Strings of Fire von sterekura (Ein Band des Schicksals kann nicht zerstört werden...) ================================================================================ Kapitel 7: Glimpse of the Truth ------------------------------- Ja, ich muss mich wirklich entschuldigen... Und zwar ganz arg *snif* Ich weiß, dass dieses Kapitel laaaaaange auf sich hat warten lassen und ich weiß gar nicht, wie ich mich entschuldigen kann... außer, indem ich jetzt einfach das neue Kapitel beginnen lasse ^^ *in Staub kriech* Chapter VII: Glimpse of the Truth "Wo ist Ryou jetzt?", wollte Atemu von mir wissen, während er mir den nassen Teller abnahm und ihn mit einem Küchentuch trocken rieb. Ich hatte ihm das Nötigste von Ryous emotionalem Ausbruch erzählt - Atemu konnte man einfach nichts verheimlichen. Er spürte es immer sofort, wenn man ein Geheimnis vor ihm hatte und konnte dann so lange auf seine eigene unaufdringliche Weise nerven, bis man wenigstens ein wenig mit der Sprache heraus rückte. Deswegen wunderte ich mich eigentlich umso mehr, dass er nicht merkte, dass ich ein noch viel größeres Geheimnis vor ihm versteckte. Entweder spürte er, dass er dieses nicht wissen wollte oder er wusste es schon. Wenn letzteres wahr war, dann würde mich nur interessieren, woher er es kannte und warum er dann kein Wort darüber verlor. Immerhin musste es ihn ziemlich stark beschäftigen gerade so etwas über den Menschen heraus zu finden, dem er eigentlich genau das nicht zutraute. "In meinem Zimmer." Atemu ließ beinahe den Teller fallen, den ich ihm gereicht hatte und starrte mich einen Moment lang verdutzt an. "I-in deinem Z-zimmer?" Seine Stimme zitterte ein wenig, als er mir stotternd diese Frage stellte und in dem Moment wurde mir bewusst, dass er doch etwas wusste. Vielleicht nicht alles, aber einen entscheidenden Teil meines Geheimnisses. Ich spülte den nächsten Teller ab und legte ihn neben mich auf die Metallplatte. "Ja, in meinem Zimmer. Dort ist er erst einmal ungestört - keiner traut sich ungefragt in mein Zimmer. Er hat jetzt auch Zeit nachzudenken, zum Abendessen will er nicht kommen. Ich bring ihm dafür was aufs Zimmer." Atemu lachte und nahm seine Arbeit wieder auf. "Mir hast du nie was aufs Zimmer gebracht", beschwerte er sich grinsend und sah sich in der Spülküche um. Sie war klein und glänzte aufgrund der unzähligen Metallplatten in einem stechenden grau, wo man auch hinsah. Die Tür zur Küche dämpfte den Lärm, der dort um die Essenszeit immer entstand. In der Küche waren gerade an die zehn Köche damit beschäftigt ein Essen zuzubereiten, dass der Hälfte der Waisenkinder hier heute nacht eh wieder hochkommen würde. Ich fragte mich nicht zum ersten Mal, ob der Fraß im Gefängnis noch schlechter sein konnte und kam immer beim Essen zu dem Ergebnis, dass nichts schrecklicher als dieser Schleim hier war. Na ja, manchmal gelang den Köchen ein Glücksgriff und es schmeckte sogar halbwegs, aber wenn man wirklich gut essen wollte, dann musste man in die Stadt gehen - was Atemu, Marik und ich eigentlich auch bevorzugten. "Dich kann ich auch nicht ausstehen", frotzelte ich und spritze ihn mit dem Schaum voll, der sich vor mir im Waschbecken gebildet hatte. "Ich find dich auch zum Kotzen, Bakura", entgegnete er und schmiss das nasse Tuch nach mir. "Hey, ihr Zwei, ihr sollt arbeiten und nicht herum blödeln." Irgendein Koch hatte den Kopf durch die Tür gesteckt und uns mal wieder zurecht gewiesen. Wenn wir beide Küchendienst hatten war es beinahe unmöglich ein Mal keinen Anschiss zu bekommen. Aber wenn wir keinen Ärger machen konnten, dann fehlte uns etwas Entscheidendes. Dieser Laden war eh zum Sterben langweilig, also mussten wir doch irgendetwas unternehmen, um nicht vollständig zu vertrocknen. "Hey, ihr Zwei, ihr sollt arbeiten und nicht herum blödeln, bla, bla", äffte Atemu den Koch in hoher Stimme nach und stapelte die trockenen Teller aufeinander. "Komm, lass das Spülen. Wir decken jetzt die Tische würde ich sagen. Aber dieses Mal spielen wir mit den Tellern kein Frisbee. Seto hat mir deswegen beinahe alle Haare vom Kopf gerissen", beschwerte Atemu sich bei mir und ich zuckte nur unschuldig mit den Schultern. "Wir sollen doch Sport machen, was hat der alte Griesgram denn dagegen, wenn wir es auch wirklich tun?" Atemu schüttelte nur lachend den Kopf und gab mir einen Schubs nach vorne, so dass ich als Erster durch die Küche laufen musste, die nun mit einem Dunstschleier überzogen war. "Igitt, wie das wieder stinkt. Welches Gift ist heute drin?" Laut genug, dass es ja auch jeder Koch gehört hatte. Atemu stand mir in nichts nach. "Musst es ja nicht essen Muto", brummte der Koch neben uns und drohte Atemu mit dem Kochlöffel. "Ach", winkte Atemu ab und schob den Wagen mit den Tellern vor sich her. "Für eine Essenschlacht reicht es allemal", lachte er und war schon aus der Tür in den Speisesaal verschwunden. "Bring ihm mal Manieren bei Kinomoto - er ist schließlich dein Freund", ermahnte mich eine kleine rundliche Frau, die um die Ecke spähte, um mich dabei anzusehen. Ich verzog das Gesicht und streckte ihr die Zunge raus. "Richtig, ich bin sein Freund, aber nicht seine Mutter. Manieren sind außerdem nicht gerade meine Stärke, wenn du weißt, was ich meine." Ich zwinkerte ihr zu und sie verschwand lachend hinter der Biegung. Ich folgte Atemu in den Saal und half ihm dabei die Tische zu decken. "Dann kann ich davon ausgehen, dass Ryou heute nacht nicht zu mir ins Zimmer kommt, richtig?", lenkte Atemu plötzlich das Gespräch wieder auf den ursprünglichen Anfang zurück. Ich ging zum Wagen zurück und holte mir einen neuen Stapel der weißen Teller. "Keine Ahnung, wie lange Ryou dort oben bleiben will. Ich jedenfalls habe noch andere Dinge zu erledigen." Atemu sah kurz vom anderen Ende des Tisches auf und lächelte dann nachsichtig. "Du sprichst das immer so aus, als wäre es dir eine Last, aber gib es doch zu, dass deine Tiere dir sehr am Herzen liegen." Etwas lauter als üblich landete der Teller in meiner Hand auf dem Tisch. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Obwohl Bakura in seinem Zimmer die extra Heizung ein wenig aufgedreht hatte zitterte ich wie Espenlaub. Ich ekelte mich vor mir selbst, seit Bakura und ich die Überreste meines alten Hauses besucht hatten. Dieses Gefühl des Hasses meinem Vater gegenüber hatte mich dort so vollkommen überwältigt - nicht einmal jetzt konnte ich es vollständig abschütteln. Ich verstand mich einfach nicht mehr. Mein Vater hatte mich niemals - niemals - so behandelt, dass er diesen gewaltigen Hass in mir verdient hätte. Aber als ich dort gestanden hatte und tief in mein Herz blickte war dort nur dieser Hass. Als ob plötzlich eine Erinnerung ans Licht kriechen durfte, die ich bislang immer unter einer breiten Schicht Dunkelheit verstecken konnte. Aber ich hatte keine solchen Erinnerungen - das machte mir mindestens genauso viel Angst. Denn es hieß, dass das wirklich mein eigener Hass sein musste. Es gab niemanden, der ihn für mich hatte fühlen können. Seufzend legte ich meinen Kopf auf Bakuras Kissen. Er hatte mir erlaubt so lange in seinem Zimmer zu bleiben, wie ich wollte und dafür war ich mehr als nur dankbar. Ich ging Atemu nicht absichtlich aus dem Weg, aber momentan wollte ich absolut niemanden sehen - deswegen war ich auch froh, das Bakura gerade heute mal wieder Küchendienst hatte und so auch erst frühestens in zwei Stunden wieder auf der Matte stehen würde. Zeit, die ich intensiv nutzen wollte. Es musste eine einfache Erklärung für dieses dunkle Gefühl geben, irgendeine. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer kristallisierte sich ein Gedanke in meinem Kopf, der mir recht gelegen kam. Es war, als ob ich den Hass eines anderen Menschen gespürt habe. Die Abscheu, die jemand anderes für meinen Vater übrig hatte. Aber das war auch nicht gerade erfreulich zu wissen - und eigentlich auch total absurd. Niemand konnte seine Gefühle auf jemanden übertragen und außerdem war vorhin ja nur Bakura bei mir gewesen. Er konnte meinen Vater ja wohl kaum so abgrundtief hassen - immerhin kannten die beiden sich ja überhaupt nicht. Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken und ich lehnte mich ein wenig über den Rand des Bettes, um die Tür im Blick zu haben. Sie öffnete sich und herein trat ein Junge mit türkisenen Haaren, die am Hinterkopf in ein helleres Grün übergingen. Vereinzelt hingen ihm die Haare über die Augen, aber das schien ihn keineswegs zu stören. Unter diesen Haaren blitzen zwei Augen hervor, die in einem strahlenden Blau schimmerten. Dadurch wirkten sie sehr warmherzig und verliehen dem etwas kleineren Jungen seltsamerweise ein seriöseres Auftreten. "Bakura?" Seine Stimme passte perfekt zu seinem äußeren Erscheinungsbild. Sie war jung und nicht besonders tief, aber man hörte eine gewisse Reife heraus, wenn er sprach. Er trat ein paar Schritte zur Mitte des Zimmers hin und seine hellen Augen fielen auf mich. Erst in diesem Moment fiel mir auf, dass die Augenfarbe nicht nur aus Blau bestand. Genau wie bei seinen Haaren vermischten sich nacheinander zwei Farben. Das Blau, das beinahe das ganze Auge ausfüllte wurde in der Nähe der Iris zu einem mit Blau untersetztem Türkis. Dieses Türkis bildete einen schützenden Ring um das finstere in seinen Augen. Fast so, als wolle es den Zorn seiner Seele dort eindämmen. "Oh, ähm - wie ich sehe ist Bakura nicht hier. Du bist der Junge, der nicht spricht, richtig? Seto meinte, dass du Bakura zum Verwechseln ähnlich siehst." Ich nickte und setzte mich richtig auf das Bett. "Noah", meinte er unvermittelt und kam auf mich zu. Erst als ich seine Hand erblickte, die er mir entgegen streckte verstand ich, dass das sein Name war. "Noah Kaiba und du bist Ryou Hayase." Nickend nahm ich seine Hand in meine und bemerkte den sicheren, aber dennoch lockeren Händedruck des Jungen. Noah musterte mich einige Sekunden lang - aber nicht mit diesem stechenden Blick, den andere immer anwendeten, wenn sie einen musterten - und seufzte dann leise. "Kein Zweifel, die Ähnlichkeit ist verblüffend. Du und Bakura, ihr beide-" Lächelnd brach er ab und drehte sich blitzschnell von mir weg. Ich fragte mich so langsam, warum jeder immer meinte, wie verdammt ähnlich ich Bakura doch sah. Schon Marik und Atemu hatten das bei meiner Ankunft hier angemerkt. Dabei stritt Bakura immer vehement ab, dass unsere äußeren Ähnlichkeiten auf der gleichen Basis waren, wie die von Atemu und Yugi. Und so gerne ich ihm das immer geglaubt habe und selbst nie einen wirklich Gedanken daran verschwendete - so langsam war es jedoch nicht mehr von der Hand zu weisen, dass irgendeine Verbindung zwischen mir und Bakura bestand, von der nur ich nichts wusste. " ... Küchendienst?", holte mich Noahs Stimme wieder in die Realität zurück und ich brauchte kurz, um zu verstehen, was er vor diesem Wort gesagt hatte. Ich nickte mit einem entschuldigendem Lächeln und Noah legte sich eine Hand auf den schmalen Nacken. In seinen Augen stand Ärger geschrieben, aber seine Stimme klang immer noch freundlich, als er das Wort wieder an mich richtete. "Sag Bakura bitte, dass er sich in Acht nehmen soll - Seto ist... nicht so blind, wie es den Anschein hat. Kannst du ihm das irgendwie sagen, ja? Es ist wirklich wichtig. Ich hoffe nur, dass er es auch versteht." Noah machte einen besorgten Eindruck - den ich natürlich überhaupt nicht nachvollziehen konnte - und seine Augen schienen nun vollkommen in einem dunklen Blau zu glänzen. Ohne zu wissen, was ich eigentlich tat öffnete ich den Mund und noch bevor ich mich aufhalten konnte waren die Worte schon über meine Lippen geflogen. "Sicher - mach ich doch gerne." Noah blinzelte einige Male und das Türkis im Inneren des Auges wurde wieder stärker. Seinen Mund hatte er zu einem Lächeln geformt, während ich mir auf die Zunge biss. Noah setzte sich neben mich auf Bakuras Bett und fing an fröhlich zu lachen. Seine helle Stimme klang wie eine kleine Glocke und erinnerte mich sogar ein wenig an Atemus. Nur, dass ich bei Noahs Lachen nicht den Drang spürte mitzumachen - noch immer hatte ich meine Zähne so fest ich konnte in meiner Zunge stecken. "Danke für die Kostprobe." Erstaunt blickte ich ihn sein Gesicht, aber er hatte die Augen geschlossen. "Du redest so richtig mit Bakura, nicht wahr? Er kriegt doch wirklich jedem rum." Kopfschüttelnd stand Noah wieder auf und ging, mit einem Blick auf seine Uhr, zur Tür. Während ich versuchte den Sinn seiner Worte zu verstehen erinnerte er mich noch einmal daran Bakura eindringlich vor Seto zu warnen. Mit einem Ich danke dir, Ryou schloss er die Tür hinter sich und ließ mich wieder alleine mit meinem Gedanken. Es sah wohl so aus, als würde ich später mal ein längeres Gespräch mit Bakura führen müssen. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Das Essen war zum Glück vorbei, nur noch ein paar ganz hartnäckige Vielfräße blieben vehement auf ihren Stühlen sitzen und futterten die mittlerweile bestimmt fünfte Portion in sich hinein. Abgesehen von den normalen Müllschluckern gab es noch zwei andere Personen, die den sonst so leeren Saal mit ihrer Anwesenheit füllten: Jonouchi und Yugi. Atemus Blick fiel öfters zu den beiden, aber mir war klar, dass es dieses Mal ausnahmsweise nicht in seinem Interesse lag seinen Bruder dabei anzusehen. Atemu beobachtete Jonouchi und mir fielen Ryous Worte wieder ein. Rede bitte mit Atemu. Ich sehe doch, wie es ihn beschäftigt. Sobald du nicht mehr in seiner Nähe bist klappt er innerlich zusammen, verkriecht sich auf unsere Fensterbank und krallt seine Finger in sein Tattoo, als wolle er es sich eigenhändig heraus reißen. Außerdem wird sein Blick starr und leer und er spricht kein einziges Wort mehr. Genervt griff ich mir an den Kopf. Warum mussten mir gerade jetzt diese Worte in den Sinn kommen? Und weshalb zog ich es nun auch noch ernsthaft in Erwägung Ryous Bitte zu erfüllen? Nun gut, wenn ich schon hier mit Atemu so gut wie alleine war, konnte es ja nicht schaden ihn unauffällig darauf anzusprechen - einfach nur, um Ryou später sagen zu können, dass ich es wenigstens versucht hätte, aber leider nichts machen konnte. Also stand ich auf und signalisierte den Fresssäcken, dass es an der Zeit war den Saal zu räumen. "He, Nimmersatt. Die Köche habt ihr schon abgefressen - mehr war an denen nicht mehr dran. Räumt das Feld, bevor ich euch Beine mache." Widerwillig, aber doch mit einem ängstlichen Blick, standen sie auf und verdrückten sich. Es war so einfach jeden aus meiner Nähe zu verscheuchen. Einfach so tun, als wäre man der Teufel in Person und schon wurde man gemieden. Mir war das ganz recht - so belästigte mich keiner, den ich nicht an mich herankommen lassen wollte. Jetzt waren also nur noch vier Leute im Saal und zwei davon störten mich sowieso den ganzen Tag. Aber ich musste meine Zunge im Zaum halten, wenn ich mit Yugi sprach und bei Jonouchi sollte ich auch mal einen Gang runter schalten. Er war gefährlich für Atemu und ich wollte diesem keineswegs indirekten Schaden zufügen. Also drehte ich mich zu ihnen um und blickte in ein ziemlich wütendes und in ein milde lächelndes Gesicht. Kein Zweifel, Yugi besaß in gewissen Momenten den Humor seines Bruders. "Pilzkopf verzieh dich, ich hab mit deinem Bruder was zu besprechen. Und wenn du gehst nimm bitte den Müll mit, der neben dir liegt. Danke Süßer." Yugi wurde augenblicklich rot, genau wie Jonouchi - jedoch konnte ich mir bei Yugi sicher sein, dass es ein eher beschämtes Rot war, während seinem Freund der Zorn zu Kopf gestiegen war. "Hör doch mal auf ständig auf Yugi herum zu hacken." Der konnte seinen Mund aber auch nie halten. Ich wollte diesem Idioten gerade etwas entgegen schleudern, als Atemu so schnell aufstand, dass sein Stuhl dabei nach hinten kippte und mit einem lauten Scheppern auf dem Boden liegen blieb. Sein Blick war auf den Tisch unter ihm fixiert und so fielen ihm einige seiner blonden Strähnen wie ein Schleier über das Gesicht. Alles wurde mucksmäuschenstill - selbst Jonouchi wartete gebannt, aber dennoch mit vor Zorn funkelnden Augen, auf das, was Atemu nun machen würde. Der erhob seine Stimme ein paar Sekunden später, das Gesicht noch immer vor uns allen verhüllt. "Yugi, geh bitte." Das war alles, was er zu sagen hatte und wie auf Kommando erhob sich sein Bruder, um Jonouchi am Arm aus dem Saal zu zerren. "Ihr beide kommt nicht immer so ungeschoren davon - eines Tages wird niemand mehr klein beigeben, das schwöre ich euch!" Krachend fiel die Tür hinter den beiden ins Schloss und ich drehte mich langsam zu Atemu. Der war gerade dabei den umgekippten Stuhl wieder hinzustellen und blickte mir dann ins Gesicht. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er wütend war, aber zu meiner großen Überraschung lächelte er mich an und als er meinen verdutzten Gesichtsausdruck sah fing er sogar an lauthals zu lachen. "Das war gut, nicht wahr? Irgendwie authentisch und respektvoll mein Auftritt. Dass der Stuhl dabei noch umgeflogen ist hat mir auch ganz gut gepasst." Was für ein schlechter Schauspieler er doch war... Mit einem halbherzigen Lächeln forderte er mich dazu auf ihm beim Abräumen zu helfen. "Glaubst du, dass die verstanden haben, was du ihnen mit den abgefressenen Köchen eigentlich sagen wolltest?", fragte Atemu nachdenklich und stapelte die dreckigen Teller auf dem Wagen. "Also, worüber willst du reden?" Ich ließ den Teller wieder auf den Tisch sinken und drehte mich zu meinem Freund um. "Brauchst du Hilfe?", fragte ich ihn direkt und er schien einen Moment lang nicht zu verstehen, was ich meinte, doch dann verschwand sein Lächeln und er schüttelte demonstrativ den Kopf. "Nein, danke. Ich schaffe das auch alleine. Dieser Kerl hat mich beschuldigt Yugi damals im Stich gelassen zu haben und das werde ich ihm nie verzeihen. Überhaupt, dass Yugi mit ihm befreundet sein kann, wo sein Bruder ihm doch das alles angetan hat." Atemu setzte sich mit hängenden Schultern auf einen Stuhl und vergrub sein Gesicht in den Händen. "Er hat eben ein zu weiches Herz - aber dafür gibt es ja dich." Atemu nickte langsam, verharrte aber weiterhin in seiner deprimierten Pose. "Sicher, dass du das alleine packst?" Atemu stand nun endlich wieder auf und nickte noch einmal. "Ich werde Yugi vor diesem Widerling beschützen und das schaffe ich ganz alleine!" Ich ging zu ihm herüber und legte ihm eine Hand auf den Rücken. "So ist es richtig. Aber pass auf, Jonouchi ist kein normaler Gegner." Atemu löste sich von meiner Hand und drehte sich zu mir um. Er hob seine Hand, um sie dieses Mal mir auf die Schultern zu legen. Unwillkürlich zuckte ich leicht zusammen, unterdrückte aber den Drang seine Hand panisch von mir zu schlagen. Sein klarer, fester Blick traf mich sogar im Herzen und ich wusste irgendwie, was er nun sagen würde. "Das weiß ich. Genau wie du habe ich die Vergangenheit nicht vergessen." ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Als Bakura in sein Zimmer zurück kam war es bereits dunkel draußen und ich hatte es mir unter seiner Bettdecke bequem gemacht. Dort war es wenigstens warm und geborgen. Außerdem roch sie so gut nach Bakura und so verband ich gleich mehrere Dinge auf einmal. Als er mir jedoch das Essen unter die Nase hielt meldete sich mein Magen und ich musste mich aufsetzen. Während ich das komische glibberige Zeug auf dem Teller in mich schlang beobachtete ich aus den Augenwinkeln Bakura. Er hatte sich an das Ende seines Bettes gesetzt und die Beine angewinkelt. Irgendwie wirkte Bakura ausgelaugt und besorgt. Ich wunderte mich, ob das etwas mit Noahs Warnung zu tun hatte. Wie war sie noch einmal gewesen? Ich schluckte das Zeug in meinem Mund herunter und wandte mich Bakura zu. "Ein Junge namens Noah war hier und hat eine Warnung hinterlassen. Ähm - du sollst dich vor Seto in Acht nehmen. Er sei nicht so blind, wie es den Anschein hätte oder so. Noah hoffte, dass du diese Warnung verstehen würdest." Bakura sah mich lange mit müden Augen an und nickte dann stumm. Er machte nicht den Eindruck darüber reden zu wollen und auch wenn ich ziemlich neugierig war, was es damit auf sich hatte, so akzeptierte ich seine innere Privatsphäre. Doch es war Bakura, der ganz plötzlich mit der Sprache rausrückte. "Seto und ich, wir können uns nicht so wirklich leiden und na ja, der eine versucht dem anderen natürlich so viel Schaden wie nur möglich zuzufügen." Aha. Ich zuckte mit den Schultern und aß weiter. Sollten sie ihren Spaß doch in diesem komischen Hass haben, so lange keiner von beiden mir etwas antat ging mich diese Machtspielerei nichts an. Mich interessierten momentan ganz andere Dinge. "Ich habe mit Atemu geredet", unterbrach Bakura meine Gedanken und überrascht vergaß ich mir den Löffel in den Mund zu schieben. Bakura rutschte nahe an mich heran und legte seine Hand um meine Finger, die den Löffel hielten. Dann führte er ihn zu meinem Mund und wartete, bis ich das Essen von dem Besteck geholt hatte und holte das Metall vorsichtig wieder aus meinem Mund. Danach ließ er meine Hand wieder los und als hätte mir das einen Schlag verpasst zuckte ich zusammen. Wärme stieg in mein Gesicht und beschämt wandte ich mich ab, als Bakura mich warmherzig anlächelte. Ohne auf die Situation einzugehen sprach er unbeirrt weiter. "Er will keine Hilfe, erst im äußersten Notfall. Das ist seine Sache - es geht um ihn und seinen Bruder und da will ich mich wirklich nicht einmischen." Ich nickte benommen und war kaum dazu in der Lage den Sinn seiner Worte zu begreifen. Noch immer brannte die Stelle angenehm, an der Bakura meine Hand angefasst hatte, um mich praktisch zu füttern. "Schau nicht so bedröppelt - ich hab das früher jeden Tag gemacht." Verwirrt schob ich das Essen von mir weg, Hunger hatte ich jetzt eh keinen mehr. "Wie meinst du das?" Bakura rutschte wieder weg von mir und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. "Ich habe früher meinen Bruder füttern müssen, der konnte das aus bestimmten Gründen nicht mehr so eigenständig." Seine Stimme klang belustigt, aber eine Spur von Bedauern war trotzdem nicht zu überhören. "Du hast einen Bruder - wie...?" Bakuras Augen hatten sich verändert. Sie starrten mich plötzlich kalt an und brachten mich sofort zum Schweigen. "Mein Bruder ist tot - jedenfalls in meinen Augen." Er wandte seine kalten Augen von mir ab, aber der Hass, den sie versprüht hatten konnte ich noch immer wahrnehmen. Er ähnelte dem, den ich heute schon einmal gespürt hatte - da jedoch in meinem eigenen Inneren und von mir aus. "Entschuldige, ich wollte kein unangenehmes Thema anschneiden." Unsicher senkte ich den Kopf, aber Bakura stand nur auf, um sich umzuziehen. "Macht nichts. Ich war ja selbst derjenige, der ihn zuerst erwähnt hat. Fühl dich nicht immer wegen allem schuldig, das drückt dir nur zu sehr auf die Seele, Ryou und dann wird sie mir zu schwer." Noch immer wagte ich es nicht aufzusehen, auch nicht, als ich an den Geräuschen erkennen konnte, dass Bakura sich gerade sein Oberteil ausgezogen hatte. Ich wollte ihn zwar sehen, aber ich hatte Angst, dass er - aufgrund seiner Narben - ausflippen könnte, wenn er meinen Blick bemerken würde. So wartete ich geduldig, bis er wieder neben mir auf dem Bett saß, dieses Mal dicht neben mir. "Und wie sieht's bei dir aus? Alles wieder okay?" "Geht so, ich bin noch ziemlich verwirrt über das, was da mit mir passiert ist." Bakura nickte gedankenverloren und zog dann die Decke an sich, um sie über seine Beine zu legen. Ich gab ihm freiwillig ein Stück ab, da ich ja wirklich genug davon hatte und es außerdem seine Decke war. Es schien ihn jedoch nicht zu stören, dass ich ebenfalls unter der Decke war. Seine Arme verdeckte ein langes hellblaues Shirt, nur seine Finger lugten am unteren Ende heraus, um die Muster des flauschigen Untergrunds zu erforschen und dessen Musterung nachzufahren. "Sei froh, dass du diesen Hass nur ein Mal gespürt hast und nicht jahrelang mit diesem Gefühl deinem Vater gegenüber treten musstest." Er pausierte und ich hielt unwillkürlich die Luft an. Das war ein bedeutender Moment für mich. Bakura hatte mir noch nie einen so tiefen Blick in seine Vergangenheit erlaubt und ich würde mich freiwillig aus dem Fenster stürzen, wenn ich ihn mit einer dämlichen Frage vermasseln würde. Also schwieg ich ehrfürchtig und wartete darauf, dass er weiter reden würde. Doch der erhoffte sanfte Klang seiner dunklen, tiefen Stimme blieb aus und ich wagte einen Blick auf ihn. Seine Finger hatten sich in die Decke gekrallt und seine Augen waren zu gefährlich engen Schlitzen geworden. "Hast du ihn so sehr gehasst?", stellte ich nun doch schüchtern eine Frage und war in Gedanken schon am Fenster, um dort den Griff herunter zu drücken. Bakuras Blick bedeutete nichts Gutes... "Nein, natürlich nicht. Ich hasse ihn noch immer und das, obwohl er schon tot ist." Gab es eigentlich irgend jemand aus Bakuras Familie, der noch am Leben war? Ein entfernter Verwandter, ein Onkel in Amerika oder sonst wo? "Ich glaube du willst jetzt nicht hören, dass es mir leid tut", äußerte ich meine Vermutung und war positiv überrascht, als Bakura mich daraufhin anlachte. "Alles, nur nicht das." "Ich kannte meine Mutter kaum. Sie hat uns verlassen, als ich noch ein kleiner Junge war. Eines Tages war sie plötzlich weg - ohne sich von mir zu verabschieden. Vater war richtig wütend. Er hat tagelang nur herum geschrieen und immer gebrüllt, dass er sie wieder finden würde. Sie hätte ihm etwas genommen und das durfte das Licht nicht mehr sehen oder so. Manchmal war er glaube ich nicht mehr richtig im Kopf, jedenfalls seitdem Mutter weg war. Immer murmelte er etwas von ihm, wer auch immer das gewesen war. Wenn ich ihn mal auf diese unbekannte Person ansprach wurde er fuchsteufelswild und verschwand aus dem Haus." Bakura lauschte schweigend, aber mit größtem Interesse meiner Erzählung. Zwischendurch legte sich ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen und er lockerte den klammernden Griff seiner Finger wieder. "Hat er dich jemals geschlagen?", wollte er wissen und zog die Decke ein wenig höher. Lachend schüttelte ich den Kopf. "Um ehrlich zu sein hat er mich nie angefasst. Früher dachte ich schon, dass er Angst vor mir hatte." Bakura zog seine Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. "Er hat dich nicht liebevoll berührt, dich angeschrieen und war nur damit beschäftigt deine Mutter zu finden. Und du wunderst dich ernsthaft, warum du ihn für einen Moment gehasst hast." Als er das so sagte wurde mir bewusst, dass er wirklich recht hatte. Traurigerweise klang Bakuras Feststellung plausibel für mich und mein Herz. Ich fragte mich, warum ich meinen Vater vor diesem Hass verteidigt hatte. "Meiner hat mir die Narben zugefügt und meine Mutter ins Unglück gestürzt. Ich schwöre dir, wenn er meinem Bruder in meiner Gegenwart auch nur ein Haar gekrümmt hätte, dann wäre er schon viel früher gestorben", flüsterte Bakura in einem drohenden Ton und wieder konnte ich beobachten, wie seine Finger im Zorn die Decke zusammen drückten. "Ich dachte dein Bruder ist tot." Ich konnte einfach nicht anders. Meine Neugier hatte mich dazu gezwungen ihm das ins Gesicht zu sagen und seltsamerweise bereute ich es nicht einmal. Bakura sah mich einen Moment lang kalt an, schnaufte dann leise und begann weiter zu erzählen - immer noch in dem Flüsterton, bei dem ich mich anstrengen musste überhaupt etwas zu hören. "Er lebt noch - ich sagte nur, dass er in meinen Augen tot ist, nicht, dass er wirklich gestorben ist." Hier stockte er und Bakura machte nicht den Eindruck, dass er freiwillig weiter reden würde. Also nahm ich noch einmal allen Mut zusammen und fragte ihn nach etwas, das mich an seinen Aussagen gestört hat. "Wenn du ihn nicht ausstehen kannst, warum hast du ihm dann früher geholfen zu essen? Ich meine, du hast das mit einer solchen Selbstverständlichkeit und Feingefühl bei mir gemacht, dass ich das Gefühl habe, du hast das damals nicht viel anders gemacht." Bakura nickte lächelnd und schien kurzzeitig in Erinnerungen zu schwelgen. "Vieles hat sich verändert - so auch meine Gefühle für meinen Bruder. Natürlich habe ich ihn geliebt, als wir noch Kinder waren und als mein Vater mich schlug wollte ich ihn zum jeden Preis beschützen. Ich tat alles, dass dieser Sack sich nicht auch noch an ihm verging. Und solange ich noch als Fußabtreter zu gebrauchen war ließ er meinen jüngeren Bruder auch in Ruhe. Aber irgendwann fing ich leider an mich zu wehren und ich wurde meinem Vater lästig. Also beschloss er mich gegen meinen Bruder einzutauschen." Als hätte er schon viel zu viel von sich gegeben presste er energisch die Lippen aufeinander und weigerte sich auch nur noch eine meiner Fragen zu beantworten. "Ich will dich nicht kränken, aber ich bin müde. Lass und dieses Gespräch lieber hier beenden - du sollst alles schon noch früh genug erfahren", erklärte er mir und gähnte hinter hervorgehaltener Hand. Ich wollte aufstehen, um ihn in seinem Zimmer alleine zu lassen, als er mich am Handgelenk zurück hielt. "Hier ist auch Platz für zwei und du musst Atemu jetzt nicht unbedingt wecken, wenn du in euer Zimmer zurück gehst. Ich habe nichts dagegen, aber wenn es dir etwas ausmacht..." Augenblicklich schüttelte ich erfreut den Kopf und legte mich neben ihn. Weil er dem Lichtschalter am nächsten war knipste er die kleine Leuchte aus und verkroch sich unter der warmen Decke. Zeitweise hatte ich Angst, dass mein laut pochendes Herz ihn am Einschlafen hindern würde, aber er beschwerte sich nicht und so versuchte ich das laute Pochen selbst zu ignorieren, um endlich einzuschlafen. Kurz bevor ich in einen verworrenen Traum fiel drang ein Flüstern an mein Ohr und ich spürte, wie mich Bakura in die Arme nahm. "Wie in alten Zeiten." ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ © Kura Ein gaaaa~nz großes Danke an meine Betaleserin *dich mal ganz dolle und feste abknuddelz und knutsch* Du machst deinen Job soooo~ toll ^____^ Hm... Schläge, Drohungen und Fragen alle zu mir *grins* Bis zum nächsten Kapitel *auch nimmer so lange brauchen werd* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)