Dunkle Dämmerung von Perro (Kampf um die Götterschwerter *abgeschlossen*) ================================================================================ Kapitel 7: Die neue Generation ------------------------------ Hi, sorry, dass es solange gedauert hat, aber ich habe die Story nicht vergessen, sie wird weitergehen! Hier ist erstmal Kapitel 7. Acht ist auch schon fertig, aber mal sehn wann ich Zeit finde um das hochzustellen. Vielleicht spornen mich ja ein paar Kommis an diesmal etwas schneller zu sein?! ^.o Viel Spaß erstmal jedenfalls: ----------------------------- Kapitel VII - Die neue Generation Die Nachricht von Melissas Silberarm verbreitete sich in Falcaniar wie ein Lauffeuer. Eine Woche lang redete man über nichts anderes, egal ob frischer Neuling oder erfahrener Palas. Man versuchte den Grund für dieses Phänomen zu erfahren, doch Melissa schwieg mit einem geheimnisvollen Lächeln, dass jeden eine Gänsehaut bereitete. Auch ich habe damals oft gefragt wie sie zu diesem Arm gekommen war, zumal Melissa wie durch Zauberhand genas und so wieder in unser gemeinsames Zimmer zog. Keine meiner Fragen wurde von ihr je beantwortet. Und da auch keiner der Tests, die die Lancelor mit ihr reihenweise durchführten, den Silberarm je auch nur im Entferntesten mit Dämonen in Verbindung bringen konnte, musste man sie in Ruhe lassen und als Lancelorin arbeiten lassen. So vergingen drei Wochen. Dunkan, Storm und einige andere erfahrene Ordensmitglieder hatten immer ein wachsames Auge auf Melissa, denn sie waren sich sicher, dass der Silberarm von Dämonen stammen musste. Das Mädchen entwickelte mit ihm schon bald so ungeheure Kräfte, dass sie wohl mit Abstand die Stärkste der Leute vom fünften Rang wurde und jeden Auftrag spielend im Alleingang erledigen konnte. Manche munkelten, sie wäre in den drei Wochen bereits mächtiger als einige Palas geworden. Melissa nahm solche Behauptungen immer mit einer gelassenen Zurückhaltung zur Kenntnis, so als würde es sie gar nicht richtig interessieren. Stattdessen sorgte sie für Neulinge und Anwärter, half einigen sogar beim Lernen. Für einen Moment war ich beinahe der Versuchung erlegen an der Illusion festzuhalten, dass Melissa wieder vollkommen die Alte geworden war... Zeliarina saß nachdenklich am Rande der hohen Klippen, die an der Westseite der Insel beinahe senkrecht ins dunkle Meer hinabstürzten, und ließ ihre Beine sorglos baumeln. Es war kalt geworden und ihr sanfter Atem stieg als neblige Wölkchen in den abendlichen Sternenhimmel. Die ersten Schneeflocken leiteten nun endgültig den Anfang des Dezembers ein. Auch wenn sie noch nicht liegen blieben, verschafften sie einen ersten Vorgeschmack auf den bevorstehenden, tiefen Winter, der in diesem Jahr über ganz Europa hereinbrechen sollte. Es war fast windstill, doch Zeliarina hatte trotzdem das Gefühl, dass die weißen Flocken sie in fantastischen Spiralen und Wirbeln umtanzen würden. Sie liebte die Gewalten der Natur, sei es das wilde, blaue Meer mit seinen rauschenden Wellen im Sommer oder der schwarze Wasserteppich, in das es sich im Winter verwandelte und auf das das Mädchen gerade gedankenverloren starrte. "Setz dich zu mir, Dymeon...", murmelte sie lächelnd, während eine schwache Eiswindböe mit ihren blonden Haaren spielte. Der Dämon hatte seine Aura mit der Drachenkette unterdrückt und keiner seiner Schritte war zu hören, doch Zeliarina schien inzwischen einen sechsten Sinn dafür entwickelt zu haben zu wissen, wann Dymeon in ihrer Nähe war. Tatsächlich saß der Dämon keine fünf Sekunden später wie durch Geisterhand plötzlich neben ihr. "Es ist kalt...", stellte er ruhig fest. Seine dunklen Augen schweiften in die Ferne. Er trug wie so oft seinen langen, schwarzen Mantel und das breite, blutrote Stirnband, das seine verfilzten, schwarzen Haarsträhnen wenigstens ein wenig aus dem Gesicht hielt. "Du solltest lieber rein gehen. Diese Temperaturen sind für Menschen ungesund..." "Ich friere nicht...Guck doch, ich habe dicke Sachen an", erwiderte Zeliarina ruhig. Sie breitete die Arme aus, so dass Dymeon ihre moosgrüne Daunenjacke besser sehen konnte. "Außerdem kann ich hier besser nachdenken, als in Falcaniar..." Thundenstars Wächterin warf einen kurzen Blick hinter sich, wo sich die mittelalterliche Feste dunkel gegen die leuchtenden Sterne abzeichnete. In vielen Fenstern brannte Licht und man sah die Silhouetten mehrerer Zimmerbewohner, die ihren ganz normalen Beschäftigungen nachgingen. Zeliarina zog seufzend ihre Knie an die Brust, ehe sie die Arme darum schlang, ihr Kinn darauf ablegte und wieder aufs Meer blickte. Ein kleines Atemwölkchen entwich dabei ihrer Kehle. Dymeons Augen wurden düster, so als hätte er selbst genug zum Nachdenken. "Es geht um Melissa...nicht wahr?" "Ja...Die ganze Sache mit ihrem Arm...Irgendwie hoffe ich ja, dass sie endlich wieder die Alte geworden ist und ich freue mich für sie...doch ich traue dem Ganzen nicht...Ist das nicht schrecklich, Dymeon? Ich traue nicht der Möglichkeit, dass ein Wunder meiner Freundin einen Neuanfang geschenkt hat...Ich schäme mich dafür..." "Kein Wunder...sondern ein Dämon...ich weiß nicht wer oder wie, doch es war ganz sicher jemand meiner Spezies...Obwohl ich noch nie von jemandem gehört habe, der so etwas vollbringen kann...Andererseits bin ich seit über siebzig Jahren kein Mitglied des Däezander mehr..." Auch Dymeon seufzte jetzt. Seine Atemwolke hing eine Weile als weißer Nebel in der kalten Luft, ehe er sich unter den Berührungen der wirbelnden Schneeflocken auflöste. "Wir können leider nur abwarten..." Daraufhin schwiegen Mensch und Dämon eine Weile, während die Wellen leise rauschend gegen die Klippen rollten und der Schnee unaufhaltsam Flocke um Flocke auf sie niederging. Es war ein hypnotisierender Moment und Zeliarina fühlte sich augenblicklich ein wenig müde. So bemerkte sie durch halb geschlossene Augenlieder nur flüchtig, wie Dymeon über seine Schulter blickte. Schritte waren von Richtung Falcaniar zu ihnen gekommen. Die schweren Sohlen des Ankömmlings ließen das Gras, das seit einiger Zeit an jedem Abend von dünnem, weißem Frost überzogen war, wie sprödes Holz knirschen. "Nicht zu fassen, dass sie dich tatsächlich frei auf dem Gelände herumlaufen lassen...Sogar mit Auraunterdrücker und dem Ring, der dir erlaubt ungestört durch die Abwehrsysteme zu kommen..." Beim Klang der Stimme drehte sich auch Zeliarina um. Melissa stand in einer dunkelblauen Jeansjacke über schwarzem Pullover ernst und emotionslos vor ihnen. Einzelne Schneeflocken lagen auf ihrem glatten, weinroten Haar und ihr rechter Ärmel war vollkommen abgerissen, so dass ihr Silberarm bis zum Schulteransatz zu erkennen war. Das glänzende Körperteil war völlig resistent gegen Wärme oder Kälte oder gegen die meisten Schmerzen. Zeliarina fand, dass der Arm an Melissa noch unnatürlicher aussah als der verbundene Stumpf, den sie vor einiger Zeit noch gequält tragen musste. "Und an seiner Seite ist wie so oft Zeliarina... Mach dir keinen Kopf, ich hege keinen Groll mehr gegen dich, denn Ereos hat mir erzählt, dass Dymeon den Orden für seine Zwecke manipuliert... Dieser Dämon ist geschickt darin die Menschen tückisch auf seine Seite zu ziehen...", zischte das Mädchen mit dem Silberauge eindringlich. Zeliarina schüttelte den Kopf. Wie sehr hatte sich ihre einst so lebendige Freundin doch verändert. "Wovon redest du? Bitte, Melissa, Dymeon kämpft für den Orden! Er ist nicht böse, er hat dir das Leben gerettet, indem er dir den Arm nahm! Es gab keinen anderen Weg! Dymeon würde so etwas sonst nie jemandem antun!" Melissa würdigte Zeliarina keines Blickes mehr, sondern starrte den schweigenden Dämon mit flammenden Augen an. "Ach ja? Ereos hat mir anderes erzählt! Ihm wurde ebenfalls sein Arm geraubt! Und zwar von ihm!!!" Anklagend deutete Melissa mit ihrem Silberfinger auf Dymeon. "Ereos?", wiederholte der Dämon ungläubig. Seine dunklen Augen blitzten besorgt auf und er sprang auf die Füße. "Ereos lebt? War er es, der dir diesen Arm gab?" Melissa wich instinktiv einen Schritt von dem aufgebrachten Dymeon weg, doch dieser hatte ihr linkes Handgelenk sofort gepackt und hielt sie entschlossen fest. "Sag es mir! Lebt Ereos? Lebt er noch?" Unbeeindruckt ergriff Melissa Dymeons Hand, die sie festhielt, mit ihrer eigenen silbernen und brach spielend den eisenharten Griff. Dymeon wollte überrascht zurücktreten, doch plötzlich war er derjenige, der von seinem Gegenüber festgehalten wurde. Sein Handgelenk knirschte, als würden alle seine Knochen zermalmt werden. "Ja, Ereos lebt noch und er hat mir alles erzählt", wisperte Melissa schlagartig so eisig, dass Zeliarina zusammenzuckte. "Genau wie ich verlor er seinen Arm durch dich...und du wirst dich kaum rausreden können, dass er von einem Parasiten infiziert war...Macht es dir Spaß, die Leute so zu quälen...?" Dymeon unterdrückte ein Stöhnen, als sie sein Handgelenk noch heftiger quetschte und sich so nahe an ihn hereinbeugte, dass ihr Mund an seinem Ohr lag. "Du hast es nicht verdient zu leben, du Monster... Ich schwöre dir, mit meinem neuen Arm werde ich dich töten, sobald sich mir auch nur die geringste Möglichkeit bietet...Selbst wenn ich mich dadurch gegen Zeliarina und alle Lancelor dieser Welt stellen muss...Ich werde Gerechtigkeit einfordern..." Mit diesen Worten ließ Melissa den Dämon wieder los und ging zurück zu Falcaniar, ohne sich noch einmal umzudrehen. Dymeon rieb sich mit dunkler Miene die blauen Male von Melissas Fingern, die durch seine Fähigkeiten schnell wieder verschwanden. Und Zeliarina saß immer noch betroffen am Rande der Klippen. Ihre grünen Augen wurden traurig, als sie zu Dymeon aufsah und das Leid sah, das sich nun noch tiefer in sein Gesicht gegraben zu haben schien. "Sie geht einen Pakt mit Dämonen ein und ist sogar bereit alles in ihrem Leben zu opfern... Nur weil sie mich so abgrundtief hasst..." Er starrte auf seine Hände. "Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Excaliburs Bann niemals von mir genommen worden wäre... Seit ich wieder wach bin, bringe ich nur Leid... für Melissa... und für die gesamte Menschheit, die durch Excaliburs Befreiung erneut in den Krieg um die Götterschwerter gezogen wird... Mein Schicksal setzt sich genauso fort, wie es damals vor fünfundzwanzig Jahren schon immer gewesen war..." Zeliarina wollte etwas sagen, doch sie wusste beim besten Willen nicht was Dymeon Trost spenden könnte. Also standen die beiden schweigend im Schneegestöber und beobachteten wieder das Meer. Die hochrangigen Lancelor und Palas hielten es geheim, dass Melissas Arm tatsächlich von einem Dämon stammte, der scheinbar sogar direkt in den Orden eingedrungen war. Wie Dunkan erzählte, gehörte Ereos mit den Purpuraugen zu den gefährlichsten und mächtigsten Dämonen des Däezander. Wenn das Gerücht umgehen würde, dass jemand wie er unbemerkt ins Krankenzimmer gelangen konnte, würde es wahrscheinlich zu einer Panik kommen. Deshalb ließ das Oberhaupt des Ordens die Wachen unter dem Vorwand des endgültigen Kriegsbeginns noch einmal verdoppeln, befahl den Ausbau von Aurasensoren und weiteren Abwehrsystemen und setzte einen Kontaktmann an, der die Daten der Sensoren rund um die Uhr überwachte. "Wir müssen damit rechnen, dass Ereos einen ähnlichen Silberarm besitzt wie Melissa. Bei Tests hat sich eine sehr starke Konzentration von Magie in diesem Körperteil gezeigt, besonders eine hohe Konzentration an dicht gewobenen Schutzzaubern. Durch diese ist der Silberarm gegen Schmerzen immun. Und diese setzen wahrscheinlich auch die Verteidigung Falcaniars kurzfristig außer Kraft", erklärte Doc Fossil sachlich, als sie mit Dunkan, dem Oberhaupt, Pendrian, Storm und vielen anderen angesehenen Mitgliedern eine Besprechung abhielt. "Wir müssen also damit rechnen, dass Ereos noch einmal hierher kommen könnte... wenn es nicht sogar noch andere Dämonen mit Silberarmen gibt...", stellte das Oberhaupt nachdenklich fest. Fossil schürzte kurz die Lippen, nickte schließlich jedoch zaghaft. "Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber nicht auszuschließen..." "Dann werden wir unser Vorgehen ändern. Bis jetzt haben wir es gemieden Miss Heartstrong bei irgendwelchen Aufträgen auszusenden, doch wir müssen der Wahrheit ins Auge blicken, dass sie auch hier niemals vollkommen sicher sein wird. Deswegen soll sie von nun an wie jeder andere Lancelor Missionen erfüllen und Erfahrung sammeln. Die Wächterin Thundenstars dient uns als starke Kämpferin mehr als irgendwie sonst..." Alle Augen richteten sich auf die eingeschüchterte junge Hexe, die sich stumm in einem Stuhl zusammenkauerte und sich weit, weit weg von der Besprechung wünschte. Als Wächterin war sie verpflichtet allen Versammlungen beizuwohnen, doch neben den perfekt ausgebildeten Palas, den Profis, der Elite, fühlte sie sich schrecklich unwohl. Außerdem warfen ihr Pendrian und einige andere vereinzelte, abfällige Blicke zu. Kein Wunder. Sie mussten sich damit abfinden, dass das Schicksal der gesamten Menschheit, um das sie ihr ganzes Leben gekämpft hatten, allein auf den Schultern eines fünfzehnjährigen Mädchens ruhte. Sie mussten sich damit abfinden, dass sie nichts tun konnten, als den sinnlosen Versuch dieses Mädchen auf ewig zu beschützen. Trotzdem würde jeder Einzelne von ihnen ohne das geringste Zögern sein Leben für sie geben. Wie soll ich meine Mitmenschen beschützen, wenn ich diejenige bin, die um jeden Preis beschützt werden muss...? "John, Peter, ihr werdet sie bei der geplanten Mission für die Jüngsten vom fünften Grad mitnehmen... Der Auftrag ist erst einmal nicht so schwer und sie kann Bekanntschaft mit Lancelor in ihrem Alter machen..." Das Oberhaupt schenkte Zeliarina ein aufmunterndes Lächeln, das diese halbherzig erwiderte. Sie warf einen kurzen Blick zu Dunkan herüber, der mit düsterem Blick ihre Geste erwiderte und gar nicht begeistert davon schien, dass seine Schülerin nun doch der Gefahr ausgesetzt wurde. Pendrian auf der anderen Seite vermied es dagegen sorgfältig die Lancelorin auch nur irgendwie anzusehen. Sein braunes Haar und sein brauner Vollbart schienen mit viel mehr grauen Strähnen durchzogen zu sein als noch vor acht Monaten bei ihrer ersten Begegnung mit ihm. Man sagt oft Stress lässt die Haare ergrauen. Wenn das stimmt, war es kein Wunder, dass sich Pendrians Haar so stark verfärbt hatte, denn seit dem Erwachen Dymeons fraß sich ein alter Hass wieder erneut in sein Herz und drohte ihn in einer Flut von Verzweiflung, Zorn und Wut zu ersticken. Auf gewisse Weise ähnelte er damit Melissa, auch wenn diese bereit war sich für ihren Hass gegen den gesamten Orden zu stellen. Manchmal fragte sich Zeliarina, ob Pendrian auch so weit gehen würde... Erschöpft von den vielen Fragen, auf die es keine Antworten zu geben schien, wurde die junge Hexe aus der Besprechung entlassen. Seufzend beschloss sie, dass es nicht die richtige Zeit für Fragen und Antworten war, sondern die Zeit für Taten. Morgen würde sie im Namen der Lancelor endlich etwas tun. Was Dymeon, Pendrian und Melissa anging, die mussten ausnahmsweise einmal noch etwas warten... Ich schlief an diesem Abend sehr unruhig, denn in mir wuchs das Verlangen nach meiner ersten Mission als Lancelorin bis ins Unerträgliche. Irgendwie freute ich mich darauf, nicht weil es spaßig werden würde - denn das würde es garantiert nicht werden -, sondern weil ich endlich etwas für die Menschen tun konnte, die mich bedingungslos in ihre Mitte aufgenommen hatten. Ich wollte Dunkan, Storm, dem Meister, Pendrian, Dymeon und sogar Melissa zeigen, dass ich fähig war auch einmal diejenige zu sein, die andere beschützte, und nicht immer nur wie ein rohes Ei behandelt werden musste. Am nächsten Morgen band ich mir meine Haare mit dem Tuch der Lancelor zusammen und legte das allererste Mal die Kampfkleidung des Ordens an: die schwarze Hose und das schwarze Shirt aus besonders stabilen Kunstfasern und darüber die weiße Weste mit unzähligen Taschen, in denen ich Pistolenmagazine und einige speziell für den Dämonenkampf angefertigte "Fänger" aufbewahrte. An dem Gürtel um meine Hüfte hing Thundenstar und daneben die Pistole, die man nach der Prüfung extra für mich angefertigt hatte. Ich weiß noch, dass ich mich im Spiegel betrachtet hatte und erstaunt über mein Aussehen gewesen war. Mit der Kleidung und den Waffen wirkte ich wie ein richtiger Lancelor. Ich lächelte über die Naivität meiner Worte, denn schließlich war ich tatsächlich einer. Enthusiastisch verließ ich mein Zimmer, das ich mir trotz allem noch mit Melissa teilte, und ging in die Eingangshalle Falcaniars, wo mich die anderen Mitstreiter dieser Mission bereits erwarteten... Zu Zeliarinas Überraschung bestand ihr Team mit ihr zusammen aus gerade mal sechs Leuten. Dunkan und Pendrian waren die leitenden Köpfe der Aktion, die dafür sorgen sollten, dass es bei der Mission nicht zu ernsthaften Schwierigkeiten kommen konnte. Die beiden erfahrenen Lancelor standen vor einer Säule in der Eingangshalle und redeten nur mit knappen Sätzen miteinander, um den Einsatz zu besprechen. Ihre verschiedenen Meinungen zu Zeliarina und Dymeon hatte die beiden Männer deutlich voneinander entfernt. Einst hatten sie als gute Freunde Seite an Seite gekämpft, heute schwiegen sie sich fast nur noch an. Nur wegen mir... Weil ich Dymeon befreite und somit den Krieg um die Götterschwerter erneut in Bewegung gebracht habe... Der zweite Lancelor, der deutlich darunter litt, dass der Dämon mit den Bluttränen nicht mehr vom Orden verfolgt wurde, stand weit entfernt von den anderen in einer Ecke des Saals. Ihre verschiedenfarbigen Augen, silbern und blau, sahen kurz zu Zeliarina rüber, ehe sie zurück an die hohe Decke wanderten. Obwohl Melissa mit ihr in einem Zimmer lebte, wechselten sie nicht ein Wort miteinander. Trotzdem war es der jungen Donnerhexe aufgefallen, dass das Mädchen mit dem Silberarm ihr Lancelortuch nicht mehr so sichtbar und stolz trug wie früher. Mit einem erschöpften Seufzer begutachtete Zeliarina zur Ablenkung die zwei anderen Lancelor vom fünften Rang, die nur etwas älter sein konnten als sie selbst. Der erste war ein Junge, hoch gewachsen und etwas zu dünn für seine Größe. Auf seinem linken Arm prangte die farbenfrohe Tätowierung eines Drachens, die sich von den Fingerspitzen bis weit über die Schulter zog und wahrscheinlich irgendwo zwischen den Schulterblättern aufhörte. Das Gesicht des Jungen hatte weiche Züge und in den braunen Augen lag das Funkeln einer unbesiegbaren Lebensfreude. Doch das Erstaunlichste an ihm war weder die aufrichtige, gute Laune, noch das riesige Abbild des Drachens auf seinem Arm, sondern seine Haare, die in alle Richtungen abstanden, als wäre er gerade erst aus dem Bett gefallen. Sie waren so intensiv weiß, dass sie beinahe von innen heraus zu leuchten schienen. Beim Oberhaupt wirkte diese Haarfarbe bereits unnatürlich, doch bei diesem Jungen schien sie geradezu wie aus einer anderen Welt zu kommen. Keine Haartönung der Erde könnte solch eine Farbe entstehen lassen. Der junge Lancelor redete gutmütig auf ein etwa siebzehnjähriges Mädchen ein, das den Wortschwall stumm an sich abtropfen ließ. Sie war so unvorstellbar hübsch, dass sich Zeliarina absurder Weise mit einem Schlag furchtbar hässlich vorkam. Langes, rabenschwarzes Haar, in das einzelne dünn geflochtene Strähnen eingestreut waren, umrahmte ihr liebliches Gesicht. Zeliarina wusste, dass sie selbst schon sehr helle Haut hatte, doch bei diesem Mädchen hatte sie die Farbe von Marmor, beinahe so hell wie die Haare des anderen Lancelorjungen. Nur in ihren eisblauen Augen lag ein merkwürdiger Glanz von Gleichgültigkeit, der ihr ganzes Auftreten etwas kalt und distanziert wirken ließ. Zeliarina war sich sicher, dass diese kühle Ausstrahlung sie auf Jungen nur noch anziehender wirken lassen musste. Die Donnerhexe versuchte in das Herz des Mädchens zu sehen, doch aus irgendeinem Grund gelang es ihr nicht. Es schien, als wäre es von außen abgeschirmt, so dass nicht auch nur der kleinste Einblick gewährt wurde. Bei Dämonen war Zeliarina daran gewöhnt, nicht jedoch bei Menschen. Natürlich konnten einige ihre Gefühle besser vor ihren Hexenfähigkeiten abschirmen als andere, doch nicht einmal dem höchsten Lancelor gelang das vollkommen. Wie ist es diesem Mädchen möglich ihr Herz abzuschirmen? Sie kann kein Dämon sein, sie strahlt weder eine Aura aus, noch hat sie eine Drachenkette zum Auraunterdrücken... Aber sie ist auch kein gewöhnlicher Mensch... Plötzlich drehte das Mädchen ihren Kopf so zur Seite, dass sie Zeliarina in die Augen blickte. Die junge Hexe konnte es sich nicht erklären, doch es war als hätte sie sie aufgrund ihrer Gedanken angesehen. "Telepathie...", meinte die Schönheit so einsilbig und ohne jeden Zusammenhang, dass Zeliarina einen Augenblick brauchte um zu begreifen, dass sie tatsächlich ihre Gedanken gelesen hatte. Auch der Junge mit den weißen Haaren bemerkte die Wächterin Thundenstars jetzt. Grinsend kam er auf sie zu und streckte ihr sofort die Hand entgegen. "Zeliarina, nicht wahr? Ich habe schon viel von dir gehört! Du hast die Abschlussprüfung mit einer der besten Zeiten der letzten Jahre abgehalten und konntest deine elementaren Kräfte bereits nach wenigen Wochen vollkommen beherrschen..." Zeliarina errötete verlegen, schüttelte seine Hand jedoch freundlich. "Ich bin übrigens Kevin", fügte der Lancelor noch hinzu, als wäre es ihm gerade eingefallen. "Ich wollte dich schon immer kennen lernen, denn ich bin auch ein Elementarer, einer des Feuers. Allerdings beherrsche ich meine Kräfte so gut wie gar nicht..." Kevin lachte unbekümmert und kratzte sich dabei am Hinterkopf, so dass Zeliarinas Blick wieder auf die Tätowierung fiel. "Ziemlich cool, oder?", grinste Kevin, als er ihren Augen folgte. "Es ist ein polynesischer Drache, der vor jeglichem Unheil schützen soll. Also so etwas wie mein Schutzpatron." Zeliarina nickte ehrlich fasziniert und bewunderte das Bild noch eine Weile, ehe sie sich dem schwarzhaarigen Mädchen zuwandte. Diese schien bereits zu wissen, was die Donnerhexe fragen wollte und antwortete einsilbig: "Victoria..." Zeliarina hob überrascht die Augenbrauen, während Kevin verwirrt zwischen den beiden hin und her blickte. Schließlich trat Dunkan zu den jungen Lancelor und klopfte Kevin freundschaftlich auf die Schulter. "Wie gut, ihr macht euch schon einander bekannt. Trotzdem der Förmlichkeit halber: das ist Kevin Douglas, gebürtiger Kalifornier. Er ist erst vor einem Monat nach Falcaniar gekommen und wurde als Elementarer des Feuers mir zugewiesen. Da er bereits früher ein Hobbyschütze war, mussten wir weniger Zeit in seine Ausbildung investieren, so dass er bereits vor einigen Tagen die Prüfung ablegen konnte..." Kevin deutete zufrieden grinsend auf das Lancelortuch, das lose an einer Gürtelöse seiner Hose festgebunden worden war. Zeliarina betrachtete den Jungen verwirrt, denn obwohl er in Amerika geboren war, hörte sie nicht den leisesten, amerikanischen Akzent in seinem etwas schwerfälligen Englisch. "Und das ist Victoria Sommerset", sprach Dunkan fröhlich weiter, "Sie besitzt die Fähigkeit der Telepathie. Inzwischen wohnt sie seit über sechs Jahren in Falcaniar." Erneut war Zeliarina verwirrt. Wieso habe ich sie dann noch nie hier gesehen...? Victoria sah sie wieder aus ihren eisblauen Augen an und setzte ein schwaches Lächeln auf, das weder Freude noch Häme noch sonst irgendetwas ausdrückte. "Nachdem ich vor drei Jahren, also mit meinem vierzehnten Lebensjahr, die Prüfung ablegte, hatte ich bei einer meiner ersten Einsätze einen Unfall. Ich musste lange für meine Gesundheit kämpfen und meide seitdem die Menschen... Ich verlasse mein Zimmer kaum..." Kevins Miene wurde noch verwirrter, ehe er endlich verstand, dass Telepathie nichts weiter war als Gedankenlesen und Victoria gerade auf Zeliarinas Gedanken geantwortet hatte. "Und schließlich Zeliarina Heartstrong." Dunkan redete so abrupt weiter, dass sich die junge Donnerhexe sicher war ein heikles Thema angeschnitten zu haben. "In den acht Monaten, die sie inzwischen hier ist, lernte sie bereits überdurchschnittlich viel über ihre Fähigkeiten und das Kämpfen. In der Höhle der Prüfungen besiegte sie innerhalb eines halben Tages zwanzig Tryclonns. Natürlich nicht zu vergessen, dass sie die Wächterin des Götterschwertes Thundenstar ist..." "Die, auf deren Schultern das Schicksal der gesamten Menschheit lastet...", fügte Victoria ganz selbstverständlich hinzu. Sie lächelte wieder ihr schwaches Lächeln, das keine Spur von Häme zeigte. Auch ihre Stimme war jenseits jeglicher Empfindungen, so dass sie beinahe wie ein seelenloser Roboter wirkte. Kevin sah die telepathisch veranlagte Lancelorin einen Moment lang überrascht an, dann grinste er wieder unbekümmert und fuhr gut sichtbar über seinen merkwürdig unförmigen Waffenhalfter. "Nun, scheinbar sollten wir dann auf dich besonders acht geben, nicht wahr?" Zeliarina wusste, dass es nicht böse gemeint war, (vermutlich war Kevin gar nicht in der Lage irgendwie unfreundlich zu werden) doch diese Bemerkung verletzte sie. Eigentlich wollte ich von nun an doch andere beschützen, anstatt diejenige zu sein, die immer wieder verteidigt werden muss... Aber scheinbar ist das nur ein Wunschtraum... Betrübt wich sie Kevins gütigen, braunen Augen aus und blickte stattdessen in die eisblauen Victorias, die ein weiteres Mal dieses wissende Funkeln trugen. Zeliarina musste sich daran erinnern, dass das Mädchen ihre Gedanken spielend lesen konnte und somit auch alles Gedachte so deutlich verstand, als hätte man es laut ausgesprochen. Nun gut, Victoria... Es freut mich mit dir diese Mission erfüllen zu dürfen... Die Lancelorin nickte wortlos, zum Zeichen, dass sie den Gedanken gehört hatte, ehe Dunkan sie endlich zum Aufbruch scheuchte. Zeliarina fiel auf, dass er es geschickt übergangen hatte Melissa ebenfalls vorzustellen. Das Mädchen mit dem Silberarm schritt langsam von ihrer Ecke zu ihnen herüber und folgte stumm, als Dunkan und Pendrian durch das Eingangstor ins Freie traten. Zeliarina ging neben dem fröhlichen Kevin, während Victoria stumm die Hände in ihre Hosentaschen steckte und folgte. Draußen erwartete sie bereits ein dick in Winterkleidung gehüllter Helikopterpilot vor seiner großen Maschine, auf dessen Seiten die drei gekreuzten Silberspeere prangten. "Schönes Wetter für einen kleinen Hubschrauberflug", meinte Pendrian sarkastisch, während dicke Schneeflocken unaufhörlich vom Himmel fielen und schneidende Windböen an ihren Haaren und ihrer Kleidung zerrten. Der Helikopterpilot murrte irgendetwas Unverständliches, ehe er seine Passagiere nach und nach in den Mannschaftstransporter einsteigen ließ. Als sie alle angeschnallt und mit Kopfhörern vor dem Rotorenlärm geschützt dasaßen, hob die Maschine mit einem ohrenbetäubenden Lärm ab, bis sie beinahe augenblicklich von der ersten Schneewehe verschluckt wurde... Normalerweise liebte ich die langen Helikopterflüge über das weite Meer, doch an diesem eiskalten Dezembertag erkannte man weder das blaugrüne Wasser, noch die Wolken oder den Himmel. Der Schnee war so verdammt dicht, dass man kaum die Hand vor Augen erkennen konnte. Um ehrlich zu sein hatte ich ziemlich Angst, dass der Pilot genauso wenig sehen würde wie ich. Die kreidebleiche Victoria blickte mich wieder auf ihre geheimnisvolle Art an, so dass ich im ersten Augenblick dachte sie würde über meine Angst spotten. Doch wie sie nun einmal war tat sie es nicht. Melissa sagte den ganzen Flug über gar nichts, während Dunkan und Pendrian uns unsere Mission genauer erklärten. Eigentlich war es viel zu laut um sich zu unterhalten, doch unsere Kopfhörer waren diesmal mit zusätzlichen Mikrophonen ausgestattet, die es uns erlaubten trotz des Lärms zu kommunizieren. "Wir fliegen nach Chester. Irgendein amateurhafter Beschwörer hat versucht einen Golem als Wächter für sein Firmengebäude zu erschaffen. Es sind schon mehrere seiner Angestellten durch Dämonenhand verschwunden, doch er hätte gut daran getan sich an die Lancelor zu wenden, anstatt auf eigene Faust etwas zu unternehmen. Jeder weiß, dass alle Beschwörungsriten von dem Däezander stammen und daher mit sehr genauer Sorgfalt auszuführen sind... Jedenfalls ist der Golem aufgrund der ungenauen Beschwörung ausgerastet..." "Golem?", warf ich ein wenig verhalten ein. Kevin lachte ein bisschen und klopfte mir belustigt auf die Schulter. "Da hast du wohl bei den vielen Unterrichtsstunden auf Falcaniar etwas geschlafen... Ein Golem ist ein aus Stein geformter Krieger, der zwar dumm, aber ziemlich zerstörerisch sein kann. Der Däezander nutzt sie neben Tryclonns und Oggrons oft als Fußsoldaten. Aber auch die Lancelor und einige hohe Tiere, die von uns wissen, nutzen sie als Wächter und Leibgarde..." "Sehr gut, Kevin." Dunkan schenkte seinem Schüler ein flüchtiges Lächeln, ehe er weitererzählte. "Man konnte den Golem glücklicherweise durch Fänger im Gebäude festhalten, so dass keine weiteren Zivilisten mit in die Angelegenheit rein gezogen wurden." "Also sind wir nichts weiter als das Müllbeseitigungskommando", ließ sich Melissa ein wenig abfällig vernehmen. "Für diese Angelegenheit brauchen wir nicht einmal die Hilfe eines Dämons, nicht wahr?" Sie warf mir einen schnellen Blick zu und ich fühlte mich schlecht. Die Ereignisse der Vergangenheit fraßen sie auf, machten ihr Herz hart und kalt. Das einst so fröhliche Mädchen hatte sich in eine Rächerin so seelenlos wie Victoria verwandelt. Mit einem miesen Gefühl im Magen wich ich den Augen aller aus und starrte stur aus dem Helikopterfenster, obwohl draußen nur das ewige Weiß des Schnees zu sehen war... Irgendwie hatte ich damals gewusst, dass das Ganze nicht reibungslos ablaufen würde... Ich hatte es gewusst... Hosted by Animexx e.V. 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