Alles beginnt mit der Sehnsucht von abgemeldet
((Geheimnisvolle Freundinnen))
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Kapitel 19: Von Unfällen und nervigen Spielen
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Disclaimer: Alles gehört J.K. Rowling - bis auf Sam, Amy, Vic u.w erfundene
Personen. Außerdem verdienen wir kein Geld mit unserer Fanfic.
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"Am Ende siegt immer die Wahrheit. Doch leider sind wir erst am Anfang."
Zarko Petan
Am Fuß der Treppen entließ Draco Sam wieder seiner Stütze und hauchte ihr
einen Kuss auf die Lippen.
"Ich glaube, es wäre besser, wenn wir getrennt hinein gehen. Nicht, dass jemand
auf falsche Gedanken kommt."
"Klar", sagte sie lächelnd.
Sie bückte sich und fummelte an ihren Schuhen rum.
"Was wird denn das?"
Er beobachtete das blonde Mädchen und staunte nicht schlecht, als sie
schließlich ihre Schuhe von den Füßen zog.
"Glaubst du etwa, ich tu mir den ganzen Weg noch mal in diesen Schuhen an?",
meinte sie keck.
Einmal mehr musste er ungewollt breit grinsen.
"Also wir sehen uns, Schatz", meinte sie süß und drückte ihm noch einen Kuss
auf den Mund.
Dann noch einen und noch einen.
Nach einem letzten leidenschaftlichen Kuss, lief Sam dann mehr oder weniger
elegant bloßfüßig die Steintreppe hinauf. Aber nicht ohne sich noch ein
letztes Mal umzudrehen und ihm ihr Lächeln zu schenken.
Mit ungebändigter Sehnsucht sah er ihr nach und bereute es nahezu, sie gehen
gelassen zu haben.
"Es kommt schon noch der richtige Zeitpunkt", flüsterte er zu sich selbst und
disapparierte nach einigen Minuten schließlich.
~*°*~*°*~
"Da bist du ja endlich", sagte Amy erfreut, als Sam bei ihr an der Bar eintraf.
"Ja", sagte Sam lediglich und ließ sich auf einen Barhocker sinken. "Wo sind
die anderen?"
"Also, Harry, Ron, Bill und George sind mit der letzten Fahrt des Fahrendes
Ritters gefahren. Und Vic ist schon vor zehn Minuten nach draußen gegangen um
ein Zigarette zu rauchen", sagte Amy müde.
"Eine Zigarette ... wie witzig. Wenn ich den Tag erlebe, an dem Herr Victor
bloß eine Zigarette raucht ... naja. Wer fährt denn nun noch mit?", murmelte
Sam in ihren nicht vorhandenen Bart hinein.
"Adrian Pucey", seufzte die Schwarzhaarige. "Sam, wieso hast du deine Schuhe in
deinen Händen? Sollten die nicht an deinen Füßen sein, Liebste?"
Amy lachte herzhaft.
"Nieder mit den Absätzen!"
Das war das letzte, das Sam an Worten zusammen brachte, bevor sie vom Hocker
rutschte und beinahe die gesamten leeren Gläser und frischen Getränke, die Vic
und Amy in der Zwischenzeit bestellt hatten, mit hinunter gefegt hatte.
Amy half ihrer Freundin rasch wieder auf die Füße und entschied sich
kurzerhand gleich von hier zu verschwinden. Sie bezahlte noch schnell mit den
Galleonen, die Vic ihr gegeben hatte und bugsierte sich dann mit einer sehr
erheiterten Sam, an der Bar vorbei, in Richtung Garten.
Es strengte Amy mehr als nur an, ihre Freundin aufrecht zu halten und nicht zur
Seite hin wegzukippen.
Vic und Pucey warteten schon. Sie saßen am Sockel einer der beiden silbernen
Statuen und machten nicht gerade einen sehr freudestrahlenden Eindruck.
"Was ist denn hier für eine Stimmung?", meinte Sam grinsend, als die beiden bei
den Jungs eintrafen.
"Müdigkeit in erster Linie", sagte Vic.
"Und Langeweile", ergänzte Pucey.
Adrian Pucey war wahrscheinlich nicht gerade der netteste Mensch auf Gottes
Erden, aber für die Tatsache, dass er ein Slytherin war, war er ganz annehmbar.
Außerdem sah er um Welten besser aus, als Crabbe, Goyle und Flint hoch drei,
wie Sam und Amy unbewusst durch den Kopf ging.
"Wo ist denn Weasley?", fragte Vic.
"Der ist da wo der-", begann Amy und ihre Miene verfinsterte sich.
"Nicht ER, sondern SIE!", fauchte Vic.
Amy blinzelte verwirrt und hievte Sam wieder in eine aufrichte Position.
"Ach so, Ginny. Ich weiß nicht", meinte sie. Ihre Stirn legte sich nachdenklich
in Falten.
"Ihr könnt das Blondchen hier bei mir lassen und ihr geht zusammen suchen",
schlug Pucey achselzuckend vor.
Vic und Amy sahen sich einen Augenaufschlag lang an.
"Nein!", sagten beide bestimmt.
"Hier, übernimm mal", Amy überreichte ihre Freundin Vic und lief wankend
wieder durch das Einganstor nach drinnen.
"Wo warst du denn die ganze Zeit über?", fragte Vic schließlich.
Sam wandte ihren Kopf nach oben und sah für einen kurzen Augenblick in seine
Augen. Ihr war, als hätte sie einen vorwurfsvollen Ausdruck in ihnen aufglimmen
sehen, doch sie dachte nicht weiter darüber nach. Stattdessen begutachtete sie
jetzt den steinernen Zentauren, der seine Vorderbeine über ihnen in die Luft
empor gestreckt hatte.
"Sam, ich hab dir eine Frage gestellt", wiederholte er.
"Halt die Klappe, Vic", murmelte das Mädchen leise, aber keinesfalls böse
gemeint.
"Dein Wunsch ist mir Befehl, Schatz", sagte Vic - wenn auch mit einer Spur von
gutmütigem Spott - und richtete seinen Blick wieder auf das Eingangstor.
Pucey beobachtete die beiden aus den Augenwinkeln und schüttelte grinsend den
Kopf.
Ein paar Minuten später kam Amy mit Ginny, die genau wie sie selbst ziemlich
müde aussah, wieder.
"Wir gehen", sagte Vic bestimmt und zog Sam mit sich.
Die anderen folgten. Ginny beäugte misstrauisch den dazu gestoßenen Slytherin
und beugte sich zu Amy.
"Fährt der etwa mit?"
"Sieht so aus", ächzte das schwarzhaarige Mädchen und Ginny rümpfte die Nase.
Es war schon stockdunkel und nur noch die Straßenlampen spendeten ein wenig
Licht. Vic sah Sam fragend an, als diese nach etwa fünf Minuten stehen blieb
und sich irritiert umsah.
"Wo soll denn das Auto nun sein, Vic?"
Vic deutete die lange Straße entlang, auf welcher kaum Menschen unterwegs
waren.
Die fünf bogen schließlich um die nächste Ecke und die drei Mädchen staunten
nicht schlecht.
"Wow!", rief Sam jäh aus.
"Das ist dein Wagen?", meinte Ginny ungläubig.
"Nehme ich an", bestätigte Vic.
Sam betrachtete ebenfalls den Sportwagen, der ihnen mit vereisten Scheiben
smaragdgrün entgegen blitzte.
Vic öffnete rasch mit einem Handgriff die Vordertüre und Pucey die Hintere.
"Du hast doch getrunken", stellte Ginny fest.
"Ja, hat er", entgegnete Sam.
"Aber wie ihr unschwer erkennen könnt, bin ich schon seit gut einer halben
Stunde wieder nüchtern", er schubste das blonde Mädchen vorsichtig auf den
Beifahrersitz, "Ganz im Gegensatz zu dir, Samchen."
Diese verschränkte nur die Arme vor der Brust und rollte mit ihren dekadenten
Augen.
Pucey, Ginny und Amy drängten sich nach hinten und Vic enteiste noch die
Scheiben des Wagens mit Hilfe eines Zaubers, bevor auch er sich hinsetzte.
Die Türen flogen zu und der Motor startete. Dann setzte sich das Fahrzeug in
Bewegung.
"Was kommt jetzt eigentlich? Desillusionieren wir? Oder werden wir unsichtbar
und fliegen?", fragte Sam heiter, während sie es sich in ihrem Sitz bequem
machte. "Ich liebe diesen Wagen!"
"Wir fahren", sagte Pucey unberührt, als ob es das Normalste der Welt wäre.
"Wie, wir fahren??", meinten Ginny und Amy im Chor.
Vic lachte nur ebenfalls gelassen auf, und fuhr dann von der Seitengasse aus zur
Hauptstraße.
"Anschnallen, bitte!"
"Das ist ein MUGGELWAGEN?", rief Ginny. Als die beiden Slytherins bloß nickten,
fiel Ginnys Kinnlade unwillkürlich abwärts. "Wann gedenkst du, sollen wir
bitteschön im Fuchsbau ankommen? In drei Tagen?"
"Du kannst gerne aussteigen, Weasley", meinte Pucey gehässig von der anderen
Seite der Rückbank. "Wir werden dich nicht daran hindern."
"Mir wäre schon geholfen, wenn du verschwinden würdest!"
Ginny beugte sich zu Pucey und stierte ihn wütend an.
Amy, der das allmählich zu eng da hinten wurde, bugsierte das rothaarige
Mädchen wieder zurück auf ihren Sitzplatz und versetzte auch dem jungen Mann
zu ihrer Rechten einen bestürzten Blick.
"Natürlich", begann Vic um auf Ginnys Einwurf einzugehen, "ist der Wagen ein
wenig aufgemotzt ... magisch versteht sich!"
Er grinste seine Passagiere hinten durch den Rückspiegel an.
"Natürlich", brummte Ginny genervt.
"Drück mal auf den roten Knopf hier, Sam."
Sam tat es, ohne groß darüber nachzudenken - und schrie erschrocken auf, wie
auch die anderen zwei Begleitpersonen auf der Rückbank.
Die schmalen Straßen Londons waren plötzlich verschwunden, stattdessen
befanden sie sich auf einer Landstraße, die offensichtlich zum Fuchsbau
führte!
"Apparier-Automatik", sagte Vic vergnügt. "Ihr sitzt in einem fahrenden
Portschlüssel."
"Nicht schlecht", sagte Amy, als sie sich von ihrem Schreck erholt hatte. "Und
woher habt ihr das Auto?"
"Ein Mann von Welt genießt und schweigt", belächelte Vic.
"Ein Mann von Welt!", Ginny rollte hinten mit ihren braunen Augen.
"Hey, Vic, mach doch mal die Musik an!", forderte Pucey und sah an Amy vorbei zu
Vic, der allerdings auf die Straße konzentriert war und nicht darauf einging.
Seufzend lehnte sich Pucey über Amy, die laut anfing zu fluchen, hinweg vor und
drückte auf den Knopf, der die Anlage anschaltete.
Sofort dröhnte laute Rockmusik aus dem Radio und Pucey ließ sich zufrieden
wieder zurückfallen. Aber Sam war alles andere als zufrieden. Sie hielt sich
laut meckernd die Ohren zu und machte schließlich die Musik leiser.
"Gott. Da wird man ja taub!"
"Mann, Spiller, hättest du mir gleich gesagt, dass wir mit drei Zicken fahren,
hätte ich mich aufs Dach geschnallt!"
"Halt die Klappe!", tönte es von den drei besagten Zicken und Pucey zuckte
unmerklich zusammen.
"Elende Gryffindors", der Junge starrte nach draußen und Vic schmunzelte.
Amy sah ebenfalls durch die Windschutzscheibe nach draußen auf die Lichter der
entgegenkommenden Autos.
"Wie kommen zwei Slytherins an ein Muggelauto?", durchbrach Ginny die
aufgezogene Stille und sprach das aus, was die anderen beiden Mädchen gedacht
hatten.
"Geliehen", meinte Vic breit grinsend.
"Habt ihr wenigstens gefragt?", warf Amy skeptisch ein.
Vics Schweigen war Antwort genug.
Sie lehnte sich zwischen den beiden vorderen Sitzen vor und sah Vic schockiert
an.
"Ihr habt das Auto GESTOHLEN??"
Durch das plötzliche Vorlehnen von Amy riss Vic das Lenkrad rum und fuhr eine
Schneise.
"Hast du denn überhaupt einen Führerschein, Vic?", rief Sam.
Amys Puppillen wurden größer und sie hing noch immer zwischen den Sitzen. Ihre
hübsche Hochsteckfrisur war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die schönen
schwarzen Locken hingen ihr nur so ins Gesicht.
"Würdest du dich bitte wieder zurück begeben, Amy?", zischte Vic.
Das Mädchen ließ sich also zurück auf die Rückbank fallen und knirschte mit
den Zähnen.
"Weißt du wie wir fahren müssen?", Sam kramte im Handschuhfach nach einer
Landkarte.
Mit Hilfe ihres Zauberstabs verschaffte sie sich Licht und suchte nach der
Straße, die Ginny ihr angesagt hatte.
"Vic, du bist falsch abgebogen. Männer und das Straßenverkehrsnetz!"
"Es wundert mich, dass eine betrunkene Blondine so ein kompliziertes Wort
hervorbringt", murmelte Pucey und Ginny fixierte ihn erneut aggressiv von der
Seite.
"Guck hier", fuhr Sam fort, die nicht auf Pucey einging, "du hättest da -", sie
hielt ihm die Karte vor die Nase, sodass er nichts mehr sehen konnte. "-
reinfahren müssen!"
"Sam ... SAM, nimm die Karte da weg. SAM, ICH SEH NICHTS MEHR!!!", schrie Vic
plötzlich, worauf Sam erschrocken die Karte wegriss.
Dann passiere alles ganz schnell.
Alle sahen die großen, dunklen Umrisse, die im nächsten Moment ein Hindernis
für das Auto darstellten. Vic wollte das Steuer herumreißen, kam aber nur noch
mehr ins Schleudern und krachte mit einem dumpfen Knall auf das Etwas auf.
Endlich kam das Auto zum Stehen. Ginny hatte erschrocken aufgeschrieen, Amy war
leichenblass geworden. Sam fing an zu keuchen und Pucey stöhnte laut auf.
"Klasse! Was haben wir jetzt totgefahren?"
Vic verließ als erster den Wagen und riss sich dabei in seiner Hektik sein
weißes Hemd an der Autotüre auf.
"Scheiße!"
Auch Sam stieg rasch aus und suchte seinen Blick.
"Nichts!", sagte Vic zunächst.
"Nichts?", flüsterte Sam panisch.
Pucey und Ginny stiegen gleichzeitig aus und sahen auf die komplett leere
Straße. Augenblicklich rutschte auch Amy aus dem Auto, die erstmal ins Gebüsch
eilte, um sich dort zu übergeben. Sie hatte noch nie einen besonders guten
Magen gehabt.
"Toll. Wir haben nichts umgefahren, eine Betrunkene im Auto und eine, die sich
die Seele auskotzt. Ganz klasse. Frauen machen nur Probleme!", meinte Pucey und
sah in die Dunkelheit.
Es war nur ein kleiner Teil der Straße mit den Scheinwerfern des Autos
beleuchtet, aber auch dort lag nichts.
Amy kam noch schneeweißer zurück und Ginny fiel es zu jener Zeit wie Schuppen
von den Augen.
"Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast", flüsterte sie ängstlich.
"Was?", fragte Vic genervt.
"Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast!", wiederholte die Weasley nun
etwas lauter.
"Ich weiß es auch", grinste Sam, während sie sich ihre Haare mit ihrem Armband
zusammen band. "Er hat sich betrunken und nackt auf dem Tisch Lambada getanzt!"
"Tatsache?", Pucey lachte und sah Vic an, der ihn wütend bedachte.
"Natürlich nicht!"
Amy sah Ginny verwirrt an und wischte sich über den Mund.
"Was meinst du, Ginny?"
"Ein Muggelfilm. Hermine hat ihn vor zwei Jahren in den Ferien mitgebracht.
Kennt ihr den nicht? Da haben Freunde mitten in der Nacht auf einer Landstraße
jemanden umgefahren. Sie dachten er wäre tot und haben die Leiche ins Wasser
geschmissen."
Die Umherstehenden lauschten den aufgebrachten Worten der Rothaarigen.
"Er war dann aber nicht tot, wie sich herausstellte. Nacheinander hat er dann
alle umgebracht", sie brachte es kaum über die Lippen.
"Getötet?", entgegnete Vic.
Ginny war es ernst, aber Vic und Pucey lachten.
"Wir haben doch nicht mal Sommer, Weasley. Es ist Winter!"
"Glaubst du, dass uns Hase oder Hirsch töten werden?", feixte Pucey.
"Wenn es nicht sogar ein Kühlschrank war", murmelte Vic grinsend.
"Der könnte uns ja immerhin einfrieren", Pucey konnte sich kaum noch halten vor
Lachen.
Ginny griff sich an die Stirn und fing unwillkürlich an zu zittern.
"Das war doch kein Hirsch, Pucey!", kreischte Amy aufgebracht. "Es war mit
Sicherheit ein Mensch!"
Sam versuchte einen klaren Kopf zu bewahren, doch es gelang auch ihr nicht.
Allmählich machten sich auch die Jungs Sorgen. Was könnten sie angefahren
haben, das sie nun nicht in Umkreis einer Meile finden würden?
"Seht mal ...", Sam stützte sich an die Haube des Wagens.
Vic lief zurück zum Auto und begutachtete, worauf Sam erstarrt und nicht fähig
ein Wort zu sagen zeigte.
"O mein Gott ..."
Allmählich kamen auch Amy, Ginny und schließlich Pucey zu den beiden.
Ginny schrie erneut auf. Es war Blut auf der Windschutzscheibe.
"Es muss was Großes gewesen sein, wenn das Blut bis auf die Windschutzscheibe
gekommen ist..."
"Gut kombiniert, Sherlock!", meinte Vic grinsend zu Amy, die ihn wütend
anfunkelte.
"Komm schon Vic, das ist ernst. Also Hasen oder dergleichen kann man
ausschließen."
"Bleiben nur noch Hirsche, Rehe, Kühe, Schafe, Elefanten, Giraffen und
Millionen von anderen Möglichkeiten", ergänzte Vic und lehnte sich gegen die
Motorhaube.
"Oder Menschen...", stammelte Ginny und sah panisch in die Runde.
"Wir haben hundertpro einen Menschen umgefahren..."
"Was macht dich so sicher, Weasley?", fragte Pucey, der neben Vic stand und die
Arme vor der Brust verschränkte.
"Das ist halt so. Immer, wenn man es nicht erwartet, passiert das Schlimmste vom
Schlimmen ... jedenfalls in den Horrorfilmen!"
Pucey lachte nervös.
"Glaubst du an so einen Scheiß?"
"Anscheinend", antwortete Vic für Ginny und Sam stand ihr bei.
"Hört auf damit. Sie hat Recht - seht doch mal - hier!", Sam hielt den Jungen
etwas Blutverschmiertes unter die Nase.
Ein Stück Kleidung.
"Seit wann tragen Tiere Kleidung?", etwas selbstsicher sah sie die beiden an und
auch Amy triumphierte.
"Seht ihr!", wimmerte sie entsetzt.
"Das kann alles Mögliche sein, also bitte. Macht keinen Stress. Das muss nicht
von einem Menschen sein!"
"Ach, neuerdings laufen wohl Rehe mit Pullovern durch den Wald?", Sam
schüttelte den Kopf.
"Das war bestimmt ein Tier!", beruhigte Vic die Mädchen und schob Amy sanft
aber bestimmend zum Auto zurück.
"Ich weiß nicht, Mann. Das sieht echt aus wie ein Stück Umhang!", meldete sich
Pucey nun zweifelnd.
Vic schwieg, aber auf seinem Gesicht spiegelte sich ein wahrer Sturm einander
widersprechender Gefühle.
"Wir müssen ihn ... oder sie suchen!", rief Ginny aufgebracht, ihr Blick irrte
in der Dunkelheit umher.
Sam schloss für einen Herzschlag lang ihre Augen. Ein leises Scharren drang in
ihre Gedanken, dann ein Laut, der sich wie ein Stöhnen anhörte. Sam erschrak,
machte einen Schritt in die Richtung, aus der sie das Geräusch vermutete, und
blieb mit pochendem Herzen stehen. Der Laut wiederholte sich nicht, aber er war
zu klar gewesen, um pure Einbildung sein zu können, auch wenn sie im ersten
Moment versuchte, sich das einzureden. Es war aus dem Graben gekommen, unweit
der Stelle, an der der gestohlene Wagen stand.
"Sucht ... seht im Graben nach", sagte Sam jäh, ihre Lippen zitterten.
Die Jungen drehten sich um und marschierten darauf zu. Vic beugte sich vor, um
dort in die Dunkelheit zu sehen. Pucey kam ihm zur Hilfe und leuchtete mit
seinem Zauberstab. Er bewegte seinen Arm nach rechts. Dann nach links. Immer
wieder.
"Nichts!", riefen beide.
"Wer auch immer ... er sitzt hier sicher und belauscht uns!", Ginny wurde
panisch und sah sich nach allen Seiten um.
"Schwachsinn!", meinte Vic und verbarg seine Unsicherheit weiterhin. Er stieg
ein und ließ den Wagen an. "Kommt jetzt wieder rein, sonst fahr ich alleine!"
Ginny war nur noch ein Häufchen Elend.
"Wir werden alle sterben ... alle ... und das an Weihnachten!"
"Ich weiß eines ganz sicher", begann Sam, "dass uns HEUTE keiner mehr umbringen
wird und in nächster Zeit auch nicht."
Was sie allerdings nicht wussten war, dass sie die ganze Zeit über beobachtet
wurden.
Vic stieg aufgebracht wieder aus dem Wagen aus und stapfte, offensichtlich
überfordert mit der Gesamtsituation, auf Sam, Ginny und Pucey, die noch immer
auf der offenen Straße standen, zu.
"Kommt jetzt zurück! Sofort! Sonst fahr ich ohne euch. Oder wollt ihr unbedingt
erwischt werden?!", rief er allmählich lauter.
"Also doch ein Mord", wisperte Ginny geistesabwesend.
"Hör auf es so zu nennen!", Vic wurde immer hysterischer. So kannten ihn weder
Sam noch Pucey. "Wenn wir uns jetzt einreden, dass wir jemanden gekillt haben,
kann es ja nur noch schlimmer werden!" Er kickte einen Stein mit seinem Fuß in
Richtung der Fahrbahn, wo das Licht der Scheinwerfer langsam in Dunkelheit
überging und nur noch vermuten ließ, was sich dahinter verbarg. Der Stein kam,
mit einem dumpfen Geräusch, auf.
Sam nickte entschlossen und ging langsam wieder zurück zum Auto. Ihr Herz
klopfte so schnell. Ihr Puls war mit Sicherheit so hoch, dass sie jeden Moment
in Ohnmacht fallen könnte. So fühlte sie sich zumindest.
"Was machst du auf dem Beifahrersitz, Amy?", fragte das blonde Mädchen, als sie
die Wagentüre öffnen wollte.
"Hyperventilieren ..."
Amy stierte gerade aus und atmete stoßweise.
"Süße, komm mal her. Mach dir nicht solche Sorgen-", Sam zerrte Amy mit
sanfter Gewalt aus dem Auto und schob sie zur hinteren Tür, um sie dort
reinzubugsieren und hinterher zu rutschen.
"Uns passiert schon nichts. Das war nur ein Film!"
Ginny rutschte nach.
"Aber ein ziemlich realer!", ihre Lippen zitterten wie Espenlaub.
"Halt den Mund!", herrschte Vic sie an. Er wartete bis Pucey eingestiegen war
und ließ dann den Wagen an.
"Spiller, du hast mir gar nichts zu sagen!", fauchte Ginny. "Ich sag ja nur,
dass ich mir Sorgen mache. Das ist alles! Mehr nicht!"
"Hör auf, verstanden? Wir haben schon genug Probleme. Jetzt musst du nicht auch
noch damit ankommen, oder du kannst nach Hause laufen!", sagte Vic aufgebracht.
Sam griff ein, sie hatte sich die ganze Zeit damit beschäftigt Amy zu
beruhigen.
"Es gibt keinen Grund die Stimme zu erheben", zischte Sam.
"Ich habe meine Stimme nicht erhoben. SO KLINGT ES WENN ICH MEINE STIMME
ERHEBE!", brüllte Vic. Die Mädchen hinten zuckten zusammen und auch Pucey sah
seinen Freund an, als wäre er ein Dementor, der gerade den Todeskuss
angekündigt hatte. "Und jetzt wäre es mir einfach nur recht, wenn Weasley ihre
Zuckerschnute halten würde.", meinte er eklig nett.
"Hör jetzt auf, Vic!", auch sie hatte die Stimme aufgerichtet. Jedoch brüllte
sie nicht so, wie Vic seiner Wut Ausdruck verliehen hatte.
"Was meinst du mit: wir haben genug Probleme?", fragte Pucey darauf vorsichtig.
Vic warf die Hände in die Luft und hielt abrupt den Wagen an.
"Ich hab keine Ahnung, wo wir sind!"
"Hauptsache, du bringst uns endlich von diesem Gott verdammten Ort weg",
flüsterte Ginny, Amys Hand haltend.
Vic brachte den Wagen erneut zum Laufen und sah noch ein letztes Mal in den
Rückspiegel. Sam verzog schmerzlich ihr hübsches Gesicht. Ihr blondes Haar
hing zerzaust an ihren zierlichen Schultern hinunter, das Armband, mit dem sie
sich vorhin ihre Haare zusammen gebunden hatte, musste sie wohl verloren haben.
"Was ist los?", brummte er, allmählich ruhiger.
"Ich hab mir einen Stein in den Fuß getreten", hustete Sam.
"Warum läufst du auch barfuss rum?", belächelte Vic und stieg anschließend
kräftig aufs Gaspedal.
~*°*~*°*~
Nachdem der Sportwagen vor dem Fuchsbau hielt, folgten ein Japser Amys und ein
leiser Aufschrei Sams.
Amy hatte sich den Kopf beim Aussteigen gestoßen und Sam kämpfte mit der
Kälte des Schnees unter ihren nackten Füßen. Sie ging noch einmal zur
Fahrerseite um sich in den Wagen zu lehnen.
"Danke, Vic."
"Schon gut, Samchen", er zwickte ihr in die Wange und gähnte. "Und hört ja auf
euch Sorgen zu machen, ja?"
"Geht klar, Vicky", sagte sie müde und streckte ihm die Zunge raus. "Habt ihrs
noch weit?" Er nickte. "Wollt ihr-"
"Nein", unterbrach Vic ihre Frage. "Wir machen das schon."
"Okay", sie warf einen Blick auf Pucey, der an der Scheibe lehnte und schon halb
schlief.
"Wir sehen uns in Hogwarts. Charmante Weihnachten, Sam!", er grinste ihr noch
einmal zu, winkte den anderen Mädchen und fuhr davon.
Sam sah dem Wagen noch eine Zeit lang nach, bis Ginny dann zu ihr ging und sie
zum Gartentor zog. Mit ihrem Zauberstab öffnete sie es und die drei stolperten
hinein in den Garten.
Plötzlich sahen sie eine Gestalt aus dem Schatten kommen. Eine äußerst
wackelige Gestalt, welche komische Geräusche von sich gab.
Ginny zuckte zusammen und Amy fing an zu schreien, woraufhin Sam ihr prompt den
Mund zuhielt.
Die Mädchen traten instinktiv einige Schritte zurück, Sam zog ihren Zauberstab
aus ihrem Mantel hervor und richtete ihn auf den Unbekannten.
Doch als die drei sahen, wer da hinterm Haus hervor getorkelt kam, fiel ihnen
ein Stein vom Herzen. Es war kein geringerer als Bill, der gerade mit ein paar
Kartons herumhantierte.
"Ginny?", der junge Mann kam auf die drei zu und schüttelte lachend seinen
Kopf. "Was macht ihr denn hier so allein draußen? Und warum, bei Merlin,
schreit ihr so?"
"Weil wir uns eben erschrocken haben", sagte Sam achselzuckend und fing dann
wieder an zu husten.
Bills Schwester hingegen reagierte mit einem fuchsteufelswilden Blick und
rauschte an ihm vorbei ins Haus.
"Sie ist ... ein wenig übermüdet", sagte Sam ablenkend, als sie Bills
verdutzen Blick bemerkte. "Was tust du denn hier draußen?"
Bill öffnete mit einem Fußtritt die Einganstüre und stellte die Kartons auf
den Boden vor den Kleiderständern.
"Ron ist aufgewacht, weil ein Ding an sein Fenster geknallt ist und, laut ihm,
tot zu Boden gesegelt ist." Er schüttelte leicht seinen Kopf.
"Hast du etwas gefunden?", Sam verriegelte sachte die Tür.
"Unsinn ... Ron hat Hirngespinste", sagte Bill spöttisch.
"Da ist er nicht der einzige", zischte Sam, mehr zu sich selbst als zu ihm, als
Amy wie in Trance und ohne ein Wort zu sagen in die Küche stolperte.
Sam und Ginny schliefen unruhig, wobei das von Ginny kaum Schlafen genannt
werden konnte. Sie wälzte sich in ihrem Bett und erwachte keuchend, da sie
schreckliche Albträume von irgendwelchen Axtmördern mit Hirschköpfen und
Hasenpfoten verfolgte. Sam schlief gleichermaßen friedlos, aber sie wusste mit
Albträumen umzugehen.
Amy schlief gar nicht erst. Sie erschauderte die ersten Male, als Ginny immer
wieder aufschrak, aber dann fiel die Rothaarige sofort wieder schlummernd nach
hinten und auch Amy war wieder ruhig.
Während sie schlaflos an die schwarze Decke starrte, dachte sie nach. Über
sich und Fred und ihr ganzes Leben. Das alles nicht so gelaufen war, wie sie es
wollten. Sie und Sam. Es war einfach alles schief gegangen, was hätte schief
gehen können. Von Anfang an.
~*°*~*°*~
Am nächsten Morgen ging Amy zerzaust und müde die Treppe zur Küche hinunter.
Alles tat ihr weg. Ihre Hände waren teilweise ein wenig aufgeschürft und von
den Büschen zerkratzt, in die sie gestern beinahe gekippt wäre, hätte Sam sie
nicht festgehalten.
Es ging ihr nicht gerade gut, nach all dem was gestern passiert war, aber
immerhin lebte sie noch und jetzt konnte es nur noch besser werden. Zufrieden
frühstückte sie am Küchentisch, den sie vorher mit einem Tuch abgewischt
hatte. Als sie fertig war, schaute sie bedrückt aus dem Fenster.
Sie wusste jetzt, dass Vic noch immer für sie da war, aber was war mit Fred?
Ihr lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, als sie sich die Gedanken der
letzten Nacht wieder ins Bewusstsein zurück rief. Doch sie wurde bald in die
Realität zurück geholt.
Sam kam mit Harry und Ron die Treppen hinunter. Während Ron etwas über
zwielichtige Gestalten im Fahrenden Ritter letzte Nacht berichtete und sich dann
umdrehte um Spiegelei zu braten, setzten sich Sam und Harry, ebenfalls müde und
sichtlich fertig vom gestrigen Abend, zu Amy an den Tisch. Sam nickte ihrer
Freundin schmal lächelnd zu. Sie war zu heiser um jetzt einen verständlichen
Satz hervor zu bringen. Gestern hatte sie im kurzweiligen Streit mit Vic
eindeutig zu viel geschrieen.
Als sich Ron mit fertig gebrutzeltem Spiegelei wieder zu ihnen drehte und sie
mit einem "Wollt-Ihr-Auch-Was"-Blick fragend ansah, nickten Sam und Harry wieder
still.
Es war ein schöner sonniger Tag. Es war sogar richtig angenehm, in die sonst so
kalte Winterlandschaft zu blicken.
Alle vier schwiegen, bis Harry die Schweigsamkeit brach.
"Und ... was habt ihr gestern noch gemacht?"
Amy sah zu Sam und antwortete dann.
"Getanzt ... und ... gelacht ... und ... getanzt ... und ..."
"Langweilig. Mit wem seid ihr zurückgekommen?", unterbrach Ron.
"Habt ihr den Fahrenden Ritter noch erwischt?", fragte Harry.
"Nein, wir sind mit einem Freund zurück gefahren. Wie geht es eigentlich
George?", lenkte Amy ab.
"Oh, dem geht's gut, nachdem er sich die Seele aus dem Leib gekotzt hat!",
lachte Ron, erntete von den anderen aber nur genervte Blicke.
"Nicht ... witzig!", krächzte Sam schwerfällig und trank einen Schluck warme
Milch mit Honig, da ihr Hals zu sehr wehtat.
Plötzlich ging die Tür auf und alle drehten den Kopf zur Haustür, durch die
eine Ladung Schnee hereinkam. Gefolgt von Fred.
Amy drehte sich zurück und sah zwischen Harry und Sam hindurch.
"Es ist kalt und zieht. Jemand sollte die Tür zumachen!", meinte sie hart.
Fred schloss sie mit einem lauten Knallen, das alle Anwesenden zusammenzucken
ließ.
"Wo warst du?", fragte Ron leise und vorsichtig.
"Schneeschaufeln", nuschelte Fred in seinen Schal und lief mit
schneeverschmierten Schuhen und voller Schnee auf den Schultern und im Haar
vorbei am Tisch, ohne Amy anzusehen, die auch ihr bestes tat ihm nicht
entgegenzusehen, sondern ruhig weiter zu trinken (obgleich ihr Becher schon seit
geraumer Zeit leer war).
"Hast du Hunger?", fragte Ron weiter.
"Hab oben gefrühstückt", antwortete Fred abweisend und ging hoch.
"Was ist denn dem heute Nacht Grausames begegnet, dass er so unfreundlich
dreinsehn muss?", meinte Sam trocken. Sie war endlich wieder fähig zu sprechen
- die Milch wirkte Wunder - und massakrierte weiter ihr Spiegelei, das Ron ihr
soeben auf einen Teller gehievt hatte.
"Ich weiß auch nicht. Er ist auch spät zurückgekommen. Angelinas Vater musste
noch einen Abstecher ins Ministerium machen", erwiderte Harry. "Wieso sind deine
Hände denn so zerkratzt, Amy?"
Harrys grüne Augen musterten die blassen Hände der Schwarzhaarigen.
Diese zog sie schnell an sich unter ihren Schlafmantel.
"Vic hat ein Glas zerbrochen und ich hab in die Scherben gegriffen", log Amy.
Als das Wort Scherben fiel, musste Sam wiederholt ihren Fuß begutachten, der
noch immer höllisch wehtat.
"Vic?", sagten Ron und Harry gleichzeitig.
"Meinst du Spiller?", Ron setzte sich neben Amy.
"Nein, Krum", murmelte Sam.
"Was? War dieser Vollidiot auf dem Ball?", entfuhr es Ron schlagartig.
Er hatte ihm noch immer nicht verziehen, dass er mit Hermine am Weihnachtsball
vor zwei Jahren zusammen gewesen ist.
"Man sollte die Ironie erkennen, wenn sie einem über den Weg läuft, Ron",
meinte Sam nur und stand folglich auf um sich noch mehr Milch zu holen, da ihre
Stimme wieder zu versagen drohte. "Seht mal, da liegt ein Zettel."
Sam ließ den Kühlschrank wieder zufallen und las vor:
"Guten Morgen, ihr Lieben!
Arthur und ich sind schon sehr früh los, um letzte Besorgungen zu machen. Wir
werden ungefähr um 11 Uhr zurück sein. Bitte schmückt doch solange die Tanne,
die Charlie gestern aus Rumänien vorbei gebracht hat. Übrigens hat er auch
Geschenke für jeden von euch mitgebracht. Sie liegen unten in der
Vorratskammer!
Frohe Weihnachten!
Molly.
Ps.: Die Geschenke bleiben zu, Ron!"
Sofort begaben sich alle Anwesenden aufgeregt ins Wohnzimmer, wo eine riesige
Tanne stand, die allerdings tatsächlich noch nicht geschmückt war.
Ron warf sich gleich auf das Sofa mit der Begründung, einer müsse sich ja
opfern und das Geschehen beziehungsweise das Ergebnis von weitem begutachten.
Ginny warf ihm eine Plastikweihnachtskugel an den Kopf, die sie vorher aus einer
der vielen rumstehenden Kisten geholt hatte und Ron sah sie daraufhin beleidigt
an, bewegte sich aber doch auf den Baum zu.
Sam schnappte sich die Leiter und kletterte mit einem Stern in der Hand auf die
Spitze zu, wo sie den Anfang machte. Stolz grinsend rutschte sie die Leiter
runter.
"Lasst uns beginnen!"
Und sie begannen. Ron und Harry bewarfen sich mit Glittergirlanden, Ginny
versuchte die gläsernen Kugeln vor ihnen zu retten und Amy mühte sich zusammen
mit Bill ab, kleine lebende Hirschfiguren, die wild umherhüpften, an den Baum
zu hängen.
Alle waren dabei, selbst George, der noch etwas grün im Gesicht aussah. Alle,
außer Fred. Amy wusste wieso, aber die anderen wussten es nicht.
Amy musste es nicht unbedingt weitererzählen und auch Fred schien es nicht
unerlässlich an die große Glocke hängen zu wollen. Sam war die einzige, die
wirklich etwas wusste, aber alle anderen ahnten, dass da etwas nicht stimmte.
Spätestens, als Fred herunter kam und ignorierend an ihr vorbei ging und sich
ohne ein weiteres Wort in die Küche schob, nur um dann wieder schweigend
herauszukommen und nach oben zu verschwinden.
Allen war aufgefallen, dass die beiden sich nicht einmal angesehen hatten, was
sonst ziemlich ungewöhnlich für die beiden war, da sie sonst wie Kletten
aneinander hingen.
"Was ist denn los?", fragte Ron interessiert, aber Amy antwortete nicht.
"Ärger im Elysium", flüsterte George und Amy sah ihn daraufhin strafend an.
"Ich geh mal in die Vorratskammer und hol Charlies Geschenke", meinte Ginny dann
grinsend und marschierte mit ein paar Glitzerfäden im Haar aus dem Wohnzimmer.
Plötzlich entfuhr dem Mädchen ein einschneidender Schrei. Sie stand mit
schockverzerrtem Gesicht vor dem Küchenfenster und starrte nach draußen.
Vor Schreck warf Ron eine teure Glaskugel in die Luft, die Harry gerade noch
auffangen konnte.
"Was ist los?"
"Kannst du dich vorher anmelden, wenn du schreien musst?", fluchte Ron und
hängte die Kugel an den Baum.
"Da ... da war jemand...! Ich schwörs euch!", sie sah Sam und Amy beschwörend
an.
"Was heißt da war jemand?", stotterte Amy.
"Ein, ein Jemand mit schwarzem Umhang", sagte Ginny.
Die Jungs sahen sich höchst verwirrt an und musterten dann Sam, die sich prompt
durch das geöffnete Fenster hing und sich umsah.
"Und?", stammelte Amy.
"Nur eingefrorene Wichtel und Schneemänner, die laufen", meinte Sam. "Sind das
eure Schneemänner? Seit wann laufen Schneemänner eigentlich?"
"Das ist nicht komisch!", sagte Ginny und ließ sich dann rücklings ins Sofa
fallen, auf dem auch Bill es sich eigentlich gemütlich gemacht hatte, da Harry
und Ron den Baum zunehmend blockiert hatten.
"Ginny hat Halluzinationen ... wohl so tief ins Glas geguckt, dass der Alkohol
heute früh noch wirkt!", meinte George lachend, aber wohlwissend, dass er sich
damit nur ins eigene Fleisch schnitt.
"Das musst DU gerade sagen!", fauchte Ginny. "Ich hab wirklich jemanden
gesehen!", jammerte sie und Bill seufzte synchron mit Harry auf.
"Ist ja gut, ich geh nachsehen!", er stand auf, aber Ginny hielt ihn
überstürzt fest.
"Bleib hier, wir dürfen uns nicht trennen!"
Bill sah sie verwirrt an.
"Lass mich. Was ist denn los, Gin? Ich komm ja gleich wieder!"
"Oh Gott. Das war's! Ende! Wir werden dich nie wieder sehen. So was sagen sie
immer in Horrorfilmen!"
"Ahja. Okay ... egal ... bis gleich!", er packte sich in seinen Wintermantel ein
und ging mit Schlafanzug darunter und Pantoffeln an den Füßen nach draußen in
die eisige Kälte.
"Das war sein Todesurteil", meinte auch Amy nun und Harry sah Sam fragend an.
"Sie hat zu viele Horrorfilme geguckt", winkte die Blonde ab.
"Lasst uns weitermachen. Sonst sind wir morgen noch nicht fertig. Und ich will
die Geschenke endlich haben!", Ron hielt erneut seine Hand auf und erwartete,
dass Harry ihm noch eine Girlande reichte, doch der musterte noch immer die
Mädchen.
Da war was faul, das ahnte er. Nein, er wusste es sogar...
"Sei doch nicht immer so kindisch, Ronald Bilius Weasley", zischte Ginny.
Es machte sie rasend, dass alle sie für irre hielten.
Tobend stapfte sie schließlich zur Vorratskammer und kam mit vielen schwebenden
Kartons und Geschenken hinterher wieder heraus. Die fliegenden Sachen landeten
unter dem Baum und Ginny musste Ron auf die Finger hauen, dass er nicht ran
ging.
Bald kam auch Bill wieder und verkündete, dass draußen nicht die Spur eines
Fremden zu sehen gewesen wäre. Auch die laufenden Schneemänner dementierte
er.
Als der Baum fertig geschmückt war, entschlossen sich alle, sich noch zu
beschäftigen, bis die Eltern zurückkommen würden.
"Können wir nicht schon einen klitzekleinen Blick in eines rein werfen? Hast du
gesehen wie außergewöhnlich die von Charlie verpackt sind?", flüsterte Ron
Harry entzückt zu, während sie die Stufen hoch gingen.
"Nein, Ron!", tönte es aus Ginnys Zimmer von unten.
Schmollend ließ Ron sich in sein Bett fallen und sah auf die Decke.
"Mum und Dad kommen sicher erst in ein paar Stunden wieder."
"Wir können warten", meinte Harry entschlossen und setze sich auch hin.
Die Türe wurde aufgedrückt und herein kamen Ginny, Sam und Amy.
"Langweilig", murmelte Sam und schmiss sich auch zu den beiden ins Bett.
"Lasst und was Produktives machen", schlug Amy einschläfernd vor. Sie setzte
sich auf Rons Sofa.
"Wie wär's mit Tu es, Antworte, oder sei Verflucht?", auch Ginny setzte sich zu
ihnen und blickte fragend in die Runde.
Amy verzog gleich ihr hübsches Gesicht. Sie hatte schlechte Erfahrungen mit
diesem Spiel.
"Muss das sein?", trotzte sie.
"Von mir aus", sagte Sam achselzuckend.
"Wieso nicht", meinte Harry.
"Aber nur, wenn du es nicht wieder so verhext, dass ich die gemeinsten Sachen
ausführen muss", sagte Ron. Ausführen sollte wohl in diesem Fall sich
lächerlich machen bedeuten.
"Okay. Ein faires Spiel!"
Ginny eilte aus dem Raum, um die Treppen, in ihr eigenes Zimmer, hinabzulaufen.
Als sie nach gut drei Minuten wieder durch die Tür hereinspazierte, hatte sie
ein bizarres Etwas unter ihrem linken Arm. Ginny ließ sich auf Rons alten
Teppich in der Mitte des Zimmers fallen und forderte die anderen mit einem Blick
auf, sich ebenfalls zu setzen.
"Okay", begann Rons Schwester. "Das ist Hubert. Er ist schon sehr alt, also seid
ihm nicht böse, wenn er teilweise ein paar seltsame Dinge von euch verlangt",
sie kratze sich verlegen am Hinterkopf. "Hubert weiß, ob ihr lügt, oder nicht!
Also lasst es lieber, die Rache der Zauberbox wird tööödlich sein ...
wuahahahaha!", Ginny lachte gespenstisch und warf ihren Kopf seltsam in den
Nacken. Amy und Sam sahen sie argwöhnisch von der Seite an.
"Hubert ist eigentlich ganz okay", fügte Ron mildernd hinzu. "Ein netter Kerl."
Er griff nach der Box und platzierte sie in der Mitte des Teppichs.
Ginny nahm ihren Zauberstab und tippte zweimal auf die kleine Kiste.
"Estarium!"
Das helle Holz im Zentrum des Deckels, welches sich vom dunklen abhob, fing
plötzlich an zu leuchten. Wie aus dem Inneren der Box herausgezogen, waren
zuerst nur vage, dann immer deutlicher, evidente Buchstaben erkennbar. Die Box
an sich hatte viele eingeritzte Verzierungen und auch einige schweinische Worte,
die zweifelsohne von den Zwillingen stammen mussten. Man sah Hubert an, dass er
seit geraumer Zeit in der Familie Weasley war und von Kind zu Kind
weitergereicht wurde. Hubert hatte leichte Knubbel an den Boxenaußenseiten und
irgendwo war auch ein Gesicht auszumachen, welches freundlich grinste.
Werten Abend, Virginia. Wie ist Euer wertes Befinden?
"Danke, Hubert. Es ist alles wunderbar. Der Fuchsbau steht noch ...", sagte
Ginny lächelnd. Sie unterhielt sich noch kurz mit Hubert, bis dann die ersten
brauchbaren Worte für die anderen auf dem Blickfang aufleuchteten.
Beginnt, eure Fragen zu stellen.
Ginny wollte schon den Mund aufmachen, doch Ron war schneller.
"Nein! ICH beginne diesmal, Gin. Wir wissen ja, wie es anfängt, wenn du das
erste Wort hast", er grinste fies und fuhr dann fort. "Bist du gerade verliebt?
Wenn ja, in wen?"
Sam zog ihre Augenbrauen misstrauisch hoch und beäugte Ron. Wenn jetzt aus
irgendeinem Grund sie gezwungen wurde zu antworten, könnte es kritisch werden.
Sie spekulierte zwar darauf, dass Hubert die Antwort Nein in ihrem Fall gelten
lassen würde, doch absolut sicher war sie sich dabei nicht.
"Und was jetzt?", fragte sie gleichgültig.
"Jetzt wird Hubert einen von euch auswählen und ihr müsst wahrheitsgemäß
antworten."
"Stimmt nicht", murmelte Harry.
"Wie stimmt nicht?"
"Nicht wir müssen antworten", belächelte Harry.
Ron kapierte zuerst nicht was Harry meinte, doch dann fiel sein Blick auf die
kleine hölzerne Box inmitten der Runde.
"Das ist doch nicht wahr!"
Es stand in verschnörkelten Lettern Ron auf dem Deckel.
"C'est la vie, wie der Franzose so schön sagt", grinste Ginny.
"Du meinst, c'est das, was du manipulierst, Schwesterherz ..."
"Ich habe damit nichts zu tun!"
"Antworte endlich, Ron", allmählich fing auch Sam Gefallen daran zu finden, in
wen Ron verliebt war. Und das war er mit Sicherheit, sonst würde er sich nicht
dermaßen wehren.
"Gut ... es ist Hermine", sagte Ron schnell und war darauf bedacht, schnell
weiter zu gehen, doch die anderen machten ihm einen Strich durch die Rechnung.
"Hermine?? Unsere Hermine?", fragte Harry lachend. Er konnte es kaum glauben.
Wobei die Betonung eher auf kaum liegt. Er hatte gespürt, dass sich seit
geraumer Zeit etwas zwischen ihnen geändert hatte. "Hermine Granger?"
"Ja doch", sagte Ron, als ob es das Normalste auf der Welt wäre.
Amy grinste nur. Auch, wenn es im Moment für sie nicht mehr das Normalste auf
der Welt wäre, wieder mit Fred zusammen zu sein.
"Nun, denn. Machen wir weiter", sagte Ginny schließlich zufrieden lächelnd.
"Vielleicht erfahren wir ja noch so ein paar interessante Dinge, bevor Mum und
Dad zurückkommen."
Nun war Harry an der Reihe. Er schien im Moment ziemlich einfallslos zu sein,
doch nach ein paar Augenblicken hatte er sich für eine Frage entschieden.
"Wem wünscht du in genau DIESEM Moment die Pest an den Hals?"
Huberts Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten. Diesmal war es Amy, die
antworten musste. Jeder dachte die Antwort zu wissen, weshalb sie alle aus den
Wolken fielen, als Amy trocken antwortete.
"Fred. Ich wünsche Fred Weasley in just diesem Augenblick die Pest an den
Hals", sagte die Schwarzhaarige trocken.
"Ist das nicht doch ein bisschen brutal?", murmelte Sam leise.
"War ja nicht meine Frage", zischte Amy.
"Fred?", Ron und Ginny schienen mehr als schockiert. "Warum denn das?", fragte
Ron und warf seine Stirn in Falten. Auch wenn er seinem Bruder oftmals gerne die
Pest oder sonst irgendwelche tödlichen Seuchen an den Hals wünschte, konnte er
sich es bei der sonst so friedfertigen Amy gar nicht vorstellen, dass sie gerade
FRED verwünschte.
"Wir haben Streit."
"Tatsächlich?", meinte Ginny.
"Ja! Und jetzt weiter mit dem Mist hier!", sie ließ sich beleidigt zurück
fallen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Der nächste muss sich aus dem
Fenster lehnen und laut schreien: Ich steh total auf Severus Snapes geilen
Arsch!"
Die vier prusteten unwillkürlich los, doch als Hubert erneut Rons Namen
verkündete, versteinerte sich sein Gesichtsaudruck.
"Bei Merlin ... das ist doch nicht wahr!", seufzte er.
"Doch ist es ... raus aus dem Fenster!", lachte Sam.
Ron schob sich schwerfällig zum Fenster, öffnete es und holte tief Luft. Die
Luft war kalt, weswegen er vorerst einmal hustete, bevor er anfing. Sein Blick
fiel auf einen kleinen schwarzen Fleck, der aus dem weißen Schnee am
Fensterbrett hervorstach. Er griff danach und hielt Sekunden später eine
schwarze Feder in seiner Hand. Eine äußerst zerstörte Feder, um genau zu
sein.
"HA!", rief er plötzlich triumphierend. "Ich hatte also doch recht. Gestern
Nacht ist ein Vogel ans Fenster gedonnert. Bill ist ein Idiot."
Er ließ die Feder ins Zimmer segeln.
"Ist doch egal! Beeil dich lieber, es wird kalt, Ron", sagte Sam.
Seufzend drehte er sich wieder um und stemmte sich erneut hoch.
"Ich stehe total auf Severus Snapes geilen Arsch ...", murmelte er.
Harry und Sam begannen zu lachen, auch Ginny lag schon auf dem Rücken.
"SCHREIEN! JEDER soll es hören!", ordnete Amy an, die es sichtlich genoss,
endlich mal ihre sadistische Ader rauslassen zu können.
Ron holte noch einmal tief Luft: "Ich stehe total auf Severus Snapes geilen
Arsch!!!!!!"
Die Vögel stoben aus den Bäumen und alles schien zu verstummen. Nur Rons
Freunde lagen vor Lachen auf dem Fußoden und weinten wie Kleinkinder.
"OOOOH, ROOOON!", tönte es von draußen. Ron sah nach unten. Unter dem Fenster
standen Bill und George.
"Wir haben es schon immer gewusst!", rief George lachend nach oben. "Wenn Snapey
das erfährt, wird er Luftsprünge machen!"
Ron wurde käseweiß und wechselte dann sofort auf knallrot. Er schob den Schnee
auf der Fensterbank zusammen, formte ihn zu einer Kugel und warf seine Brüder
damit ab, welche laut johlend Rache schworen. Aber bevor die Schneebälle aus
der Tiefe Ron treffen konnten, hatte er schon das Fenster zugeschlagen.
"Das werdet ihr büßen!", herausfordernd ließ er sich nieder und überlegte
kurz. "WÜRDET IHR EUCH WIEDER EINKRIEGEN!?", schrie er gereizt was nur noch
stärkere Lachkrämpfe hervorrief. Nach geschlagenen sieben Minuten wischte sich
auch der Letzte die Lachtränen aus den Augen und Ron nickte.
"So. Der Auserwählte, muss denjenigen küssen, der mit Namen als nächstes auf
ihn im Alphabet folgt."
"Hä?", Ginny sah ihren Bruder verwirrt an.
"Wenn der Hinweis der Zauberbox auf Sam zeigt, muss sie Amy küssen ... wenn er
auf Amy zeigt, muss sie dich küssen ... versteht ihr?", er sah fragend in das
Gesicht jedes einzelnen.
Alle nickten und Ron klopfte mit seinem Zauberstab demonstrativ auf die kleine
Box, als die keine Anstalten machte, einen Namen zu ernennen.
"Hey, Hubert. Aufwachen!"
"Lass ihm Zeit, Ron. Er ist schon sehr alt", sagte Ginny einsichtsvoll.
Nun soll es Mister Potter sein, der die Aufgabe zu bewältigen hat.
"War ja klar, oder?", Harry verdrehte seine grünen Augen und ging im Inneren
das Alphabet durch.
"Sam, du bist die Glückliche!", verkündete Ron.
Harry grinste leicht.
"Und was, wenn ich passe?", fragte er kleinlaut.
Auf dem Deckel der Zauberbox erschien eine eindeutige Antwort:
Fluch!
"Na dann", seufzte Harry. Er beugte sich über Hubert hinweg und näherte sich
der Blonden langsam, doch sie hielt ihn vorsichtig mit einer Handbewegung ab.
"Zuerst R dann S."
"Hm?"
"Harry, i, j, k, l, m, n, o, p, q, Ron, Sam ...! Ron, du bist der Glückliche",
sagte Amy beinahe drakonisch.
Ron wurde schlagartig bleich und auch Harry fiel alles aus dem Gesicht, er
rutschte unzufrieden zurück zu seinem Platz und sah dann zu Ron.
"Niemals!", meinten beide gleichzeitig. Ginny begann wieder zu lachen und auch
die anderen beiden Mädchen schmunzelten.
"Hey, wenn ihr es nicht macht, wird die Rache der Zauberbox tööööödlich
sein!", meinte Ginny im selben Tonfall wie anfangs. "Nicht wahr, Hubert?"
Es tauchte ein deutliches Ja auf der kleinen Kiste auf und Ginny streichelte den
kleinen Hubi liebevoll.
Ron und Harry seufzten panisch.
"Küssen, küssen, küssen!", begannen die drei Mädchen im Chor und Harry und
Ron sahen sich an.
Beide kniffen die Augen zu. Sam deutete schließlich auf eine Kamera im Regal
und Amy sprang leise auf, um sie zu nehmen. Sie war bereit für das Foto.
Harry und Ron schürzten die Lippen und die Mädchen versuchten nicht laut
loszuprusten. Die beiden Jungen bewegten sich fast in Zeitlupe aufeinander zu.
Es war für beide der reinste Horror, einen Jungen zu küssen. Das war einfach
zu ... schwul. Wenn sich zwei Mädchen küssten, dann spielten bekanntlich alle
männliche Hormone verrückt, aber wenn die Herren der Schöpfung dann ran
mussten, artete das schon in einen mittleren Skandal aus. Wenn davon jemals
jemand erfahren würde, dann könnten sie sich gleich kastrieren lassen, das
würde nicht viel Unterschied herbeibringen. Ron sah schon, wie seine Freunde in
Hogwarts ihn und Harry als Mädchen bezeichneten und ausschlossen aus allen
möglichen Gruppenereignissen, wie sie sie unter der Dusche verhöhnten und mit
dem Finger auf sie zeigten. Es war wie ein Todesurteil, wie eine Kastration mit
einem Buttermesser, wie eine vorzeitige Impotenz, wie ein Kuss mit einem
Dementor. Der Weltuntergang kam mit jedem Millimeter immer näher.
Kurz bevor sich die Lippen der beiden berührten machte Amy das Foto.
Die beiden küssten sich und stoben postwendend auseinander. Sie sahen schon wie
ganz Hogwarts durch die Apokalypse in sich zusammen fiel und dann langsam alle
Weltmeere von der Erdkugel rutschten, alle Gebirge schrumpften und mit den
Meeren hinabrutschten und eine riesige schwarze Wolke sich über die Welt legte
und mit einem lauten Knall alles verschwunden war.
Ron hatte das Gefühl, er hätte eine Bürste geküsst, Hermines Lippen waren
viel weicher und er schmeckte noch den Schokoriegel, den Harry vorhin verputzt
hatte.
Harry ekelte sich kein bisschen weniger. Er hatte versucht sich eine andere
Person vorzustellen, aber ihre Lippen schmeckten nicht nach salzigen Chips,
sondern nach Erdbeere und waren auch nicht so schlabberig, wie die seines besten
Freundes.
"Büäääächs!!!", Ron wischte sich demonstrativ über die Lippen und auch
Harry war sichtlich abgeneigt.
Als der Junge die Kamera in Amys Hand sah, hielt er inne.
"Hast du etwa-?"
Amy brauchte nicht zu antworten, Harry stürzte sich auf sie und sie schrie
panisch auf. Er lag auf ihr und versuchte ihr die Kamera zu entreißen, die sie
weit weg hielt.
"HILFE, ich werde vergewohltätigt!", sie begann zu lachen, als er anfing sie zu
kitzeln. Sie warf die Kamera Ginny zu. Diese fing sie und schob sie rasch zu Sam
rüber, welche sogleich von Ron attackiert wurde.
"Hey! Das ist unfair!", quietschte das blonde Mädchen.
Er rüttelte verbissen an dem Gerät, doch während Sam und er sich darum
stritten, murmelte Ginny ein paar Worte, die mit einem Schlag die Kamera
schrumpfen ließen.
Blitzschnell steckte Sam sich das kleine Stück in den Ausschnitt ihres
dunkelroten Pullovers und grinste zufrieden. Ron hatte in seinem Eifer glatt
vergessen, was er eigentlich tat und wollte der Minikamera mit seinen Händen
folgen. Aber kurz davor wurde er wieder aufmerksam. Er wurde knallrot und
schnellte von Sam weg.
"Wer ist nun dran?", fragte Sam mit einem diabolischen Lächeln auf den Lippen.
Amy und Ginny schlugen triumphierend ein.
Geschlagen platzierten sich die Jungs wieder in der Runde.
"Wenn du das Foto jemandem zeigst, werde ich böse Sachen mit dir anstellen,
Miss Lerel."
Sam streckte Harry bloß die Zunge raus, lächelte schelmisch und wies ihn
auffordernd an sich zu setzten.
Harry dachte nicht lange nach. Er wollte Rache...
"Der Nächste, der von diesem äußerst netten alten Holzkasten auserwählt
wird, muss bis zum Ende des Spiels - wann ist der Müll eigentlich aus? - in
Unterwäsche hier sitzen bleiben!"
Amy fiel die Kinnlade runter.
"Du weißt aber schon, dass auch du getroffen werden kannst, Potter", meinte
Ginny schmunzelnd.
"Sicher nicht, Ginny, mach dir mal keine Sorgen!"
Huberts Antwort schien dieses eine Mal besonders lange auf sich warten zu
lassen. In der Zwischenzeit war Sam zu Harrys Koffer gekrabbelt, um sich ein
paar von Hagrids Schokokeksen zu stibitzen.
Harry sparte es sich, das Mädchen zu rügen. Wenn es um Kekse ging, war das so
sinnvoll wie einer Eule das Schreiben beizubringen.
"Was ich???", schrie Amy jäh auf, als sie bemerkte, dass die drei Buchstaben
ihres Namens nun leuchtend auf der Zauberbox zu sehen waren. "Das ist nicht euer
Ernst, oder?" Sam kicherte, wurde aber sofort ruhig auf Amy strafenden Blick
hin.
Sie verschränkte abermals die Arme vor der Brust. "Das mach ich nicht ...
Vergesst es!"
"Aber die Rache der Box ist-"
"Tööööödlich! Ich weiß ... aber Hubert wird schon sehen, was er davon hat
sich mit mir anzulegen. Holz und Feuer verträgt sich nicht so ganz, hab ich mir
sagen lassen, ne, Hubi?", sagte Amy giftig. "Ich sterbe eher, als dass ich mich
ausziehe!"
"Stell dich nicht so an! Ich hab Harry geküsst ...", Ron verzog kurz wieder
sein Gesicht, bei dem Gedanken daran. "Das ist jetzt Gottes Rache für das
Foto."
Er beugte sich über Sam und zog an Amys weißer Bluse, die dann auch sofort
aufging. Amy sah ihn paralysiert an. Sie gab ihm eine Ohrfeige und sofort
ertönte eine Stimme hinter ihnen.
"Was wird das denn?"
Amy kniff ihre blauen Augen zusammen.
"Scheiße!"
"Wir spielen nur Tu es, Antworte, oder sei Verflucht, Fred", versuchte Sam Amy
zu verteidigen.
"Ja, das sehe ich ja."
Fred knallte die Türe zu, doch Amy sprang auf und lief ihm nach.
"Was ist dein Problem, Fred Weasley!?", im Laufen hatte sie sich wieder
angezogen.
Fred war auf dem Flur stehen geblieben und drehte sich zu Amy um.
"Mein Prob-", er sah über sie hinweg zu Rons Zimmertür, wo sich die vier
anderen neugierig tummelten und zog Amy in sein Zimmer, wo er die Tür schloss
und sich dagegen lehnte.
"Mein Problem ist, dass ich meiner Freundin nicht einmal vertrauen kann und dass
wenn wir uns streiten du gleich solche Sachen abziehst!"
"ICH SOLCHE SACHEN?", bellte sie. "DU hast doch mit der nächst besten geflirtet
und dich an sie rangemacht ... außerdem war das hier nur ein verdammtes Spiel,
dass ich schon bereute mitgemacht zu haben, bevor es anfing!"
"Wahrscheinlich war unsere Beziehung für dich ja auch nur ein Spiel! Sonst
hättest du mir ja von Anfang an gesagt, wer du bist!"
"Ich hatte meine Gründe!", schrie das Mädchen. "Gründe, die weit aus
wichtiger sind als unsere Beziehung! Wichtiger als jede Beziehung dieser
verdammten Welt."
Fred lachte verächtlich auf.
"Wer bist du? Dumbledores Geheimagentin?"
Amy schüttelte nur langsam ihren Kopf.
"Wenn du es so witzig findest, kann ich dir nur gratulieren, denn was auf uns
alle zu kommen wird, wir dich nicht mehr so fröhlich stimmen, Fred."
Sie drückte ihn zur Seite und riss die Türe auf.
"Warte jetzt", er wollte sie berühren, aber sie schlug seine Hand weg.
"LASS MICH IN RUHE!!", brüllte sie ihn an und stieß die Tür zu, um dann
hinunter in Ginnys Zimmer zu verschwinden. Abermals flog eine Tür ins Schloss
und der Fuchsbau vibrierte. Kaum auffallend.
"Wollt ihr noch spielen?", begann Harry vorsichtig, "Zu viert?"
Sie hatten alle die Auseinandersetzung mitbekommen und ihr gelauscht. Sam nickte
entschlossen.
"Sie will jetzt alleine sein. Ich hoffe Fred ist so schlau und merkt das."
"Das hoffe ich auch. Sonst gibt's Tote. Ich hab Amy noch nie so gesehen!",
murmelte Ginny. "Gut, egal. Machen wir weiter. Ich bin dran." Ginny überlegte
kurz. Eine rote Strähne hing ihr verspielt ins Gesicht. "Welchen Schüler aus
Hogwarts würdest du jetzt herholen, könntest du?"
Sie tippte Hubert kurz mit ihrem Zauberstab an.
Sam hoffte inständig, dass sie jetzt nicht die Wahrheit sprechen musste. Jetzt
war ihr klar, was sie antworten müsste.
Für den ersten Moment sah es so aus, als würde sich wieder Rons Name bilden,
doch die Umrisse der Lettern formten sich zu einem deutlichen Sam.
Der blonden Hexe stieg plötzlich Hitze vom Haaransatz bis zu ihren
Zehenspitzen.
"Ich weiß es nicht", sagte sie fest von ihren eigenen Worten überzeugt.
Das war gelogen und das wusste Hubert ebenso wie Ginny, Harry und Ron es
wussten. Sofort erschienen seltsame kleine Pünktchen in den Augen des blonden
Mädchens.
"Lüge!", sagte Ginny aufgeregt und sah Sam dabei eindringlich an. "Sag es, dann
sind die Punkte in deinen Augen weg, los!"
"Punkte? Ich habe Punkte in meinen Augen? HILFE! Macht sie weg!" Die drei
anderen fingen an zu lachen. Sam schnippte mit ihren Fingern und ließ einen
kleinen Handspiegel aus dem Nichts erschienen. "O Nein! Dabei wollte ich doch
nie Kontaktlinsen. Das ist eine Verwechslung, Hubert! Ginny wollte mit
Sicherheit schon immer violette Augen haben", zischte sie sarkastisch. Die
Punkte wurden größer und schon in absehbarer Zeit leuchteten markante
lilafarbene Augen aus Sams hübschem Gesicht. Es gruselte Sam, sich selbst so zu
sehen.
"Los sag es", feixte Harry.
"Vielleicht Wood?", murmelte Sam mehr fragend als antwortend. Doch die Punkte
wollten nicht weg gehen.
"Hör auf zu lügen Sam", grinste Ginny.
Sam holte tief Luft.
Sie hatte die Wahl. Ihr Leben lang mit lila Augen im Gesicht herumlaufen, oder
hier und jetzt allen gestehen, dass sie mit Draco Malfoy mehr als nur verhasste
Blicke ausgetauscht hatte.
"Ich", Sam kratze sich verlegen am Hinterkopf, "würde jetzt wohl am liebsten
... jemanden herholen namens", sie holte noch einmal tief Luft, "Draco."
"Draco?", fragten alle drei parallel.
Sams Augen wurden schlagartig wieder gänzlich dunkelbraun, was ihre Antwort
bestätigte.
"Malfoy. Draco Malfoy."
Allen Anwesenden verging der Spaß im Gesicht. Ginny setzte sich vor Schreck
wieder hin und Ron klappte den Mund immer wieder auf und zu, um etwas zu sagen,
was er nicht aussprechen konnte - wie ein Karpfen. Zu allem Überfluss begann
auch noch plötzlich Pig wie verrückt laut zu fiepen und schlug mit seinen
winzigen Flügeln ein Porzellanfigur zu Boden. Sie zerbarst in tausend Stücke,
was die kleine Eule nun noch aufgebrachter machte.
Harry sah Sam reglos an.
Auch Ginny und Ron nahmen keine Notiz von Pig.
"Sag das noch mal!", sagte Ginny ungläubig.
"Ich hätte am liebsten Draco bei mir", murmelte Sam.
"Wieso?"
Sam antwortete nicht.
"Seid ihr zusammen?"
Sam nickte ganz langsam und jetzt fand auch Ron seine Stimme wieder.
"WAS? BIST DU WAHNSINNIG? IRRE?? Oder besessen?"
"Nein ... vernarrt in ihn", verteidigte dich Sam, wobei sie eigentlich nicht
wußte, wieso sie sich zu verteidigen hatte.
Was hatte sie verbrochen?
"O MEIN GOTT!", Ron starrte Sam an, als wäre sie eine verdammt riesige, haarige
Spinne, die gerade auf ihn zukrabbeln wollte.
"Wie lange geht denn das schon?", fragte Harry die Blonde tonlos.
"Ungefähr seit drei Monaten", sagte Sam, ihren Blick in Harrys grünen Augen
gefangen.
Er blickte sie so wütend an. Wütend und auch traurig. Es versetzte ihr einen
Hieb.
"O MEIN GOTT!", Ron starrte Sam noch immer unverändert an.
"Jetzt mach mal einen Punkt, Ron! Immerhin hat sie niemanden umgebracht. Sie ist
nur mit jemandem zusammen", verteidigte Ginny sie.
"Ja, jemanden, den wir alle am liebsten umbringen würden und den wir bis aufs
Blut hassen", murmelte Ron.
Harry versuchte seine Lippen dazu zu bringen Worte zu bilden, doch er war
vollkommen unfähig etwas zu sagen. Es war also alles gespielt gewesen. Immer
wenn Draco und Sam in der Öffentlichkeit zusammen gewesen waren, hatten sie so
getan, als hassten sie sich.
Seine Gedanken überschlugen sich förmlich.
Es fielen ihm immer mehr suspekte Szenen ein, in denen er, sein größter Feind,
und sie, das Mädchen, das er glaubte zu lieben, alle anderen betrogen hatten.
Inklusive ihm.
Sein Herz brach ... tat es das wirklich?
'Fühlt es sich so an wenn einem das Herz bricht?', fragte sich Harry immer
wieder.
"Das muss ich mir nicht länger anhören!", schrie Sam Ron an, "Lasst es
verdammt noch mal mein Problem sein, in wen ich verliebt bin und in wen nicht!"
Sie sprang auf und lief aus dem Zimmer.
Die Türe knallte ein weiters Mal ins Schloss. Wieder wackelten die Wände.
"Das habt ihr ja super hinbekommen", sagte Ginny und stand dann auf um Sam nach
zu laufen.
Ron stierte seiner Schwester nach und wandte sich dann an Harry.
"Das ist doch ein schlechter Scherz ... Sam und dieses eklige Frettchen von
einem Slytherin!"
"Ich mach noch einen Spaziergang bevor deine Eltern kommen, Ron."
Harry verließ ohne ein weiteres Wort den Raum und ließ einen verwirrten Ron
Weasley, der sein Leben nicht mehr packte alleine zurück.
~*°*~*°*~
Harry wanderte ziellos durch die endlose Landstraße ohne wirklich in eine
Richtung zu sehen, er stolperte nur so dahin wie eine junge Katze, die sich
verlaufen hatte.
Er fühlte sich innerlich wie taub, als wäre das Leben, das durch seine Adern
geflossen war, irgendwie aus ihm herausgelaufen und alles was er tun konnte war
durch die Bewegungen des Lebens zu schleichen, ohne sie wirklich zu erleben. Er
musste allein sein, er brauchte Zeit um nachzudenken.
Als Sam ausgesprochen hatte, dass sie in Draco verliebt sei, hatte er sich
verraten gefühlt. Benutzt.
Seine erste Reaktion war Unglaube gewesen. Sicher wollte ihn Sam noch immer.
Aber als sein Geist gewandert war, hatte er angefangen zu verstehen, dass sie
sich schon viel früher von ihm entfernt hatte. Er hatte sich an einem Traum
festgehalten, einem von dem er nicht einmal mehr sicher war ob er ihn wollte. Es
war ein Traum, bei dem er sich geborgen fühlte. Geborgen und normal. Ganz
gewöhnlich. Er wollte einfach nur normal sein, er war es Leid, der "berühmte
Harry Potter" zu sein. Der Junge der lebt.
Konnte es sein, dass seine Liebe für sie, dass diese scheinbar tief verwurzelte
Bewunderung und sein Verlangen nach diesem hübschen Mädchen nichts weiter
waren, als eine reine Phantasie? Dass Harrys Besessenheit mit Liebe, sein
Verlangen danach gewollt und gebraucht zu werden, ihn hatte glauben lassen, dass
er wirklich in sie verliebt war? Es würde sicher erklären warum er sich so
fühlte.
'Aber ich liebe sie', widersprach er sich, und er war sich fast sicher, dass es
die Wahrheit war. 'Ich muss sie lieben.'
Er ließ sich in einer nicht gerade eleganten Bewegung auf den Boden sinken, und
seine Augen blinzelten schnell und ungläubig über diesen letzten Gedanken.
~*°*~*°*~
Amy saß alleine in Ginnys Zimmer und starrte abwesend in den gleißend weißen
Schnee. Die Landschaft war so rein und unschuldig, ganz im Gegensatz zu ihrem
Leben und ihren Gedanken.
Alles war schief gegangen. Sie war eine Zeit lang fast glücklich und konnte
ihre Vergangenheit bis aufs Weitere vergessen. Wegen Fred. Sie liebte ihn über
alles und sie war sich sicher, er war ihre große Liebe.
Dann tat er so etwas Verletzendes.
Bei dem Gedanken an ihn, musste sie anfangen zu weinen, aber sie weinte stumm.
Sie hatte gelernt, ihre Gefühle mehr oder weniger unter Kontrolle zu haben ...
sie lebte sonst zu emotional und überhaupt war es ein Wunder, dass sie Fred so
nah an sich gelassen hatte.
Normalerweise hielt sie immer alle auf Abstand, um nicht zu verletzen oder
selbst verletzt zu werden! Sie wusste, die Menschen, die sie liebte, würden
früher oder später nur verletzt werden und von ihrer Vergangenheit eingeholt
werden.
Ihre Vergangenheit war wieder Gegenwart geworden. Sie versuchte ihre Tränen zu
trocknen und sah weiterhin nach draußen. Wie gern wäre sie so unschuldig wie
der Schnee.
Im Grunde war sie es ja auch. Sie konnte nichts dafür, das sie war, wie sie
war. Sie war es einfach. Keiner trägt wirklich Schuld an seinem Sein!
Seufzend warf sie sich zurück und starrte an die Decke.
'Ich will nicht mehr...'
Ständig war sie auf der Flucht, ihr ganzes Leben bestand nur aus Flucht. Es gab
nur eine Erlösung ... es einfach zu beenden. Aber sie konnte Sam nicht alleine
lassen, oder Fred, oder ihre Großmutter. Dafür liebte sie alle drei viel zu
sehr ... sie hatte Angst. Sie hatte wieder die Angst wie vor einigen Jahren, die
sie nicht aufstehen ließ. Die sie paralysierte und es unfähig machte, zu
fühlen, zu atmen ... zu leben. Die Angst, die sie jedes Mal erstarren ließ,
wenn ihr bewusst wurde, was sie war.
WER sie war. Sie wusste es nicht mehr wirklich ... sie wusste nicht, wo sie
hingehörte und was sie war. Sie wusste nur, dass sie zu Sam gehörte ... und
dass sie sie brauchte, wie eine Schwester. Sie waren mehr als nur Freunde. Sie
waren wie Schwestern ... ihr Schicksal hatte sie zusammengeschweißt.
Wieder liefen Tränen über ihre zarten Wangen.
~*°*~*°*~
Wie eine Schwester, so war Amy für Sam immer gewesen. Vielleicht war sie sogar
noch mehr als eine Schwester. Deshalb auch die Einzige, die dafür Verständnis
aufbrachte, dass sie in jemanden verliebt war, den andere so sehr verachteten.
Jemanden, in den sie eigentlich nicht verliebt sein durfte. Aus so vielen
Gründe sollte sie nicht mit Draco zusammen sein.
Er war Todesser. Das wusste Sam schon seit geraumer Zeit. Und sein Vater war
einer der treuesten Gefolgsleute von Lord Voldemort.
Ihre Verbindung war gefährlich - für beide Seiten.
Aber Sam wusste, dass Draco sie nie verraten würde. Das wusste sie, weil sie es
in seinen Augen sehen konnte. Obwohl sie nach Außen hin kalt waren, strahlten
sie im Inneren Wärme aus. Eine Wärme, die wenige Menschen nur finden konnten.
Warum konnten Harry und Ron es nicht akzeptieren? Warum würden alle anderen es
nicht akzeptieren?
Sam ließ sich an der Wand herunter sinken und starrte geradeaus auf den
Küchentisch.
Harry.
Sie hatte ihn verletzt.
Sie war so sehr mit sich beschäftigt gewesen, dass sie Harry ganz vergessen
hatte. Sie hatte mit seinen Gefühlen gespielt. Wie mit einem alten Quaffel, der
nichts mehr wert war.
'Warum war ich so verdammt egoistisch?', dachte sie bei sich, sie kämpfte mit
sich, wollte weinen.
Doch sie konnte nicht.
Schuld? War es das was sie jetzt empfand? Oder Selbsthass?
Sie wusste es nicht.
~*°*~*°*~
Fred saß draußen im Schnee. Er hatte es nicht mehr ausgehalten und sich nach
draußen geflüchtet. Langsam fühlte er sich wirklich unwohl. Er hätte nie
gedacht, dass Amy ihm ihr Leben verheimlicht. Er dachte er kannte seine Amy.
Aber dann schlug es ein wie eine Bombe und sie fing auch noch an mit ihm zu
streiten!
Er konnte es nicht glauben, wie sich innerhalb eines Tages doch alles verändern
konnte. Er war enttäuscht, traurig, wütend und verletzt auf einmal. Er hatte
nicht gedacht, dass ein einzelner Mensch so viele Emotionen auf einmal empfinden
konnte, aber Amy schaffte es, dass er so empfand.
Amy brachte ihn immer dazu so zu empfinden, wie er es noch nie getan hatte. Er
war eigentlich richtig glücklich, liebte sie über alles, gleichzeitig hasste
er sie auch für alles, was sie ihm antat, was sie ihm nicht sagte und was sie
vor ihm verheimlichte. Er dachte sie sei offen zu ihm gewesen, er dachte es zu
wissen ... aber das Einzige, das er sicher wusste, war, dass er sie liebte und
nicht mehr ohne sie sein konnte.
~*°*~*°*~
"Hier nehmt euch Kekse, Kinder! Wir haben reichlich davon", Ms Weasley ließ den
riesigen Teller zu Harry schweben.
Er nahm sich einen Keks und blickte weiterhin auf den Boden - in Gedanken
vertieft.
Alle saßen auf dem Boden im Wohnzimmer, vor dem Weihnachtsbaum. Der Tag hatte
Sam in einer Art überfordert und sie hoffte nur noch, dass er bald zu Ende war.
Selbst die Geschenke interessierten sie nicht mehr wirklich, obwohl sie
natürlich mit einem seligen Lächeln davor saß.
"Frohe Weihnachten", sagte Harry schließlich und nahm sie kurz in den Arm. Für
einen Augenblick ließ sie sich dies auch gefallen, dann entwand sie sich ihm.
Auch der Rest der Familie verhielt sich nicht wie sonst.
Amy saß weit weg von allen anderen im Liegestuhl und blätterte im
Sprüchealbum, welches Sam ihr geschenkt hatte. Ab und zu schmunzelte sie, doch
eher unwillkürlich.
Harry lehnte an der Wand und ließ sich von Ms Weasley seinen Pulli zu Recht
zupfen, immerhin war er seit den letzten Jahren um einiges gewachsen, also saß
der Pulli nicht so ganz, wie er es wollte.
Fred unterhielt sich mit seiner kleinen Schwester, Mr Weasley, George und Bill
spielten mit dem Handy, das Harry ihnen bei ihrem Besuch in der Londoner
Innenstadt gekauft hatte, und versuchten ständig irgendwelche Leute anzurufen.
Ron saß abwesend vor dem Kamin und starrte in die Flammen, in der Hoffnung,
dass sie doch noch irgendwann grün werden würden und Hermine in ihnen
auftauchen würde.
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Nach einem geschlagenen Monat endlich wieder ein Kapitel! Freude! ;)
Wir hoffen inständig, dass euch gefällt, was wir mit viel gemeinsamem Lachen
und Grübeln mühsam produziert haben (:
Es ist denk ich mal ein wenig anders, als die bisherigen Kapitel ... weil doch
so viele verschiedene Ereignisse zusammenkommen. Aber wirklich jedes Detail in
diesem Pitel hat seinen tieferen Sinn ;)
Hab euch lieb! °knuddl°
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