Dunkle Dämmerung von Perro (Kampf um die Götterschwerter *abgeschlossen*) ================================================================================ Kapitel 15: Interludium II -------------------------- Interludium II Mit einem erstickten Schrei brach Zeliarina in sich zusammen und blieb als zusammengerolltes Häufchen liegen, um den Strom von Empfindungen, der ohne Pause auf sie eindrang, auszusperren. Niemals hätte die junge Donnerhexe gedacht, dass es etwas Schlimmeres in der Illusag geben könnte als die unendliche, graue Weite, in der sie vor einiger Zeit herumgeirrt war. Doch die Traumebene hatte sie eines Besseren belehrt. Als Zeliarina beinahe vom Wahnsinn verschlungen worden war, hatte sich ihre Umgebung plötzlich verändert und endlich etwas anderes gezeigt als das Nichts. Doch wie zum Hohn schien dies noch schlimmer zu sein als alles, was bisher in der Traumebene geschehen war. Zeliarina war plötzlich von Farben umgeben, die sie nicht kannte und die ihre Sehnerven nicht verarbeiten konnten. Schreie hallten in ihren Ohren, unmenschlicher als sie sich jemals auch nur im Entferntesten hätte vorstellen können. Die Illusag sprengte das Bewusstsein. Die Illusag überflügelte Zeliarinas Vorstellungskraft spielend und präsentierte Dinge, Reize, Bilder und Töne, die über das Fassungsvermögen der Menschen oder sogar aller Lebewesen der Erde hinausging. Diese Dinge waren nicht schrecklich, doch so unirdisch, dass Zeliarina sie nicht ertragen konnte. "Aufhören... Aufhören... Aufhören!" Zeliarinas Stimme durchdrang die surreale Umgebung wie Licht das Dunkel, doch gleichzeitig wurde durch sie nur noch deutlicher wie unverständlich anders der Rest der Illusag wirkte. Zeliarina stolperte zurück auf die Füße, die Hände fest auf die Augen gepresst, und tastete sich ein paar Schritte nach vorne. Sie wusste gar nicht wieso sie das tat, denn es gab kein Ziel, zu dem sie gehen konnte. Sie wusste auch nicht wie sie die Illusag verlassen sollte. Vielleicht würde sie für immer hier bleiben müssen. Vielleicht war sie sogar bereits immer hier gewesen! Vielleicht waren es in Wirklichkeit die Lancelor, die nur ein Traum waren... "Beruhige dich Mädchen... Lass dich nicht von deinen Emotionen überwältigen..." Zeliarina erschrak beim Klang der Stimme genau vor ihr, wagte jedoch nicht zu gucken wem sie gehörte. Zu oft hatten Stimmen sie an diesem Ort bereits getäuscht, zu oft hatte sich die Lancelorin einfach nur wieder dem unbeschreibbaren Wirrwarr der Illusag gegenüber gesehen. "Sie hin, Trägerin der Sieben! Sie hin!" Die Stimme wurde eindringlich. Zeliarina fürchtete sich noch immer, doch die Eindringlichkeit der gehörten Worte zeigte ihre Wirkung. Zitternd öffnete das Mädchen langsam ihre Augen. Zu ihrer Überraschung sah sie niemanden, der zu ihr gesprochen hatte, und die verwirrende Umgebung, die die Sinne vernebelte, hatte sich aufgelöst. Stattdessen blickte Zeliarina nun aus der Vogelperspektive auf eine kleine Insel, die am Osten eine halbmondförmige Bucht mit weißem Sandstrand besaß und nach Westen hin sanft anstieg, bis sie dort an zackigen Felsklippen wieder abrupt endete. Auf ihr thronte eine mittelalterliche Burg. Falcaniar... Das Licht der Sonne fiel freundlich auf den grauen Stein der Feste und wurde von den Zinnen zurückgeworfen. Alles wirkte friedlich. Die Motorboote schaukelten sanft in der Landebucht, sogar einige Lancelor lagen zufrieden im Gras. Innerhalb eines Wimpernschlags veränderte sich das Bild vollkommen. Der Himmel war plötzlich schwarz, die See unruhig. Blitzschläge erhellten die grausigen Trümmer eines zerstörten Falcaniars und die sich sonnenden Lancelor waren ersetzt worden von reglosen Leichen. Der Geruch von Blut lag schwer in der Luft. "Was...", keuchte Zeliarina, ehe sie zum Boden gezogen wurde und dort ein bekanntes Gesicht entdeckte: Dunkan. Der Palas stand stumm zwischen all seinen gefallenen Kameraden und starrte Zeliarina ausdruckslos an, als könne er sie zwar erkennen, jedoch nicht verstehen wieso sie bei ihm war. "Die Hoffnung ist zerschmettert. Der Versuch, Thundenstar zu halten, gescheitert. Nun gibt es nichts mehr zu beschützen... Kein Götterschwert, keine Trägerin, keine Menschheit..." Dunkans Worte hallten unnatürlich lange in Zeliarinas Ohren wieder. Dann veränderte sich das Bild wieder. Zeliarina sah eine große Kreuzung inmitten eines zerstörten Londons. Brennende Autowracks und zerbombte Häuser umgaben die Weggabelung, auf der zwei einsame Lancelor von einem Ring dunkler Gestalten eingeschlossen wurden. Bei genauerem Hinsehen entpuppten sie sich als Peter Pendrian und Titus McCain. Beide bluteten aus verschiedenen Wunden, ihre Gesichter waren hart und kalt und ohne Hoffnung. Pendrian vergoss Tränen der Wut. Er sagte etwas, doch Zeliarina sah nur wie sich seine Lippen bewegten und das Bild verschwand, noch ehe er geendet hatte. Dymeon befand sich nun vor ihr. Er stützte sich schwer atmend auf Azuransas und sank langsam auf die Knie. Sein Gesicht war blutüberströmt. "Ich gebe nicht auf. Für dich würde ich alles tun, Zeliarina... Alles..." "Was meinst du damit? Was würdest du für mich tun?", flüsterte Zeliarina verstört. Sie verstand all das nicht, diesen Traum, diese Worte. Sie wollte, dass die Bilder ihrer verletzten Freunde endlich aufhörten. Sie wollte nichts mehr von alle dem sehen oder hören, vor allem nicht von Dymeon, der sich mit verzerrtem Gesicht bemühte wieder auf die Beine zu kommen. Doch die Illusag schien bei ihr keine Gnade walten zu lassen. Zeliarina setzte einen ersten Schritt in Richtung Dymeon, um ihren Schutzritter festhalten und seine Anwesenheit spüren zu können, selbst wenn es nur im Traum war. Schon beschworen sich immer neue Bilder schneller und schneller aus dem Nichts herauf: Melissa, beide Arme blutig abgeschlagen... Victoria, die ihre Hand aufs Herz gepresst hatte und vor Schmerz das Gesicht verzog... Kevin mit Verbrennungen an seinem ganzen Körper... Storm mit dem eigenen Schwert in der Brust... Sie alle starrten Zeliarina durchdringend an, genau wie schon Dunkan zuvor. Und sie alle weinten... "Warum weint ihr? Was geht hier nur vor sich, was ist los mit euch? Was wollt ihr mir sagen?" Die letzte Frage schrie Zeliarina regelrecht, als wolle sie die unbekannten Mächte der Illusag selbst erreichen. Ihre Frage hallte ein paar Mal wieder, ehe sie verstummte. Die Bilder verschwanden. "Sie sind verzweifelt... weil sie wissen, was geschehen wird...weil sie die Wahrheit kennen", lautete die Antwort der Stimme, die schon am Anfang beruhigend auf die Donnerhexe eingeredet hatte. Zeliarina sah sich erschrocken um. "Wer ist da? Was bedeutet das alles? Welche Wahrheit meinst du?" "Wenn du das nicht verstehst, bist du noch nicht bereit...", verkündete die Stimme. Zeliarina wusste, dass sie ganz und gar nicht bereit war für irgendwelche neuen Spielereien der Illusag, doch die Art, wie die Stimme redete, weckte in ihr ein unbestimmtes Interesse. Fast so, als wäre es wirklich wichtig diese "Wahrheit" zu erfassen. "Wofür bin ich nicht bereit?", fragte Zeliarina vorsichtig. Die Stimme ließ sich Zeit, ehe sie diesmal antwortete. "Du bist noch nicht bereit in die Welt zurückzukehren. Dies alles hier ist von Sabiduría geschaffen worden, um dir die Wahrheit zu verkünden, die er dir nicht mehr verraten konnte. Der Weg, den du auf der Illusag beschreitest, ist nicht zufällig. Du musst nur die Bedeutung erkennen. Du musst die Wahrheit verstehen. Du musst erkennen, warum Sabiduría dich hierher geführt hat, was er dir vermitteln wollte." Zeliarinas Herz raste plötzlich vor Aufregung. "Du sprichst von der Hoffnung, die er uns versprochen hatte, oder? Ist die Wahrheit, von der du sprichst, die Hoffnung für die Lancelor? Ist es etwas um den schrecklichen Krieg endlich zu beenden und die Dämonen aufzuhalten?" "Es liegt nicht an mir, dir das zu sagen. Du musst es selbst verstehen. Ich kann nur zeigen..." Stille senkte sich über die Traumebene. Eine Zeit lang blieb es vollkommen ruhig. Schließlich jedoch hob Zeliarina zuversichtlich ihren Kopf und setzte ein leicht gezwungenes, aber hoffnungsvolles Lächeln auf. "Gut. Wenn auch nur die geringste Möglichkeit besteht den Orden irgendwie zu retten, bin ich bereit weiter zu machen. Wer auch immer du bist... zeig mir die Wahrheit..." Die grünen Augen des Mädchens brannten entschlossen, als sich die Illusag erneut wandelte... ---------------------------------- Zeliarina beschreitet den Weg zur Wahrheit... Dymeon sucht Jessica, einen Namen aus seiner Vergangenheit... Sie werden beide etwas verändern... Der Dämon die Gegenwart... Das Mädchen die Zukunft... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)