Für einen Freund durch die Hölle von Nessi-chan ================================================================================ Kapitel 12: Die Aussprache -------------------------- Ich will eigentlich nicht viel sagen, nur: Diese Story soll keinen Shounen-ai werden!!! Sollte der Eindruck entstehen, dann "sorry", er ist ungewollt. Trotzdem viel Spaß beim Lesen. eure Nessi-chan ***************************** Den ganzen Vormittag hatte Takeshi weder etwas von seiner Mutter noch von Aiko gesehen oder gehört und diese Ungewissheit fraß an ihm. Essen konnte er nicht, aber sich auf etwas anderes zu konzentrieren oder gar zu schlafen erschien auch unmöglich. ,Wenn ich nicht bald weiß, ob ich mit Kojiro reden kann, werde ich wahnsinnig!' Um sich zur Ruhe zu zwingen, schaltete Takeshi per Fernbedienung die kleine Anlage ein und sah aus dem Fenster. Im Radio lief ein langsames Lied irgendeiner Mädchenband. "I'm going through good and bad times, working hard to live my dreams and I don't know if it is the right way, I changed my life in so many ways." ,Wie wahr!', dachte Takeshi. ,Gute und schlechte Zeiten haben Kojiro und ich zusammen erlebt und doch hab ich ihm diese wichtige Sache immer verschwiegen. Ob das wirklich richtig so war, bis jetzt?' "In moments of fear and darkness you covered me with light and hope." Auch das konnte Takeshi nur bestätigen. Gerade als er neu nach Toho gekommen war, hatten ihn alle geschnitten. Mit dem Kleinen, der sich da in ihre Mannschaft drängte, wollte keiner etwas zu tun haben. Doch Kojiro, wie auch Ken, aber vor allem Kojiro, hatte zu ihm gestanden, hatte der Mannschaft gedroht, alles hinzuschmeißen, wenn sie ihm, Takeshi, nicht die gleiche, faire Chance, sich zu bewähren, geben würde. Nachdem Takeshi ihm einmal seinen Kampfeswillen bewiesen hatte, hatte Kojiro ihm immer vertraut und ihn daran nicht eine Sekunde zweifeln lassen. "Sometimes - I wonder if I had - made it without... The way you love me and support me Makes me know we'll never part. The way you touch me deep in my soul, that's the reason you're in my heart." Nun musste Takeshi ernsthaft schlucken und schaltete die Anlage wieder aus. Besser hätte man es nicht formulieren können. Kojiro und er waren fast von Anfang an mehr als nur Fußballkameraden gewesen. Kojiro war wie ein großer Bruder für Takeshi, der ein Vorbild war, ein Beschützer sein konnte, aber einfach jemand, dem man sich mit Leib und Seele anvertrauen konnte. Dasselbe galt umgekehrt. Oft hatte Kojiro ihn, gerade in den letzten Wochen, alleine sprechen wollen, sei es, dass er sich einfach Luft über den Trainer machen musste, seien es Vorfälle in seiner Familie oder Mädchen, die ihn umschwärmten, Kojiro hatte Takeshi alles erzählt. Und er hatte ihn so hintergangen! "Kojiro...", flüsterte Takeshi leise. "Ja?", kam es ebenso unsicher aus seinem Rücken. Takeshi fuhr herum. Er hatte die ganze Zeit mit dem Rücken zur Tür gelegen und gar nicht bemerkt, dass Kojiro tatsächlich reingekommen war. Doch da stand er. Etwas verunsichert sah er aus, etwas verloren, wie er da so im Trainingsanzug an der Tür stand. "Du bist wirklich hier." Eine bessere Feststellung war Takeshi im Moment nicht in der Lage zu treffen, doch Kojiro beendete diese peinlich-distanzierte Lage, indem er sich einen Stuhl ans Bett zog und sich einfach zu Takeshi setzte. "Wie geht es dir?", fragte er mit ruhiger Stimme, nur seine Augen zeigten Takeshi Unruhe und Sorge. "Nun, man würde wahrscheinlich sagen ,den Umständen entsprechend' gut." "Und was heißt das?" "Das heißt, sie pumpen Medikamente in mich rein und hoffen, dass es aufhört zu wachsen." "Es?", fragte Kojiro nach. "Dass was aufhört zu wachsen?" "Das hier." Takeshi tastete nach Kojiros Hand und führte sie in seinen Nacken, zu der Stelle, wo man das Geschwür am deutlichsten spüren konnte. "Fühlst du das?" Kojiro nickte. "Hat das deinen Zusammenbruch verursacht?", fragte er. "Auch.", antwortete Takeshi. "Aber eigentlich ist es nur das Ende einer langen Geschichte." "Ich hab Zeit." Kojiro sah ihn abwartend, aber nicht ungeduldig an. Takeshi setzte sich ein bisschen auf, wobei Kojiro ihn etwas stützte, atmete noch einmal tief durch und begann zu erzählen: "Das Ganze ist eigentlich eine Knochenmarkskrankheit. Das Knochenmark verändert sich und greift entweder die Knochenstruktur selbst an oder bildet, wie jetzt, Geschwüre aus. Wodurch es genau ausgelöst wird, wissen die Ärzte noch nicht und auch die Therapien sind noch nicht sicher. Ich bin mit diesem Los auf die Welt gekommen und eigentlich gaben mir die Ärzte auch nur etwa 5-6 Jahre Zeit zu leben." Entsetzen war in Kojiros Blick getreten. ,Ja.', bestätigte Takeshi gedanklich. ,Hätten sie Recht behalten, hätten wir uns niemals kennen gelernt.' "Dr. Kazuhara, die auch auf dem Spielfeld war, hat mich von Geburt an betreut. Eigentlich sollte ich körperlich so wenig wie möglich machen, um nicht durch irgendwas meine Krankheit voranzutreiben, doch als ich so 3 oder 4 war, hat mein Vater von einem seiner Kunden einen Fußball geschenkt bekommen und ich konnte meine Finger nicht davon lassen. Heimlich hab ich immer mit dem Ball gespielt und das Ganze ist erst rausgekommen, weil meine Testergebnisse immer besser wurden. In der Zeit, als meine Mutter mir den Ball aus Sorge weggenommen hatte, stiegen die Werte wieder kritisch an. So kam ich zum Fußball und deshalb haben sich meine Eltern auch dafür eingesetzt, dass ich früher als üblich bei Meiwa in die Mannschaft eintreten konnte. Keiner kann mir sagen, warum, aber solange ich Fußball gespielt hab, ging es mir besser. Die Werte waren okay und ich konnte mit der Injektion meines Medikaments normal leben." "Der Trainer hat so was gesagt, wie, dass du die Mannschaft nach diesem Spiel sowieso verlassen hättest." Takeshi nickte. "Warum dann das?" "Nun ja, die Therapien sind zwar noch keine Regel, aber es hat sich ein Verfahren der Knochenmarktransplantation bewährt, in dessen Programm ich nun aufgenommen wurde. Während dieser Therapie hätte ich natürlich nicht spielen können." Kojiro nickte, sagte aber nichts. "Ich konnte es dir nicht sagen.", flüsterte Takeshi. "Du warst also von Anfang an krank, seit wir uns kennen.", stellte Kojiro fest und senkte den Kopf. "Ja, und auch schon davor." Takeshi beugte sich zu Kojiro, drehte dessen Kopf zu sich und zwang ihn, ihn anzusehen. "Kojiro, bitte glaub mir eines: Es ist nicht so, dass ich es dir nicht gesagt habe, weil ich dir nicht vertraue. Ich will auch nicht behaupten, dass es nie den richtigen Zeitpunkt gab, es dir zu sagen, ich habe ihn wahrscheinlich nur verpasst oder wollte ihn vielleicht auch verpassen. Zu Anfang wollte ich es nicht sagen, weil ich mich als normales Mitglied der Mannschaft so wohl gefühlt habe. Ich wollte durch meine Leistung auffallen und nicht durch irgendwelche Sonderbehandlungen, weil ich krank bin. Bemitleidet und wie ein rohes Ei behandelt wurde ich genug. Es war einfach so ein unbeschreiblich schönes Gefühl, mal nicht ,unnormal' zu sein. Besonders du hast mir dieses Gefühl gegeben. Du hast mich anerkannt und zwar nicht auf Grund meiner Krankheit. Tja, und später habe ich mich nicht mehr getraut, dir die Wahrheit zu sagen, weil ich mich vor deiner verständlichen, ablehnenden Reaktion gefürchtet habe, wenn du erfährst, dass ich unsere ganze Freundschaft auf einer Lüge aufgebaut habe. Ich hatte einfach Angst, dich zu verlieren. Bitte glaub mir das, denn mehr, als dir dies sagen, kann ich nicht." Wieder trat Stille ein. "Ist deine Krankheit denn mit dieser Therapie heilbar?", fragte Kojiro schließlich, ohne auf Takeshis Ausführung einzugehen. "Ja, aber um es zu operieren, müssen sie zunächst einen geeigneten Spender finden.", erklärte Takeshi. "Meine Eltern sind nicht kompatibel, leider, und einen fremden Spender zu finden, der passt, ist sehr schwierig. Fest steht nur: Wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist ein Spender gefunden wird, dann werde ich eine danach folgende Operation auf Grund der Ausweitung des Geschwürs aufs Gehirn wohl nicht überleben." Kojiro presste die Lippen zusammen. Dann griff er plötzlich nach Takeshis Hand und sah ihn direkt an. "Ich dachte mir schon auf dem Spielfeld, dass es was Ernstes ist. Aber ob du es mir nun gesagt hast oder nicht, darum geht es gar nicht. Ich hatte Angst, Sawada. Angst, dass ich daran Schuld bin, wenn dir jetzt etwas passiert, Angst, dich zu verlieren. Deshalb will ich alles tun, was ich kann, damit du schnell wieder gesund wirst, damit wir bald wieder zusammen Fußball spielen können. Wir sind doch das Goldene Duo von Toho. Und... außerdem brauch' ich dich auch, Sawada, Krankheit hin oder her. Mir war seit dem Tod meines Vaters nie mehr ein Mensch so wichtig im Leben und deshalb darfst du nicht aufgeben! Wir schaffen das! Wir haben doch bisher alles zusammen geschafft. Bitte lass mich nicht allein!" Takeshi spürte die Tränen heiß in seinen Augen. Kojiro schien die Vergangenheit und diese alte Lüge egal zu sein, ihm ging es um die Zukunft, darum, dass sie beide ihr Leben wie bisher weiterleben konnten. Kein Vorwurf, keine Gekränktheit, nur diese Sorge und dieser unbändige Wunsch, diese verdammte Krankheit zu besiegen. "Ja," brachte Takeshi schluchzend hervor, "ja, wir schaffen das." Kojiro hatte sich nun zu ihm aufs Bett gesetzt und nahm ihn in den Arm. Dieses Gefühl von Geborgenheit war unbeschreiblich. "Ich bin so froh, dass du da bist." Takeshis Worte waren zwar kaum hörbar, doch Kojiro musste es mitbekommen haben, denn er streichelte ihm über den Rücken und flüsterte: "Ich lass dich nicht allein, niemals." Dann löste er sich und ließ Takeshi sich wieder bequem hinlegen. "Höchstens jetzt für 5 Minuten," fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu, "um dieses Krankenhaus nach was Essbarem unsicher zu machen. Hast du auch Hunger?" Takeshi nickte lächelnd. Das Magenknurren war nicht zu leugnen. "Na dann!" Kojiro sprang auf und war schon bei der Tür, als er sich noch mal umdrehte. "Und wehe, wenn das Lächeln nicht mehr da ist wenn ich wiederkomme! Das ist nämlich gesund!" Dann war er auch schon verschwunden. Doch das Lächeln blieb. Takeshi sah an die Decke, wischte sich noch die Augen trocken und musste wieder an das Lied von vorhin denken. "The way you feel me and make me smile, that's the reason you're in my heart." ,Ja, das ist unser Slogan.', dachte Takeshi. ,Und so werden wir jeden, auch diese Krankheit, besiegen.' Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)