Hundeyoukai unter sich von Hotepneith (Die zweite Staffel) ================================================================================ Kapitel 21: Die härteste Prüfung -------------------------------- Hallo, schön, dass ich euch doch noch überraschen konnte. Es war ja die letzte Wendung in der Geschichte.*g* Flitterwochen stellt man sich landläufig anders vor. Viel Spasss beim Lesen. 21. Die härteste Prüfung Wenn Sesshoumaru oder Shiro je entgeistert gewesen waren, so in diesem Augenblick, als sie erkennen mussten, dass sie jede magische Fähigkeit verlassen hatte, jene Stärke und Macht auch, die einen Youkai ausmachte. Ihre Nase, Ohren, selbst ihre Augen lieferten ihnen nur noch Bruchteile der gewohnten Erkenntnisse. Sie waren eindeutig zu nichtsnutzigen, erbärmlichen Menschenwesen geworden. "Warum?" flüsterte Shiro, ohne die Hoffnung zu haben, ihr Gefährte würde die Antwort wissen. Sesshoumaru wandte den Kopf, versuchte, möglichst viele Informationen zu bekommen, so gut das mit diesen schlechten Sinnesorganen ging. Gewisses Beschützergefühl ließ ihn jedoch sagen: "Nun, es wird aus irgendeinem Grund nötig sein, um diesen Bann zu zerstören. Tsuki warnte uns. Wir können erst wieder zurück, und wohl erst wieder Youkai werden, wenn der Bann gebrochen ist. - Komm. Wir müssen herausfinden, wo wir sind." Shiro sah sich kurz in der Hütte um. Es schien ein Lagerhaus zu sein. Allerlei Kästen und verschlossene Pakete lagen herum und selbst für die schlechte Nase eines Menschen roch es hier merkwürdig. Aber sie folgte ihrem Gefährten hinaus. Dort blickten sich die beiden um. "Ein Schrein", stellte Sesshoumaru fest. War das der Grund für ihre Verwandlung? War hier ein heiliger Ort? Aber was waren das dort für seltsame Gebilde im Hintergrund? "Inuyasha?...Shiro?!" Das Paar fuhr herum. "Kagome?!" brachte Shiro mehr als verblüfft heraus. Das Mädchen aus der Neuzeit starrte ihre Besucher ebenso verwirrt an: "Sesshoumaru? Das bist doch du? Was macht ihr hier? Was ist denn nur passiert? Ihr seht so...anders aus..." Sie wollte nicht gerade menschlich sagen, da sie annahm, dass das eine Beleidigung für so starke Youkai wäre. Aber Sesshoumaru mit schwarzen Haaren erinnerte sie sehr an Inuyasha, wenn er als Mensch die Neumondnacht erlebte, zumal die Streifen in seinem Gesicht verschwunden waren. Und beide Youkai waren unbewaffnet, was ebenfalls recht bemerkenswert war. Sesshoumaru verriet sofort, dass die Veränderung nur äußerlich war: "Wo sind wir?" "In Tokio, in der Neuzeit, also, 5oo Jahre nach der euren. ...Äh, kann ich euch irgendwie helfen?" Tsuki musste sich dabei etwas gedacht haben. So sehr es ihm innerlich widerstrebte, antwortete doch der Youkaifürst: "Shiro, erzähle ihr, was geschehen ist." Diese wollte anfangen, aber Kagome winkte schon ab: "Äh...kommt doch erst einmal ins Haus. Wenn die Sache so liegt, wie ich denke, solltet ihr besser unsere Gastfreundschaft in Anspruch nehmen." Sie formulierte sehr behutsam. Irgendwie fand sie es unheimlich lustig, so mächtige Youkai in der von ihnen verachteten Menschenart vor sich zu sehen. Zum anderen war ihr nur zu bewusst, was diese beiden anrichten konnten, hätten sie wieder Youki und wären sauer. Außerdem war sie wirklich neugierig, was da passiert war. Und sie konnte sich nur vorstellen, dass das irgendwie mit diesem Bannfluch Narakus zusammenhängen konnte. Kurz darauf saßen die drei im Wohnzimmer der Higurashis. Kagome hatte beide sehr höflich- mit den ihr bekannten Titeln- ihrer Mutter vorgestellt, die nun die Gäste freundlich ansah. Shiro seufzte unhörbar, berichtete aber kurz, von dem Bannfluch, und dass dessen Umleitung wohl nur hier, in dieser fremden Zeit, möglich wäre. "Das verstehe ich nicht", meinte Kagome: "Aber ich kapiere, dass sich Naraku wie immer doppelt abgesichert hat. Ist der Splitter in dir durch seinen Bann und dein eigenes Youki dunkel, wirkt der Bann, der dich in Gehorsam gegenüber Naraku zwingt. Ist der Splitter dagegen hell und du kannst ihn in dir versiegeln, wirkt dieser Bann mit dem Nachwuchs." Die Youkaiprinzessin sparte sich eine Antwort. Auch, wenn sie nun in einem Menschenkörper steckte, so sah sie doch keinen Grund, ihre Eigenheiten auch zu verändern. So herrschte eine Weile Schweigen. "Ich verstehe nichts von Magie oder Flüchen", erklärte Fr. Higurashi plötzlich und nicht nur ihre Tochter fragte sich, warum sie dann überhaupt etwas sagte: "Aber es hängt wohl alles mit dem Splitter in Ihnen zusammen, Prinzessin Shiro. Und so denke ich mir, dass Sie hierher geschickt wurden, da man in einem Krankenhaus den Splitter entfernen könnte." "Natürlich. Mama, du hast recht." Kagome richtete sich auf: "Und das geht nur, denn du ein Mensch bist, Shiro-hime. Aus zwei Gründen. Erstens kann so dein eigenes, dunkles Youki den Splitter nicht..." Sie hätte fast "verunreinigen" gesagt, verbesserte sich aber gerade noch: "Aktivieren, dich in diesen Gehorsamsbann bringen. Und zum zweiten wird in einem Krankenhaus ja auch Blut abgenommen und so. Und wenn die Ärzte sehen würden, dass du kein Mensch bist, dann wäre was los. - So bist du unauffällig." "Was ist ein Krankenhaus?" erkundigte sich Shiro nur, obwohl in ihr ein unangenehmes Gefühl aufstieg, das sie rasch als Angst erkannte. Jemand, dazu noch ein einfacher Mensch, sollte ihr den Splitter entfernen? Also, wohl herausschneiden? Soweit sie wusste, waren Menschen viel schmerzanfälliger als Youkai. "Ein Haus, in dem Ärzte kranke Menschen heilen. - Ich könnte dich morgen dahin bringen. Und wenn die Ärzte mir dann den Splitter geben, so kann ich ihn weiter rein halten und mit ins Mittelalter zurücknehmen." Shiro sah vorsichtig zu ihrem Gefährten, begegnete dessen bernsteinfarbenen Blick: "Tu es." Sie nickte leicht: "Gut, Kagome." Es war immerhin eine Möglichkeit. Und es würde die Verwandlung in einen Menschen erklären. Natürlich. Kein Mensch würde sich trauen, an einer Youkai herumzuschneiden. Und Kagome hatte mit dem Splitter und dem dunklen Youki die Situation treffend geschildert. Blieb allerdings immer noch die Frage, warum sie so weit in die Zukunft geschickt worden waren. Aber Tsuki hatte gesagt, er habe versprochen, Sesshoumaru zu helfen. Also würde es gewiss einen Grund haben. Fr. Higurashi stand auf: "Ich werde dann unser Gästezimmer vorbereiten und etwas zum Abendessen kochen." Sie verschwand. "Abendessen?" wiederholte Sesshoumaru mehr als irritiert, ehe ihm einfiel, dass ein menschlicher Körper gewiss auch menschliche Bedürfnisse hatte. Essen und Schlafen, zum Beispiel. In der Tat. Das war äußerst unangenehm. Tsuki hatte das fast untertrieben. Kagome nickte: "Ihr seid unsere Gäste." Sie wollte sich gar nicht vorstellen, was wäre, wenn die beiden irgendwo in Tokio allein unterwegs waren - und schon zweimal nicht, was wäre, wenn sie sich wieder in Youkai verwandeln würden. Vor dem Abendessen hatte Kagome ihrem kleinen Bruder und auch ihrem Großvater eingeschärft, die Gäste ja nicht schräg anzugucken oder anzureden. "Auch, wenn sie im Moment wie Menschen aussehen - sie sind keine. Und sie haben einige ganz schöne oder eher unschöne Eigenheiten. Falls sie sich zurückverwandeln können, würden sie sicher jeden töten, der sie beleidigt hat. Haltet euch bloß zurück." Das hatte sie noch ein paar Mal gesagt, und so schwiegen die beiden auch dazu, dass die Tischmanieren der Fremden etwas eigentümlich waren. Immerhin hatte keiner der beiden Youkai je mit Besteck gegessen, geschweige denn, überhaupt je Menschennahrung zu sich genommen. Sie konnten sich nur an dem Benehmen der Menschen orientieren, was für beide sehr unerfreulich war. Überhaupt, diese Notwendigkeit, etwas essen zu müssen... immerhin war diese Menschennahrung recht angenehm, so überraschend und merkwürdig diese neuen Empfindungen auch waren. In jedem Falle konnten sie nur hoffen, dass sie hier bald fertig waren, den Bann umgeleitet hatten, und wieder ihre wahre Natur zurückbekommen würden. Aber der Mondgott hatte sie ja gewarnt. Und sie waren zu sachlich, um nicht zu wissen, dass dies wohl die einzige Möglichkeit war, die selbst der Herr der Zeit für sie gesehen hatte. So mussten sie eben durch diese äußerste Prüfung ihrer Selbstkontrolle. Allerdings gingen sie nach dem Abendessen sofort in das Gästezimmer. Shiro betrachtete das Bett: "Menschen müssen schlafen, um sich zu regenerieren." "Ja." "Weißt du, wie lange, Sesshoumaru-donno?" "Gewiss sechs bis acht Stunden. Sie schlafen doch, solange es dunkel ist." Sie legte sich nieder, sah zur Decke empor. Wie schliefen Menschen? Wie konnte sie nun einschlafen? Es war mehr als eigentümlich, den Körper, in dem man steckte, nicht richtig kontrollieren zu können. Und es war ihre Schuld, dass sie hier waren. Wäre sie nicht so schwach gewesen, hätte sie diesen Bann brechen können... Aber es war eben geschehen. Und so musste sie nun alles tun, damit der Fluch beseitigt würde. Sie gestand sich ein, nervös zu sein, ein Gefühl, dass einer Youkaiprinzessin nicht ziemte. Aber, wenn sie sich vorstellte, was ein Mensch morgen mit ihr tun sollte...Sie verdrängte diesen Gedanken. Es musste sein. Sesshoumaru legte sich neben sie, ohne dass sie den Blick von der Decke nahm. Auch ohne seine Hundenase erriet er, dass ihr wegen morgen unbehaglich war. Kagome hatte gesagt, sie würde sie begleiten, ihr alles erklären, aber natürlich müsste Shiro allein diese Operation über sich ergehen lassen. "Shiro-ko..." Überrascht drehte sie sich zu ihm. "- ko", das war keine unter Youkai übliche Anrede, bedeutete das doch eine romantische, ja, zärtliche Beziehung. Ruhig fuhr er fort: "Tsuki sagte, es sei eine unangenehme Situation. Aber der einzige Weg." "Ich weiß. Verzeih, wenn ich unruhig wirke." "Auch ich werde dich morgen begleiten. Du bist meine Gefährtin. Und falls du das vergessen hast, wirst du es noch einmal lernen müssen..." Shiro begriff zunächst nicht, fühlte sich dann aber an ihn gezogen. Menschenkörper hin oder her - sie konnten sich nur aneinander halten in dieser fremden Welt. So schloss sie die Augen, als sie spürte, wie er seinen Mund auf den ihren legte. Am folgenden Morgen begleitete Kagome die beiden Youkai, denn das waren sie selbst jetzt noch in den Augen des Mädchens der Neuzeit, in das Krankenhaus. Verstohlen beobachtete Kagome dabei die beiden, die ja noch nie Autos oder so gesehen hatten. Aber sie wirkten trotz Menschenform so kühl und beherrscht wie eh und je. Nun ja, was hatte sie auch erwartet? Dass sich diese Dickköpfe mit ihrer äußeren Form geändert hätten? Als sie das Krankenhaus betraten, musste Shiro trotz aller Selbstbeherrschung ein wenig schlucken. Selbst für die schlechte Nase eines Menschen roch es hier sehr eigentümlich und sie wollte gar nicht wissen, wie es auf ihre gewöhnlichen Sinne wirken müsste. Überdies spürte sie, wie der menschliche Körper auf ihre Empfindungen reagierte. Sie war sicher, ihre eigene Angst wittern zu können, zwang sich aber zur Ruhe. Es musste sein. Es gab keinen anderen Weg. So folgte sie Kagome zu einem Raum, in dem einige Stühle standen. Diese drehte sich um: "Sesshoumaru...du kannst hier warten." "Ich gehe mit." "Äh...das geht nicht...es ist etwas für Frauen...verstehst du...?" Kagome suchte nach Worten: "Und sobald wir fertig sind, kommen wir her. Dann können wir besprechen, wie es weiter geht." "Hm." Dem Youkaifürsten war das nicht sehr recht, aber sie mussten sich in dieser Beziehung, in dieser Zeit, wohl auf Inyuashas Freundin verlassen. Noch etwas, das unangenehm war. So lehnte er sich gegen die Wand, verschränkte die Arme. Falls etwas schief ging, seiner Gefährtin etwas passierte, würde er eben den Arzt töten, selbst, wenn er hier nur in Menschenform war. Der Arzt erhob sich höflich: "Ahja, Sie hatten angerufen, nicht wahr? Frau..wie war doch gleich Ihr Name?" "Higurashi", sagte Kagome sofort, die zwar wusste, dass er damit Shiro gemeint hatte, aber eigentümlichen Fragen zuvorkommen wollte. Und ihre Mutter hatte angerufen gehabt. Die Youkaiprinzessin nahm das nur zur Kenntnis. So fuhr der Arzt fort: "Mein Name ist Dr. Yamamoto. Sie sagten, Sie haben Schmerzen im Unterleib. So kommen Sie, legen Sie sich bitte dorthin. Wir machen erst einmal einen Ultraschall." Kagome sah, wie Shiro unwillkürlich die Lippen zusammenpresste und erklärte hastig: "Das tut nicht weh." Das war der Hundeyoukai dann doch richtig peinlich. Erkannte man so sehr, wie nervös sie war? Sie musste da durch. So trat sie zu der Liege, betrachtete aber das seltsame Gebilde genau, neben dem sich der Arzt nun niederließ. Etwas wie ein Brummen war zu hören. Shiro zwang sich zur Gelassenheit, als sie sich hinlegte. Dr. Yamamoto sah zur ihr: "Sie hatten noch nie einen Ultraschall?" "Ich war noch nie in einem Krankenhaus." "Gut. Ich erkläre es Ihnen. Machen Sie bitte ihren Bauch frei. Mit Hilfe dieses Gerätes kann man schmerzfrei überprüfen, wie es in Ihrem Körper aussieht, was wohl der Grund für Ihre Beschwerden ist." Shiro hatte ihre Kleidung inzwischen verschoben. Auch das war unangenehm, so halb bekleidet vor einem fremden Mann zu liegen und sie verstand, warum Kagome ihren Gefährten vor der Tür gelassen hatte. Dieser hätte das kaum gebilligt. Immerhin würde es schmerzfrei abgehen, denn sie vermutete stark, dass sie in dieser Menschenform auch das Schmerzempfinden einer Menschenfrau haben würde. "So." Dr. Yamamoto nahm etwas in die Hand: "Dann sehen wir mal. - Hier auf diesem Monitor kann man erkennen, wie es in Ihnen...oh, was ist das denn?" Er fuhr noch einmal über den Bauch der Youkaiprinzessin, drückte fester auf, was in ihr den Wunsch weckte, ihre Klauen zu haben. Kagome bemerkte, wie sich unwillkürlich die Hand versteifte. Hoffentlich bekam Shiro jetzt nicht plötzlich ihr Youki zurück, sonst wäre der Arzt schon mal erledigt. "Da ist ja ein Splitter...Glas oder so etwas. Hatten Sie einmal einen Unfall?" Shiro sah fragend zu Kagome. Da diese hastig nickte, erwiderte sie: "Ja...aber es ist lange her." "Da scheint dieses Ding eingewachsen zu sein, in Ihrem Körper geblieben zu sein. Jetzt bereitet es Ihnen Schmerzen. Nun, dann müssten wir es herausholen. - Keine Sorge, das ist nur ein kleiner Eingriff. Es liegt Gott sei Dank so, dass man es ambulant herausschneiden kann. Wenn Sie wollen, mache ich es sofort." "Keine Sorge" Dachte Shiro: "Und er redet von herausschneiden. Nun, es hilft nichts. Das muss sein". "Tun Sie, was nötig ist", sagte sie daher: "Und je eher, desto besser." "Gut." Der Arzt schaltete den Bildschirm aus: "Dann kommen Sie bitte mit." Er sah zu Kagome: "Sie können ja draußen waren. Es dauert vielleicht eine dreiviertel Stunde. Sie können Ihre Schwester dann nach Hause begleiten. Vielleicht sollten Sie ein Taxi rufen. Sie wird noch ein wenig schwach sein, durch die Betäubungsspritze." "Danke", sagte Kagome, die lieber dabeigeblieben wäre, aber einsah, dass das wohl unmöglich war. So ging sie hinaus. Sesshoumaru richtete sich sofort auf. Hastig kam sie zu ihm: "Kein Problem. Der Arzt sagte, er holt den Splitter sofort raus. In einer dreiviertel Stunde ist Shiro wieder hier. Ohne den Splitter." "Ich will dabei sein." "Das ist unmöglich. Eine Operation muss steril sein...sauber, ohne fremde Leute. Sonst wird ein Mensch dadurch krank. Wenn du da reinplatzt, gefährdest du Shiro." Sie überlegte, was sie noch sagen könnte, aber er lehnte sich schon wieder gegen die Wand. Es half nichts. Solange sie in Menschenkörpern steckten, mussten sie auf die Bedürfnisse dieser erbärmlich schwachen Leiber eingehen. Und so gern er neben seiner Gefährtin gewesen wäre - nicht um den Preis, dass sie krank wurde, oder ihr gar etwas schlimmeres passierte. Kagome atmete etwas auf, dass er offenbar vernünftig war. Aber sie beneidete die Youkaiprinzessin nicht. Sie war vollkommen ahnungslos, was auf sie zukam, in einem fremden Körper, einer fremden Welt. Das war sicher nicht einfach. Gut fünfhundert Jahre früher senkte sich der Abend über das Schloss des Hundeclans. Yuri und Akamaru standen auf der äußeren Mauer und betrachteten den Sonnenuntergang. "Inuyasha macht sich", sagte der Ältere der beiden: "Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so schnell einarbeiten könnte." "Nun, ich auch nicht." Der Herr des Südens sah zur Sonne: "Aber seine Mutter scheint ihn durchaus als Prinzen erzogen zu haben. Zu schade, dass sie so früh starb." "Möglich. - Ich hätte nie geglaubt, dass das Leben als Hanyou so schwer ist." Akamaru nickte unmerklich. Beide hatten in den nebenbei gemachten Bemerkungen Inuyashas gelesen. Und beide hatten begriffen, dass sie nie mitbekommen hatten, dass es zwar selten, aber durchaus Hanyou gab- von denen die meisten allerdings nicht sehr alt wurden. Und wie oft Inuyasha aus keinem anderen Grund hatte kämpfen müssen, als am Leben zu bleiben. Es war nicht verwunderlich, dass er so stark geworden war. Er hatte sich nicht über diese Tatsache beschwert, sie einfach als gegeben hingenommen, nicht ahnend, dass genau dieses Verhalten die Bewunderung seiner Cousins erweckte. Wie auch die Tatsache, dass er eine angeborene Autorität besaß. Nicht einmal Yuri kam auf die Idee, anzuzweifeln, wer die Nummer zwei hinter Sesshoumaru war. Akamaru wandte den Kopf: "Bleibst du noch länger hier?" "Soll ich? Du willst zurück in den Süden, nicht wahr? Aber Inu no taishou befahl dir, dich um Inuyasha-sama zu kümmern." "Dessen bin ich mir bewusst." "Gut. Ich übernehme das. Ich habe keine großen Gebiete, um die ich mich kümmern müsste. Mein Großvater war ein recht einfacher Hundeyoukai." "So einfach auch nicht. Dein Schloss hat eine gewisse Größe. - Danke, Yuri. Dann gehe ich zu Inuyasha-sama und bitte ihn, mich zu entlassen." Die Rangordnung wurde wie stets strikt befolgt. Shiro empfand schlichtweg etwas wie Todesangst, als sie den Raum um sich betrachtete. Die Wände waren mit seltsamen weißen Vierecken bedeckt, die Liege, auf die sie sich setzen sollte, war sehr hoch. Aber was sie so erschreckte, waren die fremdartigen Geräte, die dort standen, blinkten, piepsten. Der Arzt hatte zumindest gesagt, es seien Geräte, aber Shiro war sich nicht sicher, ob das nicht eine sehr ungewöhnliche Form von Dämonen sei. Eine Frau in weißer Kleidung kam herein: "Sie haben gerufen, Dr. Yamamoto?" "Ja, Schwester. Messen Sie bitte den Blutdruck der Patientin." "Schwester?" Dachte Shiro etwas verwirrt. "Sie sehen sich gar nicht ähnlich. Aber nun gut". Dann jedoch zuckte sie zusammen, als die Frau ihr ein Band um den Arm legte. Wollten sie sie fesseln? Instinktiv riss sie sich los. "Hallo!" machte die Frau: "Was soll das denn?" "Oh..." Der Arzt drehte sich um: "Higurashi-san, Sie brauchen sich nicht so aufzuregen. Es ist wirklich ein ganz harmloser Eingriff. Jetzt lassen Sie Schwester Nuriko schon Ihren Blutdruck messen. Oder haben Sie das etwa auch noch nie gemacht?" "Nein", gab Shiro zu, duldete aber, dass die Frau erneut ihren Arm nahm, ein Band fest darum schlang. Dr. Yamamoto schüttelte den Kopf: "Waren Sie etwa noch nie bei einem Arzt?" "Nein. Ich habe gewöhnlich gute Selbstheilungskräfte." Shiro starrte auf ihren Arm. Das Blut wurde abgeschnürt und sie empfand es selbst mit diesem Menschenkörper als unangenehm. Aber es würde gewiss noch viel ärger werden. Schwester Nuriko löste das Band: "Sie sind wirklich sehr aufgeregt. Blutdruck über 180..." "Beruhigen Sie sich, Higurashi-san." Der Arzt kam heran. "So. Jetzt müsste ich Sie bitten, ihre Hose wieder hinabzuziehen, damit ich an den Splitter komme." Die Youkaiprinzessin sah instinktiv zur Tür. Aber Flucht wäre unmöglich. Immerhin hatte der Mondgott ihr helfen wollen, da durfte sie sich doch nicht aus Feigheit einfach davonmachen. Und wie hätte sie vor ihrem Gefährten dagestanden? Schwester Nuriko hatte den Blick gesehen: "Oh, gehört dieser gutaussehende Typ da draußen etwa zu Ihnen?" Und da sie bemerkte, wie fragend die Patientin sie anschaute: "Groß, schlank, dunkle lange Haare bis zur Hüfte? Traumhaft. Ich habe noch nie so lange Haare bei einem Mann gesehen....?" "Er ist mein...Gemahl." Shiro war eingefallen, wie man das bei Menschen nannte. Aber dann blickte sie entgeistert auf die rechte Hand des Arztes, in der sich ein äußerst spitzer Gegenstand befand. Eine Nadel. Wollte er etwa damit den Splitter ertasten? Dr. Yamamoto kannte diesen entsetzten Blick: "Sie haben Angst vor Spritzen? Keine Sorge. Ich betäube zuerst die Stelle an der Haut, dann spüren Sie nichts von der Betäubungsspritze. Und der Schnitt, den ich dann machen muss, ist recht klein. Ich habe ja schon im Ultraschall gesehen, wo der Splitter zu finden ist. Sie sind gewiss in wenigen Tagen wieder vollkommen fit." "Betäuben?" Dachte die Youkaiprinzessin. "Haben diese Menschen der Zukunft einen Weg gefunden, Schmerzen zu verhindern? Ist das der Grund, warum wir in diese Zeit geschickt wurden? Ich muss ihnen wohl vertrauen. Eine andere Wahl habe ich nicht." Sie bemerkte den Blick, den Arzt und Schwester tauschten, verstand ihn aber nicht. Nuriko sagte fast fröhlich, gewohnt, ängstliche Patienten von der Spritze abzulenken: "Sie sind verheiratet? Wie lange denn schon?" "Zwei Tage." "Oh, dann kann man ja noch gratulieren. Und Ihr Mann sieht wirklich gut aus, das muss ich Ihnen lassen. Er wäre sicher auch meine Geschmack..." "Du aber nicht seiner", dachte die Hundeyoukai automatisch, ehe sich gewisser Zorn in ihr regte. Was unterstand sich diese Menschenfrau eigentlich? Im gleichen Augenblick spürte sie einen Stich im Bauch, dann einen leichten Druck. Sie sah an sich hinunter. Der Arzt hatte ihr die Spritze gegeben, zog sie gerade zurück. "Na, also, " meinte er: "Das war doch nicht so schlimm, oder? Und wenn die Betäubung einsetzt, werden Sie nichts mehr spüren, das kann ich Ihnen versprechen. Ich setze jetzt hier einen Schirm über ihren Körper, damit Sie nicht zusehen müssen. Es wäre zwar nicht schlimm, aber die meisten Leute gucken ungern zu, wenn man sie aufschneidet." Sein fast fröhlicher Tonfall reizte Shiro, eine Dummheit zu machen. Nur ihre lebenslang erworbene Selbstbeherrschung hielt sie zurück. Sie hielten sie ja für ihresgleichen. So gingen also Menschen miteinander um? Aber sie sagte: "Lassen Sie den Schirm weg. Ich will zusehen. - Und Sie brauchen nicht zu fürchten, dass ich aufspringe. Ich muss das durchziehen. Ich habe keine Wahl." Der Arzt nahm an, dass der Splitter seine Patientin so schmerzte, aber Shiro dachte an das Vertrauen, das Sesshoumaru in sie setzte. Er hatte sie in diese fremde Welt begleitet. Sie durfte jetzt unmöglich die Fassung verlieren, alles sinnlos machen, was sie bislang erreicht hatte. ****************************************************** Arme Shiro... Das nächste Kapitel heisst dann :"Ein Ende und ein Anfang.." Wie immer werde ich denjenigen, die so nett waren, mir einen Kommentar zu hinterlassen, eine ENS schicken, wenn ich sehe, dass das Kapitel freigeschaltet ist. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)