Zerrissene Seele von abgemeldet (Eine Gemeinschaftsarbeit von mir und MrsKomet) ================================================================================ Prolog: Fainnes Glück --------------------- Kapitel eins - Fainnes Glück Hallo alle zusammen!^^ Das hier ist eine Gemeinschaftsarbeit von mir und MrsKomet. Im ersten Pitel wird abgewechselt, danach schreiben wir kappiweise aus den verschiedenen Sichten. All das, was ihr da lest, ist von uns frei erfunden und keine Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist beabsichtigt. Okay, genug gelabert. Lest's einfach! Sicht von Liadan, also von MrsKomet Endlich war Fainne einmal glücklich. So sehr, wie ein Mensch kaum sein konnte. Seit sie Sean kennen gelernt hatte, war sie wie neu geboren. Ständig grinste sie über beide Ohren, scherzte und lachte unbefangen. Ich blickte auf meine Armbanduhr. Schon 22:00 Uhr! Fainne kam um diese Uhrzeit meistens schon zurück. Da ich noch nicht müde war, schnappte ich mir die heutige Fernsehzeitschrift und schmiss mich damit auf das Sofa. Ich blätterte. Kein Film regte mich heute Abend zum Ansehen an. Ich nahm die Fernbedienung und zappte in den verschiedenen Kanälen. Auf MTV lief gerade "Sick and tired" von Anastacia. Ich schloss die Augen und genoss die herrliche Musik. Das Lied kam gerade zu den Schlussakkorden als die Haustür klickte. Na endlich, Fainne kam nach Hause! Ich hörte wie sie ihre Handtasche in eine Ecke unserer Kommode pfefferte und fröhlich summend ins Wohnzimmer kam. Ihre Stöckelschuhe klackten zum Takt der MTV - Musik. Ich öffnete meine Augen und sah Fainne vor mir. Ihre roten, leicht gelockten Haare umrahmten ihr blasses Gesicht und fielen sanft auf ihre Hüften. Ihre smaragdgrünen Augen funkelten vor Lebensfreude, eingeschlossen von ihren, langen, schwarzen Wimpern. Sie trug ein leichtes, grünes Sommerkleid, welches ihren schlanken, großes Körper wunderschön aussehen lies. Ein zartes Lächeln huschte über ihre schmalen Lippen. "Und, was habt ihr so gemacht?", fragte ich Fainne. Sie lies sich auf ihren Lieblingssitz, einem blauen Ohrensessel fallen und befreite sich von ihren Stöckelschuhen. "Hach, es war einfach wunderbar", seufzte sie, "Sean hat mich bei Giovanni eingeladen, du weist schon, diesen wunderbaren Italiener. Es war als wäre keiner außer uns im Restaurant. Er hat die ganze Zeit meine Hand gehalten! Ich sag dir, es gibt keine schöneren. Sie sind so zart und gleichzeitig auch stark. Man fühlt sich so sicher bei ihm. Danach hat Sean mich in einen Park geführt und wir haben uns bei einem Teich auf die Bank gesetzt und er hat mich geküsst. Es war einfach wunderbar. So etwas schönes habe ich noch nie erlebt. Doch plötzlich kam dann der Köter von dem Parkwärter angerannt und hat Sean angekläfft! Daraufhin hat er mit mir diesen wunderbaren Ort wieder verlassen, oh, wie ich dieses Tier hasse." Ich dachte daran, wie Fainne jedes Mal ausflippte, wenn jemand einem Tier etwas zuleide tat und schmunzelte über ihre jetzige Ansicht. Was Liebe alles bewirken konnte! "Dann hat er versprochen mit mir morgen Abend ans Meer zu fahren und dort mit mir in einem Zelt ganz alleine zu übernachten und hat mich nach Hause gebracht. Ich freue mich schon so sehr auf morgen! Aber, entschuldige mich jetzt, ich schon so müde. Ich gehe ins Bett!" Und schon war sie aufgesprungen und aus dem Zimmer gerannt. "Natürlich, schlaf ruhig", murmelte ich leise. Später als das Licht in Fainnes Zimmer schon längst verloschen war, konnte ich es mir nicht verkneifen, noch einmal nach ihr zu schauen. Ich ging leise den Flur entlang und öffnete ihre Tür. Ein schmaler Lichtstreifen vom Flur fiel in ihr Zimmer auf ihr Bett. Dort lag sie, wie eine Märchenprinzessin mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen. Ich unterdrückte mir ein herzhaftes Gähnen und schloss leise wieder die Tür. Wie schön es war, unbefangen zu sein! Sicht von Fainne, also von Kiara01 Am nächsten Morgen erwachte ich schon bei den ersten Sonnenstrahlen, was ich sonst nie tat. Ich schwang die Beine über die Bettkante und versuchte so leise wie möglich die Zimmertür zu öffnen, um nach zu sehen, ob auch Liadan schon auf den Beinen war, aber aus ihrem Zimmer drang nur Bettdeckenrascheln und ihr leises Atmen. Shadow strich mir um die Beine. Sicher hatten die beiden Katzen Hunger, denn auch Starlight gesellte sich zu Shadow und mauzte verlangend. Ich schlich in die Küche, um auch ja keinen Mucks von mir zu geben, der meine Freundin aufwecken könnte. Zufrieden ließ ich mich mit meinem Frühstück auf einen der vier Küchenstühle sinken, als die beiden Katzen gefüttert waren. Ich strahlte mein Müsli mit geradezu übertrieben glücklich an, so sehr freute ich mich auf heute Abend. Ich kam mir schon leicht bekloppt vor, als ich fröhlich vor mich hin summend meinen Teller in die Spülmaschine stellte. Die Küchentür ging auf und eine ziemlich verschlafene, die schwarzen Haare in alle Richtungen stellende Liadan stand im Türrahmen, die Hand vor den Mund haltend und herzhaft gähnend. "Schon wach?", fragte ich ironisch. "Weist du wie spät es ist?", knurrte die Schwarzhaarige zurück. "Nein, wieso?" Ich hatte keine Ahnung wie viel Uhr wir hatten, mein verhasster Wecker lag in den Semesterferien immer in einer Schublade und schimmelte dort still und leise vor sich hin. "Es ist halb sieben! Was treibt dich elendige Langschläferin um diese Uhrzeit aus den Federn!?" "Keine Ahnung" Ich zuckte mit den Schultern. "War nicht mehr müde." Liadan stöhnte gequält, rieb sich die blauen Augen und stellte einen Teller mit einem Croissant von gestern und Butter vor sich auf den Küchentisch. "Was machen wir bis heute Abend?", fragte ich aufgedreht. Ich hätte hüpfen können wie ein Flummi und nichts konnte mich auf meinem Stuhl halten. "Wieso Abend?" "Haa~lo! Erde an Liadan! Sean wollte mit mir an die Küste." "Achso... jaja.", murmelte meine Freundin und biss in ihr Croissant. "Also, was machen wir?" "Hm... wir könnten... shoppen!" Die blauen Augen strahlten bei dem Gedanken an Einkaufszentren und Klamottenläden. "Au ja!" Irgendwie konnte mich heute alles begeistern. Allein die Aussicht auf einen romantischen Ausflug mit Sean machte mich glücklicher, als alles andere auf dieser Welt. Sicht von Liadan Fainne war heute wieder einmal der glücklichste Mensch auf Erden. Sie war blitzschnell fertig zum shoppen und brannte nur so darauf endlich die Läden zu stürmen. Als ich fertig war, warf sie sich ihre Handtasche über den Arm und zog mich aus unserer Wohnung. "Nun mal nicht so hastig!", murrte ich und bereute es schon diesen Vorschlag gemacht zu haben. Unsere Wohnung lag mitten in der Altstadt von Brüssel und deshalb erreichten wir die Läden schnell. Begeistert rannte Fainne in den ersten Klamottenshop den sie sah. Doch bevor ich ihn noch erreichen konnte kam sie auch schon wieder hinaus. "Nichts ordentliches drin", meinte sie und zog mich auch schon in den Handtaschenladen gegenüber. Fainne nahm einige in ihre schmalen Hände und betrachtete sie alle mit einem kritischen Kennerblick. Ihr entging nicht die kleinste falsch genähte Naht und bekam deshalb immer große Rabatte. Ich, als beste Freundin, wusste natürlich, dass sie sich eigentlich nicht darum scherte, aber bei dem Taschengeld, musste man eben überall sparen. Fainne fand allerdings keine die sie ansprach und zerrte mir eine beige Handtasche aus der Hand und forderte mich zum Weitergehen auf. Ich seufzte innerlich. Wir gingen die große Hauptstraße entlang und bekamen live mit, wie die Straßen sich immer mehr bevölkerten. Fainne betrat einen anderen Klamottenladen. Sie suchte angeregt und fand auf die Schnelle zwei T-Shirts: Ein schulterfreies, schwarzes Hemd mit einem aufgedruckten, grauen Frauenkopf und ein grünes Top mit allen möglichen Bildern. "Welches findest du schöner?", fragte sie mich. "Hm... wenn ich ehrlich bin, passt das Schwarze besser zu dir. Du hast schon so viele grüne Dinge." "Und sie stehen mir also nicht gut?" "Doch schon, aber..." "Eben hast du noch gesagt, schwarz steht mir besser!" "Grün steht dir sehr gut, und schwarz auch!" "Also ist es dir im Grunde genommen egal was ich anziehe." "Nein, aber..." "Ich kann mit dir über Tiere reden, oder über das, was Sean und ich zusammen unternehmen, aber über nichts wichtiges!", schrie sie, pfefferte die beiden Hemden in eine Ecke und rannte aus dem Laden. Ich seufzte. Warum musste Fainne wenn sie glücklich war, immer so empfindlich sein? Es war jedes Mal das Selbe. Ich hob die beiden T-Shirts wieder auf und kaufte ihr das Schwarze. Mir holte ich das Gleiche eine Nummer kleiner. Vielleicht konnten wir uns ja wieder versöhnen... Sicht von Fainne Ich kam mir so bescheuert vor, als ich aus dem Laden stakste und brach gleichzeitig in schallendes Gelächter aus. Ich war ja so doof gewesen! Aber Liadan würde mir schon verzeihen, sie war mir noch nie lange böse gewesen und meistens immer auf mich zugegangen. Das war auch gut so. Für solche Aktionen war ich zu dickköpfig und zu aufbrausend. Sie war ruhiger und nachgiebiger. Ich drehte mich gerade wieder in Richtung Boutique um, als ich sie bis über beide Ohren strahlend aus der Tür kommen sah. Sie hielt zwei Tüten in den Händen und streckte mir eine davon hin. "Da. Für dein Date.", meinte sie und zwinkerte mir vielsagend zu. Ich lief rot an. Nicht so rot, wie Liadan es konnte, aber ich spürte deutlich wie mir das Blut ins Gesicht schoss. "Danke", brachte ich dann schließlich mit wieder etwas normalerem Kopf heraus und umarmte Liadan einmal herzlich. "Ich hab das nicht so gemeint, du kennst mich ja..." "Sicher, du Hitzkopf. Lass es uns vergessen." Und wie ich es vergaß. Alles war egal. Ich sah die Welt in den schönsten Farben und wollte am liebsten jeden, der an mir vorbeilief in die Arme schließen. Das Leben konnte so schön sein. Strahlend schlenderte ich weiter durch die immer volleren Straßen und trug dabei immer das Gefühl mit mir herum, Bäume ausreißen zu können und die Welt umarmen zu wollen. Sollte mir doch der Himmel auf den Kopf fallen! Es konnte nichts geschehen, was mir die gute Laune würde rauben können. Wie Unrecht ich damit hatte, sollte ich noch heute erfahren... Kapitel 1: Bittere Tränen ------------------------- Kapitel zwei - Bittere Tränen Warme, salzige Tränen tropften auf mein T-Shirt. Das Shirt, das mir Liadan extra für heute geschenkt hatte. Oh, ich hätte lachen mögen, wäre meine Kehle nicht von einem riesigen Kloß blockiert. Die Betonplatte, auf der ich kniete war kalt und hart, aber ich spürte es nicht. Das einzige, was ich spürte, war der stechende Schmerz in meiner Brust, der dort saß, wo mein Herz wohl einmal geschlagen haben musste. Aber es musste gebrochen sein und nun spürte ich, wie sich die winzigen Splitter in mein Fleisch bohrten. Ja, so musste es sein. Seans Eltern standen immer noch dort im Türrahmen, wo sie gestanden hatten, als sie mir sagten, dass... dass... ich wollte es nicht aussprechen, nicht daran denken, dass Sean Selbstmord begangen hatte. Ich war schuld, ich ganz alleine. Ich hätte es wissen müssen, ich hätte es verhindern müssen! Ich war doch seine Freundin. Wieso hatte er das getan!? War ich der Grund? Hatte ich ihm Kummer gemacht? Die Schuld lag mir schwer auf den Schultern und verhinderte, dass ich mich von dem harten Untergrund erhob, um nach Hause zu laufen. Nur den Kopf konnte ich um wenige Zentimeter heben, um noch einmal in das tränenüberströmte Gesicht von Seans Mutter zu blicken. Ihr Mann stand stumm neben ihr, hielt ihre zitternde Hand und starrte mich mit seinen glasigen Augen an. Ich schlug mit den Handflächen auf die Betonplatte unter mir ein. Schon nach kurzer Zeit spürte ich den Schmerz und das warme Blut, das meine Unterarme hinunter lief. Er hatte etwas reales, etwas viel realeres, als das immer noch anhaltende Stechen in meiner Brust. Das alles war nicht wahr. Es durfte nicht wahr sein. Ich wollte schreien, toben, aber alles, was meiner Kehle entrann war heiseres Schluchzen und ein trockenes Krächzen. Vor meinen Augen begannen schwarze Punkte auf und ab zu tanzen und wurden schließlich zu einer geschlossenen Fläche, die herrliche, betäubende Leere mit sich brachte. Als ich das nächste Mal die Kraft fand, meine schweren Lider zu öffnen, war ich wieder in meinem Zimmer. Es kam mir seltsam verändert vor. Es schien auf einmal so dunkel, so trostlos. Ich spürte eine Wärmquelle auf meinem Handrücken liegen. Mein Herz machte einen kleinen Sprung war das... "Sean?" "Nein... ich bin es.", sagte Liadan mit belegter Stimme. Sie hörte sich an, als habe sie lange geweint und noch nicht ganz damit aufgehört. Ich sah in die blauen Augen, die so unnatürlich gegen die rabenschwarzen Harre wirkten. Die roten Äderchen traten stark hervor. Sie musste lange Zeit viele Tränen vergossen haben. Und ganz plötzlich kam die Erinnerung wieder, spülte eine Flut von Bildern in mein Bewusstsein und verdrängte das Vergessen, das die Schwärze um mich herum so erholsam gemacht hatte. Ich spürte, wie sich eine kleine Träne aus meinem Augenwinkel löste und warm und feucht über meine Wange rollte. Wieso hatte er das getan? Viele weiter folgten der kleinen Träne und überzogen meine Wangen schon bald mit einer salzigen Schicht. Liadan nahm meine Hand wieder in ihr eigene und seufzte schwer. "Du... warst ohnmächtig", meinte sie zögernd. Ich antwortete nicht. In meinem Hals saß schon wieder dieser riesige Kloß, der mir das Sprechen versagte. Ich sah nur noch einmal in die Augen meiner Freundin und bemerkte gerade noch, wie sie eine Träne aus den Augen blinzelte. Ein schwaches lächeln glitt über die schmalen Lippen. Aber mit jeder Geste, mit jedem Wort schien sie ein Stück von mir wegzurücken und mich allein in einer Schwärze zurückzulassen, die mich immer mehr umfing und drohte, mich zu ersticken. Diese schreckliche Schwärze, die mir auch Sean entrissen hatte. Es lag etwas bedrohliches in ihr und ich spürte, wie ich mich instinktiv zusammenkauerte, um mir selbst etwas Wärme zu spenden. Doch die Kälte, die mich umfing, wie eine starke, eiserne Hand, wollte nicht loslassen. Die Zeit war stehen geblieben. Immer wieder sah ich Liadan ins Zimmer kommen, um mir etwas zu Essen zu bringen. Ich rührte kaum etwas an. Anfangs aß ich noch wenige Happen, um ihr keine Sorge zu bereiten, aber schon bald war auch dieses Gefühl des Mitfühlens verschwunden, meinen anderen Empfindungen in die hohle, leere Schwärze gefolgt. Ich mochte nicht essen, es gab keinen Reflex mehr in meinem Körper, keinen Instinkt des Überlebens, es schien als wäre er mit Sean gestorben. Die Suppe, der Salat, oder was auch immer, starrten mich nur nichtssagend an. Ich musste den Raum lange nicht verlassen haben, denn Liadan forderte mich immer öfter mit gedrückter Stimme auf, etwas mit ihr zu unternehmen. Überhaupt drang ihre Stimme immer gedämpfter an mein Ohr, ob das an mir oder an ihr lag, vermochte ich nicht zu sagen. Ihre Vorschläge blieben weitestgehend unbeachtet. Ich wollte nicht. Ich wollte nichts. Ich wollte... Sean! Aber er war nicht da. Seine sanfte, dunkle Stimme war nicht da, um mir zu zeigen, dass ich nicht allein war in meiner dunklen Umgebung, seine schützenden Arme nicht da, um mich da rauszuholen, seine Augen nicht, um mir wieder die Schönheit der Welt zu zeigen. Ich weinte. Es war das einzige, wozu ich mich in der Lage fühlte - weinen. Unerschöpflich rannen die salzigen Wassertropfen über mein Gesicht, meinen Hals, versickerten in der Bettdecke. Manchmal, war es nur ein leises Wimmern, dass sie begleitete, manchmal aber auch ein lauter Aufschrei aus tiefster Seele, ein aufgebrachtes Schluchzen und ein resignierendes Schniefen. Am Rande dieser ewigen, unendlichen Schwärze, bemerkte ich, wie Liadan immer bedrückter wurde, wie sich ihre Augen mit immer tieferen Ringen unterlegten und wie sie immer dünner wurde. Inzwischen musste auch ich schrecklich abgemagert sein. Das Essen war für mich immer noch eine widerliche, unnütze Angelegenheit, die ich mir nur an den Tagen aufbürdete, wenn die Schatten etwas zurückkrochen und den Blick auf meine Freundin freigaben, in deren Augen die tief verankerte Sorge schimmerte. Kapitel 2: Hört das Pech nie auf? --------------------------------- Sicht von Liadan Seitdem Sean gestorben war, hatte sich das gesamte Leben von mir und vor allem von Fainne geändert. Die Semesterferien waren vorbei, meine Freundin hatte das Studium geschmissen und ich besuchte nur noch wenige Lesungen. Wenn ich nach Hause kam, ging ich zuerst zu Fainne, welche sich nicht aus dem Zimmer bewegte. Sie war schrecklich abgemagert, ich Haar verblasst und ihre Haut glich die eines Toten. Unsere Katzen schienen zu spüren, wie schlimm es um sie stand. Shadow umkreiste schüchtern meine Beine und Starlight tapste einen Meter hinter mir, als ich heute wieder einmal zu Fainne ging. Ich hatte ihr Spahetti mit Hackfleischsoße gemacht, ihr einstiges Lieblingsessen. Doch im Unterbewusstsein wusste ich, dass sie auch heute nichts essen würde. Ich öffnete die Tür und erstarrte. Der Teller mit den Nudeln fiel zu Boden und zerbrach in tausend Scherben. Die Soße spritze gegen den Wandschrank und unsere Katzen machten sich gierig über das Essen her. Vor mir lag Fainne. Sie rührte sich nicht. Heißes Blut trat aus ihrem Armgelenk. Ich weinte nicht, schrie nicht auf, ich tat einfach gar nichts. ,Liadan, ruf den Notarzt! Vielleicht lebt sie ja noch', verlangte meine innere Stimme von mir. Wie in einem Zeitlupentempo setzte ich einen Schritt hinaus in den Flur. Meine Füße trugen mich schneller, dann rannte ich los. Dumpf erinnerte ich mich daran, wie später der Notarzt kam und Fainne holte. Weg von mir, ihrem geliebten Katzen und heim. Ich wusste nicht ob sie noch lebte, der Arzt erzählte etwas, aber ich verstand es nicht. Fainne... Einen Tag später wachte ich auf. Ich lag auf den Sofa im Wohnzimmer, das Kissen unter mir immer noch tränendurchnässt. Hatte ich sie jetzt beide verloren, Fainne und Sean? Er war ein guter Freund gewesen und ich hatte ihn gemocht. Seine Tod bedauerte ich, doch Fainnes... das würde mich schier zur Verzweiflung treiben. Auf einmal fühlte ich mich so, wie es Fainne getan haben musste, kurz vor ihrem...nein, sie war nicht tot. Das konnte einfach nicht sein. Das Telephon klingelte. Einmal, zweimal,... Ich rührte mich nicht. Fünf Minuten später klingelte es wieder. Einmal, zweimal,... Ich hob ab. "Liadan Steinbrecht", hörte ich mich heiser sagen. "Guten Tag, Frau Steinbrecht. Ich rufe Sie an wegen Fainne Getrub. Ich bin der Oberarzt der Hoffnungsklinik. Ich wäre sehr erfreut, wenn sie bitte schnellsten herkommen könnten. Nehmen sie sich ein Taxi, Sie werden aus Erfahrung nicht in der Lage sein, Auto zu fahren. Verstanden?" Ich sagte nichts. Ich konnte einfach nichts sagen. Meine Stimme war wie weggeblasen. "Frau Steinbrecht?" Ich legte auf und nahm mir eine Jacke und Handtasche. Alles geschah wie automatisch. Traumatisiert ging ich die Treppe von unserer Wohnung hinunter in den Innenhof und stieg, wider willen des Arztes in mein eigenes Auto ein. Ich nahm die Autobahn. Das würde am Schnellsten gehen. Ich musste zu Fainne, sofort... Doch plötzlich erschienen schwarze Punkte vor meinen Augen. Ich konzetrierte mich. ,Liadan. Fahr.Du bist gleich in der Klinik. Reiß dich zusammen. Du darfst nicht ohnmächtig werden, Liadan...' Im letzten Augenblick fuhr ich auf den Parkplatz der Klinik. Ich stieg aus meinem Auto. Die schwarzen Pünktchen gingen langsam wieder zurück. Ich lehnte mich gegen einen Baum und atmete tief durch. Ein- und Ausatmen. Ganz ruhig sein. Dann bewegte ich mich in Richtung Hoffnungsklinik. Was für ein Name das war; Hoffnungsklinik! Hoffnung. Das hatte Fainne nicht mehr gehabt. Und ich durfte sie nicht verlieren, egal was geschah. In der Eingangshalle kam mir ein Mann in weißen Kitteln entgegen. Er war groß und kräftig. Sein blondes Haar war von einigen grauen Strähnen durchzogen. Seine hellen, grauen Augen glänzten aufmerksam. "Ich nehme an, Sie sind Frau Steinbrecht?", fragte er knapp. Ich nickte. "Ich danke Ihnen, dass sie so schnell kommen konnten. Bitten begleien sie mich in mein Büro." Schweigend ging ich hinter ihm her. In den Fluren des Krankenhauses roch es nach Tod und Qual, aber auch nach ersehnter Erlösung. ,Hoffnungsklinik' schien mir ein reichlich unpassender Name. Wir kamen in dem Büro an. Es war weiß, wie alles in der Klinik und hatte ein paar moderne, metallene Schränke an den Seiten. In ihnen quollen die Aktenordner nur so über. Der Arzt nahm sich einen solchen Ordner und legte ihn auf den Schreibtisch, welcher perfekt zu den Schränken passte. Er ließ sich in einen schwarzen, gut gepolsterten Lederstuhl fallen und bat mich, mich doch zu setzen. Ich lehnte höflich ab. Die zwei kahlen Stühle vor dem Schreibtisch passten überhaupt nicht zu den restlichen Möbeln und wirkten kahl. Ich stellte mich mitten in den Raum und fragte: "Also, was ist mit Fainne? Ist sie tot?" Meine Stimme wirkte eisig und ich hatte dennoch Mühe nicht in Tränen auszubrechen. Warum musste immer alles so kompliziert sein? Der Arzt seufzte. "Frau Steinbrecht. Setzen Sie sich bitte." "Warum?" "Bitte setzen Sie sich bitte." Wütend starrte ich den Arzt an und hockte mich auf den Stuhl, mit zusammengekniffenen Mund. "Ihre Freundin..." Plötzlich fiel mir eine Geschichte ein. Ich hatte schon lange nicht mehr an sie gedacht, wahrscheinlich hatte ich sie schon längst vergessen. Aber jetzt, genau in diesem Augenblick war sie wieder da: Es war ein wunderschöner Sommermorgen. Fainne und ich haben zusammengespielt und unsere Eltern haben Kaffee getrunken. Wir beide waren ein Herz und eine Seele, was sich unser ganzes Leben lang nicht geändert hat. Fainne war die wildere und wollte unbedingt zum Bach, welcher in der Nähe von unseren Häusern sprudelte. Ich willigte ein und wir zogen los. Unsere Eltern bemerkten nicht, wie wir uns aus dem Garten entfernten und die Straße hinunter gingen. Fainne fand einen langen Stock und suchte in einem Mülleimer nach einem Stück Schnur. Sie fand einer und band es an den Ast. Damals waren wir noch klein, so um die fünf Jahre und wir bestaunten die so entstandene Angel wie ein Wunder. Natürlich wollten wir es sofort ausprobieren und deshalb rannten wir umso schneller zum Bach. Er war abgelegen von der Siedlung. Nicht allzu weit, vielleicht 200 Meter. Fainne und ich waren schon oft dort gewesen und hatten gespielt. Doch immer mit unseren Eltern. Da sie dieses Mal nicht dabei waren, war alles noch viel aufregender. Fainne kam als Erste an. Ich hatte unterwegs von einem Sperrmüll noch einen Eimer geklaut und ihn mitgebracht. Er war alt, verrostet und hatte ein paar Löcher, doch für uns genügte er. Als ich am Bach ankam saß Fainne auf einem langem Ast, welcher über den Bach ragte. Die Angel hatte sie an Land gelassen. ,Komm, Liadan. Gib mir die Angel und komm auf den Baum zu mir. Wir können dann angeln!', rief sie mir zu. Wir wussten, dass es hier keine Fische gab, aber das war uns egal. Ich nahm die Angel. Sie war schwer und da ich kleiner war als meine Freundin hatte ich Mühe sie in die Höhe zu stemmen. Da sie nicht ganz bis zu Fainne reichte, kletterte ich ein kleines Stück weit auf den Ast hinauf und reichte ihr die Angel. Da passierte es: Fainne streckte sich und wollte die Angel holen und rutschte ab ins Wasser. Der Bach war nicht tief, aber dennoch so sehr, dass wir an manchen Stellen nicht mehr stehen konnten. Ich bekam einen riesigen Schrecken. Die Angel war noch in meiner Hand und so konnte ich Fainne aus dem Wasser ziehen, indem ich sie ihr reichte. Aber der Schrecken saß tief. Meine beste Freundin war klitschnaß und zitterte wie ein Erdbeben. Wir rannten nach Hause. Unsere Eltern waren ganz schön wütend als sie Fainne sahen. Sie wurde krank und musste ins Krankenhaus. Ich wusste noch nicht was sie hatte und fuhr ein paar Tage später zu ihr. Der Arzt began seine Rede so ähnlich wie heute: ,Deine Freundin...' Fainne war nach ein paar Tagen wieder ganz die Alte. Doch heute würde es nicht so sein, oder doch? Vielleicht trug dieses Krankenhaus doch mit recht den Namen ,Hoffnungsklinik. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)