Reinkarnation von abgemeldet (Die Frau die Sesshoumaru liebte ist zurück) ================================================================================ Kapitel 6: Verwirrtes Herz -------------------------- Ich schätzte, dass ich etwa den halben Weg zurück ins Dorf zurückgelegt hatte, als ich zwischen den Baumstämmen hindurch Sesshoumaru erspähen konnte. Ihm gegenüber, keine zwei Schritte von ihm entfernt, stand eine mir unbekannte Frau. Das war nicht das, was ich zu sehen erwartet hatte und gewiss nicht das, was ich mir - trotz selbst auferlegtem Verbot - erhofft hatte. Entgegen meiner Annahme war er nicht alleine und die schwarzhaarige Frau verhielt sich, als würde sie ihn gut kennen. Selbstbewusst blickte sie zu ihm auf, ihren Fächer in der Hand, geradezu kokett. Zu meiner Verwunderung hatte sie die oberste Schicht ihres Kimonos nur mit einem Ärmel an. Sofort stieg ein unangenehmes Gefühl in mir auf, dass ich, wenn ich es hätte benennen müssen, wohl als Wut ausgedrückt hätte, aber das traf es eigentlich nicht ganz. Mit einem Augenblick Verzögerung entstand ein grimmiges Lächeln auf meinem Gesicht. Da hatte sich Sara also ganz umsonst Hoffnungen gemacht. Mir schien, Sesshoumaru war bereits vergeben, auch wenn ich - selbst jetzt - vergebens nach einer Regung auf seinem ausdruckslosen Gesicht suchte, was ich auf meine schwachen menschlichen Augen schob, die bei der Entfernung und dem dämmrigen Licht sicher nur nicht verlässlich genug waren. Zögerlich ging ich näher heran, unsicher ob sie mich bereits bemerkt hatten oder wie sie reagieren würden wenn ich sie einfach - bei was auch immer - störte. Leise drangen einige Worte an mein Ohr. „…wenn dir etwas an mir liegen sollte…“, glaubte ich von den Worten der Frau zu verstehen. Dann griff sie nach etwas in ihren Haaren und verschwand plötzlich in die Luft. Sprachlos blickte ich ihr hinterher wie sie auf einer überdimensionalen Feder davon flog. In dieser Zeit hier war wohl gar nichts unmöglich. Sobald ich den Blick vom Himmel abwenden konnte, die Frau war längst außer Sicht, bemerkte ich das Sesshoumaru mich ansah. Er schien über irgendetwas nachzudenken, was ich daran merkte, dass seine Augenbrauen eine kaum merkliche Spur enger zusammen gezogen waren als zuvor. Gut das ich näher heran gegangen war, sonst wäre mir das wahrscheinlich vollkommen entgangen. Was würde ich nur dafür geben seine Gedanken zu kennen. Da er den Blick nicht abwandte aber auch nicht näher kam, ging ich selbst weiter auf ihn zu. Wo zuvor die fremde Frau gestanden hatte, blieb ich stehen. Wenn ich meinen Arm ausstrecken würde, könnte ich ihn berühren. Aber das würde er gewiss niemals zulassen. Und ich wollte es doch auch gar nicht. Oder doch? „Wer war das?“, fragte ich mit fester Stimme und versuchte dabei in einem freundlichen Maße neugierig zu klingen. Höchst wahrscheinlich ging es mich nichts an, aber es bot eine Gelegenheit ein Gespräch anzufangen, was schließlich meine ursprüngliche Absicht gewesen war. „Kagura.“, kam seine prompte, aber auch sehr knappe Antwort. Da mein Gesichtsausdruck aber offenbar meine innerliche Verwirrung, über diese für mich äußerst wenig hilfreiche Aussage, wiederspiegelte, fügte er großzügiger weise noch hinzu, „Sie ist ein Abkömmling von Naraku.“. Es schien mir, als wollte er testen wie viel ich damit anfangen konnte, doch den Namen hatte ich wenigstens bereits gehört. Einen Moment lang überlegte ich wo und in welchem Zusammenhang. „Dieser größenwahnsinnige Halbdämon, der das Juwel haben will nach dem Kagome sucht?“, fragte ich dann nach, ziemlich sicher dass ich Kagomes Erzählung, an die ich mich gerade wieder erinnert hatte, damit gut zusammengefasst hatte. „Ich sehe deine Freundin hat dir von ihm erzählt.“ Ich nickte zur Bestätigung. Schließlich war dies keine Frage gewesen und daher keine Antwort meinerseits notwendig. Stattdessen nutzte ich seine Gesprächigkeit für eine weitere Frage. „Was wollte sie hier, wenn sie doch zu Naraku gehört?“ Beinahe fürchtete ich schon, dass ich damit nun wirklich zu viel zu fragen wagte, doch es sah nicht so aus als ob es ihn stören würde. Andererseits verzog er, soweit ich das sagen konnte, so gut wie nie eine Miene, weshalb seine Mimik wenig Aussagekraft für mich besaß. Er antwortete jedoch ganz gelassen. „Sie hielt es für notwendig mir einen überflüssigen Rat zu geben. Zweifellos ein weiterer Versuch ihrerseits um Naraku zu hintergehen.“ Kurz dachte ich über diese neuen Informationen nach, dann wollte ich überlegen wie ich nun mein eigentlich beabsichtigtes Gesprächsthema angehen sollte, doch hörte ich bereits die Stimmen der anderen laut lachend durch den Wald schallen. Seufzend musste ich mich damit abfinden, dass die Zeit, um mit ihm alleine zu reden, nun abgelaufen war. Warum mussten Kagome und ihre Freunde denn ihr Bad doch so kurz nach mir abbrechen? Ich erlaubte mir einen letzten Blick auf mein Gegenüber, der sich zum Gehen abgewandt hatte. Dann folgte ich Sesshoumaru mit einigem Abstand zurück ins Dorf. Vor Kaedes Hütte blieb ich stehen, während Sesshoumaru sich neben Ah-Uhn hinsetzte und in den Himmel schaute. Rin kam gerade angelaufen. „Lord Sesshoumaru!“, rief sie laut und erfreut auf, was seine Aufmerksamkeit für den Moment auf sie zog. Kagome und Sango gesellten sich zu mir und blickten nun erwartungsvoll zu Inu Yasha und Miroku, die ihnen gefolgt waren. „Warum bist du denn eigentlich so dreckig? Musstest du etwa auf dem Waldboden herum kriechen?“, fragte Sango schließlich scheinheilig, als ihr die Erde auffiel die Miroku trotz seiner Mühen nicht aus dem Gewand hatte klopfen können. Während Miroku sich jedoch nur verlegen am Kinn kratzte und um Worte rang, ergriff Inu Yasha bereitwillig und breit grinsend das Wort, ganz offenbar voller Schadensfreude. „Sesshoumaru fand Mirokus Einfall, durch das Gebüsch zu schauen, wohl nicht allzu gut.“ Er wollte gerade noch mehr dazu sagen, wahrscheinlich wie genau Sesshoumaru den Mönch dann aufgehalten hatte und wie daher die Erde an das Gewand gelangt war, doch er wurde abgelenkt. „Mein Lord, diese Kagura ist hier gewesen.“, sprach Jaken gerade sehr aufgeregt, was nicht nur Inu Yashas Aufmerksamkeit auf ihn zog. „Ja.“, antwortete Sesshoumaru wortkarg, im gleichen Moment in dem sein Bruder einen Satz auf den Grünling zu machte. „Kagura? Was wollte sie hier?“, fragte Inu Yasha und kam Jaken nun bedrohlich nahe. „Nichts was dich etwas angehen würde.“, ergriff nun, zu meiner Überraschung aber Sesshoumaru wieder das Wort. Vielleicht wollte er nicht riskieren, dass Jaken verlauten ließ dass Kagura nach ihm, Sesshoumaru, gesucht hatte? Aber so aufgeregt wie Jaken schien, wusste er wohl nicht was zwischen seinem Herrn und Kagura war und war nicht an ihre Anwesenheit gewöhnt. Doch das wunderte mich nun auch, denn Jaken wich doch wie mir schien nur ungerne von Sesshoumarus Seite. Er sollte doch dann wissen wenn etwas zwischen den beiden lief. Hatte ich das vorhin vielleicht doch falsch gedeutet? Von ihrer Seite ausgehend gewiss nicht... Aber war es möglich dass er, wie alt auch immer er sein mochte, einer so schönen und aufreizenden Frau widerstehen konnte? Genaugenommen war er doch sicher auch nur ein Mann… Meine Gedanken wollten schon die nächsten Fragen aufwerfen, doch wieder ergriff Inu Yasha das Wort und ich hatte nicht vor die Fortsetzung des Gesprächs zu verpassen, nur weil ich diesen dämlichen Gedanken nachging. „Und wo ist Naraku?“, fragte er. Einen Moment lang wartete er auf eine Antwort, doch sein großer Bruder schien keine geben zu wollen. Inu Yasha griff daraufhin nach seinem Schwert, das der am Gürtel trug. Kagome, die das ebenfalls sah, blickte ihn nun wütend an. „Inu Yasha… mach Platz!“, sagte sie, und überraschte mich ziemlich mit ihrer Wortwahl. Noch mehr überraschte mich jedoch die Wirkung dieser Worte. Die Kette um seinen Hals begann zu leuchten und im nächsten Moment lag er, alle Viere von sich gestreckt, auf dem Boden. Ich konnte nicht anders als los zu lachen, denn die Situation war einfach zu komisch. Der Hundedämon Inu Yasha musste auf Hundebefehle hören. Ob das bei Sesshoumaru auch funktionierte? Die Vorstellung zauberte mir ein unverschämtes Grinsen aufs Gesicht, das erst verschwand als der Hund sich aufgerichtet hatte und mich nun böse ansah. „Lasst uns doch nach drinnen gehen.“, schlug Kagome vor und rette mich damit wahrscheinlich vor dem Zorn Inu Yashas. In schweigender Übereinkunft betrat ihre Gruppe wieder die Hütte, und ich folgte ihnen. „Ich glaube ich weiß nun was du gemeint hast, Kagome. Als du dir Sorgen gemacht hast ob das Dorf überhaupt noch steht.“, gab ich grinsend zu. Sie lachte. „Ja, du hast gerade live erlebt wie schnell die beiden aneinander geraten. Aber das Ausmaß ihrer Zerstörungskraft kennst du zum Glück noch nicht. Vermutlich hätte heute der Wald dran glauben müssen.“ „Keh!“, gab Inu Yasha beleidigt von sich, bevor andere Themen aufgegriffen wurden. Das weitere Gespräch verlief zu meiner Erleichterung eine erfreuliche Zeit lang ohne mir irgendwelche peinlichen Details zu entlocken. Zumindest solange, bis Mirokus Blick durch das Fenster auf Sesshoumaru fiel, der noch immer draußen vor der Hütte saß und Rin wohl beim Spielen zusah. Auf Mirokus Gesicht trat ein breites Grinsen, und auch wenn ich ihn noch nicht lange kannte, ahnte ich, dass dies nichts Gutes bedeutete. Auf jeden Fall nicht für mich. Sein Blick ruhte nun auf mir, als er mit triumphierender Stimme begann, „Ha! Ich kann mir denken was Sesshoumaru mit Saju…“. Weiter kam er nicht, denn erneut hatte er einen Schlag von Sango abbekommen, die rot geworden war – wahrscheinlich vor Wut über sein Benehmen. Der Morgen schien schon ewig weit zurück zu liegen und nur zu gerne wäre ich der engen Hütte und ihren Insassen entflohen, auch wenn ich Sango wohl dankbar sein sollte. Doch wenn ich jetzt raus gehen würde, wäre ihnen der Gesprächsstoff erstrecht sicher. Nein, jetzt raus zu gehen, wäre viel zu peinlich, und ich konnte ihn auch kaum vor allen Augen um ein Gespräch ohne neugierige Zuschauer bitten. „Was soll er schon von ihr wollen?“, fragte Inu Yasha, der offenbar eine weitaus weniger bunte Fantasie als der Mönch hatte. Letzter seufzte auf die Frage hin nur hoffnungslos, wagte es jedoch nach einem Seitenblick zu Sango nicht seine Theorie weiter zu erörtern. Dennoch ließ auch mich die Frage nicht los. Was genau wollte er wirklich von mir? Was hatte er von Sara gewollt? Aus meinen bisherigen Träumen hatte ich eher den Eindruck, dass sie ihm gleichgültig war. Dennoch schien er einen Grund zu haben hier im Dorf zu bleiben. Eine Weile später steckte Rin von draußen ihren Kopf hinein. „Spielt jemand mit mir?“, fragte sie, „Jaken hat keine Lust mehr…“. Genau die Gelegenheit auf die ich schon die ganze Zeit gewartet hatte. Schnell stand ich von meinem Platz am Boden auf, schließlich konnte ich das arme Kind doch nicht ohne Spielgefährten lassen. Jetzt konnte ein gewisser Mönch doch wohl nicht behaupten, dass ich nur nach draußen wollte um Sesshoumaru zu sehen. Hier ging es um Rin. Vermutlich war es doch recht naiv von mir so zu denken, aber die leise zweifelnde Stimme in meinem Kopf ignorierte ich für den Moment. Eilig stolperte ich der kleinen hinterher, die nun wieder fröhlich loslief. Draußen vor der Hütte saß Jaken, seinen – für ihn viel zu langen – Stab in den Händen, neben dem doppelköpfigen Drachen. Der kleine Dämon wirkte erschöpft, doch mein Mitleid für ihn hielt sich in sehr engen Grenzen. Ich erlaubte mir einen Blick hinüber zu Sesshoumaru, der noch immer genau dort saß wo er sich hingesetzt hatte als wir alle aus dem Wald zurückgekommen waren. Zu meiner Überraschung jedoch war sein Blick direkt auf mich gerichtet, und der Anblick seiner goldenen Augen brachte mich aus dem Tritt, sodass ich, über meine eigenen Füße stolpernd, beinahe hinfiel. Mist, warum musste mir das ausgerechnet dann passieren, wenn er zusah? Röte stieg mir in die Wangen. Vielleicht, dachte ich, passierte es aber auch genau deswegen: weil ich wusste das er zusah. Diese Erkenntnis machte mich irgendwie wütend. Nur weil Sara zu ihren Lebzeiten in diesen vermaledeiten Dämon verliebt war, musste ich mich jetzt Hals über Kopf in ihn verlieben? Das war doch nicht fair! Das hier, war mein Leben. Ich wollte nicht irgendwelchen Vorgaben folgen müssen nur weil es einer Prinzessin mal so eingefallen war! Noch dazu wusste ich so wenig über Sesshoumaru, dass es rekordverdächtig war. Selbst wenn sich ein jugendlicher Fan in meiner Zeit in einen prominenten Schauspieler aus dem neuesten Teenie Film verliebt – oder wie man das in diesem Falle nennen will – wusste das Mädchen dann mehr über den Schauspieler, mit dem sie sicher nie auch nur ein einziges Wort gewechselt hatte, als ich über Sesshoumaru wusste. Ich könnte mich natürlich auch jetzt einfach zurück in meine Zeit begeben, durch den Brunnen, und Sesshoumaru den Rücken kehren. Dann würde er schon sehen was er von seinem Wortkargen Benehmen hatte! Ja, genau das könnte ich tun… Aber jetzt noch nicht. Ich wollte doch mit Rin spielen… Zu meiner großen Zufriedenheit blieb ich von weiteren Stolperfallen durch meine eigenen Füße verschont und das obwohl mir bei den kurzen Blicken, die ich hin und wieder zu Sesshoumaru warf, auffiel, dass er mich nicht aus den Augen zu lassen schien. Etwas beunruhigend fand ich sein neues Verhalten schon, doch es brachte auch gewisse Fragen auf. Sollte er als Dämon nicht eigentlich Menschen unbeachtet lassen und über keine anderen Gefühle als Hass verfügen? Auch wenn sein Gesichtsausdruck gerade - wie wahrscheinlich immer - vollkommen ausdruckslos auf mich wirke, dass ich mich fragen musste ob er überhaupt über Mimik verfügte, so glaubte ich nicht das es Hass war, was er im Moment empfand, falls er empfinden konnte. Als er vorhin mit Kagura gesprochen hatte, hatte ich sein Gesicht nicht genau genug erkennen können. Vielleicht hätte ich dort den Widerspruch zu meiner Theorie gefunden. Vielleicht hatte er tatsächlich auch positive Gefühle, wenn auch nur für Kagura… Und doch hatte er Saras Kette aufgehoben. Wusste er dass sie wiedergeboren würde? Hatte er es gehofft? Einerseits wollte ich nur zu gerne mehr über ihn und die Umstände erfahren die zu Saras Wiedergeburt geführt hatten. Andererseits wollte ich nicht einfach ihren Platz hier in dieser Welt einnehmen, schließlich war dies nun mein Leben und ich wollte selbst darüber entscheiden. Doch wenn dies nun meine einzige Chance war, um Sesshoumaru überhaupt besser kennen zu lernen? Wenn ich dafür mein altes Leben akzeptieren musste, wie konnte ich mich dann noch weigern genau das zu tun? Vermutlich war ich voreingenommen was ihn betraf. Da Sara so sehr in ihn verliebt war, hatte dies wohl über die Wiedergeburt hinaus angehalten. Aber für ihn war Saras Tod doch auch noch nicht lang her. War es dann nicht anzunehmen, dass er an mir sowieso nur sie wahrnehmen würde? Ich seufzte, und erneut wanderte mein Blick zu seinem Gesicht. Er sah mich noch immer an. Zögerlich versuchte ich ihm ein Lächeln entgegen zu bringen, doch seine Reaktion fiel nicht wie erwartet aus. Ich hätte mir ein Lächeln seinerseits erhoffen können, wäre ich noch naiver als ich es eh bereits war. Ich hatte keine Veränderung in seiner Mimik erwartet, doch es gab eine. Ein wenig verengten sich seine Augen und sein Mund wirkte strenger, was einen insgesamt zornigen Eindruck auf mich machte. Nur fragte ich mich, was ich ihm denn nun getan hatte. Endlich konnte ich ihm eine Gefühlsregung entlocken und dann war es Zorn? Das fing ja gut an… Als es dunkler wurde holte Kagome mich zurück nach drinnen in die Hütte. Das Abendessen war vorbereitet und Großteils schweigend nahmen wir es ein. Rin leistete uns dabei Gesellschaft und blieb auch für die Nacht drinnen. Offenbar genoss sie es zur Abwechslung einmal nicht unter freiem Himmel zu schlafen, sodass ich mich unweigerlich fragte, warum sie nicht in einem Dorf der Menschen blieb. Für diese Nacht jedenfalls ließ sie es sich nicht nehmen dicht an meiner Seite einzuschlafen. Auf meiner anderen Seite lag Kagome, neben deren Kopf Inu Yasha saß, den Rücken an die Wand gelehnt und sein rostiges Schwert in den Armen. Ob vielleicht gerade dieser Anblick, direkt vor dem Einschlafen, mir die weitere Erinnerung in meinen Träumen bescherte? Erneut stand ich unter dem Blätterdach des alten Baumes der in meiner Zeit im Schrein bei meinem Großvater stand. Ich war in eine prunkvolle Rüstung gekleidet und hielt ein Schwert samt Heft in meiner linken ausgestreckten Hand. War dies nicht das rostige Schwert von Inu Yasha? Tessaiga, ja das war sein Name. Und wem hielt ich das Schwert entgegen? Ja, natürlich, Sesshoumaru. Wem auch sonst. Aber musste dieser verflixte Dämon denn wirklich in jedem meiner seltsamen Träume die Hauptrolle spielen? Wenn die Rolle doch wenigstens mal die eines edlen Prinzen in strahlender Rüstung wäre. Stattdessen spielte er immer den schweigsamen, undurchschaubaren… ja, Dämon eben. In meinem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr und blickte irritiert auf meinen rechten Arm. Oder vielmehr auf die Stelle an der er sein sollte. Anstelle meines Armes ragten einige Dämonen aus meiner Schulter und fixierten Sesshoumaru mit ihrem Blick. Mir wurde für einen Moment schlecht, was sich nicht besserte, als ich merkte, dass Sesshoumaru sein Schwert gegen mich richtete. Er machte einen schnellen Satz auf mich zu und schien mich mit dem glühenden Schwert zu durchtrennen. Schmerz stieg in mir auf, doch er stammte nicht von dem Hieb sondern kam von innen aus meinem Körper heraus. Es fühlte sich nichtmehr an als wäre es mein Körper. Wie betäubt, bewegungslos, sah ich was Geschah und nun erst merkte ich, wie verzerrt die Welt zu sein schien, hinter einem roten Schleier liegend. Hassgefühl stieg in mir auf. Es war so intensiv, dass es mich aus meinem Körper zu drängen schien. Ich hörte dass gesprochen wurde, eine grausame Stimme die aus meiner Kehle drang, und die Stimme von Sesshoumaru, doch ich konnte keine Worte verstehen. Nur langsam wurden die Worte verständlicher. „Das ist nutzlos. Euer Schwert besteht aus purer Wut und Hass. Es nährt nur unsere Kraft.“, sprach die fremde Stimme verächtlich. Dennoch schlug Sesshoumaru erneut mit dem Schwert zu und zielte dieses Mal auf meinen linken Arm. Tessaiga wurde durch den Schlag aus meiner Hand geschleudert und flog einen hohen Bogen bevor es bei der Landung im Boden zwischen uns stecken blieb. Nach einem kurzen Zögern steckte Sesshoumaru nun sein Schwert weg und griff stattdessen mit grimmigem Gesichtsausdruck nach dem viel rostigerem Schwert das er mir entwendet hatte. Erstaunt bemerkte ich die Funken die um den Griff und seine Hand zuckten, als er die Finger darum schloss. Entschlossen zog er das Schwert aus dem Heft, wobei es sich verwandelte. Die Klinge wurde breit wie die eines Säbels. Er holte zum Schlag aus, während zahllose Dämonen ihm entgegen strömten und bevor ich selbst körperlos wurde sah ich noch wie sie alle spurlos verschwanden. Geschockt wachte ich auf und blickte mich um. In der Hütte war alles still. Außer mir war wohl keiner wach. Ich fragte mich wie lange mein Albtraum mir zuvor zu schlafen gegönnt hatte, doch so oder so fühlte ich mich nicht in der Lage sofort weiter zu schlafen. Ich blickte auf Rins friedliches Gesicht und wünschte mir diese elenden Erinnerungen würden mich doch endlich in Ruhe lassen. Leise verließ ich die Hütte und trat in die Nacht hinaus, die vom Mond und den Sternen hell erleuchtet wurde. Sesshoumaru saß an einen Baumstamm gelehnt und schlief, wie mir schien, seelenruhig. Ärger stieg in mir auf. Wie konnte dieser Dämon so unschuldig tun? Wieso waren Saras Gefühle für ihn nicht verschwunden? Immerhin war es doch er gewesen, wie ich nun nur zu gut wusste, der sie auf dem Gewissen hatte. Falls er überhaupt etwas wie ein Gewissen besaß. Die kühle Nachtluft fühlte sich gut an und die Stille des Waldes, durch den ich nun schritt, ließ mich entspannen. Ich erinnerte mich an zu Hause, wo ich täglich den Wald um mich herum gehabt hatte und zahllose Ausritte im Zwielicht unternommen hatte. Ob Ryome, jetzt da ich in die Stadt gezogen war, noch ausreichend Bewegung bekam? Ein plötzliches Knacken riss mich aus meinen Gedanken und alarmiert schaute ich mich um. Was hier wohl im Wald umher streifte? Vielleicht ein Wildschwein, überlegte ich, doch dann sah ich im fahlen Mondlicht was es war und erstarrte. Eine Spinne, so hoch wie meine Hüfte näherte sich mir mit bedrohlich aufgerichteten Greifern. Ich konnte ein verzweifeltes Wimmern nicht unterdrücken, auch wenn mir sehr wohl bewusst war, dass es die Spinne gewiss nicht abschrecken würde. Wenigstens sollte es die Situation nicht noch schlimmer gestalten – falls das überhaupt noch möglich war – schließlich waren Spinnen doch taub, oder? Langsam machte ich ein paar Schritte zurück, mir der Aussichtslosigkeit meiner Situation bewusst. Schon mit deutlich kürzeren Beinen hätte die Spinne mit meiner Laufgeschwindigkeit gewiss mithalten können, aber so? Von wegen Spinnen hätten mehr Angst vor Menschen als wir vor ihnen… Keine Ahnung wer sich diesen Mist ausgedacht hatte, aber das glaubte ich ja nicht mal wenn diese Viecher klein genug waren um sie in einer Hand zu zerquetschen. „Du kannssst mir nicht entkommen, Mädchen. Ich werde dich fressssen!“, kam es plötzlich von der vermeintlichen Spinne. Aber wie ich nun wusste, war es doch nur ein Dämon. Noch dazu einer, der zu glauben schien dass es ihm keinen Nachteil einbringen würde seine Absichten zu verraten. Während er dreckig lachend stehen geblieben war, an einer Stelle an der Mondlicht durch die Blätter auf sein eingebildetes, menschenähnliches Gesicht fiel, das mir vorher nicht aufgefallen war, griff ich nach einem kräftig wirkendem Ast der neben mir auf dem Boden lag und hielt ihn wie ein Schwert vor mich. „Esss hat keinen Zweck sssich zu wehren!“, sprach der Dämon erneut und setzte lachend zum Sprung an. Mit zusammen gebissenen Zähnen holte ich zum Schlag aus und traf den Dämon hart genug in seinem Sprung um nicht unter ihm begraben zu werden. Nun jedoch bebte sein massiger Körper und ehe ich begriff was geschah, sah ich für einen Moment nichts anderes mehr als Spinnenseide vor mir in der Luft, die mich umschließen wollte. Ich wollte ausweichen, doch war ich zu langsam. Dann mischte sich etwas anderes in den Kampf ein. Ein blaues Leuchten durchzuckte die Spinnenseide, ebenso wie den Dämon dahinter. Sicherlich konnte das nichts Gutes für mich bedeuten. Der Wald war voll von Dämonen, was Kagome mir ja zu sagen versucht hatte. Hätte ich mir ihre Worte doch bloß zu Herzen genommen. Die blaue Rettung war gewiss nur ein weiterer Dämon, der dem Spinnenvieh das Essen erfolgreich streitig gemacht hatte… Erneut hob ich den Ast, den ich noch fest umklammert hatte, und schlug auf die erschienene Gestalt ein, ganz nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung. Mein Schlag wurde jedoch derart abrupt gestoppt, dass ich um mein Gleichgewicht rang während ich den vermeintlichen neuen Gegner erkannte. Sesshoumaru. Der schon wieder. Ich beachtete kaum wie der Ast, den ich nun vorsorglich losließ, sich in grünem Nebel auflöste, sondern starrte meinen Retter mit funkelnden Augen an. „Warum rettest du mich?“, fragte ich ihn knurrend. Ich war skeptisch, nachdem er mich in meinem Traum gerade erst ermordet hatte. Außerdem gefiel mir nicht, dass er mich ausgerechnet so hilflos vorfinden musste und das Verschwinden meiner Waffe beunruhigte mich zusätzlich. Was er nun wohl von mir dachte? Er schien zumindest nicht erfreut über meine Frage, aber in dem fahlen Licht konnte ich nicht sicher sein. „Wie kommt es, dass deine Angst weniger wurde, als der Dämon dir seine Absichten verraten hat?“, fragte er mich, ohne auf meine eigene Frage einzugehen. Dass er überhaupt das Wort an mich richtete grenzte auch so schon an ein Wunder. Noch dazu, dass er vorgab Interesse an meinem Verhalten zu haben. „Ich habe Angst vor Spinnen, und dachte es wäre eine. Aber Spinnen reden nicht.“, gab ich zur Antwort. Dass ich daraus geschlussfolgert hatte, dass das Vieh nur ein Dämon war, konnte er sich von mir aus selbst denken. „Lächerlich.“ „Ich weiß!“, schrie ich ihn beinahe an, aus der Fassung gebracht. Natürlich wusste mein Verstand wie lächerlich es war vor Spinnen Angst zu haben. Die meisten waren nun wirklich ungefährlich für Menschen. Dennoch jagten sie mir Angst ein, was ich darauf schob, dass ich bei den kleinen Tieren einfach keine Gemütsregungen erkennen konnte. Ich konnte mir nicht im Geringsten vorstellen was in deren Köpfen vor sich ging. Es war also vielmehr das Unbekannte und die Unwissenheit, die mir Angst einjagten. Der Dämon hingegen hatte über Mimik verfügt, hatte gelacht und ich wusste genau was er vorhatte. Das gab mir Sicherheit, so verrückt das auch sein mochte. Sesshoumaru trat einen Schritt auf mich zu und alarmiert huschte mein Blick zu seinem Gesicht, nach einer Regung dort suchend. Doch war es für mich fast ebenso unmöglich seine Mimik zu erkennen, wie die einer echten Spinne. „Willst du mich wieder umbringen?“, fragte ich zornig über meine Ohnmacht, trat ihm jedoch einen Schritt meinerseits entgegen. Bei Tieren wirkte diese Einschüchterung oft… nun ja, bei Fluchttieren… Kerzengrade stand ich vor ihm, den Kopf herausfordernd erhoben. Die Genugtuung Angst vor ihm zu haben, wollte ich ihm keinesfalls geben, trotz allem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)