Hinter den Schatten von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Planung und Erinnerung --------------------------------- Titel: Hinter den Schatten; Kapitel 3 Disclaimer: Mir gehört nichts und ich verdiene kein Geld hiermit blablabla. . . ^^ Hinweis: Jack ist mit der Pearl auf Barbados, Will und Lizzy in Port Royal und die anderen sind unterwegs *g* Anmerkung: Um dieses Kapitel zu verstehen, sollte man vielleicht die ersten beiden auch lesen. Ich kann mir vorstellen, dass es ansonsten unter Umständen etwas problematisch werden könnte *gg* Planung und Erinnerung Elizabeth Swann schlenderte über den großen Marktplatz, auf dem sie einige Stunden zuvor mit Commodore Norrington zusammengestoßen war. Sie lauschte den Angeboten, die die Händler lauthals feilboten. An einem Stand mit Stoffen in allen nur erdenklichen Farben und aus jedem Material blieb sie stehen begutachtete das riesige Angebot. Einige schöne Vorhänge und Teppiche wären für das alte Haus bestimmt nicht schlecht, dachte sie. "Hallo. Sie haben doch sicher auch große Stoffmengen, die man für Gardinen benutzen kann, oder?" fragte Elizabeth den Verkäufer. "Sicher hab ich das. Ich kann auch meinen Lieferanten das nächste Mal sagen, er soll mir von einem Stoff mehr geben, wenn sie mir sagen, welchen Stoff sie gerne hätten, Ms. Swann." "Das wäre wirklich sehr freundlich, wenn sie das machen würden. Dann werde ich morgen mit meinem Vater herkommen, denn alleine werde ich nicht entscheiden, welchen Stoff wir kaufen werden." "Aber selbstverständlich. Ich werde dann morgen die besten Stoffe mitbringen, die ich im Lager habe." "Vielen Dank, das ist sehr nett von ihnen. Auf Wiedersehen." "Auf Wiedersehen, Ms. Swann." Elizabeth wand sich von dem Stand ab und sah sich erneut um. Mit ihrem Vater würde sie sich auch noch nach weiteren Einrichtungsstücken umsehen, egal um was es sich handelte. Eigentlich, dachte Elizabeth, waren ihre Tante und ihre Cousine der ganze Aufwand gar nicht wert. Aber was tat sie nicht alles, damit ihr Vater zufrieden war. Zumal der Governor keine Ahnung hatte, wie das Verhältnis seiner Tochter zu seiner Schwägerin war. Elizabeth machte sich nun wieder auf den Weg zurück zum Hause Swann, um ihrem Vater von dem Haus des Verstorbenen Mr. Brown zu berichten. Die Sonne ging bereits unter und Will war in der Zwischenzeit zu Hause eingetroffen. Den Ring hatte er in einer kleinen Schachtel in seinem Schrank verstaut, sodass Elizabeth ihn auf keinen Fall finden würde, vorausgesetzt dass sie nicht in seinen Schrank danach suchen würde. Elizabeth hatte ihrem Vater bereits Bericht erstattet, worauf dieser sich sehr erfreut und interessiert gezeigt hatte und zugestimmt hatte seine Tochter am nächsten Tag auf den Markt zu begleiten. Nach dem Abendessen begaben sich Will und Elizabeth in ein kleines Zimmer im ersten Stock. Es war gemütlich eingerichtet mit einer bequemen Couch und zwei kleinen Sesseln, einem kleinen Tisch und einem Kamin in einer Ecke. Ein großes Fenster am Ende des Raumes ermöglichte den Blick auf die Berge im Inneren der Insel und war mit feinen, bodenlangen, beigen Gardinen gehängt. Diese waren nun zur Seite gezogen und das Fenster stand offen, da draußen noch ein warmer Abendwind wehte. Der Mond fing schon an sich seinen Weg an den Wolkenlosen Himmel zu bahnen und die Vögel verzogen sich langsam aber sicher in ihre Nester. In dieses Zimmer zogen sich die beiden immer zurück, wenn sie sich ungestört unterhalten wollten oder einfach für sich sein wollten, wenn es noch nicht zu spät war. "Also Will, dieses Haus ist geradezu perfekt für meine liebe Verwandtschaft.", sagte Elizabeth, als sie sich auf das kleine Sofa hatte fallen lassen. "Es ist schön weit weg von hier und so muss ich nicht ständig mit der Gefahr leben, nachts erstickt zu werden." Sie blickte ihren Verlobten total erleichtert an. Er antwortete jedoch etwas skeptisch. "Erstickt zu werden? Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt! Wie kommst du überhaupt auf so eine Idee?" Ihn beunruhigte diese Bemerkung mehr, als Lizzy es erwartet hatte. "Naja, du kennst die beiden nicht. Evelyn war immer ungeheuer eifersüchtig auf mich, wenn mir Vater etwas geschenkt hat und Tante Vivienne konnte oder besser gesagt wollte sich nicht damit zufrieden geben, wenn ich etwas hatte, was ihre Tochter nicht hatte." "Und wieso denkst du, dass sie dir jetzt schon wieder an die Gurgel wollen? Ich meine, worauf sollten die beiden jetzt eifersüchtig sein? Ihr habt euch doch schon so ewig nicht mehr gesehen." "Ja, zum Glück!", warf Elizabeth nebenbei ein. "Aber was habe ich, was Evelyn höchstwahrscheinlich nicht hat und was mir meine Tante auf jeden Fall nicht gönnt?", fragte sie ihn eindringlich. "Ja, was denn?" Will wusste absolut nicht, was sie meinte. "Kommst du wirklich nicht drauf? Dich!", sagte Elizabeth und bewarf ihren Verlobten mit einem Kissen. "Mich?!" Will fing es auf, setzte sich auf den Sessel, der dem Sofa gegenüber stand und sah sie verwundert an. "Ja natürlich. Ich wage es zu bezweifeln, dass Evelyn einen Mann gefunden hat, der sie haben will. Und wenn sie sieht, dass ich mit dem tollsten Mann verlobt bin, den es hier auf dieser Insel gibt, wird sie sicher grün vor Neid.", sagte sie und grinste Will an. "Und du glaubst doch nicht im Ernst, dass meine Tante sich darüber freut, dass ich vor ihrer Tochter heirate, oder?" "Von dem ausgehend, was du erzählst, nein.", beantwortete Will die Frage. "Aber mach dir keine Sorgen Liebste, ich werde schon auf dich aufpassen. Und wenn ich mit einem Schwert in der Hand schlafen muss!" Er war aufgestanden, hatte sich zu Lizzy auf das kleine Sofa gesetzt und hatte ihre Hand in die seine genommen. "Ach Will, du bist einfach der Beste.", sagte sie verlegen und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. "Ich kann es kaum noch erwarten; in ein paar Wochen sind wir endlich verheiratet." Sie hob den Kopf und sah Will mit sehnsüchtigen Augen an. "Apropos Hochzeit: Wir wissen immer noch nicht, wie wir das mit Jack machen. Wir können ihn nicht einfach hier anspazieren lassen. Norrington macht uns da garantiert einen Strich durch die Rechnung.", sagte Will und seufzte. "Der hat ihn ja immer noch nicht erwischt." "Das wundert mich überhaupt nicht", sagte Elizabeth und grinste schelmisch. "Aber du hast ja recht. Irgendwas müssen wir uns da einfallen lassen. Das Problem an der Sache ist, dass fast jeder hier in Port Royal weiß, wie Jack aussieht, und dass er von der Navi gesucht wird." Sie hielt kurz inne. "Meinst du, er würde sich verkleiden? Oder seine Haare abschneiden?" Bei letzterem war ihr von vorneherein klar gewesen, dass es ein idiotischer Vorschlag war, aber sie wollte nichts unversucht lassen. "Ne, also die Haare. . . das kannst du total vergessen. Ich glaub das macht er nicht mit. Aber das mit dem Verkleiden; ein Versuch wäre es ja wert, oder?" "Ja, das denke ich auch. Jetzt gibt es nur das Problem: Wie sagen wir ihm das? Ich meine, wir haben keine Brieftaube, die die Black Pearl finden würde, oder? Und Flaschenpost ist schwachsinnig. Das klappt doch sowieso nicht." Kaum, dass Elizabeth ausgesprochen hatte, vernahmen die beiden von draußen ein Krächzen und Cottons Papagei glitt mit ausgebreiteten Flügeln in das Zimmer, wo er sich auf die Lehne von einem der Sessel nieder ließ. An seinem Fuß war eine kleine Papierrolle befestigt. "Hey, ist das nicht der Papagei von dem einen Mann auf der Pearl?", fragte Lizzy erstaunt. "Ja ist es. Ich denke, das beantwortet deine Frage, oder?", sagte Will und blickte den Vogel verwundert an. "Unser Captain ist doch immer wieder für eine Überraschung gut, was? Hey, schau doch mal, er hat einen Brief an seinem Fuß." Will deutete auf das Papier. "Das ist ja echt unglaublich. Aber umso besser. Damit wäre das Wie- Problem aus der Welt. Und wenn er uns antworten will, kann er uns ja wieder den Papagei schicken. Aber kümmern wir uns doch mal um die Nachricht." Elizabeth war aufgestanden und ging langsam auf den Vogel zu. Will huschte in der Zwischenzeit schnell zum Fenster und schloss es, damit der Papagei nicht wieder entkommen konnte. Dann ging er langsam zu Elizabeth hinüber und versuchte ebenfalls, den Vogel anzulocken. Doch so einfach sollte das nicht werden. Nach zehn Minuten saß Elizabeth erschöpft auf dem Sofa und Will jagte immer noch hinter dem Papagei her. Ihm schien es unheimlichen Spaß zu machen, den Schmied in dem kleinen Zimmer herumzuscheuchen. "Vielleicht hat er einfach nur Angst oder er weiß nicht, ob er uns vertrauen kann.", überlegte Elizabeth laut. "Wie wäre es, wenn wir ihm einen Namen geben? Vielleicht fasst er so Vertrauen." Sie stand auf und ging erneut auf den Papagei zu. "Na komm! Lieber Rico, auf, komm her" Versuchte sie ihr Glück. "Rico?!" Will schaute sie verwirrt an. "Ja, wieso denn nicht?" Sie lockte den Vogel noch ein wenig weiter und anscheinend schien ihm der Name besser zu gefallen als Will vermutet hatte. Denn er blieb auf dem Schrank, auf dem er sich niedergelassen hatte, sitzen und erlaubte es Elizabeth, ihm den Zettel von seinem Fuß zu lösen. "Na bitte! Geht doch. Es braucht nur etwas Geduld." "Ja, sehr schön. Aber was steht denn nun auf dem Zettel?", drängte Will. "Immer mit der Ruhe. Mal seh'n. . ." Sie faltete das Stück Papier auseinander. "Hochzeit? Wer? Wie? Wann? Wo?", las sie vor. "Also einladen müssen wir ihn anscheinend nicht mehr, das kann er ja wies aussieht auch sehr gut alleine." , stellte Elizabeth mürrisch fest. "Hab dich nicht so. Was hast du anderes von ihm erwartet?" Will schien es nicht viel auszumachen. Ganz im Gegenteil; es freute sich richtig über diese Nachricht. "Schreiben wir ihm gleich zurück. Hast du eine Feder hier?", fragte er seine Verlobte. "Ja, in dem kleinen Schrank neben der Tür. Und was willst du schreiben?" Will eilte zu dem Schränkchen und holte die Feder heraus. "Also los, schreiben wir ihm, dass die Hochzeit in 5 Wochen hier in Port Royal statt findet und dass er sich verkleiden soll. Oder?" Er blickte Elizabeth an. "Ja, das ist gut.", sagte sie zustimmend. "Und das dürfte er auch verstehen.", fügte sie grinsend hinzu. Will musste unwillkürlich kichern. Das war gemein, aber sie hatte ja recht. Und so schrieb er unter Jacks Fragen: "Hochzeit! 5 Wochen! Port Royal! PS: Denk an Norrington: Verkleidung? W&E" "So, das dürfte reichen.", sagte er und rollte das Papier wieder zusammen. "Magst du. . . ?" , sagte er und reichte Elizabeth die kleine Rolle. "Natürlich.", sagte sie und ging auf dem Vogel zu, der diesmal ruhig sitzen blieb. Will öffnete das Fenster. Mit der Nachricht am Fuß breitete der Papagei seine Flügel wieder aus und erhob sich in die Lüfte. Bevor er draußen in der Nacht verschwand krächzte er noch einmal laut und drehte eine Runde im Zimmer. "Pass auf dich auf, Rico.", rief Elizabeth ihm nach. Sie und Will standen nun, Arm in Arm, vor dem großen Fenster und blickten dem Vogel nach, der schon nach kurzem in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen war. Einige Zeit standen sie dort und keiner sagte ein Wort. Jeder hing seinen Gedanken nach. "Es ist schon spät, lass uns ins Bett gehen. Wir haben die nächste Zeit viel zu tun!", sagte Lizzy schließlich und die beiden machten sich auf den Weg in ihr Schlafgemach. ________________________________________ Black Pearl Anamaria stand auf der Brücke der Black Pearl und ließ ihre Blicke über das leere Schiff sowie die große Höhle, in der sie angelegt hatten, schweifen. Stockfinster war es noch nicht, da durch zahlreiche Risse, Gänge und Löcher in den Wänden und der Decke noch Licht von außen in die Höhle fiel, doch sie erkannte an der immer schwächer werdenden Helligkeit, dass sich der Tag dem Ende neigte. Sie seufzte. So machte es für sie auch keinen Sinn mehr, das Schiff zu verlassen, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte. Deshalb beschloss sie ihren Landausflug auf den nächsten Tag zu verlegen, da Jack sie ja sowieso zum Hochzeitsgeschenkkaufen mitschleppen wollte. Wieso sie sich überhaupt darauf eigenlassen hatte, konnte sie sich auch nicht erklären. Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass das irgendwie nichts Gescheites werden würde. Anamaria gähnte. So fitt wie sie dachte war sie wohl doch noch nicht. Also machte sie sich auf den Weg zurück in ihre Kajüte, um sich hinzulegen und noch etwas zu schlafen. Doch als sie im Bett lag, döste sie zunächst nur vor sich hin. Irgendwie war ihr nicht ganz wohl, so ganz alleine auf der Pearl. Außerdem war es doch sehr warm an diesem Abend. Auch wenn sie sich darauf konzentrierte konnte sie nicht einschlafen. Also stand sie auf, ging in die Kombüse des Schiffes und holte sich eine Schüssel Wasser, die sie sich mit in ihre Kajüte nahm und sie neben ihr Bett stellte, damit sie immer etwas zu trinken da hatte. Nun lag sie wieder im Bett und war kurz davor einzuschlafen, als sie das Gegröle einiger Matrosen höre, die zurück auf die Pearl kamen. Dass sie wieder einmal einen über den Durst trinken würde, war Anamaria schon von vorneherein klar gewesen. Doch die Tatsache, dass sie nun nicht mehr allein auf dem Schiff war beruhigte sie, auch wenn man mit den Männern nichts mehr anfangen konnte. Sie nahm sich ein zweites Kissen und drückte es sich auf die Ohren, damit sie unter dem Lärm, den die Bande veranstaltete einschlafen konnte. Am nächsten Tag wachte Anamaria relativ früh auf. Die Sonne war schon aufgegangen, doch Mittag war es noch lange nicht. Sie fühlte sich wesentlich besser als am Abend davor. So zog sie sich an und ging an Deck. Doch diesmal war sie nicht alleine. Gibbs, der mit Simjon die Lebensmittel am Vorabend einfach auf das Vorderdeck gestellt hatte, war nun dabei, die Fracht zu sortieren und sie zu verstauen. "Schon fleißig, so früh am morgen?", begrüßte Anamaria ihn. "Naja, einer muss es ja schließlich machen", gab er leicht mürrisch zurück. "Warte, ich helfe dir", bot ihm Anamaria an, doch Gibbs war sofort zu ihr gehechtet und hatte ihr die Kiste, die sie hoch heben wollte, gleich wieder abgenommen. "Kommt ja überhaupt nicht in Frage!", lehnte er ihr Angebot ab. "Dem Captain wird es gar nicht gefallen, wenn du deinen Arm jetzt belastest und noch länger nicht arbeiten kannst. Schlag dir das lieber aus dem Kopf!" Böse meinte er das nicht, das wusste sie, dennoch ließ sie es sich nicht nehmen, so zu reagieren, wie man es von Anamaria erwartete. "Dann kannst deinem ach so tollen Captain ausrichten, dass ich in der Stadt bin. Und wenn er seinen Rausch ausgeschlafen haben sollte, soll er machen, dass er bei kommt, sonst kann er sich sein Hochzeitsgeschenk selbst aussuchen.", sagte sie schnippisch. "Ich glaube, das kannst du ihm selbst sagen", sagte Gibbs leicht amüsiert und deutete mit dem Zeigefinger über Anamarias Schulter. Sie drehte sich um und stand Jack genau gegenüber. "Ach, sie mal einer an. Der Herr Captain ist aufgewacht. Und, wie viele Sternchen sehen wir heute Morgen?", fragte sie spitz. "Gar keine.", antwortete Jack gelassen. "Gibbs, kannst du mir mal verraten, was unsere reizende Dame hier wieder so in Rage versetzt hat?!", wandte er sich an seinen ersten Maat. "Ich denke, ich halte mich lieber aus dem ganzen hier raus.", sagte Gibbs ausweichend. "Bitte? Du fällst deinem Captain in den Rücken?" Übertrieben entrüstet blickte er Gibbs an. Dieser zuckte nur mit den Schultern, grinste verschmitzt und verzog sich eilends mit einigen Kisten unter Deck. In so was mischte er sich grundsätzlich nicht ein, vor allem nicht bei Jack und Anamaria. "So, und was ist dir heute schon wieder über die Leber gelaufen?", fragte Jack die Frau, nachdem Gibbs unter Deck verschwunden war. "Vergiss es!", zischte sie. "Wolltest du nicht ein Geschenk kaufen gehen? Ich gehe in die Stadt und wenn ich dir beim Aussuchen helfen soll, dann hopp! Ich hab einiges zu erledigen.", kommandierte sie den Captain der Pearl herum. "Was fällt dir ein mich, Captain Jack Sparrow, herumzuscheuchen? Außerdem, was hast du denn noch so wichtiges zu erledigen?" fragte er leicht aufgebracht. "Das geht unseren lieben Herrn Captain überhaupt nichts an!", fauchte sie zurück. "Also trödel' nicht rum, sondern komm mit." "Is ja schon ok. Ich bin doch da.", grummelte Jack und folgte Anamaria, die schon über die Planke an Land gegangen war. ________________________________________ Es war später Nachmittag und die Möwen kreischten laut, während sie über die Schiffe am Hafen von Alleyendale kreisten. Auf den Straßen der Innstadt herrschte reges Treiben. Überall riefen Leute durcheinander, ohne die Worte des jeweils anderen zu verstehen, eilten Mütter mit ihren Kindern durch das Gewühle, um schnell noch die letzten Einkäufe zu erledigen und ab und zu kam einem auch schon die ersten Schnapsdrosseln entgegengewankt. Jack Sparrow kämpfte sich vor Anamaria durch die Menge und wich einer Alkoholleiche aus. Mit kritischem Blick sah er ihr nach. "Guck nicht so, Jack!", rief Anamaria von hinten, da sie sich denken konnte wie er jetzt schaute. "Du solltest dich mal sehn, wenn du zu viel getrunken hast! Kein schöner Anblick, ehrlich." Jack blieb bei dieser Bemerkung stehen, drehte sich zu Anamaria um und funkelte sie an. "Was?! Ich sag doch nur die Wahrheit!", sagte sie im Vorbeigehen, ohne weiter auf ihren Captain zu achten. "Wieso mach ich das hier eigentlich? Ich bin schließlich der Captain!", fragte er sie laut und ließ die vollen Säcke, die er in beiden Händen hielt, einfach fallen. "Ganz einfach: Weil du nicht die Spur einer Ahnung hast, was du deinen zwei Freunden zur Hochzeit schenken sollst und ich dir bei der Suche helfen soll, deshalb.", sagte sie ohne stehen zu bleiben und sich zu ihm umzudrehen. "Und, Jack, heb die Taschen wieder auf!" Jack nahm die beiden Säcke wieder in die Hände und fluchte munter vor sich hin. Wieso waren Frauen nur so verdammt schwierig? Schnell machte er, dass er hinter ihr her kam, damit er sie in diesem Gewirr von Menschen nicht aus den Augen verlor. Anamaria peilte ein Geschäft an, auf dessen Schild ,Alles bei Scott' stand. Im Schaufenster war eine Auswahl an Dingen zu sehen, von Gläsern über Stühle bis hin zu Kleidung. "Und was wollen wir jetzt hier?", keuchte Jack in gleichgültigem Ton, als er Anamaria eingeholt hatte. "Hast du nicht endlich alles, was du brauchst?" "Meine Güte, Jack. Machst du schon schlapp?", tadelte sie ihn. "Typisch Männer. . ." "Wir sind den ganzen Tag hier in der Stadt herumgerannt, da hab ich jetzt doch mal eine Pause verdient, oder etwa nicht? Und außerdem, wofür brauchst du das hier alles?", schaute er sie forschend an und hob die zwei Taschen hoch. "Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte; Ich bin eine Frau. Und da ich auf deinem Schiff arbeite habe ich nicht die Zeit, die andere Frauen haben, um sich Kleidung und was weiß ich nicht noch alles zu kaufen. Und da wir nur alle paar Mondwechsel auf eine Insel kommen, die nicht Tortuga heißt, werde ich hier ja wohl auch mal Sachen für mich besorgen dürfen, hm?" Sie sah ihn vorwurfsvoll an. "Mach doch, was du willst. Und was machen wir jetzt hier? Was ist das überhaupt für ein Laden?" "Kannst du nicht lesen? ,Alles bei Scott'! Ich denke, hier könnten wir etwas finden. Und falls du wirklich nicht lesen können solltest, dann schau dir doch einfach das Schaufenster an, wie wär's?" Sie drehte sich um, nahm die Tasche, die sie getragen hatte und betrat den Laden. Das, was man im Schaufenster sah, war nur eine kleine Auswahl an Dingen, im Vergleich mit dem, was der Laden beherbergte. Er wirkte viel größer von innen, als man von außen annehmen mochte. Hier gab es wirklich alles: Auf einem Regal standen Behälter mit Schreibfedern der verschiedensten Vögel. Unter dem Regal stand ein Eimer, in dem Papierrollen in Landkartengröße oder auch einfach nur in Briefgröße zusammengerollt waren. Neben dem Eimer stand ein Schrank, der gefüllt war mit Gläsern aus Glas oder Ton. Teller aus Porzellan oder Holz. Besteck aus Silber oder aus einfachem Bleck. In einer Ecke stand eine Kleiderpuppe, die ein Kleid trug, das bestimmt schon zehn Jahre aus der Mode war, aber trotzdem immer noch etwas Anziehendes hatte. Rings um die Puppe hingen Hüte in den verschiedensten Variationen an den Wänden und an der Decke. An anderen Stellen der Wände waren Bilder mit unterschiedlichen Motiven angebracht. Und in einer anderen Ecke hingen sogar Schwerter, Messer und Dolche an einem Ständer. Der übrige Raum war zugestellt mit Regalen und Tischen, auf denen man Schmuck und anderen Kleinkram fand. Einen Überblick hatte man in dem Laden nicht, dafür war er viel zu unübersichtlich und voll. Anamaria schritt suchend durch die Gänge, die durch die zahlreichen Regale entstanden waren. Jack folgte ihr prüfend. Vor dem Schrank mit dem Geschirr blieb sie stehen und sah Jack fragend an. "Wie wäre es mit einem neuen Set an Gläsern und Tellern? Diese hier sind doch ganz hübsch.", fragte sie. "Nein, ich glaube der Governor hat davon genug in seinem Palast.", lehnte er ab. "Hm, na schön." Sie ging weiter. "Was hältst du von dieser schönen Holzwiege? Das Ding können die beiden sicherlich bald gut gebrauchen.", sagte sie und konnte sich ein anzügliches Grinsen nicht verkneifen. "Auf keinen Fall. Glaubst du im ernst, ich will die beiden auch noch provozieren, noch so ein paar von Will's Sorte in die Welt zu setzen? Ne, also ganz bescheuert bin ich dann doch nicht!", protestierte der Captain und zog es vor, Anamarias nachfolgenden Gesichtsausdruck einfach zu ignorieren. "Fein. Dann. . . .was ist mit Schmuck? Für Sie und, hm, einem Dolch für ihn?", ging sie die Reihe weiter durch. "Ach nein." "Ein paar Federn und Papier? "Nö." "Ein Bild vom Meer?" "Nee." "Seekarten und ein Kompass?!" "Mhm" "Hüte??!!" "Hm, die sehen nicht übel aus, aber hatte Will nicht einen Neuen?", murmelte er leise vor sich hin. "Nein.", gab er dann ebenfalls auf den letzten Vorschlag Anamarias zurück. "Herrgott, Jack! So wird das doch nie etwas!", schnaubte Anamaria gereizt. "Naja, du bist mir aber auch nicht wirklich eine große Hilfe, wenn ich das mal so sagen darf." "Na, wenn das so ist, kannst du dir das Geschenk auch durchaus alleine aussuchen, nicht wahr?", fauchte sie ihn an. "Ich gehe aufs Schiff!" Mit ihren letzten Worten hatte sie die beiden Bündel gepackt, die Jack noch fest hielt, und hatte sie ihm aus den Händen gerissen. Dann hatte sie sich umgedreht und war aus dem Laden gestürmt. Der Captain der Black Pearl hatte ihr nur, ohne etwas zu sagen, verdattert nachgeschaut. Frauen! Aus denen soll mal einer schlau werden! Kopfschüttelnd hatte er sich noch einmal kurz umgeblickt, dann war er zum Ladenbesitzer gegangen und hatte gefragt, ob dieser denn noch etwas hätte, was nicht in diesem Raum stand. Dieser hatte ihm darauf nur eine verstaubte, alte Kiste angeboten, die jedoch mit einem verrosteten Vorhängeschloss verschlossen war. Jack war total begeistert und hatte zugestimmt, da er seine Neugierde nicht zurück halten konnte. Achselzuckend hatte Scott ihm dann die Kiste auch verkauft und Jack machte sich, höchst zufrieden mit sich selbst und die Kiste schleppend, zurück auf die Black Pearl. ________________________________________ Oscura Noche Das schwarze Schiff glitt geräuschlos über die See und legte ihren Weg sehr schnell zurück. Der Captain war in seiner Kajüte, wie fast immer. Die gesamte Crew war auf den Beinen, da das Schiff einen Frühjahrsputz dringend nötig hatte. Also waren auf Alecs Befehl hin alle an Deck gekommen. Die Crew der Oscura Noche bestand hauptsächlich aus Männern. Doch auch hier gab es eine Ausnahme. Malena. Sie war vor vielen Jahren zu der Crew gestoßen und wurde seither behandelt wie jeder andere auch. Dass sie eine Frau war, störte hier niemanden. Zumal es den Anschein hatte, dass jedes Mitglied der Crew mehr mit sich selbst beschäftigt war, als auch noch auf die anderen achten zu können. Trotz Allem war die Besatzung des Schiffes zusammengeschweißt und agierte ohne Probleme und Missverständnisse. Doch auch manchmal geschah es hier, dass der eine oder andere nicht bei der Sache war. Malena stand abseits der anderen an einer Ecke und blickte verstohlen auf Tan, der relativ in der Mitte des Decks stand und die übrige Crew herumkommandierte. Sein Gesicht war emotionslos und kalt wie immer, doch in seinen Augen war ein Funkeln zu erkennen. Das war sehr ungewöhnlich für diese schwarzen, von jeglichen Empfindungen unberührten Augen, die niemanden jemals einen Blick hinter diese abgehärtete Fassade werfen ließen. Seine langen, schwarzen Haare, die unter seinem rot- schwarzen Kopftuch hervorkamen, wehten leicht im Wind. So stand er da, und leitete die Befehle weiter, die er von Alec erhalten hatte. Alec war der einzige Mensch, von dem Tan Befehle annahm und sie ohne ein Widerwort ausführte. Niemand kannte Alec so gut, wie Tan es tat. Er war von klein auf an Alecs Seite, stets wie ein großer Bruder für ihn gewesen. Er stand ihm mit Rat und Tat zur Seite und unterstützte ihn, wo er nur konnte. Die beiden waren von jeher unzertrennlich gewesen und hatten sich nie öffentlich gestritten, obwohl Malena nicht glaubt, dass sie sich jemals gestritten hatten. Überhaupt war Alec der einzige, dem Tan sich jemals in irgendeiner Weise geöffnet hatte. Normalerweise bemühte er sich, möglichst ernst und kühl zu wirken, doch Malena hatte einmal beobachtet, wie ein Lächeln Tan' s Mundwinkel umspielte als dieser aus Alecs Kajüte getreten war. Malena war gerade dabei gewesen auf der Backbordseite eine der dunkelfarbigen Planken zu reparieren als sie die Tür der Kajüte hatte zuschlagen hören und hatte den Kopf gehoben, um zu sehen wer dort herausgetreten war. Als sie dann in Tan' s Gesicht geblickt hatte, hatte sie ihre Arbeit total vergessen. Dass es möglich war, dass dieses ernsthafte Gesicht jemals irgendeinen Anflug von Gefühlen zeigen würde, hatte sie niemals für denkbar gehalten. Das merkwürdige war, dass sie dieser Anblick zu faszinieren schien. Tan' s Gesicht hatte sich jedoch kurz nachdem aus der Tür getreten war, wieder gefestigt. Im Glauben, dass ihn niemand gesehen hatte, hatte er sich wieder an die Arbeit gemacht. Malena hatte regungslos dagesessen und ihn angestarrt. Vor ihrem inneren Auge schwebte immer noch Tan' s Lächeln, das sein Gesicht so anders hatte erscheinen lassen. Auf einmal hatte sich das Bild begonnen zu bewegen und auf sie zuzukommen. Sie hatte geblinzelt und der echte Tan stand vor ihr. Er hatte sie aufgefordert nicht nutzlos herumzusitzen, sondern sich an die Arbeit zu machen und dieser Aufforderung war sie dann auch, zwar immer noch leicht abwesend, nachgekommen. Malena blickte weiterhin auf Tan, der nun wieder an die Spitze des Schiffes gegangen war und mit den Armen auf die Reling gestützt in Fahrtrichtung blickte. Einer der Pájaros hatte sich von einem der Maste erhoben und schwebte langsam herunter und landete sacht auf der Reling neben Tan' s rechter Hand. Tan hob sie und strich sachte mit seinem Zeigefinger über den schwarzen Kopf des Vogels, der daraufhin einen leichten Schrei ausstieß. Da stand er. Der allzeit schwarz gekleidete erste Mann an Alec' s Seite. Malena dachte daran zurück, als sie Tan das erste Mal gegenüberstand. ***** Rückblick ***** Der Tag neigte sich dem Ende zu und es sah ganz nach einem üblen Gewitter aus. Der Himmel hatte sich stetig mehr und mehr mit dunklen Wolken gefüllt und ein ungemütlicher Wind, der nichts Gutes verkündete, pfiff durch die Gassen der Stadt. Malena war, wie jeden Abend, in ihrer Stammkneipe und bediente dort die grölende Menge, um sich etwas Geld zu verdienen. Glücklich über diese Arbeit war sie jedoch nicht. Es war nicht das, wonach sie sich sehnte. Ihr Herz zog sie innerlich hinaus auf die offene See, doch sie hatte nie die Chance bekommen, ihrem Herzen zu folgen. So stand sie nun jeden Abend in der Kneipe und verrichtet ihre alltägliche Arbeit. Die Tür der Kneipe öffnete sich zum wiederholten Male an diesem Abend und Malena blickte gelangweilt auf. Doch plötzlich war ihre Arbeit und die Tatsache, dass ein Mann sie anbrüllte weil sie ihn nicht sofort bediente und alles andere Nebensache. Denn der erste der beiden jungen Männer, die gerade die Schenke betreten hatten, hatte ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Er war völlig in schwarz gekleidet und hatte lange schwarze Haare, die von einem rot- schwarzen Kopftuch bedeckt wurden. Doch das, was ihren Blick mehr als alles andere anzog, waren die kalten, emotionslosen, schwarzen Augen, die durch die Reihen huschten und einen Platz für ihren Besitzer und dessen Begleiter zu erhaschen suchten. Als sich Malena' s Augen widerstrebend von ihrem Anblick lösten und nun den Zweiten musterten, spürte sie ein ungewöhnliches Ziehen in ihrer Magengegend, als ob sie ihm schon einmal begegnet wäre. Der Mann war in braun, beige und schwarz gekleidet und hatte dunkelbraune, unordentliche Haare. Doch seine Augen waren nicht schwarz, wie die seines Vordermannes sondern erstrahlten in einem dunklen Grün. Auch kam ihr dieser nicht so kühl wie der andere vor. Er wirkte verwegener und nicht so emotionslos. Die Männer setzten sich an einen Tisch, der etwas abseits in einer Ecke stand. Malena starrte ihnen nach. "Willst ewig vor dich hin träumen?", fauchte sie ein Mann an, der neben ihr hinter der Bar stand. "Geh die beiden Männer, die gerade gekommen sind, fragen was sie trinken wollen! Für was bezahle ich dich eigentlich?" "Jawohl Sir.", sagte Malena, hing sich einen Lappen über ihre Schulter und ging um den Tresen herum in die Richtung des Tisches, an den sich die Männer gesetzt hatten. Sie war irgendwie nervös, wusste jedoch selbst nicht genau wieso. "Hi. Was kann ich euch bringen?", fragte sie, als sie an dem Tisch angekommen war. "Zwei Rum.", sagte der Mann in schwarz. Er blickte sie aus seinen schwarzen Augen heraus flüchtig an. Malena' s Herz begann zu rasen. Sie drehte sich rasch um und eilte an die Bar um die Bestellung fertig zu machen. Was war nur über sie gekommen. Obwohl sie in einer Kneipe arbeitete und somit mit unzähligen Männern zu tun hatte, war sie noch nie einem begegnet, der eine solche Ausstrahlung hatte. Zitternd stellte sie die Gläser auf ein Tablett und ging zurück an den Tisch. Sie nahm behutsam ein Glas nach dem anderen herunter, denn sie wollte nichts verschütten. Sich vor dem Mann zu blamieren war das Schlimmste was passieren konnte. Die Männer bedankten sich und sahen Malena nach, die wieder zurück hinter die Theke gegangen war. "Du, Tan, sag mal hast du das eben auch bemerkt?" Der Mann mit den grünen Augen sah sein Gegenüber fragend an. "Dieses Mädchen, das eben hier war. Sie hat eine ganz andere Aura als all die anderen, die sich hier tummeln. Meinst du das?" "Hmh, genau das." "Glaubst du, sie war es, die uns hierher geführt hat? Ich meine, ist es möglich, dass es diesmal eine Frau ist?" Er sah ihn skeptisch an. "Die Párajos haben uns hierher geführt, weil sie hier ein weiteres Mitglied für die Crew geortet haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie sich jemals geirrt haben.", sagte der Mann mit den grünen Augen. "Natürlich nicht. Aber eine Frau? Bist du dir ganz sicher?" Der Mann in schwarz klang zweifelnd und wollte sich nicht allzu leicht überzeugen lassen. "Wenn du Zweifel hast, schlage ich vor, du unterhältst dich mit ihr und sagst mir danach bescheid.", schloss der Grünäugige. "Wie du meinst, Alec. Ich werde mit ihr reden. Wenn sie die sein sollte, für die du sie hältst, dann wird sie morgen mit uns in See stechen." Tan, der schwarz gekleidete Mann, trank mit einem Schluck und ohne mit der Wimper zu zucken sein Glas Rum aus und stand auf. Zielstrebig ging er auf den Tresen zu, hinter dem Malena stand und gerade dabei war einige Gläser zu spülen. Er setzte sich unbemerkt auf einen der Hocker und beobachtete sie neugierig. Sie hatte ihre Ärmel hochgekrempelt, um sie nicht nass zu machen, und so konnte man ein kleines tätowiertes Kreuz auf der Innenseite ihres Unterarmes erkennen, um das sich schwarze Flügel rankten und das Tan' s Interesse weckte. Als Malena ihren Kopf wieder hob, blickte sie direkt in seine schwarzen Augen. Sie starrte ihn ohne ein Wort zu sagen einige Sekunden lang an. "Hallo.", sagte Tan gelassen und ohne eine Miene zu verziehen. "H - hallo", stotterte Malena aufgeregt. Wieso sprach er sie an? Was wollte er von ihr? Und wieso fing sie nun auch noch an zu stottern? Sie musste sich unbedingt wieder beruhigen. "Der Rum ist sehr gut, woher habt ihr ihn?", fragte Tan anscheinend sehr dafür interessiert. "Wie bitte?" Malena sah ihn verdutzt an. "Der Rum. Woher habt ihr ihn?", Wiederholte Tan. "Ich glaube der ist von einer der karibischen Inseln hierher geliefert worden.", antwortete sie auf die Frage und wunderte sich, was diese sollte. "Ihr beide seid nicht von hier. Was treibt euch her?", fragte nun Malena den Mann. "Wir sind tatsächlich nicht von hier. Wir haben vor einigen Stunden im Hafen angelegt." "Ihr seid bei diesem Wetter auf See gewesen?" Sie schaute ihn leicht beunruhigt an. "Wir sind bei jedem Wetter auf See. Nichts hält uns an Land." Seine kalten Augen blickten sie unerschüttert an. "Weshalb, sagtest du, seid ihr hier?", wiederholte Malena ihre vorherige Frage. "Wir suchen jemanden.", sagte Tan matt. Er wollte ihr nicht zuviel verraten. "Oh, kann ich euch irgendwie helfen?", fragte sie hilfsbreit. "Ich glaube nicht. Aber sag mal, wie heißt du eigentlich?" "Ich heiße Malena Fernandez. Um du bist?", gab sie die Gegenfrage. "Tan. Einfach nur Tan. Und was bringt dich dazu, hier in dieser Kneipe zu arbeiten, Malena?". Er blickte sie fragend an. "Wenn du meinst, ich mache das hier gerne, dann muss ich dich leider enttäuschen!", antwortete Malena schnippisch. Sie hasste es über ihre Arbeit zu reden. "Ich verabscheue es hier. Mein Gefühl zieht mich hinaus auf das weite Meer, aber wer nimmt schon eine Frau an Bord? Und irgendwie muss ich mir ja schließlich mein Brot verdienen. Ich bin auf mich allein gestellt, da meine Eltern vor vielen Jahren gestorben sind. Aber das macht mir nichts aus. Könnte ich nur irgendwie diesem Trott entfliehen, ich würde es sofort tun." Während sie gesprochen hatte, hatte Malena' s Gesicht einen entschlossen Ausdruck angenommen. Tan hatte ihr still zugehört. Er war zufrieden mit sich. Durch die Art und Weise, wie Malena gerade gesprochen hatte und durch ihr kleines, unscheinbares Tatoo an ihrem Unterarm war er immer mehr zu der Überzeugung gekommen, dass sie die Richtige war und dass Alec sich wieder einmal nicht geirrt hatte. "Also kann ich dem entnehmen, dass du lieber auf einem Schiff arbeiten würdest, als hier?", fragte Tan prüfend. "Na sicher würde ich lieber auf einem Schiff arbeiten, als Tag für Tag zwischen diesen, nach Alkohol stinkenden ,Männern' herum zu laufen!", antwortete sie und blickte sich angewidert um. "Wieso fragst du?", sagte sie, als sie sich wieder Tan zugewandt hatte. "Da wir morgen schon wieder ablegen und unsere Crew noch nicht all zu groß ist, dachte ich, dass du vielleicht Lust hast, mit uns mit zu kommen!", war seine Antwort. "Meinst du das ernst?" Malenas Augen strahlten vor Aufregung. "Das wäre großartig!" "Also abgemacht. Morgen früh vor Sonnenaufgang legen wir ab. Sei pünktlich und nimm nur das Wichtigste mit!", sagte Tan und kündigte so das Ende des Gespräches an. "D - danke. . . Vielen Dank! Ich verspreche, ich werde pünktlich sein!", stotterte Malena glücklich. "Hoffentlich!" Mit diesen Worten stand Tan auf und ging zurück zu Alec. Nach einem kurzen Wortwechsel der beiden, stand auch der zweite Mann auf und sie verließen die Kneipe, nicht ohne das Geld für ihre Getränke auf dem Tisch zu hinterlassen. Malena stand regungslos da und starrte ihnen mit einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck nach. War das eben Wirklichkeit gewesen, oder hatte sie das nur geträumt? Tan, der Mann mit den rabenschwarzen Augen hatte sie doch tatsächlich gefragt, ob sie mit ihnen in See stechen wollte. Das war einfach unfassbar. Das, was sie sich immer erhofft und von dem sie immer geträumt hatte, war wahrhaftig eingetroffen. Sie würde endlich von hier weg kommen und alles hinter sich lassen. Ihre Miene verzog sich zu einem freudigen Grinsen und sie machte sich wieder an die arbeit, die Gläser fertig zu spülen. Nachdem ihre Schicht an diesem Abend zu ende war, ging Malena in das Zimmer, das sie oberhalb der Kneipe bewohnte und begann damit, alles für ihren morgigen Aufbruch zusammen zu packen. Es war noch dunkel, als sich die Hintertür der Schenke leise öffnete und Malena durch sie hinaus trat. Sie hatte ihren alten Mantel an und trug ihren großen Seesack mit sich. Vorsichtig schaute sie sich um, ob jemand in der Nähe war, der sie hätte sehen können. Die Straße war jedoch leer. Also machte sie sich schnellen Schrittes auf den Weg in Richtung Hafen. Der Mond war kaum zu erkennen, da unzählige schwarze Wolken am Himmel hingen. Ein kühler Wind pfiff durch die Straßen der Stadt. Als Malena am Hafen ankam und sich umblickte, verschlug es ihr zunächst die Sprache. Ein riesiges dunkles Schiff mit dunkelgrauen Segeln erhob sich vor ihr. In der Mitte befand sich ein schwarz- silbernes Zeichen auf einem Roten Grund, das sie, dank der sich durch den Wind kräuselnden Segel nicht identifizieren konnte. Am Bug des Schiffes war als Galionsfigur ein Engel angebracht, auf dessen Schulter ein Rabe saß. Neben dem Engel war in dunkelroter Schrift der Name des Schiffes zu lesen; Oscura Noche. Das gesamte Schiff wirkte auf sie irgendwie unheimlich. An Deck konnte Malena die Silhouette eines großen Mannes mit langen Haaren erkennen. Sie brauchte nicht lange um festzustellen, dass es sich bei dem Mann um Tan handeln musste. Malena fasste sich wieder und ging langsam auf das Schiff zu. Über die Holzplanke, von der man vom Kay auf das Schiff gelangte, liefen einige Männer, die Kisten und Fässer auf das Schiff transportierten. Malena stieg auf den Holzsteg und ging hinauf. Auf dem Deck angekommen, sah sie sich neugierig um. Eine dunkle Gestalt schritt schnell auf sie zu. "Du bist pünktlich", sagte Tan mit ruhiger Stimme. "Das sagte ich doch.", antwortete Malena keck und mit einem Lächeln auf den Lippen. "Stell deine Sachen weg und hilf den anderen beim Einladen, in ein paar Minuten legen wir ab!", befahl Tan und ging davon. Malena blickte ihm kurz nach, dann stellte sie ihren Seesack an eine Seite und begann damit, den anderen beim Belanden zu helfen. Als alles, was zuvor auf dem Kay gestanden hatte auf das Schiff verladen worden war, machten sie die Leinen los und setzen die Segel. Der Wind, der immer noch nicht nachgelassen hatte, fing sich in den grauen Segeln und verlieh dem Schiff einen schnellen Start. Schon nach kurzer Zeit waren sie auf offener See und vom Hafen aus kaum noch zu sehen. Malena stand an der Reling und sah zu wie die die Stadt immer kleiner wurde und somit auch ihre Vergangenheit. Sie würde nun ein ganz anderes und neues Leben führen und das tun, was sie sich schon immer gewünscht hatte. Durch ein Tippen an ihrer Schulter kamen ihre Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Tan stand neben ihr und sah sie an. "Komm mit, der Captain will dich sehen.", sagte er und ging in Richtung Treppe, die zu den Kajüten führte davon. Malena ließ ihre Sachen dort stehen, wo sie sie vorhin abgestellt hatte und folgte Tan ohne Widerworte. Unter Deck trat Malena durch zwei große Flügeltüren in ein Zimmer ein. Ihr fiel sofort auf, dass dieses Zimmer den normalen Kapitänskajüten kaum ähnelte. Normalerweise stand in so einer Kajüte ein Schreibtisch, auf dem zahllose Land- und Seekarten verstreut lagen, in denen Kleidungsstücke auf dem Boden herumlagen und deren gesamtes Erscheinungsbild ziemlich wüst war. Doch nicht in dieser hier. Malena schritt in ein ordentlich aufgeräumtes Zimmer, dessen Wände von einigen Schränken bedeckt und mit den verschiedensten Büchern ausstaffiert waren. Kleidungsstücke waren hier nur die zu finden, mit denen sie, Tan und der Captain bekleidet waren. Auch entsprach der Schreibtisch nicht dem eines "normalen" Piratencaptains. Auf ihm waren lediglich eine einzige Karte zu finden, ein Kompass und ein Tintenfass, in dem eine Feder steckte. Der Captain stand mit dem Rücken zu ihnen gedreht an dem großen Fenster, durch das man auf die See blicken konnte. Als Tan in der Mitte des Zimmers stehen blieb und Malena neben ihn getreten war, drehte er sich um und sah die junge Frau aufmerksam an. "Danke Tan, du kannst gehen." Sagte er zu Tan ohne seinen Blick von Malena abzuwenden. "Aye, Captain" sagte er und wie ihm geheißen verließ Tan die Kajüte des Captains und ging zurück an Deck. Malena war die Stille, die eingetreten war nachdem Tan verschwunden war etwas unangenehm. Sie war es gewohnt, dass es immer laut und durcheinander war. Umso erleichterter war sie, als Alec die Stille mit einer Frage an sie durchbrach. "Was hat dich veranlasst, mit uns zu fahren?" fragte er sie. "Naja, Tan hatte mich gefragt, ob ich nicht mitkommen wollte. Und da ich schon mein Leben lang aus diesem Laden und von dieser Insel weg wollte, dachte ich, dass das die Gelegenheit ist. Ich bin glücklicher auf See als an Land." Antwortete Malena. "Hm. Sag, woher hast du die Tätowierung auf deinem Unterarm?" fragte Alec sie sofort weiter. "Woher wisst Ihr davon?" überrascht blickte sie ihn an. "Tan hat sie gestern Abend gesehen, als du abgewaschen hast." Gab er knapp zurück. "Verstehe." Sagte Malena nachdenklich. "Nun ja, ich weiß nicht woher ich sie hab. Ich habe sie schon so lange ich denken kann. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals ohne sie gewesen zu sein. Meine Mutter hatte mir zu ihren Lebzeiten einmal erzählt, dass es eine Idee von meinem Großvater gewesen ist, mich kurz nach meiner Geburt tätowieren zu lassen. Verrückt wie meine Mutter war, hat sie sich darauf eingelassen. Aber wieso interessiert es Euch?" Sie konnte irgendwie nicht verstehen, wieso das wichtig sein sollte. "Ist dir noch nicht aufgefallen, dass es genau das Gleich Zeichen ist, das auch auf den Segeln meines Schiffes zu sehen ist?" gab er die Gegenfrage. "Das gleiche. . . Nein, ist es mir nicht. Ich habe nicht darauf geachtet. Aber das verstehe ich nicht. Wieso?" Malena klang leicht verunsichert. "Dein Großvater muss geahnt haben, dass ich dich brauchen werde. Deshalb hat er deine Mutter wahrscheinlich davon überzeugt, dich mit genau diesem Kreuz tätowieren zu lassen." Sagte Alec kurz. "Ja aber. . ." setzte Malena zu Fragen an, doch Alec unterbrach sie. "Du gehörst seit deiner Geburt zu meiner Crew. Was es mit der Tätowierung auf sich hat, hat dich nicht zu interessieren. Außerdem wirst du es früh genug erfahren." Erklärte er kühl. Malena starrte ihn verwirrt an. Irgendwie war ihr dieser Captain nicht geheuer. Aber um Umzukehren war es nun zu spät. Aber das wollte sie auch nicht, denn schließlich war ja genau das, was sie sich immer gewünscht hatte, in Erfüllung gegangen. Alec hatte sich wieder umgedreht und sah erneut aus dem Fenster. "Gefällt dir mein Schiff?" fragte er Malena nebensächlich. "Es ist unglaublich. Ich habe noch nie in meinem Leben ein so großes und ungewöhnliches Schiff gesehen." Antwortete sie begeistert. "Ungewöhnlich?" Alec drehte sich mit skeptischem Blick zu ihr um. "Ja natürlich. Wir haben erst vor ungefähr zehn Minuten abgelegt und die Insel ist schon jetzt nicht mehr zu erkennen. Das ist nicht normal. Aber es ist toll." Sagte sie. "Normales wirst du auf diesem Schiff kaum finden. Also gewöhn dich daran. Ich gebe dir, sowie allen Mitgliedern meiner Crew, Kleidung, Essen und gewähre dir Sicherheit. Als Gegenleistung dafür erwarte ich, dass du meinen Anweisungen Folge leistest und dich nicht widersetzt. Verstanden?" In Alecs Stimme lag etwas, was Malena unmissverständlich sagte, dass man sich ihm nicht zu widersetzten hatte. "Verstanden." Antwortete sie knapp. "Sehr schön. Dann kannst du an Deck gehen und dir von Tan sagen lassen, wo deine Koje ist und was du zu tun hast." Beendete der Mann das Gespräch. "Aye, Captain!" sagte Malena und ging zügig aus dem Zimmer. Etwas komisch kam ihr die ganze Sache ja schon vor, aber sie war nun endlich auf einem Schiff als Crewmitglied angeheuert worden und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie hier hin gehörte. ***** Rückblick Ende***** So in Gedanken versunken stand Malena da, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Plötzlich gab es einen heftigen Ruck und das Schiff schaukelte wild hin und her. Malena öffnete die Augen. Der Eimer und der Lumpen, mit dem sie die Planken hätte wischen sollen, waren umgekippt und das Wasser aus dem Eimer war ihr über die Füße gelaufen. Sie starrte auf die Sauerei zu ihren Füßen und blickte sich um. Von den anderen schien niemand bemerkt zu haben, dass sie für eine gewisse Zeit abwesend gewesen war. Schnell bückte Malena sich, hob den Eimer und den Lumpen auf und begann damit, die Planken zu bohnern, um Tan keinen Grund zu liefern, unzufrieden mit ihr zu sein. . . . tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)