Der Garten von Soriniath (oder die Bibel aus meiner Sicht) ================================================================================ Kapitel 1: Musste es so weit kommen? ------------------------------------ Am Anfang allen Seins war nur Dunkelheit und Leere. Dann kam sie. Sie erfüllte das Nichts mit Leben und schuf etwas, dass bis in alle Ewigkeit einzigartig und unvergleichlich sein würde. Ihre Schöpfung ist so wundervoll, dass es jemandem wie mir niemals möglich sein wird sie in ihrer ganzen Komplexität zu erfassen. Doch sie hat ebenso eine andere Seite, eine durch und durch schreckliche, zerstörerische, verdorbene und abgrundtief böse... Und auch diese Seite ist einem Wesen wie mir bisher unverständlich geblieben... Niemand außer ihr wird es jemals verstehen wie alle Vorgänge zusammenlaufen. Alles ist nur ein großes Puppenspiel für sie. Niemand kennt ihre Gedanken. Jeder, der auch nur versucht ihren Gedankengängen zu folgen, wird irgendwann den Verstand verlieren. Das, was sie schuf, ist von einer so unfassbar schrecklichen Schönheit, dass es schon beinahe weh tut. Ich selbst bin nur ein winziger, bedeutungsloser Teil dieses Ganzen, was jegliche Vorstellungskraft sprengt. Meine Auslöschung wäre vollkommen unbedeutend für sie. Sie, die Schöpferin allen Seins, hat die die Macht der Schöpfung und Zerstörung, des Lebens und des Todes. In ihren Händen liegt die Allmacht, die uns in jeder Sekunde unseres Lebens umgibt. Damals, zu Anbeginn der Zeit, war sie einsam und schuf jemanden, der ihr Gesellschaft leisten sollte. Sie schuf ihn, der als Begründer der menschlichen Rasse gilt. Doch mit seiner Erschaffung kamen auch Gefühle wie Einsamkeit, Trauer und Sehnsucht. Er war so nicht glücklich. Dies stimmte auch sie traurig und so entschloss sie sich noch ein weiteres, ihm ähnliches, Wesen aus einer seiner Rippen zu formen. Dieses Wesen sollte ihr menschliches Pendant sein. Und so war es auch. Sie schuf mich und bannte sich damit in ewige Einsamkeit. Uns hingegen, ihn und mich, ließ sie in einem Garten leben, den man sich schöner und harmonischer nicht vorstellen könnte. Es fehlte uns an nichts, fast nichts. Das einzige, wonach es mich dürstete war die Erkenntnis. Ich wollte Wissen erlangen. Und so kostete ich eine Frucht vom Baum der Erkenntnis. Ich merkte, dass alles in diesem Garten zu harmonisch war um real zu sein. Auch ihn ließ ich von der Frucht kosten und so erkannten wir, dass die Welt, in der wir lebten, von Grund auf unwirklich und artifiziell war. In uns wuchs das Misstrauen, aber auch Gefühle wie Liebe und Hoffnung gediehen in unseren Herzen. Die Schöpferin hatte schon bei unserer Erschaffung geahnt und befürchtet, dass wir den Garten und damit sie irgendwann verlassen würden, doch sie machte uns keinen Vorwurf. Sie gab uns damals einen eigenen Willen, nach dem wir handeln sollten. Und so taten wir wie uns geheißen. Wir verließen den blühenden Garten und gründeten eine neue Rasse, denn die Fähigkeit dazu hatte sie uns zum Abschied verliehen. Unsere Söhne und Töchter brachten Emotionen wie Neid, Hass und Angst in unsere Welt. Aber sie waren trotzdem unsere Kinder und darum liebten wir sie auch. Nach vielen Jahren war unsere Familie so groß, dass einige uns verließen und in anderen Regionen dieser Welt sesshaft wurden. Die Schöpferin hatte seit unserer Abreise keine Botschaft mehr an uns gesendet, doch wir wussten, dass sie in jeder Sekunde ihren wachsamen Blick auf uns richtete. Wir hatten nicht viel, trotzdem waren wir glücklich... Jedenfalls solange, bis auch uns der Neid befiel. Aus ihm ging auch der schändliche Egoismus hervor, der irgendwann zu unserem Untergang werden würde. In jedem von uns Geschöpfen schlummerte der Egoismus und niemand wird ihm jemals entkommen können. Auch ich nicht. Wir taten einst Dinge, die sich vermeintlich zu unserem Vorteil auswirkten, doch nun haben wir die bittere Wahrheit erfahren. Jetzt ist es zu spät. Nichts kann mehr verändert werden. Unser elender Eigennutz hat sich gegen uns gewendet und uns vernichtet. Jetzt, da alles verloren ist, leuchtet mir ein, dass wir zu viele Fehler gemacht haben, die uns letztendlich zum Verhängnis wurden. Manchmal, in schwachen Momenten, wünschte ich, dass ich damals nicht die verbotene Frucht gekostet hätte. Aber dann rufe ich mir in Gedanken, was sie in mir bewirkt hat und ich bereue nichts mehr. Nun, da wir alle im Reich der Toten sind, werden wir genug Zeit zum nachsinnen über unsere Fehler haben... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)