Hope von Morwen ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Titel: Hope Teil: 1/2 Autor: Morwen Email: MorwenEledhwen@gmx.de Fandom: One Piece Warnungen: Shonen-Ai, Lime, Pathos (gehört bei dieser Serie einfach dazu) und eine katastrophale Mischung aus neuer und alter Rechtschreibung.^^ Disclaimer: Die auftretenden Personen gehören Eiichiro Oda bzw. allen, die Rechte an One Piece haben und ich mache kein Geld damit. Inhalt: Skypia während und nach dem Sky-Krieg. Es geht um Viper, der seinen Kampfgeist verloren hat, und Zorro, der ihn wieder in die Realität zurückholt. Erst nach dem Krieg lernen sie sich besser kennen und Viper stellt fest, dass der Schwertkämpfer ihm in vielerlei Hinsicht ähnlich ist... Kein Kampf, kein Horror, kein Gemetzel - ich hoffe aber, ihr lest es trotzdem.^^ Pairing: Zorro x Viper bzw. Viper x Zorro - Ich weiß immer noch nicht, wer dominanter ist...^^' Kommentar: Ähem... Mal eine kurze Geschichte von mir für zwischendurch - und nebenbei schon meine dritte. ^_^ Und vor allem die erste mit ENDE!!! Hey, das sollte gefeiert werden... Okay, die Spoiler-Warnung habe ich rausgestrichen, weil die Bücher mittlerweile erhältlich sind. Also dürfte jeder, der die Mangas kennt, mit dem Inhalt etwas anzufangen wissen... ^^ Die Idee für diese Geschichte verdanke ich Sadira. ^^ *knuffs* Außerdem danke ich ihr für ihre Kommentare und die Geduld, die sie mit mir hat, wenn mich mal gerade wieder Zweifel plagen (was ja oft genug vorkommt...*gg*), sowie für ihre ganzen, herrlich zum Schreiben anregenden Bilder... ^_~ Ich weiß, das Pairing ist ungewöhnlich, aber die Shandia sind interessant und ich würde mich echt freuen, auch mal Geschichten über sie zu lesen. *Wink mit dem Zaunpfahl* Also jetzt viel Spaß beim Lesen! ^^ Hope - Part 1 Verloren ... Er hatte verloren ... Seine einzige Chance, diesen Krieg doch noch zu beenden, war erfolglos verlaufen, und jetzt stand er mit leeren Händen da, zu schwach, um noch zu kämpfen. Er hatte Enel nicht besiegen, seine Freunde nicht beschützen und sein Volk nicht für die jahrhundertelang ertragenen Demütigungen rächen können. Er, der große Krieger ... Ein freudloses Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Großer Krieger? Welche Ironie ... Wenn er wenigstens wie sein Vorfahre, der große Krieger Kargara, ehrenvoll im Kampf gestorben wäre! Aber jetzt musste er noch die Schande ertragen, in dem Wissen weiterzuleben, dass er es nicht geschafft hatte, es nie hätte schaffen können. Viper stand am Rande der Lichtung, auf der sich auch diese merkwürdigen Blaumeerer befanden - wussten die Götter, was sie in diesem Chaos verloren hatten - und starrte auf das brennende Land. Die Zerstörung Skypias durch Enel hatte begonnen und nun zuckten grelle Blitze über den Dschungel und brachten die Luft zum Kochen. Das Krachen von Explosionen schallte durch den Wald und es war so laut, dass er kein einziges Wort der anderen hinter seinem Rücken verstehen konnte, obwohl sie schreiend debattierten. Aber die Fremden kümmerten ihn nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Land, das er hatte beschützen wollen und das nun in Schutt und Asche gelegt wurde. Das Land, das rechtmäßig seinem Volk gehörte, welches schon seit vierhundert Jahren erfolglos darum kämpfte. Das Land, das wegen seiner Schwäche unterging. 'Versager!' dachte er und biss die Zähne so fest zusammen, dass sein Unterkiefer zu schmerzen begann. 'Du hast alle in Gefahr gebracht und wofür? Für nichts und wieder nichts! Und zum ersten Mal in deinem Leben stehst du vor der Erkenntnis, dass du nicht gewinnen kannst...' Die Enttäuschung über seine Niederlage war so bitter, dass sein Innerstes zu schmerzen begann. Ohnmächtig angesichts seiner Hilflosigkeit ballte Viper seine zitternden Hände zu Fäusten, bis die Fingerknöchel weiß hervortraten. 'Versager ...' Tief in seine Gedanken und seinen Schmerz versunken, hörte er nicht, dass sein Name gerufen wurde. Erst als sich eine Hand auf seine Schulter legte, fiel die Starre von ihm ab und er drehte sich um. Vor ihm stand der Schwertkämpfer - Zorro, oder wie er nochmal hieß - und sah ihn durchdringend an. Seine Kleider waren schmutzig und zerrissen, und er selbst sah auch schon reichlich demoliert aus, soviel Blut, wie aus seinen zahlreichen Wunden und Kratzern lief. Doch er verzog keine Miene, sondern deutete nur mit dem Daumen über die Schulter. "Die anderen meinen, wir sollten Enel und Ruffy folgen!" brüllte er, um das Donnern der überall einschlagenden Blitze zu übertönen. "Vielleicht können wir diesen Verrückten ja doch noch aufhalten, bevor er das ganze Land pulverisiert! Die Kleine da von dir, Aissa, wird auch mitkommen. Es wäre vielleicht besser, wenn du dich uns anschließt, bevor es hier RICHTIG ungemütlich wird!" Doch Viper starrte ihn nur ausdruckslos an, bevor er die Hand des Schwertkämpfers unsanft abschüttelte und sich wieder umdrehte. Sollten die verrückten Blaumeerer doch machen, was sie wollten. Wenn sie unbedingt sterben wollten, bitte... Er würde sie nicht aufhalten. Und wie sollte er Aissa noch in die Augen sehen können... Er war nicht in der Lage, sie zu beschützen. Wie auch - er konnte sich ja noch nicht einmal selbst beschützen. Er hoffte, dass seine abweisende Geste deutlich genug gewesen war, doch kurz darauf spürte er wieder die Hand des Kämpfers auf seiner Schulter und diesmal war ihr Griff fester. Viper drehte sich jedoch nicht um. Er würde hier stehen bleiben, bis alles zerstört war oder ihn ein Blitz traf. Der andere konnte seinetwegen warten, bis er schwarz wurde, wenn er Lust hatte. Aber er hatte seine Entscheidung getroffen. Er würde nicht mehr kämpfen. Der Schwertkämpfer merkte bald, dass er es hier mit einem besonders schwierigen Fall zu tun hatte, und lief um den anderen herum, um ihm direkt in die stechenden, kalten Augen sehen zu können. "Willst du unbedingt hier krepieren, oder was?" rief er. "Ich dachte, du wärst ein Krieger, verdammt! Kämpfe gefälligst bis zum letzten, dann kannst du immer noch sterben!" Viper funkelte ihn kurz voller Hass an, bevor seine übliche ausdruckslose Miene zurückkehrte. "Was kann ich denn gegen Enel ausrichten, du Schwachkopf?" schrie er zurück. "Was könnt IHR denn schon ausrichten? Ihr kommt einfach so in unser Land spaziert und macht hier Ärger! Ihr habt doch keine Ahnung, was dieses Land wert ist! Und ihr könnt seinen Untergang auch nicht verhindern! Also lasst mich in Ruhe mit diesem Land sterben! Damit wenigstens mein Tod nicht ganz ehrlos ist..." Der andere starrte ihn fassungslos an. Soviel Verbohrtheit war ja nicht zum Aushalten, von diesem unerträglichen Patriotismus mal ganz abgesehen... "DAS bezeichnest du also als ehrenvollen Tod?" entgegnete er. "Weißt du, wie ich das nennen würde? Dämlich! Das ist nicht ehrenvoll, das ist reine Blödheit! Was hast du denn nicht schon alles getan, um zu diesem Punkt zu gelangen, und jetzt willst du einfach aufgeben? Selbst dieses Kind da hat mehr Mumm als du!" Er zeigte über Vipers Schulter auf Aissa. "Und was ist mit diesem Mädel, das dich vor Enel warnen wollte? Hat sie vielleicht den Kopf in den Sand gesteckt?" Jetzt weiteten sich Vipers Augen leicht. Ihm wurde klar, dass der andere absichtlich diesen wunden Punkt getroffen hatte, um ihm sein Verhalten vor Augen zu zeigen: Laki. Selbst die junge Frau, die schwächer als die meisten der Krieger gewesen war, hatte nicht gezögert, ihn zu suchen, auch wenn sie letztendlich dafür bezahlt hatte. Auch sie... Wieder begannen seine Hände zu zittern, doch er konnte dem Schmerz jetzt nicht nachgeben. Er erkannte, dass der Fremde Recht hatte. Wenn er jetzt aufgab, war sein ganzer Kampf, sein ganzes Leben und vor allem das Bemühen der Shandia seit vierhundert Jahren umsonst gewesen. Er wollte, nein er MUSSTE weiterkämpfen! Das war er seinen Leuten zumindest schuldig. Und wenn er dabei umkam - wenigstens wusste er dann, wofür er gelebt hatte. Er nickte leicht, bevor er die dunkelgrünen Augen des Schwertkämpfers fixierte. "Na gut", sagte er. "Ich werde mitkommen. Und ich werde kämpfen! Auch wenn ich nicht verstehe, wieso gerade euch soviel daran liegt..." Der andere hob die Schultern. "Die Kleine bestand darauf. Sie scheint wohl sehr an dir zu hängen." "Im Gegensatz zu dir, nehme ich an ..." meinte Viper, und er stellte zu seinem eigenen Erstaunen fest, dass ihn die Antwort dieses grünhaarigen Schwerttypen mit dem vorlauten Mundwerk wirklich interessierte. Zorro sah ihn an und ein grimmiges Lächeln trat auf sein Gesicht. "Wenn du meine ehrliche Meinung wissen willst: Ich hasse Typen wie dich. Aber du bist ein guter Mensch, und ich will nicht, dass irgendwer am Ende wegen dir flennt! Und jetzt komm endlich!" Diese Antwort war sicher nicht das, was er erwartet hatte, doch er verlor keine überflüssige Bemerkung mehr darüber, sondern machte sich mit dem Schwertkämpfer, den restlichen Blaumeerern, Aissa und dem Ex-Gott auf den Weg. *********************************************** Jeder Krieg hat irgendwann ein Ende ... Auch dieser Krieg endete und das Land fand endlich den Frieden, den es seit vierhundert Jahren nicht mehr gesehen hatte. Und ausgerechnet die verrückten Blaumeerer hatten ihn gebracht... Es waren bereits einige Tage nach der letzten Schlacht vergangen. Viper saß am Rand der Lichtung, auf der das neue Shandia-Dorf errichtet werden sollte und sah seinen Leuten bei der Arbeit zu. Wo er auch hinblickte sah er nur Lachen und fröhliche Gesichter. Die Unterdrückung war endlich vorbei und das Volk so ausgelassen, wie noch nie zuvor. Die Blaumeerer standen natürlich im Mittelpunkt, aber er fühlte keinen Neid. Eine nie gekannte Ruhe und Zufriedenheit erfüllte ihn stattdessen und er genoß das Gefühl, nicht mehr diese ernome Belastung, die die Verantwortung für sein Volk mit sich brachte, auf seinen Schultern spüren zu müssen. Und auch der Hass, der ihn sein ganzes, bisheriges Leben lang angetrieben hatte, war erloschen und er fühlte zum ersten Mal seit langem so etwas wie Befreiung. Langsam stieß er den Rauch seiner Zigarette aus und kratzte sich dann am Oberarm. Die Verbände, die seinen Oberkörper und die Arme bedeckten, kratzten höllisch und er wünschte den Tag herbei, an dem er sie endlich wieder ablegen konnte. Doch es würde noch eine Weile dauern, bis er wieder vollständig genesen war. Immerhin musste er sich von mehreren Millionen Volt starken Stromstößen, drei Rejects, diversen offenen Wunden und zahlreichen anderen Verletzungen erholen... Aber das war es allemal wert gewesen. Er hatte endlich das Ziel erreicht - wenn auch nicht alleine... Und ganz bestimmt nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Aber das war jetzt egal. Während sich die anderen Blaumeerer ausgelassen mit den Shandia unterhielten, sah er den Schwertkämpfer näherkommen. Wie es schien, hatte er keine Lust, bei all den ihm unbekannten Leuten rumzustehen und zum wiederholten Male von dem Kampf gegen Enel zu erzählen. Entnervt wandte er sich schließlich ab und gesellte sich zu Viper. "Hallo Kämpfer", begrüßte ihn der Shandia. "Hallo Terrorist", entgegnete der andere und Viper sah ihn ein wenig ungehalten an. "Ist es denn Terrorismus, um etwas zu kämpfen, das einem rechtmäßig gehört?" fragte er. "Ich glaube nicht", antwortete der Sschwertkämpfer und setzte sich zu ihm. "Anfangs dachte ich zwar, ihr seid alle bescheuert, dass ihr hier so einen Aufruhr macht, aber inzwischen..." Er sah zu den Dorfbewohnern und seinen Freunden hinüber und konnte sich ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. "Inzwischen glaube ich, ich verstehe, was euch an diesem Ort liegt. Und das nicht erst, nachdem ich die Stadt gesehen habe..." "Das Land ist die Seele unseres Volkes", sagte Viper leise, als würde er zu sich selbst sprechen. Zorro sah ihn schief von der Seite an, sagte aber nichts. Sie verfielen beide in Schweigen, aber es war keine angespannte Stille, sondern das Schweigen zweier Menschen, die wussten, wann Worte überflüssig waren. Es war ein Schweigen gegenseitiger Akzeptanz, eine Stille mit Persönlichkeit. Niemand, der die beiden sah, hätte gedacht, dass sie sich noch vor kurzem bis aufs Blut bekämpft hatten. Es war sicher eine halbe Stunde vergangen, ehe Viper wieder das Wort ergriff. Was er nun sagen wollte, fiel ihm nur schwer auszusprechen, da er keine Übung in solcherlei Sachen hatte. Er entschied sich schließlich für die einfachste Variante - den direkten Weg. "Danke, dass du mich gerettet hast", sagte er. Zorro hob fragend eine Augenbraue. "Dich gerettet? Wann denn?" Der Shandia drehte den Kopf und sah ihn an. "Ich meine, als wir dort draußen im Dschungel standen und du mich wieder daran erinnert hast, wer ich bin..." "Ach so, DAS meinst du", sagte Zorro nach kurzem Überlegen. "Die anderen sagten nur, ich sollte mit dir reden, weil ich die Angewohnheit habe, mich so unmissverständlich auszudrücken." Er grinste leicht. "Wie es scheint, hat es geholfen, sonst wärst du wohl nicht hier..." "Ja, scheint so", engegnete Viper. "Ich bin wirklich froh darüber, doch noch am Leben zu sein. Ich habe mich nicht wie ein Krieger benommen... Der große Krieger Kargara wäre enttäuscht gewesen." "Hm", machte Zorro nur. Er schien zu überlegen, und nach einer Weile sah er den Shandia an. "Ich zeige dir mal kurz was", sagte er. Viper hob die Schultern. "Mach doch, was du-" Die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er sah, dass der Schwertkämpfer sein Hemd auszog. "Solltest du dir das nicht lieber für deine Freundin aufheben?" fragte er spöttisch, während der andere sein Oberteil über den Kopf zog. "Hä?" drang Zorros Stimme unter dem Stoff hervor, bevor er ihn endgültig abstreifte. "Wen meinst du?" "Na das rothaarige Mädel da." Viper machte eine Kopfbewegung in Namis Richtung, die gerade mit ein paar Dorfbewohnern um Vorräte feilschte. "Nami?" Die Augen des Schwertkämpfers blitzten auf und er brach in schallendes Gelächter aus. "Doch nicht diese Hexe!" entgegnete er grinsend. "Die hat lediglich eine Beziehung mit ihrem Geld. Sie ist zwar unsere Navigatorin, aber sonst... Ein Kaktus würde mich mehr anmachen - und wäre weniger stachelig, als sie." Vorsichtig begann er, den Verband um seinen Oberkörper zu öffnen und langsam abzuwickeln. "Und was ist mit der anderen Frau?" fragte Viper weiter, während er dem anderen zusah und sich fragte, WAS genau der ihm eigentlich zeigen wollte. "Robin ist ganz in Ordnung, aber sie ist mir zu alt. Außerdem verstehe ich diese Frau einfach nicht..." "Hm", machte der Shandia. Was bewegte ihn eigentlich dazu, sich mit dem Fremden ausgerechnet über dieses Thema auszulassen? Vielleicht lag es daran, dass es angenehm war, sich mit Zorro zu unterhalten. Er sagte immer frei seine Meinung heraus, ob sie anderen nun passte oder nicht. Eine Eigenschaft, die Viper sehr schätzte, allein schon, weil er sie selbst auch besaß... "Hey, kannst du mal das Pflaster da abmachen?" riss ihn Zorros Stimme aus den Gedanken. "Ich komme da nicht ran." Der Shandia zupfte das Pflaster von dem Verband auf dem Rücken des Schwertkämpers, und endlich waren auch die letzten Stoffbahnen gelöst und Zorro streifte sie ab. Vipers Augen weiteten sich unwillkürlich, als der andere sich umdrehte. Sein Oberkörper strotzte nur so vor Prellungen, blauen Flecken und kaum verheilten Wunden, auf denen sich bei einigen schon der erste Schorf gebildet hatte. Zorros Brust sah aus wie das Werk eines expressionistischen Malers oder - um es ein wenig anschaulicher auszudrücken - wie die fleckige, vielfach gefaltete Karte einer überbevölkerten Millionenstadt. Doch in all dem Gewirr aus Narben, Quetschungen und Schnitten war die große Narbe, die sich quer über seinen Oberkörper zog, nicht zu übersehen. Selbst Viper, der in seinem Leben schon Verletzungen der schlimmsten Art gesehen hatte, stockte für einen Moment der Atem. Die Wunde, die der Schwertkämpfer dort erlitten haben musste, musste gigantische Ausmaße gehabt haben. Wahrscheinlich hatte der junge Mann dabei wie aus Kübeln geblutet. Ein Wunder, dass er überhaupt noch am Leben war ... "Was ...", begann er. "Ein Kampf", sagte Zorro und fuhr nachdenklich mit einem Finger die helle Spur der Narbe nach. "Ist schon eine Weile her. Hast du schon mal von den sieben Samurai der Meere gehört? Nicht? Na ja, du warst ja auch noch nie unten... Aber egal. Jedenfalls gibt es einen unter ihnen, der Falkenauge heißt. Er gilt als der beste Schwertkämpfer der Welt. Und ich habe mir vor langer Zeit geschworen, ihn im Kampf zu besiegen. Als wir mit unserer Crew noch ziemlich am Anfang standen, sind wir ihm mitten auf dem Meer begegnet. Ich habe ihn dort zum ersten Mal herausgefordert." "Und verloren, nehme ich an", vermutete Viper. Zorro grinste. "Und wie. Der Typ war unglaublich stark. Aber weisst du, was mich an diesem Kampf wirklich genervt hat?" Der Shandia hob die Schultern. "Seine absolute Überlegenheit in jedem Augenblick des Kampfes. Ich habe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, ihm wirklich gefährlich werden zu können. Und er hätte lediglich einen Dolch benötigt, um mich umzubringen. Drei Schwerter gegen ein Messer! Noch nie zuvor habe ich so haushoch verloren." Zorros Tonfall war gelassen, als er von seiner Niederlage sprach. Der Kampf musste wirklich schon lange her sein... "Doch mein Gegner hat mich am Leben gelassen und mir versprochen, eines Tages noch einmal gegen mich anzutreten. Und bis dahin werde ich kein einziges Mal mehr verlieren." "Ich verstehe", sagte Viper. Dieser Falkenauge schien ein starker Kämpfer zu sein, dass er den anderen einfach so hatte besiegen können. Der Shandia hatte gesehen, wie Zorro kämpfte, und der war sicherlich kein Schwächling. "Nein, tust du nicht", widersprach der Schwertkämpfer und sah ihn ruhig an. "Was ich dir eigentlich mit dieser Geschichte sagen wollte, ist, dass du trotz einer Niederlage weiterkämpfen sollst. Und wenn du einmal verloren hast, dann mach es beim nächsten Mal eben besser. Als du so stumm auf der Lichtung gestanden und dich nicht mehr bewegt hast, habe ich mir schon gedacht, was in dir vorging, nachdem du Enel nicht besiegen konntest. Du hast mich an mich selbst erinnert, als ich Falkenauge im Kampf gegenüberstand. Ich wollte auch nicht wahrhaben, dass ich verlieren würde. Deshalb dachte ich, ich geige dir mal ordentlich meine Meinung, damit du nicht aus lauter Selbstmitleid auf dumme Gedanken kommst. Und es scheint, als hätte ich dabei den richtigen Ton getroffen." Er setzte ein selbstzufriedenes Grinsen auf. Viper sah ihn stumm an. Wieso nur hatte er das Gefühl, dass ihn der andere besser kannte, als er sich selbst zu kennen glaubte? Denn dass er Recht hatte, stand außer Frage. In wenigen Sätzen hatte Zorro seinen inneren Konflikt beschrieben, treffender, als er selbst es je vermocht hätte. Ihm wurde klar, dass er den Schwertkämpfer ganz falsch eingeschätzt hatte. Er war nicht einmal halb so dumm, wie er aussah. Und er war ihm ähnlicher, als er gedacht hätte... "Tja, so ist das", sagte Zorro und streifte sein Oberteil wieder über, wobei er den Verband links liegen ließ. Dann stand er auf. "Ich habe gehört, dass ihr diesen Abend wieder feiern wollt." "Das Fest ist noch lange nicht zu Ende", sagte Viper. "Na dann sehen wir uns ja heute abend wieder", meinte Zorro und reckte sich gähnend. "Entschuldige mich bitte, aber ich muss jetzt noch ein wenig Schlaf nachholen." Der Shandia sah dem anderen nur kurz nach, bevor er selbst aufstand und seinen Leuten bei der Arbeit behilflich war. Doch es wollte ihm trotz der Ablenkung nicht gelingen, die Worte des Schwertkämpfers aus seinen Gedanken zu verdrängen. *********************************************** Als die Crew der Flying Lamb am Abend zu den Feiernden stieß, brannte bereits ein riesiges Lagerfeuer inmitten der Ruinenstadt Shandoras und die Luft war erfüllt von Bratenduft, Lachen und Gesang. Alles war ausgelassen und froh, Stimmen hallten ununterbrochen durch die Straßen und der Alkohol floß in Strömen. Die Himmelsbewohner verstanden es wirklich, ordentlich zu feiern. Während die anderen um das Feuer tanzten, fingen Viper und Zorro zusammen mit einigen Shandia ein Kampftrinken an. Es dauerte nicht lange, bis sich die ersten torkelnd verabschiedeten oder gleich gänzlich ins Reich der Träume sanken, und nach und nach wurden es immer weniger, bis schließlich nur noch Viper und der Schwertkämpfer übrig waren. Da beide erfahrene und ausdauernde Trinker waren, dauerte es eine ganze Weile, bis sich die Wirkung des Alkohols bemerkbar machte. Schließlich legten sie doch eine Pause ein, nicht etwa, weil sie nicht mehr vertrugen, sondern weil sie schlicht und einfach keinen Durst mehr hatten. "Boah ey, ihr Typen versteht es echt, zu saufen!" meinte Zorro und ließ sich rückwärts mit ausgestreckten Armen auf den Boden sinken. Der Shandia sah ihn grinsend an und stellte den leeren Krug in seiner Hand zu Boden. "Ich gebe zu, dass ich euch falsch eingeschätzt habe", sagte er. "Ihr vertragt auch eine Menge... Allein eure Navigatorin trinkt schon die Hälfte unserer Krieger unter den Tisch." "Ach, Nami", winkte der Schwertkämpfer nur ab. "Wenn du sie dafür bezahlen würdest, schafft sie die andere Hälfte auch noch! Die Frau ist echt geldgeil..." Er rappelte sich auf. "Ich glaube, ich muss mal meine Blase leeren gehen. Woah!" Schwankend stand er auf. "Dabei haben wir doch nur Rum getrunken... 'Tschuldigung Kumpel, ich komme gleich wieder." "Sicher, dass du es schaffst?" fragte der andere als er sah, dass Zorro wie ein Stehaufmännchen hin- und herschwankte. "Du siehst so aus, als könntest du dir in diesem Zustand ziemlich wehtun..." Aber der Schwertkämpfer winkte nur ab. "Nee, lass mal. DAS schaffe ich noch alleine!" Viper hob die Schultern. "Na, wenn du meinst..." Kopfschüttelnd sah er zu, wie Zorro in der Dunkelheit der Straßenschluchten verschwand. Ihm selbst war auch schon angenehm schwindlig und er wusste, dass sich die ganze Welt um ihn zu drehen beginnen würde, wenn er aufstand. Also lehnte er sich an einen Felsen in seinem Rücken und stopfte ein wenig gegrilltes Fleisch in sich hinein. Während er auf einem knusprigen Stück Rieseneidechse herumkaute, sah er sich auf dem Festplatz um. Das große Lagerfeuer war zusammengesunken und es züngelten nur noch vereinzelt ein paar Flammen daraus hervor. Der Rest glühte in einem sanften Rot. Statt dem großen Feuer hatten die Himmelsbewohner jetzt viele kleine Lagerfeuer entzündet, an denen sie in kleineren Gruppen saßen und schwatzten. Außer der Langnase und dem Elch sah er dabei keinen von den Blaumeerern mehr. Vielleicht schliefen die anderen ja schon, ebenso wie viele von den Skypianern, die zwischen den Feuern lagen und ihren Rausch ausschliefen. Viper selbst verspürte kaum Müdigkeit, nur ein leichtes Schwindelgefühl. Wurde langsam Zeit, dass er weitertrank. Wo nur der Schwertkämpfer blieb? Selbst wenn sie viel getrunken hatten: SO lange konnte es wohl kaum dauern, sich zu erleichtern. Gerade als er überlegte, ob er nicht doch nach dem anderen suchen sollte, plumpste Zorro neben ihm auf den Boden und grinste zufrieden vor sich hin. Wortlos schenkte ihm der Shandia neuen Rum ein. "Muss ja ganz schön viel los gewesen sein, in den Büschen dort draußen...", bemerkte er sarkastisch. "Hä?" Verständnislos sah Zorro ihn an, dann setzte er kopfschüttelnd den Humpen an die Lippen und kippte sich den ganzen Inhalt mit einem Mal hinter. Mit einem auffordernden Blick hielt er dem Shandia den leeren Krug hin. "Noch mal, bitte!" Viper kam seiner Bitte nach und dann saßen sie schweigend auf dem Boden, wobei jeder seinen eigenen Gedanken nachhing. Immer mehr Feuer erloschen um sie herum und Dunkelheit begann sie langsam einzuhüllen. In dem schwachen Licht konnte der Shandia bald nicht mal mehr den Krug in seiner Hand sehen. Er stellte ihn ab und holte dann eine runde Muschel hervor, die er mit der Öffnung nach oben auf den Boden legte. Eine kleine Flamme tänzelte daraus hervor und warf ihren flackernden Schein auf die Gesichter der beiden Männer. Viper blickte gefesselt auf das kleine Licht hinab, das sich in seinen dunklen Augen widerspiegelte. Zorro seinerseits betrachtete nachdenklich den Shandia. "Was für eine Bedeutung haben eigentlich diese Tätowierungen?" fragte er und fuhr sacht mit einem Finger eine der dunklen Linien auf Vipers Schulter entlang. Die Berührung war ungewohnt, denn der Shandia hasste es für gewöhnlich, sich von anderen anfassen zu lassen. Doch diesmal machte es ihm nichts aus, vielleicht, weil er die rauhen Finger des Schwertkämpfers nicht als wirklich unangenehm empfand, und so ließ er ihn still gewähren. "Das ist das Zeichen der Krieger von Shandora", sagte er leise. "Jeder Mann in unserem Stamm lässt sie sich im Laufe seines Lebens eintätowieren. Sie sollen ihm Glück und Schutz im Kampf bringen und den Gegner abschrecken. Früher war es Tradition, dass sich die großen Krieger solche Tätowierungen zulegten, aber heute ist das nicht mehr so üblich..." Er blickte Zorro an, der fasziniert die Spiralen auf seinem Oberkörper nachfuhr. "Muss ganz schön wehgetan haben, sich diese Muster in die Haut stechen zu lassen..." "Nicht mehr, als die Wunden, deren Narben du trägst", entgegnete Viper. "Außerdem habe ich sie innerhalb vieler Jahre erhalten und nicht alle auf einmal. Die ersten sind mittlerweile schon fünfzehn Jahre alt..." Die dunklen, grünen Augen des Schwertkämpfers blickten ihn an. "Du hast dabei nie eine Miene verzogen, oder?" "Nein." Der Shandia schüttelte den Kopf. "Ein Krieger verbirgt immer seine wahren Gefühle, sie machen ihn verletzlich. Das ist der Grundsatz, an den wir uns schon seit Urzeiten halten..." "Bist du denn nicht verletzlich?" fragte Zorro leise. "Seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, erstaunt mich deine Art. Wann hast du eigentlich das letzte Mal eine andere Gefühlsregung außer Zorn gezeigt? Vielleicht Mitgefühl, oder Vertrauen? Oder auch mehr...?" Er grinste. "Oder hast du etwa kein Interesse an... intimeren Dingen? Schließlich bist du ja auch nur ein Mensch..." Viper antwortete nicht; er wusste nicht, was er darauf entgegnen sollte. Er verstand nicht, wieso ihm etwas an diesen Gefühlen liegen sollte. "Wenn euer Kriegerdasein bedeutet, seine Gefühle nicht mehr zeigen zu dürfen, hätte ich wahrscheinlich darauf verzichtet", sagte Zorro und wandte seinen Blick zum Himmel empor. "Weißt du, das Leben macht viel zu viel Spaß, als dass man es nur mit Kampf vergeuden sollte. Selbst wir, also Ruffy, ich und die anderen, werden zwar dauernd in irgendwelche Auseinandersetzungen verwickelt, aber wir haben dabei trotzdem immer noch 'ne Menge Spaß... Vielleicht solltest du das auch mal probieren. Ich glaube, du brauchst es schon seit langer Zeit..." Der Shandia schwieg noch immer, aber nach einer Weile lachte er leise und antwortete: "Du bist der erste Mensch, der mir das sagt. Und seltsamerweise bist du auch der einzige, dem ich dafür nicht den Kopf abreißen würde..." Der Schwertkämpfer sah ihn wieder an und grinste. "Das beweist dann ja, wie richtig ich damit liege...", murmelte er und gähnte herzhaft. Nach einer Weile sank sein Kopf gegen Vipers Schulter und kurz darauf zeigten seine leisen Schnarchgeräusche dem anderen, dass er eingeschlafen war. Viper starrte über den dunklen Festplatz, auf dem außer ihm bereits alles schlief. Da er keine Lust hatte, ebenfalls auf dem harten Boden zu übernachten und dafür am nächsten Morgen mit unerträglichen Gliederschmerzen gestraft zu werden, entschied er sich, in sein Zelt am Rand des Dschungels zurückzukehren. Er griff langsam, um den schlafenden Schwertkämpfer nicht zu wecken, nach dem brennenden Dial und löschte die Flamme, dann bettete er Zorros Kopf auf die staubige Erde und stand geräuschlos auf. Eine Weile stand er da, und nach kurzem Zögern griff er nach dem Schlafenden und warf ihn sich über die Schulter. Zwar bereitete das Gewicht des Schwertkämpfers ihm Schmerzen, doch er biss nur die Zähne zusammen und machte sich auf den Weg zu seinem Zelt. Was ihn dazu bewegte, den Schwertkämpfer mitzunehmen, konnte er nicht sagen. Vielleicht waren es dessen Worte gewesen, die ihn innerlich so getroffen hatten; vielleicht lag es daran, dass er den jungen Mann sympathisch fand. Oder vielleicht wollte er ihn auch einfach nicht auf der harten Erde schlafen lassen. Doch was es auch war, es reichte aus, ihn dazu zu bringen, sein Zelt mit dem Fremden, der ihm so merkwürdig ähnlich war, zu teilen - etwas, das er noch nie zuvor jemandem auch nur angeboten hatte. Die Worte des Schwertkämpfers sollte er nicht mehr vergessen, auch wenn er ihre wahre Bedeutung erst zu spät begreifen sollte... Ende Part 1 *********************************************** Okay, das war der erste Teil. ^^ Kommentare und Kritiken sind wie immer erwünscht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)