Für einen Freund durch die Hölle von Nessi-chan ================================================================================ Kapitel 15: Der drohende Abstieg -------------------------------- Endlich mal ein Fortschritt! Naja, zumindest ein neues Kapitel. ********************************************* Der drohende Abstieg Das erste, was Takeshi wieder wahrnahm, war das rhythmische Piepsen des EKG-Geräts. Eine Weile konzentrierte er sich auf diesen Ton, bis er sich im Stande glaubte, die Augen zu öffnen. Das Licht war entschieden gedämmter als in seinem vorherigen Zimmer und einfach alles, was er soweit wahrnehmen konnte, schien völlig steril. ‚Intensivstation – höchste Stufe.’, realisierte er bedrückt und versuchte sich zu erinnern, wie er hierher gekommen war. Doch in dem Moment, als er den Kopf drehen wollte, um mit seinem Signalschalter eine Schwester oder am besten Aiko zu rufen, stellte er fest, dass er seinen Kopf gar nicht bewegen konnte. Unter Bemühung all seiner momentanen Kraft führte er seine rechte Hand an den Hals, um den Grund herauszufinden. Was er ertastete, fühlte sich wie eine Art Fixierungsvorrichtung an, die um seinen Hals gelegt war und seinen Kopf stützte. Aber warum war er in ein solches Gerät gespannt worden? Das war bisher noch nie vorgekommen. ‚Ist das Geschwür etwa schon so groß, dass es mein Genick schädigen könnte, wenn ich normal liege?’ Auf Grund der nachlassenden Kraft ließ er seine Hand wieder sinken, als er hörte, dass jemand den Raum betrat. „Hallo?“, fragte er und erschrak vor der Schwäche seiner eigenen Stimme. „Takeshi? Du bist wach?“ Zu seiner Erleichterung vernahm er Kojiros Stimme. „Ja.“ Takeshis Stimme war leise und immer noch sehr kratzig, doch mit einem aufmunternden Lächeln wartete er, bis Kojiro in sein eingeschränktes Blickfeld trat. „Wie lange hab ich geschlafen?“ „Knapp einen Tag.“, antwortete Kojiro und rückte einen Stuhl an das Bett seines Kameraden. „Du hattest im Flur einen Kreislaufzusammenbruch, aber Dr. Kazuhara meint, für deinen Zustand sei das nichts Ungewöhnliches.“ „Aber meine Eltern haben der Spende zugestimmt – das hab ich doch noch richtig in Erinnerung, oder?“, fragte Takeshi nach. Kojiro nickte. „Ja und auch meine Mutter hat nach der Aufklärung sofort ihr Einverständnis gegeben. Sie haben mir gestern noch etwas Blut abgenommen, um alle nötigen Tests durchzuführen, aber sonst ist alles geregelt.“ „Das ist gut.“, seufzte Takeshi erleichtert, bemerkte aber plötzlich, wie ein Zittern anfing, seinen gesamten Körper zu schütteln. „Takeshi?“ Kojiro stand auf und beugte sich besorgt über seinen jungen Kameraden. „Was hast du? Frierst du?“ „Nein, jedenfalls nicht wirklich.“, antwortete Takeshi, doch das Zittern hatte sich auch auf seine Stimme ausgewirkt. „Durch die Krankheit ist mein Körper so geschwächt, dass er die einfachsten Prozesse nicht mehr kontrollieren kann. Ich nehme an…“ Takeshi tastete unter der Decke nach und nickte dann. „Ja, deshalb haben sie auch vorsichtshalber schon den Katheter gelegt, um mir die Peinlichkeit der Meldung zu ersparen. So langsam schafft er die Regulierung der Körpertemperatur bzw. das Empfinden nicht mehr richtig – und die Muskelkontrolle auch nicht. Deshalb dieses Zittern.“ „Verstehe.“ Wieder nickte Kojiro, doch er traute dem Frieden offenbar nicht ganz. „Kann ich nicht trotzdem was für dich tun? Eine zusätzliche Decke holen oder so?“ „Nicht nötig.“, lehnte Takeshi ab. „Das wird schon. Außerdem tust du schon das Größte, was man für mich tun kann: Du gibst mir eine Chance – eine Chance zu beweisen, dass mein Kampf nicht all die Jahre lang umsonst war. Dafür kann ich dir gar nicht genug danken…“ „Takeshi?“ Er hörte mit immer stärkerem Hallen, wie Kojiro seinen Namen rief. „Takeshi!“ Und im Hintergrund das schrille Alarmpiepsen des EKG-Geräts. Plötzlich war wahnsinnig viel Hektik im Zimmer. Takeshi stand am Fenster und sah auf sich und die zwei Ärzte und die Schwester, die um sein Bett standen und Rettungsmaßnahmen einleiteten. ‚Das ist also eine Nahtodeserfahrung.‘, stellte Takeshi fest und war erschrocken über seine eigene Nüchternheit. Dann glitt sein Blick von seinem im Bett liegenden Ich weg und wandte sich Kojiro zu, den Aiko gerade aus dem Zimmer zog. Takeshi wusste zwar nicht, ob es ihm möglich war, ihnen zu folgen, aber er versuchte es. Tatsächlich konnte er durch die geschlossene Tür treten und befand sich mit den beiden auf dem Flur der Intensivstation. „Was – was passiert da?“, fragte Kojiro beinahe hysterisch und deutete auf die Tür zu Takeshis Zimmer. „Keine Sorge, die Kollegen werden ihn schon stabilisiert kriegen.“, beruhigte Aiko soweit. „Aber ich befürchte, er fällt ins Koma.“ „Ins Koma?“, wiederholte Kojiro schockiert und starrte wieder auf die Tür. „Ja.“, bestätigte Aiko ihre vorherigen Worte, bevor sie Kojiro an den Schultern packte und so seine Aufmerksamkeit erzwang. „Und deshalb wirst du jetzt zum Zimmer 112 auf dieser Etage gehen.“ „Aber ich kann doch nicht…“ „Du wirst da jetzt hingehen.“, wiederholte Aiko scharf. „Dort wird man dich auf die Spende vorbereiten.“ „Sind denn die Testergebnisse schon fertig?“ „Nein, aber wir haben einfach keine Zeit mehr.“ Nun sah auch Aiko durch die halb heruntergelassenen Jalousien des Zimmers. „Es ist allein Sawadas Lebenswillen zuzurechnen, dass er bis jetzt stabil geblieben ist, aber das da ist ein verzweifeltes Aufbäumen seines Körpers. Er ist am Ende seiner Kräfte, wir haben keine Zeit mehr. Wenn wir jetzt nicht handeln, dann werden wir nie wieder die reelle Chance dafür haben. Verstehst du?“ „Klar.“ Kojiro nickte fest. „Ich gehe dann. Zimmer 112?“ „Ja, 112 auf dieser Etage.“ „Ich beeil mich.“, versprach Kojiro, sah aber noch mal durch das Fenster zu seinem um sein Leben kämpfenden Weggefährten. „Keine Angst, Takeshi. Ich beeil mich.“ Dann lief er schnell den Gang hinunter. ‚Ich hab keine Angst.‘, schickte Takeshi ihm stumm nach. ‚Ich vertraue dir – euch.‘ Plötzlich spürte er einen Sog, der ihn ins Zimmer und auf sein im Bett liegendes Ich zuzog. Er zwang ihn in die Rückenlage und alles um ihn herum wurde immer dunkler. „Wir haben ihn wieder.“, war das letzte, was er hörte. „Aber er ist komatös.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)