas Schoss etwas auf, stützte die Ellbogen auf das Kissen und sah sich aufmerksam um. "Was ist das?", murmelte er kurz darauf und runzelte die Stirn. "Hm?" Kaiba hob den Kopf und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, der direkt neben ihm stand. "Da ist irgendwas", war sich Joey sicher, als er die Gegend musterte. "Was soll da sein?", antwortete Kaiba nur. "Keine Ahnung." Joey kratzte sich an der Wange. "Irgendwas." "Aha." Weiterhin ertönten die Geräusche, weiterhin suchte Joey nach der Quelle... Und erst nach wenigen weiteren Minuten fand er sie. Seine Pupillen fixierten sich auf einen bestimmten Punkt, seine Augen weiteten sich und lange starrte er auf eine gewisse Stelle. Kaiba betrachtete sich wieder die Decke des Zimmers und spürte bald, wie sich Joey zu regen begann. Da linste er nach unten. Joey rückte an der Brille, nahm sie ab und besah sie sich. "Was zur Hölle hat mir Johnson da angedreht?" "Hm?" "Ist das ne Brille, die Halluzinationen hervorruft?", rätselte Joey weiter und setzte sie wieder auf. "Warum?" Daraufhin sah der Blonde ihn irgendwie säuerlich an, rümpfte die Nase und atmete tief ein. Plötzlich hob er die Hand und zeigte unter den Glastisch. "Da hockt ein kleiner Hund! Siehst du den auch? Da, unter dem Tisch!" Endlich richtete sich Kaiba auf. Doch sehr überrascht schien er nicht zu sein. Unbeeindruckt verfolgte er, wie der pechschwarze Welpe versuchte, nach dem eigenen Schwanz zu schnappen, sich im Kreis drehte, auf dem Laminat ausrutschte und tollpatschig zur Seite kippte. "Ach der." "Wie? Was?" Jetzt wurde es Joey zu bunt. Langsam hockte er sich hin und starrte auf das Hündchen, welches, noch etwas wacklig auf den Beinen, direkten Kurs auf ihn nahm. Es dackelte näher, wobei seine Pfötchen stets etwas zur Seite rutschten, das kleine Schwänzchen jedoch stets in Bewegung blieb. Starr vor Schreck hockte Joey da und Kaibas Pupillen richteten sich versteckt auf ihn. Bald hatte der Welpe das Sofa erreicht, stemmte die Vorderpfoten gegen das Polster und rutschte mit den Hinteren zurück, worauf er wieder auf dem Bauch lag und sich etwas unbeholfen aufrappelte. "Man." Mit großen Augen starrte Joey es an und Kaiba klemmte sich die nächste Zigarette zwischen die Lippen. Als ein leises Fiepen ertönte, erwachte auch Joey endlich wieder zum Leben. Zögerlich rutschte er zur Kante des Sofas, beugte sich hinab und fasste den Welpen vorsichtig. Langsam hob er ihn hoch und hielt ihn direkt vor dem Gesicht, um ihn besser anstarren zu können. Verwirrt verzog er die Augenbrauen, während der Kleine zu strampeln begann. Dann lugte er zu Kaiba, der ihm endlich mal eine Erklärung schuldig war. "Ich dachte", der Brünette zündete die Zigarette an, "dass dir ein treuer Begleiter gut tun könnte. Immerhin habe ich nicht ständig Zeit für dich." Wieder weiteten sich Joeys Augen und als der Welpe leise japste, nahm er ihn vorsichtig auf den Arm. Unentschlossen hob er dann die andere Hand und streichelte dem Hündchen über den Kopf, worauf dieses ihn neugierig beschnupperte. Und kurz darauf trafen sich ihre Blicke erneut. Joey wirkte nahezu entrüstet, als er ein schweres Schlucken hinunterwürgte und die Lippen aufeinander presste. "Er... gehört mir...?" "Mm-mm." Kaiba nahm einen langen Zug. "Natürlich nur, wenn du es willst." "Aber...", Joey fand keine Worte, als er sich den Welpen wieder betrachtete. Dieser hatte ein herrlich schwarzes, weiches Fell und ein feuchtes Näschen, mit dem er Joeys Hals kitzelte, "... ja... aber..." "Wenn du ihn nicht mit nach Hause nehmen kannst, dann kommt er eben hier unter", begann Kaiba entspannt zu erklären. "Für die nötigen Dinge werde ich aufkommen, immerhin ist es ein Geschenk." Der Blonde wusste nicht, was er sagen sollte. Schweigend zupfte er an den kleinen Ohren und besah sich die braunen Augen, die ihn neugierig musterten. Kurz darauf spürte er die raue Zunge an seinem Hals und lehnte sich etwas zurück. ~*To be continued*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)