Anfang von abgemeldet (Anfang) ================================================================================ Kapitel 2: Anubis ----------------- Als Ishizu die Tür aufschloss, stand Odeon schon im Flur. Bevor sie überrascht fragen konnte, warum er bereits aus Luxor zurück war, schloss er sie in die Arme und sie schmiegte sich an seinen Körper und atmete tief durch. Endlich zu Hause; und damit meinte sie nicht die Wohnung sondern Odeons Umarmung. Tief sog sie seinen Duft in sich auf. Er roch nach Wüste, nach Geborgenheit, nach Stärke. Odeon hielt Ishizu fest umschlungen und war fest entschlossen, sie nicht loszulassen. Er hatte sofort ihre Erschöpfung wahrgenommen. Es war wohl ein besonders harter Tag im Ministerium gewesen. Er selbst war zeitiger aus Luxor wiedergekommen, während Marik dort noch einen Auftrag zuende führte. Er hatte Ishizu vermisst, ihre Sanftheit, ihre Bestimmtheit... Sanft strich er ihr übers Haar. "Was war denn los?" fragte er leise. Ishizu seufzte: "Im Ministerium gab es heute eine Diskussion über einen Antrag für eine Grabung im Inepewe-Tal. Eine Gruppe von amerikanischen und japanischen Ägyptologen will dort nach dem Grab des Anubis graben." Odeon horchte auf. Ishizu nickte: "Richtig. Pharao Atemu hat ihn vor 5000 Jahren dort versiegelt, weil er versucht hat, mit Hilfe der Pyramide des Lichts die Welt zu zerstören. Die Gefahr, die eine Wiederaufstehung von Anubis bedeuten würde, habe ich auch versucht, den Beamten im Ministerium zu erklären. Völlig zwecklos. Wer glaubt heutzutage noch an Magie! Der Antrag wurde genehmigt und jetzt können wir nur noch hoffen, dass sie das Grab nicht finden. Sie haben zum Glück nur eine sehr ungenaue Ortsbeschreibung auf einer Stele." Sie ließ ihre Stirn wieder gegen Odeons Brust sinken und schlang die Arme um seine Taille. "Vielleicht können wir Marik mit hinschicken, damit er das Schlimmste verhindert." Odeon schloss tröstend seine Arme um Ishizu. Sie war sein ganzes Sein und er wollte alle Sorgen von ihr fernhalten. Sie hob den Kopf, schaute ihn eine scheinbare Ewigkeit an mit diesen mitternachtsblauen Augen, die bis auf den Grund seiner Seele schauen zu können schienen, und zog dann seinen Kopf zu sich herunter, um ihn zu küssen. Ihre Lippen schmeckten so süß und das Gefühl, ihren weichen Körper an seinem zu spüren, erfüllte Odeon mit tiefem Frieden. Egal, was kommen würde, sie war bei ihm und er würde nicht zulassen, dass ihr etwas passierte. *** Vier Wochen später war der Umzug in vollem Gange. Marik hatte ein Zimmer bei einer älteren Dame gefunden. Er war sowieso nur selten da. Im Moment allerdings hatte er gerade keinen Auftrag, da die Forscher, die das Grab des Anubis suchten, seine Hilfe abgelehnt hatten. Ishizu und Odeon zogen an den Rand von Kairo. Nachdem sie ihr ganzes Leben mit nur wenigen anderen zusammen unter der Erde verbracht hatten, war die Innenstadt ein zu hektisches und lautes Pflaster, um sich dort länger wohlzufühlen. Odeon liebte die Abende in der neuen Wohnung. Die untergehende Sonne tauchte die Wüste in ein Meer aus Feuer. Zuerst waren nur die Spitzen der Dünen in ein zartrosa getaucht, aber sehr schnell breitete sich ein roter Schleier über die unendliche Weite. Und wenn es windig war, sah es aus, als würden die Schleier der Abendröte die Stadt umspielen. Drei Wochen nach dem Umzug klingelte abends das Telefon. Das Display zeigte die Nummer des Ministeriums an, obwohl dort normalerweise abends niemand mehr war. Ishizu nahm ab und lauschte. Alsbald wurde Odeon gewahr, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich. Erschrocken eilte er zu ihr. Als Ishizu aufgelegt hatte, schaute sie ihn besorgt an. "Sie haben es gefunden, das Grab des Anubis." flüsterte sie. "Neben dem Sarkophag, der an die Wand gekettet war, haben sie eine Geheimtür entdeckt, die in einen Raum führte, wo sie eine kleine Pyramide gefunden haben. Das Ministerium hat angerufen, um mir mitzuteilen, dass das Grab sehr instabil ist. Es ist eingestürzt. Mindestens zehn Tote. Sie graben jetzt erneut an der Stelle, um den Sarkophag und die Pyramide zu bergen. Diese Toren!" Sie stöhnte verzweifelt. "Ich muss unverdingt verhindern, dass sie die Relikte bergen." Die Nacht war unruhig. Ishizu bekam kein Auge zu, weil sie ständig auf neue Nachrichten wartete und Odeon zerbrach sich den Kopf, wie er ihr helfen könne. Er würde hinfahren, ob seine Anwesenheit dort nun erwünscht war oder nicht. Im Notfall würde er zumindest die Pyramide des Lichts verschwinden lassen oder zerstören können. Am nächsten Morgen brach Ishizu zeitig ins Büro auf. Sie hatte Odeon davon überzeugt, mit einer Abreise zum Inepewe-Tal noch zu warten, bis sie mit dem Ministerium gesprochen hatte. Unruhig wartete Odeon. Er war wütend, weil niemand Ishizu glaubte. Sahen diese Idioten denn nicht, dass sie die Wahrheit sagte? Jeder musste doch sehen, dass solche Augen nicht lügen konnten. Seine Gedanken schweiften ab. Manchmal konnte er immer noch nicht glauben, dass Ishizu sich für ihn entschieden hatte. Obwohl seine Loyalität nach wie vor auch Marik galt, würde er für sie alles tun. Das Geräusch eines Schlüssels, der sich im Schloss drehte, riss ihn aus seinen Gedanken. Ishizu war wieder da. Odeon umarmte sie und küsste sie innig, bevor sie etwas sagen konnte. Nachdem er sie eine kleine Ewigkeit lang umschlungen gehalten hatte, löste sie sich langsam von ihm. Er schaute sie prüfend an und realisierte sofort, dass etwas passiert war. Sie wirkte vollkommen beherrscht und wie eine Frau, die genau wusste, was sie tun musste. Sie ging ins Schlafzimmer, holte eine kleine Reisetasche aus dem Schrank und begann zu packen. "Ishizu?" fragte Odeon vorsichtig. Wollte sie etwa gehen? Warum? Wohin? "Wir fahren." antwortete sie. "Ich habe gekündigt. Wir werden jetzt ins Inepewe-Tal fahren und uns um Anubis kümmern, bevor diese Ignoranten ihn aus Versehen wiedererwecken." Odeon schnappte sich ebenfalls eine Tasche und warf ein paar Sachen hinein. Da sie nicht mehr Angestellte beim Ministerium war, würden sie für das Betreten der Ausgrabungsstelle eigentlich eine Genehmigung benötigen, aber durch Marik hatten sie gute Kontakte. Sie würden auch so hineinkommen. Bevor sie die Wohnung verließen, zog Odeon Ishizu nochmal an sich und küsste sie. Sie blickte ihn liebevoll an. *** Odeon betrachtete Ishizu besorgt, die aus dem Fenster auf die Landschaft unter ihnen starrte. Sie wirkte ganz ruhig, aber er wusste, dass sie sich große Sorgen machte. Als sie im Inepewe-Tal angekommen waren, waren die Archäologen schon weg gewesen. Durch Nachfragen bei Kontaktleuten hatten sie erfahren, dass sie auf dem Weg nach Japan waren, wo die Fundstücke, darunter auch der Sarkophag und die Pyramide ausgestellt werden sollten. Jetzt saßen sie im Flugzeug nach Tokio, um das Schlimmste zu verhindern. Die Nähe des Milleniumspuzzles zur Pyramide des Lichts war zu gefährlich. Und Odeon konnte nur hoffen, dass Ishizu nicht irgendetwas Dummes tat, so wie z.B. ihr Leben zu riskieren. Das würde er nicht zulassen. Und wenn er sie gefesselt einsperren müsste. Er würde sich um diese Sache kümmern. Es war seine Aufgabe, sie zu beschützen. Entschlossen plante er seine nächsten Schritte. Hoffentlich ahnte Ishizu nichts davon. Nach der Landung eilte Ishizu so schnell zum Ausgang, dass Odeon kaum hinterherkam. Plötzlich jedoch blieb sie stehen und starrte auf den Fernsehbildschirm, der in der Halle hing: "Heute Nachmittag wurde der Battle-Dome der Kaiba Corporation unter ungeklärten Umständen schwer beschädigt. Es gab jedoch keine Verletzten. Zeugen berichten, einen blauen Lichtstrahl beobachtet zu haben, der von der Arena aus in die Höhe gestiegen sei. Der Firmeneigner Seto Kaiba verweigert eine offizielle Stellungsnahme." Ishizu lief zum Telefon und wählte eine Nummer. Odeon vernahm nur ihre kurze Fragen: "Ich habe gerade die Nachrichten gehört. Was ist passiert?... Und die Pyramide?... Seid ihr sicher?... Gott sei Dank!... Ja, bis bald." Sie legte auf und wandte sich zu ihm um. Eine kleine Ewigkeit schaute sie ihn ernst an. Doch dann breitete sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus und sie umarmte ihn. "Es ist vorbei. Die Pyramide ist zerstört. Anubis gebannt. Yugi hat das Duell gewonnen." erklärte sie ihm freudestrahlend. Während Odeon die Arme um sie schlang, dachte er, das dieser Kleine mit der Steckdosenfrisur manchmal doch ganz nützlich war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)