Hundeyoukai unter sich von Hotepneith (Die zweite Staffel) ================================================================================ Kapitel 9: Die magische Grenze ------------------------------ Und weiter geht es...*g* Zwei Hundeyoukai und eine magische Barriere. Nun ja. Die Magier rechnen mit Sesshoumaru... Viel Spass beim Lesen! 9. Die magische Grenze Der aufgehenden Sonne bot sich in den Nadelwäldern ein Anblick, den sie so noch nie gesehen hatte. Eine Gruppe von zwanzig Berggeistern, angeführt von allen drei Häuptlingen und dem Schamanen, wanderte in Richtung Norden. In der Mitte der Einheit Ogre spazierten zwei vollkommen andere Wesen, eines mit langen weißen und eines mit langen roten Haaren. So umringt wirkten sie fast wie Gefangene, aber tatsächlich war es die Höflichkeit der Berggeister, das Bemühen, die geehrten Besucher zu beschützen. Sie mussten einige Hügel überqueren, die dicht mit Nadelwald bewachsen waren, ehe sie an eine kleine Ebene kamen. Vor ihnen lag ein vielleicht zweitausend Schritt langes Tal, ehe erneut ein breiter Wall emporstieg. Dieser war nur dünn mit Bäumen bewachsen. Fast genau ihnen gegenüber war jedoch eine tiefe, u-förmige Mulde. Die Ogre wichen ehrerbietig auf die Seite, ließen die Gäste voran. Die beiden Hundeyoukai blieben nebeneinander stehen, Shiro, wie immer den Schritt zurück, der höflich war, und musterten die vor ihnen liegende Gegend. Ihre Sinne verrieten ihnen nur zu gut, dass dort auf dem nächsten Hügel eine Barriere war, magisch und alt. Auch die natürliche Pforte in der Mitte war mit einem Bannkreis gesichert. Die Magier der Insel dürften sich komplett mit einer solchen Barriere umgeben haben, um sich zu schützen. Der Auftritt der Hundeyoukai vor tausend Jahren musste sie nervös gemacht haben, dachten die beiden gleichzeitig, etwas stolz auf ihren Großvater. Shiro wandte den Kopf nach links, witterte: "Youkai", meinte sie. Sesshoumaru hatte es ebenfalls gespürt. Hier im Wald und dort auf der Ebene versteckten sich einfache Youkai. Nichts, das ihnen auch nur im entferntesten gefährlich hätte werden können. Normalerweise mieden so schwache Wesen sogar die Gegend, wenn er dort war. Aber dadurch, dass sie beide ihr Youki so vollständig verbargen, spürten die Youkai kein mächtigeres Wesen. Er betrachtete nochmals die Barriere vor sich, dachte nach, ehe er den Kopf ein wenig wandte: "Shiro?" "Ja?" Und da sie annahm, er wolle wissen, was sie von der Barriere hielt: "Sie ist sehr stark, aber mit Youki für uns beide kein Problem. - Die Magier werden uns aber spüren." "Sie werden Youki spüren." Sie sah ihn an, begriff dann: "Sie werden keinen Unterschied erkennen können. Sie sind sicher keine Youkai." Der Dolmetscher kam heran: "Okrich...?" "Ja." "Ist der Bann zu stark?" "Nein." Der Übersetzer tat seine Pflicht und etwas wie ein Murmeln lief durch die Berggeister. Dann fragte der Schamane etwas. Der Dolmetscher gab es weiter: "Okrich will den Bann brechen? Aber dann wissen die Magier, dass ihr kommt." "Nein." "Äh...Gut. Können wir euch noch helfen?" "Nein." Sesshoumaru war sicher, dass er und Shiro alles tun konnten, was notwendig war. Je weniger Leute hier zu finden waren, um so weniger würden die Magier auch spüren oder wittern können. Ihm war immer noch nicht klar, ob das Hanyou oder Menschen mit seltsamen Fähigkeiten waren, aber es war bestimmt besser, kein Risiko einzugehen. Die Ogre sagten etwas, das nach "Viel Glück" und Abschied klang, ehe sie sich wieder zurückzogen. Nur der Schamane blieb stehen. Anscheinend wollte er "Okrich" mal mit magischen Fähigkeiten sehen. "Shiro?" "Ich treibe sie von links her." Sie warf einen Blick in die Ebene: "Willst du den Bann allein brechen?" Die Frage war mehr als höflich, fast schon neugierig. Sie hätte diesen starken Bann allein nicht brechen können- oder es wäre zumindest überaus schwer gewesen. "Nein. Zu zweit ist es besser." Auch ihm war klar, dass die Zauber dort vor ihnen äußerst stark waren- und dazu auf Hundeyoukai ausgelegt. "Ja." Sie wandte sich nach links. Der Schamane sah neugierig zu, wie die beiden auseinander liefen, ihre Schwerter zogen. Kurz darauf erkannte er, was sie vorhatten, als sich ihre Klingen mit ihrem Youki aufluden. Breite Energieentladungen scheuchten die einfachen Youkai der Ebene auf, die in kopfloser Flucht vorwärts, in Richtung auf die Barriere stürzten, in Richtung auf den Einschnitt. Der Ogre zollte dabei dem Tempo seiner Besucher gewisse Bewunderung. Sie waren hier und dort. Er hatte keine Ahnung, was Schafe oder Schäferhunde waren, sonst hätte er die Techniken wieder erkannt. Kurz bevor alle Youkai in panischer Furcht das Tor erreichten, waren die beiden Hundeyoukai schon wieder davor. Der Schamane beobachtete fasziniert, wie bei beiden plötzlich eine Energie aufflammte, die er kaum hatte ahnen könnten, und er war sich jäh sicher, dass er die Macht von Okrich noch immer unterschätzt hatte. Das Youki der beiden verband sich, wurde gegen die Barriere geschickt, die zerbrach, als habe es sie nie gegeben. Sesshoumaru und Shiro liefen voran, gefolgt von den einfachen Youkai. So gelangten sie in das Gebiet der Magier. Der Schamane der Ogre schien zu lächeln, auch, wenn das kein Berggeist konnte, als er sich abwandte und zu seinen wartenden Stammesangehörigen ging. Kaum, dass sie durch die Barriere waren, als Sesshoumaru auch schon nach rechts den Hang hinauf schnellte. Shiro folgte ihm sofort. Er suchte einen dichten Nadelbaum, sprang dort auf einen Ast. Sie tat das Gleiche, blieb so eng neben ihm stehen, wie es die Dornen an seiner Schulter erlaubten. Ihr beider Youki war schon wieder unterdrückt. Die einfachen Youkai hatten sich inzwischen beruhigt, verteilten sich wieder, allerdings diesmal auch in der Ebene auf der anderen Seite des Bannkreises. Zwischen den Ästen der anderen Bäume erkannten sie dort eine Fläche von gewiss fast einer menschlichen Tagesreise. Dahinter glitzerte etwas in der Sonne: ein weiterer Bannkreis, aber auch das Meer, wie der Wind verriet, der von Norden kam. Beide witterten, suchten die Nachrichten. In der Weite war ein einzelner hoher Berg zu erkennen. Vermutlich war das der Berg auf der Insel der Bestien, ihr Ziel. "Die Magier sollten bemerkt haben, dass ihr Bannkreis gebrochen wurde." Shiro blickte nachdenklich nach Norden. "Ich hoffe, sie sind dumm genug, zu glauben, diese Horde primitiver Youkai konnte ihren Bannkreis brechen." "Sie sollten es vermuten." Sesshoumaru zog leicht die Augen zusammen, da seine Nase ihm einen seltsamen Geruch meldete, der sich näherte. Die eigentümliche Witterung hatte es auch an dem Ort gegeben, wo Inuyasha und seine Freunde überfallen worden waren. "Und sie sind schnell." Shiro versuchte ebenfalls in der Ebene etwas zu erkennen. Dort näherten sich einzelne Gestalten, die in Felle gehüllt waren. Ihr Geruch war eigentümlich, eine Mischung von Mensch, Hund...Und dazu die Ausstrahlung von Youki. Was waren das nur für Wesen? Gut, das Youki war nicht gerade besonders groß, aber Menschen hatten normalerweise keines. Und diese eigentümliche Geruchsmischung. Ihr wurde fast schlecht davon, was gewöhnlich ein Zeichen war, dass dort eine gewisse Gefahr für sie lauerte, auch, wenn sie sie nicht wahrnehmen konnte. So beobachtete sie nur, wie die Gestalten, es waren fünf an der Zahl, stehen blieben, scheinbar die einfachen Youkai bemerkten, die sich nun versteckten. Einer der Vermummten deutete zu dem Bannkreis in der Mulde. Dann verteilten sich die Magier. Noch immer konnten die Beobachter nicht sagen, was das für Wesen waren. Zu ihrer gewissen Überraschung streckten die Unbekannten die Arme aus. Youki schoss aus ihren Fingern, scheuchte die Youkai auf, so wie sie selbst es zuvor auf der anderen Seite der Barriere gemacht hatten. Das mussten die Funken sein, die so geschmerzt hatten, von denen Inuyashas Freunde ihnen berichtet hatten. Die Magier bildeten einen regelrechten Jagdtrupp, scheuchten die Youkai zurück auf die andere Seite. Dann schlossen sie alle fünf ihr Youki zusammen. Der Bannkreis flammte wieder auf, allerdings schwächer als zuvor. Das konnte bedeuten, dass das hier nur ein Trupp war, der rasch die Barriere wieder schließen sollte. Verstärkt werden könnte sie später immer noch. Oder es war nur die Vorhut. Andere, mächtigere würden kommen. Kurz diskutierten die Gestalten im Pelz miteinander. Selbst die empfindlichen Ohren von Hundeyoukai konnten nicht verstehen, was dort gesagt wurde. Dann gingen sie wieder zurück in Richtung der Insel, bogen dann aber seitwärts über die Ebene. "Eine Patrouille", schlussfolgerte die Youkaiprinzessin, unangenehm überrascht: "Sie überwachen ihr Gebiet." "Noch." "Was meinst du?" "Beim großen Opfer werden gewiss alle auf der Insel sein. Und das ist morgen Nacht." "Ja. Aber dort ist noch eine Barriere." Sesshoumaru schwieg. Er sah das auch, aber das war eben nicht zu ändern. Und er würde sich durch nichts von seinem Ziel abbringen lassen. Shiro warf ihm einen Seitenblick zu: "Bleiben wir hier bis zum Einbruch der Dämmerung? Es sind vermutlich doch Menschen, sie dürften nachts nicht so gut sehen." "Ja. - Sie haben das Youki von Hundedämonen und den Geruch von Menschen." Er sagte es fast nachdenklich vor sich hin und sie begriff, dass es eigentlich nicht für sie bestimmt war. So schwieg sie, drückte sich aber etwas näher an den Baumstamm, da durch die letzten Bewegungen die Dornen seiner Schulterspange unangenehm nahe an ihrem Gesicht waren. Das würde sicher schwerer als ursprünglich gedacht werden, allein diese Magier zu besiegen. Und was diese Bestie der Tiefe alles können würde, müsste sich auch noch erst feststellen lassen. Aber ihr Großvater und sein Sohn hatten es geschafft, da müssten sie es doch auch erledigen können., zumal Inuyasha ja sicher auch in den Kampf eingreifen würde, wenn sie ihn nur rechtzeitig gefunden hätten. Sie sah Probleme vor sich, spürte aber keine Angst. Es waren Menschen, da war sie sich sicher, wenn auch mit ungewöhnlichen Fähigkeiten. Und Menschen waren zu besiegen. Man musste nur wissen, was es mit dieser seltsamen Tatsache auf sich hatte, dass sie über Dämonenenergie verfügten, damit angreifen konnten. Unwillkürlich zuckte sie zurück, als ihr Begleiter vom Baum sprang, seine Dornen nur zwei Finger an ihrem Gesicht vorbeistrichen. Aber sie folgte, ließ sich neben ihm am Fuß der Tanne nieder. Auf der Insel der Bestien, im weiß angekalkten Tempel, verneigte sich einer der Magier höflich, als er das Arbeitszimmer betrat: "Erhabener Gin..." Der Hohepriester sah auf: "Was gibt es denn?" "Die Barriere am südlichen Tal wurde durchbrochen. Eine unserer Patrouillen war zufällig in der Nähe und innerhalb von Minuten dort. Eine ganze Gruppe einfacher Youkai befand sich auf unserem Gebiet. Sie jagten sie zurück und verschlossen das Tor erneut. Anderes war nicht zu entdecken, kein Youki, keine Fußspuren." "Und?" "Wir vermuten, es sei einfach Zufall gewesen. Vielleicht haben diese Waldmenschen drüben oder die Ogre einen Krieg veranstaltet und die Youkai gerieten zwischen die Fronten." "Möglich. Diese Barriere ist doch aber auf Youkai ausgerichtet." Das klang nachdenklich. "Ja, erhabener Gin. Aber das Tor wurde seit tausend Jahren nicht mehr geöffnet. Möglicherweise wurden die Bannsprüche einfach schwächer." "Ja, das mag sein. Tausend Jahre sind doch eine lange Zeit. - Wie geht es unseren Opfern?" "Die Menschen sind wie immer. - Und der Hanyou...Wir haben heute wieder den Bann gelöst, der ihn schlafen lässt, ihm Essen gebracht. Er fragte wieder nach seinen menschlichen Freunden. Und meinte, sie würden ihn rausholen." "Was für ein vertrauensseliger, dummer Narr." "Ja. Er musste einige Male belehrt werden, dass diese Insel weit weg ist, sehr weit weg ist, und ohne Magie nicht erreicht werden kann. Und dass uns ein Bannkreis vor Youkai, gerade auch Hundeyoukai, schützt. Und dass durch den zweiten Bannkreis keine Menschen kommen. Erst da schien er wirklich zu begreifen, dass er sterben wird." "Gut. Todesangst stärkt die Gefühle der Menschen. Und gemeinsam mit seinem Youkaiblut...Er ist in Wahrheit das perfekte Opfer!" Der Hohepriester nickte leicht: "Sonst noch etwas?" "Nein, Erhabener. Keine ungewöhnlichen Vorkommnisse." Inuyasha hatte mit seltsamer Gefühllosigkeit zugehört, wie selbstsicher die Magier ihm erzählt hatten, dass ihn nichts und niemand hier befreien konnte. Er selbst konnte nichts tun, die Bannsprüche allein, die ihn fesselten, hätte er vielleicht mit dem roten Tessaiga losbringen können, aber sobald die Magier ihn verließen, aktivierten sie auch wieder diese anderen Flüche, die ihn in Betäubung halten würden. Und diese Magier waren so sachlich, so selbstsicher, dass ihn tatsächlich ein kalter Schauder über den Rücken gelaufen war. Morgen sollte er also der Bestie der Tiefe vorgeworfen werden? "Warum?" fragte er nur. "Warum wir gerade dich opfern?" Der Magier hatte den Krug wieder auf das Tablett abgestellt. Immer stellten die Opfer die gleiche Frage. "Warum wollt ihr unbedingt diese Bestie wecken?" "Das ist unsere Aufgabe. Sie schläft seit grauer Vorzeit, als sie jemand hierher bannte. Und sie ist das letzte der Göttermonster. Niemand vermag so wie sie alle Lebensbereiche zu erschrecken, zu quälen, zu jagen, zu töten. Und dann sind wir, ihre demütigen Diener, die Herren der Welt." Der Magier nickte leicht. "Und du bist derjenige, der die Ehre haben wird, sie vollständig erwachen zu lassen." Er nahm das Tablett und war mit seinem fackeltragenden Begleiter verschwunden, ehe Inuyasha Antwort gefunden hatte. Der Hanyou starrte auf die verschlossene Tür. Er hatte schon zuvor gewusst, dass seine Lage nicht gerade rosig war, aber langsam fasste ihn Hoffnungslosigkeit. Ihm war in den letzten Minuten klar geworden, dass ihn seine Freunde nicht rausholen konnten, er sich selbst nicht befreien konnte. Ihn konnte nur noch ein Wunder retten- und er glaubte nicht an Wunder. Sein Tod war also eine beschlossene Sache. Alles was er noch tun konnte, war vermutlich, dieser Bestie die übelste Magenverstimmung zu verschaffen, die sie je gehabt hatte. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Sein Mund war plötzlich trocken und eine seltsame Beklemmung in der Brust ließ ihn tiefer atmen, auch, wenn sein Atem noch immer regelmäßig ging. Er würde also das Opfer abgeben, das diese Bestie auf die Erde losließ? Er würde nicht nur einfach sterben, sondern schuld daran sein, dass diese Bestie auf die ahnungslose Menschheit losgelassen wurde. Er wäre schuld, er hatte sie nicht beschützen können... Er war zu lange schon auf der Welt, um nicht zu wissen, dass es genügend Lebewesen gab, die ihm ein Schwert zur Begrüßung irgendwohin rammen wollten- oft in dem ehrlichen Bedauern, dass es so schnell gehen sollte. Aber ein solches Ende ärgerte ihn fast. Er wurde auf diese Art dafür verantwortlich, dass diese Bestie wieder lebte. Er wäre schuld an jedem Menschen, jedem Wesen, dass sie töten würde. Und er konnte nichts daran ändern. Er war hier absolut hilflos. Und die eisige Kälte in seiner Magengrube kam von der Vorstellung, was solch ein Monster alles anrichten könnte. Er spürte, wie die Bannsprüche wieder begannen, seinen Verstand zu lähmen- und er erkannte, wenn er wieder erwachen würde, wäre der Tag seines Todes gekommen. Und während er in die Dämmerung der Betäubung abtauchte, dachte er seltsamerweise daran, dass er diesen Magiern nicht den Gefallen tun würde, schreiend zu sterben. Er würde ihnen zeigen, was er wert war, bis zum Ende nicht aufgeben. Einem unlogischen, blinden Stolz gehorchend, würde er nicht zulassen, dass sie ihn schwach sehen würden. Sesshoumaru lehnte sich ein wenig zurück, als er versuchte, durch den Bannkreis dort hinten die Aura, die Lebensenergie seines Halbbruders zu spüren. Er nahm nicht an, dass es diesem gelungen sei, sich selbst zu töten. Er rechnete damit, auf einen Inuyasha bei vollem Verstand zu stoßen, auf Gedanken, vielleicht sogar, eine Art Gedankenaustausch, Besprechung stattfinden zu lassen, und war überrascht, als er die Energie endlich gefunden hatte. Da war kein bewusster Gedanke und er fiel mit seiner eigenen Aura in die Tiefen des Bewusstseins, in die Gefühle, die der Hanyou kurz vor seiner Betäubung gehabt haben musste. Sesshoumaru war selbstverständlich klar gewesen, dass sein Halbbruder über weitaus mehr Gefühle verfügte als er, und sie deutlich weniger beherrschen konnte. Aber dennoch wurde er überrascht, als ihn auf einmal Wellen an Emotionen förmlich überschwemmten. Da war Hoffnungslosigkeit, tiefe, dunkle Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit. Und das Bewusstsein, sterben zu müssen. Eine Verzweiflung war da, die aber seltsamerweise eher daraus zu rühren schien, dass er als Beschützer versagt hatte, die Menschen nicht schützen konnte, als mit eigener Angst vor dem Tod. Aber da war noch etwas anderes, mit dem der Youkaifürst nie gerechnet hatte. Hinter all diesen schwarzen Gedanken lag noch immer ein unbeugsamer Stolz, der unbedingte Wille, die eigene Ehre zu bewahren, bis zum bitteren Ende. Unwillkürlich rang er etwas nach Luft. Diese unbekannten Gefühlsregungen hatten ihn schockiert, aber jetzt traf er auf seine eigene Gedankenwelt. War Inuyasha ihm soviel ähnlicher, als er immer geglaubt hatte? War das Youkaiblut in ihm doch der stärkere, auch seelische Anteil? Shiro hatte bemerkt, dass ihr Begleiter geistig abwesend war und zu Recht angenommen, er suche die Aura seines Bruders. Als sie jetzt das leise Luftholen hörte, blickte sie überrascht seitwärts. Ihre Verwunderung stieg noch, als sie erkannte, wie sich bei beiden Streifen auf seiner Wange plötzlich verbreiterten, zu einem breiten Streifen wurde. Bei ihrem Bruder war das immer das untrügliche Zeichen von Zorn. Was hatten die Magier mit Inuyasha getan, dass sein Halbbruder so zornig werden konnte? Zorn war die einzige überschäumende Emotion, die sie je bei einem Youkai ihres Ranges gesehen hatte. Sesshoumaru zog sich zurück, atmete tief durch. Mein kleiner Bruder, dachte er unwillkürlich. Ich hätte nie geglaubt, dass er soviel Stolz und Ehrgefühl besitzt. Er tut immer so...menschlich. Er bemerkte den Blick, den die Youkaiprinzessin auf ihn warf, und wurde sich bewusst, dass er vermutlich die Emotionen, die er bei Inuyasha gefühlt hatte, auch ausgestrahlt hatte. So zwang er sich zur Ruhe: "Er lebt", sagte er: "Aber sie halten ihn wohl mit Bannsprüchen bewusstlos." "Diese Bannsprüche dürften nicht gegen uns wirken", meinte Shiro mehr fragend. "Nein. Gegen mich nicht." Er wusste nicht genau, wie stark sie wirklich war. Sie nickte leicht. Dann müsste sie sich auch in dieser Beziehung vorsehen. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass, war sie darauf vorbereitet, Flüche von Menschen, selbst durch Youki verstärkt, ihr sehr gefährlich werden konnten. Beide blickten schweigend hinüber in Richtung Norden, betrachteten den Bannkreis, die Gegend vor sich und warteten einfach auf den Sonnenuntergang. Bei Einbruch der Dämmerung standen die Hundeyoukai auf und gingen über die Ebene, so rasch sie ohne Youki einzusetzen vermochten. Immer wieder witterten sie Patrouillen, immer öfter, je weiter die Nacht voranschritt. Da ihnen nur zu klar war, dass sie sie jetzt noch nicht töten konnten, ohne die anderen vorzuwarnen, auch kein Youki einsetzen durften, sahen sie sich gezwungen, sich im Gras niederzukauern, einmal sogar hinzuwerfen, um einer Entdeckung zu entgehen. Das war unangenehm, verdrießlich und sogar ein wenig peinlich, aber beiden war klar, dass bei einem Kampf gegen eine Überzahl und einen unbekannten Gegner, die Notwendigkeit eine stärkere Macht war als der persönliche Stolz. Und immerhin sah sie hier ja niemand, außer sie sich einander. Und keiner der beiden nahm an, dass der andere diese Situation besonders witzig fand, oder je darüber später ein Wort verlieren würde. Je weiter sie vorankamen, umso öfter trafen sie auf riesige Felsbrocken, die wahllos in der Gegend lagen. Manche waren so groß, dass auf ihnen Pflanzen wuchsen, Bäume. Und immer stärker wurde vor ihnen der Geruch eines starken Bannkreises und des Meeres. Gut eine Stunde vor Sonnenaufgang blieben sie stehen. Sie hatten den Rand der Ebene erreicht. Vor ihnen senkte sich das Land rasch, wie in eine große Schüssel, die mit Wasser angefüllt war, Salzwasser. Im Osten konnten sie das offene Meer wittern. Das hier war wohl eine Bai, zu der nur ein schmaler Kanal führte. In der Mitte dieser Bucht erhob sich ein einzelner Berg, ein erloschener Vulkan. Zu seinen Füßen breitete sich eine Insel aus, auf der ein Dorf lag. Von diesem führte eine breite, lange Treppe hinauf zu einem weißen Gebäude an den Flanken des Vulkans und die Betrachter nahmen an, dass es sich um den Tempel handelte. Dort musste sich auch der Eingang in das unterirdische Labyrinth befinden, in dem die Bestie der Tiefe hausen sollte. Und dort hin mussten sie. Aber zunächst war das größere Hindernis der Bannkreis, der sich um die Insel erstreckte. Sesshoumaru wandte den Kopf, sprang dann auf den ihnen am nächsten liegenden Felsbrocken, allerdings nicht ganz hinauf, um seine Silhouette nicht gegen den Mond zu verraten. Shiro folgte ihm sofort auf den kleinen Vorsprung. Nebeneinander stehend betrachteten sie noch einmal die Szenerie zu ihren Füßen. Ihre Haare bewegten sich leicht im Nachtwind. "Es sind gewiss fünfhundert", sagte die Youkaiprinzessin unangenehm überrascht. Sie hatte mit vielleicht fünfzig Magiern gerechnet. "Und durch den jetzt verstärkten Bannkreis kommt kein Lebewesen mehr, das Youki aufweist. Allerdings auch kein Mensch." "Darum sind die Patrouillen heute Nacht alle zurückgekehrt." Sesshoumaru war es nun klar. Sie nickte, betrachtete aber weiter die Insel: "Was willst du nun tun, Sesshoumaru-donno?" Für einen Moment nahm er an, dass ihr nichts einfiel, erkannte dann, dass sie nur höflich sein wollte: "Den Bannkreis kann kein Mensch und kein Wesen mit offenem Youki durchdringen. Also bleibt nur eine Möglichkeit." Etwas wie ein Lächeln huschte um Shiros Mund: "Man sollte nie vergessen, in was sich der Gegner alles verwandeln kann." Sie hatte ihn also verstanden. Dann würde sie gewiss auch einsehen, dass es nur eine Vorgehensweise gab, die sinnvoll war: "Wir verwandeln uns auf der Insel zurück und gehen zum Tempel. Auf dem Weg dorthin töten wir jeden Magier, den wir treffen. Inuyasha ist schon dort im Berg, ich spüre es. Darum werde ich hinunter gehen, ihn befreien und die Bestie der Tiefe angreifen. Mit ihm zusammen wird es gelingen, wie es Großvater und Vater gelungen ist. Du bleibst oben am Tempel. Es darf kein Magier uns in den Rücken kommen." Sie nickte leicht, um ihren Gehorsam anzuzeigen, betrachtete erneut das Dorf auf der Insel. Fünfhundert Menschen mit Youki...Sie konnte einen derartigen Angriff reflektieren, darum war es sinnvoll, wenn sie die Rückendeckung übernahm, auch, wenn sie gern gegen die Bestie angetreten wäre. Aber ihr war nun nur zu bewusst, dass das ein sehr heftiger Kampf werden würde, der ihnen da bevorstand. Und sie war zu ehrlich, um sich nicht einzugestehen, dass dabei sehr wohl etwas schief laufen konnte. Und vielleicht...Nein, entschied sie. Es hatte keinen Zweck, es vor sich selbst ableugnen zu wollen. Sie wollte eines unbedingt noch erreichen, dann mochte dieser Kampf ausgehen, wie immer es das Schicksal bestimmte. Ohne den Blick von der Insel zu nehmen, sagte sie leise: "Wir sind Youkai. Ich habe gesagt, ich werde dir folgen, solange du es willst. Dennoch: Darf ich dich um einen Gefallen bitten?" "Was denn?" Er konnte sich nichts vorstellen. "Bevor wir uns verwandeln, dort hinüberschwimmen...behandele mich bitte einmal als deine Braut." Sie spürte, wie er fast zusammenzuckte: "Verzeih. Ich meinte nicht, dass du...dass wir heiraten sollten. Ich bitte dich nur um den Brautkuss." Sie sah noch immer hinab. Er verstand sie wirklich nicht. Aber nun gut. Wenn es dazu dienen würde, dass sie besser oder beruhigter kämpfen würde, warum nicht? Er hatte schließlich noch nie gehört, dass jemand an einem einzigen Kuss gestorben wäre. Offenbar waren weibliche Youkai doch noch ein wenig anders. "Shiro." Sie drehte sich zu ihm. Täuschte er sich oder lag da in ihren grünen Augen etwas wie Ängstlichkeit? Aber er legte den rechten Arm um ihre Schultern, zog sie an sich. Shiro war froh, ihren Wunsch erfüllt zu bekommen, hatte sie doch mit Tadel, sogar auch einer Strafe gerechnet. So blickte sie einfach in die bernsteinfarbenen Augen über ihr, schloss aber instinktiv die ihren, als sie seinen Mund auf dem ihren spürte. Er war etwas bedenklich, was sie bezweckt hatte, fürchtete fast ein wenig, sie sei läufig, obwohl ihre Witterung nichts verriet. Aber sie tat nichts weiter, machte keinen Versuch, ihn zu Weitergehendem aufzufordern, und so fand er die Szene anregend und amüsant genug, sie nicht sogleich zu beenden. Sein weiches Schulterfell flog empor, wickelte sich um Shiro, zog sie enger an ihn heran, obwohl er an die Dornen seiner Rüstung dachte. Als er unter weichen Lippen scharfen Reißzähnen begegnete, wurde ihm seltsamerweise zum ersten Mal wirklich bewusst, dass sie ein Wesen seiner eigenen Art war. Natürlich war ihm bekannt gewesen, dass sie eine Hundeyoukai war, aber irgendwie war das nun etwas anderes. Was, sollte ihm erst Stunden später aufgehen, zu einem Zeitpunkt, an dem er damit nie gerechnet hatte. Dumpfer Trommelschlag von der Insel begrüßte den aufgehenden Morgen und das Paar auf dem Felsen fuhr hastig auseinander, starrte zur Insel hinüber, wo immer mehr Trommeln einfielen, sich eine dichte Menge auf dem Dorfplatz sammelte, Richtung Tempel drängte. Beiden wurde klar, dass sie sich geirrt hatten. Nicht in der folgenden Nacht würde das große Opfer stattfinden, sondern im Laufe des heutigen Tages. ********************************************** Das nächste Kapitel heisst: "Der Tag des Opfers.".. und Inyuasha ist die Hauptperson... Wer so nett ist, und mir einen Kommi hinterlässt, dem schreibe ich eine ENS, wenn ich sehe, dass das Kapitel on ist. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)