Blutmond von Masayoshi220 ================================================================================ Kapitel 9: 9 ------------ IX Ann kam gerade mit einer Tasse dampfenden Kaffees aus der Küche, als das Telefon klingelte. Seufzend stellte sie den Kaffee auf den Tisch und nahm ab. Es knackte kurz in der Leitung, dann meldete sich die Stimme ihrer Mutter. "Kind? Schön, dass ich dich auch einmal zu hören bekomme! Du meldest dich ja gar nicht mehr!" "Ma, es tut mir leid, ich habe viel zu tun, die Arbeit, verstehst du?" "Diese Ausrede kommt immer, du hast aber ein Wochenende und Urlaub wirst du ja wohl auch mal nehmen können!" Ann trat ans Fenster und spähte hinaus, die Straßenbeleuchtung war noch nicht eingeschaltet worden, doch der Himmel zeigte schon die ersten Sterne. "Ann, hörst du mir überhaupt zu?", schaltete sich ihre Mutter wieder in ihre Gedanken. "Ja, natürlich, Ma. Ich höre dir zu, was denkst du von mir? Ich..." "Papperlapapp, Kindchen. Ich merke, wenn deine Gedanken nicht da sind. Bedrückt dich irgendwas?" "Nein, Mutter, mir geht es gut..." "Bestens! Ach, da fällt mir ein, du hast ja bald Geburtstag, nicht? möchtest du nicht mit deinem Freund zu uns kommen?" Die junge Frau seufzte genervt. Ging das schon wieder los? "Ich habe keinen Freund, Mutter. Das weißt du..." "Mein armes Kind... Weißt du, der Sohn unserer Nachbarn, du kennst ich. Er ist wieder nach Hause gekommen. Er ist mit seinem Jurastudium fertig geworden und möchte sich selbstständig machen." "Mutter! Was soll das? ... Meinst du etwa Richard?" "Ja, er ist doch ein ganz netter Mann, findest du nicht?" "Nein! Er ist schwul! Außerdem ist er absolut nicht mein Fall, er ist arro-gant, einfallslos, denkt nur an sich und behandelt Frauen wie den letzten Dreck! Er ist immer noch der Meinung, Frauen gehören hinter den Herd!" "Ann! Das ist unerhört! Das sind böse Anschuldigungen, die du überhaupt nicht beweisen kannst!" Ann hatte sich wieder auf die Couch gesetzt und registrierte ärgerlich, dass der Kaffee mittlerweile kalt geworden war. Das Geplapper ihrer Mutter hörte sie kaum noch, sondern sie dachte an die Feier zurück, wo sie Laurent zum ersten Mal getroffen hatte. Sie rief sich sein Bild ins Gedächtnis und seufzte. Wie gern hätte sie ihn noch einmal gesehen, vielleicht wären sie ja Freunde geworden... vielleicht ja sogar mehr... "Ann!... Hörst du zu?", die Stimme ihrer Mutter drang erbarmungslos in ihr Unterbewusstsein. Die junge Frau seufzte noch einmal, bevor sie ihr antwortete. "Ma, ich muss Schluss machen, ich habe noch zu tun." "Das... das kannst du nicht mit mir machen!", empörte sich ihre Mutter. "Sorry, Ma. Ich ruf zurück. Bis dann." "Ann!..." Sie legte auf und lehnte sich zurück. Warum ging ihr dieser Mann einfach nicht aus dem Kopf. Sie traf doch jeden Tag Hunderte von Männern. Wieso ließ sie also dieser eine nicht los? Sie hörte mit einem Mal lautes Poltern im Flur und schaute auf. Das warn sicher die Nachbarskinder. So spät? Sie ging zur Tür und lauscht. Da waren Stimmen. Vorsichtig öffnete sie die Tür und trat in den dunklen Flur. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)