Lost to be found von Rabenfeder (und nommal) ================================================================================ Kapitel 3: 1.3. Just smiling is more than all words can tell ------------------------------------------------------------ 3. Kapitel: Just smiling is more than all words can tell Mitleidig betrachtete sie das einfache, sehr leicht übersehbare Grab. Wer hier wohl lag? Ganz automatisch war sie dem Schwarzhaarigen hinterher geschlichen, hatte aber nichts von all dem verstanden, was der alte Mann ihm erzählte. Nein, der Grund ihrer Anwesenheit war ein anderer...Sie hatte wohl eine Vorliebe für solche ruhigen Orte. Lächelnd ging sie in die Knie und berührte die trockene, harte Erde. Ob es ihr auch einmal vergönnt werden sollte, an einem so friedlichen Ort begraben zu werden. Ohne das geringste Zögern legte Angel sich schweigend neben das einfache Holzkreuz und starrte mit gefalteten Händen nach oben. Nichts regte sich mehr. Nur ab und zu strich der Wind an den dunkelgrünen Blättern vorbei, säuselte seine leisen Märchen all jenen zu, die alsbald in Schlaf versunken sein werden. Wie von Geisterhand begann sie leise ein Schlaflied zu summen. Vielleicht konnte sie ja einfach hier liegen bleiben und den Rest der Welt vergessen lassen, dass sie noch immer da war. Ob es wohl ein Fehler ihrerseits war, Kai in die ganze Sache mit hinein zu ziehen. Schließlich betraf es eigentlich nur ihn und sie. Auch wenn der junge Halbrusse sie beide damals erst so eng zusammengeschweißt hatte, würde er es doch nie verstehen können, warum sie noch immer um diesen Menschen trauerte. Natürlich hatte er vieles falsch gemacht aber wie sollte sie ihn dafür hassen können. Er war ihr doch ihre Kindheit über mit Kai zusammen der liebste Mensch von allen gewesen. Wie hätte sich das in den letzen Jahren, in denen sie so unermüdlich nach den beiden gesucht hatte ändern können. Selbst jetzt, wo sie doch wusste, wer sie und den Silberhaarigen damals wirklich auseinander gerissen hatte, konnte sie ihn nicht hassen, so wie Kai. Er würde wohl immer ein wunder Punkt bleiben. Mit geschlossenen Augen strich sie sich rührselig durch das kurze, gefärbte Haar. Auch wenn sie nicht lange schwarz bleiben würden, war es kaum möglich, dass er sie wieder erkannte. Zu vieles hatte sich an ihr geändert. Nicht nur äußerlich, auch innen in ihr hatte sich etwas sehr verändert. Ihr weiches Kinderherz, das nicht einmal einem kleinen Insekt etwas hätte antun können war kalt und grausam geworden. ,Du bist wie Lilith, die Dämonenbraut, schön und grausam. Ich habe dir alles gegeben, dir mein Herz geschenkt und dennoch trittst du es mit Füßen. Nichts scheint dir etwas zu bedeuten! Ohne einen Grund zu sagen, willst du einfach abhauen, obwohl wir doch schon fast ein Jahr lang glücklich waren. Und du hast es gewagt mich deine Liebste zu nennen!' Noch immer hallten ihre Worte im Gedächtnis der Schwarzhaarigen. Obwohl sie sich am Anfang ganz sicher war, dieses Mädchen zu lieben, verlor sie sehr bald schon ihr Interesse an ihr. Eigentlich sogar schon in dem Moment in dem sie sie haben konnte. "Tut mir leid Feli, aber ich konnte doch nicht bei dir bleiben, wenn sein Schatten mein Herz noch immer einschnürt und ich drohe, daran zu ersticken. Oder Voltaire hätte dich gefunden...Es wäre nicht gut gegangen. Es kann bei mir nie gut gehen. Ich glaube, ich kann gar nicht lieben. Ich habe sie gar nicht verdient...", leise murmelte sie fast lautlos vor sich hin, in Gedanken an zwei graublaue, sanfte Augen versunken. Ob sie dieses Mädchen geliebt hatte? Ob sie überhaupt lieben konnte? Waren ihre ehrlichen Gefühle ihr etwa schon abhanden gekommen? Aber wenn sie, die nicht halb so viel wie Kai verloren hatte, schon nicht mehr richtig fühlen konnte, wie abgestumpft musste er dann sein, der so viel mehr durchleiden musste? Doch auch wenn Kai auf die meisten kühl und unnahbar wirkte, wusste sie genau, dass er den Menschen um ihn herum viel näher war, als sie. Für ihn gab es vielleicht noch etwas, was ihn hier fest hielt und von dieser seltsamen Todesnähe im Herzen ein Stück weit entfernt hatte. Sie war es auf jeden Fall nicht... Kopfschüttelnd stand sie auf und ging mit raschen Schritten zurück zum Haus. Wie wollte sie eigentlich ein halbwegs normales Leben führen, wenn sie die liebe lange Zeit nur an Tod und Verderben dachte! Aber an diesen Gedanken war nur dieser Rei schuld. Er schien Kai so seltsam zu beeinflussen, sodass sie nicht mehr mit ihm reden konnte. Dunkelrote Augen, in denen sich schwach das Licht der Lampe widerspiegelte sahen ihn kühl wie immer an. Doch mittlerweile wusste er jedes Zucken, jedes Blinzeln, selbst die wenigen winzigen Seitenblicke des Silberhaarigen zu deuten, wusste, dass dieser darüber grübelte, warum er sich so entschieden hatte. Aber wie hätte er ihm denn bitte klarmachen können, was er wollte, was er suchte, wenn er selbst nicht genau wusste, ob er es finden würde und ob es ihn glücklich machen konnte. Dennoch musste er sie finden. "Du wunderst dich sicher, weshalb ich so aufgebracht bin. Nun...ich kann es dir im Moment nicht erklären, ich weiß ja selbst nur, dass ich etwas finden muss. Bitte frag nicht nach. Ich erzähle es dir sicher irgendwann. Nur, ich...ich muss die Wahrheit herausfinden, muss wissen wo ich hin gehöre..." Noch immer ruhte Kais Blick scheinbar unverändert auf ihm, starrte durch ihn hindurch und sahen ihn dennoch gleichzeitig unbewegt an. Rei war sich ganz sicher, irgendwo in den beiden zu Eis erstarrten Rubinen Verständnis für seine Lage und Ungewissheit zu finden. Erleichterung darüber, dass der Halbrusse nicht weiter nachfragte und stattdessen nur schwach nickte, machte sich in ihm breit. Und zum ersten Mal nach Stunden schlich sich der Anflug eines Lächelns auf sein Gesicht ließ wenigstens für ein paar Minuten die düsteren Gedanken, welche sich bereits in seinem Kopf fest genistet hatten, verschwinden. Kai hatte wirklich bildhübsche Augen, die einen sofort in ihren Bann zogen. Nachdenklich war sein Blick noch immer auf den jungen Chinesen vor sich gerichtet. Auch wenn dieser im Moment wieder lächelte war er seich sehr sicher, dass sich etwas in ihm verändert hatte. Etwas war zerbrochen, eines dieser seltenen und deshalb so wertvollen Gefühle schien ihm abhanden gekommen zu sein. Er konnte nicht zuordnen, welches es war, da er seine Gefühle schon vor langer Zeit abgelegt hatte. Konnte ihm dieser niedliche Schwarzhaarige nicht einfach egal sein oder zumindest einstweilen aus dem Kopf gehen? Seufzend tastete seine Hand nach dem blauen Blade. Kaum spürte er das harte Material seines Dranzers wurde er um einiges ruhiger und entspannter. Auf sein Bitbeast konnte er sich schon immer verlassen, seit sein Vater es ihm vermacht hatte. Sein Vater... Die faszinierend kalten Augen wurden bekümmert geschlossen. Er hatte keinen Vater mehr, keinen Großvater, niemanden, dem er wichtig war. Wieso sollte also ausgerechnet er sich um den Schwarzhaarigen kümmern. Was konnte er ihm schon geben außer einem gefrorenen Herzen und schmerzlichen Erinnerungen, die ihn noch heute verfolgten, wie ein ewiger Schatten an ihm kleben zu schienen. Nichts konnte er diesem wundervollen Geschöpf bieten. Und dennoch... Ein leises, beinahe stummes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, nur ganz leicht, als wolle es von der kalten Welt dort draußen ungesehen bleiben und sich nur einer Person zeigen. Früher hatte sie ihm immer ganz geheimnistuerisch von diesem einen besonderen Gefühl erzählt, dass jeder Mensch in sich trug und nur ganz selten in völlig unterschiedlichen Formen erschien. Da war zum einen das völlig ehrliche Weinen, wenn man mit einer anderen Person gemeinsam litt, als seien es die eigenen Ängste und Schmerzen. Diese vergossenen Tränen sollten das dichte Band zwischen zwei Menschen darstellen. Zum anderen existierte aber auch das warme, einmalige Lächeln, welches sich von Person zu Person anders zeigte. Manche lächelten oft und ohne sich zu verstecken. Andere lächelten selten, dafür aber unglaublich zärtlich. Und es gab da noch jene Menschen, die versteckt und ungesehen lächelten, in diesen seltenen Momenten jedoch bildschön und so erreichbar wirkten. Es waren jene Menschen, die ein Normalsterblicher nie zu fassen bekam. Rei gehörte seiner Meinung nach zu diesen Leuten. Diese Beschreibung passte wohl auf den ersten Blick nicht, wenn man den Dunkelhaarigen nicht genauer kannte, wusste, dass seine offene Art nur eine andere Möglichkeit war, Angst tief in seinem Inneren zu verstecken, aus Furcht, andere zu verletzen. Schon lange hatte der Halbrusse festgestellt, dass auch Rei sich in einer gewissen Weise die ganze Zeit über versteckt hatte. Nur das seine eigene Maske nicht so zerbrechlich war wie die des Schwarzhaarigen. Er hatte ihn nur selten völlig befreit und glücklich gesehen. Aber die wenigen Momente, in denen der Chinese ihn offen anstrahlte waren mitunter die schönsten und freisten in seinem Leben. Was also konnte geschehen sein, dass Rei so einsam wirken ließ, ihn dazu zwang, sein Versteck aus stetiger Fröhlichkeit aufzugeben? Wie lange er die Schönheit vor sich nun schon anstarrte wusste Kai nicht. Es musste wohl schon eine ganze Weile gewesen sein, da Ray langsam aber stetig nervöser wurde und unruhig mit seinem Knie auf und ab wippte, was er immer tat, wenn ihm eine Situation unangenehm war. Gerade wollte er zu einer genaueren Erklärung ansetzen doch der silberhaarige brachte ihn mühelos wieder zum schweigen, bevor noch ein Wort die bebenden Lippen verlassen hatte. "Schon ok, ich habe weder das Recht dazu noch verlange ich von dir eine Rechtfertigung deines Handelns. Du willst uns begleiten. Gut, falls du Angel davon überzeugen kannst, gerne. Wenn sie die Gründe deiner Entscheidung in Frage stellt liegt es bei dir, ihr alles zu erklären oder nicht. Ich persönlich werde mich nicht einmischen, da du auch nie nach meinen Gründen gefragt hast, wenn ich wieder einmal etwas in deinen Augen vielleicht Seltsames getan habe. Es ist mir egal warum du mitkommen willst, solange du dir deiner Sache sicher bist." Freundschaftlich und ohne die gewohnte Kälte und Arroganz streckte der Halbrusse ihm die Hand entgegen. Den Blick starr zu Boden gerichtet, die Lippen wütend zusammengekniffen saß sie auf dem flachen, nicht all zu hoch angelegten Hausdach. Eigentlich wollte sie direkt zu Kai gehen und sofort mit ihm aufbrechen. Doch das war wegen diesem dämlichen, kleinen Chinesen nicht möglich, da dieser ihren Kai voll geheult hatte, wie schlecht doch sein Leben war und wie wichtig es ihm wäre, sie bei zu begleiten. Kleine Mistkröte! Natürlich war dem dunkelhaarigen Mädchen völlig bewusst, dass es Rei tatsächlich schlecht ging und er Kai nichts vorgejammert hatte. Nur...etwas in ihr war auf ihn eifersüchtig. Wie hatte er es nur geschafft, den Silberhaarigen so schnell zum schmelzen zu bringen, wo sie doch fast zwei Jahre damit verbracht hatte, sich sein Vertrauen auch nur im Ansatz zu gewinnen. Und da kam dieser fremde Junge...und...und veränderte Kai so. Früher war sie es, die viele Freunde hatte. Damals hatte Kai nur sie, traute nur ihr. Doch jetzt?! Schon gleich zu Beginn ihrer "Reise" hatte sie gemerkt, dass mit dem Silberhaarigen etwas nicht zu stimmen schien, er auf eine seltsame, unerklärliche Weise viel ruhiger wirkte, fröhlicher. Und als er dann von ihren ersten möglichen Zufluchtsort gesprochen hatte, war er immer mehr ins Schwärmen geraten, wie freundlich der Chinese doch war, wie gut er bladen konnte, wie niedlich er lächelte...furchtbar!!! Schweigend saßen die beiden in dem großen, fast schon übervollen Flugzeug und warteten ungeduldig auf den Abflug. Ein Außenstehender hätte wohl nicht geahnt, wie nervös sowohl der Silberhaarige als auch seine anscheinend schlecht gelaunte Begleiterin waren. Dieser Flug hier war an sich schon ein ziemliches Risiko, da sie mit ihren eigenen Pässen fliegen mussten und deshalb ihre Spur nur all zu leicht verfolgt werden konnte. Warum mussten sie die Fälschungen auch erst außerhalb von Russland erhalten?! Sicherlich, es war nicht ungefährlich einen, zumindest einem von beiden, bekannten Mitarbeiter der BBA hierher zu schicken. Aber sprach die Gefahr, noch vor ihrer Abreise aufzufliegen nicht dafür, dieses Risiko einzugehen? Scheinbar nicht, da man der Schwarzhaarigen nur kurz mitgeteilt hatte, ihre Deckidentitäten würden sie erst beim Treffen mit einer Vertrauensperson außerhalb des Landes erhalten. Zum Glück hatte sie schon damals, als sie die Abtei verlassen musste, eine neue Identität verpasst bekommen. Zumindest für Angel war es im Moment kein all zu großes Problem, unerkannt zureisen. Nur Kai, der in ganz Russland wegen seinem Großvater bereits wohl bekannt war, machte ihr sorgen. Auch wenn sie bewusst einen Lastminuteflug gebucht hatten, in der Hoffnung ihre Spur wenigstens en klein wenig zu verwischen ließen die dunklen Vorahnungen die doch noch recht junge Frau nicht wirklich in Ruhe. Zudem wusste sie noch nicht einmal, wohin sie genau unterwegs waren, da Kai ihr lediglich sagen konnte, sie wären dort auf jeden Fall für ein Weilchen in Sicherheit. Mehr wollte er nicht preisgeben, aus Angst belauscht zu werden. Aber jetzt, ca. 2 Stunden später hatte er noch immer nichts von sich ausgesagt und sie machte ihn leise grummelnd darauf aufmerksam, dass es durchaus angebracht wäre, ihr etwas von ihrem ersten Ziel zu erzählen. Zumindest wolle sie darauf vorbereitet sein wem sie begegnen würde und vor allen Dingen, weshalb sie diese Kontaktperson ausgerechnet in China treffen mussten. Kurz warf der Halbrusse ihr einen kühlen, abwertenden Blick zu, musterte ihren leicht entnervten Gesichtsausdruck mit einer Mischung aus Belustigung und Spott. Dann jedoch schlich sich etwas klamm heimlich in die sonst so kalten, eisigen Gesichtszüge, war durchaus seltenheitswert hatte: Ein zwar sehr schwaches, fast unsicheres, aber dennoch vorhandenes Lächeln umspielte die schmalen, leicht geöffneten Lippen. Mit einem warmen, für ihn doch sehr ungewöhnlichen Ton in der sonst so schneidenden Stimme erklärte er ihr leise, nahezu flüsternd seine Gedanken. "In China wohnt ein ehemaliger Teamkamerad von mir. Sehr abgeschiedenes, kleines Dörfchen mitten im Hochgebirge. Ich bin mir sicher, dass man uns einstweilen kaum dort vermuten wird, da fast niemand den Weg dorthin kennt!" Aber warum sollte dieser Mensch ihnen denn bitte helfen? Auf die stumme Frage in den faszinierend grünen Augen, die ihn abwartend unter leicht gewölbten Augenbrauen ansahen wurde fast augenblicklich geantwortet. "So lange ich Rei kenne, und dass sind immerhin fast schon 2 Jahre, hat er bis jetzt noch jedem geholfen, der Unterstützung brauchte. Weißt du, er ist wirklich einer der wenigen Menschen, denen wir jetzt problemlos vertrauen können. Und außerdem ist er ein verdammt guter Blader!" Als ob der letzte Satz alles geklärt und ihr ein ausreichend klares Bild des dunkelhaarigen Chinesen gegeben hätte grinste Kai sie einnehmend an. Anscheinend hielt er das für alle nötigen Informationen, was seine Begleitung dazu bewegte, sich deprimiert an die Stirn zu fassen und ungläubig den Kopf zu schütteln. Wie konnte jemand so intelligentes wie Kai Hiwatari mit einem Mal nur so Strunzdumm wirken. "Kai-chan", säuselte sie möglichst ruhig auch wenn er deutlich die leise Drohung in ihren Worten wahrnehmen konnte, "auch wenn es noch so gut von dir gemeint war, aber ich kann mir diesen ominösen Rei noch immer nicht wirklich gut vorstellen und werde ihn auch wohl kaum erkennen, wenn du mir nicht augenblicklich sagst, was ich wissen will!" Mit jedem Wort war der giftige Unterton in ihrer Stimme gestiegen, deutete klar darauf hin, dass sie stinksauer und sehr leicht reizbar war. Unter normalen Umständen hätte er sie jetzt garantiert nicht weiter gereizt, aber da er im Moment nichts Besseres zu tun hatte setze der Silberhaarige noch einen drauf und grinste sie unschuldig an. "Was willst du denn wissen?!" Mit einem gewaltigen Maß an Selbstbeherrschung unterdrückte sie den Wutanfall und damit verbundenen Schreikrampf gerade noch. Stattdessen atmete sie kurz tief durch und entgegnete ihm liebevoll lächelnd als würde sie mit einem kleinen Kind sprechen, dass sonst nicht begreifen würde von was die große Tante da eigentlich redete: "Du könntest mir zum Beispiel erzählen, wie denn dein "ach so toller" Redi eigentlich aussieht. Vielleicht ist er ja mein Typ. Ich hatte ja schon lange nichts mehr Festes mit 'nem Kerl. Wer weiß, eventuell wird ja was draus..." Gespieltes Entsetzen lag in den strahlenden, rubinroten Augen. Wie sehr hatte sie dieses Leuchten in den letzen 5 Jahren vermisst. Seit sie damals weg gegangen war schien es ihr, als könne Kai nicht mehr richtig Lachen. Seit er mit den Bladebreakers unterwegs war und immer öfter im Fernsehen zu bestaunen war, schien es sich allmählich wieder mehr und mehr zu bessern, aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Und dieser war bei der Weltmeisterschaft erreicht. Sie selbst hatte sich ins Publikum gemogelt und konnte deutlich die Veränderung des Silberhaarigen sehen. Es machte ihm nahezu nichts aus, verloren zu haben, da er ja noch immer seine Freunde hatte. Fast wie früher. Doch nachdem sich die Bladebreakers getrennt hatten war die ursprüngliche Kälte wieder in seinen Blick zurückgekehrt. Aber jetzt, da sie auf dem Weg zu diesem Chinesen waren schien ihr kleiner Eisklotz, welcher gerade damit beschäftigt war, den Kopf wie besessen zu schütteln, die Freude in Person zu sein, soweit diese aussage jemals auf Kai zutreffen konnte. Voller Begeisterung erzählte er ihr von dem katzenhaften Jungen, seinen geradezu magischen Augen, seinem niedlichen Lächeln, seinen putzigen Zähnchen, seinem weichen, langen Haar, seinem hübschen Gesicht, seinem wohlgeformten Körper...und geriet dabei mehr und mehr ins Schwärmen Bei ihrer ersten Begegnung fand sie diesen Rei ja noch ganz ok, sogar ein wenig niedlich. Gut. Sie musste Kai Recht geben, dass dieser Junge wirklich nicht zu verachten war. Eigentlich...eigentlich war der Schwarzhaarige sogar richtig...niedlich...und nett. Heute Morgen konnte sie beim besten Willen keine negativen Eigenschaften an ihm finden und das nervte sie tierisch. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, war sie eifersüchtig. Eifersüchtig auf Rei, dass er ihr den ersten Rang bei Kai ablaufen könnte. Und dafür hätte sie sich selbst in den Arsch beißen können. Obwohl sie in Gedanken versunken war hörte sie das leise Knarren eines sich öffnenden Fensters ungefähr drei Meter von ihr entfernt. Obwohl sie bereits wusste, dass nur er es sein konnte, linste sie neugierig in Richtung Geräusch. Es war tatsächlich ein kleines Dachfenster, das von innen geöffnet wurde sodass der schwarzhaarige Junge geschickt und ohne jegliche Schwierigkeiten hinauskletterte. Die bernsteinfarbenen Augen ließen ihren Blick kurz schweifen bis er an der Schwarzhaarigen haften blieb. Unsicher lächelte Rei sie an, sichtlich nervös. Auch ihre Mundwinkel zogen sich zu einem reichlich schiefen Grinsen nach oben, schließlich hatte er ihr wirklich nichts getan. So freundlich wie möglich deutete sie auf den Platz neben sich, bereits wissend, worüber er mit ihr reden wollte. Zögerlich ließ sich der junge Chinese neben ihr nieder, sie schon fast schüchtern ansehend. Wahrscheinlich nur reine Fassade, schließlich musste er sie nur irgendwie von sich überzeugen. Doch das Gespräch verlief anders, als erwartet: "Du hast es gesehen, nicht? Das Grab meine ich!" Grinsend sah er sie an, die hellen Augen jedoch sagten etwas ganz anderes als die fröhliche Art des anderen ihr vormachen wollte. Ihr Gesichtsausdruck musste wohl sehr ertappt aussehen, da Rei ihn als Zustimmung deutete. "Schau nicht so! Ich hab' dich bemerkt, als ich zurückging. Sonst hätte ich dich wohl kaum bemerkt...Hast du uns belauscht? Hast du gehört, was er mir erzählt hat?!" Ein rasches Kopfschütteln war die einzige Antwort darauf. "Na ja, auch nicht schlimm...aber, weißt du, ich habe heute erfahren, dass meine Mutter, die niemand zu kennen schien, hier gelebt hat, in diesem Dorf. Ein ziemlicher Schock für mich, da außerdem mein verstorben geglaubter Vater anscheinend doch noch am Leben ist!" Ungläubigkeit mischte sich in die grünen Augen, die ihren Gesprächspartner genau musterten. Aber nichts deutete darauf hin, dass er log. Die schönen Katzenaugen waren betrübt zu Boden gewandt. "Weißt du...ich hielt mich all die Jahre für ein Waisenkind...und jetzt?! Ich bin mir völlig bewusst, dass dir meine Geschichte nichts bedeuten muss und du mich wohl kaum verstehst, aber ich möchte trotzdem gerne mit euch mitkommen...vielleicht kann ich ja etwas über meinen Vater herausbekommen...wenn ich darf..." Noch immer bewegte der Schwarzhaarige nicht, nur sein ruhiger Atem war zu vernehmen, der stetig auf und ab ging. Beinahe wäre er schon aufgestanden und ganz einfach davon gelaufen als er eine warme, weiche Hand auf seiner Schulter spürte, die ihn sanft streichelte, ohne ihn dabei jedoch tatsächlich zu berühren. "Schon ok. Ich hab' mich wohl geirrt, du hast sehr wohl gute Gründe ebenfalls ein Weilchen weg zu laufen. Warum also nicht zusammen? Ich bin mir sicher Kai-chan wird sich über deine Gesellschaft freuen." Dieses Mal war es an Rei erstaunt aufzusehen. Die grünen Edelsteine sahen ihn noch immer kühl an, doch dahinter konnte er einen leichten Schimmer Freundlichkeit entdecken, so wie es auch bei Kai der Fall war, wenn man näher hinschaute. Eventuell, nein ganz sicher sogar, waren die beiden sich doch ein wenig ähnlicher als gedacht. "Was meinst du damit?", fragte er nicht ohne ein wenig rot um die Nasenspitze zu werden. War es denn so offensichtlich, dass er sich auf diese seltsame Art zu Kai hingezogen fühlte? Oder sollte das Ganze im Scherz gemeint sein und er hatte den Witz bei der Sache nur nicht verstanden. Angel beobachtete jegliche Reaktion genau und konnte sich ein leises Kichern nicht verkneifen. So abgeneigt schien der Kleine ihrem "Brüderchen" gegenüber nicht zu sein. "Ach nichts...ich glaube ganz einfach nur, dass deine fröhliche Art dem kleinen Mr. Frost gut tun würde. Und außerdem brauche ich Unterstützung, sonst hol' ich mir nur Frostbeulen! Und du bist hier weit und breit die beste Hilfe, die ich finden kann in Sachen Kai auftauen! Also, wie wär's?" Grinsend reichte sie ihm die Hand. "Abgemacht!" Gutgelaunt schlug Rei ein und beschloss spontan, dass wenn er schon mit diesem Mädchen auf große Reise gehen sollte er eventuell etwas mehr über sie und "Kai-chan" in Erfahrung bringen konnte. Doch bevor er mit einem langwierigen Frage-Antwort Spielchen beginnen konnte war Angel bereits wieder nach drinnen geklettert und sah ihn abwartend an. "Na komm, schließlich müssen wir morgen früh raus, wenn wir aufbrechen wollen! Und soweit ich weiß sind deine Sachen garantiert noch nicht gepackt. Wobei...nimm dir an uns ein Beispiel und pack nur das Nötigste ein. Höchstens ein Rucksack voll, ok?!" Und schon war sie im Haus verschwunden, einen etwas verdatterten Ray zurücklassend. Nur das Nötigste? Einen einzigen Rucksack voll, dass konnte ja noch heiter werden! Kopfschüttelnd erhob er sich und streckte sie langsam, ein leises Quietschen von sich gebend. Dieses Dach war schrecklich unbequem für jemanden, der die vorige Nacht über kaum geschlafen hatte. Mit einem mürrischen Gesichtsausdruck stellte er fest, dass sein gesamter Körper verspannt war und sich höchstwahrscheinlich nicht all zu bald entspannen würde... Später an diesem Abend unterhielten die beiden Russen sich angeregt in ihrer Heimatsprache über die Reise, da man jetzt etwas umplanen und noch eine dritte Person mit einbezogen werden musste, was sich jedoch zu beider Erstaunen als kein all zu großes Problem darstellte, da bei ihrer Flucht von Anfang an mit drei Leuten gerechnet wurde und Rei ganz einfach den frei gewordenen Platz einnahm. "Irgendwie bin ich mittlerweile froh darüber, dass Rei mitkommt, Kai! Ich habe da heute etwas ziemlich interessantes festgestellt", meinte die Dunkelhaarige als sie sich bereits in ihre Betten verkrochen hatten. Im ersten Moment bekam sie als Antwort nur ein leises, müdes Grummeln. Doch dann realisierte der Silberhaarige was sie eben gesagt hatte und wälzte sich neugierig zu ihr herum. "Und was glaubst du bitte herausgefunden zu haben, Engelchen?!", stichelte er neugierig, sich darüber im Klaren seiend, dass er nur wegen dem Wort "Rei" plötzlich so interessiert war. Sanft strich sie ihm einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und lächelte ihn warm an, sah aber gleichzeitig durch ihn hindurch sodass er ganz von selbst die Augen schloss und nicht weiter nachfragte. Wenn seine Kleine so etwas tat war dies ein Zeichen dafür, dass sie bereits wieder in ihre Gedankenwelt versunken war. Also hieß es jetzt wohl oder übel schlafen, da man mit ihr in diesem Moment nicht mehr reden konnte. Die Schwarzhaarige dachte noch eine geraume Weile über den hübschen, katzenhaften Chinesen nach, der es ihrem Kai so sehr angetan hatte. Ob sie wohl Recht mit ihrer gerade gekommenen Vermutung hatte und dieser dabei war, sich in den Eisklotz Hiwatari zu verlieben? Eines war auf jeden Fall ganz sicher: Rei sorgte sich um Kai, was schon allein durch seinen unglaublich erleichterten Gesichtsausdruck als er den ehemaligen Teamchef der Bladebreakers wieder sah zu beweisen war. Und wenn er Kai nicht schon längst ganz bewusst verfallen war, konnte es mit Sicherheit nicht mehr lange dauern bis es so weit war. Nachdem sie sich sicher war, dass der Silberhaarige bereits schlief flüsterte sie ihm ein leises "Ich bin sogar ein klein wenig eifersüchtig auf dich" ins Ohr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)