Reinkarnation von abgemeldet (Die Frau die Sesshoumaru liebte ist zurück) ================================================================================ Kapitel 11: Unterhaltung mit 'Ah-Uhn' ------------------------------------- Als ich wieder zu mir kam spürte ich zuerst den harten Boden auf dem ich lag. Ich fühlte mich schwer wie ein Stein, als hätte sich die Erdanziehungskraft plötzlich vervielfacht und mein eigener Körper schien mich zu erdrücken. Hektisch schnappte ich nach Luft um den Druck auf meinen Brustkorb zu verringern, keuchte jedoch sogleich schmerzerfüllt auf als sich tausende kleiner Nadeln in meine Muskulatur bohrten. Die gute Nachricht war: Ich war offenbar noch immer am Leben und mir meines eigenen Körpers bewusst. Die schlechte Nachricht jedoch: Mir tat einfach alles weh. Etwas kitzelte mich am linken Ohr und so drehte ich den Kopf leicht nach rechts während ich die Augen aufschlug. Schon diese kleine Bewegung verursachte ein starkes Pochen an meinen Schläfen und der Stirn und im ersten Moment war alles was ich sehen konnte ein grüner Schleier. Ich blinzelte ein paar mal und meine Umgebung nahm allmählich erkennbare Formen an. Ich lag auf grasbewachsenem Boden. Über mir erstreckte sich ein helles Blätterdach. Dann musste ich also in einem Wald sein. Nur wie kam ich hier her? War ich nicht zuletzt auf dem gepflasterten Innenhof eines Anwesens gestanden? Mein Kopf pochte dumpf bei dem Versuch mich zu erinnern. Was war geschehen? Wieviel Zeit war vergangen? Und wo zum Geier war ich hier? Mein Blick fiel auf das geschuppte Ende eines Schwanzes. Ohne mich völlig zu verrenken - der Versuch zog eine erneute Schmerzexplosion in meinem Kopf nach sich - konnte ich nicht erkennen was am anderen Ende des Schwanzes war und so dauerte es einen Moment bis ich mich erinnerte woher ich diese Schuppen kannte: Ah-Uhn, der zweiköpfige Drache der zu Sesshoumaru gehörte. Sesshoumaru… Nun erinnerte ich mich wieder. Ich hatte meine Reserven mobilisiert um ihn aus einer Barriere zu befreien. Anschließend war er wortlos verschwunden und hatte die Verfolgung der verantwortlichen Dämonin aufgenommen. Schutzlos wie ich in diesem Moment war hatte Naraku mich entführen lassen und wieder versucht mich zu absorbieren. Hatte Sesshoumaru mich schließlich gerettet und hierher in den Wald gebracht? Ich drehte den Kopf nach links und wieder verschwamm meine Sicht. Etwas großes und überwiegend weißes war auf dieser Seite zu sehen. Ich blinzelte. Das weiße Etwas nahm die Form von Sesshoumaru an, der mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt, nicht weit von mir entfernt saß. Ich blinzelte nochmals und konnte nun auch sein Gesicht klar sehen und seine goldenen Augen die unverwandt auf mich gerichtet waren. Unsere Blicke trafen sich. Hatte er die ganze Zeit über mich gewacht? Wie lange lag ich wohl schon hier im Gras? Ich öffnete den Mund um ihn zu fragen wie lange ich bewusstlos gewesen war, doch alles was aus meiner Kehle erklang war ein heiseres Krächzen aus dem sich selbst seine perfekten Ohren keinen Reim machen könnten. Genervt seufzte ich - was musste ich auch derart entkräftet vor seiner Nase auf dem Präsentierteller liegen - und versuchte mich aufzusetzen. Für den Moment schaffte ich es jedoch nur den Kopf anzuheben und meinen Puls durch die Anstrengung zum Rasen zu bringen. Mein restlicher Körper widersetzte sich mir und unterbrach meinen Versuch mit einer neuen Schmerzwelle. Na toll. Frustriert starrte ich auf das Blätterdach über mir, dass den Himmel nur erahnen ließ. Kurz überdachte ich meine Optionen. Entweder blieb ich hier jämmerlich liegen und bewies wie schwach ich als Mensch war, oder ich versuchte mich den Schmerzen zum Trotz zu erheben und zu sehen aus welchem Holz ich gemacht war. Meine Entscheidung stand quasi sofort fest. Erneut spannte ich meine Muskeln an um mich aufzurichten, verzog jedoch unwillkürlich das Gesicht. „Du bist schwach. Bleib liegen.“, ergriff nun Sesshoumaru das Wort. Der angenehme Klang seiner tiefen Stimme durchflutete mich wie eine warme Sommerbriese. Seine Formulierung jedoch machte mich noch trotziger. Vielleicht wäre es klüger noch etwas liegen zu bleiben, aber so wie er das gesagt hatte, kam genau das jetzt auf keinen Fall mehr für mich in Frage. Statt dessen biss ich die Zähne zusammen und strengte mich noch mehr an. Ein leises knurren entwich mir, doch schließlich schaffte ich es und saß endlich aufrecht. Hatte die Welt vorhin auch schon geschwankt? Unsicher stützte ich mich mit den Händen am Boden ab und atmete einige Male tief durch bis mein Puls sich ein wenig beruhigte und das Hämmern in meinem Kopf nachließ. Mein Blick fiel auf meinen Rucksack den ich getragen hatte. Jemand hatte ihn neben meinen Füßen ins Gras gestellt. Ich zog ihn näher zu mir heran und griff dann nach meiner Trinkflasche die an der Seite befestigt war. Eilig trank ich den Rest des Wassers, das sich darin befand, aus. Es war nicht mehr viel, aber meine Kehle fühlte sich schon gleich besser an. „Wie lange war ich bewusstlos?“, fragte ich, den Blick wieder Sesshoumaru zugewandt. Meine Stimme klang noch immer etwas dünn, aber zumindest verständlich. „Einen Tag.“, antwortete er knapp. Erschrocken riss ich die Augen auf. Einen ganzen Tag sollte ich geschlafen haben? Nie zuvor hatte ich so lange am Stück geschlafen. Wir waren Rin am Sonntag gegen Mittag begegnet. Ich rechnete etwas Zeit dazu, die es gedauert hatte Sesshoumaru zu Hilfe zu kommen. Dann noch die Entführung durch Naraku und eine gefühlte Ewigkeit in der Dunkelheit, von der ich unmöglich sagen konnte wie lange ich dort ausgeharrt hatte. Wenn ich dann noch einen Tag Bewusstlosigkeit hinzu addierte… dann war es nun also Montag Nachmittag? Ich fehlte unentschuldigt in der Schule! Ein Anflug von Panik überkam mich. Noch nicht lange ging ich auf eine anständige Schule in der Stadt und da mutierte ich schon zur Schulschwänzerin? Was würde mein Großvater dazu sagen? Hoffentlich machte er sich keine unnötigen Sorgen um mich... Wenn sie doch nur unnötig wären. Ob Kagome ohne mich zurück in unsere Zeit gegangen war? Nun, in meiner aktuellen Verfassung konnte ich ohnehin nicht in der Schule sitzen und dem Unterricht folgen. Entschlossen schob ich meine Sorgen um mich beiseite. Ich musste mir einen Reim aus dem machen was passiert war und zusehen dass ich mich wieder erholte. Außerdem drängten sich mir andere Fragen auf. Das wichtigste zuerst. Unsicher erhob ich wieder die Stimme. „Geht es dir gut?“ „Warum?“ Die Frage irritierte ihn wohl und er hielt es für überflüssig sie zu beantworten. „Ich habe die Warnungen meines Körpers ignoriert weil ich dir helfen und dich beschützen wollte. Ich will nur wissen ob es das Wert war.“, erklärte ich ausweichend. Ich spürte wie mir die Röte in die Wangen stieg, aber zu meinem Glück - und Verdruss - sah er gerade nicht zu mir sondern zu dem grünen Meer an Blättern über uns, die sanft im Wind raschelten. „Beschützen…“, wiederholte er, betonte das Wort jedoch als wolle er es in seine Einzelteile zerlegen um eine tiefere Bedeutung aufzudecken. „Was für ein Blödsinn.“, fügte er einige Momente später hinzu. Klar. In seinen Ohren musste das wirklich lächerlich klingen. Ich, eine Menschenfrau von gerade erst 18 Jahren, wollte ihn, einen mächtigen Dämon von über 200 Jahren, beschützen? Ich kicherte bei dieser Vorstellung, bereute es jedoch sogleich als ein neuer Schmerz durch meine Muskeln fuhr. Sein Blick wanderte bei meinem Kichern kurz zu mir, dann weiter zu meiner Hand die ich auf die stechenden Rippenmuskeln presste. Sein Kiefer wirkte irgendwie angespannt. Dann wand er den Blick wieder von mir ab. „Ich brauchte keine Hilfe.“, stellte Sesshoumaru klar. Darüber ließe sich streiten, aber für meine ohnehin angeschlagene Gesundheit war es gewiss besser dies zu vertagen. „Trotzdem hast du sie bekommen.“, erwiderte ich also mit demselben sachlichen Tonfall den er benutzte. Rin war vermutlich auf eigene Faust unterwegs gewesen um seinetwillen nach Hilfe zu suchen. Gewiss hatte sie dies nicht leichtfertig getan, wo sie doch schon seit einer Weile in seiner Gesellschaft reiste. Sollte sie nicht wissen wann er zurecht kam und wann es schlecht für ihn aussah? Konnte er überhaupt zugeben dass er Hilfe brauchte oder würde sein Stolz ihn bis zuletzt daran hindern? „Hast du die Dämonin erwischt?“, stellte ich die nächste Frage. Nun da wir einmal Gelegenheit hatten uns in Ruhe zu unterhalten wollte ich das Gespräch irgendwie in Gang bringen. „Natürlich.“, war seine Antwort. Wahrscheinlich hätte ich bereits wissen sollen, dass er auf eine Ja-Nein Frage eben auch nur mit einem Wort antwortete. Zumindest war es mehr als einsilbig. „Was ist geschehen? Ich weiß nur dass mich plötzlich jemand von hinten gepackt hat. Danach saß ich, wer weiß wie lange, in Naraku...“ - ich suchte nach einem passenden Wort, fand jedoch keins - „… fest.“, beendete ich den Satz etwas holprig. „Als ich meine Kraft schließlich nicht länger kontrollieren konnte waren da blaue Blitze die mich in letzter Sekunde befreit haben. An mehr kann ich mich nicht erinnern.“ Gespannt wartete ich auf seine Antwort und einen hoffentlich ausführlichen Bericht über alles was mir entgangen war. Sesshoumarus goldenen Augen ruhten nun wieder auf mir und schienen sich durch mich hindurch zu bohren. Er sah mich an als würde er darüber nachdenken ob ich die Atemluft, die er zum Antworten verbrauchen würde, überhaupt wert war. Bei diesem Gedanken lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken und ich fröstelte unwillkürlich. „Narakus Handlangerin ist mit ihrem Fluchtversuch nicht weit gekommen. Nachdem ihr einziger Trumpf erfolglos blieb, hatte sie mir nichts weiter entgegen zu setzen, obwohl Inu Yasha sich in unseren Kampf eingemischt hat.“, begann er endlich mit der von mir ersehnten Antwort. „Als ich zurück kam sagte Rin du seist entführt worden. Im Grunde konnte nur Naraku dahinter stecken, daher bin ich der Spur gefolgt.“ Er war der Spur gefolgt um Naraku zu finden? Nicht um mich zu retten? Warum machte sich mein dummes Herz eigentlich noch immer Hoffnungen dass Sesshoumarus Herz jemals für mich schlagen könnte? Ich war nur ein geeigneter Lockvogel für seinen Feind. War das etwa der Grund dass er mich hierher mitgenommen hatte statt mich bei Kagome und ihren Reisegefährten zurück zu lassen? Das wollte ich einfach nicht glauben! „Weil mein unwürdiger Halbbruder sich auch in diesen Kampf eingemischt hat, konnte Naraku im letzten Moment entkommen.“, fuhr er fort. Ich erinnerte mich, dass ich klirrendes Metall gehört hatte. Dann hatten Sesshoumaru und Inu Yasha also wirklich in dieser Situation die Schwerter gekreuzt. Warum konnten sie nicht miteinander kämpfen sondern nur gegeneinander? Hatten sie dieses aufbrausende Verhalten von ihrem gemeinsamen Vater geerbt? In meiner Vorstellung sah ich einen Dämon wie Sesshoumaru vor mir, aber nach dem was Totosai erzählt hatte versuchte ich ihn mir mit einem gütigen Lächeln auf dem Gesicht vorzustellen, fähig einen Menschen zu lieben. Hier ließ mich meine Vorstellungskraft jedoch im Stich. Da er nicht weiter sprach hakte ich nochmal nach. „Und was waren das für blaue Blitze die mich aus meinem Gefängnis befreit haben? Wie komme ich hierher?“ „Die Blitze gehörten zu Tokijins Angriff.“, erklärte er mit einem Hauch Widerwillen in der Stimme. „Dann hast du mich gerettet. Wieder einmal. Danke sehr.“, sagte ich lächelnd. Er wand den Blick von mir ab und blickte zu dem zweiköpfigen Drachen der zwei Meter weiter weg genüsslich Blätter von einem tief hängenden Baum zupfte. „Ah-Uhn hat dich getragen.“ Sicher doch. Vermutlich hatte Ah-Uhn mich zuletzt getragen, also bis hierher in den Wald, aber gewiss hatte er mich nicht selbst in diesem Innenhof aufgegabelt und auf seinen Rücken gesetzt. Wenn Sesshoumaru diese Lorbeeren jedoch gern abtreten wollte, dann spielte ich eben mit. Ich stand mühevoll auf, bei weitem nicht so elegant wie ich es beabsichtigt hatte, und ging mit vorsichtigen Schritten auf die Drachenköpfe zu, die mich nun neugierig musterten. Vorsichtig, nicht etwa weil ich Angst vor den riesigen Köpfen gehabt hätte, sondern vielmehr weil ich mich wacklig auf den Beinen fühlte und um alles in der Welt vermeiden wollte, ausgerechnet jetzt, über meine eigenen Füße zu stolpern. „Danke sehr Ah-Uhn. Das war sehr freundlich.“, sprach ich zu dem Drachen, was eigentlich für Sesshoumaru bestimmt war. Lächelnd streckte ich meine Hände nach den Drachennasen aus und streichelte die beiden sanft. Sie fühlten sich unerwartet weich an, trotz des feinen Schuppenpanzers. „Und geht es dir gut?“, fragte ich ihn unbekümmert. Auch diese Frage war ursprünglich für den dickköpfigen Hundedämon bestimmt, aber der wollte ja dass ich meine Aufmerksamkeit auf seinen Drachen lenkte. Beide gaben mir keine Antwort, aber in Anbetracht der Tatsache, dass der Drache - soweit ich wusste - nicht reden konnte, war zumindest er entschuldigt. Ich fuhr damit fort die Drachenköpfe zu streicheln. Als der eine mir vorwitzig ein Ohr entgegen reckte ging ich dazu über ihn dort zu kraulen. Es schien ihm zu gefallen denn er gab sowas wie ein Schnurren von sich, nur dass es ganz und gar nicht nach einer Katze klang. Ich lachte fröhlich. Es erinnerte mich an Ryome, das Pferd bei meinem Großvater, die das auch immer genossen hatte. Aus dem Augenwinkel konnte ich erahnen, dass Sesshoumaru das Schauspiel still beobachtete. Schließlich, einige Minuten und drei Drachenohren später, war er es, der das Schweigen brach. „Tokijin.“, begann er. Ich ließ davon ab den Drachen weiter zu kraulen und drehte mich neugierig um. Aus dem Rascheln hinter mir schloss ich, dass Ah-Uhn sich wieder dem Laub widmete, während Sesshoumaru sich, in einer einzigen flüssigen Bewegung mit der Anmut eines Gottes, von seinem Platz erhob, sodass ich nun wieder zu ihm hinauf blicken musste. „Du hast dich nicht von dem Schwert beherrschen lassen, obwohl du nur ein Mensch bist. Wie konntest du es kontrollieren?“, fuhr er fort. Nur ein Mensch? Da schwang wieder dieser abwertende Unterton mit. Gab es denn keinen Aspekt bei dem ein Mensch mit einem Dämon mithalten oder ihn gar übertreffen konnte? Wie hatte ich das Schwert kontrolliert, als schwacher Mensch der ich doch war? Ich dachte zurück an dem Moment als ich das Schwert gezogen hatte um diesem nervigen Mönch Manieren beizubringen. Ich war stink wütend geworden aufgrund seiner Andeutungen und weil ich schon zuvor gereizt war. „Als ich das Schwert ergriff, hörte ich eine hasserfüllte Stimme. Sie verlangte dass ich euch alle töten sollte, angefangen bei Miroku. Weil mein Arm so bereitwillig zum Schlag ausholte, wurde mir klar dass die Stimme in meinem Kopf war. Ich habe mich ihr widersetzt und es kam zu einem geistigen Kräftemessen bis die Stimme schließlich aus meinem Kopf verschwand. Dann habe ich dir das Schwert zurück gegeben.“, berichtete ich. Als all dies geschah, dachte ich, dass ich mir das nur eingebildet hätte. Es erschien mir so unwirklich. Doch nach dem was ich in der Zwischenzeit gesehen und von Sahiro und Setsuna gelernt hatte, war es weitaus weniger abwegig geworden. Skeptisch blickte ich ihn an. War dies die Antwort die er hören wollte? Was sagte ihm das nun über mich? Und warum zum Teufel war er das Risiko eingegangen, dass ich von dem Schwert beherrscht würde? „Wieso hast du mich nicht aufgehalten? Hätte ich dieses Kräftemessen verloren, erginge es mir dann jetzt wie dem Schmied? Oder müsste ich wohlmöglich mit den Schuldgefühlen leben jemanden verletzt oder gar getötet zu haben? Was wenn ich mich gegen dich gewandt hätte?“ Hier unterbrach ich mich, denn meine Stimme klang mehr und mehr verzweifelt und ich durfte mich jetzt nicht in dieses Leid hinein steigern. Am Ende würde ich nur wieder weinen. Ich kannte mich doch… „Ich hätte dich jederzeit aufhalten können.“, war seine Antwort. Sachlich wie immer. Also war es ein Test gewesen? Ein Experiment? Schlimm genug dass ich sein Lockvogel war, jetzt war ich außerdem auch noch sein Versuchskaninchen! „Warum hast du nach dem Schwert gegriffen? Kannst du damit umgehen?“, fragte er weiter. War da eine Spur von Neugierde in seiner Stimme? Ich schluckte meinen Ärger hinunter. „Ich wollte Miroku einschüchtern weil er mir derart auf die Nerven ging. Es wäre wohl nicht zu einem Kampf gekommen.“, erwiderte ich. „In meinem vorherigen Leben habe ich Unterricht im Schwertkampf bekommen, wie es sich für die Tochter eines Samurai gehört. Ich konnte allerdings noch nicht prüfen, wieviel mir das in diesem Leben noch bringt.“, fuhr ich fort. Außerdem wusste ich auch nicht, welchen Maßstab Sesshoumaru bei mir Ansetzen würde. Ich war doch nur ein Mensch… Dass ich in diesem Leben nun auch wieder Unterricht im Schwertkampf bekam, wollte ich weiterhin für mich behalten. Vielleicht würde ich es ihm sagen wenn ich nach menschlichen Maßstäben vorzeigbar kämpfen konnte. Beim ersten oder zweiten Meistergrad vielleicht - sollte ich es jemals so weit bringen. Meine Beine schmerzten allmählich vom Stehen, was mich wieder daran erinnerte dass ich vor kurzem noch bewusstlos gewesen war und mich zuerst kaum rühren konnte. Gut dass der überreizte Zustand meiner Nerven und Muskeln sich - so wie bei Muskelkater - durch Bewegung schneller erholte. Gerade wollte ich mein Gewicht verlagern um ein Bein etwas zu entlasten, da knickte ohne Vorwarnung mein linkes Knie weg und ich drohte zu Fallen. Schneller als ich gucken konnte, hatte Sesshoumaru einen Schritt auf mich zu gemacht und seinen Arm nach mir ausgestreckt. Mit seiner rechten Hand umfasste er meinen linken Oberarm knapp unter dem Schultergelenk und verhinderte so dass ich stürzte. Peinlich wie mir das war, lief ich rot an. Mein Blick wanderte zu seiner Hand mit den kräftigen, klauenbesetzten, Fingern die so dicht bei meinem Gesicht waren. Mir war als könnte ich die Wärme, die von ihm ausging, durch meinen Kimono hindurch fühlen. Mein Puls raste und zum wiederholten Male fragte ich mich, ob er es hören konnte. Aber wahrscheinlich brauchte er das gar nicht. Es war sicher auch an der Hauptschlagader an meinem Hals zu sehen. Als ich mein Gleichgewicht wieder gefunden hatte - was gar nicht so leicht war weil mich seine bloße Nähe auf ihre eigene Art aus dem Gleichgewicht brachte - ließ er seine Hand wieder sinken. „Verzeihung.“, sagte ich leise. „Ich bin noch immer erschöpft von dem was gestern passiert ist und nun falle ich dir zur Last.“ „Ruh dich noch was aus.“, war seine Antwort. Die Formulierung klang wie ein Befehl, sein Tonfall jedoch nicht. Ich würde nicht soweit gehen ihn als sanft zu bezeichnen, aber er war definitiv angenehmer als bei seinem ‚Du bist schwach. Bleib liegen.‘. Wie gerne würde ich jetzt ein warmes Bad nehmen und im Anschluss eine stärkende Nudelsuppe zu mir nehmen. Nur war ich nicht zu Hause. Keine Badewanne, keine Nudelsuppe. Wie hoch standen die Chancen dass es hier im Nirgendwo eine warme Quelle gab? „Gibt es in der Nähe einen Quell zum Baden?“, fragte ich, noch immer etwas verschüchtert wegen meinem Ungeschicklichkeitsanfall. „Ein Gebirgsbach.“ Er zeigte mit dem Arm zu meiner Rechten in den Wald hinein. Ich nickte dankbar. Dann kam mir plötzlich ein Gedanke und ich wunderte mich, dass mir dies nicht schon vorher aufgefallen war. Wo waren Rin und Jaken? Nicht das ich letzteren vermissen würde, aber ihr Abwesenheit beunruhigte mich. Sesshoumaru würde mich doch nicht alleine im Wald zurück lassen? „Wo sind eigentlich Rin und Jaken?“, fragte ich, und versuchte dabei seinen sachlichen Tonfall zu treffen um meine innere Unruhe zu überspielen. „Auf Nahrungssuche.“, antwortete er, wieder kurz angebunden. Zumindest schien ihn meine Frage nicht misstrauisch gemacht zu haben. Er schenkte dem, wie es schien - wie üblich - keine große Beachtung. Ich seufzte leise. Ich ging zu meinem Rucksack und verstaute meine Flöte, die bislang in meinem Kragen gesteckt hatte. Dafür nahm ich das Handtuch heraus, das ich mitgebracht hatte, sowie auch meine Trinkflasche. Kurz überlegte ich, ob ich noch etwas sagen sollte, bevor ich ging, kam jedoch zu dem Schluss, dass ihm das wohl auch nichts bedeuten würde. Ich wiederstand dem Drang mich noch einmal nach ihm umzusehen und ging auf die Bäume zu auf die er gedeutet hatte. „Saju.“, sagte er plötzlich, als ich die ersten Bäume fast erreicht hatte. Es war das erste Mal dass er mich mit meinem neuen Namen ansprach. Mein Herz machte einen Hüpfer. Ich hielt inne, drehte mich nun doch nochmals zu ihm um und unsere Blicke trafen sich. Es schien als wollte er noch etwas sagen, zögerte jedoch. Geduldig wartete ich einige Herzschläge lang und versank solange in seinen goldenen Augen. „Danke.“, fügte er schließlich hinzu. Es klang seltsam fremd aus seinem Mund. Im ersten Moment war ich verwirrt. Wofür war das nun? Dafür das ich jetzt baden gehen wollte? Das ergab wenig Sinn. Wenn es für meine Hilfe, bei der Barriere gestern, sein sollte, warum sagte er es dann erst jetzt? Außer er hätte so lange mit sich selbst gerungen: Stolz gegen Ehrgefühl. Sein Stolz mochte noch immer der Meinung sein, dass er keine Hilfe gebraucht hätte. Sein Ehrgefühl jedoch hatte ihn dazu gebracht sich für meine Hilfe - ob benötigt oder nicht - zu bedanken. Ich war mir sicher, dass dies die richtige Erklärung war. Ein Lächeln huschte auf mein Gesicht. Ob spät oder nicht, sein Dank bedeutete mir viel. Als er sich abwand und zurück zu seinem ursprünglichen Platz am Baum ging, konnte ich mich von seinem Anblick los reißen und setzte meinen Weg durch den Wald fort. Ich war gerade erst an den ersten Büschen und Bäumen hindurch gegangen, als ich schon ein leises, fröhliches Plätschern hören konnte. Gut dass es nicht allzu weit weg war, denn mein Körper fühlte sich noch immer eigenartig schwer und steif an. Meine Kräfte würde ich sicher nicht so bald wieder in brauchbarer Menge verwenden können. Da fühlte ich mich dann doch sicherer, wenn Sesshoumaru in Rufweite war. Andererseits wollte ich gewiss nicht beim Baden überrascht werden. Von niemandem. Auch nicht von Sesshoumaru, so verliebt mein närrisches Herz auch sein mochte. Wenn er mich beim Baden retten müsste, würde ich vor Scham tot umfallen. Aufmerksam ließ ich meinen Blick über die Umgebung schweifen, während ich meinen Weg fortsetzte, doch außer der üblichen Flora war nichts zu sehen. Der angekündigte Gebirgsbach kam als kleiner Wasserfall in Schulterhöhe aus einem Felsspalt. Darunter befand sich ein natürliches Becken, das kaum mehr als hüfttief sein konnte und voll mit klarem Quellwasser war. Ich hockte mich an den Rand und schöpfte mit den Händen prüfend von dem Wasser. Es war recht kühl, aber sauber und frisch im Geschmack. Zufrieden füllte ich meine Trinkflasche auf und stillte meinen verbliebenen Durst. Anschließend legte ich meinen Kimono ordentlich am Rande des Beckens zusammen uns ging Schritt für Schritt ins Wasser hinein. Es war zwar weit entfernt von einer heißen Quelle und ein warmes Bad oder auch meine Dusche zu Hause hätte ich vorgezogen, doch hier im Mittelalter, fernab von der Zivilisation, konnte ich nicht wählerisch sein. Langsam arbeitete ich mich vor bis zu der Stelle an der der Wasserfall aus dem Fels kam. Allmählich gewöhnte ich mich an die Temperatur und mein Kreislauf kam in Gang. Ein Weile lang ließ ich das Wasser über meinen Rücken fallen, die Massage genießend, bis mir die Kälte schließlich zu viel wurde. Dann floh ich eilig zurück an den Rand des Beckens und trocknete mich hastig ab. Wieder in meinen Kimono gekleidet, das Handtuch und die befüllte Trinkflasche in den Händen, machte ich mich auf den Rückweg zu Sesshoumaru und Ah-Uhn. Schon bevor ich den Lagerplatz durch die Büsche und das Geäst sehen konnte, war zu hören dass Rin und Jaken von der Nahrungssuche zurück waren, da ich ihre Stimmen wieder erkannte. Worüber genau sie sich unterhielten konnte ich allerdings nicht verstehen. Als ich mich raschelnd durch die letzten Büsche schlug, die mir den Weg versperrten, drehten sich Rin und Jaken zu mir um. Ihre Gesichtsausdrücke hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während Rin mich freudestrahlend anlächelte und noch mit dem Brennholz in der Hand auf mich zu lief, verfinsterte sich Jakens Miene als würde die Welt untergehen. „Saju! Geht es dir wieder gut? Ich hatte Angst dir sei was schreckliches passiert als du entführt wurdest. Und du hast sooooo lange geschlafen nachdem Lord Sesshoumaru mit dir im Arm zurück kam...“, sprach Rin besorgt. Sesshoumarus Arm also? Triumphierend rief ich mir in Erinnerung dass er gesagt hatte Ah-Uhn hätte mich getragen. Aber ich war ja bereits selbst zu dem Schluss gekommen, dass er mich bis zu dem Drachen getragen haben musste. Schade nur dass ich zu der Zeit völlig bewusstlos gewesen war und mich nicht daran erinnern konnte. Ich hätte gerne gewusst wie es sich anfühlte von ihm im Arm gehalten zu werden... Oder das Fell zu berühren dass über seine rechte Schulter hing. Einzig Rins neugieriger Blick hielt mich davon ab, weiter versonnen diesen Gedanken nachzuhängen. Was hatte sie noch gleich gefragt, bevor die Erwähnung von Sesshoumarus Arm mich abgelenkt hatte? Achja... Eilig formulierte ich eine Antwort bevor meine Wangen die Gelegenheit rot anzulaufen wahrnehmen würden. „Ja, danke Rin. Mir geht es schon viel besser. Ich war wohl nur vollkommen erschöpft.“, sagte ich, ihr Lächeln erwidernd. „Das ist gut. Wir sind gerade dabei ein Lagerfeuer zu machen, dann können wir die Fische grillen, die Jaken und ich vorhin fangen konnten!“, verkündete Rin stolz. „Super!“, antwortete ich. Etwas zu Essen würde mir sicher gut tun, auch wenn ich Fisch am Spieß eher skeptisch gegenüber stand. Aber vor allem würde ein warmes Lagerfeuer gut tun, erst recht nach dem kühlen Bad im Bach. Mein Blick wanderte zu dem Brennholz dass Rin gerade zu Ende stapelte. Wie zündeten wir es nun an? Stöckchen aneinander reiben? Oder mit einem Feuerstein? Ich war mir ziemlich sicher, dass ich beim Packen meines Rucksacks nicht an ein Feuerzeug gedacht hatte. Gerade wollte ich nachfragen wie wir das Feuer entfachen wollten, da hob Jaken den hässlichen Stab mit den zwei Köpfen vor sich. Der Kopf des Mannes öffnete den Mund und ein breiter Feuerstrahl schoss hervor. Ich zuckte unwillkürlich zurück. Das war unerwartet! „Nicht schlecht...“, gab ich zu. Jaken grinste voller Genugtuung zu mir empor. „Ja! Besser du legst dich also nicht mit mir an, Mädchen!“ Mädchen? ‚Ich bin erwachsen du Wicht!‘ Ich schluckte meine kindische Empörung hinunter und versuchte statt dessen den dezent-bösen-Blick von Sesshoumaru nachzuahmen. „Ich heiße Saju. Und wenn ich das Bedürfnis verspüren sollte, mich mit dir anzulegen, dann nehme ich dir den Stab einfach vorher weg.“ Jakens Blick war einen Moment lang voller Entsetzen und huschte panisch hinüber zu Sesshoumaru, der die ganze Szene mit scheinbarem Desinteresse verfolgte. Ob es jedoch meine Worte oder mein Blick waren, die Jaken derart aus der Fassung brachten, vermochte ich nicht zu sagen. „Das würdest du nicht wagen! Lord Sesshoumaru hat mir Nintoujo persönlich anvertraut.“, erwiderte Jaken. Nunja, Sesshoumaru würde mit diesem Stab - Nintoujo - auch komisch aussehen. Die Vorstellung huschte kurz durch meine Gedanken und ein Schmunzeln stahl sich auf meine Lippen, was Jakens Entsetzen auf ein Neues hervor rief. Sah mein Schmunzeln etwa so gefährlich aus? Oder lag es am Lagerfeuer, dessen Schein meine Augen vielleicht funkeln ließ? Aber warum war dieser Stab eigentlich so wichtig für Sesshoumaru? Rechtfertigte er die Gesellschaft des kleinen nervigen Dämons? War Jaken vielleicht gar keine so große Nervensäge wie ich es glaubte? Oder hatte Sesshoumaru einfach Nerven aus Stahl? Mein Blick wanderte zu Sesshoumaru, der jedoch nicht mehr zu uns hinüber sah, und schließlich zurück zu Jaken. Sicher waren die Nerven aus Stahl die korrekte Antwort auf meine unausgesprochene Frage. Jaken war wohlmöglich das beste Training für Sesshoumarus Maske der Gleichgültigkeit. Nun setzte ich mich endlich, meinen Rucksack neben mir. Rin und Jaken setzten sich rechts von mir ebenfalls ans Lagerfeuer. Gemeinsam aßen wir einige Beeren die sie im Wald gesammelt hatten und schließlich die fertig gegarten Fische. Nach dem Essen seufzte ich wohlig. Das Lagerfeuer hatte meinen unterkühlten Körper angenehm erwärmt, nur mein dem Feuer abgewandter Rücken kam mir gerade im Vergleich zum Rest noch kalt vor. Der Fisch hatte auch nicht so schlecht geschmeckt wie ich befürchtet hatte. Ob ich meine Flöte hervor holen sollte? Ich drehte den Kopf nach links zu Sesshoumaru um ihn zu fragen, wodurch auch der doppelköpfige Drache wieder in mein Blickfeld gelang. „Ah-Uhn, soll ich dir etwas auf der Flöte vorspielen?“, fragte ich, die Augen auf Sesshoumaru gerichtet. „Dummes Mädchen... Spricht mit dem Drachen.“, murmelte Jaken ungläubig. Er und Rin konnten ja nicht sehen dass ich nicht wirklich zu dem Drachen hinüber schaute. Ich war mir nicht sicher ob Sesshoumaru mein Spiel inzwischen durchschaut hatte, doch er wandte seinen Kopf nun wieder mir zu. Sein Blick durchbohrte mich einige hastige Herzschläge lang, bevor er ihn wieder abwand. Er nickte. Lächelnd nahm ich die Flöte aus meinem Rucksack und begann zu spielen, die irritierten Blicke zu meiner rechten ignorierend. Eine Weile beobachtete ich beim Spielen das prasselnde Lagerfeuer. Einzelne Flämmchen züngelten eifrig hoch und höher in der frisch werdenden Nachtluft. Es schien als versuchten sie nach dem Blätterdach über uns zu greifen, zu etwas größerem aufzusteigen und ihrem Schicksal zu entfliehen. Trotz aller Mühen jedoch verpufften die einzelnen Flammenzungen und was von ihnen blieb, verschmolz erneut mit der Masse des Lagerfeuers. Unwillkürlich wanderte mein Blick wieder zu dem stolzen Hundedämon. Er machte einen geradezu entspannten Eindruck, wie er in die Finsternis des Waldes schaute. Was war es, nach dem er strebte? Was hielt sein Schicksal für ihn bereit? Als ob er meinen Blick gespürt hätte, drehte er den Kopf und sah direkt in meine Augen. Der Eindruck von Entspannung verflog und ich fühlte mich, als wäre ich bei einer Straftat erwischt worden. Vor lauter Schreck verhaspelten sich meine Finger beim Spielen und ein paar falsche Töne mischten sich in die Melodie. Mein Herz pochte. Eilig schaute ich wieder zum Feuerschein und ließ das Lied schließlich ausklingen. „Das war schön.“, lobte Rin mich. Jaken hingegen starrte mich irritiert an. „Die Melodie kommt mir irgendwo her bekannt vor...“ „Du hast sie vermutlich im Wald gehört, damals als Sesshoumaru gerade seinen linken Arm verloren hatte...“, erklärte ich bedrückt. „Als Lord Asano mit seinen Samurai kam um ihn fort zu jagen.“ Die Stirn des kleinen Dämons wurde runzeliger als sie es ohnehin schon war. „Wie kannst du das wissen?“ „Ich war dort. Ich habe die Flöte gespielt. Diese Flöte.“, sagte ich und deutete auf mein Instrument. Noch bevor Jaken mich mit seinem angesetzten ‚Aber‘ unterbrechen konnte, ergänzte ich: „In meinem früheren Leben.“ „Früheres Leben?“, fragte er nun skeptisch. Rin antwortete ihm eifrig, bevor ich auch nur den Mund für eine erneute Antwort öffnen konnte. „Saju ist die Wiedergeburt von Prinzessin Sara.“, sagte sie, was sie ja von unserem gemeinsamen Bad mit Kagome und Sango in der heißen Quelle wusste. Es schien mir bereits eine Ewigkeit her zu sein. Jaken lachte gackernd. „Wie eine Prinzessin wirkt sie aber nicht gerade...“ „Tja, in 500 Jahren kann sich die Welt ganz schön verändern.“, gab ich zu bedenken. Ob Sesshoumaru über 500 Jahre alt war? Wie sehr mochte sich seine Welt wohl schon verändert haben? „Das werden wir ja sehen...“, antwortete Jaken. Ich nahm an dass es als Widerspruch gemeint war, doch auf die eine oder andere Art hatte er Recht. Dennoch wunderte es mich, nun da ich darüber nachdachte: In meiner Zeit hatte ich noch keinen einzigen Dämon gesehen, obwohl es hier - nach allem was ich bisher mitbekommen hatte - geradezu von ihnen wimmelte. „Darf ich auch mal probieren auf deiner Flöte zu spielen?“, fragte Rin nun. „Sicher.“, sagte ich lächelnd. Ich zeigte ihr wie man das Instrument richtig in den Händen hielt und gab es ihr. Sie brauchte ein paar Versuche, bevor die ersten Töne erschallten, schrill und abgehackt. Jaken begann zu quengeln. „Aufhören! Meine armen Ohren!“ Ich unterdrückte ein Kichern. Auch für meine Ohren war es eine Folter, aber schließlich fing jeder mal klein an. Nur lag mein eigener Anfang diesbezüglich ein Leben zurück. Rin konnte gerade einer Hundepfeife Konkurrenz machen... Moment mal. Hundepfeife? Wie schrill mussten diese Töne erst für Hundeohren - Hundedämonen-Ohren - klingen? Mein Blick huschte hinüber zu besagtem Dämon und in der zunehmenden Dunkelheit schien Sesshoumarus uns zugewandtes Ohr im Feuerschein zu zucken. Ich schluckte. Hatte ich ihn nun verärgert? „Es ist schon spät. Wir üben lieber ein anderes Mal weiter.“, sagte ich, wieder an Rin gewandt. Das Mädchen nickte, machte jedoch einen geknickten Eindruck. Sie hatte sich sicherlich schönere Klänge erhofft und Jakens Nörgelei war wohl auch nicht von Vorteil. Ich überlegte wie ich sie wieder aufmuntern könnte und erinnerte mich plötzlich, dass meine Mutter mir damals, als ich noch klein war, am Abend immer die Haare gekämmt und zu einem Zopf für die Nacht geflochten hatte. Dabei war ich glücklich gewesen. „Rin, soll ich dir die Haare flechten?“, fragte ich freundlich. Kurz sah sie mich erstaunt an, dann lächelte sie breit und war wieder fröhlich. „Ja, das wäre toll!“ Ich kramte meine Bürste aus dem Rucksack und rutschte hinter Rins Rücken. Es dauerte eine ganze Weile bis ich ihre Haare durchgekämmt hatte. Sie hatte viele Knoten in den Haaren, sowie auch ein oder zwei kleine Holzstängel. Wann ihre Haare wohl zuletzt Bekanntschaft mit einer Bürste oder einem Kamm gemacht hatten? Als Rins Haare schließlich frei von Überresten des Waldes waren und glatt über ihren Rücken fielen, flocht ich sie zu einem einfachen Zopf zusammen. Rin gähnte herzhaft als ich fertig war. „Vielen Dank Saju. Gute Nacht.“, sagte sie schläfrig und machte es sich auf dem Boden bequem. „Gute Nacht Rin. Schlaf gut.“, antwortete ich. Dann kämmte ich auch meine Haare, die mittlerweile vollständig getrocknet waren, und flocht mir ebenfalls einen Zopf für die Nacht. „Gute Nacht Jaken.“, sagte ich frech. „Gute Nacht Ah-Uhn.“, fügte ich mit Nachdruck und einem Lächeln zu Sesshoumaru hinzu, der daraufhin mit nicht zu deutender Miene zu mir hinüber schielte. War ihm schließlich aufgefallen, dass ich schon den ganzen Tag eigentlich ihn meinte wenn ich mit Ah-Uhn sprach? So niedlich ich den Drachen mit den zwei Köpfen auch fand, hatte ich doch für Sesshoumaru auf der Flöte gespielt. Sein Nicken hatte ich mir doch nicht eingebildet? Und ob er nun Schlaf brauchte oder nicht, ich wünschte ihm dennoch eine gute Nacht. „Warum wünschst du Lord Sesshoumaru keine gute Nacht?“, murmelte Rin im Halbschlaf. „Ha! Als ob Lord Sesshoumaru darauf Wert legen würde.“, widersprach Jaken. Also, entweder war Jaken kein besonders aufmerksamer Beobachter seines Lords, oder ich musste dringend meine rosarote Brille putzen... Mit diesen Gedanken machte ich es mir neben Rin so bequem wie, in Anbetracht des Waldbodens, eben möglich und schlief mit einem Schmunzeln ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)