Antons Reisen von Yeo ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Kapitel 9 Es ist einer der letzten Apriltage. Das Wetter ist ungemütlich, aber der April macht schließlich, was er will, wie man so schön sagt. Im städtischen Museum gab es heute eine große Premiere. Zum ersten Mal wurde die Ausstellung zum Thema "Werkzeuge des Mittelalters" der Öffentlichkeit präsentiert. Gegen 17 Uhr schließt auch Anton, ein junger Mann, der extra wegen diesem Ereignis mit dem Bus angereist ist, seine kulturelle Weiterbildung ab. Er befindet sich in seinen vorgezogenen Sommerferien, im Juni will er sein Jurastudium antreten. Eigentlich könnte er diese Zeit nutzen, um sich endlich einmal auszuruhen, doch das liegt ihm nicht, weshalb er auch jeden Tag fleißig die Aufzeichnungen auswendig lernt, die einst sein Vater bei dessen Studium gemacht hat. Direkt um die Ecke befindet sich ein Café, das glücklicherweise auch Fencheltee führt - Antons Lieblingsgetränk. Zwar schmeckt ihm der Tee nicht, doch er weiß genau, dass es kaum etwas gesünderes gibt. Auf der Speisekarte sieht der junge Mann, was noch so angeboten wird - lauter ungesunde, kalorienreiche Sachen, von denen er eigentlich gar nichts hält. Doch irgendwie bekommt er plötzlich Lust auf ein Stück Kuchen - und das, obwohl er zum Mittag erst ein Diäteis und Gartensalat hatte, den er zwar nicht aufgegessen hat, was aber nicht schlimm war, da er sich bereits gesättigt fühlte und wenn man satt ist, soll man sich nicht sinnlos weiterhin vollstopfen. Doch bevor er sich versieht, sitzt er da mit einem Cappuccino und einem leckeren Bienenstich. "Was mach ich denn hier?", fragt sich Anton, während er genüsslich seine Leckereien verschlingt. Unnötig übersättigt, aber irgendwie glücklich, begibt sich Anton auf den Weg zur Bushaltestelle, wo gegen 18 Uhr die Rückfahrt anzutreten ist. Auf halben Weg spürt er einen kräftigen Druck auf seiner Blase, was wahrscheinlich auf den Cappuccino und das feuchte Wetter zurückzuführen ist. Er muss ganz dringend aufs Klo - doch nirgendwo scheint es eine öffentliche Toilette zu geben, die seinen hohen hygienischen Ansprüchen gerecht wird. Um ihn herum sind zahlreiche Parkbäume, die sicher nur dazu angepflanzt wurde, um von jemanden bepisst zu werden, aber das ist nicht Antons Stil. Vorn an der Straße befindet sich eine Tankstelle, in der es garantiert Toiletten gibt, was aber Antons Ekel anregt, da er schon bei dem bloßen Gedanken an den widerlichen Gestank, dem er dort ausgesetzt sein würde, dem Übergeben nahe ist. "Da piss' ich doch lieber an den Baum", denkt sich Anton und uriniert unter den anklagenden Augen zweier Rentnerinnen, die sich ein paar Meter weiter vom Enten füttern entspannen wollten, direkt in die Natur. Für Anton eine ganz neue Erfahrung. Um zur Bushaltestelle zu gelangen, muss die vierspurige Straße überquert werden. Zum Glück hat sich der erleichterte Anton gemerkt, wo die Bibliothek war - so wusste er auch in etwa, wo er hin musste, wenn er seinen Bus noch rechtzeitig erwischen wollte. Ohne großartig den Verkehr zu beachten, spurtet Anton einfach hastig über die erste Hälfte der Straße. Auf dem Mittelstreifen angekommen, sieht er, dass nur noch einer dieser lästigen Motorradfahrer seiner endgültigen Überquerung im Weg ist. Ohne überhaupt erst daran zu denken, den unbekannten Verkehrsteilnehmer vorbeizulassen, rennt Anton los und schneidet dem Heranfahrenden den Weg ab. Dieser wird zur Vollbremsung gezwungen, so dass er plötzlich quer auf der Straße steht. Ein Haufen Metallschrott kommt vom Himmel geflogen und erschlägt den Motorradfahrer. Er ist sofort tot. Anton erschrickt bei dem lauten Knall hinter seinem Rücken, dreht sich um und mustert spartanisch die Situation. "Was für eine peinlich Art abzukratzen", denkt er sich mit einem verschmitzten Lächeln, bevor er sich wieder abwendet und mit Spurtschritt die Bushaltestelle anvisiert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)