Mein wunderschöner Quälgeist von Blackmage ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Mein wunderschöner Quälgeist Autoren: Blackmage und Kränker Fandom: Crossover, Romantik, Shoujo-ai Warnungen: Shoujo-ai Diclaimer: Die verwendeten Charaktere in dieser Fanfiction gehören nicht uns, sondern den zuständigen Manga-ka, Produzenten, Spielefirmen und Buchautoren und wir distanzieren uns hiermit ausdrücklich von jeder Form des Anspruchs auf irgendeines der Copyrights. Diese Geschichte wurde ohne kommerzielle Absichten geschrieben. Kommentar: Hierzu gibt es nur zu sagen, dass diese Geschichte sich sehr von unseren anderen unterscheidet und dass wir wirklich mal was Ernsthaftes fabriziert haben :) Wer uns noch nicht kennt, hier die Weise, auf die wir Geschichten schreiben: Diese Geschichte ist über ICQ entstanden. Jeweils eine Leerzeile trennt die jeweiligen Abschnitte, die jeder von uns geschrieben hat. Unsere Nicks haben wir herausgelöscht, damit man das Ganze besser lesen kann. Im Gegensatz zu den Blödsinnsgeschichten beendet hier dieses Mal jeder seinen Satz und lässt ihn nicht für den anderen offen. Noch kurz woher die Charaktere sind: Rei Ayanami: Neon Genesis Evangelion Rikku: Final Fantasy X Dann kann's ja losgehen. Kapitel 1 Weihnachten Oder... Wie ich wieder einmal genötigt war an verflossene Bekanntschaften zu denken und mehrere unliebsame Begegnungen mit Rudolph machte. Siebzehnter Dezember. Bald würde es Weihnachten sein, das Fest der Liebe, ein Fest, das ich noch nie begriffen habe. Ich stand in einem kleinen Tante Emma Laden und kaufte wahllos Dinge ein. Meistens Dinge für Verwandte, an die mich die Weihnachtszeit zu denken nötigt und ein paar wenige Dinge auch für Freunde. Sehr wenige, zum Glück. Ich habe nicht viele Freundschaften, vermeide es welche aufzubauen. Freunde bedeuten Verpflichtungen, jeder neue Freund beansprucht dich zusätzlich und stielt dir deine Zeit und raubt dein Mitgefühl. Früher hatte ich einmal so etwas wie Freunde, doch das ist lange her. Ich schmiss gedankenverloren Schnapsflaschen und überspitzten Kitsch in meinen Einkaufswagen und wusste, wie sehr ich mich zu Hause darüber ärgern würde, überhaupt etwas eingekauft zu haben. Das kleine Bleistifthäkchen in meinem Notizbuch, mit dem ich meine sogenannten Freunde kategorisch abhake und mich in der wundervollen Sicherheit wiegen kann, mal wieder an sie gedacht haben zu müssen. Mit vollem Wagen ging ich schließlich zur Kasse. Die Verkäuferin beäugte mich kurz, war verwundert über den vielen Schnaps und die Pralinen, doch ich ging nicht auf sie ein. Ich kaufte irgendetwas. Früher zermaterte ich mir oft den Kopf darüber, was ich schenken sollte. Heute weiß ich, dass nicht das Geschenk zählt, sondern allein die Tatsache geschenkt zu haben. Schund tut es daher auch, vor allem für meine Bekanntschaften. Die Verkäuferin packte all meine Einkäufe in zwei Plastiktüten. Ich bezahlte und verließ den Laden. Draußen schneite es. In dicken Weißen Flocken viel der Schnee vom Himmel und breitete sich wie eine Decke über die Häuser und Straßen von London aus. Mit langsamen Schritten machte ich mich af den Weg zur U-Bahnstation und betrachtete dabei die Weihnachtsdekorationen, mit denen die Häuser und Straßen dekoriert waren. Alles war bereit für Weinachten das so genannte "Fest der Liebe". Ich frage mich, wieso ich zum Fest der Liebe überhaupt etwas verschenken soll, Liebe ist etwas das ich nie erfahren habe. Auch die leuchtend bunte Dekoration vermochte nichts an meiner Haltung zu ändern. Nicht mal ein Rudolphimitat, das mit rot aufleuchtender Nase vor einem Kaufhaus Weihnachtslieder vom Tonband sang und dabei dämlich grinste. Wozu stellt man so etwas auf? Im Grunde wissen wir alle, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, ergo ist auch der Rentierstuss vollkommener Blödsinn und zeugt höchstens von der Nostalgie und Mythensucht der Einwohner hier in London. Wer wirkliche Weihnachtsdekoration will, soll Krippen aufstellen, zumindest diejenigen, die gläubig sind. Krippen, und Stinkende Esel und anstatt einem Singenden Rudolph besser einen Fernseher mit Videorekorder der ununterbrochen Geburtsszenen zeigt. Aber natürlich macht das keiner, es lässt sich nicht verkaufen. Die göttliche Botschaft kann noch so viel Bedeutung haben, solange Lichterketten und dicke, rotgekleidete Männer mit weißen Bärten die Kassen zum klingeln bringen, wird so gut wie keiner daran danken. Schade eigentlich. Obwohl ich nicht besonders gläubig bin vertrete ich doch eher diesen Standpunkt, alle den ewigen Kommerzmüll unserer Gesellschaft. Ich ignorierte Rudolph dann so gut ich konnte und wurde fast von einer Horde Kinder umgerannt. Unerträgliche Weihnachtszeit. Wenig später, erreichte ich schließlich die U-Bahn und besah mir die Fahrpläne. Die nächste U-Bahn nach Whitechapel würde in zehn Minuten abfahren. Ich ging zum Bahnsteig und setzte mich dort auf eine der Bänke. Ich lies meinen Blick umherschweifen, er viel zuerst auf meine Tüten mit den Einkäufen, dann auf einen der vielen Papierkörbe die hier herumstanden. Vielleicht sollte ich meine eingekauften Geschenke wegwerfen, dachte ich mir. Als ich vor zwei Jahren nach London gezogen bin wollte ich meine Vergangenheit hinter mir lassen. NERV, EVA, die Engel. Ich wollte alles hinter mir lassen, es vergessen. Doch letztes Jahr an Weinachten waren Postkarten und Pakete von meinen sogenannten "FREUNDEN" aus Neo-Tokyo 3 gekommen. Ich hatte sie alle ohne sie zu öffnen weggeworfen, doch ein paar Tage danach waren Anrufe von ihnen gekommen, wie mir denn ihre Geschenke gefallen hätten. Wegen Weinachten kann ich meine Vergangenheit nicht vergessen. Man sollte zu Weihnachtenn nur denen etwas schenken, die man auch liebt, dann hätte ich meine Ruhe und müsste niemandem etwas schenken, denn ich Liebe keinen von ihnen. Weder Shinji noch Gendo noch jemand anderen, ich empfinde für keinen Menschen Liebe. Gegen halb zehn kam dann der Zug und ich stieg ein. Wie immer war der Zug randvoll, kein Sitzplatz mehr übrig und die Fahrgäste natürlich alles andere als kooperativ. Wenn durch Zufall etwas Bewegungsfreiheit entstand, war das schon etwas Besonderes. Die Menschen vor und neben mir musterten mich, genau, wie ich es mit ihnen tat. Ein stilles, "sich kennen lernen", unsympathisch und kränkend für alle Sinne. Vor mir, ein stark Schwitzender Mann mit einem Buch in der Hand, dass er allerdings nicht las, er kam nicht dazu, wurde dauernd angerempelt, dennoch schlug er seine Lektüre nicht zu und ich fragte mich warum. Stillschweigend versuchte ich die Fahrt über mich ergehen zu lassen. Nach zwanzig Minuten stieg ich dann endlich aus. Von der U-Bahnstation bis zu meiner kleinen Wohnung in Whitechapel ist es ein Fußmarsch von höchstens zehn Minuten. Die Kälte trieb mich allerdings schneller voran. Am Mehrfamilienhaus angekommen schloss ich die Tür auf und öffnete den Briefkasten. Werbung, Rechnungen, dazwischen eine Rote Karte. Oh nein, bitte nicht, dachte ich mir und lies die Karte erst einmal in meinen Plastiktüten verschwinden. In meiner Wohnung, im dritten Stock angekommen entledigte ich mich des Mantels und besah den Anrufbeantworter. Shinji hatte angerufen. Ich löschte die Nachricht und fing an auszupacken. Heute habe ich Shinji als verkappten Homosexuellen in Erinnerung und vermeide den Kontakt mit ihm. Ich frage mich immer noch, weshalb er damals ausgerechnet mir seine Neigung gestehen musste. Ich wusste es nicht, und ich lies ihn dafür leiden, beachtete ihn einfach nicht weiter. Wahrscheinlich dachte er ich sei schwulenfeindlich, was ich nicht bin, trotzdem hat er es mir wohl immer noch nicht verziehen. Auch sein Anruf zu Weihnachten ist reine Formalität und daher sinnlos. Ich brauchte mir die Nachricht nicht anhören. Schließlich griff ich zur Roten karte und öffnete sie. Es war eine teure Karte, mit Elektronischem Schnickschnack drinnen, die beim öffnen eine Melodie spielen kann. Überraschenderweise blickte mir Rudolph zum zweiten Mal ins Gesicht und sang Jingle Bells. Ich sah mir den Absender an: Misato Katsuragi, und verstaute die Karte ungelesen in einer Schublade. Nachdem ich alle Einkäufe auf den Küchentisch gestellt hatte, holte ich aus einer anderen Schublade eine Schere, Geschenkpapier und Tesafilm. Auf dem Geschenkpapier waren kleine grüne Chrisbäume mit roten Schleifen und Christbaumkugeln abgebildet. Christbäume, ein weiterer Sinnloser Brauch der Weihnachtszeit. Die Menschen zerstören die Natur um ihren Drang nach geschmackloser Dekoration zu befriedigen. In einer Weihnachtsgeschichte, die ich vor langer Zeit einmal gehört hatte wurde behauptet, dass der Baum sich freue, so dekoriert zu werden. Ich aber bin mir sicher, wenn Bäume denken und fühlen könnten, hätten sie vor dieser Zeit Todesängste auszustehen. Ich fing an die Geschenke einzupacken. Pralinen für Ritsuko und Maya, Whisky für Gendo, Fuyutski, Aoba und Hyuga. Sollen sie sich doch mit dem Zeug tot saufen, ich würde ihnen keine Träne nachweinen. Für Major Katsuragi ein paar Flaschen englisches Bier und für Shinji und Asuka ebenfalls Pralinen. Ich bemerkte erst beim letzten Geschenk, dass ich Kaworu vergessen hatte. Shinjis Flamme. Ich stand auf und sah mich in meiner Wohnung um, ob ich ihm nicht irgendeinen Gegenstand schicken könnte, den ich nicht mehr brauchte. Ich entschloss mich dann dafür, ihm Misatos rote Karte zu schicken und überklebte ihren Namen mit einer der roten Schleifen des Geschenkpapiers. Danach schrieb ich meinen Namen einfach darüber. Das Einpacken hatte mich viel Zeit gekostet und obwohl ich Hunger hatte, war ich zu faul mir etwas zuzubereiten und ließ mich lieber in den Sessel sinken um ein wenig fern zu sehen. Groß war meine Wohnung nicht unbedingt, doch vollkommen ausreichend für mich. Ein großer Wohnraum, Küche und Bad mit Toilette, mehr brauchte ich nicht. Sie war gut finanzierbar, monatlich blieb mit genug Geld übrig, um meinen wenigen Hobbys nachzugehen. Ich zeichne gerne. Auf dem Sessel überfiel mich auf einmal das heiße Verlangen, einen Rudolph zu malen, der Gerade von einem Tannenbaum mit der Axt zu einem Schlitten für den Weihnachtsmann gehauen wird. Doch ich verwarf die Idee schnell. Ich hatte keine Zeit mehr. Schnell schmiss ich mir ein paar Kekse in den Rachen, zog den Mantel wieder an und verließ die Wohnung. Auf halben Weg zur U-Bahn bemerkte ich, dass ich meine Uniform vergessen hatte. Als ich sie geholt hatte war die Bahn schon losgefahren und so musste ich mich ins Auto setzen und selber zum Museum of London fahren. Manchmal war der Beruf schon lästig. Mit der Hoffnung, doch noch rechtzeitig anzukommen, fuhr ich schließlich los. Ich kam noch rechtzeitig an, parkte mein Auto auf dem Parkplatz für Angestellte und betrat die große Eingangshalle des Museums. Tom Derens, der Manager des Museums grüßte mich kurz, ich erwiderte seinen Gruß beiläufig und betrat dann den Umkleideraum. Ich zog meine Uniform an und ging dann in den bereich des Museums, der sich mit dem Großen Feuer von London im Jahre 1666 beschäftigte. Es war still am Nachmittag und ich wünschte mir, heute für einen anderen Bereich eingeteilt zu sein. Ab und an kamen einige Leute in die Nähe meines Bereiches doch ich erkannte schnell, dass sie kein Interesse für dieses Ereignis hegten. Anscheinend besuchten heute nur normale Leute das Museum. Mit der Zeit bekommt man einen Blick dafür, wer sich was erzählen lässt und wer nicht. Einige Leute hingegen bringen es nur fertig, Aufmerksamkeit oder geheucheltes Interesse nur dann vorzubringen, wenn die Führungskraft sich ihnen quasi aufzwängt. Ich erweise mich als unfähig dazu und das aus gutem Grund. Wer nichts wissen will, den lässt man auch unwissend. Meine Kolleginnen sehen das anders. Anna Smith zum Beispiel, eine Kollegin in meinem alter, stürzt sich auf jeden, der in ihre Nähe kommt. Wie ein wilder Hai versucht sie den Leuten ihr Wissen aufzuzwängen und viele sind davon genervt. Seltsamerweise ist es genau das, was Tom Derens an ihr schätzt. Ich zog weiter meine Runden, bis dann eine Frau, etwa mittleren Alters meinen Bereich betrat und tatsächlich Anstalten machte, mich anzusprechen. "Junge Frau, was können sie mir über dieses Ereignis erzählen? Ich finde es brennend interessant und will so viel wie möglich darüber wissen, verstehen sie?" Sie lächelte und es kam mir gekünstelt vor. Aus Solidarität lächelte ich zurück und ärgerte mich danach sofort über mich selbst, was ich aber nicht zeigte, sondern durch meine Erklärungen und übertriebene Körpergestik zu überspielen versuchte. Wie ein Tonband erzählte ich der Frau alles was sie wissen wollte. Als ich mit meiner Erklärung fertig war verließ sie diesen Bereich des Museums. Es kamen an diesem Nachmittag noch zwei bis drei weiter Besucher, die vorgaben sich für das "London Feuer" zu interessieren und auch ihnen erzählte ich genau das gleiche. Um 19 Uhr endete meine Schicht, ich zog mich wieder um stieg in mein Auto und fuhr zurück nach Whitechapel. Abends zog ich mich nur um und machte mich bettfertig. Auf der Fahrt klingelte mein Handy. Anna rief an, sie wollte mich zu einer Party einladen, doch ich sagte ab. Gespielt fröhlich meinte sie, ich sei ein Partymuffel und ich gab ihr Recht. Schmollend legte sie das Telefon auf. Ich sah noch etwas fern, bevor ich dann schlafen ging. Morgen hätte ich Frühschicht, da ging ich immer zeitig zu Bett. Ich ignorierte meine Gedanken und das Quietschen des Bettes meiner Nachbarn und versuchte einzuschlafen. Herr und Frau Slegers, die erwähnten Nachbarn, hatten regelmäßig Sex und ich war meistens die Leidtragende. Ungewollt kam mir im Bett der Gedanke an mein eigenes Sexleben. Nüchtern, wie alles andere, doch ich schämte mich nicht dafür, wozu auch. Etwa eine halbe stunde später war ich dann eingeschlafen. Kapitel 2: ----------- Kapitel 2 Ein recht normaler Arbeitstag Oder... Wie mich ein Quälgeist zum ersten Mal in meinem Beruf total verwirrte und ich an einer schrecklichen Betriebsweihnachtsfeier teilnehmen musste. Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker um sieben Uhr. Ich hatte an diesem Tag Frühschicht im Museum. Ich stand auf, duschte mich schnell, zog mich an. Während ich Frühstückte fiel mir ein, dass an diesem Abend ja die Weihnachtsfeier für die Angestellten des Museums war, an der ich leider teilnehmen musste. Ich verstand nicht, welchen Sinn es haben sollte, mit Arbeitskollegen Weihnachten zu feiern. Ich hatte es bisher erfolgreich vermieden mit meinen Arbeitskollegen in nähern Kontakt zu kommen, doch durch das Weihnachtsfest war ich gezwungen einen Abend mit ihnen auf einer lächerlichen Party zu verbringen. Mit einem Seufzen stand ich auf, stellte das Geschirr in den Abwasch und packte meine Uniform, sowie ein kleines Mittagessen für die Pause in eine Tasche. Danach zog ich meinen Mantel an und verließ die Wohnung. Unten im Hausgang sah ich nach, ob weitere unliebsame Post gekommen war, doch dieses mal verschonte mich der Postbote, zumindest am Morgen. Am Schwarzen Brett des Hauses hing das lachende Gesicht von Santa Claus und wünschte jedem Vorbeikommenden ein frohes Fest. Wahrscheinlich hatte der Vermieter ihn wieder aufgehängt, so wie jedes Jahr. Neben den paar Grüßen und Karten zu Ostern und weiteren Feiertagen, war das, zusammen mit den monatlichen Mietbeträgen auf seinem Konto so ziemlich der einzige Kontakt, den er mit den Mietern pflegte. Er kam auch selten vorbei, ließ das Meiste einfach den Hausmeister erledigen. Die Fahrt mit der U-Bahn war wieder unerträglich. London am Morgen ist wie ein Ameisenhaufen wenn Gefahr droht. So viele Menschen sieht man selten auf einem Haufen. Von der Station zum London Museum war es ein kurzer Fußmarsch, doch der hohe Schnee und der kalte Wind machten selbst den kleinen Weg zu einer Qual. Als ich ankam klärte mich Derens zuerst über meinen Bereich auf. Meine Schicht wurde geändert. Statt dem Viktoranischen England durfte ich Heute den Jack The Ripper Bereich übernehmen. Eine Klasse von Collegestundenten würde diesen Vormittag kommen und Derens teilte mir grinsend mit, dass das kalte Flair dieses Themas durch meine kalte Art gut rüberkommen würde. Ich zwang mit ein Lächeln ab und verschwand dann in die Personalräume, um mich umzuziehen. Jack the Ripper, ich bin mir sicher, dass die Menschen, die sich für dieses Thema ach so brennend interessieren, dies nicht aus historischem Interesse tun, sondern nur um ihre schwarze Ader zu befriedigen. Nachdem ich mich umgezogen hatte machte ich mich auf den Weg zum Jack the Ripper Bereich. Dieser Bereich des Museums war, passend zum Thema, extrem düster gestaltet. Man hatte versucht, die Atmosphäre von Whitechapel vor ungefähr 150 Jahren einzufangen, düstere, neblige Gassen, schmutzige Straßen, alles was zu einem vorzeige Armenviertel gehört. Der Jack the Ripper Themenbereich war in drei Abschnitte gegliedert: Der erste Abschnitt befasste mit den Opfern, der zweite mit möglichen Verdächtigen und der dritte behandelte das Thema der so genannten "Königlichen Verschwörung." Der Opferbereich enthielt viele anschauliche Fotos der Leichen und die Autopsieberichte der Ärzte, die die Leichen untersucht hatten, eine vollkommene Geschmacklosigkeit. Um elf Uhr trafen die Studenten des South Chelesa College ein und wurden von mir in Empfang genommen. Gelangweilt, aber darauf bedacht, es nicht zu zeigen, spulte ich zuerst mein Begrüßungsprogramm herunter und begann schließlich meine Führung. Die Studentengruppe war recht klein, vermutlich ein Kurs aus einer höheren Stufe. Es waren in etwa gleich viele junge Männer und Damen in dem Kurs, welche, trotz des relativ hohen Alters, das natürliche Klischeeverhalten an den Tag legten. Die meisten Jungen besahen sich voller Eifer die Fotos und schienen geradezu erstaunt. Wahrscheinlich kamen sie sich wie in einem interaktiven Splatterfilm vor und warteten darauf, dass ich sie von Hinten mit ein paar Messern in der Hand zu Tode erschrecken würde, einfach nur der Unterhaltung wegen. Glücklicherweise bleib es mir erspart, solche Aktionen durchführen zu müssen. Im Gegensatz zum männlichen Teil des Kurses wagte der Großteil meines Weiblichen Publikums nicht einmal die Fotos aus der Nähe anzusehen. Auch meine Schilderungen schienen ihnen ans Herz zu gehen und es machte mir Spaß, einige Ausführungen blutrünstiger auszuschmücken, als ich es sonst tat. Die Grausamen Taten des Rippers rückten nur insofern in den Fordergrund, als das wir genauer auf die Opfer zu sprechen kommen würden. Da das Interesse vorläufig aber rein in die Unterhaltungsrichtung ging, bemühte auch ich mich kaum, das Schrecken und Grauen der Massenmorde authentisch rüberzubringen, es hätte sowieso kaum was gebracht obwohl die Morde des Rippers nicht einmal annähernd zum positiven Erstaunen, als eher zum Erschrecken anregen sollten... Aber die Welt war nun mal so gepolt. Vielmehr erschreckte mich dann die Frage einer jungen Dame, wie meine Haltung zu dem Rippermorden sei. Vorwitzig lächelte sie mir mit ihren geschminkten, glänzenden Lippen ins Gesicht und rückte mit der rechten Hand ein paar Haarsträhnen zurrecht. Ich wusste nicht, was diese Frage bringen sollte, doch immerhin war sie von einem anderen Schlag als die üblichen Fragen. - War die Klinge jetzt 15 oder 18 cm lang?- "Meiner Meinung nach sind diese Morde einfach das Werk eines Psychopaten, der Spaß am Töten hatte, aber das tut jetzt hier nichts zur Sache, sie wollen sich schließlich ein eigenes Bild zu den Morden machen und nicht meine Meinung dazu hören." Die Junge Frau erwiderte nichts auf meiner Antwort aber sie hatte noch immer dieses vorwitzige Lächeln im Gesicht. Im nächsten Abschnitt schien es als hätte man die gesamte Gruppe umgepolt. Fast alle männlichen Gruppenmitglieder sahen sich gelangweilt die Fotos er möglich Verdächtigen an und lauschten halbherzig meinem Bericht. Die weiblichen Teilnehmer schien es sehr zu interessieren, welche möglichen Tatverdächtigen es gab. Ich leierte weiter mein Wissen herunter und ermahnte einen der Studenten, als er sein Desinteresse in einem ausgiebigen Gähnen zur schau stellte. Er wurde pampig und beschimpfte mich als verrückte und verklemmte Museumsfotze ohne Verständnis, woraufhin ich ihn sofort aus dem Museum schmiss. Das Mädchen mit dem selbstgefälligen Grinsen lächelte mich weiterhin an. Sie machte mich nicht wirklich nervös, doch irgendwie war ihre Anwesenheit mir unangenehm. Nach der Führung entließ ich die Studenten mit der Erlaubnis, sich noch weiter im Jack the Ripper Bereich umsehen zu dürfen und natürlich würde auch ich für eventuelle Fragen noch bereitstehen. Zu meinem Leidwesen kam die grinsende Schülerin, die mich dauernd anstarrte zu mir und besah sich zuerst grinsend meine Uniform und dann mein kleines Namensschildchen an der linken Brust. "Nun, Frau... Ayanami, wie ist die Arbeit hier so im Museum?", fragte sie lächelnd und strich sich erneut einige Haarsträhnen zurück. Was für eine seltsame Frage... "Gut.", antwortete ich, halb gelogen und begann dann meine Streife, wie ich es nannte. Aufpassen, dass nichts kaputt gemacht wird. "Verdienen sie hier gut?" Wieder eine äußerst sinnlose Frage und ihr belustigter Unterton in ihrer Stimme nervte mich irgendwie. "Ja.", sagte ich nur. Ich ging weiter und sie führte ihre unnütze Fragerei fort. Ich blieb einsilbig und hoffte, sie dadurch abwimmeln zu können, doch es klappte nicht. "Sind sie nicht hier, um etwas über Jack the Ripper zu erfahren, Miss...?", fragte ich schließlich. "Rikku.", antwortete sie. Eine kurze, unangenehme Stille trat ein aber ich tat nichts um sie enden zu lassen. Ich hatte es mir schon vor langem abgewöhnt Redepausen durch irgendwelche belanglosen Fragen oder Aussagen zu füllen, sie machen einen lächerlich. "Was ist denn, wenn ich viel lieber etwas über sie erfahren möchte, Miss Ayanami?", fragte sie, natürlich grinsend, und warf mich zum ersten Mal seit Beginn meines Jobs aus der Bahn. "Miss Rikku, ich muss sie bitten solche Fragen zu unterlassen, wenn sie noch Fragen bezüglich Jack the Ripper haben stellen sie mir diese bitte, ansonsten bitte ich sie, mich nicht weiter bei meiner Arbeit zu stören." Für einen kurzen Augenblick huschte ein enttäuschter Ausdruck über ihr Gesicht, der jedoch sofort wieder durch ihr selbstgefälliges Grinsen ersetzt wurde. "Nun denn, Miss Ayanami, dann will ich sie nicht weiter stören, aber ich bin sicher wir werden uns wieder sehen." Mit diesen Worten verschwand sie aus dem Jack the Ripper Bereich. Eine halbe Stunde später hatte ich Pause und zog mich in den Aufenthaltsraum für Angestellte zurück. Diese Rikku hatte mich ziemlich aus der Fassung gebracht, wieso wollte sie etwas über mich wissen. Die einzigen Mensch die sich bisher für mich interessiert hatten waren Gendo und Shinji gewesen. Anne kam herein und meinte ich säße da, wie ein nasser Sack. Ich ignorierte sie und knabberte an meinem Mittagessen herum. Kurz nach zwei Uhr nachmittags endete meine Schicht und ich fuhr nach Hause. Heute Abend würde die Weihnachtsfeier des Betriebes stattfinden und ich verspürte große Lust, einfach nicht hinzugehen. Die Schuld gab ich dieser Schülerin. Normalerweise ist das Verhältnis zwischen Besucher und Führungskraft ein distanziertes, doch das Mädchen, Rukku, hatte da scheinbar eine ganz andere Einstellung. Die Feier startet um halb neun, den Nachmittag hatte ich also frei und mir war langweilig. Ich packte einige Zeichenutensilien zusammen, stieg in mein Auto und fuhr etwas auswärts. Auf einem kleinen Hügel baute ich meine Staffelei auf und versuchte die Winterlandschaft zu malen, zumindest so gut ich konnte. Kalte Farben, weiß und helles Blau, dazu der Himmel mit gräulichen Wolken, aufgehellt durch eine dezent gelb scheinende Sonne. Je weiter man nach hinten sieht, desto blauer wird alles. Verblauung, ein Optisches Erlebnis und ich versuchte, es auf dem Bild mit einzufangen. Als mir Plötzlich die glänzenden Lippen und die blonden Haare der Schülerin ins Gedächtnis kamen setzte ich den Pinsel sofort ab und packte meine Sachen zusammen. Ich fühlte mich verärgert, doch scheinbar ohne Grund. Ich fuhr noch etwas weiter raus und setzte mich in ein kleines Gasthaus, wo ich einen Tee trank. Wieso verfolgte mich diese Schülerin in meinen Gedanken? Eine Person die ich nicht einmal richtig kannte, wie konnte das sein? Und vor allem, was sollten ihre letzten Worte? "Ich bin sicher wir werden uns bald wiedersehen." Während ich vom Fenster aus die Schneeflocken beobachtete, versuchte ich auf all diese Fragen eine Antwort zu finden doch es gelang mir nicht. Zwei Stunden später fuhr ich nach London zurück, in meiner Wohnung setzte ich mich etwas vor den Fernseher und versuchte mich abzulenken doch es war mir nicht möglich, das Gesicht dieses Mädchens aus meinen Gedanken zu verbannen. Das war einfach nur lächerlich! Ich ärgerte mich zutiefst über mein Verhalten. Meine über drei Jahre hinweg aufgebaute Sicherheit wurde durch eine kleine Rotznase einfach auseinander geschlagen. Ich vergrub mein Gesicht in der rechten Hand. Rotznase? "Himmel, die ist doch kaum jünger als ich gewesen...", redete ich irgendeine imaginäre Person an. Vielleicht war es ihr Alter, das meinem gleichen musste. Ich schätzte sie auf 17, wesentlich älter war ich auch nicht. Bei jüngeren hätte ich es für einen Scherz gehalten, bei älteren vielleicht für eine art Spiel, um mich aufzuziehen. Derens machte öfter anzügliche Bemerkungen über meinen Hintern und meinte, als ich ihn fragte weshalb er das tat, dass er es nicht wüsste. Vielleicht habe es mit seiner alten Fregatte zu Hause zu tun, lachte er, und er würde wohl nie aufhören können, mich derart zu belästigen. Bei ihm machte es mir allerdings nichts aus, es war gang und gebe, er war ein Mann Mitte 40, der einfach noch etwas Spaß wollte, ich hatte keine Probleme das zu akzeptieren. Ich versuchte Rikku aus meinem Kopf zu verbannen indem ich mir eine Garderobe für die Weihnachtsfeier zusammenstellte. Eine schwarze Hose aus feinem Stoff, edel geschnitten, dazu den passenden Blazer. Ich überlegte mir, eine weiße Bluse darunter zu tragen, verwarf den Gedanken allerdings und entschied mich für eine Hellblaue, um etwas Farbe hineinzubringen. Ich fürchtete, die anderen könnte ein schwarz weiß Outfit nur stören. Da ich keine Krawatten oder ähnliches hatte nahm ich einfach ein Weinrotes Tuch, zog es durch den Kragen der Bluse und band einen Knoten hinein. Vor dem Spiegel kam ich mir vor wie eine aufgedunsene Geschäftsfrau, doch es musste nun mal sein. Meine Haare steckte ich mit einigen Klammern nach oben und ließ ein paar Strähnen trotzdem noch nebenher fallen. Make up trug ich keins auf. Ich setzte mich schließlich in meinen Wagen und fuhr los. Die U-Bahn schien mir unangebracht, vor allem bei diesem Aufzug. Ich kam ein paar Minuten nach halb neuen an. Der Raum für die Weihnachtsfeier war genauso geschmacklos dekoriert worden wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Wände waren mit roten Schleifen behangen und überall standen kleine Bäume mit blauen und lila Kugeln rum. Es gab ein Büffet mit allen möglichen Salaten und Cocktailhappen und aus den Lautsprechern ertönte das Lied "Santa Clause is coming to town". Ich setzte mich an einen freien Tisch und versuchte den Trubel über mich ergehen zu lassen. Mann sagt, die Weihnachtszeit sei die Zeit der Stille, doch diese Feier wurde dem Ruf nicht gerecht. Nach einer Stunde waren einige meiner Kollegen betrunken oder saßen total überfressen auf ihren Plätzen. Ich bemerkte, dass der Alkohol bei Anna die Hemmschwelle offenbar weit herab gesetzt hatte, denn sie versuchte tatsächlich sich an Tom Derens ranzumachen und dieser schien dem nicht abgeneigt zu sein. Ich schüttelte den Kopf. Mr. Derens konnte von Glück sagen, dass seine Frau an diesem Abend nicht anwesend war. Aber ich war mir nicht mal sicher, ob diese "alte Fregatte", überhaupt irgendetwas dagegen gesagt hätte. Wahrscheinlich hätte sie sich ausgezogen und mitgemacht, um am nächsten Morgen alles auf den nicht konsumierten Alkohol zu schieben und ihre Darbietung als sexuellen Aufschwung in ihrer Beziehung interpretiert. Bei diesem Gedanken musste ich leicht grinsen. Paul, ein Kollege, setzte sich zu späterer Stunde noch zu mir und erzählte mir wie es mit seiner Freundin im Bett zur Zeit laufe. Er war betrunken und daher lies ich ihn einfach reden. Gegen zwölf Uhr ging die Feier dann auf ein vorläufiges Ende zu. Da Derens mit Anna irgendwann mal verschwunden war fühlte sich keiner verantwortlich die Party auch nur ansatzweise mit irgendeiner Struktur zu versehen und so kam mir unsere edle Weihnachtsfeier am Ende wie einer Ballermannparty vor. Und dafür hatte ich mich extra in Schale geschmissen. Kurz nach eins wurde es mir dann zu viel und ich verschwand und war froh, dass es keiner merkte und mich zum da bleiben zwingen würde. Ich stieg in mein Auto und fuhr zurück in meine Wohnung. Zumindest hatte die Feier den Vorteil gehabt, dass ich wenigstens für eine Weile Rikku aus meinen Gedanken hatte löschen können, doch nun, auf meiner Heimfahrt tauchte ihr süßes Gesicht wieder in meinen Gedanken auf. Ihr Süßes Gesicht...??? Wie konnte ich so etwas nur denken. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie einen Menschen attraktiv oder süß gefunden. Total durcheinander erreichte ich schließlich meine Wohnung, alles was ich wollte war ins Bett und schlafe. Ich wusch mich schnell, zog meinen Schlafanzug an und ließ mich erschöpft ins Bett fallen. Doch auch in meinen Träumen erschienen mir glänzende Lippen und Blonde Haare. Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 Der Besuch Oder... Wie ich eine alte Bekannte wieder sah und ein schreckliches Erlebnis mit einem Fischmenü machte. Die nächsten Tage hatte ich frei. Über Weihnachten und Neujahr was das Museum geschlossen und die meisten Mitarbeiter verbrachten ihren Urlaub im Süden, irgendwo, wo es eben nicht schneite. Ich verzichtete auf so eine Reise und blieb stattdessen in London. Wie immer stand ich auch an meinen freien Tagen früh auf und besah meinen Terminkalender. Heute Nachmittag sollte ich Maya besuchen, eine Ex-Angestellte Bei NERV und im Grunde eine gute Bekannte. Ich hatte keine Lust hinzugehen, doch die Tatsache, dass sie als einzige meiner alten Bekannten so nah an London wohnte stimmte mich, zusammen mit ihrem langen Bitten und Betteln, dann doch milde und ich entschied mich, zu ihr zu fahren. Immerhin könnte ich ihr schon das Geschenk mitbringen, das ich für sie gekauft hatte. Den Vormittag verbrachte ich allerdings mit einkaufen. Ich fuhr mit dem Wagen, da ich keine Lust hatte schon wieder mit vollen Taschen in der Bahn zu stehen, wo mir wohlmöglich noch jemand etwas klaute. Ich entschied mich zum Piccadilly Circus zu fahren, da sich dort mein bevorzugtes Zeichenutensiliengeschäft befand und ich benötigte dringen neue Farben und Pinsel, da ich mich während meinen freien Tagen sicher etwas ausgiebiger meinem Hobby widmen würde als sonst. Ich parkte mein Auto und ging die Piccadilly Street hinunter. Wie immer war die Straße mit Leuten überfüllt, die von Geschäft zu Geschäft gingen. Wahrscheinlich waren die meisten von ihnen Touristen oder Leute, die nach Weihnachtsgeschenken Ausschau hielten. Die Hektik um mich herum ignorierend ging ich weiter und besah mir auf meinem Weg die vielfältigen Dekorationen der Geschäfte. Wenig später berat ich dann das "House of modern Art" und sah mich um. Ich fühlte mich in diesem Geschäft seltsam wohl. Die Verkäuferinnen kamen schon lange nicht mehr auf mich zu um mich zu beraten, da ich ihnen unmissverständlich klar gemacht hatte, dass ich für mich selber entscheiden konnte: Durch pure Ignoranz und ein paar Erklärungen. Ich kaufte neues Weiß und zudem weitere kühle Farben, Farben des Winters. Eine Tube fiel mir ins Auge und ich nahm sie aus dem Regal. Die Farbe war seltsam, fleischfarben und doch irgendwie rosarot, fast wie die Lippen der Collegestudentin am Tag davor. Nahezu panisch legte ich die Tube wieder zurück, legte im Gegenzug ein paar andere in meinen Einkaufskorb, dazu einen weiteren Block, Verdünnungsmittel und ein paar Pinsel. Ich zahlte schnell und verließ keuchend das Geschäft. Ich atmete tief durch und lief dann weiter, direkt zum nächsten Supermarkt. Während ich durch die Regalreihen lief und dabei Obst und Gemüse in meinen Einkaufswagen legte ging nur ein Gedanke durch den Kopf: Wieso konnte ich diese Rikku nicht aus meinem Gedächtnis verbannen, es war fast so als hätte man ihr Bild mit einem Brandeisen tief in mein Gedächtnis gebrannt. Seit gestern suchte sie mich in meinen Gedanken heim, sogar in einem Traum, den ich letzte Nacht hatte, sah ich ihr Gesicht. Während ich meine Lebensmittel bezahlte, versuchte ich mir einzureden, dass das nur daran lag, weil sie mir gestern so ungewohnte Fragen gestellt hatte, aber irgendetwas in mir sagte, dass dies nicht der Grund gewesen sei. Ich verließ den Supermarkt und wollte mich zurück zu meinem Auto begeben, als mein Blick plötzlich auf ein Geschäft auf der anderen Straßenseite viel. Es war die Borders Buchhandlung, eine der größten Buchhandlungen Londons ich verspürte plötzlich Lust, mich darin etwas umzusehen. Ich betrat die Buchhandlung und wurde sofort von einer Mitarbeiterin gegrüßt. Mir kam es vor als wollte sie mir an den Hals springen um mir zur Weihnachtszeit einige Bücher unterzujubeln doch ich sagte ihr, dass ich mich selbstständig genug fühle, alleine zu suchen. Verschiedene Teilbereiche der Bücherei sah ich mir durch, Unterhaltungsliteratur, Lyrik, dazwischen Sach - und Wissensbücher. Mein Interesse galt den Büchern über Kunst und ich blätterte einige durch, bis ich einen Blick im Nacken spürte. Ich wusste nicht was es war, nur, dass mich jemand zu beobachten schien. Ich drehte mich um und wünschte mir sofort, nie die Buchhandlung betreten zu haben. Einige Schritte vor mir stand tatsächlich wieder diese Rikku. Sie trug eine ziemlich dicke Daunenjacke, weiß mir blauen Längsstreifen am arm und den Markenschriftzug in Brusthöhe. Sie lächelte wieder. Ihr Gesicht war leicht gerötet und etwas feucht, wahrscheinlich kam sie direkt von draußen. Wir starrten uns eine Weile an, bis es mir dann zu blöd wurde und ich mich wieder den Büchern widmete, mit der Hoffnung, sie würde mich einfach in Ruhe lassen. Ich begann mich immer unbehaglicher zu fühlen als sie näher schritt und fing an, mir die Bücher im Regal nebenan durchzusehen. In diesem Regal befanden sich Bildbände mit Zeichnungen des Viktorianischen Englands. Ich bemühte mich, nicht in ihre Richtung zu blicken, doch konnte ich spüren, wie sie ab und zu in meine Richtung blickte. Ihr Satz ging mir wieder durch den kopf: "Was ist denn, wenn ich viel lieber etwas über sie erfahren möchte, Miss Ayanami?" Wieso wollte sie etwas über mich erfahren, dieser Gedanke lies mir keine Ruhe. Ich drehte mich weg, um ihr zumindest nicht mehr ins Gesicht sehen zu müssen, doch es war zwecklos. "Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen sie verstecken sich vor mir, miss Ayanami.", grinste sie. Das war eindeutig zu viel, nicht, dass ihre Anwesenheit mich einfach verwirrte, sie schien es auch noch genau zu wissen. Sie machte mich krank. "Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen sie sind ziemlich aufdringlich... Rikku.", antwortete ich. "Nur Rikku bitte.", meinte sie, "Das "sie" können wir doch weglassen oder? Immerhin sind wir beide nicht so alt, das wir uns gegenseitig siezen müssten." Sie grinste immer noch. Sie zu duzen brachte mich nur noch mehr in Kontakt mit ihr. Das "sie" ist unpersönlich und distanziert, daher bevorzuge ich diese Art der Anrede, und jetzt wollte Rikku einfach auf das "du" umsteigen. Ich antwortete nicht und es schien sie nicht zu stören, scheinbar ignorierte sie es einfach. "Wie ist dein Vorname?", fragte sie schließlich und erntete einen verstörten Blick von mir. "Aus welchem Grund wollen sie das wissen?" Ich brachte es nicht über mich sie zu duzen, ich wollte es einfach nicht, weil ich so fürchtete in näheren Kontakt mit ihr zu kommen. "Nun ja, ich finde es ist netter jemand mit Vornamen anzureden, dass ist nicht so formal.", war ihre Antwort. "Mir wäre es lieber, wenn wir es bei der formalen Anrede belassen würden." Nicht gewillt mich auf weitere Konversationen mit ihr einzulassen griff ich den Bildband aus dem Regal, für den ich mich entschieden hatte und machte mich auf den Weg zur Kasse. Zu meiner Überraschung rief Rikku mir ein fröhliches "Auf Wiedersehen" hinterher. Ich bezahlte mein Buch und machte mich auf dem schnellsten Weg zurück zu meinem Auto. Völlig aufgekratzt schmiss ich meine Einkäufe ungeordnet in den Kofferraum, schloss diesen, riss die Fahrertür auf und startete den Motor. Auf der Fahrt zurück nach Hause konnte ich mich kaum auf den Verkehr konzentrieren, weshalb ich eine weniger befahrene Straße wählte, welche zwar meinen Nach Hause Weg verlängerte, aber weniger gefährlich in meiner Situation war. An einer Ampel atmete ich laut aus und fragte mich, wie ich mich eigentlich grad verhielt. Es erinnerte mich an eine Schulkameradin welche von einem Jungen zum ersten Mal angesprochen wurde, in den sie tierisch verliebt war. Sie verhielt sich ebenso aufgekratzt und konnte den ganzen Tag an nichts anderes mehr denken. Meine Hände zitterten. Zu Hause parkte ich den Wagen, verstaute die herausgefallenen Einkäufe wieder in den Tüten und betrat das Haus. Vor meiner Wohnungstür stand ein Geschenkpaket mit Absender Shinji Ikari. Ich verdrehte die Augen und schloss die Wohnung auf. Auf dem Geschenk stand groß und breit, dass ich es nicht vor Weihnachten öffnen sollte, neben die Schrift ein grinsendes Männchen gemalt. Ich stellte das Geschenk einfach auf den Tisch und verstaute dann meine Sachen. Mit ein paar Worten hatte Rikku es geschafft, mir die Selbstsicherheit und Gefühlskälte zu rauben die ich während all der Jahre aufgebaut und aufrechterhalten hatte. Und wieso wollte sie mich unbedingt duzen und meinen Vornamen wissen? hatte sie etwa vor sich mit mir anzufreunden? Obwohl ich so abweisend ihr gegenüber war? Bisher hatte noch nie jemand versucht sich ernsthaft mit mir anzufreunden und ich verspürte auch nicht den Drang, mit irgendjemand eine enge freundschaftliche Beziehung einzugehen. Am allerwenigsten mit so einer aufdringlichen Person wie Rikku. Ich setzte mich mit einer großen Schüssel Kekse eine Weile vor den Fernseher und redete mir einfach ein, dass irgendwas mit mir nicht in Ordnung war und dass Rikku nicht den geringsten Einfluss darauf haben würde. Als mir wieder auffiel, wie kindlich und dumm ich mich verhielt stand ich ruckartig auf und lies die Schüssel auf de Tisch knallen, sodass einige Kekse rausfielen. Ich ging ins Badezimmer. Vor dem Spiegel sah ich mich lange an und versuchte aus meinen tiefroten Augen eine Antwort zu lesen. "Bin das ich?" Sofort senkte ich den Kopf, ich führte wieder Selbstgespräche. Gelegentlich neige ich dazu, es ist angenehm eine Stimme um sich zu haben, auch wenn es die Eigene ist, doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es schlimmer wird, wenn ich nervös bin oder mich gestört fühle, es ist eine schreckliche Angewohnheit. Erneut sah ich mich an. Vielleicht redete ich es mir ein aber ich glaube, man könne in meinem Gesicht den Stress quasi ablesen, also lies ich mir ein Bad ein. Während das Wasser lief packte ich einige Sachen in eine Tasche. Nachmittags würde ich zu Maya fahren, sie hatte mich, wie gesagt, schon eingeladen. Ich packte ihr Geschenk und ein paar Liköre ein, die mir der Besitzer des Tante Emma Ladens immer mit gab. Wenig später entkleidete ich mich und stieg in die warme Badewanne. Das warme Wasser war angenehm und entspannte meinen Körper. Ich schloss die Augen und versuchte so meiner Seele auch die nötige Entspannung zu verschaffen. Wie groß konnte schon die Chance sein, Rikku wieder zu sehen, London ist eine riesige Stadt, in der Millionen Menschen leben. Das heute in der Buchhandlung war nur reiner Zufall gewesen und mit etwas Glück würden solche unangenehmen Zufälle sicher in Zukunft ausbleiben. Plötzlich jedoch zuckte ein anderer Gedanke durch meinen Kopf. Vor einiger Zeit hatte ich folgenden Satz in einem Buch gelesen: "Es gibt keine Zufälle, alles folgt seiner Bestimmung". Ich schüttelte den Kopf, dieser Gedanke war einfach lächerlich. was für eine Art von Bestimmung sollte das sein? Außerdem ist Bestimmung für den, der sie erlebt, wieder rein zufällig, daher ist dieser Satz gerade so viel wert wie Shinjis Geschenk auf meinem Tisch. Sollte es wirklich irgendeinen Zusammenhang zwischen unseren beiden Treffen geben, so bin ich die letzte, die irgendeinen Einfluss drauf hat. Selbst wenn ich mich in der Wohnung einschließen würde könnte sie mich anrufen, da sie meine Nummer irgendwie herausgefunden hat, und so weiter. Zufälle passieren eben. Unruhig legte ich meinen Kopf in den Nacken. Ich dachte schon wieder zu viel nach. Manchmal denke ich zu viel nach und versuche meine Stimmung anschließend mit irgendetwas Süßem auszugleichen. Es gibt nichts Schlimmeres. Etwa zwanzig Minuten später fing das Wasser an langsam kalt zu werden, also stieg ich aus, trocknete mich kurz ab und zog mir neue Sachen an. Meine Haare lies ich relativ nass, nur so, dass sie nicht tropften. Ich setzte mich in meinen Sessel und blätterte in dem Bildband den ich in der Borders Buchhandlung gekauft hatte. Er enthielt Bilder von verschieden Künstlern, die alle das Viktorianische England zeigten. Allerdings nicht nur die prächtigen Bauten und schönen Parks dieser Zeit. Der Bildband zeigte auch die andere Seite der Medaille, wie zum Beispiel Bilder des damaligen Whitechapel, Bilder des Newgate Gefängnisses usw. Die Künstler hatten versucht, durch diese Bilder auf die schlimmen Zustände die damals herrschten aufmerksam zu machen, leider nur mit mäßigem Erfolg. Die Menschen sehen nur das, was sie auch sehen wollen, so glaubten die meisten Menschen, dass die Frauen sich wegen ihres starken Sexualtriebs prostituierten und nicht um an ein bisschen Geld zu kommen. Während ich so die Bilder betrachtete kam mir die Idee, dass ich selbst einmal versuchen könnte ein Bild von London zu zeichnen, anstatt der ständigen Landschaftsbilder, auf die Dauer wurde das eintönig. Die Idee fesselte mich sogar so sehr, dass ich sofort anfing meine Staffelei aufzubauen und einige Farben vorzubereiten. Nach den ersten Strichen viel mein Blick allerdings auf die Uhr. Halb zwei Nachmittags. Hastig wusch ich die Pinsel und zog meinen Mantel an. Um zwei Uhr war ich mit Maya verabredet und mit der U-Bahn von London zu ihr in den Stadtteil Highgate war es eine Fahrt von dreißig Minuten, das würde knapp werden. Ich stieg die Treppe schnell herab und hetzte zur U-Bahnstation, wo ich den Zug gerade noch erwischte. Zum Glück war die U-Bahn heute nicht so voll und ich bekam einen Sitzplatz. Während der Fahrt hoffte ich inständig, dass der Besuch bei Maya nicht zu lange dauern würde und dass sie mich nicht erneut einladen würde. Warum musste Maya auch ausgerechnet nach London ziehen? Nun ja, wenigstens wohnen wir in Stadtteilen, die weit voneinander entfernt liegen. Als der Zug endlich Highgate erreichte, hastete ich zu Mayas Wohnung. Ich konnte es nie leiden zu spät zukommen. Fast jedes Haus an dem ich vorbeikam war weihnachtlich Illuminiert, so auch das Haus von Maya, das ich fünf Minuten nach zwei erreichte. Das Dach war mit Lichterketten verziert und im Vorgarten stand ein Schlitten mit Weihnachtsmann und Rentieren. Na ja, wer in Dr.Akagi verliebt ist, kann nicht viel guten Geschmack besitzen. Ich ging zur Haustür und betätigte die Klingel. Fast augenblicklich öffnete Maya persönlich, als ob sie mit einer Stoppuhr vor den Tür gewartet hätte. Immerhin lächelte sie und versuchte es zu vertuschen. "Hi Rei", begrüßte sie mich. "Hi", antwortete ich nur. Sie trat zur Seite und ich ging ins Haus. "Na, was hast du da denn schönes?", fragte sie lächelnd und deutete auf meine Tasche. Ich holte das Geschenk heraus und gab es ihr, danach zog ich meinen Mantel aus und hing ihn in die Garderobe. Maya führte mich ins Wohnzimmer, welches unbeschreiblich stark nach Zimt roch, als würde der Geruch einen in den Boden drücken wollen. Auf ihren Sofalehnen standen Nikoläuse aus Plüsch, die Wände waren verziert und ein großer Baum prangte in einer Ecke, der über und über mit Schmuck verziert war, hauptsächlich in Rot gehalten. Ich fragte mich, für den Maya sich so eine riesen Mühe mache, immerhin lebte sie genau so alleine wie ich. Meine Wohnung war kaum geschmückt, von den Geschenken meiner Bekannten mal abgesehen. Fast hätte ich sie das sogar gefragt, doch ich hielt mich zurück. Wir setzten uns auf die Couch und ich holte die kleinen Liköre aus der Tasche, um unsere lange Gesprächspause wenigstens zu unterbrechen. Ich reichte ihr einen Schnaps und nahm mir selber einen, dann tranken wir und sie wünschte frohe Weihnachten. Der Likör schmeckte stark nach Vanille und irgendetwas anderem und war fürchterlich süß. Danach nahm ich mir noch einen und trank auch diesen. Normalerweise trank ich fast nie Alkohol doch ich erhoffte mir, die Stimmung, oder besser: Meine Stimmung, dadurch etwas aufzuheitern. "Wie geht's denn so?", fragte Maya schließlich. "Ganz gut.", antwortete ich, "Und selber?" "Auch ganz in Ordnung, der Job ist halt stressig, aber zum Glück habe ich jetzt frei." Bei diesen Worten hoffte ich, dass sie nicht vorhatte sich noch einmal während der Weihnachtszeit mit mir zu treffen. "Sag mal Rei", kam es von Maya, "Was machst du eigentlich an Weinachten?" "Ich hatte vor am Weihnachtsabend in die St-Martin.in-the-Fields Kathedrale zu gehen.", war meine antwort. Ich hatte irgendwie schon mit so einer Frage gerechnet und mir eine passende Antwort zurrecht gelegt, um nicht den Weihnachtsabend mit Maya verbringen zu müssen und da Maya für Kirche und Religion absolut nicht übrig hatte, war diese die einzige Möglichkeit, einem weiteren Treffen zu entgehen. Leider strahlte ihr Gesicht viel zu sehr, was mich beunruhigte. "Na das trifft sich ja super, genau da wollte ich auch an Weihnachten hin, Gottesdienst vor der Bescherung und so.", grinste sie. Ich zwang mir ein Lächeln ab und trank einen weiteren Likör. Wieder schlug mir der Zufall mit der Faust ins Gesicht und ich konnte nichts dagegen tun. Ich fragte mich, wie sie alleine Wohl Bescherung feiern würde, als ihre, im Grunde überflüssige und von mir erwartete Frage mich aus meinen Gedanken riss. "Wie wäre es, wenn wir einfach zusammen den Gottesdienst erleben?" "Ähm... das... das wäre reizend", antwortete ich und fühlte mich, als hätte ich mich selbst geohrfeigt. "Klasse!", lachte sie nur und nun griff auch sie zum zweiten Likör. Später ging sie dann in die Küche um schließlich Selbstgebackenes aufzutischen. So saßen wir, aßen Kekse und redeten über belanglose Dinge. Wie geht's Shinji? Kommen er und Kaworu noch gut zurrecht? Hörst du noch ab und an von Misato? Und so weiter. Schließlich kam sie wieder auf Weihnachten zurück. "Wann meinst du, sollen wir uns treffen?" "Der Gottesdienst beginnt um 18.00 Uhr, also würde ich sagen wir treffen uns um 17.45 Uhr vor der Kathedrale." Leider war Maya mit diesem Vorschlag einverstanden und so stand mir ein weiteres unangenehmes Treffen bevor, noch dazu am Weihnachtsabend. Auch wenn ich für Weinachten nicht übrig hatte, hätte ich es doch als angenehm empfunden, Weinachten auf die Art zu verbringen die mir gefällt, nämlich alleine. Wir führten noch eine Weile weiter Smalltalk, aber der von mir getrunkene Schnaps erzielte leider nicht gewünschte Wirkung, das er meine Stimmung aufheiterte und so blieb ich das ganze Gespräch über einsilbig. Schließlich fragte Maya mich: "Rei, hast du eigentlich einen Freund?" Ich blickte sie überrascht an. "Nein, habe ich nicht", antwortete ich nur, immer noch verwirrt über diese Frage. Ihrem Blick nach zu Folge erwartete sie von mir die Frage nach dem "warum?" Das "warum fragst du?" und so weiter. Einige Fragen stellt man nur, dass der Gegenüber diese Gegenfrage stellen muss. Es wirkt dann weicher, der Übergang zwischen Erzähler und Zuhörer. Anstatt gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und mich mit Neuigkeiten zu überrennen, fragte Maya, ganz die Dame, zuerst nach meinem Befinden in diesem oder jenem Thema, um dann, nach meiner Gegenfrage, ihr eigenes Glück aufzutischen. Ich hasste diese Art von unterschwelligem Entgegenbringen der eigenen Person und blieb deshalb gezielt still und vermied die Gegenfrage. Ich nötigte sie regelrecht dazu, auf eine andere Schiene auszuweichen. Und so tat sie es auch. "Aber wieso denn nicht? Du bist doch ein wirklich hübsches Mädchen geworden, und glaub mir, ich kann das beurteilen." Am ende Ihres Satzes zwinkerte mir sie zu. Ich ignorierte sie und sie fuhr fort. "Ich wette es stehen mehr Männer Schlange, als man an einer Hand abzählen kann oder?" Dieses Gespräch nahm langsam aber sicher eine Wendung, die mir nicht gefiel und ich hatte auch keine Lust mich länger bei Maya aufzuhalten. "Um ehrlich zu sein Maya, habe ich zurzeit überhaupt kein Verlangen nach einem Freund und ich achte nicht darauf, ob die Männer mir hinterher schauen oder nicht." Maya sagte nichts, sondern lächelte mich nur an, wahrscheinlich dachte sie, dass ich auf Frauen stünde, weil ich kein Verlangen nach einem Freund hatte. Sie soll bloß nicht von sich auf andere schließen. Ich schaute auf meine Uhr und sagte dann: "Maya, es tut mir leid, aber ich muss jetzt leider gehen". Sie war sichtlich enttäuscht. "Schade, dass du schon weg musst.", sagte sie "Aber wir sehen uns ja am Weihnachtsabend wieder." Wortlos stand ich auf ging zur Gardarobe und nahm meinen Mantel. "Vielen Dank noch, für das kleine Geschenk.", sagte sie lächelnd. Ich nickte nur. "Du hast meins ja auch schon bekommen, mit der Post und so, und nicht spicken okay?" Ich nickte erneut. Als ich meinen Mantel endlich an hatte gaben wir uns noch schnell die Hände und ich verlies ihr Haus. Draußen atmete ich tief durch und verdrehte die Augen ein wenig. Nicht spicken... Ich hatte ihr Geschenk noch nicht mal von der Post abgeholt. Da es noch relativ früh war, beschloss ich, genau dieses zu tun und wartete an einer Bushaltestelle, wenige hundert Meter von Mayas Haus entfernt, auf einen Bus. Als er endlich kam, stieg ich ein und war erstaunt, wie wenige Leute doch mit fuhren. Schweigend setzte ich mich auf einen Platz, möglichst weit weg von den anderen Gästen. Mir war nicht nach reden. ich glaube es hätte mich schon gereizt, wenn einer Feuer für seine Zigarette verlangt hätte oder mir fröhliche Weihnachten wünschte. Später stieg ich dann aus, direkt in London und machte mich auf den Weg zur Post. Wie immer kurz vor Weinachten war die Post überfüllt mit Leuten die Päckchen und Pakete an Verwandte und Bekannte verschicken wollten. Und es ärgerte mich, dass auch zu dieser Masse von Leuten gehörte. Zum Glück ging es in der Post überraschend zügig voran und so stand ich bereits nach kurzer Zeit, mit Mayas Geschenk unterm Arm, wieder auf der Straße. Ich ging zur nächsten U-Bahnstation und fuhr zurück nach Whitechapel. Als ich wieder zu Hause ankam, entledigte ich mich meines Mantels und stellte das Geschenk von Maya zu Shinjis Paket auf den Tisch. Danach begann ich mich wieder dem Bild zu widmen, das ich angefangen hatte, kurz bevor ich zu Maya gefahren war. Malen entspannt mich, es gibt mir für eine Weile so etwas wie Sicherheit. Ich kontrolliere die Striche, die Farben, es geschieht allein nach meinem Willen. Meine Bilder sind stimmungsabhängig. Meistens bringe ich Landschaften aufs Papier, ab und an auch Gebäude, es ist verschieden. Ich dachte Über den Besuch bei Maya nach. Was hatte er gebracht? Ich konnte es nicht beantworten. Ich legte den Pinsel zur Seite und sah hinüber zu den beiden Geschenken auf dem Tisch. Maya hatte sich sichtlich Mühe mit dem Verpacken gegeben. Shinji ebenfalls, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Ich stand auf und ging hinüber zum Tisch. Shinjis Geschenk war relativ schwer und ich wunderte mich, was wohl darin sei. Schließlich packte ich es aus. Es war eine große Glaskugel auf einem schweren Holzsockel. Die Kugel war mit Wasser gefüllt und ein kleines Dorf war darin eingearbeitet. Es erinnerte etwas an London, weil ein großer Turm mit dabei war, ähnlich dem Big Ben. Wenn man die Kugel umdrehte, etwas wartete und dann wieder richtig hinstellte sah es aus, als würde Schnee auf das Dorf fallen. Diese Prozedur konnte man ewig wiederholen. Es war purer Kitsch und passte auf irgendeine Art zu Shinij. Ich stellte es auf einen meiner Schränke und nahm dann Mayas Paket unter die Lupe. Es war nicht sonderlich groß und auch nicht sehr schwer, ich vermutete, dass ein Buch oder so etwas darin war. Ich öffnete es und sah, dass mich meine Ahnung nicht getäuscht hatte. Nachdem ich jedoch den Titel des Buches gelesen hatte, fand dieses Geschenk sehr schnell seinen weg in den Papierkorb. Der Titel dieses Buches lautete nämlich "How to find a Boyfriend". Deshalb hatte sie mich also gefragt, ob ich schon einen Freund habe. Ich ging wieder zu meiner Staffelei und zeichnete weiter. So verbrachte ich den Nachmittag. Gegen 18 Uhr entschied ich mich für Heute aufzuhören und noch irgendwo eine Kleinigkeit essen zu gehen. Nach einiger Überlegung entschied ich mich zum "Cafe in the Crypt" zu gehen, welches sich in der Krypta der "St-Martin-in-the-fields" Kathedrale befand, der Kirche, in der ich auch den Weihnachtsabend verbringen würde. Ich lief dieses mal und dachte nach. Was würde das für ein Weihnachten werden, mit Maya zusammen in der Kirche. Ich hätte ihr Geschenk nicht auspacken sollen, denn schon der Gedanke in der nächsten Zeit mit Maya zusammen etwas zu unternehmen widerte mich geradezu an. Ich konnte mir ihre Anspielungen auf das Buch oder auf mein Singelleben schon lebhaft vorstellen. Dabei lebte sie selbst genau so alleine wie ich. Aber bei ihr war es vielleicht etwas Anderes. Maya fühlte sich mehr zu Frauen hingezogen, das erschwerte die Sache möglicherweise. Sie hat es zwar nie gestanden, doch ihr Verhalten damals bei NERV sprach Bände. Ich fragte mich, wie man sich in so einer Situation wohl fühlen würde. Später kam ich dann am Cafe an und bekam sogar noch einen Sitzplatz. Es war ziemlich voll. Der Kellner kam und ich bestellte ein Wasser und Menü Nummer. sieben, Lachsfilet mit noch irgendwas, ich überflog die Karte nur. Als der Kellner wenig später mit meiner Bestellung kam, wunderte ich mich über den großen Teller und das Filet. Es war mit irgendeiner rahmigen Soße übergossen und jede Menge Gemüse war um den Fisch herum drapiert. Plötzlich kam ich mir seltsam vor. Den Fisch alleine zu verspeisen erschien mir auf einmal als unmögliche Protzerei, die ich gar nicht nötig hatte. Ich hätte die Karte doch besser studieren sollen. Schlimmer wurde es, als ich bemerkte, dass eine Frau am gegenüberliegenden Tisch mich anstarrte. Ich starrte zurück und sie fing an zu grinsen. "Vornehm geht die Welt zu Grunde hm?", meinte sie, mit eindeutigem Blick auf mein Essen. Ich antwortete nicht und nahm dann den ersten Bissen. Warum konnten die Menschen ihre blödsinnigen Kommentare nicht für sich behalten, es kümmerte sie nicht, dass ihre Kommentare möglicherweise für den Angesprochenen verletzend und beleidigend waren, solchen Kommentare werden ohne zu überlegen ausgesprochen, nur, damit man etwas gesagt hat. Ich war froh, dass solche Kommentare mich völlig kalt ließen. Ohne den Menschen um mich herum in irgendeiner Form Beachtung zu schenken aß ich auf und verließ das Cafe. Während meinem Spaziergang durch das abendliche London zurück nach Hause, kam mir der unangenehme Gedanke, dass Maya sicher versuchen würde, mit Vorschlägen, wie nach dem Gottesdienst noch etwas trinken zu gehen, denn Abend in die Länge zu ziehen. Egal was für Vorschläge sie machen würde nach dem Gottesdienst würde ich nach Hause gehen. Ich schlief unruhig. In meinem Kopf tanzten Gedanken von Maya und der Frau um Cafe. Zwischendurch ein Bild wo das Fischfilet ein Stück Brokkoli sezierte. Dann wachte ich auf. Ich griff an meine Stirn und war erleichtert, dass sie nicht heiß war. Trotzdem blieb der seltsame Traum. Normalerweise träume ich so etwas nur, wenn ich Fieber habe. Ich nahm schließlich zwei Tabletten und legte mich wieder hin. Dieses Mal schlief ich gleich ein. Die nächsten Tage verbrachte ich größtenteils damit, mich zu langweilen. Ich vermisste die Arbeit. Sie bringt Abwechslung in meinen Alltag. Die Tage über fühlte ich mich nicht in der Stimmung zu malen und packte die Sachen ganz weg, um nicht dran denken zu müssen. Ein paar Tage vor Weihnachten machte ich einen größeren Einkauf, um über die Feiertage genügend zu haben. Ich ließ mir viel Zeit und schlenderte über die Einkaufspassagen. Am 22. bekam ich einen Anruf von Kaworu, der mir alles Liebe und Gute zum Fest wünschte. Ich sicherte ihm gleiche Wünsche zu, obwohl ich es nicht wirklich so meinte. Er erzählte noch etwas über sich und Shinji und legte dann auf. Am 23. kam es jedoch zu einem erfreulichen Ereignis. Maya rief mich an und teilte mir mit, dass sie am 24. leider nicht mit in die Kirche kommen könnte, da Ritsuko einen Besuch angekündigt hatte. Sie wiederholte während des Telefonats zig Mal wie Leid es ihr tat, dass sie nicht kommen könnte. Ich sagte nur, dass ihr nichts Leid tun brauche, wünschte ihr schöne Tage mit Ritsuko und legte dann auf. Ich war froh, dass ich heilig Abend nicht mit Maya verbringen musste entschied mich aber doch dafür in die Kirche zu gehen, obwohl jetzt keine Notwendigkeit mehr dafür bestand. Meine Laune besserte sich schlagartig. Es war wie ein Weihnachtsgeschenk, über das ich mich wirklich freute. Den Rest des 23. verbrachte ich größtenteils mit Fernsehen und ich ging früh ins Bett. Der Tag darauf verlief nicht unbedingt anders. Ich stand eine weile am offnen Fenster, mit den Armen auf die Fensterbank gelehnt und beobachtete die Leute. Viele waren in großer Eile. Wahrscheinlich mussten sie noch Geschenke kaufen. Abends machte ich mich dann bereit für die Kirche. Ich duschte, zog mir etwas edlere Kleider an und föhnte meine Haare. Ich zog meinen Mantel an und verließ meine Wohnung mit einem leichten, ungewollten Grinsen auf dem Gesicht Kapitel 4: ----------- Kapitel 4 24. Dezember - Weihnachten oder... Wie mich ein bekannter Quälgeist in der Kirche überrumpelte und ich die lächerlichste und gleichzeitig schockierenste Bescherung meines Lebens erlebte. Ich fuhr mit der U-Bahn zur Kirche da die Straßen mittlerweile so zugeschneit waren, dass mit dem Auto fast kein durchkommen war. Als ich um 17.45 Uhr ankam, war die Kirche noch nicht so voll und ich setzte mich in eine der mittleren Bankreihen. Die St-Martin-in-the-Fields Kathedrale war, was ihre Ausstattung anging, nicht so extrem protzig wie beispielsweise die St.Pauls Kathedrale oder die Westminster Abby. Die Bänke waren mit einfachen Holzschnitzereien versehen, an den Wänden standen Figuren verschiedener Heiliger und den Altar schmückte ein Großes Kreuz. Ich empfand den großen Raum als äußerst angenehm und freute mich über meine Anonymität. Es ist wirklich schön einen einschnitt in seinen Alltag zu haben, ohne gleich mit vielen anderen Menschen agieren zu müssen. Ich schloss kurz die Augen und genoss weiter. Die Zeit verging langsam und die Kirche füllte sich immer weiter. Dann wurde meine Ruhe plötzlich gestört. "Na, das gibt's ja gar nicht", hörte ich eine erfreute Stimme von der Bank vor mir. Ich öffnete die Augen und sah direkt in Rikkus Gesicht. Die abrupte Änderung der gesamten Situation kam mir vor wie ein Schlag ins Gesicht. Ich konnte nichts sagen. "kennst du mich noch?", grinste sie. "Das ist ja mal ein netter Zufall. Ist neben dir noch frei?", fragte sie, obwohl ganz Offensichtlicherweise niemand neben mir saß. Ich nickte. Wie ich es befürchtete, stand sie auf und setzte sich direkt neben mich. Das durfte einfach nicht war sein. Ich wollte einen ruhigen Abend verbringen, war nun aber gezwungen mit der Aufdringlichkeit in Peron zusammen zu sein. Bei dem, was mir bevorstand, wäre mir sogar Mayas Gesellschaft 100 Mal lieber gewesen. Rikku holte mich aus meinen Gedanken. "Schön dich so schnell wieder zu sehen, ich wollte mich entschuldigen, dass ich neulich so aufdringlich war." Sie wollte sich für ihre Aufdringlichkeit entschuldigen? Das überraschte mich. "Kann ich dich als Wiedergutmachung nach der Kirche auf einen Cola einladen?" Diese Frau musste anscheinend immer mit der Tür ins Haus fallen. Ich wusste nicht was ich antworten sollte. "Eine... Wiedergutmachung ist.. gar nicht nötig, danke", sagte ich. Ich wunderte mich. Obwohl ich mich plötzlich unendlich nervös und aufgebracht fühlte, schien mein Gehirn wie gewohnt auf der kalten, abweisenden Ebene zu funktionieren. Und das war gut so. Rikku zog einen Schmollmund. "Jetzt hab dich mal nicht so, du kannst eine Einladung doch nicht abschlagen. Es ist Weihnachten. Und wenn jemand freundlich sein will, dann lass es doch einfach zu. Oder liegt es daran, dass du keine Cola magst?" Ich sah sie an. Überraschenderweise musste ich kurz lachen, bei dem Gedanken, dass sonst kein Mensch so viele Dinge auf einmal zu mir sagte. "Nein, nein, das ist es nicht.", antwortete ich nur. "Dann liegt es an mir? Hey, du kannst ruhig sagen wenn ich dich störe, ist kein Problem." Auf irgendeine Weise kam mir die ganze Szene komisch vor. Wie kommt sie bloß auf die Idee, dass sie mich ansatzweise stören könnte, sie doch nicht, sie platzte nur einfach ungefragt in mein Leben und zerstörte mein Weihnachten, aber störend war das nicht, nein... Ich schüttelte den Kopf. "Nein... auch nicht", sagte ich nur, und wurde mir sofort bewusst, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Ich hätte einfach nur ja sagen brauchen..." "Na fein.", meinte sie dann grinsend, "Dann steht einer Cola ja nichts mehr im Weg stimmt's?" Mir blieb leider nicht anderes übrig, als diese Frage mit Ja zu beantworten. "Fein, ich kenn einen netten Pub in der Nähe, wo wir nach dem Gottesdienst hingehen können.", sagte Rikku mit ihrem typischem Grinsen im Gesicht. Dann fing der Gottesdienst an. Ich konnte mich jedoch nicht darauf konzentrieren, der Abend war jetzt entgültig gelaufen, was stand mir nur bevor. Um nichts in der Welt wollte ich mit Rikku in näheren Kontakt treten, doch das schien nun unausweichlich. Ich nahm mir vor, dass es bei diesem einem Mal bleiben würde, ich würde ihr klar machen, dass ich keinen weiteren Kontakt zu ihr wünsche. Ich versuchte ihre Aufmerksamkeit so wenig wie möglich auf mich zu lenken, indem ich ein unglaubliches Interesse am Gottesdienst vortäuschte. Mehr, als ich wirklich interessiert daran war. Es funktionierte auch ganz gut, sie traute sich nicht, mich aus meinem augenscheinlichen Genuss des Gottesdienstes zu reißen, was ich bemerkenswert fand. Ich hätte es ihr ohne weiteres zugetraut. Einige Lieder wurden angestimmt und das Geschehen in der Kirche vermochte mich wirklich zum Teil mitzureißen. Vor allem die wundeschöne Singstimme um mich herum. Ich entschloss mich, herauszufinden wem diese Stimme gehörte und war überrascht, als ich feststellen musste, dass Rikku es war, die die ganze Zeit mitsang. Es ärgerte mich komischerweise, dass die Stimme ihr gehören musste und ich sie mochte. Die weiteren Lieder über versuchte ich sie zu ignorieren, was mir aber nicht gelang, im Gegenteil: Je mehr ich versuchte wegzuhören, desto klarer nahm ich ihre Stimme wahr. Nach dem Abschluss Segen blieben wir noch etwas in unserer Bank sitzen um nicht in das Gedränge an den Türen zu geraten. Und Rikku nutzte diese Gelegenheit um das Schweigen, das bisher zwischen uns geherrscht hatte, zu brechen. "Gehst du regelmäßig in die Kirche Rei, oder nur an Feiertagen?" Warum musste sie mich bloß immer duzen?? Ich mochte diese Form der Anrede absolut nicht. "Ich gehe eigentlich nie in die Kirche.", gab ich ihr knapp zur antwort. Wahrscheinlich erwartete sie jetzt, dass ich sie fragte, wie es mit ihr sei, ob sie regelmäßig in die Kirche ging, aber ich unterließ es, eine solche Frage zu stellen. "Ich gehe ab und an...", meinte sie schließlich, mit einem Blick auf das Jesuskreuz, der irgendwie abwesend wirkte. "Aber auch nicht wirklich oft, nur an besonderen Tagen oder wenn ich das Bedürfnis verspüre, hinzugehen. Klappt von der Zeit her auch nicht immer, Uni und so." Weshalb in aller Welt erzählte sie mir das? Ich fühlte mich komisch, die ganze Situation war komisch. Lag es an meiner Abweisenden Art oder daran, dass sie sie komplett ignorierte. Sie redete mit mir wie mit einer Schulkameradin. Sie sah mich an. "Du redest wohl nicht so gerne hm?", fragte sie. Als wir vor die Tore der Kathedrale traten schneite es immer noch. "Folge mir.", sagte Rikku und lief voran. "Ist es weit bis zu diesem Pub?", wollte ich wissen. Mir war nicht nach einem langem Spatziergang zumute. "Nein Nein, keine Angst es sind keine fünf Minuten von hier." Angst, es ging nicht um Angst, sondern darum, dass ich diese Situation so schnell wie möglich hinter mich bringen wollte. Plötzlich kam in mir jedoch der Wunsch auf sie zu fragen, was sie am College studierte. Ich schüttelte den Kopf, warum wollte ich plötzlich eine Unterhaltung anfangen? Es war, als hätte Rikku eine Lücke in die Aura aus Abweisung und Emotionslosigkeit geschlagen, die mich umgab. Ich machte mir nichts mehr draus. Normalerweise folge ich sofort meinen ersten Einfällen und meinen Wünschen. Auf irgendeine Weise gab ich es auf, so abweisend zu sein. Es ging bei ihr sowieso nicht. "Was studierst... du ... eigentlich?", fragte ich schließlich. Sie drehte sich zu mir um und grinste. "Geschichte.", antwortete sie, "Deshalb sind wir auch damals ins Museum gegangen, erinnert du dich noch?" Ich nickte. "So, hier sind wir auch schon.", sagte sie dann und zog mich die letzten Schritte noch an der Hand hinter sich her. Sie öffnete die Tür und wir betraten den Pub. Er war nicht sonderlich groß aber gemütlich, mit nostalgischem Mobiliar eingerichtet. Sie zog mich in die hinterste Ecke des Pubs, wo wir uns setzten. Sofort kam der Kellner um unsere Bestellung aufzunehmen. Rikku bestellte eine Cola und ich einen Kaffee. "Na, ist doch gemütlich hier.", sagte sie. "Ja, ist es.", stimmte ich ihr zu "Kommst du oft hierher?" "Ab und zu mit Freunden oder Studienkollegen. Das hier ist mein Lieblingspub." In Gedanken ließ ich die letzten Tag Revue passieren, von meiner ersten Begegnung mit Rikku, bis zum jetzigem Zeitpunkt und ich musste mir eingestehen, dass ich langsam nicht mehr wusste, ob das ganze mir unangenehm war, oder nicht. "Hast du Lust nachher noch ein bisschen zu mir mitzukommen?" Ich schreckte aus meinen Gedanken hervor und sah sie an. "Bitte?" Sie verdrehte die Augen kurz und grinste dann aber wieder. "Ob du nachher noch kurz mit zu mir kommen magst? Die Bescherung steht noch an, und es macht mehr spaß zu zweit zu sehen, was der Weihnachtsmann einem gebracht hat, als alleine", grinste sie und zwinkerte mir zu. Dieser Satz von ihr erinnerte mich an alles was ich die Weihnachtstage erlebt hatte. Weihnachtsmann... die Rudolph Attrappen, Bescherung... ich musste an Maya denken, wie sie gerade mit Ritsuko ihre Bescherung feiern würde. Rikku passte zu hundert Prozent in das Klischee der Gesellschaft. Und doch irgendwie auch nicht. Das mit dem Weihnachtsmann war sicher ein Scherz, aber trotzdem... Ich stellte mir vor, dass ihre Wohnung in etwa genau so geschmückt sein würde wie Mayas. Im Grunde sollte ich also nur mitkommen und ihr beim Geschenke auspacken zugucken... wie dämlich. Doch bevor ich etwas antworten konnte nickte ich unbewusst. Es geschah einfach, mein Unterbewusstsein spielte mir einen Streich, als ob ich wirklich mitkommen wollte. Sie lächelte vergnügt. Nun konnte ich auch nicht mehr absagen und ich war das zweite Mal an diesem Abend im Begriff, etwas mit ihr zu unternehmen. Der Kellner kam und brachte unsere Getränke. "Wo wohnst du eigentlich?", fragte ich und nahm einen schluck von meinem Kaffe. "Meine Wohnung ist in der Nähe des Paddington Bahnhofs." "Und wohnst du alleine, oder in einer WG?" "Ich wohne alleine." Ich war überrascht, bei einer Person wie ihr hätte ich mir gut vorstellen können, dass sie gerne die ganze Zeit Leute um sich hat, um immer etwas unternehmen zu können. Nun ja, vielleicht hatte ich sie doch falsch eingeschätzt. "Und du?" Ich sah auf meinen Kaffee. "Ich lebe auch alleine, Whitechappel Viertel", antwortete ich. Sie lächelte nur. Eine Zeit lang tranken wir einfach aus unseren Gläsern und redeten kaum etwas. Ich sah dabei meistens auf den Tisch oder aus dem Fenster. Sie hingegen sah die meiste Zeit auf mich. Ich bemerkte es, weil sie sich in der Fensterscheibe des Cafes spiegelte und es war mir irgendwie unangenehm. Sie nahm erneut einen Schluck. "Weißt du, was mich wundert Rei? Das du arbeitest, ich meine... du bist nicht viel älter als ich oder? Also das vermute ich mal. Wie kommt es das jemand wie du ausgerechnet im Museum arbeitet und nicht studiert oder sonst was macht? Jetzt hatte mich Rikku in eine schwierige Situation gebracht. Was sollte ich jetzt machen? Ihr die Wahrheit erzählen, meine Vergangenheit bei NERV, die Kämpfe mit den Engeln und die Tatsache, dass ich ein Klon bin. Nein, auf keinen Fall, ich vertraute ihr noch nicht genug um ihr etwas über meine Vergangenheit zu erzählen, aber irgendeine Lüge erfinden wollte ich auch nicht, ich hasse es zu Lügen. " Das zu erklären ist eine Lange Geschichte." "Das macht doch nichts, wir haben doch Zeit." Als ob ich nicht geahnt hätte, dass so ein Argument von ihr kommen würde. "Ich möchte jetzt einfach nicht darüber reden." Sie sah mich noch einmal wehleidig an, mit dem schlimmsten Hundeblick, den ich je zu Gesicht bekommen hatte. "Wirklich nicht?", fragte sie dann und grinste daraufhin. "Nein, wirklich nicht", antwortete ich. Sie zuckte mit den Schultern und gab sich zufrieden. Oder zumindest tat sie so. Sie hätte mich sicher noch weiter genervt aber zum Glück kann ich manchmal sehr überzeugend sein. Wir tranken weiter und redeten kaum etwas, als Rikku dann wieder anfing. "Möchtest du dann jetzt noch mit zu mir kommen? Wenigstens den Gefallen kannst du mir doch tun oder? Bitteeee..." Sie grinste erneut, als ob sie sich ihres überkindlichen Verhaltens bewusst wäre und auch ich musste leicht grinsen. "Na Gut" stimmte ich schließlich zu und Rikku war sichtlich erfreut über meine Zusage. Wir tranken aus und Rikku bestand darauf, auch meinen Kaffee zu bezahlen. Auch als ich ihr sagte, dass dies nicht nötig sei, lies sie sich nicht davon abbringen. "Schließlich habe ich dich hier her geschleppt.", begründete sie diesen Entschluss. Ich zuckte mit den Schultern, sie war ein richtiger Dickkopf. Als wir vor die Tür des Pubs traten schneite es, wie die Tage zuvor. "Ach weiße Weihnacht ist doch etwas Schönes.", meinte Rikku mit einem leicht verträumten, gen Himmel gerichteten Blick. Wie automatisch sah auch ich in den Himmel, aber wirkliche Stimmung, oder Freude über weiße Weihnachten kam bei mir nicht auf. Wie liefen relativ schnell, scheinbar konnte sie es nicht erwarten nach Hause zu kommen und Geschenke auszupacken. "Wieso bist du so ruhig?", durchbrach sie schließlich die Stille. "Warum sollte ich denn etwas sagen?" Sie sah mich kurz verständnislos an. "Na weil... weil das einfach normal ist...? Man redet doch gerne miteinander. Um ehrlich zu sein, bist du der erste Mensch den ich kenne, der alles andere als gesprächig ist." Meine Güte... sie redete fast schon so als wären wir seit Ewigkeiten die dicksten Freunde. Als ich wieder nichts antwortete erntete ich ein resigniertes Grummeln von ihr und wurde mit Ignoranz gestraft. Sie starrte den Weg über einfach auf den Fußboden. Wahrscheinlich dachte sie, es würde mir sehr viel ausmachen, doch ich genoss einfach die Stille, so wie immer. Später erreichten wir dann ihre Wohnung. Sie befand sich im dritten Stockwerk eines kleinen Häuserblocks. "Immer hereinspaziert in die gute Stube.", meinte Rikku und schloss die Tür auf und wir traten in den kleinen Hausflur. "Deinen Mantel kannst du da drüben an der Gardarobe aufhängen und deinen Schuhe stell bitte neben die Schuhbank. Wir entledigten uns beide unserer Schuhe und Mäntel, danach Folgte ich ihr ins Wohnzimmer. Wie ich es erwartet hatte, war es tatsächlich geschmückt, allerdings nicht so übertrieben wie bei Maya. ein kleiner Baum stand ebenfalls im Zimmer. Unter ihm lagen jede Menge kleine Geschenkpakete, welche Bunt verpackt waren. Das Wohnzimmer an sich war schlicht. Eine Couch an der Wand, ein Sessel, zwischen den Möbeln ein kleiner Tisch. An der Wand gegenüber der Couch ein Schrank auf dem ein kleiner Fernseher stand. Im Zimmer hingen viele Bilder, die Rikku mit anderen Menschen zeigten, ihren Freunden, vermutete ich. Viele Dekorationsgegenstände waren auf den Schränken, an der Wand und Teilweise auch auf der Lehne der Couch. Es war alles Mögliche. Unterschiedlicher Kitsch, kleine Figürchen, Blumen, Stofftiere und so weiter. Es passte zur ihr. Rikku lief langsam durch den Raum, die Augen geschlossen und atmete tief ein. Im Zimmer hing ein feiner Geruch von Vanille und sie wirkte seltsam entspannt und beruhigt, ganz anders, als ich sie sonst "kannte". Eine Frage konnte ich mir trotzdem nicht verkneifen: "Warum hast du hier einen geschmückten Weihnachtsbaum stehen, wenn du doch alleine wohnst?" "Du stellst komische Fragen, so was gehört doch zu Weinachten einfach dazu, hast du etwa keinen bei dir Zuhause?" "Nein habe ich nicht." Sie schüttelte gespielt entsetzt den Kopf. "Also nein, du bist ein richtiger Weihnachtsmuffel." Ohne eine Reaktion von meiner Seite abzuwarten, die ohnehin ausblieb, schaltete sie das Licht im Wohnzimmer aus und knipste die Lichterkette am Weihnachtsbaum an, dann begann sie ihre Geschenke auszupacken Ich empfand die Situation mittlerweile als so lächerlich, dass ich fast angefangen hätte lauthals loszulachen. Ich setzte mich einfach auf den Sessel, wartete ab und sah ihr zu. Hastig packte sie das erste Geschenk aus. Es war ein Skateboard und ich musste grinsen. "Oh man... mein Bruder hat immer noch nicht begriffen was er mir schenken soll... und dann kommt so was dabei raus.. na was soll's, vielleicht ist das sogar ganz lustig.", meinte sie dann, mehr zu sich als zu mir, und legte das Skateboard bei Seite. Dann griff sie nach dem Nächsten Paket, doch als sie die Schleife abgemacht hatte hielt sie inne. "Hey Rei, komm doch hierher und hilf mir." "Äh... ich glaube das geht mich nichts an, was andere Leute dir schenken oder? Sind ja immerhin deine Geschenke also..." "Jetzt stell dich nicht so an", fiel sie mir ins Wort. "Ich hätte auch eine Topfpflanze auf dem Sessel stellen können, die wäre genau so gesprächig und aktiv wie du gewesen..." Was ich davon halten sollte wusste ich nun wirklich nicht. Es war keine Beleidigung... eher Kritik, eingepackt in einen Witz. Vielleicht verhielt ich mich wirklich abartig... Also stand ich auf und setzte mich zu ihr auf den Boden. "Aber nur eins...", meinte ich noch. "Ja ja...", antwortete sie und zwinkerte mir zu, ehe sie einen Teil der Pakete zu mir herüber schob. Ich öffnete das erste Packet es enthielt eine DvD mit dem Titel "Fear and Loathing in Las Vegas" Als Rikku die DvD sah, legte sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht. "Wow toll, genau den Film habe ich mir gewünscht." Während Rikku weiter am auspacken war las ich mir die Beschreibung der DvD durch. Es handelte sich bei dem Film um eine Komödie, in der es um den exzessiven Konsum von Drogen ging. Ich schüttelte den Kopf, das es Menschen gab die an so was gefallen fanden war mir unbegreiflich. "Hast du dir den Film gewünscht um den Drogenkonsum der beiden Typen nachzuahmen?", fragte ich. Ich konnte mir nicht erklären, warum ich es fragte oder warum es mich interessierte. Im Grunde konnte es mir egal sein, was sie mit ihrem Leben machte. Sie sah mich verständnislos an. "Rei, wie alt bist du?" Warum wollte sie das wissen? "Fast 18", antwortete ich. "Kaum älter als ich, siehst du? Also hör auf dich wie meine Oma oder so zu verhalten." Sie fing an zu lachen. "Der Film ist witzig, mehr nicht. Wer noch unterscheiden kann, dass das ein Film ist und das die beiden nicht wirklich die ganze Zeit im Rausch waren ist auch nicht gefährdet ins Drogenmillieu abzurutschen... Ich rauche nicht mal. Also mach dir mal keine Sorgen". Sie grinste wieder und packte noch ein Geschenk aus. Es war eine Elektrische Zahnbürste. "Oh nein, nicht noch eine... Die kommt bestimmt von meinem Vater... der schickt jedes Jahr eine." Sie sah auf die Verpackung der Zahnbürste und hielt sie mir dann hin. "Hier, du kannst sie haben, ich hab im Bad drei Stück davon stehen..." Wortlos nahm ich die Zahnbürste und stellte sie neben mich. "Komm Rei, pack weiter aus sonst ist dir doch bloß langweilig.", sagte Rikku und deute auf ein weiteres Paket. Die ganz Situation erschien mir grotesk. Ich, die ich mir nie viel aus Weinachten gemacht hatte, befand mich nun in der Wohnung einer Person von der ich nicht wusste, was ich von ihr halten sollte und packte zusammen mit ihr Weihnachtsgeschenke aus. Da ich aber sowieso nichts zutun hatte nahm ich eins der Pakete und öffnete es. In diesem Paket war eine Musik CD. Ich gab sie ihr, sie sah sie sich kurz an und legte sie zum Skateboard. So verbrachten wir eine ganze Weile, immerhin waren es wirklich viele Geschenke. Sie bekam teils total verschiedene Sachen. Manchmal nur Geld oder eine nette Karte, Bücher, meist über Geschichte, etwas Schmuck, einen bunten Schal und so weiter. Dazwischen auch eine Packung Haarfärbung in einem Schokoladenbraunen Farbton. "Wer schenkt mir denn so was??" Sie sah sich das Geschenkpapier genauer an. "Muss meine Tante sein... meinst du mir stehen braune Haare, Rei?" "Hm... ich weiß nicht..." Wieder grummelte sie. "Woher wusste ich, dass du das sagen würdest?" Sie schmiss die Packung auf die Couch und packte weiter aus. Die zwei verbliebenen Pakete beinhalteten einen Wintermantel und einen Wollpulli. Rikku begutachtete den Mantel und Meinte: "Hey Rei, der sieht fast genauso aus wie deiner, jetzt haben wir einen Partner Look." Ich vergrub mein Gesicht in meiner Hand, wie konnte man in diesem Alter nur so Kindisch sein? "Rikku, ich muss dich etwas fragen.", sagte ich schließlich. "Warum wolltest du damals im Museum soviel über mich wissen und warum wolltest du den heutigen Abend mit mir verbringen? "Äh.." Ich hatte es tatsächlich geschafft. Sie war sprachlos. Ich hätte nie gedacht, dass das überhaupt jemand hinbekommen würde. Sie sah auf ihren Mantel in der Hand und wurde zu allem Überfluss sogar noch etwas rot im Gesicht. Scheinbar hatte ich genau ins Schwarze getroffen. "Nun?", hakte ich nach. "Ach weißt du...", meinte sie dann und blickte dann zu mir auf. "Ich glaube es war einfach die Tatsache, dass jemand so junges im Museum arbeitete. Ich weiß es nicht... du hast einfach so einen... gewissen Eindruck auf mich gemacht hehe... ähm..." Wieder sah sie herab. "Wenn ich jedes mal so etwas veranstalten würde, wenn Leute einen "gewissen Eindruck" auf mich machen, dann würde ich den lieben langen Tag nichts anderes tun als Geschenke auspacken.", antwortete ich. Sie musste grinsen. "Aber sicherlich nicht den Eindruck, den ich hatte", sagte sie dann. "Und der wäre? Wieso sitze ich hier?", fragte ich und drängte sie damit immer weiter in die Ecke. "Wie soll ich's sagen..." Wieder sah sie hilflos herum, bis sie mir dann schließlich direkt in die Augen sah. "Ich glaub' ich mag dich einfach." Meine Augen weiteten sich ein Stück, sie wurde wieder rot und drehte den Kopf bei Seite. "Ach, wieso fragst du auch so was Blödes? Aber wenn wir schon mal dabei sind: Wieso bist du mitgekommen?", grinste sie mich an. Nun Stand ich wohl am Pranger... was sollte ich darauf antworten? Wenn ich gesagt hätte dass ich nur aus Höflichkeit mitgekommen wäre, wäre das ihr gegenüber extrem Unhöflich gewesen, außerdem gestand ich mir ein, dass ich nicht nur aus Höflichkeit mitgekommen war, es war auch Neugierde gewesen, Neugierde, wie sich dieser Abend entwickeln würde. Damals, als ich noch in Neo-Tokyo lebte und Shinji mich ab und an besuchen kam, war mir dies mit der Zeit immer weniger unangenehm gewesen. "Mh... ich wollte einfach sehen, zu was sich das hier entwickelt. Ich war neugierig, wenn man so will...", antwortete ich schließlich und sie fing an zu lächeln. "Nun denn, komm, wir setzten uns ein bisschen hin." Sie setzte sich auf das Sofa und ich nahm wieder den Sessel. Sie lehnte sich weit zurück und schloss die Augen erneut. "Die meisten meiner Freunde sind über die Ferientage verreist oder wollen alleine sein. Ich finde es nett von dir, dass du mit hierher gekommen bist. Ich bin nicht gerne alleine.", säuselte sie vor sich her. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte und nickte einfach nur, obwohl sie es nicht sehen konnte. "Auch wenn ich lieber alleine bin bereue ich es nicht, dass ich mit gekommen bin.", sagte ich schließlich. "Das freut mich zu hören.", sagte Rikku. Ich blickte auf meine Uhr. Die Zeit war schnell vergangen und es war schon spät. Ich setzte mich auf. "Rikku ich muss jetzt gehen auf jeden Fall danke für die Einladung." Sie öffnete die Augen und ein Ausdruck der Enttäuschung legte sich auf ihr Gesicht. "Schade, aber wir können uns ja mal wieder treffen." meinte sie. "Mhm... ja vielleicht", antwortete ich und meinte es sogar ernst. "Warte noch.", meinte sie dann. "Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie das aussehen würde.", sprach sie weiter. Sie verwirrte mich. Ich hatte keine Ahnung was sie meinte. Sie nahm eine kleine Blume aus einer Vase und kam zu mir. Dicht vor mir blieb sie stehen und machte sich dann daran, mir die Blume ins Haar zu flechten. Ich stand einfach nur still da, kaum fähig mich zu bewegen. Ihre spontane Aktion und vor allem ihre Nähe machten mich bewegungsunfähig. Sie brauchte eine Weile und kam ab und an immer näher und näher, dann entfernte sie sich wieder. Der süße duft ihres Parfums stieg mir in die Nase. Als sie fertig war trat sie etwas zurück und hatte aber trotzdem ihre Hand immer noch in meinen Haaren vergraben. "Das... das sieht echt süß aus.", meinte sie mit geröteten Wangen. Dann lies sie ihre Hand langsam meinen Kopf herunter gleiten und streifte dabei auch meine Wange. In ihrem Blick lag ein Ausdruck von Sehnsucht und etwas anderem, dass ich nicht kannte. Starr vor Schreck sah ich sie einfach nur an, bis ich mich dann selber wieder fand und schnell einen Schritt rückwärts ging. "Äh... Also ich muss dann jetzt wirklich los", meinte ich, drehte mich um und lief hastig zur Garderobe. Meine Stimme klang furchtbar unsicher. So schnell es ging zog ich den Mantel an, öffnete die Tür und verließ ihre Wohnung. Sie rief mir noch ein "Wiedersehen Rei" hinterher und schloss dann die Tür. Ich lief furchtbar schnell, was nicht einfach war, denn meine Beine zitterten Ihre Worte hallten in meinem Kopf wieder. "Das sieht echt süß aus", und dazu noch dieser Blick. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Die Ereignisse hatten sich eindeutig überschlagen. Ich stieg in die U-Bahn nach Whitechapel. Während der Fahrt und auf meinem Weg von der U-Bahn nach Hause konnte ich keinen klaren Gedanken fassen. Warum hatte sie das getan. Völlig durcheinander erreichte ich schließlich meine Wohnung, schloss die Tür auf, betrat die Wohnung und lies mich in meinem Couchsessel fallen. Warum hatte sie so etwas gemacht??? Kapitel 5: ----------- Kapitel 5 L'amour Oder... Wie die Ereignisse sich vollkommen überschlugen, ich endlich anfing zu leben und ein Schwimmbadbesuch mich gänzlich aus der Fassung brachte. Ich atmete ein paar Mal tief durch und versuchte mich zu konzentrieren, doch es war ein recht zweckloses Unterfangen. Ich bekam das Erlebte nicht aus dem Kopf, noch schlimmer: Ich konnte an gar nichts anderes mehr denken. Wie in Trance lies ich meine linke Hand zu meiner Wange wandern und als ich sie streifte fühlte ich Rikkus Berührung wieder, als ob sie einen Teil meines Gesichtes verbrannt hätte. Ich stand auf, ging ins Bad und wusch mein Gesicht mehrere Male. Lange blickte ich in den Spiegel und fragte mich wie so was geschehen konnte. Alles schien kaputt, ich war nicht mehr ich. Wo war meine Selbstsicherheit? Wenn Derens es versucht hätte dann wäre es für mich kein Problem gewesen seine Hand wegzuschlagen. Warum bei Rikku nicht? Ich schüttelte den Kopf und zog mir dann meine Schlafsachen an. Ich legte mich ins Bett und versuchte zu Schlafen, doch ich wusste, dass es sinnlos war. Als ich mich zur Seite drehe merkte ich, dass ich immer noch die Blume von Rikku in meinen Haaren hatte. Vorsichtig löste ich sie von meinen Haaren und schleuderte sie von mir. Warum nur hatte ich Rikku gestattet mir so nahe zu kommen und warum hatte ich zugestimmt nach dem Gottesdienst etwas mit ihr zu unternehmen? Noch nie im Leben hatte ich solch einen Berührung gespürt. Als Rikku mir über die Wange gefahren war, sie war sanft und zärtlich gewesen aber es war eben diese Zärtlichkeit, die mich so erschreckt hatte, weil sie mir vollkommen Fremd war. Ich wälzte mich hin und her, versuchte alle Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen und schließlich ganz still dazuliegen. Doch dies alles brachte nicht wirklich was. Glücklicherweise verfiel ich gegen halb sechs Uhr Morgens in eine Art Dämmerschlaf, der viel zu kurz war, da ich um neun Uhr wieder aufwachte. Ich gähnte lange und quälte mich dann aus dem Bett. Ich fühlte mich schrecklich, so unausgeschlafen war ich seit meiner Zeit bei NERV schon lange nicht mehr. Ich duschte mich schnell, zog mich an, machte mir was zu essen aus irgendwelchen Sachen die ich noch im Schrank fand und sah ein bisschen fern. Um dreizehn Uhr beschloss ich, den Tag nicht weiter so zu verbringen und mich lieber etwas abzulenken. Es war der. 25. Dezember. Erster Weihnachtsfeiertag. Die Geschäfte sind zu und auf den Straßen ist es verhältnismäßig still. Ein Spaziergang erschien mir angebracht. Ein Spaziergang irgendwo, weit weg von London. Ich zog Mantel, Schal und Handschuhe an und verließ die Wohnung. Draußen Schneite es im Gegensatz zu den vorangegangenen Tagen nicht, so stieg ich in mein Auto und fuhr zu einem kleinen Feldweg, der etwa eine halbe Stunde von London entfernt lag, ich nutzte diesen Feldweg oft für meine Spaziergänge. Er war einsam gelegen und es kamen nicht viele Leute zum Spazieren hierher. Während des Spaziergangs gingen mir viele Sachen im Kopf herum. Mein Verhalten gegenüber Rikku ähnelte in vieler Hinsicht dem Verhalten, dass ich gegenüber Shinji zu Beginn gezeigt hatte. Ich war ihm gegenüber auch abweisend gewesen, doch er war stets freundlich geblieben. Er war damals der einzige Mensch neben Commander Ikari, der sich für mich interessiert hatte. Ich lief weiter und plötzlich stellte ich mir die Frage, warum ich mich überhaupt so verhielt. Es hatte weniger mit Rikku zu tun, als mit mir. Ich hatte Angst. Auf den Straßen Londons sah ich oft glückliche Pärchen oder irgendwelche Jugendlichen, die sich gerade küssten und die Tatsache, dass genau so etwas in meinem Leben fehlte störte mich auch nicht. Oder ich gab vor, dass es mich nicht störte. Vielleicht fehlte mir wirklich etwas. Etwas, was die Zeit bei NERV mir nicht bringen konnte, was ich nicht gewohnt war. Mehrere Jahre hatte ich eine Festung um mich herum aufgebaut und keinen hindurch gelassen in der Falschen Sicherheit zu glauben es würde mir sowieso nicht fehlen. Nun war dieser Panzer teilweise eingebrochen und Rikku stand sprichwörtlich vor mir und wenn ich gesagt hätte, dass es mir nichts bedeuten würde wäre es eine glatte Lüge an mich selbst gewesen. Das mir ihre Berührung und ihre Worte nichts bedeutet hätten. Das... sieht es süß aus... Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Es wäre die größte Lüge meines Lebens gewesen, zu sagen, dass ich so etwas nie mehr erleben wollte denn tief in meinem Inneren schien es etwas zu geben das genau das Gegenteil behauptete und ich wusste, dass es Recht hatte. Ich konnte mich nur schlecht damit anfreunden. Außerdem gestand ich mir ein, dass ich auch Angst vor einer Beziehung hatte. Ich hatte Commander Ikari blind vertraut, doch er wollte mich nur ausnutzen. Er hatte in mir nicht viel mehr als ein Werkzeug zur Verwirklichung seines Planes gesehen. Ich bin mir sicher, wenn er mich angesehen hat, hat er nicht mich, sondern Yui gesehen, seine tote Frau. Ich hatte Angst davor, wieder jemand zu vertrauen, Angst davor, dass dieser jemand mich wieder nur ausnützen würde. Allerdings würde ich nie das bekommen, was mir in meinem Leben fehlte wenn ich Angst davor hätte. Ich blieb stehen und sah in die Ferne. Zu meiner Seite, eine feine Silhouette Londons. Irgendjemand sagte einmal, dass man sein Leben so gestalten kann, wie man will, unter der Vorraussetzung, dass man es will. Vielleicht war dieser Spruch gerade auf meine Situation passend, vielleicht auch nicht, ich weiß nicht, warum er mir gerade einfiel. Ich dachte an Rikku, während ich meinen Weg fortsetzte. Ich hätte wetten können sie hätte vor gar nichts Angst, daher auch ihre aufsprudelnde Art. Und während ich weiter lief ging mir der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass ich sie wohl früher oder später wiedersehen würde. Und die Frage, ob ich das wollte, konnte ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr klar mit nein beantworten. Ich beschloss, das alles einfach auf mich zukommen zu lassen und zu schauen, wie es sich entwickeln würde. Doch war es nicht merkwürdig ausgerechnet zu einer Frau eine Beziehung zu haben? Rikku war an mehr interessiert, als einer rein freundschaftlichen Beziehung, dessen war ich mir absolut sicher und von einem Großteil der Menschen wurde gleichgeschlechtliche Beziehungen als widernatürlich und abartig angesehen. Aber ich stellte fest, dass mich das wohl am wenigsten stören würde. War nicht meine eigene Existenz widernatürlich? Ich war nicht mal ein richtiger Mensch, ich war ein Klon erschaffen aus den Genen eines Menschen und eines Engels. So gesehen war diese Beziehung von allen Seiten her abartig. Beziehung... Ich blieb stehen. "Beziehung... meine Güte, was denke ich hier bloß?" Plötzlich kam ich mir fürchterlich lächerlich vor. Ich dachte hier tatsächlich über irgendwelche möglichen oder abartigen Beziehungen nach und war tatsächlich so anmaßend, Rikkus Verhalten in eine spezielle Richtung zu deuten... obwohl die Zeichen so standen. Aber wer sagte mir, dass sie keinen Freund hatte? Wer sagte mir, dass sie nicht alle ihre Freunde so behandelte, dass die Berührung einfach freundschaftliche Gewöhnung ihrerseits war? Ich dachte schon wieder eindeutig viel zu viel nach, dafür, dass ich es alles scheinbar einfach auf mich zukommen lassen wollte. Leicht wütend griff ich in den frischen Schnee und formte eine Kugel daraus. Ich behielt sie so lange in der Hand bis es schrecklich zu schmerzen anfing, dann warf ich sie, so weit weg wie ich konnte. Ich wollte mich schließlich entspannen, und mir nicht den Kopf zu Tode zerbrechen. Ich beschloss umzukehren, da ich mittlerweile schon ziemlich weit gelaufen war. Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass es schon halb drei war. Langsam machte ich mich auf den Weg zurück zu meinem Auto. Was Rikku wohl sagen würde wenn sie wüsste, dass ich zum Teil ein Engel bin. Wahrscheinlich würde sie sagen ich soll ihr meine Flügel zeigen. Bei diesem Gedanken musste ich leicht lächeln. Ich würde Rikku den nächsten Schritt machen lassen und so wie ich sie bisher kannte, würde dieser nicht lange auf sich warten lassen. Ich war neugierig, was als nächstes geschehen würde. Ich erreichte mein Auto und fuhr zurück nach London. Viertel nach drei erreichte ich meine Wohnung. Ich war kaum eingetreten, als das Telefon klingelte. Ich nahm ab, musste aber leicht enttäuscht feststellen, dass Shinji am anderen Ende der Leitung war. "Oh...", zu überrumpelt um irgendetwas zu sagen starrte ich vor mir her. Aus welchem Grund würde ausgerechnet Shinji anrufen. "Hi Shinji...", sagte ich dann schließlich. "Hi Rei, wie gehts dir?" "Gut:" Mehr antwortete ich nicht. Doch er kannte mich leider, er wusste wie ich war, von daher lies er sich von meiner Einsilbigkeit nicht aus der Fassung bringen. "Mir geht's auch gut, Weihnachten gut überstanden? Wie gefällt dir mein Geschenk?" "Ja, Weihnachten war... wirklich nett. Und dein Geschenk ist... äh, ja es ist auch nett. "Na dann scheint ja alles nett bei dir da drüben zu sein was? hm hm." Ich konnte ihn ein leichtes Lachen unterdrücken hören. Was für ein flacher Wortwitz... "Äh.. Ja hehe, alles nett.", antwortete ich und hätte kotzen können. "Was ich sagen wollte, hast du an Silvester was vor? Oder hast du Lust mit uns zu feiern?" "Wer ist denn... "uns"?" "Na Kaworu, ich, Misato kommt auch, sie bringt das Bier mit. Ich dachte kurz über meinen Spaziergang nach und über die Sache mit dem offener sein. Trotzdem kam ich zu dem Schluss, dass ich noch nicht offen genug für so was war und ehrlich gesagt auch nicht die geringste Lust hatte. Also musste eine Ausrede her. "Ach, weißt du, Shinji, das ist wirklich nett das ihr mich einladet aber ich... ähm ich habe für Silvester schon was vor, leider." "Ja? Was denn?" Ich sah scheinheilig in die Luft und dachte angestrengt nach, obwohl er es natürlich nicht sehen konnte. "Ich feiere Silvester mit... hm mit ... mit einer Freundin. "Mit einer was?? Mit deiner Freundin?" Er hörte sich schrecklich aufgeregt an. "Nein, mit einer Freundin..." "Du hast ne Freundin? Ich glaub ich werd verrückt." Ich hörte, wie er die Hand auf den Telefonhörer legte, aber natürlich war er nicht in der Lage, leise genug zu sprechen. So hörte ich alles mit. "Man, Kaworu, stell dir das mal vor, Rei hat eine Freundin..." Ich zog eine genervte Grimasse und legte sofort auf. "Elender Idiot..." Kurz darauf klingelte das Telefon wieder doch ich lies es klingeln und setzte mich in den Sessel vor den Fernseher. Das ich überhaupt einmal ansatzweise so etwas wie Freundschaft für diesen Idioten empfunden habe, ich war ehrlich froh, nicht mehr in seiner Nähe wohnen zu müssen. Ich zappte durch die Fernsehprogramme, aber es lief nicht interessantes, also ging ich zu meinem Bücherregal. Ich lies meinen Blick über die Buchrücken schweifen, Bildbände verschiedenster Künstler aus allen möglichen Epochen, Sachbücher über das Zeichnen. Ich griff mir ein Buch über das Zeichnen von Portraits und setzte mich damit wieder in den Sessel. Ich blätterte die Seiten durch und lies den Fernseher nebenher laufen. Das Buch war recht interessant. Es hieß mal solle am besten mit Personen anfangen, die einem nahe stehen oder die einem durch irgendwelche Dinge im Kopf geblieben sind. Als ich diesen Satz las schlug ich das Buch zu. "Sehr witzig... Ist das wieder Bestimmung? Oder vielleicht sogar Schicksal? Ha, ha ,ha..." Ich stellte das Buch wieder zurück und ertappte mich bei meinen Selbstgesprächen. Ich sah erneut auf die Uhr. Es war kurz vor vier. Dieser Tag schien einfach nicht enden zu wollen und komischerweise empfand ich mein Leben an diesem Tag als überaus langweilig. Ich war fast schon so weit, einfach so ins Museum zu gehen, obwohl ich es sowieso in und auswendig kannte. Malen wollte ich auch nicht, dazu war ich zu faul meine gut verstauten Sachen extra rauszukramen und den Gedanken, einfach in ein schönes Restaurant zu gehen verwarf ich auch sofort wieder bei der Erinnerung an das Cafe und den übertriebenen Fisch. Alleine in ein Restaurant zu gehen war vielleicht doch etwas seltsam und so beschloss ich, einfach mal wieder selbst etwas richtig Gutes zu kochen, was lange her war, und ging sofort in die Küche um mich nach Zutaten umzusehen. Zum Glück hatte ich es mir angewöhnt, auf Vorrat zu kaufen. Mein Kühlschrank und der Vorratsschrank waren gut gefüllt und so überlegte ich mir, was ich kochen sollte. Ich entschied mich für einen Brokkoli - Blumenkohl Auflauf. Ich suchte die nötigen Zutaten zusammen und machte mich an die Arbeit. Während ich kochte fragte ich mich, was wohl Rikkus Lieblingsessen sei. Ich hielt einen Moment inne. Rikku hatte sich wirklich tief in mein Unterbewusstsein eingebrannt... nur war mir das inzwischen nicht mehr so unangenehm wie es zu Beginn war. Was ich mich auch fragte war, ob sie so einen Auflauf wohl essen würde. Ich war Vegetarierin und sie höchstwahrscheinlich nicht. Ich gab das Gemüse in eine Form, schüttete etwas flüssige Sahne hinein und streute etwas Käse darüber. Dann stellte ich es in den Ofen. Das Telefon klingelte wieder und mit einem Seufzen nahm ich ab. "Ayanami?" "Hi, hier ist noch mal Shinji". Ich verdrehte die Augen. "Was?" "Wir wollen dir nur noch mal vorläufig ein frohes neues Jahr wünschen, weil beschlossen haben, an Silvester wegzufahren. "Das bringt Unglück", antwortete ich nur. "Als ob du an so was glauben würdest..." Ich hörte ihn quasi am Telefon grinsen und musste auch leicht lächeln. Im Grunde hatte er schon Recht, "Danke", antwortete ich" "Bitte bitte, tschüss Rei. "Wiedersehen" Dann legte er auf. während ich darauf wartete das. dass essen gar wurde griff ich mir wieder das Buch über Portraits, da ich sowieso nichts besseres zu tun hatte. Ich wusste gar nicht mehr, warum ich mir das Buch gekauft hatte, schließlich wäre es mir nie in den Sinn gekommen, jemand zu portraitieren, wen auch? Meine Arbeitskollegen bestimmt nicht, die hätten sich am Ende vielleicht noch aus irgendeinem Grund über mein Hobby lustig gemacht. Ich blätterte lustlos umher und lies die Seite mit den Empfehlungen dieses mal bewusst aus. Wenig später breitete sich in der ganzen Wohnung der leckere Geruch des Auflaufs aus und ich ging zum Ofen. Er war fast fertig, also wartete ich noch etwas und holte mir Geschirr aus den Schränken und deckte den Tisch. Der Auflauf schmeckte hervorragend, allerdings hatte ich für eine Person viel zu viel gekocht. Den Abend vertrieb ich mir dann noch mit Fernsehen bis ich dann schlafen ging. Ich schlief schnell ein, aufgrund meines Schlafmangels am vorigen Tag und wachte auch erst sehr spät am Morgen wieder auf. Es war kurz nach zwölf. Ich ärgerte mich ein wenig darüber so lange geschlafen zu haben, aber es lies sich nun auch nichts daran ändern. Ich stand auf und frühstückte. Während dem Frühstück überlegte ich was ich heute machen wollte. Ich beschloss, nach dem Frühstück kurz zu duschen und anschließend in die City zu fahren und mir dort einen schönen Ort zum zeichnen zu suchen. Nachdem ich fertig mit essen und duschen war, packte ich meine Zeichenutensilien zusammen und wollte gerade die Wohnung verlassen, als es an der Tür klingelte. Ich hielt kurz inne und verstaute meine Sachen erst mal auf dem Tisch. Dann ging ich zur Tür und drückte den Knopf an der Sprechanlage, dass die Haustür unten auf ging. Ich fragte nie nach, wer an der Tür war, meistens kannte ich denjenigen sowieso. Wohlmöglich war es wieder nur irgendein Kind aus den Nachbarwohnungen, das den Schlüssel vergessen hatte. Umso überraschter war ich, als tatsächlich Rikku vor meiner Tür stand. Eigentlich fühlte ich mich sogar mehr als überrascht, aber mehr im positiven Sinne. "Hi...?", meinte ich, ganz der Gastgeber, aber schaffte es nicht, die Verwunderung aus meiner Stimme raus zu lassen. "Hi Rei. Ich bin gekommen um dir... also um dir deine Zahnbürste zu bringen, die hattest du letztes Mal vergessen.", sagte sie und find an zu grinsen. Auch ich musste leicht lächeln. Es war seltsam, auf irgendeine verspielte Art war sie schon sehr charmant und wir wussten beide, dass sie nicht wegen der blöden Zahnbürste gekommen war. Aber ich entschloss mich, das Spiel mitzuspielen. "Ah ja... danke.", sagte ich und nahm die Zahnbürste entgegen. "Ist das alles?", fragte ich dann. "Ähem, nein, eigentlich nicht.", meint Rikku. "Ich wollte mich für die Sache mit der Blume entschuldigen, falls ich dich damit in Verlegenheit gebracht habe" "Ach, dafür musst du dich nicht entschuldigen, komm doch erstmal rein, dann können wir uns besser unterhalten." Rikku betrat die Wohnung und ich schloss die Tür. "Möchtest du eine Tasse Tee?", fragte ich, während ich die Zahnbürste ins Badezimmer stellte. "Oh ja, gerne." Ich bemerkte, dass Rikku interessiert einige meiner Bilder betrachtete, die ich im Wohnzimmer aufgehängt hatte. "Hast du die selber gemalt?", fragte sie. "Einige davon.", antwortete ich und begann Teewasser aufzusetzen. "Du hast wirklich Talent..." Sie staunte weiter. Nun wurde ich wirklich etwas verlegen. So ein Lob hatte ich für meine Bilder bisher noch nie bekommen. Sie sah sich noch etwas im Wohnzimmer um und setzte sich dann auf meinen Sessel. Es war offensichtlich, dass ihr meine Wohnung nicht sonderlich zusprach und ich musste darüber grinsen. Wir redeten zunächst kein Wort. Es wollte seltsamerweise kein Gespräch entstehen. Sie schämte sich noch immer für ihr Verhalten und saß einfach gelangweilt auf dem Sessel. Ein paar Minuten später hatte ich unseren Tee dann fertig und brachte ihr ihren in das Wohnzimmer. Ich stellte die beiden Teetassen auf den Wohnzimmertisch und setzte mich ihr gegenüber in den anderen Sessel. Sie nahm einen Schluck von ihrem Tee und meinte dann: "Schmeckt lecker, du kannst gut Tee kochen Rei." Ich nickte nur. Nach einigen weiteren schweigsamen Minuten fragte sie mich: "Rei, willst du mir nicht vielleicht doch etwas von dir erzählen? Was du so gemacht hast bevor du angefangen hast im Museum zu arbeiten?", dabei sah sie mich wieder mit ihrem Hundblick an. Ich hatte geahnt, dass sie irgendwann wieder davon anfangen würde, mein Verhalten ihr gegenüber hatte sich zwar geändert, doch ich befand mich in einer Zwickmühle. Sollte ich ihr nur einen Teil meiner Vergangenheit erzählen oder alles? Nach kurzer Überlegung entschied ich mich dafür, ihr fürs erste noch nicht alle Einzelheiten zu erzählen. "Hm... vor dem Museum hab ich bei einer größeren Organisation gearbeitet und bin natürlich ganz normal zur Schule gegangen. Vielleicht sagt dir NERV etwas, wenn nicht, ist es auch nicht wichtig." Ich ließ ihr gezielt keine Zeit um Fragen zu stellen sondern redete einfach weiter drauf los. "Die Arbeit war nicht immer leicht, verbunden mit der Schule schon gar nicht. Ich verließ das die Organisation als ich merkte dass ich nur ausgebeutet wurde und dass mir die Leute da nichts bedeuteten. Und dann bin ich möglichst weit weg gezogen... eben hierher nach London. "Ah ja...", sagte sie nur und wollte schon zu einer Frage ansetzen, doch ich unterbrach sie erneut. "Vielleicht drehen wir die Sache mal um und du bist dran mit erzählen. Quitt pro quo, kennst du das?" Sie grinste. "Na ja... du erzählst mir etwas, ich erzähle dir etwas... Das eine für das andere", sagte sie. Nun musste ich grinsen und sah sie fordernd an. "Da gibt's eigentlich nichts Besonderes zu erzählen.", seufzte sie und nippte an ihrem Tee. "Ich bin aufs Gymnasium gegangen und bin, nachdem ich mein Abi hatte, aufs Shouth Chelsea College, weil ich während meiner Schulzeit mein Interesse für Englische Geschichte entdeckte habe, um das zu studieren." Sie hielt inne und blickte mich an. "Jetzt bin ich wieder dran.", grinste sie "Was hat diese NERV Organisation gemacht, das ist doch nicht so was wie das FBI oder so?" "Nein, nicht wirklich. Am ehesten kann man sie wohl mit der NASA vergleichen, Maschinenbau und Forschung... und wenn's nötig war, spezielle Aktionen zum eigenen oder zum Schutze anderer." Ich versuchte wage zu bleiben und hoffte sie würde nicht zu sehr auf NERV eingehen. "NASA? Ach du meine Güte was hast du in deinem Alter bei ner Organisation wie der NASA zu suchen??", fragte sie ungläubig und verschluckte sich am Tee. "Ich war... für Tests zuständig. So ähnlich wie diese Zentrifugentests für Astronauten. Ich war sozusagen ein Lebender Dummy." Sie nickte. "Na? willst du nicht auch noch was fragen?", grinste sie. Doch, das wollte ich schon. Ich wollte liebend gerne über ihr Liebesleben bescheid wissen. Keine Ahnung warum, es war einfach so. Ich wollte wissen, ob sie Frauen mehr mochte als Männer. Doch einfach fragen konnte ich natürlich nicht. "Und, hast du, oder hattest du während deiner Schul-oder Studienzeit einen Freund?" Ich versuchte die Sache so diskret wie möglich anzugehen. "Nein, ich hatte noch keinen Freund." Nun ja nur weil sie keinen Freund hatte hieß das noch lange nicht, dass sie an Frauen interessiert war, vielleicht hatte sie einfach noch nicht den richtigen gefunden, obwohl mir das etwas unwahrscheinlich vorkam. "Das wundert mich aber.", sagte ich gespielt überrascht. "Das ein Gutaussehendes Mädchen wie du bis jetzt noch keinen Freund hatte." "Du findest mich gutaussehend?", fragte sie und grinste über beide Backen. Ich hatte mich selbst in die Falle gelockt und fühlte bereits, wie das Blut in meine Wangen schoss. "Nun ja, soweit es für eine Frau möglich ist, das zu beurteilen... ja", antwortete ich schließlich. Eine sehr beknackte Antwort, doch besser als alles andere, das mir einfiel. Ich zuckte kurz mit den Schultern und kam mir furchtbar ungeschickt vor. Wie verhielt ich mich gerade eigentlich... "Danke Rei, ich finde dich auch... attraktiv... das hab ich ja schon mal gesagt..." Sie wurde rot und blickte verlegen zur Seite als sie bemerkte, wie sie sich in ein immer größer werdendes Gestrüpp aus Erklärungsnot brachte. Ich blieb einfach ruhig, sonst wäre es mir genau so gegangen, doch ein Wort rutschte mir dennoch heraus: "Danke." "Nichts zu danken. So, jetzt bin ich wieder dran dir eine Frage zu stellen." Ich kam mir vor wie in einer bescheuerten Quiz Show mit dieser ewigen Fragenstellerei, aber ich hatte mich schließlich selbst in diese Situation gebracht. Ich hoffte inständig, dass sie nicht noch etwas über NERV fragen würde, da mir langsam die Ideen ausgingen das ganze zu umschreiben. "Was hast du damals als du für NERV gearbeitet hast außer deiner Arbeit und Schule sonst noch so gemacht, als Hobby? Hast du damals schon gemalt?" Ich schüttelte leicht den Kopf. "Mit zeichnen habe ich erst angefangen, nachdem ich nach London gekommen bin. Damals war schwimmen mein einziges Hobby." "Im Ernst? Nur schwimmen?" Ich nickte und sie zog die Augenbrauen hoch, anscheinend vor Verwunderung. Ich stellte keine Gegenfrage. Es reichte mir mit der Fragerei. Stattdessen ging ich einfach los und holte ein paar Kekse aus der Küche und so aßen und tranken wir eine Weile ohne ein Wort zu sagen. Scheinbar hatte sie es akzeptiert, doch ich sollte mich irren. "Sollen wir mal zusammen schwimmen gehen?", fragte sie mich und ich hielt mitten im Teetrinken inne und sah sie an. Warum eigentlich nicht, schoss es mir durch mein Gedächtnis. Sie war der erste Mensch mit dem ich etwas unternommen hatte, warum sollte man das nicht fortführen und vielleicht würde ich dann etwas über ihre Sexuelle Neigung herausfinden. Ich willigte ein. "Toll.", freute Rikku sich. "Wie wäre, es wenn ich dich morgen um zehn Uhr abhole?" Ich nickte nur. Wieder herrschte ein kurzer Moment des Schweigens, doch war ich es, die das Schweigen diesmal brach. "Rikku, würdest du vielleicht einmal für mich Model stehen?" fragte ich zaghaft. Kurz sah sie mich verwundert an, ehe sich dann wieder ihr gewohntes Grinsen auf ihr Gesicht schlich. "Ja, wieso nicht", meinte sie und mir viel ein Stein vom Herzen, dass sie nicht drüber lachte und auch nicht fragte warum. Dann sah sie auf die Uhr. "Ich muss leider schon wieder gehen Rei, muss noch eine Freundin im Krankenhaus besuchen." Ich nickte und brachte sie zur Tür. Sie machte Anstalten mich zum Abschied zu umarmen, doch zögerte sichtlich und beließ es dann einfach dabei, dass sie mir freundschaftlich auf die Schulter schlug. "Bis morgen dann." Ich nickte erneut. "Bis morgen" Nachdem sie weg war schloss ich die Tür, öffnete ein Fenster in der Wohnung und lehnte mich etwas heraus. Es war nett, dass sie einfach wegen der blöden Zahnbürste gekommen war obwohl ich sicher war, dass das nicht der einzige Grund gewesen sein könnte. Insgeheim freute ich mich schon riesig auf den Besuch im Schwimmbad und hielt es kaum mehr aus, das Warten war unerträglich. Es war erstaunlich, wie schnell das Leben eines Menschen durch einen anderen Menschen verändert werden kann. Noch vor ein paar Tagen wäre es mir nie in den Sinn gekommen, etwas vollkommen freiwillig und ungezwungen mit anderen Menschen zu unternehmen, doch nun freute ich mich fast wie ein kleines Kind auf den nächsten Tag. Um mir die Zeit bis zum Abend zu vertreiben, beschloss ich, in die City zu fahren um zu zeichnen, so wie ich es vorhatte bevor Rikku überraschend aufgetaucht war. Ich nahm meine Sachen vom Tisch zog mir meinen Mantel an und verlies die Wohnung. Die Fahrt über dachte ich weiterhin nach und wurde fast verrückt. Ich fuhr mit einem Dauergrinsen. Morgen würde ich genau darauf achten auf den Rikku achtet. Bei der geballten Menge leichtbekleideter Menschen kann man einfach nicht wegschauen. Ich kam mir kindisch vor. Als ob jemand zu mir gesagt hätte, wenn du heraus bekommst, ob Rikku lesbisch ist, dann bekommst du mein Fahrrad, Rei. Eine Kindertaktik. Irgendwie fragte ich mich, wieso mir der Gedanke so zuwider war, immerhin war ich selber noch nicht mal ganz volljährig. Im Grunde passten diese Strategien genau in meine Altersklasse, wieso mich eigentlich schämen. Mein Verhalten kam mir überspitzt vor, irgendwie zu sehr darauf bedacht erwachsen zu wirken. Bei genauerer Betrachtung musste ich sogar über mich selbst lachen. Andere Jugendliche holen sich bei MC Donalds oder Burgerking was zu essen und ich besuche irgendwelche Cafes, aus Gründen die ich mir eingebildet habe. "Was führe ich eigentlich für ein Leben...", flüsterte ich vor mir her. Es war mir unbegreiflich, wieso mir das noch nicht aufgefallen war. Ich parkte meinen Wagen etwas Abseits, nahm meine Sachen und ging dann in die City. Vor Big Ben baute ich meine Sachen auf und fing an ihn zu malen. Schnell versammelten sich einige Leute um mich herum und sahen zu, was mir unangenehm war. Wieso zum Teufel war ich mitten in die Stadt gefahren. Der Kommentar einer Frau mittleren alters mit Kind riss mich dann schließlich aus dem Konzept. "Würden sie meine Kinder für Geld malen? Ich leg auch noch Zehn Pfund extra drauf okay?", lächelte sie. Ich begriff erst einige Augenblicke später. Die Frau hielt mich für eine Straßenmalerin die auf Geld aus war. Eine Arbeitslose die aus ihrem Talent nichts machen konnte, eine ausgebrannte Person die sich mit den paar Groschen, die sie verdient abends im Pub die Birne mit Bieren voll kippt, um ihre verkappte Existenz für den Augenblick zu vergessen, nur um Morgens dann aufzuwachen und ernüchternd feststellen zu müssen, dass man immer noch so lebte. Die Frau gab mir den Rest. Ich, siebzehn Jahre, saß in Londons City, vor dem Big Ben und male... Das Hobby war okay, aber nicht in diesem Ausmaße. Ich kam mir so seltsam vor wie noch nie im meinem Leben. "Und? ich Zahle auch übertriebene Preise", meinte die Frau dann. Sie machte mich krank und unfassbar wütend. "Malen sie ihre Kinder selbst!", sagte ich, stand auf und ging zurück zu meinem Wagen, meine Sachen ließ ich einfach stehen. Ich fuhr eine Weile ziellos durch die Straßen. Für was hielt diese Frau sich? Woher hatte sie sich das Recht genommen, mich auf den Status einer Asozialen zu degradieren. Solche Menschen machen mich verrückt. Sie überlegen nicht, bevor sie etwas sagen, sie handeln zu sehr nach ihrem Instinkt. Bei solchen Menschen war es kein Wunder, dass ich mich so lange vor einem näheren Kontakt mit meinen Mitmenschen gescheut hatte. Zum Glück war Rikku nicht so. Dann fühlte ich mich auf einmal einfach dumm. Ich fuhr in eine Gasse und bremste. krampfhaft hielt ich mich am Lenkrad fest. War es eigentlich nicht ich selber, die mich dazu degradiert hatte? Ich hätte der Frau auch einfach sagen können, dass es mein Hobby sei. Außerdem war ich manchmal selber nicht anders. Am Tag meiner Jack the Ripper Führung hatte ich schließlich auch alle Studenten in eine Schublade gesteckt und mit Rikku hatte ich schon mal Unrecht. Mit den anderen wahrscheinlich auch. Mich selber berührte das nur zu sehr, bei NERV war mir nie so etwas passiert. Ich war einfach unfähig damit umzugehen und nicht bereit es zu lernen. Wieder fragte ich mich, wieso ich so lebte. Schließlich trat ich aufs Gas und bretterte quasi nach Hause. Ich nahm einen Umweg über die Schnellstraße, einfach, um etwas zu rasen. Ich wusste selber nicht warum. Als ich zuhause ankam, rannte ich die Treppen hoch, betrat meine Wohnung und knallt die Tür hinter mir zu. Wütend schlug ich mit den Fäusten auf den Tisch. Die Tatsache, dass dieses "Schubladendenken" so ausgeprägt war und meine emotionale Unerfahrenheit machten mich wütend. Und in Gedanken richtete sich diese Wut mit einem mal auf den Menschen, der dafür verantwortlich war, der Mensch, der mich "erschaffen" hatte. Gendo Ikari. Ich verspürte große Lust ihn anzurufen und ihm meine Meinung und meine Wut in die Ohren zu schreien, doch ich ließ es. Stattdessen ließ ich mir einfach ein Bad ein und entspannte mich. Es war wichtig, wieder zur Ruhe zu kommen. Wenn ich bisher jedes Mal bei den Banalitäten des Lebens so in die Luft gegangen wäre würde ich wohl schon nicht mehr leben. Rikku hatte meine ganze Einstellung zum Teil verändert. Sogar Derens Blicke auf meinen Hintern würde ich in Zukunft nicht mehr tolerieren wollen. Im Grunde wollte ich das sowieso nie, ich ignorierte es nur. Ich blieb lange in der Badewanne sitzen und zum Glück war es auch schon relativ Spät, sodass ich danach einfach ins Bett ging. Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker um acht Uhr, ich hatte in mir am Tag zuvor extra gestellt um nicht Rikkus Ankunft zu verschlafen. Ich stand auf und ging unter die Dusche. Meine Wut vom Vorabend war noch nicht ganz verraucht und ich faste einen Entschluss: Ich würde Gendo anrufen oder ihm einen Brief schreiben um im klipp und klar zu sagen, was ich von ihm hielt. Nach zehn Minuten stieg ich aus der Dusche und zog mich um. Die verbliebene Zeit verbrachte ich damit, meine Schwimmsachen herauszusuchen und mich vor dem Spiegel lächerlich lange zu betrachten. Ich verspürte das Bedürfnis schön zu sein und verstand es selbst nicht, es kam bisher nie vor. Um mein Aussehen machte ich mir eigentlich nie viele Gedanken, da ich mich weder allzu hässlich noch umwerfend schön fand und dem Thema nie viel Wichtigkeit zuordnete. Trotzdem blieb die Andersartigkeit der Situation bestehen und ich verbrachte eine ewig lange Zeit damit, peinlich genau darauf zu achten wie meine Haare saßen und ich wäre fast in Versuchung gekommen etwas von dem Make up, dass ich seit Jahren in den tiefsten Tiefen meines Badezimmerschranks verstaute aufzutragen. Zum Glück konnte ich mich bremsen und nahm nur eine kleine Menge Lipgloss, einfach damit sie etwas schimmerten. Ich dachte an Rikku und meine erste Begegnung mit ihr, wie ihre Lippen mir ins Auge fielen, ebenso glänzend. Es klingelte an der Tür und ich stellte leicht verärgert fest, dass das ganze anziehen und Haare zurrecht machen viel zu lange gedauert hatte. Es war bereits kurz vor Zehn. Warum hatte ich mir überhaupt solche mühe gegeben, nachher im Wasser würde die Frisur sowieso kaputt gehen. Ich öffnete die Tür und Rikku betrat die Wohnung. Sie begrüßte mich mit einem fröhlichen "Guten Morgen Rei." "Guten Morgen Rikku.", erwiderte ich ihren Gruß. "Können wir Los?", fragte ich und erntete einen etwas verlegen Blick von Rikku. "Ähem, wenn es dir nichts ausmacht, könnten wir vielleicht vorher irgendwo einen Kleinigkeit essen gehen? Ich hab nämlich total verschlafen und um nicht zu spät zu dir zukommen habe ich das Frühstück ausfallen lassen." "Oh", war das Einzige, das ich in meinem Erstaunen von mir gab. Eine wirklich intelligente Antwort. Es wunderte mich nicht, dass sie sich beeilt hatte um her zu kommen und dafür sogar das Frühstück ausfallen lies, viel mehr brachte mich die Tatsache zum nachdenken, dass sie es für mich getan hatte. Ich fühlte mich vom einen zum anderen Moment seltsam glücklich, wie nach einer Tafel Schokolade. Ich musste grinsen. "Ist kein Problem, wir können gerne auf dem Hinweg irgendwo vorbei fahren", sagte ich. Die Idee, etwas Essbares in meiner Küche zu suchen kam mir in dem Moment gar nicht und erschien mir im Nachhinein dann doch sehr unpassend. Rikku würde sich mit einem Keksfrühstück wohl kaum abfinden und zugegebenermaßen hätte sie wohl damit Recht gehabt. "Perfekt, ich sterbe vor Hunger, komm, wir gehen.", sagte sie und zog mich hinter sich her, sodass ich fast die Tür nicht richtig schließen konnte. Ihre kindliche Impulsivität erstaunte mich immer wieder Wir liefen die Treppe hinunter und verstauten unsere Badetaschen im Kofferraum meines Autos. "Ok, wo sollen wir was frühstücken gehen?", fragte ich sie. "Am Earl's Court gibt es eine McDonalds Filiale in der Ich neben meinem Studium arbeite, dort können wir was essen und kriegen zudem noch Rabatt." Ich legte den Kopf leicht schräg. Ein Frühstück bei McDonalds nicht gerade die gesündeste art den Tag zu beginnen. "Alles klar.", sagte ich dann doch und wir stiegen ein. Auf der Fahrt redeten wir über belanglose Kleinigkeiten, wie hast du geschlafen, alles in Ordnung, das Wetter ist mal wieder mies, wir freuen uns aufs schwimmen und so weiter. Als wir die Filiale erreichten sprang sie förmlich aus dem Auto und meinte ich solle nicht so trödeln. Scheinbar hatte sie wirklich extremen Hunger. Im McDonalds drinnen meinte ich sie solle mir einfach das mitbringen, was sie auch nehmen würde, so ersparte ich mir lästiges anstehen an der Schlange und irgendwelche peinlichen Dinge meinerseits, da ich noch fast nie bei McDonalds gegessen hatte und somit auch nicht wirklich wusste wie und wo man zu bestellen hatte und was alles kostete. Rikku nickte nur grinsend und ich suchte uns einen Platz an einem der riesigen Fenster. Es war mir wichtig, in Rikkus Gegenwart nicht peinlich aufzufallen. Ein Vorfall wie der Riesenfisch im Cafe ein paar Tage davor, und ich hätte mich umgebracht. Rikku veränderte alles um mich herum und machte mich zu einem willenlosen Opfer meiner Gefühle und meiner Intuition, was natürlich nicht immer schlecht ist, zugegeben. Ich glaube, wenn sie gefragt hätte ob ich von einer Klippe springen würde, hätte ich nicht verneint, sondern "wie hoch?" gefragt. In diesen Momenten des Wartens im Fastfood Restaurant machte ich mir kurz Gedanken darüber, ob ich ihr wohl in irgendeiner Weise verfallen war, aber wurde schnell unterbrochen, als ich darauf aufmerksam wurde, wer nur wenige Tische von mir entfernt saß, und das nicht alleine. Es war Tom Derens, zusammen mit Anna Smith. Zum Glück hatten sie mich noch nicht bemerkt, da sie beide in ihre Konversation vertieft waren. Anscheinend hatte die Weihnachtsfeier so ihre Nachwirkungen gehabt, dachte ich und schüttelte leicht ungläubig den Kopf. Ich fragte mich, was seine Frau wohl machen würde, wenn sie jetzt hier wäre. Wahrscheinlich würde sie Derens aufs übelste beschimpfen und anschließend aus der Filiale prügeln. Doch bevor ich mir weiter Gedanken darüber machen konnte kam Rikku auch schon mit einem Tablett, auf dem sich unser frühstück, befand an den Tisch. "Ich hab' Hunger wie ein Bär", meinte sie und begann dann zu essen und ich musste grinsen. Das Frühstück bestand aus einem McDonalds Cappuccino, mehreren Donuts, zwei Croissants für jeden, dazu kleine, abgepackte, Stückchen Butter, einen kleinen Topf Marmelade, abgepacktem Zucker und einer Apfeltasche für jeden. Die pure Kalorienbombe. Rikku nahm einen Schluck Cappuccino, biss ein Stück Donut ab und hielt den Rest mit ihrem Mund fest, um ihre beiden Hände frei zu haben um das Croissant aufzuschneiden. Ein herrlicher Anblick und ich musste stark an mich halten, nicht loszulachen. Ein Blick rüber zu Derens bewies mir endgültig, dass die Weihnachtsfeier ein neues Liebespaar geschaffen hatte. Derens und Anna saßen an ihrem Tisch und küssten sich so heftig, dass es fast aussah als würden sie ihre Gesichter ablecken. Als eine Frau sich dann beschwerte, dass so etwas nicht in einem Restaurant und vor allem nicht vor ihren Kindern sein müsse wies ein McDonaldsangestellter das beschäftigte Paar dann zurrecht. Daraufhin zahlten sie nur und verließen die Filiale. Wieder schüttelte ich den Kopf und fing dann auch endlich an zu essen. Ich stellte fest, dass ich, obwohl ich auch nichts gegessen hatte, nicht sonderlich hungrig war. Innerlich war ich viel zu aufgekratzt um hungrig zu sein. So knabberte ich etwas lustlos an meiner Apfeltasche herum, während sich Rikku mit vollem Eifer den Bauch voll stopfte. Als ich ihr so gegenüber saß und ihr beim essen zusah, musste ich schmunzeln und konnte mir eine Bemerkung nicht verkneifen. In fast schon strengem Ton sagte ich: "Du weist aber, dass man mit vollem Bauch nicht ins Wasser gehen sollte Rikku...?" Augenblicklich hielt sie mit kauen inne und sah mich einige Augenblicke an. Selbst an ihrem zweiten Croissant schmierte sie nicht weiter. Ich sah sie weiterhin tot ernst an, irgendwie schaffte ich es, weder zu grinsen, noch zu lachen. Schließlich zogen sich ihre Mundwinkel nach oben und sie fing an zu husten, wahrscheinlich hatte sie sich verschluckt. Doch sie bekam es schnell wieder in den griff. "Entschuldigung Mama, aber wir sind doch auch noch nicht im Schwimmbad oder?", meinte sie dann und nun musste ich wirklich grinsen. "War auch ein Scherz", meinte ich überflüssigerweise. Es war, als ob ich zu ihr gesagt hätte, dass das Ding auf dem sie saß ein Stuhl sei. "Ach nee...?", sagte sie und schüttelte leicht den Kopf. "Isst du das noch?", fragte sie und deutete auf meine Donuts. Ich verneinte und sagte sie könne sie gerne essen. Nachdem wir zuende gegessen hatten verließen wir die McDonalds Filiale und fuhren auf Rikkus Vorschlag Richtung Tropical Paradiese Schwimmbad. Das einzige Schwimmbad, das ich in London bisher kannte, befand sich in Whitechapel. Es bestand nur aus einem einzigen Schwimmbecken, an dem zusätzlich zwei Sprungbretter montiert waren. Damals hatte mir diese Ausstattung völlig gereicht, doch nun war ich neugierig, was für Schwimmbäder Rikku bevorzugte. Nach einer kurzen Fahrt kamen wir am Tropical Paradiese Schwimmbad an. Schon von außen war extrem unterschiedlich zu dem mir bekanntem Schwimmbad. Es war riesengroß. Wir betraten es, zahlten den Eintritt und gingen dann zu den Umkleidekabinen. Der Weg führte auch am eigentlichen Bad vorbei. Es war mehr als einfach nur ein Hallenbad, es war unglaublich. Mehrere große Schwimmbecken, Sprungtürme, ein kleineres Becken für die Kinder, dazu mehrer Whirlpools in einem abgesonderten Bereich. Es standen relativ viele Pflanzen herum und einige Pools an sich waren geformt und dekoriert wie die Schwimmbecken die man manchmal in Werbereklame für Hotels in der Karibik oder auf Mallorca sieht. Alles in allem wirklich extrem schön. Der Boden war sehr kleinen, flachen Steinchen gekachelt und erinnerte an ein Mosaik. Der Weg, auf dem wir liefen war durch dunklere Steine hervorgehoben. Weiter hinter im Bad war ein Strandbereich mit jeder Menge Sand und Spielmöglichkeiten, beispielsweise gab es ein Volleyballnetz und mehrere Tischtennisplatten. Ein Schild, an dem wir vorbei kamen verriet mir zusätzlich, dass es sogar mehrere Saunen gab. Ich war beeindruckt. Im Vergleich zu meinem Hallenbad war das hier das Paradies. Viele Leute tummelten sich schon, immerhin waren für die meisten Kinder immer noch Ferien, die Stimmung war einfach einladend und ich freute mich wirklich darauf, mit Rikku schwimmen zugehen. Wenig später endete unser weg dann vor der Tür der äußerst geräumigen Damenumkleidekabine Rikku öffnete die Tür und mit einer, mich überraschenden, Erleichterung stellte ich fest, dass es mehrere einzelne Umkleidkabinen gab. Mich zusammen mit ihr umziehen zu müssen wäre mir doch etwas unangenehm gewesen. Ich betrat eine der Umkleidekabinen, zog mich aus und schlüpfte in meinen weißen einteiligen Badeanzug. Ich war ernsthaft neugierig was Rikku wohl zum Baden anziehen würde und ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Als ich mit Umziehen fertig war, klemmte ich mir mein Handtuch und Duschgel unter den Arm und verstaute meine restliche Kleidung in einem der Spinde. Kurz darauf verließ auch Rikku ihre Umkleidekabine. Sie trug einen gelben Bikini. Als ich sie so sah huschte eine leicht verlegen röte über mein Gesicht. "Weiß steht dir gut", meinte sie und betrachtete mich ohne auch nur einem Anzeichen von Scham. Auch sie nahm ihre Sachen und wir betraten das Bad. Es kam mir komisch vor, in einem Hallenbad ein Handtuch auszubreiten, doch in diesem Fall war es nun mal anders. Es war eher wie ein Freibad unter einer Glaskuppel. Als wir einen schönen Platz gefunden hatten legten wir uns auf unsere Handtücher und entspannten uns ein wenig. Ich dachte die ganze Zeit darüber nach wie ich es anstellen sollte. Ich wollte etwas über Rikku erfahren, und das unbedingt. Die Frage nach dem "warum" stellte sich mir gar nicht mehr, ich wollte es einfach, es war mir wichtig. Ich setzte mich aufrecht hin und beschloss dann, es einfach unverblümt anzugehen, so kindisch es auch sein mochte. "Welcher von diesen Typen wäre wohl was für dich Rikku?", fragte ich einfach und tat so, als ob ich Ausschau nach einem passenden Mann halten würde. Es war so schrecklich kindisch... Als ich zu Rikku sah konnte ich die Verwirrung in ihrem Gesicht richtig ablesen und war auf ihre Antwort gespannt. "Weißt du Rei, mir kommt es bei einem Menschen nicht auf Äußerlichkeiten an, es ist doch viel wichtiger, wie es in seinem Herzen aussieht, meinst du nicht?" Als sie das sagte blickte sie mir direkt in die Augen und auf ihrem Blick lag ein ernster Ausdruck, wie ich in bisher noch nie gesehen hatte, allerdings nur für wenige Sekunden. Dann lächelte sie wieder und sagte: "Aber wir sind ja schließlich nicht hierher gekommen um uns einen Lover zu suchen." Sie stand auf ergriff meine Hand und zog mich auf die Beine. "Komm mit!" Sie zog mich hinter sich her Richtung Wasserrutsche. Ich war nicht sicher wie ich ihre Antwort deuten sollte. Besonders eindeutig war sie nicht, allerdings hieß es auch nicht, dass sie Männer bevorzugte. Es war das erwachsenste, was ich je von ihr gehört hatte und mein Bild von ihr änderte sich wieder einmal. Wenn sie wollte, dann konnte sie sicher auch sehr ernst sein. Trotzdem interessierte es mich, wie es in ihrem Herzen aussah, denn ich wurde mir mehr und mehr sicher, wie es in meinem aussah, denn die Berührung ihrer Hand, mit welcher sie mich unermüdlich weiter zog jagte eine Gänsehaut über meinen Körper und ich wünschte mir, heute morgen doch etwas mehr gefrühstückt zu haben, da mein Magen sich seltsam leicht anfühlte, geradezu flatterig, als ob man einen Heliumballon im Bauch hätte. Zudem eine unbestimmte Wärme in Brustgegend, was ich noch nie erlebt hatte und dessen Bedeutung mir erst später bewusst wurde. An der riesigen Rutsche angekommen, nahmen wir zuerst die Stufen, danach die Leitern nach oben und ich war peinlich darauf bedacht, beim Hochklettern nicht wirklich nach oben zu sehen, da Rikku direkt über mir kletterte. Also sah ich meistens leicht zu Seite und kam mir dabei unendlich blöd vor. Aber mir fiel nichts Besseres ein. Nach einer Ewigkeit, wie es mir vorkam, waren wir dann ganz oben angelangt und erst jetzt wurde mir das Ausmaß der Rutsche bewusst. Sie war wirklich sehr hoch, doch Rikkus kindlicher Übermut zwang mich geradezu nach oben. Ihr Spieltrieb war nicht mehr zu stoppen und ich fand es witzig und auf irgendeine Weise auch liebenswert. Oben angekommen setzte sich Rikku auf die Rutsche und blickte mich fordernd an. "Komm, lass uns zusammen runterrutschen!" Für einen kurzen Moment wurde mir schwindelig. Einen so engen körperlichen Kotakt hatte ich noch nie zu einem Menschen gehabt, na a außer vielleicht damals, als dieser Idiot Shinji auf mich drauf gefallen war, aber das war seine Schuld gewesen. Letzten Endes überwand ich mein Zögern, setzte mich hinter Rikku und legte vorsichtig meine Arme um ihre Taille und schon sausten wir die Rutsche hinab. In diesem Moment fühlte ich mich glücklich wie ein kleines Kind. Als Kind hatte ich nie die Möglichkeit gehabt, wie andere Kinder zu spielen aber nun fühlte ich mich glücklich wie ein Kind und ich war glücklich, einer Person, die ich mochte, so nahen seien zu können. Nach einer leider viel zu kurzen Zeit endete die Rutsche und wir beide tauchten in das klare Wasser des Schwimmbeckens. Zu diesem Zeitpunkt musste ich sie leider wieder loslassen obwohl es mir zugegebenermaßen auch nicht unangenehm gewesen wäre, es nicht zu tun. als ich auftauchte sah ich direkt in ihre vor Nässe glitzerndes Gesicht. Sie lächelte. "War doch gut, oder?", fragte sie. Ich nickte nur, vollkommen in Gedanken versunken. "Was ist? Mach nicht so ein Gesicht", meinte sie lachend und spritzte mir eine Ladung Wasser ins Gesicht. "Hör auf.", sagte ich, doch sie machte weiter und fing an zu lachen. "Wehr dich doch! Ich höre so lange nicht auf bis du auch aktiv wirst.", antwortete sie. Sie war offensichtlich wieder in ihre Nervensägenmentalität zurückverfallen und hörte einfach nicht auf. Selbst als ich mich weg drehte machte sie weiter, wechselte sogar die Position um mir wieder Wasser ins Gesicht schlagen zu können. Es war unfassbar nervig und auch meinen Versuch sie zu ignorieren beachtete sie nicht, sondern lachte einfach weiter, bis es mir dann zu viel wurde. Ich schwamm auf sie zu packte sie an den Schultern und drückte sie kurz unter wasser. Sie tauchte prustend wieder auf "Na also, geht doch!", lachte sie und schon hatte ich die nächste Ladung Wasser abbekommen, welche ich ihr sofort wieder heimzahlte. Wir tobten im Wasser umher ohne die verwirrten oder ärgerlichen Blicke der andern Schwimmbadbesucher zu beachten. Noch nie in meinem Leben war ich so ausgelassen gewesen wie in diesem Augenblick und ich klostete ihn voll aus. Nach einer Ewigkeit des Herumtobens, so kam es mir jedenfalls vor, meinte Rikku keuchend: "Ok Rei, unentschieden würde ich sagen." Dem konnte ich nur zustimmen denn mir ging langsam auch die Puste aus. "Was sollen wir als nächstes machen?", wollte sie wissen. "Action hatten wir erstmal genug, lass uns zum entspannen etwas in die Sauna gehen.", schlug ich vor und Rikku war einverstanden. Ich wunderte mich über meinen spontanen Vorschlag. Noch vor zwei Wochen hätte ich so etwas nie gesagt. In diesem Moment beschloss ich, mich einfach damit abzufinden, dass ich in Rikkus Gegenwart ein anderer Mensch war, und das diese Andersartigkeit auch auf mein normales Leben übergriff. Ich sollte mich weniger wundern, sondern einfach genießen. Auf dem Weg zur Sauna probierte ich die Kindertaktik noch einmal aus, als ein mehr oder weniger hübscher Junge an uns vorbei lief. Ich fragte sie, was sie denke, wenn sie so jemanden sehe, und er ihr hinterher pfeifen würde, und sie antwortete, dass es ihr egal wäre, sie fände Männer größtenteils unpassend. Dabei beließ sie es. Unpassend war ein seltsamer Ausdruck dafür, wieder recht ungenau und in beide Richtungen offen, doch ich war mir sicher, dass eine der Richtungen anziehender für sie war, denn die Zeit im Bad über schenkte sie keinem Mann auch nur ansatzweise Aufmerksamkeit, noch sah ich sie je mit einem herumlaufen oder irgendwo sitzen, selbst bei der Führung im Museum war sie eher alleine, wie mir in dem Moment auffiel. Im Grunde schien sie nur an... mir ... interessiert, ganz gleich in welchem Ausmaß. Doch es gefiel mir und der Gedanke daran lies mich wohlig aufseufzen. Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht merkte, wie wir den Saunabereich erreichten. Wir entschieden uns, in die Sauna für Frauen zu gehen und ich war überrascht, dass sie vollkommen leer war, Rikku schien zufrieden, sie grinste und ihr Gesicht war seltsam gerötet. Ich vermutete, dass es an der Wärme lag. Wir setzten und auf die Holzbänke und ich lehnte mich zurück und entspannte mich. Rikku schien allerdings irgendetwas auf dem Herzen zu haben. Als ich meine Augen öffnete sah ich sie angespannt dasitzen, das Gesicht immer noch gerötet und die Hände im Schoß zusammengefaltet. Irgendetwas wollte sie sagen. Ich kannte diese Haltung von Anna, sie kauerte immer so herum wenn sie Derens um eine Gehaltserhöhung bitten wollte, es aber nie tat. Also beschloss ich, Rikku ein bisschen entgegen zu kommen. "Ist etwas?", fragte ich. "Hm??" Rikku schreckte kurz auf, grinste dann aber. "Ich weiß nicht, ob du das wissen willst Rei. Also hatte sie irgendetwas auf dem Herzen. "Probier's doch einfach.", meinte ich und ihr Grinsen wurde breiter, verschmitzter. "Wirklich?", fragte sie und stand auf. Sie kam zu mir herüber und setzte sich auf die gleiche Stufe. Mir wurde etwas mulmig, als ich ihren Blick sah, den ich absolut nicht deuten konnte. "Wenn du jetzt nichts sagst, dann ist es zu spät", grinste sie. "Was...?" Mir war, als ob sie sich leicht zu mir beugte, aber vielleicht bildete ich es mir auch nur ein. Mein Herz schlug schnell und hart, ich war nervös und wusste selber nicht warum. "Es ist vielleicht jetzt etwas plötzlich, aber es gibt da schon etwas, dass ich dir sagen möchte..." Sie lächelte immer noch, dieses Mal verträumt. Und sie kam tatsächlich näher. "Ach... ach ja...?", brachte ich nur heraus. Sie nickte und fuhr mit ihrer linken Hand langsam meinen rechten Oberschenkel entlang. Die Berührung war wie Feuer und lähmte mich, es war eine nicht auszuhaltende Spannung. "Ja...", flüsterte sie mir ins Ohr und die Luft in dem kleinen Raum schien zu knistern, als wäre sie elektrisch aufgeladen als Rikku den letzten Abstand zwischen unseren Gesichtern überbrückte, die Augen schloss und ihre Lippen auf meine legte. Ich hielt die Luft an, unfähig etwas zu tun. Fast ungewollt verschmolzen unsere Lippen in einem Kuss, dass ich dachte ich müsste sterben. Rikkus warme Lippen, ihre zarte Berührung, die Hitze um uns herum, die Feuchtigkeit, die ihre Hand auf meiner Haut federleicht entlang tanzen lies, alles vereinte sich in einem Moment des Gefühls, den ich nie erfahren hatte, total überrumpelt und doch wunderschön. Mein Herz klopfte wie wild, meine Schläfen pochten, mein Kopf musste rot wie Feuer sein und doch lies ich nach den ersten paar Sekunden meine Bedenken fallen, schloss meine Augen und erwiderte den vorsichtigen Kuss. Es war unglaublich, ich fühlte mich unfassbar leicht und für den Moment vergaß, ich wo wir waren und wer ich war, ich genoss das erste Mal in meinem Leben wirklich und war etwas enttäuscht, als Rikku den Kuss wieder löste und mir in die Augen sah. Ich keuchte wie eine verrückte, hatte ich die Luft doch die ganze Zeit angehalten und starrte sie an. "Ich liebe dich Rei.", hauchte sie mir entgegen. Es waren Worte, die ich noch nie gehört hatte, und die doch so schön waren, dass sie mir fast die Tränen in die Augen trieben. Ich öffnete meinen Mund, wollte etwas sagen, doch ich konnte es nicht, nicht wirklich. "Ri...", wollte ich anfangen, doch sie legte ihren rechten Zeigefinger auf meine Lippen und lächelte leicht. "Schhhh" Sie kam näher und umarmte mich einfach, als ob sie verstehen würde, wie es mir in diesem Augenblick ging. Eine verträumte Ewigkeit später lag ich immer noch in ihren Armen, niemand sprach, wir genossen einfach die Präsenz des anderen. Jetzt wusste ich zu hundert Prozent wie es um Rikkus Herz bestellt war und das machte mich glücklich. Ich glaubte, mein Herz würde vor Freude zerspringen. Hier war jemand, der sich wirklich um mich sorgte, jemand, dem ich vertrauen konnte, jemand... der mich liebte. Wie lange hatte ich unbewusst nach so jemand gesucht. Lange, viel zu lange hatte ich es verleugnet so jemand zu brauchen doch im Unterbewusstsein hatte ich es immer gewusst, dass es nicht so war. Als ich damals erfahren hatte, dass Gendo mich nur ausgenutzt hatte war eine Welt für mich zusammen gebrochen und ich hatte eine Mauer aus Abneigung, Misstrauen und Ignoranz um mein Herz aufgebaut. Doch nun war diese Mauer endlich niedergerissen worden, von einem wunderschönen Quälgeist, von Rikku. Ich konnte ihr vertrauen und ich beschloss, dass ich ihr meine komplette Vergangenheit erzählen sollte. Allerdings war das Schwimmbad dazu nicht der richtige Ort. Meiner Meinung nach hatte sie ein Recht darauf es zu erfahren und ich wusste selber, dass ich es ihr erzählen wollte. Es war einfach zu lange totgeschwiegen worden. Soviel Überwindung es mich auch kostete, ich schob sie langsam von mir weg. Ihr Blick wurde fragend. "Ich hab dir auch etwas zu sagen... aber nicht hier. Lass uns gehen, ich kenne einen schönen Ort den ich dir zeigen möchte, okay?" Sie nickte nur. Zusammen verließen wir Hand in Hand die Sauna und störten uns nicht an den seltsamen Blicken, die uns zugeworden wurden. Wir zogen uns um, packten unsere Sachen zusammen und stiegen in mein Auto. Wir redeten nichts und es kam mir fast grotesk vor, als würde ich den bisher schönsten Moment meines Lebens durch mein Verhalten total versauen. Aber sie würde es verstehen. Ich wollte ihr alles erzählen und selbst wenn sie mich danach ohrfeigen würde oder es ekelhaft fände, würde ich es ihr nicht übel nehmen sondern ihr einfach nur danken und lächeln. Wir erreichten schließlich den Feldweg, auf dem ich so oft spazieren gegangen war, der Feldweg, auf dem ich mir endlich eingestanden hatte, dass ich eine Person in meinem Leben brauchte der ich vertrauen konnte, die für mich Zuneigung empfand und für die ich das selbe empfand. Damals hatte ich gehofft das Rikku diese Person werden würde und diese Hoffnung hatte sich erfüllt. Wir stiegen beide aus dem Auto und ich ergriff Rikkus Hand. Gemeinsam gingen wir über den Feldweg und kamen nach kurzer Zeit zu einer Bank auf der wir platz nahmen. Rikku legte sanft ihren Arm um meine Schulter, sie sah, dass es mir schwer viel die richtigen Worte zu finden doch sie lies mir alle Zeit die ich brauchte. "Rikku... das was ich dir jetzt erzähle hört sich etwas seltsam an...", begann ich zu erzählen, "Als ich dir gesagt habe, dass NERV so ähnlich sei wie die NASA habe ich gelogen." Unsicher blickte ich sie an doch ihr sanfter Blick ermutigte mich dazu, weiter zu erzählen. "NERV ist eine Organisation die geschaffen wurde, um gegen als Engel bezeichnete Wesen zu Kämpfen, die 2015 auf der Erde aufgetaucht sind. Zum Kampf gegen die Engel wurde riesige Kampfmaschinen Namens EVANGELIONS eingesetzt und ich war die Pilotin des ersten EVANGELION." Ich schaute sie wieder an doch auch dieses Mal brachte mich ihr verständnisvoller Blick dazu fort zu fahren. "Der Öffentlichkeit gegenüber hieß es, dass NERV nur dazu da war die Engel zu bekämpfen, doch das stimmte nicht, die Organisation die hinter NERV stand hatte vor, nachdem alle Engel vernichten sein würden, die Menschheit gewaltsam in ihrer Evolution voranzutreiben, sie zu einem Wesen zu verschmelzen... und ein Teil dieses Plans war ich...ich bin kein Mensch ich ...bin ein Klon geschaffen aus dem zweiten Engel und der toten Frau des NERV Kommandanten. Der Kommandant war damals der einzige Mensch zu dem ich vertrauen hatte doch er hat mich nur ausgenutzt um seinen Plan ausführen zu können. Als ich das erfahren habe, habe ich NERV verlassen und bin nach London gegangen, das war vor drei Jahren." Nachdem ich geendet hatte konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten und sie flossen wie kleine Bäche über meine Wangen. Doch plötzlich spürte ich wie mein Kinn leicht sanft angehoben wurde. Wieder sah ich in Rikkus Augen und diese Augen waren voller Wärme, Zuneigung, Verständnis und voller Liebe. Sie hasste mich nicht trotz meiner Vergangenheit. Wieder näherte sie sich meinem Gesicht und als unser Lippen sich dieses Mal berührten entfachten sie ein Feuer in mir, das ich glaubte der gesamte Schnee um uns herum würde schmelzen. Um ehrlich zu sein, war genau das Gegenteil der Fall, es fing an zu schneien und ich kam mir vor wie in einem übertriebenen Kindermärchen. Ich weiß nicht mehr wie lange wir auf der Bank saßen und uns einfach nur küssten, auf jeden Fall war es eine Ewigkeit. Ich weiß auch nicht mehr wie und zu wem wir nach Hause gegangen sind, das einzige, was ich wusste war, dass ich Rikku liebte, meinen wundervollen, kleinen Querkopf und ich stand dazu. Ich sagte es ihr erst einen Tag später und entschuldigte mich tausend mal dafür, dass ich den wichtigen Moment durch mein Verhalten zu Nichte gemacht hatte, doch sie meinte es wäre unwichtig und sie würde es verstehen, es wäre ihr ähnlich gegangen. Sie wusste nicht ob sie ihr Verliebt sein durch die gewagte Aktion total verhunzen würde, sie hätte lieber einfach verliebt weiter gelebt, als das sie durch ihre Gewissheit das zerstörte, woran sie glaubte: Nämlich das ich auch etwas für sie empfand. Zum Glück siegte doch ihr Mut, denn ich glaube nicht, dass ich so einen Schritt getan hätte. Meine Vergangenheit fasste sie gut auf. Es wäre ihr egal, ob ich ein Klon sei, wie lebten schließlich in einer modernen Welt und sie sei aufgeschlossen, immerhin habe ich meinen eigenen Geist und meine eigene Persönlichkeit, da würde sie über die Umstände meines geklonten Körpers hinwegsehen, meinte sie grinsend und fügte hinzu, dass dieser Gendo einen guten Geschmack hätte, was Frauen anbelangte. Es war der makaberste Witz den ich über meine Existenz je gehört hatte und ich jagte sie eine ganze Zeit lang durch die Wohnung und schmiss Kissen und andere weiche Dinge nach ihr, bis sie sich entschuldigte. Danach lachten wir gemeinsam und wussten, dass ich es nicht so übel genommen hatte, wie ich vorgab. Auch die EVAS waren ihr so ziemlich egal. Es sei Vergangenheit und obwohl sie Geschichtsstudentin war legte sie nicht viel Bedeutung auf die Vorfälle. Sie war nur erstaunt und Glücklich, dass Gendos Plan nie verwirklicht wurde. Um bei Gendo zu bleiben: Ich rief ihn wirklich an und schnauzte ihn sage und schreibe zehn Minuten lang an, wie er sich doch schämen sollte und was für ein Mensch er sei. Es war kindisch, zugegeben, doch es machte Spaß. Als er meinte das ich mich zu seinen Ungunsten verändert hätte nannte ich ihn einen geistig minderbemittelten Schwachkopf ohne Realitätssinn, woraufhin er auflegte und ich in schallendes Gelächter ausbrach. Wie gesagt... Rikku hatte mich sehr verändert, und sie saß bei dem Gespräch neben mir und lachte sich die ganze Zeit kaputt. Auch über Tom Derens lachten wir. Seine Frau hatte seine Affäre aufgedeckt und lies sich scheiden. Seltsamerweise boxte sie eine hohe Abfindungssumme heraus, die Tom Derens beinahe arm machte. Anna verließ ihn. Sie verriet mir später, dass sie sowieso nur wegen seinem Geld mit ihm zusammen war, und nun, da er keins mehr hatte, wäre er wertlos. Ich musste lachen, ihre Art war einfach ungeheuerlich und sie schüttelte den Kopf als sie mich sah. Derens feuerte sie jedoch nicht, keine Ahnung warum. Bei Bemerkungen über mein Hinterteil ohrfeige ich ihn. Auch mich feuert er nicht, armer Mann. Er sollte auch jemanden kennen lernen wie Rikku. Jemanden der einen total verändert. Ich gefiel mir von Tag zu Tag besser, lebte, genoss und liebte und ich erkannte, wie schrecklich ich bisher gelebt hatte. Es hat alles geändert und ich weiß, dass ich nun jedes Weihnachten einen wirklichen Grund habe, mich zu freuen und zwar darüber, dass ein wunderschöner Quälgeist in mein Leben platzte, und mir endlich zeigte, wie ich wirklich war. The End Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)