Kiss The Rain von Ryuu-chan (Ryuichi x Shuichi) ================================================================================ Kapitel 1: Prolouge +++ We've Got Tonight ----------------------------------------- Kiss the Rain Autor: Ryuu-chan aka Set-Chan E-Mail: Setsuna-Chan@onlinehome.de Thema: Gravitation Pairings: Ryuichi x Shuichi, Eiri x Shuichi, Eiri x ? Authors note: Diese Geschichte ist eine Fortsetzung meiner Songfic "We've Got Tonight", sie ist hier als Prolog eingearbeitet, wurde aber an manchen Stellen verändert. Vielen Dank an Zari, die mich mit einer e-Mail auf die Idee gebracht hat, die Story weiter auszuarbeiten. Dankööö! *knuff* Ich hoffe es ist nach eurem Geschmack! Zur kurzen Beschreibung der Geschichte: *hehe* Etwas anders als die Erste; mehr Intrigen, Lügen... vielleicht auch ein bisschen viel Blut, Shizophrenität, Gewalt... aber natürlich wurden auch Ryu x Shu nicht vergessen! ^.^ Lasst euch einfach überraschen! Falls die Story an sich etwas zu undurchschaubar wird: Gomen nasai! Ich versuche mein Bestes! Auch direkt eine große Entschuldigung für die Länge der Geschichte... das -wird- dauern... @_@ Widmung: Für alle Gravi-Begeisterten! Und speziell für die, die Pairing Shu x Ryu verrückt sind! Ich grüße auch mal ganz lieb Dev und Zarc chan! *winke* Huhu! X3 *wahaha* Und auf gar keinen Fall zu vergessen ist Kerstin, *eg* die mir mit ihren *arrrg* intellektuellen Ergüssen so toll geholfen hat! *knuff* Sieh dir ruhig an, was du angerichtet hast! =^_^= Disclaimer: Maki Murakami owns them all... *sigh* Bis auf zwei... aber dazu später. :P Warnings: Songfic, Yaoi/ Lemon/ Lime - Was ihr wollt. :) Spoiler sind fast immer dabei, ich weise aber noch mal explizit darauf hin. Prolouge +++ We've got tonight Langsam sah Ryuichi von seinen Notizen auf die Uhr über der Tür. Seufzend stellte er fest, dass es bereits nach zwölf war und legte die losen Zettel in seiner Hand auf den Wohnzimmertisch. "Shu-chan, sollten wir nicht besser Schluss machen für heute?" sein Blick glitt zurück auf Shuichi, der auf der links neben ihm stehenden Couch saß und ebenfalls über einen Stapel von voll gekritzelten Blättern brütete. Der Angesprochene sah auf und blickte ebenfalls auf die Uhr. "Un, vielleicht hast du Recht...." zum Abschluss gähnte der pinkhaarige Sänger einmal herzhaft, wobei er die Gestik einer Katze nur ganz knapp verfehlte. Der Tag war lang gewesen. Nachdem K die Sitzung im Studio beendet hatte, waren die zwei zu Ryuichi gegangen und hatten bis jetzt an neuen Texten gearbeitet. Ryuichi hatte dem jüngeren Sänger Hilfe angeboten, die natürlich nur zu gerne angenommen worden war. Dass Shuichi sich oft stundenlang bei Ryuichi aufhielt war nun nicht mehr selten. Verträumt lächelnd beobachtete der grünhaarige, wie sich der jüngere ausgiebig streckte. Seine Gefühle für Shuichi hatten sich bis jetzt nicht geändert. Er empfand sehr viel für ihn, das hatte er direkt bei ihrem ersten Treffen bemerkt. Doch leider gab es da schon jemanden... "Ist etwas, Sakuma-san?" Shuichi's Stimme riss Ryuichi aus seinen Gedanken. "Nein, nein na no da! Bist du müde, Shui~chi?" Ein bezauberndes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Das war knapp gewesen. Ryuichi wollte sich lieber nicht ausmalen, was passieren würde, wenn Shuichi von seinen Gefühlen wusste. So wie es jetzt war, war es gut; Ryuichi konnte sich zu Shuichis besten Freunden zählen und so oft mit ihm zusammen sein, wie er wollte. Mehr wünschte er sich nicht. Eigentlich... "Nicht direkt, aber ein bisschen geschafft. Ich glaube mein Kopf rotiert..." antwortete Shuichi und rieb sich den Schädel. Seine Augen verrieten jedoch, dass ihm etwas Schlaf sicherlich nicht geschadet hätte. "Vielleicht tut mir die frische Luft ganz gut." Mit diesem Satz erhob sich der jüngere Sänger und packte seine Sachen zusammen, die er achtlos in eine verwaschene Umhängetasche stopfte. Ryuichi beobachtete ihn stumm. Warum konnte er heute nicht einfach.... "Mahh! Will Shu-chan wirklich alleine nach Hause gehen? Ryuichi könnte ihn auch bringen..." Shuichi sah auf und lächelte müde, errötete dabei leicht. "Nein danke, Sakuma-san. Es ist ja nicht weit, außerdem wird Yuki bestimmt wieder böse sein, weil ich so spät bin..." Das Lächeln auf seinem Gesicht starb und ein merkwürdiger Ausdruck machte sich in seinen blauen Augen breit, den Ryuichi sofort registrierte. "Ist Yuki wieder gemein zu Shu-chan...?" fragte der ältere stirnrunzelnd, legte dennoch den kindlichen Ton in seine Stimme. Er konnte mittlerweile schon gar nicht mehr zählen, wie oft Shuichi weinend in seinen Armen gelegen hatte. Wegen Yuki. Ohne Ryuichi anzusehen, sammelte Shuichi weiter die Blätter ein, die er rund um das Sofa und auf dem Tisch verteilt hatte. Natürlich war Yuki gemein zu ihm gewesen; wie eigentlich immer. Allerdings konnte Shuichi dieses Mal keinen Grund dafür finden, warum der blonde Schriftsteller in letzter Zeit immer schlecht gelaunter war. Dass es nur daran lag, dass Shuichi meist sehr spät nach Hause kam, konnte er sich nicht vorstellen, schließlich war Yuki doch immer froh gewesen, Ruhe vor seiner "Nervensäge" zu haben. Noch dazu redete er kaum mit ihm, was eine Aussprache fast noch unmöglicher erscheinen ließ. Es war zum verzweifeln. "Na ja....ich habe ihn seit Wochen kaum gesehen." Mühsam versuchte Shuichi seine Gedankengänge zu unterbrechen, was ihm allerdings nicht hundertprozentig gelang und ging währenddessen langsam in Richtung Haustür. Ryuichi stand nun ebenfalls auf und folgte ihm schweigend. Er spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. "Wenn dieser Baka nicht redet...." Noch immer sah der rosahaarige zu Boden, sodass Ryuichi ihm nicht in die Augen sehen konnte. Shuichis rechte Hand drückte bereits die Türklinke herunter. "Shu-chan...?" mit einem besorgten Gesichtsausdruck musterte Ryuichi sein Gegenüber und legte dabei seinen Kopf schief. Die Tränen, die Shuichis Wangen herab liefen, konnten selbst nicht mehr die pinken Haare verdecken. Wie gern hätte er den Jungen jetzt einfach.... "Er kommt immer später nach Hause.... wer weiß was er treibt." Bei diesen Worten hatte Shuichi die Türe ein Stück geöffnet und grinste Ryuichi traurig an. Und in diesem Moment schien sich ein versteckter Hebel in Ryuichis Kopf umzulegen. ((Sooo, jetzt macht mal alle euren CD Player oder was auch immer an... ^.~)) I know it's late, I know you're weary I know your plans don't include me Langsam aber bestimmt nahm Ryuichi die Türklinke aus der Hand des jüngeren und schloss die Tür wieder. Unmerklich veränderte sich sein Gesichtsausdruck; mehr und mehr schwand das Kindliche in ihm. Blaue Augen sahen ihn fragend an. "Dann... bleib hier." Ryuichi's rechte Hand fand ihren Weg hinauf zum Gesicht des anderen, trocknete die Tränen. Er konnte es selbst kaum glauben, was er gerade im Inbegriff war zu tun. "Hier bei mir." Shuichi wusste nicht wie ihm geschah und lief gegen seinen Willen rot an. Er hatte mit allem gerechnet, mit einem Scherz, einem Knuff oder was auch immer Sakuma-san-like war - aber dass er plötzlich so ernst wurde und diesen Blick aufsetzte, den man sonst immer nur auf der Bühne von ihm zu sehen bekam, veranlasste seinen Rücken dazu unter einer Gänsehaut zu erschaudern. Ryuichi's linke Hand packte unterdessen die Tasche um Shuichis Schulter und setzte sie auf dem Boden ab. Dabei ließ er den jüngeren keinen Moment lang aus den Augen. "Sakuma-san, ich...." Shuichi verstummte, als er plötzlich merkte, wie der ältere ihn sanft zu sich zog. Zwei Arme schlossen sich fest um ihn, sodass er für einen Moment den Atem anhielt. War es das Gefühl, was er so vermisste? Der Griff festigte sich und als Shuichi einatmete, war Ryuichis Geruch überall. Ryuichi war überall. Geborgenheit; das war es, wonach er sich immer gesehnt hatte. Sie war immer schon da gewesen, nur hatte er sie bis jetzt nie bemerkt. "Ryuichi..." Während sich weitere Tränen lösten, umschlang er sein Gegenüber ebenfalls. Er wollte einfach, dass man ihn nie wieder loslassen würde. Still here we are, both of us lonely Longing for shelter from all that we see Why should we worry, no one will care, ohh Look at the stars now so far away "Ich weiß, dass ich dir niemanden ersetzten kann, Shuichi." Ryuichis Stimme glich einem heiseren Flüstern, als er plötzlich die Stille unterbrach, die bis jetzt nur von Shuichis Schluchzen unterbrochen worden war. Sanft fuhren seine Finger durch das weiche pinke Haar. Ihm war klar, dass er niemals Yuki's Platz einnehmen konnte. Nicht in dieser Situation. Vielleicht war es Selbstsucht, sich diese Lage zu Nutze zu machen, aber Ryuichi wusste, dass auch sein Shu-chan im Grunde einsam war. Einsam so wie er selbst. Shuichi antwortete nicht, statt dessen fuhr der grünhaarige fort. "Nur heute Nacht." Shuichi löste sich soweit von ihm, sodass er ihm in die Augen sehen konnte, erschauderte direkt unter dem Blick des anderen. "Wir können nicht..." setzte er an, brach aber direkt wieder ab. Würde es alles nicht noch schlimmer machen wenn er heute hier bliebe? Er wollte nur zu gern, alles in ihm schrie danach, schließlich war er auch nur ein Mensch. Aber dennoch war da dieser leise Zweifel in ihm. "Wen würde es kümmern?" flüsterte Ryuichi wieder und strich mit einem Finger über Shuichi's Lippen. Als Antwort darauf schloss dieser die Augen. "Yu...ki...." antwortete er gepresst. "Er beachtet dich nicht einmal...." langsam senkte sich Ryuichis Kopf. Ja, Ryuichi hatte Recht. Warum sollte er sich um Yuki Sorgen machen? Er würde es wahrscheinlich nicht einmal bemerken, wenn er eine Woche lang nicht mehr nach Hause kam. Ryuichi war da. War für ihn da. Was wollte er also mehr...? We've got tonight Who needs tomorrow? We've got tonight Babe Why don't you stay? Shuichis Hand griff tief in den Stoff von Ryuichis gelbem Pulli, während seine Lippen durch die des anderen in einen innigen Kuss gebannt wurden. Die Zunge des älteren bot um Einlass, der ihm nur zu gern gewährt wurde. Ryuichis Küsse waren so süß, so wie es sich Shuichi es niemals hätte vorstellen können. Selbst in seinen entferntesten Träumen nicht. Ihre Zungen fochten ein Duell, als sich die Hände des grünhaarigen um den Po des anderen schlossen. In diesem Moment zog sich Shuichi an seinem Gegenüber hoch und kreuzte die Beine um dessen Hüfte. "Mhhmmm....." stöhnte Ryuichi in ihren Kuss hinein, als er das zusätzliche Gewicht tragen musste. Shuichi klammerte sich beinahe verzweifelt an ihn, sodass er an der nächsten Wand nach Halt suchen musste, um nicht vornüber umzukippen. Tief holte der grünhaarige Sänger Luft, als er Shuichis Rücken mehr oder weniger sanft an der Flurwand abstützte und seine Hände suchend über das runde Hinterteil des anderen gleiten ließ. Die Beine des jüngeren umschlangen Ryuichis schlanken Körper mit aller Kraft; fast schon ebenso verzweifelt schnappten seine Lippen immer und immer wieder nach dem Mund seines Gegenübers. Süße Tränen vergoss er. Tränen, die schon viel zu lange Zeit zurückgehalten wurden. Shuichis vor Erregung zitternde Finger fuhren über das Gesicht des älteren, spürten die zarte, wohlriechende Haut darunter nur zu deutlich, bis sie sich letztendlich in der grünen Haarpracht vergruben. Er wünschte sich mit einem mal, dass dieser Moment niemals enden solle... Selbst als Ryuichi ihn wieder auf die eigenen Beine stellte, ließ Shuichi ihn nicht los. Rückwärts ließ er sich von dem älteren Sänger gen Schlafzimmer drängen und nicht den Bruchteil einer Sekunde trennten sich ihre Lippen voneinander. Wie im Rausch riss er sich an Ryuichi blutig. Mehr, immer mehr. Es tat so verdammt gut... Erst als der pinkhaarige durch sanfte Gewalt auf das weiche Bett herabgelassen wurde, konnten beide für einen kurzen Moment Luft holen. Schwer atmend sahen sie sich an, fast so als ob nur noch der Startschuss zu ertönen müsse. Lusttrunkene Blicke glitten durch die wie elektrisierte Luft. Shuichi merkte, wie ihn seine eigenen, unterdrückten Gefühle übermannten. Sein Blick glitt an der wohlgeformten Statue vor ihm herab und in diesem Moment konnte er einfach nicht anders, als mit seiner Hand die Brust des anderen zu befühlen. Langsam glitt sie tiefer, schob sich heimlich unter den störenden Pulli und fand warme Haut. Aufmerksam beobachtete er dabei Ryuichi, dem das offensichtlich zu gefallen schien. Er biss sich leicht auf die Unterlippe und musterte den Jungen, der vor ihm auf dem Bett saß. Wie sehr er ihn in diesem Augenblick wollte, vermochte er nicht mehr in Worte zu fassen. Shuichi beugte sich plötzlich nach vorne und ließ seine Hände unter dem Hosenbund verschwinden. Heute Nacht würde er nicht alleine sein. Was er sich schon so lange gewünscht hatte - es stand vor ihm. Deep in my soul, I've been so lonely All of my hopes, fading away I've longed for love, like everyone else does I know I'll keep searching, even after today Der Knopf war schnell geöffnet, selbst der Jeans war sich schnell entledigt. Mit kleinen, sanften Küssen liebkoste Shuichi zunächst den Bauch des anderen; saugte hier und da und erntete dafür eine Gänsehaut, manchmal sogar ein verhaltenes Stöhnen. Ryuichi strich währenddessen langsam durch das weiche Haar vor ihm, von dem ein verführerischer Duft ausging. Allein Shuichis Nähe zu spüren ließ Ryuichi seine triste Umwelt wieder ganz anders erblicken. Dass er nun hier, so nah war, konnte er noch immer nicht ganz glauben. Der grünhaarige Sänger erschauderte plötzlich am ganzen Körper, als er eine angenehme Wärme um seine bereits stark angeschwollene Länge spürte, die schnell viel mehr als nur angenehm zu werden begann. Eine fordernde Zunge umspielte seine Spitze mit solch gekonnten Bewegungen, dass Ryuichi am liebsten hier und jetzt gekommen wäre. "Shu-chan..." sanft drückte er Shuichi etwas von sich weg, sank vor ihm auf die Knie, schob seine Hand unter Shuichi's Kinn und ließ die Lippen des anderen erneut die seine spüren. Ebenso schnell wie Ryuichis Hose war auch Shuichis Unterbekleidung entfernt. Fordernd drängte Ryuichi den jüngeren nun auf den Rücken, sodass er vollständig über ihm lag. Seine Hand fand Shuichis Mitte, begann langsam mit ihr zu spielen. Ein tiefes Stöhnen brachte der pinkhaarige in ihren Kuss ein; forderte aber sogleich nach mehr und schob seinen Unterleib in die Richtung der Quelle, die ihm in diesem Moment so unglaubliche Gefühle schenkte. Langsam massierte die Hand ihn, wobei der Daumen sich nach einiger Zeit besonders auf die Spitze konzentrierte. In Stößen kamen Shuichis Atemzüge und sein unkontrolliertes Stöhnen verriet, dass er sich nicht mehr lange zurück halten konnte. So that there it is We've got it all now And here we are What do you say? "Erlösen wir dich..." flüsterte Ryuichi dem anderen leise ins Ohr, während er nach einem kleinen Töpfchen auf seinem Nachttisch griff, dessen Inhalt er behutsam um Shuichis Öffnung verteilte. Als er langsam mit zwei Fingern in ihn vordrang, entwich Shuichi ein heiserer Aufschrei, den der andere lächelnd zur Kenntnis nahm. Da hatte er es gefunden; das Zentrum seiner Lust. Immer tiefer drang er, nun mit einem Finger mehr in ihn ein, beugte sich dabei vor und ließ seine Zunge den salzigen Geschmack Shuichis Brust schmecken. Als Shuichi tief wie in tiefster Qual stöhnend seinen Rücken durchdrückte, ließ Ryuichi von ihm ab und ersetzte kurzerhand seine Finger durch ihn selbst. We've got tonight Who needs tomorrow? We've got tonight Why don't you stay? Laut schrie Shuichi auf, krallte seine Finger in die Oberarme des Mannes über ihm, der ihm mit immer tiefer werdenden Stößen immer größere Lust bereitete. Sein Becken drängte scheinbar schon von ganz allein in Ryuichis Richtung. Plötzlich war da auch noch Ryuichis Mund, der mit sehr fordernden Bewegungen seine Brustwarzen einnahm. Ryuichi - er war einfach überall. I know it's late, I know you're weary I know your plans don't include me Still here we are, both of us lonely Both of us lonely Immer schneller ging beider Atem. Keuchend hauchte Shuichi immer wieder Ryuichis Namen, warf seinen Kopf dabei wie im Wahn hin und her. Wie aus weiter Ferne wurde er dem durchdringenden Blick über ihm gewahr. Noch ein, zwei Mal stieß der ältere zu - und alles um ihn herum wurde klar. So klar wie noch nie zuvor. Mit übergroßer Deutlichkeit gewahrte er die kleinen Schweißperlen, die an Shuichis Schläfen keinen Halt mehr fanden und langsam auf seinen bebenden Hals zuflossen. Auch das Zittern des schlanken Jungen unter ihm spürte er bis tief in seinen eigenen schweißgetränkten Körper. Als sich Shuichi noch ein Letztes Mal schreiend aufbäumte und seine Finger schmerzhaft in den Rücken des anderen grub, war Ryuichi als ob er einem hellen Licht entgegen ging. Er schrie laut auf. Er war hier. Hier bei ihm. Vielleicht nur für diese eine Nacht. Vielleicht würden sie sich nie wieder sehen, aber was zählte, war das Jetzt. Nichts weiter. Wen kümmerte schon das Morgen, wenn man dieses Gefühl, das ihn in diesem Moment durchströmte nur auf Ewig andauern lassen könnte...? We've got tonight Who needs tomorrow? Let's make it last Let's find a way Turn out the light Come take my hand now We've got tonight Why don't you stay? Why don't you stay? Kapitel 2: Track 1 +++ Awaken ----------------------------- Track 1 +++ Awaken Authors note: (für die animexx-Gemeinde) Gomen nasai, dass der Prolog direkt in die Adult Section gestellt wurde! >_< Wer es nicht lesen kann, der schaue entweder hier www.project-angel-sanctuary.de.vu nach, oder hinterlasse mir ein Kommentar mit e-Mail Addy. ^_~ Mit einem lautlosen Aufschrei erwachte Shuichi schweißgebadet und schrak von seinem provisorischen Nachtlager auf der Couch hoch. Schwer atmend wischte er sich die kleinen Schweißperlen aus dem Gesicht und sah sich in dem dunklen Zimmer um. Das Geräusch seines eigenen Herzschlages ließ ihn sich ein wenig beruhigen. Was hatte er da gerade eben geträumt? Mit einem Ruck schlug er die Bettdecke zur Seite und setzte sich vollends auf. Der pinkhaarige Sänger konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken als er seine revoltierende Boxershorts erblickte, die sich ihm fröhlich entgegenstreckte. Es war zum Mäuse melken! Erneut stöhnend vergrub er seine immer noch zitternden Finger in die zerzausten Haare und schluckte trocken. Seine Kehle fühlte sich an, als ob er einen zehnstündigen Marathon mit offenem Mund mitten durch die Wüste gemacht hätte. Und so fühlte er sich selbst auch. Seit Tagen, vielleicht auch Wochen (Shuichi hatte es versäumt die Tage zu zählen) schlief er nun schon jede Nacht einsam auf der Couch. Wie Yukis Bett aussah - davon träumte er schon nicht mal mehr... was ihn allerdings nicht davon abhielt von anderen Männern zu träumen... bemerkte der Sänger trocken. Und dieser andere Mann war kein anderer als Sakuma Ryuichi, Shuichis größtes Vorbild. Verwirrt oder vielleicht auch etwas irritiert über die Tatsache, dass er gerade den besten Sex seines Lebens hatte (wenn auch nur mit der Hilfe seines eigenen Unterbewusstseins...) und das wohl bemerkt NICHT mit dem Schriftsteller Eiri Yuki, ging der junge Sänger in die Küche und schaffte es, sich aus dem Gewühl von leeren Bierdosen noch irgendwo eine Flasche ganz normales Wasser zu beschaffen. Während er diese ansetzte und mit hastigen Zügen zu trinken begann, zauberte er zudem noch aus einem Küchenschrank eine angefangene Tüte Erdbeersticks; wahrscheinlich die letzte dieser Art in der Wohnung. Nachdem er seine Lieblingsspeise bis auf ein paar Krümel fast vollständig verputzt hatte und sich seufzend in die Couch zurück fallen ließ, sah die Welt doch schon wieder ganz anders aus. Sogar ein kleines, zufriedenes Lächeln machte sich auf dem ziemlich schmal und blass aussehenden Gesicht des Sängers breit, was selbst Shuichis Kollegen in letzter Zeit ungewohnt selten zu sehen bekamen. Das alles hatte unter anderem mit der Couch zu tun und - wie sollte es auch anders sein - mit Yuki Eiri, Shuichis Lebensgefährte; wenn man das denn so nennen konnte. Selbst der sonst so fröhliche Shuichi wusste im Moment nicht einmal mehr was er Yuki bedeutete. Das Lächeln verschwand und machte einer nahezu versteinerten Miene Platz. Shuichi erinnerte sich nicht mehr genau wann es mal wieder passiert war; er hatte mit Yuki gestritten. Eigentlich war es gar kein richtiger Streit gewesen, dennoch waren die Folgen verheerend. >> Flashback << Das Geräusch der ins Schloss fallenden Haustür ließ Shuichi aufhorchen. Yuki war wieder zurück! Über alle Backen grinsend ließ der pinkhaarige Sänger beinahe den Topf fallen, den er in der Hand hielt und stürmte aus der Küche. Mit einem äußerst nervigen, aber dennoch liebenswerten "Yuuuukiiiiiiii!" breitete er die Arme aus und erwartete den blonden Schriftsteller im Flur - zu seinem Erstaunen war er nicht dort. Ein paar mal zwinkerte er erstaunt, bis ihn ein Geräusch aus dem Wohnzimmer herumfahren ließ. Seltsam, Yuki begrüßte ihn doch sonst immer... Auch wenn die Begrüßung meist nur aus einem mürrischen "Bin wieder da..." bestand. Dennoch ließ sich Shuichi seine Vorfreude auf Yuki nicht nehmen; schließlich war er drei Tage auf einem wichtigen Kongress in Kyoto gewesen (das jedenfalls hatte ihm Yuki mit nicht viel mehr als zehn Worten in seiner Verabschiedung erklärt...). Mit einem beinahe schon manischen Glitzern in den Augen tänzelte der junge Sänger schließlich in dem Wohnraum des Apartments, das er zusammen mit dem Schriftsteller bewohnte um den zweiten Anlauf zur Begrüßung zu machen. Hätte er einen Schwanz gehabt ((nein, nicht was ihr denkt... >_<)), dann hätte er sicherlich damit gewedelt. "Yuuukiiii, du bist wied-" Mitten im Satz wurde Shuichi grob unterbrochen. Auch der eigentlich geplante Überfall auf den blonden Mann wurde gestoppt. "Tu mir einen Gefallen und verschwinde." Als erste Reaktion auf diesen ruppigen Tonfall folgte ein erneutes Zwinkern von Shuichi, dieses Mal jedoch erkannte man an seinem Blick, dass ihn die Worte des Mannes verletzt hatten. Er schluckte kurz und versuchte so das ungute Gefühl zu vertreiben, das sich in seinem Bauch breit machte. Die nagende Angst, dass es zwischen ihm und Yuki wieder so würde wie früher, begann an ihm zu nagen. Erneut setzte Shuichi an, mit dem blonden Schriftsteller ein Gespräch zu beginnen. "A-no Yuki, ich dachte du freust dich mich-" abermals unterbrach ihn die raue Stimme seines Gegenübers. "Warum sollte ich mich freuen dich zu sehen...? Ha..." Yuki wand Shuichi den Rücken zu und zündete sich eine Zigarette an. Der blaue Rauch hang über ihm wie eine Gewitterwolke. Shuichi senkte leicht verstört den Blick. Was war passiert? Yuki benahm sich so, als ob er getrunken hätte, aber - gleich so aggressiv? Ein prüfender Blick des Sängers bestätigte seine Vermutungen. Der blonde Mann schwankte leicht und wenn ihn nicht alles täuschte, hatte er ziemlich blass und übermüdet gewirkt. Es kostete Shuichi viel Mühe, erneut eine Unterhaltung zu beginnen. Sein naiver Tonfall fiel ihm dabei gar nicht auf. "Yuki, du hast getrunken, oder? Was... was ist denn... passiert...?" Die heftige Bewegung, mit der sich Yuki zu ihm herumgedreht hatte, gepaart mit einem schon fast tödlichen Blick, ließ Shuichi bis auf das Äußerste zusammen fahren. "Was geht DICH das an?" Dass er gerade das "dich" so eindeutig betonte, traf Shuichi am meisten. Ja, was ging es ihn an? Er wich dem stechenden Blick der goldenen Augen aus und trat nervös er von einem Bein auf das andere. Yukis eisige Blicke spürte er so deutlich auf sich wie tausend Nadelstiche. Stille. Nach einer Weile hörte er Fußtritte. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete Shuichi, wie Yuki wortlos an ihm vorüber ging und im Schlafzimmer verschwand, dessen Tür kurz darauf mit einem lauten Knall geschlossen wurde. Selbst acht Stunden später hatte der pinkhaarige Sänger den Schriftsteller nicht mehr zu Gesicht bekommen. Als er vorsichtig versuchte die Tür zum Schlafzimmer zu öffnen, musste er feststellen, dass sie abgeschlossen war. "...Yu...ki...?" Auch nach mehreren Minuten kam kein Laut aus dem dahinter liegenden Raum. Shuichis Finger ballten sich zu einer Faust. Der Schmerz, der ihn in diesem Moment mit ungehemmter Wucht traf, ließ ihn an der Tür herabrutschen und sich vor ihr zusammen kauern. Unter leisem Schluchzen bewegten sich seine Schultern auf und ab. Eine Frage quälte ihn bereits die ganze Zeit - Warum? >>Flashback end<< Seit dem hatte er mit der Couch Vorlieb nehmen müssen. An jenem Abend hatte er nicht einmal ein Kissen, geschweige denn eine Decke gehabt und fürchterlich gefroren. Mittlerweile hatte er sich mehr oder weniger mit der unbequemen Sitzgelegenheit abgefunden. Er wusste nicht, ob Yuki die Tür noch immer verschloss; aber er wollte auch gar nicht mehr neben ihm in einem Bett schlafen. Jedenfalls nicht solange das, was vorgefallen, nicht geklärt war. Das Gefühl warmer Tränen, die seine Wangen herab rannen riss Shuichi in die Wirklichkeit zurück. Schnell wischt er sie weg, schluchzte einmal und vergrub sein Gesicht im Kissen neben ihm. Seine Fäuste trommelten auf das Polster. Er wusste nicht einmal, ob Yuki jetzt zu Hause war! Ein gedämpftes "Bakaaaaa..." erschall. Yuki schien nicht zu wissen, wie sehr er den jungen Sänger dieses Mal verletzt hatte. Es dauerte nicht lange, da war Shuichi wieder eingeschlafen. Nicht ohne sich, wie schon wieder so viele Male in der letzten Zeit, in den Schlaf geweint zu haben. Der Traum war schon wieder in Vergessenheit geraten. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ K staunte nicht schlecht, als Shuichi am nächsten Morgen überpünktlich in dem kleinen Konferenzraum des NG Gebäudes erschien. In letzter Zeit war er eher immer später gekommen und hatte sich mit fadenscheinigen Ausreden stets versucht aus der Affäre zu ziehen und daher auch oft erneute Bekanntschaft mit der blank polierten Magnum machen müssen. Das etwas mit Shuichi nicht stimmte, dass hatte K schon lange bemerkt, aber dass er jetzt sogar eine Viertelstunde früher zum verabredeten Treffen kam, dass war selbst dem hoch gewachsenen Amerikaner zu viel. Mit einem verdutzten Gesichtsausdruck legte er den Stapel Zettel, den er noch eben in der Hand gehalten hatte zur Seite, zog aus seiner Tasche ein weißes Stofftuch und begann seine geliebte Waffe zu putzen, die das eigentlich gar nicht mehr nötig hatte. "He-hey, Shuichi! Schon so früh am Morgen hier? Gooooood!" sagte K, nachdem sich Shuichi mit einem eher nüchternen "Morgen..." angemeldet hatte. Der pinkhaarige Sänger beachtete K's, für ihn zu gute Laune nicht weiter, sondern ließ sich auf den erstbesten Stuhl gegenüber von seinem Manager plumpsen und schmiss seinen Rucksack dazu mit einem unschönen Laut auf den Tisch. "Ist noch keiner hier?" fragte er stattdessen und beobachtete misstrauisch die Waffe in den Händen des Amerikaners. K lachte kurz. "No! Du bist viel zu früh!" "Oh..." der junge Sänger zog die Augenbrauen in die Höhe und machte ein verwundertes Gesicht. Scheinbar hatte er wirklich nicht auf die Uhr geachtet. Nachdem er einmal uninteressiert mit den Schultern gezuckt hatte, lehnte er seinen Kopf gegen die Rückenlehne und begann mit dem Stuhl auf und ab zu wippen. Eine ganze Zeit lang sah sich K das Schauspiel an. Nein, Shuichi gefiel ihm ganz und gar nicht. Dass er sich schon um diese Uhrzeit hier befand, war wohl das deutlichste Anzeichen dafür, dass etwas geschehen musste. "Shuichi!" "Ha-hai!" Unter dem plötzlich so barschen Tonfall zuckte der arme Shuichi so heftig zusammen, dass er fast nach hinten übergekippt wäre und stellte sofort das Wippen ein. Beinahe verängstigt blickte er den großen Mann vor ihm an, der sich ihm mit langsamen Schritten näherte, ohne auch nur einmal den Blick von seiner Waffe zu richten. Was hatte der Kerl jetzt schon wieder vor? Mit einem lauten Knall donnerte K die Waffe genau vor Shuichi auf den Tisch, natürlich nicht ohne dass die Mündung genau auf den Oberkörper des jungen Sängers zeigte. Shuichi schluckte hart und der Angstschweiß trat ihm ungewollt ins Gesicht. Wenn er eines nicht mochte, dann waren das Waffen am frühen Morgen. Zumal war er sich keiner Schuld bewusst, sodass K hätte einen "Angriff" auf ihn rechtfertigen können. Er war doch pünktlich, nein sogar überpünktlich gekommen! Der undurchdringbare Blick des Amerikaners traf ihn, als der sich nach vorne bückte um ihm in die Augen sehen zu können. Einige Momente lang musterte K seinen Schützling. "Isst du auch genug, Shuichi?" *blink* "Eh?" Verdutzter hätte der Gefragte wohl kaum noch aussehen können. War K jetzt wirklich... Shuichi suchte gedanklich nach Worten... durchgeknallt?! Übertrieben K zulächelnd streckte er vorsichtig seine Hand nach der Waffe aus und schob die Mündung langsam von sich weg. K beachtete das nicht einmal, sondern wartete scheinbar auf eine Antwort. Stattdessen stellte Shuichi eine Gegenfrage. "Ähh, K wieso fragst du?" erleichtert registrierte der pinkhaarige Sänger, dass die Waffe in der Position blieb, in der er sie hinterlassen hatte. K richtete sich plötzlich wieder auf und zu Shuichis endgültiger Erlösung steckte er auch die Waffe wieder weg. Ein Seufzen konnte er sich drauf hin nicht verkneifen. "Warum ich frage? You know..." während K sprach drehte er Shuichi den Rücken zu und ging mit langsamen Schritten wieder zurück zu seinem Platz. Der Sänger hinter ihm beobachtete alles argwöhnisch. Irgendwas schien K wieder auszubrüten. Ob er von ihm und Yuki wusste...? Nervös sah er sich in dem kleinen, schmucklosen Raum um. "Du siehst nicht gut aus, Shuichi. Um nicht zu sagen, du gefällst mir nicht..." K war stehen geblieben und besah sich scheinbar interessiert die Tafel am Ende des Zimmers. "Und...?" hakte Shuichi nach und verdrehte die Augen. "Und." Stille. Der pinkhaarige Sänger war nahe daran einfach aufzustehen und der Raum zu verlassen. Zum einen, weil er es wirklich langsam mit der Angst zu tun bekam, zum anderen, weil er nicht sonderlich große Lust verspürte, diese Unterhaltung fortzusetzen, weil er wusste worauf sie hinaus laufen würde. "Das ist schlecht für's business!" mit einem Ruck drehte sich K wieder zu ihm herum und zog in einer blitzschnellen Bewegung seine Waffe, richtete sie dabei zielgenau auf Shuichis Kopf. Nun war es um den Frontmann von Bad Luck geschehen. Unter einem verzweifelten Aufschrei kippte er samt Stuhl nach hinten, während K das mit einem fast schon zufriedenen Lächeln quittierte. Im selben Augenblick öffnete sich die Tür und die beiden anderen Bandmitglieder Hiro und Fujisaki betraten den Raum. Hinter ihnen folgte Sagano, der beinahe einen Herzinfarkt bei Shuichis und K's Anblick erlitt. Verdutzt sahen die anderen beiden erst ihren Leadsänger, der sich mühsam und leise fluchend wieder aufzurichten versuchte, dann ihren Manager an. K lachte laut los und ließ die Magnum mehrmals um seinen Finger drehen. "Gooood Morning! Let's begin! Hahahaha!" +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Auch für andere Menschen in Japan war dies ein ganz normaler Morgen. Sie erwachten aus einem süßen Traum, in dem sie durch Welten gereist waren, die nur aus Süßigkeiten bestanden, kuschelten schließlich eine Stunde mit ihrem rosa Plüschhasen, aßen mit ihm zusammen Brötchen mit viel zu viel Schokoladencreme und widmeten sich dann ihren Videospielen. Ryuichi Sakuma, der wohl berühmteste und begnadetste Sänger ganz Japans, war einer von ihnen. An diesem Morgen musste er sich allerdings nicht mit nervigen Konferenzen, noch mit geladenen Waffen von einem gewissen Manager herum schlagen. Mit einer großen Tüte Kartoffelchips zu seiner Linken und nicht zu vergessen mit seinem Kumaguro zur Rechten, saß er vor dem Fernseher in seinem Apartment und sammelte die neuesten hundertfünfzig Pokemon, nachdem er obiges bereits hinter sich gebracht hatte. Eigentlich ein ganz normaler Tag. Doch heute schien nicht alles so wie sonst. Selbst die Erfindungen Nintendos, die besten Kartoffelchips und die heiß geliebte Gesellschaft seines Kuscheltieres waren nicht mehr genug. Etwas trieb Ryuichi dazu, sich vom Fernseher loszureißen und unruhig im Wohnraum auf und ab zu gehen; Kumaguro fest unter den rechten Arm geklemmt. Schließlich blieb sein Blick an dem übergroßen Wohnzimmerfenster hängen. Die Millionenmetropole Tokio erstreckte sich in einem unglaublichen Panorama vor ihm, über deren Wolkenkratzern schwere, unheilvoll aussehende Regenwolken hangen. Minutenlang betrachtete der Sänger dieses Bild und bald glaubte er etwas wie Sehnsucht in sich zu spüren. Sehnsucht nach was? Stillschweigend wand er sich von dem Anblick der Großstadt ab und ließ seine Blicke durch das Zimmer gleiten. Er schmunzelte. Eigentlich war seine Wohnung sehr untypisch eingerichtet, auch wenn sie relativ groß erschien. Weder protzige Einrichtungsgegenstände noch sonstige unnütze Anschaffungen waren hier auffindbar. Ein Schrank, ein Sofa, ein Tisch; nichts unnormales für eine ganz normale Junggesellenwohnung. Das gewisse Etwas fehlte eben noch. Bei diesem Gedanken verschwand der kindliche Ausdruck in Ryuichis Gesicht. Junggeselle. Er war Anfang Dreißig und immer noch allein stehend. Lächelnd blickte das kleine Stoffhäschen in seinem Arm an. Allerdings war es eine Spur trauriger als sonst. Wortlos ging der grünhaarige Sänger zu dem kleinen Schrank zu seiner Rechten und begutachtete seine CD Sammlung. Draußen begann es zu regnen. Nach wenigen Sekunden zog er etwas zwischen den CD-Hüllen hervor; eine kleine Autogrammkarte, auf der mit unleserlicher Handschrift ein Name, sowie eine Widmung dahingekritzelt war. Schwere Wassertropfen prasselten mittlerweile in einem gleich bleibenden Rhythmus gegen das Fenster. Das Bild auf der Karte war durch die Schrift kaum mehr erkennbar. Langsam strich Ryuichi mit seinen von Schokolade befleckten Finger darüber, so vorsichtig, als ob er es sonst kaputt machen würde, gerade so, als ob er etwas bewahren wolle. Mehrere Minuten vergingen, in denen der Sänger in dieser Position verharrte und nichts weiter tat, als das Foto anzusehen. Ein Tropfen schlug plötzlich mit einem dumpfen Laut auf das Papier, verschmierte die schwarze Unterschrift und ließ sie in bizarren Formen verlaufen. Kumaguro fand sich auf einmal auf dem Boden sitzend wieder. Der Mann, der ihn gehalten hatte, kniete neben ihm, das Bild fest an sich gedrückt, sodass die schwarze Farbe seinen gelben Pullover beschmutzte. Sein Schluchzen hallte in dem kleinen Raum wieder, begleitet von der traurigen Melodie des prasselnden Regens. Eines wusste Ryuichi in diesem Moment; nein - er fühlte sich wieder an das erinnert, was er eigentlich über Jahre hinweg schon gewusst hatte. Menschen, die eigentlich alles besaßen, taten es in Wirklichkeit nicht. Liebe konnte man nicht kaufen. Einsamkeit auch nicht - sie kam einfach. Sie war bei ihm und wurde sein stummer Begleiter. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Wir müssen etwas unternehmen!" Mit ausgebreiteten Armen stand der blonde Amerikaner vor versammelter Mannschaft in dem kleinen Konferenzraum. Das ganze Unterfangen war seit ein paar Minuten viel mehr in eine Art Motivationstraining für die Bad Luck Bandmitglieder ausgeartet, als die eigentlich geplante Konferenz. Mit einem mürrischen Gesichtsausdruck bemerkte Shuichi, dass K's Augenmerk besonders ihm galt und rieb sich schmerzlich den Hinterkopf, auf dem er gerade ziemlich unsanft aufgekommen war. Innerlich schickte er K gerade zum Teufel. "Wir sind nicht viel erfolgreicher geworden, guys! Wir sind berühmt, aber unsere Umsätze liegen noch weit unter denen Nittle Graspers. Das darf nicht so sein!" "Würde mich nicht wundern, wenn der gleich wieder anfängt zu schießen... verrückter Ami!" flüsterte Shuichi dem neben ihm sitzenden Hiro zu, der nur zustimmend nickte. "Dreimillionen Platten in einer Woche haben sie verkauft! Das muss Bad Luck toppen!" Bei diesen Worten zog K wirklich seine Waffe. Sagano zuckte merklich zusammen, verfolgte K's "Präsentation" jedoch mit wachsendem Interesse. "Wir müssen..." Mit der Magnum in der einen, der Kreide in der anderen Hand schrieb K mit großen, unübersehbaren Buchstaben das Wort "EINSATZ" an die Tafel hinter ihm. "... mehr Einsatz zeigen! Ihr müsst euer Bestes geben!" Und er schoss wirklich in die Luft. Alle Anwesenden fuhren erschrocken zusammen. Stille folgte, in der lautlos ein paar Staubkrümel von der Decke herab rieselten und K's Anzug einen gräulichen Schimmer verliehen. "Was ist?" fragte Shuichi ungestüm, als er bemerkt hatte, dass K's Blick wieder auf ihm ruhte, als ob dieser irgendetwas von ihm erwartete. "Liebeskummer hat im Geschäft nichts zu suchen!" war des Managers einzige Antwort auf die Frage seines Sängers. Dann brach der Tumult aus. "Nicht schon wieder diese alte Leier..." Fujisaki hielt sich den Kopf und massierte seine Schläfen. "Shindo-kuuuun! Das kann nicht dein Ernst sein?!" auch Sagano konnte nicht an sich halten. "Sicher, oder was haben sie erwartet? Das ist natürlich der Grund für das ganze Theater in der letzten Zeit." war die nüchterne Antwort des grünhaarigen Keyboarders. Hiro blickte seinen Freund nur stumm von der Seite an, stütze dabei seinen Kopf auf seinem Arm ab. Shuichi beobachtete das Geschehen um ihn herum mit großen Augen. Sicher, in den letzten Wochen war er alles andere als konstruktiv gewesen, aber war das ein Grund so auf ihm herum zu hacken? Hatte denn niemand Verständnis für ihn? Er hatte sich doch versucht zusammen zu reißen! Mit einer hastigen Bewegung stand er auf. "Was würdet ihr denn an meiner Stelle tun?" fragte er böse in die Runde Alle Gespräche wurden eingestellt, nur von K konnte man ein verhaltenes Lachen hören, das schon fast als zufrieden zu deuten war. Shuichi bemerkte es mit einem wütenden Seitenblick. "Ihr habt keine Ahnung davon, wie es ist wenn man... wenn man..." er rang nach Worten, während sich seine Augen mit Tränen füllten. Warum konnte man ihn nicht einfach in Ruhe lassen, wenn er denn schon keine Hilfe von irgendwem erwarten konnte? "Ach, ihr könnt mich doch alle mal!" Mit diesen Worten rannte der pinkhaarige Sänger letztendlich aus dem Raum, seinen auf dem Tisch liegenden Rucksack vergaß er. Selbst das Türknallen schien ihm entfallen zu sein. Zurück ließ er seine verdatterten Kollegen, die bis auf K nicht zu wissen wussten, was jetzt schon wieder in Shuichi gefahren war. "Das kann nicht so weiter gehen, K." sagte Fujisaki kurz und packte auch seine Sachen zusammen. Sagano, der versucht hatte dem in Rage geratenen Sänger hinterher zu laufen und dabei nur knapp einen Heulkrampf unterdrücken konnte, beachtete man nicht weiter. Er scheiterte wahrscheinlich an der Staubwolke, die Shuichi hinter sich herzog. Nun versuchte er verzweifelt, Fujisaki zum Hierbleiben zu überreden, was der Künstler allerdings mit Absicht übersah. "Ich weiß, deshalb musste es so kommen." antwortete K mit grinsend verzogenem Mund. Nun sah auch Hiro seinen Vorgesetzten vollkommen verständnislos an, erntete jedoch nur ein noch breiteres Grinsen. "Ich habe da so eine Idee..." +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Fast hätte es Shuichi geschafft, ohne irgendwelche Umschweife aus dem Gebäude zu flüchten, wäre in dem Moment, als er mit gesenktem Kopf durch den Haupteingang stürmen wollte, nicht Thoma Seguchi im Weg gewesen. Mit voller Wucht rempelte er ihn ungewollt an und riss ihn und sich selbst beinahe von den Füßen. Erst als Shuichi aufblickte, erkannte er Thoma. "Seguchi-san... gomen nasai..." verlegen sah der Sänger zur Seite, bückte sich und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er, wie Thoma sich aufrichtete und ihn merkwürdig ansah. Anstatt ein Wort über den Vorfall zu verlieren, stellte er eine untypische Frage für diese Situation. "Wieso bist du nicht bei der Besprechung, Shindo-san?" Seine Stimme verriet wie immer nichts. Verwirrt sah der pinkhaarige Sänger Thoma an. Manchmal wunderte er sich insgeheim darüber, dass Thoma Seguchi stets bestens über alle Termine Bad Lucks informiert war. Stotternd suchte Shuichi nach einer Ausrede. Er konnte ja schlecht sagen, dass er mal wieder Ärger mit Yuki hatte und deshalb nicht wirklich dazu imstande war zu arbeiten. Jedenfalls nicht zu Thoma. "Ano... ich... also..." "Du solltest Privatprobleme von beruflichem trennen. Das solltest du mittlerweile gelernt haben, Shindo-san." Shuichi brauchte einige Sekunden, bis er den Inhalt des Satzes verstanden hatte. Wieso wusste er- doch er kam nicht mehr dazu den Gedanken zu Ende zu denken. Mit offenem Mund und einem erstaunten "Ah..." registrierte er den äußerst eindringlichen Blick des Produzenten und sah mit an, wie dieser sich einfach von ihm abwandte und davon ging. Ohne ein Wort, eine Geste - nichts. Shuichi blieb wie der sprichwörtlich begossene Pudel in der Eingangshalle stehen und er wäre dort auch sicherlich noch länger geblieben, wenn ihm nicht nach einiger Zeit der Mund zu trocken geworden wäre. Langsam drehte er sich um und verließ nun endgültig das Gebäude. Hatte er irgendetwas getan, womit er Thoma verärgert haben mochte? So sehr er auch überlegte, ihm fiel nichts ein. Alles war in Ordnung gewesen, mal ganz davon abgesehen, dass er die Leute von Nittle Grasper die letzten Wochen kaum zu Gesicht gekommen hatte - Thoma inklusive - und sich somit auch keine Gelegenheit ergeben hatte, in welcher Form auch immer, seinem Vorgesetzten auf den Schlips getreten zu sein. Der Bad Luck Frontmann war ratlos - und langsam wirklich ziemlich wütend. Mit einem lauten Scheppern landete der öffentliche Papierkorb, der vor dem riesigen NG Haupthaus gestanden hatte, auf der Straße, nachdem ihn Shuichi mit einem gewaltigen Tritt dorthin befördert hatte. Ein unschuldiger Autofahrer musste das Lenkrad hart nach links einschlagen, um das umher fliegende Geschoss nicht frontal abzubekommen. Einige Passanten waren stehen geblieben und beäugten das Geschehen verwirrt. Als ob das noch nicht genug wäre, begann Shuichi schließlich laut los zu schreien. Ob er so seiner Wut Luft machen wollte, oder ob es einfach sein schmerzender Fuß war, das war dahingestellt. Grübelnd war Shuichi nun schon seit Stunden durch Tokio gewandert, ohne jeglichen Orientierungssinn oder eine Ahnung was er überhaupt machen sollte. Zurück nach Hause wollte er noch nicht, denn so lief er Gefahr, Yuki dort anzutreffen. Und das war wirklich das Letzte, was er sich in diesem Moment wünschte. Er wollte allein sein. Das Gesicht hinter dem Kragen seines Parkas versteckt, sodass es schon wieder fast zu auffällig erschien, als dass ihn niemand als Shindo Shuichi hätte identifizieren können, stapfte er missmutig durch die Innenstadt; vorbei an bunt geschmückten Schaufensterläden und angepriesenen Produkten. Schon eine geraume Zeit lang fragte er sich, wieso Thoma anscheinend von den Problemen mit Yuki wusste. Der blonde Mann war ihm schon immer ein Rätsel gewesen, um nicht zu sagen geheimnisvoll und vielleicht doch nicht so vertrauenswürdig und gutmütig wie er es immer vorgab. Der Blick, mit dem er ihn vorhin gemustert hatte, ließ Shuichi nicht mehr los. Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken, als er ihn sich noch einmal ins Gedächtnis rief. "Ja wen haben wir denn da? Ist das nicht Shindo-san?" Shuichi blieb wie zur Eissäule erstarrt stehen. Das konnte doch nicht- "Tatsuhaaaa...." Seinem Schicksal ergeben senkte der Sänger den Kopf. Er war der zweitletzte Mensch, dem er jetzt begegnen wollte. "Ganz genau!" Mit einem unverschämten Grinsen im Gesicht legte Yukis schwarzhaariger Bruder ihm den Arm um die Schultern und zwang ihn so, weiter zu gehen. "Na, was liegt an?" Shuichi rollte die Augen. Vielleicht war er doch der Letzte Mensch...? "WAS willst du?" fragte er gespielt grob, anstatt zu antworten. "Ist ja schon gut! Ist ja schon gut!" schnell zog Tatsuha den Arm wieder zurück; er hatte wohl doch verstanden, dass der pinkhaarige Sänger nicht bei bester Laune war. "Ich hab dich hier schon eine Weile rumgeistern sehen. Weißt du eigentlich, dass du drei Mal im Kreis gelaufen bist?" Am liebsten hätte Shuichi ihn in diesem Moment umgebracht. "Ja, weiß ich." Log er, denn er hatte wirklich nicht darauf geachtet, wohin er gegangen war und beschleunigte seinen Schritt. Tatsuha ließ sich jedoch nicht abhängen. "Jetzt warte doch mal, ich wollte doch nur nett sein!" "Dein nett kenne ich! Nachher versuchst du's wieder bei mir. Nein, danke!" "Hey! DAS war nicht nett! Ich wollte doch nur ein bisschen mit dir reden!" "Ach ja?! Damit auch du dich über mich und Yuki lustig machen kannst?" Die beiden waren gerade dabei, ziemlich viel Aufsehen zu erregen. "Bingo. Allerdings will ich mich nicht amüsieren, sondern ernsthaft mit dir reden. Ich habe vorgestern mit meinem Bruder gesprochen." Shuichi blieb ohne Vorwarnung einfach stehen. Dass Tatsuha wirklich ernsthaft reden wollte, trieb ihn schon beinahe dazu, in hysterisches Gelächter auszubrechen und ihn einfach abzuhängen, doch dass er mit Yuki gesprochen hatte, machte ihn neugierig. Dass auch Yukis Bruder von allem wusste, störte ihn nun schon weniger. Tatsuha, der alle Mühe gehabt hatte mit dem pinkhaarigen Sänger mitzuhalten und sich durch die Menschenmassen zu quälen, stolperte bald über Shuichi, konnte es aber gerade noch verhindern, ihn umzurennen und sein Gleichgewicht zu halten. "Also? Wohin gehen wir?" fragte der schwarzhaarige triumphierend. Die beiden hatten sich ein kleines Restaurant etwas abseits der Innenstadt ausgesucht, in dem man ungestört an einem kleinen Gemütlichen Ecktisch reden und natürlich auch essen konnte. Und das tat Shuichi; seit Tagen hatte er sich nur von irgendwelchen Resten ernährt die er irgendwo in der Wohnung gefunden hatte. (((A.d.A.: Mit Resten meine ich keinen Müll... *hust*))) Tatsuha beobachtete den pinkhaarigen Sänger eine Zeit lang stumm und wunderte sich über dessen Magengröße. "Hast wohl länger nichts mehr von Yuki vorgesetzt bekommen, wie?" Genau damit traf er einen wunden Punkt. Shuichi stockte mitten in der Bewegung und schob letztendlich den noch halbvollen Teller von sich. Vielleicht war die dritte Portion wirklich etwas zu viel gewesen... Betrübt sah Shuichi auf den Tisch. "Habt ihr gestritten?" fragte Tatsuha gelassen, während er sich genüsslich über den Bauch strich und sich nach hinten lehnte. "Ich dachte den Grund für das alles könntest du mir sagen?" "Hm, halbwegs." "Was meinst du damit?" alarmiert richtete sich Shuichi auf und verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen. Hatte Tatsuha vielleicht doch keine Ahnung von allem und wollte durch ihn an Informationen herankommen? Tatsuha hingegen belächelte Shuichis Drohversuch nur. "Ist ja gut. Ich wollte lediglich wissen, wie schlimm es um euch steht." Shuichis Antwort bestand nur aus einem bösen, trotzigen Blick. "Ich hab nur kurz mit Yuki gesprochen. Es scheint ernst zu sein." "Das brauchst du mir nicht zu sagen! Nur der Grund für das alles ist mir unbekannt." bemerkte der Sänger spitz. "Hast du dich noch nicht mit ihm unterhalten?" "Wenn er mal zuhause wäre und dann nicht immer gleich die Tür abschließen würde hätte ich es gerne gemacht." Er wusste, dass er unfair Tatsuha gegenüber war, konnte jedoch nicht anders. "Aha." Der schwarzhaarige Mann machte ein merkwürdiges Gesicht, das Shuichi alarmierte. Doch bevor dieser etwas sagen konnte, kam man ihm zuvor. "Ich kann dir nur so viel sagen; und es ist nicht weil ich dich beunruhigen will - es ist wirklich ernst. Ich weiß selber nur dass, was ich dir jetzt sagen werde und was ich mir daraus zusammen gereimt habe." Tatsuha machte eine kurze Pause, scheinbar um nach Worten zu suchen. Mit unüblich ernstem Gesicht fuhr er fort. "Ich denke, ihr beide solltet einen Schlussstrich ziehen." Diese Worte trafen Shuichi wie ein Schlag mitten ins Gesicht. Wieder kam ihm sein Gegenüber zuvor. "Es könnte gefährlich werden und damit meine ich auch dich. Scheinbar hat jemand von... du weißt schon... Yukis Vergangenheit Wind bekommen." "Das ist mir egal!" fuhr Shuichi empört auf, stieß mit seinem Knie gegen die Tischkante als er aufzustehen versuchte, sodass die Gläser darauf gefährlich zu tanzen begannen und durch den Lärm aufgeschreckt auch ein paar Gäste zu ihnen herüber blickten. "Ich - ich liebe-" mitten im Satz verstummte er plötzlich. Liebte er ihn? Liebte er ihn wirklich? "Ist okay, Shu-chan." Der schwarzhaarige Mann schien zu verstehen, was in diesem Moment in Shuichi vorging und er hakte auch nicht mehr weiter nach. Dafür war Shuichi ihm sehr dankbar. Verstohlen entfernte er die Tränen in seinen Augenwinkeln mit dem Ärmel seines Pullovers. Hinter seiner Stirn begann es zu arbeiten. Nach einigen Minuten Stille hatte der pinkhaarige Sänger eine Frage. "Tatsuha, woher weißt du davon? Ich glaube kaum, dass Yuki dir davon erzählt hat..." Schmerzlich verzog Tatsuha das Gesicht. Shuichi schien einen Volltreffer gelandet zu haben. "Erwischt. Na ja, Mika und Thoma haben mir etwas davon erzählt. Aber erst nachdem ich gefragt hatte..." Daher wehte also der Wind. Mika, Yukis Schwester, und Thoma; deshalb wusste der blonde Produzent wie es um Shuichi und den Schriftsteller stand. Also musste Yuki mit Thoma... "Aber lass uns von etwas anderem reden." Galant wechselte Tatsuha das Thema und ergriff plötzlich Shuichis Hand, riss diesen dabei aus seinen Überlegungen. "Sag mal, Shu-chan. Du weißt doch, dass ich dir vor ein paar Wochen ein Angebot gemacht hatte... " Den Rest des Satzes flüsterte er. "...dass ich dich beim Sex Ryuichi und du mich Yuki nennen-" "Du hast wohl 'nen Schaden!" rief Shuichi laut los und riss seine Hand aus der ungewollten Umklammerung, während sein Kopf die Farbe einer Tomate annahm. Sicher hatte er Tatsuhas "Angebot" von vor ein paar Wochen nicht vergessen, aber er hatte nicht wirklich vor es anzunehmen. Er spürte die fragenden Blicke der Tischnachbarn im Nacken. "Was denn...?" beleidigt verzog der schwarzhaarige Mann den Mund. "Ich krieg ihn ja sowieso nie zu sehen. Ihr habt ja keine Ahnung; seht ihn wahrscheinlich jeden Tag. Yuki schreibt ihm einen Liedertext, du singst mit ihm..." "Mit wem?" verständnislos blickte Shuichi Tatsuha an. "Mit Ryuu-chan natürlich! Was für eine Frage! Eigentlich könnte ich euch beide dafür umbringen, weißt du das?" Shuichi spürte einen heftigen Tritt gegen das Schienbein, und zog die Augenbrauen in die Höhe. "Ryuu-chan? Hört sich... na ja... an." "Klar Ryuu-chan! Er ist das niedlichste, süßeste, geilste,..." Und so begann die längste Unterhaltung über Ryuichi Sakuma, die Shuichi in seinem ganzen Leben jemals geführt hatte. Eigentlich war es keine Unterhaltung, sondern eher ein Zuhören, da der mit dem Wein überschwänglich gewordene Tatsuha die ganze Zeit ununterbrochen auf ihn einredete. Vielleicht war es auch kein wirkliches Zuhören, denn die Gedanken des pinkhaarigen Sängers glitten ab - zu einem ganz bestimmten Ereignis der letzten Nacht. Der Traum, den er gehabt hatte, war sehr intensiv gewesen und er hatte bis jetzt noch gar keine Gelegenheit dazu gehabt, ihn sich noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Er war sogar so real gewesen, dass er nicht wusste, wenn er genau darüber nachdachte, ob es wirklich nur die Fiktion seines Unterbewusstseins war. Shuichi glaubte noch immer den Schweiß Ryuichis an seinen Fingern zu spüren, seine heisere Stimme zu hören und seinen heißen Atem zu erkennen, der ihm eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken gejagt hatte... "Shuichi...?" "Mhm..." Der Angesprochene blinzelte zweimal, ehe er realisierte, dass Tatsuha seine "Unterhaltung" wohl unterbrochen haben musste, als er gemerkt hatte, dass Shuichi nicht ganz bei der Sache war. "Was ist mit dir? Du bist ganz rot im Gesicht." Shuichi setzte sich mit einem Ruck auf. Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt! Wieso musste er so was träumen? Wieso musste er HIER daran denken? Wieso ausgerechnet in Tatsuhas Anwesenheit? Wieso ausgerechnet von Ryuichi Sakuma?! Als er an sich herab blickte konnte er ein Aufstöhnen nicht unterdrücken. Seine Hose bäumte sich ihm entgegen jetzt. Hastig versuchte er diesen Anblick mit einer Serviette zu verdecken. "Ich... bin..." "Geil?" "Was?!" mit schreckensweiten Augen sah Shuichi Tatsuha an. Das konnte doch nicht- "Na ja, nachdem was ich dir jetzt alles erzählt habe..." Innerlich seufzte Shuichi erleichtert, fühlte sich jedoch immer noch nicht sicher, vielleicht nicht doch ertappt worden zu sein. Er musste hier raus. "... müde. Ich bin nur so müde, weil..." "...weil du so geil bist?" unschuldig lächelte Tatsuha. "A-ano.... Äh, ich geh dann mal. Arigato für alles." So schnell er nur konnte und vor allem erst nachdem er sich vergewissert hatte, dass seine Hose den Widerstand aufgegeben hatte, stand der pinkhaarige Sänger auf und verließ auf direktem Wege das Restaurant. Tatsuhas Versuch ihn aufzuhalten ignorierte er einfach. Sollte er doch sehen, wie er die Rechnung bezahlte. Schadenfroh grinste Shuichi in sich hinein während er durch die Tür trat. Es war spät geworden. Als er den Nachhauseweg einschlug, stand der Mond bereits blass am Abendhimmel. Während er dem Sonnenuntergang entgegen ging, kam Shuichi schließlich zu dem Entschluss, dass er wohl besser mit Yuki reden sollte, als sich Gedanken über diesen äußerst seltsamen Traum zu machen. Mit weitaus schlechterer Laune als gerade stapfte er durch die herannahende Nacht. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Auch andere Menschen in dieser Stadt erlebten heute einen ganz normalen Abend. Früher als sonst, stapfte Ryuichi ins Badezimmer und suchte sich eine der vielen bunten Zahnbürsten aus dem Glas auf dem Waschbecken aus. "Grün? Kuma-chan bekommt grün na no da!" Er bestrich sie lachend mit Zahnpasta und begann sich mit abstrakt wirkenden Bewegungen die Zähne zu putzen. Kumaguro, das kleine Stoffhäschen, saß dabei neben dem Zahnbürstenglas und sah dem grünhaarigen Ryuichi fröhlich zu. Zehn Minuten später, nachdem auch das Kuscheltier mit Zahnpasta versorgt worden war, ging im Schlafzimmer das letzte Licht aus. Es war gerade erst dunkel geworden, als Ryuichi sich in das übergroße Bett kuschelte. Heute hatte er keine Termine gehabt; kein Anruf hatte ihn gestört, nicht einmal einer seiner Bodyguards vor der Haustür war zu ihm herein gekommen. "Keiner hat an uns gedacht, Kuma-chan. Wir waren ganz ungestört heute, ne?" Ryuichi lag auf der Seite, sodass er Kumaguro, der neben ihm unter der Decke lag genau im Auge hatte. Sanft strich er über das künstliche, weiche Fell. Immer und immer wieder. Doch niemand antwortete ihm. "Ob noch jemand so allein heute war, wie wir, Kuma-chan?" "Keiner...?" Seine Hand glitt unter sein Kopfkissen und fand ein Stück Papier; die Autogrammkarte. Es dauerte nicht lange, da war Ryuichi auch schon eingeschlafen. Im fahlen Mondlicht, das durch die halb geöffneten Jalousien in das Zimmer trat, sah man etwas in den Augenwinkeln des Mannes glitzern. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Das kleine Schlüsselbund zitterte in seinen Fingern, als Shuichi die Tür aufschloss. Vielleicht war Yuki ja wieder nicht zu Hause heute Abend? Die Chancen standen gut; in letzter Zeit war er kaum noch auffindbar. Er fragte sich, ob er wirklich noch mit ihm reden wollte. Er hatte Angst, Angst dass er alles nur noch schlimmer machen würde. Doch als er die Tür öffnete und in die Wohnung trat, musste er sich wohl eingestehen, dass so gut die Chancen auch gestanden hatten Yuki nicht anzutreffen, er heute kein Glück hatte. Vor ihm stand der blonde Schriftsteller, in der Rechten eine Dose Bier, in der Linken eine angezündete Zigarette. Shuichi erstarrte für einen Moment und ein übles Gefühl kroch seine Kehle hinauf. Yukis Blick verhieß nichts Gutes, doch er zwang sich, ganz normal die Tür zu schließen. Wortlos verfolgte der andere seine Bewegungen. Nachdem sich Shuichi der Schuhe entledigt und seinen Parka verstaut hatte, versuchte er irgendwo anzufangen, obwohl er kaum an einen Erfolg glaubte. "Yuki, wir-" Wie erwartet wurde ihm von seinem Gegenüber das Wort abgeschnitten. "Wo bist du gewesen?" Schockiert über diese Frage riss der pinkhaarige die Augen auf. Was um alles in der Welt gab ihm das Recht, DAS von ihm wissen zu wollen? Gut, er war später als sonst wieder gekommen, aber war Yuki nicht derjenige der kam und ging wie er wollte? "I-ich war... arbeiten." Shuichis Gewissen versetzte ihm einen kleinen Seitenstich. Das klang alles andere als glaubwürdig, aber befand er sich hier in einem Verhör? Eigentlich war es an ihm Fragen zu stellen. "Da hat mir Seguchi aber etwas anderes erzählt." Lässig lehnte sich Yuki an die hinter ihm befindlichen Wand und zog an der Zigarette. Thoma. Der Name machte Shuichi langsam wütend. "Von Thoma? Was hast du mit ihm zu schaffen?" Dass diese Frage mehr als nur lächerlich in diesem Moment war, wusste Shuichi. Doch auch er konnte nicht aus seiner Haut. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht. Aber weil ich heute nett bin - wir waren essen." "Und was noch?" Shuichi hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen, doch das was er die ganze Zeit gedachte hatte, war nun ausgesprochen und hang wie der Pestgeruch in der Luft. Yukis Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen. "Warum sollte ich dir das sagen?" Gefährlich blitze er ihn an. Das hatte gesessen. Ungewollt merkte der junge Sänger, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, konnte sie jedoch nicht aufhalten. "Was es mich angeht...? Was es mich angeht?! Ich dachte wir leben hier zusammen und erzählen uns alles! Und du hast nichts besseres zu tun, als mich seit Wochen aus dem Schlafzimmer zu verbannen und ewig nicht da zu sein?! Und du fragst mich, was es mich angeht?!" Die letzten Worte waren mehr geschrieen als alles andere. "Hm." Yuki trank scheinbar gelassen einen Schluck aus der Bierdose. "Yukiiiii, nani?!" "Du verstehst gar nichts." Mit diesen Worten ging er kopfschüttelnd in Richtung Schlafzimmer. "Ist das alles, was du mir zu sagen hast? Wie soll ich dich denn verstehen, wenn du nicht mit mir redest, Yuki?" verzweifelt sah Shuichi ihm nach. Wieder Erwartens blieb der blonde Mann stehen und schien tatsächlich einen Moment lang zu überlegen. "Du hast dich hier einquartiert. Ich hab dich nicht darum gebeten, also mach jetzt nicht so einen Aufstand." Dann ging Yuki endgültig ins Schlafzimmer und verschloss die Tür hinter sich. Einmal, zweimal, dreimal atmete Shuichi tief ein, bevor es aus ihm heraus brach. Aufschreiend rannte er ins Wohnzimmer, schmiss sich auf die Couch und weinte seinen Schmerz laut heraus. Minutenlang konnte er sich kaum beruhigen. Warum? Warum behandelte Yuki ihn so? Wenn er doch wenigstens den Grund wüsste, könnte er sicherlich Verständnis für all das zeigen. Aber so? Ihm noch die Schuld in die Schuhe schieben? Unentwegt flogen die schmalen Schultern auf und ab. Das Kissen unter Shuichis Kopf war bereits vollkommen durchnässt. Bis er einschlief, hämmerte die ganze Zeit nur eine Frage in seinem Kopf: Warum blieb er hier? Währenddessen saß Yuki wie versteinert auf dem Bett im Schlafzimmer und starrte stur auf den Boden. Die Asche der Zigarette war schon lange auf den Boden gefallen, die Zigarette selbst bereits ausgegangen. Von all dem, was gerade im Nebenraum passierte, bekam er nichts mit. Hinter seiner Stirn arbeitete es unentwegt. Schließlich stand er auf und ging zu dem kleinen Schreibtisch, den er als Arbeitstisch umfunktioniert hatte und setzte sich dahinter. Mit überaus langsamen Bewegungen zog er eine neue Zigarette aus der Packung und wollte sie anzünden, als sein Blick auf dem kleinen, bereits abgegriffenen Bildaufkleber darauf haften blieb, den er und Shuichi damals in dem Freizeitpark gemacht hatten. Ein Tag voller Erinnerung und Schmerz. Automatisch glitt sein Blick auf den Schreibtisch, fand einen Brief und ein kleines Foto. Eine ganze Zeit lang verharrte der blonde Schriftsteller so, bis er plötzlich die Zigarette in seinem Mund auf den Boden schmiss und den Aufkleber von seinem Feuerzeug riss. Der kleine Papierfetzen verschwand in irgendeiner Ecke des Zimmers. Auch die halbvolle Bierdose fand noch Platz in einer anderen Ecke. Yukis Kopf fiel haltlos auf seine Arme auf dem Schreibtisch. Seine Schultern bebten. Es war der Abend, an dem er seit langem wieder Tränen vergoss. To be continued... Authors note: Wahhhhh! Fertiiig! Tut mir wahnsinnig leid, dass ich so viel geschrieben hab (gute Güte, das erste Kapitel ist über elf Seiten lang! O_O ) , aber die Ereignisse überschlugen sich und der Hintergrund musste ja erstmal aufgebaut werden... *an Kopf pack* Eine kleine Bemerkung zu Yuki: Ich hab doch ein bisschen Mitleid mit ihm gehabt und ihn deshalb nicht ganz so grauenvoll hingestellt. ...wenn ich ehrlich bin, tut er mir sogar ein bisschen leid... :-/ Meint ihr nicht, die Einschnitte mit Ryuichi sind zu kitschig? Ich wollte die Zwielichtigkeit, die eigentlich in seinem Leben steckt so verdeutlichen... Ich hoffe jedenfalls, dass euch der Anfang der Geschichte mindestens so gut gefällt wie meine letzte! :P Ich würde mich über Kommentare sehr freuen. *bittebittebitäää*(Hab Angst, dass ihr mit mir nicht zu frieden seid...) Bis zum nächsten Kapitel! *wedel* Nächster Track wird spannend! ^_~ Familienkrise & Krankenhaus! Aber mehr wird nicht verraten! ;) Eure Ryuu-chan Kapitel 3: Track 2 +++ Life --------------------------- Track 2 +++ Life Authors note: Uff, ich habe nicht besonders viel und auch nicht besonders gut geschlafen... Also bitte seid nicht böse, wenn ich das Kapitel voll und ganz versaue... *sigh* Ich hab nur schreckliche Lust weiter zu schreiben. *sweetdrop* Also viel Spaß beim nächsten Teil na no da! *never-give-up-desu~~* Die Haustür erzitterte unter heftigen Schlägen, es sah fast so aus, als ob sie aus den Angel springen wollte. "Eiri! Eiri, bitte mach die Tür auf!" dumpf hörte man eine weibliche Stimme dahinter ertönen. Kurz darauf wurde die Schlafzimmertür aufgerissen, die in den Flur führte. Heraus trat ein ziemlich zerknautscht aussehender blonder Mann, der alles andere als ausgeschlafen und gut gelaunt wirkte. Er hatte scheinbar in seinen Anziehsachen vom vorherigen Tag geschlafen und das wahrscheinlich noch nicht einmal in einem Bett. Sein Nacken fühlte sich wie ein alter Besenstiel an. Mit einem mürrischen Seitenblick auf die Garderobe bemerkte Yuki, dass sich Shuichis Parka nicht mehr dort befand. Er schien wohl bereits zur Arbeit gegangen zu sein. "Oder sonst wohin..." fügte der Schriftsteller gedanklich hinzu; was machte das schon aus...? Mit eisiger Miene machte er sich daran, die Tür zu öffnen und fragte sich gleichzeitig, wer um alles in der Welt um diese Uhrzeit (immerhin war es erst nach Zwölf...) nach ihm verlangte. Jedenfalls konnte sich derjenige auf etwas gefasst machen. Mit einem nicht gerade sehr höflichen "Was?!" riss er die Tür auf und war wirklich überrascht, als die Gesichter seiner Schwester Mika und das ihres Mannes dahinter zum Vorschein kamen. "Wir müssen mit dir reden, Eiri." Mit diesen Worten traten die beiden Personen über die Türschwelle, ohne dass der Hausherr irgendetwas unternehmen konnte. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Im Studio herrschte das übliche Chaos; wie eigentlich jeden Tag. Wie aufgescheuchte Hühner rannten Künstler, Moderatoren, Produzenten, Co-Produzenten und was nicht sonst noch alles im Hause NG angestellt war, durch die Gänge, als ob es das Letzte in ihrem Leben war, was sie zu tun hätten. Irgendwo dazwischen, klein und verloren, schlich Shuichi müde durch die Gänge. Sein pinker Haarschopf bot einen grellen Kontrast zu dem eintönigen Auftreten der Menschen um ihn herum, seine Erscheinung selbst war schlimmer als sieben Tage Regenwetter. Tiefe Augenringe lagen auf seinem Gesicht, die es noch blasser erscheinen ließen, als es ohnehin schon war. Er hatte diese Nacht - wieder einmal - kaum Schlaf gefunden. Als er das Treiben um ihn herum endlich bemerkte, meldete sich sein schlechtes Gewissen. Alle hier gaben ihr Bestes für ihren Job; der Job war ihr Leben. Und er? Tag für Tag vernachlässigte er nicht nur sich selbst, sondern vor allem seine Freunde, Menschen, die an ihn glaubten. Der gestrige Tag war wieder das beste Beispiel dafür gewesen. Er war einfach gegangen, hatte alle Arbeit auf den Schultern der anderen abgelassen. Manchmal fragte er sich, wie lange das wohl noch so weiter gehen konnte. Vor allem, wie lange seine Kollegen das noch mitmachten. Aus einem unerklärlichen Grund musste der pinkhaarige Sänger plötzlich an Hiro denken. Hiro - sein bester Freund, seine Sandkastenliebe - sein Bruder, den er nie gehabt hatte. Selbst mit ihm hatte er die letzten Wochen kaum noch Kontakt gehabt. Scheinbar war er wohl sehr mit seiner Ayaka-chan beschäftigt... Mittlerweile fraget sich Shuichi, ob alles einfach des Bach herunterginge. Doch als ob jemand seine tristen Gedankengänge hätte verfolgen können, tauchte er plötzlich auf. "Hey, Shuichi!" Verwundert blickte der Angesprochene in Hiros Gesicht. Wenn man vom Teufel sprach - äh, dachte... "Hiro..." Eigentlich freute sich Shuichi seinen Freund zu sehen und wollte sich bemühen etwas fröhlicher zu wirken, was ihm allerdings nicht wirklich gelang. Doch der Gitarrist überspielte die schlechte Laune des anderen einfach. "Nicht gut geschlafen heute? Macht nichts!" Mehrfach klopfte der brünette Mann dem schmalen Shuichi überschwänglich auf die Schultern, sodass dieser Mühe hatte, gerade weiter zu gehen. In der Hand hielt Hiro plötzlich einen Rucksack, den Shuichi gestern einfach hatte liegen lassen. Mit den Worten "Wir haben eine tolle Überraschung für dich! Da wirst du Augen machen!" überreichte er ihn seinem Freund. "Über-überraschung?" Bei diesem Wort besserte sich die Laune des Sängers schlagartig, auch seine großen Augen begannen wieder zu leuchten. Vielleicht war es nicht nur die Vorfreude auf die "Überraschung", die ihn erheiterte; seine Freunde hatten einfach nur an ihn gedacht. Sogar mit einem kleinen Lächeln betrat er den Konferenzraum. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Was fällt euch eigentlich ein, ewig in mein Leben hereinpfuschen zu wollen?" wütend blickte der blonde Schriftsteller in die Runde. Er war außer sich. "Eiri, es ist zu eurem Besten! Du musst es natürlich nicht tun, aber so wie es aussieht, würde es euer Leben schützen. Außerdem tust du scheinbar schon alles dafür, dass es bald passiert." Mika war aufgestanden und versuchte ihren Bruder zu beschwichtigen. Ihr Blick glitt bei dem letzten Teil ihres Satzes auf einen Haufen aus Decken, Kopfkissen und einige von Shuichis Kleidungsstücken, die sauber gefaltet neben der Couch lagen. "Ach ja? Ihr meint immer, dass ihr mir helfen könnt, steckt dabei eure verdammten Nasen in all das hinein, was euch nichts angeht!" gefährlich blitzend die goldenen Augen Thoma an, der dies, mit einem Glas Whiskey in der Hand unbeteiligt auf der Couch sitzend gar nicht zur Kenntnis nahm. Er griff nur in seine Manteltasche und zog einen Umschlag heraus. "Das hier sollte Beweis genug sein, dass es ernst ist." Der weiße Umschlag landete sanft auf dem Tisch, rutschte noch ein paar Zentimeter weiter, bis er auf der anderen Seite, genau vor Yuki, zum Stillstand kam. Der Aufforderung ihn zu öffnen, kam der blonde Schriftsteller nicht nach. Er nahm den Brief mit einem wütenden Blick zur Kenntnis und tat schließlich einen großen Schluck aus seinem Glas, das ebenfalls mit Whiskey gefüllt war. "Zieh einen Schlussstrich. Du wusstest, dass es irgendwann so kommen würde. Ob gestern, heute oder morgen. Es war vorhersehbar." Mika unterbrach das Schweigen. "War es das? Wenn ja, wer hat euch gebeten eure Meinung dazu zu äußern?" Eiri wurde gefährlich ruhig, was auch seiner Schwester nicht entging. "Du hast getrunken, Eiri. Bitte denk noch einmal in Ruhe darüber nach. Wir wollen doch nur dein Bestes." "Und das Beste ist..." Er leerte das Glas vollends und verzog angewidert den Mund. "...eurer Meinung nach..." Die Flüssigkeit begann widerlich zu schmecken. "... dass ich ihn öffentlich zum Teufel schicke?" Seine Hand, die das Glas hielt zitterte, was die beiden anderen Anwesenden mit einem kurzen Seitenblick registrierten. So wütend hatten sie den Schriftsteller noch nie erlebt. Doch Thoma hakte abermals nach. "Hast du etwa Probleme damit, Eiri? Ich dachte es sei dir egal. Falls doch nicht - möchtest du etwa, dass ihm Leid zugefügt wird?" Mit einem hellen Klirren zersprang das Glas neben Thoma Seguchis Kopf an der Wand. Der blonde Mann zuckte nicht einmal mit der Wimper und sah sein Gegenüber nur schweigend an. Eiri hatte den Arm immer noch ausgestreckt, sein Blick loderte hasserfüllt. "Raus..." sagte er bedrohlich leise. Unaufgefordert nahm Mika ihren Mantel und ihre Tasche von der Couch und verließ wortlos das Apartment. Sie hatte verstanden. Kurz nachdem erhob sich auch Thoma, ging zu Yuki, hob eine behandschuhte Hand und legte sie ihm auf die Wange. Der Arm des größeren Mannes senkte sich langsam. "Ich würde morgen früh gern eine Entscheidung von dir hören." Mit einem kurzen Kuss auf den Mund beendete er schließlich seine Unterhaltung und verließ ebenfalls den Raum. Yuki nahm all das stillschweigend und ohne jegliche Regung hin. Erst Minuten nachdem das Geräusch der zufallenden Haustür verklungen war, zündete er sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an und bettete seinen Kopf in die Hände. Hatte er die ganze Zeit lang nur in einer Lüge gelebt? In einem plötzlichen Wutanfall griff er den ungeöffneten Brief, den Thoma auf dem Tisch zurück gelassen hatte und wollte ihn zerreißen - doch er konnte es nicht. Der Umschlag landete abermals auf dem Tisch, während Yuki bereits auf dem Weg ins Schlafzimmer war. In der Hand die halbvolle Flasche Whiskey. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Das ist soooo big, people!" K war kaum mehr zu bremsen. "Das wird eine Riesensache; wir werden Millionen damit verdienen! Hahahaha!" Zu aller Entsetzen zog er wieder seine Magnum und begann damit umher zu schwenken, was alle Anwesenden dazu veranlasste, die Köpfe einzuziehen, K jedoch nicht daran hinderte es weiterhin zu tun. "Kyoto - Die Stadt der big Stars! Mit Hilfe dieser PR Tour können wir unsere Umsätze schätzungsweise vervierfachen! Freizeitparks, öffentliche Gebäude, ein Camp - Bad Luck wird überall präsent sein! Das wird hot guys!" Trotz der Tatsache, dass K sich noch immer nicht davon abhalten ließ, mit seiner durchgeladenen Waffe fröhlich durch die Gegend zu wirbeln, klingelten Shuichi die Ohren. Die Vorfreude auf diese Tour steigerte sich mit jeder Minute, die K davon sprach. Seine schlechte Laune war wie weggeblasen, was K während seiner Rede natürlich sofort bemerkte. Sein Plan war also aufgegangen? "Wann werden wir starten? Gibt es da auch ein anderes Studio? Ahhhhh, wir werden Megastars!" Die Augen des pinkhaarigen Sängers quollen beinahe über. "Hahaha! Immer ruhig mit den jungen Pferden! Wir reisen in einer Woche ab." "Ohhhh, erst in einer Woche...?" Die Transformation zum Hund setzte ein, woraufhin K nur noch lauter zu lachen begann. Ja, er hatte voll ins Schwarze getroffen. "Bis dahin verlange ich lediglich von euch, dass ihr die neue Single in die Betaphase bekommt und sie in Kyoto spielen könnt. Deal?" Wie ein Wahnsinniger sprang Shuichi auf und rannte immer wieder um den Tisch. "Yeah! Deal! Kyoto, wir kommeeeeen!" Selbst Fujisaki konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, der mit Hiro viel sagende Blicke austauschte. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Das Telefonklingeln riss Yuki aus seinem dumpfen Brüten. Aufgeschreckt sah er auf und starrte durch die offen stehende Schlafzimmertür in den Flur hinaus. Wieder klingelte es. Das Geräusch war merkwürdig verzerrt und wirkte bedrohlich. Wie das Eintreffen einer unheilvollen Nachricht, das dem blonden Schriftsteller ein kalter Schauer über den Rücken jagte. Es klingelte noch mehrere Male, bis sich Yuki langsam vom Bett erhob, auf dem er bis gerade gesessen hatte und mit zitternden Fingern den Hörer abnahm. Und noch bevor der Mann am anderen Ende der Leitung zu sprechen begann, wusste er, dass seine insgeheimen Befürchtungen wahr geworden waren. Er kannte den schweren Atmen in seinen Ohren nur zu gut. "Hast du meine Warnungen endlich kapiert, du Schwuchtel?" tönte es aus dem Hörer, nachdem Yuki für den Zeitraum von einigen Sekunden kein Wort gesagt hatte. Die Stimme klang schmalzig und gehörte wahrscheinlich zu einem älteren Mann. "Was wollen sie?" Yuki ließ sich auch mit seiner Gegenfrage viel Zeit. Er wirkte blasser als sonst und musste sich mit der freien Hand an der Wand abstützen. Der Mann lachte widerlich. "Dein Leben zerstören." Ein lautes Husten erschall, während Yuki einmal tief einatmete und mit möglichst sicherer Stimme versuchte weiter zu sprechen. Es gelang ihm nicht ganz. "Warum? Was erhoffen sie sich durch so eine sinnlose Aktion?" Die Wut schwang in der Stimme des Schriftstellers mit. "Warum? Da fragst du dreckiger Killer mich noch? Weil du es nicht anders verdient hast! Pass fein auf dein Schoßhündchen auf; wenn er mir zu nahe kommt befürchte ich, dass ich meine Wachhunde loslassen muss..." Das helle Klicken in der Leitung gab Yuki zu verstehen, dass der Gesprächspartner aufgelegt hatte. Langsam legte er das schnurlose Telefon zurück in die Ladestation. Hinter seiner Stirn begann es zu arbeiten. Was wollte dieser Mann? Einfach nur sein Leben ruinieren, wie er es eben gesagt hatte? Fein - er war gerade dabei das zu tun. Da waren aber keine Forderungen, nichts deutete auf eine Erpressung hin. Also - worauf lief das Ganze hinaus? Und Nur das Schoßhündchen... Yuki wurde schwindelig, er suchte am Rahmen der Haustür Halt. Der üble Geschmack in seinem Mund brachte ihn fast zum Würgen. "Wieso... Shui-" der blonde Mann rutschte an dem glatten Holz hinunter, betätigte dabei unbemerkt die Türklinke. Ihm wurde schwarz vor Augen. "...-chi..." Das Letzte, was er noch mitbekam war der schwere Geruch von Blut in seiner Nase und eine warme Flüssigkeit, die über seien Lippen lief. Dann wurde alles dunkel. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Nee, Shuichi! Willst du schon nach Hause?" Hiro trat an den pinkhaarigen Sänger heran und beobachtete neugierig dessen Bewegungen. Die Konferenz war gerade beendet und alle packten ihre Sachen zusammen. "Hm..." machte Shuichi nur und hielt mitten in seiner Bewegung inne. Wenn er es sich recht überlegte, wollte er gar nicht nach Hause. Das Zusammentreffen mit Yuki gestern Abend hatte ihm schon wieder gereicht. Aber andererseits... Hiro schien zu bemerken, dass der fröhliche Ausdruck im Gesicht seines Freundes urplötzlich verschwand. Schnell legte er einen Arm um dessen Schulter und zwang ihn so mit sich zu kommen. "Na komm, du Miesmuschel. Wir gehen runter in die Cafeteria. Ich lad dich ein." "Ara... Miesmuschel...?" Mit einem breiten Grinsen im Gesicht verschwand Hiro zusammen mit dem Sänger im Aufzug. Sie hatten wirklich vieles nachzuholen. Zufälligerweise Verspürte K in etwa zur gleichen Zeit ein leichtes Hungergefühl und entschloss sich ebenfalls die NG hauseigene Cafeteria aufzusuchen. Mit hinter dem Kopf gefalteten Armen ging er fröhlich pfeifend durch die Gänge; dessen bewusst, dass alle die ihm entgegen kamen einen Sicherheitsabstand von mindestens zwei Metern hielten, als sie seine Magnum in seinem Hosenbund aufblitzen sahen. "Komm schon erzähl, Shuichi! Wo ist dein Witz? Deine verrückten Ideen in letzter Zeit? Hm?" wild wedelte Hiro mit der Kuchengabel herum während er mit vollem Mund sprach. Auch Shuichi mümmelte an einem überdimensionalen Stück Kuchen, das Hiro ihm ausgesucht hatte. Die Cafeteria war nicht sehr gut besucht zu dieser Zeit und so konnten die beiden hier ungestört reden. "Ano... Weißt du, es ist wegen Yuki..." lustlos stocherte er in der Sahne herum und zauberte so bizarre Muster hinein. Hiro nickte. "Das dachte ich mir. Aber sonst bist du anders, ich meine wo ist deine Initiative?" Traurig sah Shuichi durch das Fenster nach draußen. Aller Mut schien ihn mit einem male verlassen zu haben. "Weißt du Hiro, wenn man anfängt zu zweifeln, sind verrückte Ideen und Initiative etwas, was sehr schwer fällt." Ungefähr zu diesem Zweitpunkt betrat auch K die Cafeteria. Doch plötzlich war sein Hunger versiegt, als er seine beiden Schützlinge redend am Tisch sitzen sah und einige Wortfetzen der Unterhaltung aufschnappte. "Ara?" freudig erregt schlich sich der Manager an die nächst gelegne Steinsäule, hinter der er sehr gut jedes einzelne Wort der beiden mitbekam. Die Blicke der wenigen Gäste beachtete er einfach nicht. Hiro blickte Shuichi entgeistert an. So etwas hatte er aus Shuichis Mund noch nie gehört. "Du und keine Initiative?" Das konnte nicht sein - er musste sich verhört haben. Doch Shuichi nickte nur und enthauptete sein Stück Kuchen geistesabwesend. Die Sahne rutschte über den Tellerrand auf den Tisch. Was hatte dieser Yuki jetzt schon wieder angestellt? "Es ist ernst Hiro. Ich weiß wirklich nicht, wo ich bei ihm dran bin..." "Das wusstest du doch noch nie wirklich." Der pinkhaarige Sänger schüttelte langsam seinen Kopf und stützte ihn mit der Hand ab. "Dies Mal ist es anders. Ich weiß nicht genau was, er redet ja nicht mit mir. Gestern haben wir wieder gestritten. Und das schlimmste ist - ihm scheinen meine Gefühle egal zu sein. Seit Wochen muss ich auf der Couch schlafen; er redet nicht mir..." Shuichi merkte gar nicht, wie die erste Träne seine Wange herunter lief. Hiro staunte unterdessen Bauklötze. Was hatte er da verpasst? Schöner Freund war er. Viel mehr ärgerte ihn jedoch die Tatsache, dass der Schriftsteller sein Versprechen, oder besser seinen Schwur ihm gegenüber vergessen hatte. Und das machte den Gitarristen wütend. "Du musst etwas tun, Shuichi!" Die Sahne an Hiros Gabel spritzte, als er die Hand, die sie hielt mit voller Wucht auf den Tisch donnerte. "Ja, ich weiß... Ich habe nur schreckliche Angst, dass es noch schlimmer wird." "Viel schlimmer kann es doch schon gar nicht mehr werden!" Shuichis Teilnahmslosigkeit machte Hiro nur noch wütender. Etwas stimmte da ganz und gar nicht. Der Leadsänger Bad Lucks antwortete nicht. Einige Minuten der Still folgten. Hinter seinem Versteck begann K derweilen unruhig zu werden. Warum redeten sie nicht weiter? Nervös stapfte er vom einen Fuß auf den anderen und betete insgeheim, dass man ihn nicht entdeckt hatte. Am liebsten wäre er zu Shuichi gegangen, hätte ihm die Waffe an den Kopf gehalten und alles aus ihm heraus gequetscht. Die Magnum hatte er sowieso schon im Anschlag. "Das Schlimmste ist ja..." K atmete erleichtert auf, als er Shuichis Stimme hörte. "... dass ich träume." "Wieso ist das schlimm?" Hiro legte die Stirn in Falten. Plötzlich sah der Sänger seinen Freund eindringlich an. "Bitte Hiro, erzähl das absolut niemandem, noch nicht mal deiner Mutter, klar? Schwör es." Hiro nickte verwirrt. "Ich schwöre." Shuichi seufzte tief, ehe er fortsetzte. "Ich habe vorletzte Nacht von..." Die Blicke des jungen Sängers glitten einmal prüfend durch den Saal, bis er sich nah vorn beugte und leiser zu sprechen begann. "... von Ryuichi Sakuma geträumt." K musste sich sehr anstrengen um die letzten Worte zu verstehen. "Ja und? Was soll daran schlimm sein?" Hiro verstand nicht ganz, worauf sein Freund hinaus wollte. "Ich hatte..." Shuichi sah sich abermals um, bemerkte den blonden Haarschopf hinter der großen Steinsäule allerdings nicht, die zweifelsohne zu K gehörte, der sich ein Stück zur Seite gebeugt hatte, um die beiden besser verstehen zu können. "... Sex mit ihm... und zwar verdammt guten." Die Röte in seinem Gesicht verriet, dass er sich dabei genierte, alles seinem Freund zu erzählen. K konnte ein kurzes Aufstöhnen nicht ganz unterdrücken, als er den letzten Teil des Satzes gehört hatte. "My God! What's that!" sagte er leise an sich gewand, nachdem sein Erstaunen überwunden hatte. Auch Hiros Mund stand weit offen. "Du hast mit ihm geschlafen?" "Psssst! Nicht so laut!" "War es gut?" Shuichi kippte fast vom Stuhl. "Wie kannst du so was fragen? Natürlich war es das! Arrrg! Aber das war doch nur ein verdammter Traum!" "Aha~!" "Was "Aha~"?" Shuichis Stimme überschlug sich beinahe im Flüstern. "Na ja, du scheinst Entzug zu haben." Dass für Hiro viel mehr dahinter steckte, dass ließ er ganz außer Acht. Auch für K war so einiges klarer geworden und er entschied sich, sein Versteck so ungesehen wie möglich wieder zu verlassen. Es gelang ihm. Weder Shuichi noch Hiro bemerkten, wie er die Cafeteria verließ. Mit einem wissenden Gesichtsausdruck sprach Hiro weiter, ohne seinen Freund dabei einmal zu Wort kommen zu lassen. "Du bist ein Mann, Shuichi. Wenn du die ganze Zeit nur allein auf dem Sofa schläfst ist es kein Wunder, dass du so was träumst." Der pinkhaarige Sänger sah Hiro nur schief von der Seite an. "A-ha..." War alles was er darauf zu sagen hatte. Sexentzug? "Aber lass uns doch weiter bei mir zu Hause bei einem gemütlichen Bier darüber reden, ne Shuichi?" mit diesen Worten stand der Gitarrist auch schon auf und packte seine Sachen zusammen. Dagegen hatte Shuichi natürlich nichts einzuwenden - obwohl es dann doch ein anderes Thema hätte sein können, über das sie reden wollten; das alles war ihm verdammt peinlich. Fast fühlte er sich wieder wie in alte Zeiten zurück versetzt, noch bevor sie bei NG Productions mit Bad Luck unter Vertrag gekommen waren. Erleichtert folgte er Hiro nach draußen, in seinem Hinterkopf blieb jedoch stets der Gedanke an Yuki zurück. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Yeah, K du bist gooood!" selbstherrlich lachend machte sich der blonde Amerikaner auf den Weg zu seinem Büro. Dabei dachte er angestrengt darüber nach, wie er sich die Sache, die er gerade eben erfahren hatte (ungewollter Weise natürlich) zu Nutze machen konnte. Ja, er war sich sicher, dass man viel daraus machen könne. Pfeifend schlenderte er den Gang zurück, sein Hunger noch immer wie durch Zauberhand versiegt. "K-saaaaan?" Eine wohlbekannte Stimme riss ihn aus den Gedanken und veranlasste ihn urplötzlich zum Stehenbleiben. Der Manager konnte gerade noch ein ergebenes "Oh, no..." aussprechen, ehe er hinterrücks umgeschmissen wurde. Ryuichis "Kumaguro-back-Tackle"-Attacke war selbst für den hoch gewachsenen Amerikaner zu viel und nun befand er sich - wieder einmal - geschlagen auf dem Boden. Quietsch vergnügt saß Ryuichi auf seinem Rücken, hielt dabei Kumaguro triumphierend in die Luft. "Jahahaha na no daaaaa! Kumaguro wins!" Der Lärm musste mindestens noch zwei Kilometer weiter zu hören sein. "Ryuichi, geh bitte von mir runter..." Den einen Arm den Kopf stützend, den anderen Arm auf dem Boden liegend, dabei die Finger immer wieder auf und ab bewegend, wartete k bis Ryuichi ihn freigab - was eventuell Stunden dauern konnte. Doch der grünhaarige Sänger schien Mitleid zu haben. "Wahaha, K pika pika na no da!" Mit einer merkwürdig aussehenden Bewegung schwang sich der berühmte Sänger von dem Rücken seines ehemaligen Managers und rannte, Kumaguro vornan, Runde um Runde um K herum. "Ryuichi, why are you here? Du hast doch frei." Begann K, nachdem er sich aufgerichtet und seine Kleidung zurechtgerückt hatte. Ryuichi blieb stehen. "Mahhh, Kuma-chan war langweilig. Willst du mit ihm spielen na no da?" Das rosa Plüschhäschen tanzte plötzlich vor K's Nase, der es jedoch nur lachend zur Seite schob. "Du bist doch sicherlich nicht nur zum Spielen hier her gekommen." Plötzlich wurde der Gesichtsausdruck des grünhaarigen Mannes trotzig. Blitzschnell drehte er K den Rücken zu, kramte in seiner Jackentasche herum, fummelte an irgendetwas und hielt dem Amerikaner schließlich wieder das Kuscheltier vor die Nase. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte K, dass sich ein Foto, oder besser gesagt eine Autogrammkarte zwischen den kleinen Armen des Häschens befand. K musste unwillkürlich laut los lachen, als er die Person erkannte, die darauf abgebildet war. "Was hat K-san?" murrte Ryuichi und verzog das Gesicht. Wieso lachte man über ihn? "No, nothing! Hahaha! Du willst also mal wieder Spaß haben, ja?" antwortete der Manager, nachdem er sich wieder gefangen hatte. Wirklich, er kannte Ryuichi einfach zu gut. "Wahhh, K-saaaan! Es ist soooo langweilig na no da!" Mit einem Mal wurde der hoch gewachsene, blonde Mann von Ryuichi umarmt, der gar nicht wusste, wie ihm geschah. "Keiner kümmert sich um Kumaguro! Und Ryuu-chan will wieder Singen na no da!" Der grünhaarige Sänger sah mit steinerweichendem Blick zu K herauf. Plötzlich ging K ein Licht auf. Natürlich! Das war es! Mit einem manischen Grinsen schob er Ryuichi einfach von sich weg und hob den Arm. "Ryuichi, du wirst deinen Spaß bekommen! Hahaha! Yeah, lot's of fun, baby!" +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Leider drehte sich die Unterhaltung zwischen Hiro und Shuichi doch die ganze Zeit um genau das Thema, über das der pinkhaarige Sänger eigentlich nicht sprechen wollte. Der Traum mit Ryuichi. Allerdings hatte Hiro weder direkt danach gefragt, noch irgendeine dementsprechende Andeutung daraufhin gemacht. Der Alkohol tat seinen Dienst ganz von allein denn Shuichi war noch immer die geborene Niete, wenn es ums Trinken ging. Hiro hörte, mehr oder weniger interessiert, all den Erklärungen zu, die ihm Shuichi bis ins kleinste Detail ausbreitete. Scheinbar vergaß er nicht eine einzige Kleinigkeit, selbst als es um das eigentliche Thema des Traumes ging. Dies alles setzte sich so lange fort, bis Shuichi letztendlich, mitten in einem weiteren Redeschwall, friedlich eingeschlafen war. Erleichtert atmete der Gitarrist auf, nahm Shuichi die leere Bierdose aus der Hand und legte seinen Freund auf sein Bett. Seufzend musste er sich wohl damit abfinden, eine Nacht auf dem Boden zu verbringen. Einen Moment lang betrachtete er den jungen Sänger stillschweigend. Shuichi sah so unschuldig im Schlaf aus. Wie konnte man ihm nur so etwas antun? Er konnte nicht einmal einer Fliege Schaden zufügen. Kopfschüttelnd wand Hiro sich von ihm ab. Während er sich bettfertig machte und Shuichi leise und mit offen stehendem Mund zu schnarchen begann, dachte er über die Bedeutung dieses Traumes, als auch über die Beziehung mit Yuki nach. Er nahm sich fest vor, den blonden Schriftsteller noch einmal zur Rede zu stellen. Auch wenn es vielleicht in eine Prügelei ausarten sollte. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Der Cocktail war einfach riesig. Fast schon zu riesig für Ryuichi, der alle Mühe hatte, auf dem Barhocker hinter der Theke den Strohalm zu erreichen. Seine Augen quollen bei dem Anblick des bunten Getränkegemischs fast über; natürlich war es alkoholfrei. "Kumaguro! Schau dir das an! Hahaha!" Der Barkeeper musste sich ein Grinsen verkneifen, als er den erwachsenen Mann mit der kleinen rosa Stoffpuppe spielen sah. Er kannte Ryuichi schon sehr lange, aber dennoch war es immer wieder eine Augenweide Ryuichi Sakuma life zu sehen. Routiniert ging er seiner Arbeit nach und trocknete die kostbaren Gläser, um sie danach sicher in dem Regal hinter ihm zu verstauen. "Wann kommt Thoma denn?" brachte Ryuichi hinter seinem Riesenglas hervor. "Ich weiß es leider nicht, Master. Er richtete mir aus, dass sie auf ihn warten sollten." Als Antwort folgte ein enttäuschtes Seufzen des Sängers, der aber schon gleich darauf wider voll und ganz mit seinem Kuscheltier beschäftigt war. In diesem Moment ging die Tür auf und Thoma betrat gefolgt von Noriko den Raum. "Thoma! Noriko-chan na no da! Ist Hana-chan auch da?" Aufgescheucht sprang Ryuichi von seinem Stuhl und schmiss sich gleich Noriko in die Arme. "Nein, sie ist schon längst im Bett. Hy Ryuu-chan!" Mit Hana-chan meinten die beiden Norikos kleine Tochter, mit der Ryuichi liebend gern spielte, was wahrscheinlich nur daran lag, dass das kleine Mädchen total vernarrt in Kumaguro war. Und davon hatte Ryuichi einige. "Ohhh... Kuma-chan ist nämlich langweilig na no da." "Hallo Ryuichi! Tut mir leid, dass ich dich so spät habe noch herkommen lassen." Begrüßte nun auch Thoma seinen Kollegen, während er sich des Mantels und der Handschuhe entledigte. "Macht doch nichts na no da! Es ist furchtbar langweilig in letzter Zeit." Lachend kratzte sich Ryuichi am Kopf. "Ja, ich weiß." Begann Thoma wieder. Er und auch die anderen beiden setzten sich schließlich an die Theke und bekamen auch prompt "das Übliche" vom Barkeeper vorgesetzt. "Deshalb wollte ich auch, das wir uns gleich heute noch treffen." "Geht es um die PR Tour von Bad Luck von der du im Auto gesprochen hast?" fragte Noriko als sie an ihrem Glas nippte, dabei Ryuichis Cocktailglas belächelte. "Richtig. K hat mir, warum auch immer, davon erzählt und ich finde, wir sollten die Gelegenheit nutzen und uns unseren Teil des Ruhmes abschlagen." Seltsamerweise ruhte Thome Seguchis Blick während er sprach fest auf Ryuichi, der scheinbar unbeteiligt auf seinem Barhocker saß, am Cocktail nippte und die Beine baumeln ließ. Der Sänger bemerkte jedoch nichts weiter und auch Thoma ließ schließlich von ihm ab. "Lasst uns auch nach Kyoto fahren. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Bad Luck sich vor uns breit macht." Ein merkwürdiger Ausdruck lag auf dem Gesicht des Produzenten, den allerdings keiner der Anwesenden registrierte. "Yeah! Mit Bad Luck nach Kyoto na no da! Kumaguro hast du das gehört?" Ryuichi riss den Hasen in die Luft. "Ryuichi pika pika! Mit Shu-chan singen na no da!" "Ryu-chan! Red doch nicht so einen Unsinn!" Noriko versuchte der Sänger wieder zur Vernunft zu bewegen, der sich allerdings nicht durch Noriko stören ließ. Ihren Anstalten, ihm Kumaguro wegzunehmen, wich er geschickt aus. Thoma hingegen schmunzelte einige Momente über Ryuichis Reaktion. Er hätte sich denken können, dass sich Ryuichi freuen würde mit Shuichi zusammen sein zu können, aber dennoch... Da war noch K, der ihm einfach so sorglos von der PR Tour erzählt hatte. Sicher, er als Präsident der Firma hätte es noch eher als alle anderen erfahren, dennoch verstand er K's Leichtsinnigkeit nicht. Schließlich waren Nittle Grasper und Bad Luck erbitterte Rivalen im Musikgeschäft. Da musste noch mehr dahinter stecken, dafür hatte Thoma ein Gespür, außerdem kannte er auch den blonden Amerikaner nur zu gut. Außerdem hatte er selbst da so seine Pläne... Thoma räusperte sich. "Wie dem auch sein, ich habe bereits Tickets buchen lassen. In einer Woche geht es los. Wir müssen zusehen, dass wir das neue Album beenden. Am besten sprechen wir die letzten Songs gleich morgen durch." Der blonde Mann stand auf und begann sich wieder anzuziehen. "Thoma, du gehst schon?" enttäuscht kam Ryuichi zu Thoma herüber, nachdem das Spiel mit Noriko beendet war. Der Angesprochene lächelte. "Ich fürchte ja. Ich habe noch ein wichtiges Treffen." "Leider muss auch ich gehen, Ryuu-chan." Fiel auch Noriko ein und wuschelte dem enttäuschten Ryuichi durch das Haar. "Das nächste Mal darfst du mit Hana-chan spielen, okay?" "Morgen früh wieder im Studio, Ryuichi?" "Hai na no da!" Nachdem die beiden sich kurz verabschiedet hatten und gegangen waren, setzte sich Ryuichi noch für einen Moment an die Theke und widmete sich wieder seinem Getränk. Er und Shuichi in Kyoto! Er konnte es kaum glauben. Der Sänger kannte solcherlei PR Touren nur zu gut und er wusste, dass man neben der Arbeit auch viel Spaß haben konnte. Ja, wirklich viel Spaß... In den grünen Augen blitzte es einmal verräterisch auf und auch über seine Lippen huschte ein sonderbares Lächeln. Kurz darauf war er jedoch wieder ganz der Alte. Er verabschiedete sich nun ebenfalls fröhlich wie immer von dem Barkeeper und trat, dicht gefolgt von seinem Bodyguard, hinaus. Es hatte wieder begonnen zu regnen; der Frühling war manchmal wirklich eine unangenehme Jahreszeit in Tokio. Dennoch mochte ihn Ryuichi irgendwie. Regen wirkte beruhigen auf ihn. Auf seinem Weg nach Hause machte er an einer kleinen Parkbank Halt, verstaute Kumaguro unter seiner Jacke und setzte sich. Er wand sein Gesicht gen Himmel und genoss das Gefühl der kalten Tropfen, die mit ungehinderter Wucht auf seine Haut prasselten. Als er die Augen wieder öffnete, war der kindliche Ausdruck auf seinem Gesicht mit einem Mal verschwunden. Seine Gedanken kreisten um Shuichi, um das bevorstehende Abenteuer. Der Sänger nahm sich vor, ihn morgen früh von zuhause abzuholen. Das gleiche, verräterische Lächeln wie eben in der Bar erschien auf seinen Lippen. Automatisch griff er in seine Jackentasche und holte ein Stück Papier hervor. Es war die Autogrammkarte. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ In höchster Aufregung knallte Thoma den Hörer auf die Gabel. "Verdammt." fluchte er und ging unruhig im Zimmer auf und ab. Wahrscheinlich zum zwanzigsten Male hatte er Eiris Nummer in das Telefon getippt und zum zwanzigsten Male hatte niemand abgenommen. Was hatte das zu bedeuten? Er hatte ihm doch gesagt, dass er eine Entscheidung wollte. Vielleicht war es noch zu früh am Morgen; die Sonne war erst vor wenigen Minuten aufgegangen. Aber dass er sich gar nicht wecken ließ? Besorgt blickte der blonde Manager abwechselnd von Uhr zu Telefon. War Shuichi denn nicht zu Hause? Nein, das gefiel ihm ganz und gar nicht. Entschlossen packte er seine Sachen und verließ das Büro. Bevor er sich auf den Weg zu Eiri Yukis Apartment machte, veranlasste er alles Nötige, um das Treffen der Nittle Grasper Bandmitglieder an einem späteren Termin stattfinden zu lassen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ In etwa zur selben Zeit stand Ryuichi vor der Haustür des Apartments, das Yuki und Shuichi zusammen bewohnten. Es regnete noch immer, sodass der Sänger die Hand zum Schutz vor die Augen halten musste, als er an dem Gebäude in die Höhe blickte. "Kuma-chan, schau! Da wohnt Shuichi na no da!" Vorfreudig hüpfend bewegte er sich gen Hauseingang und schlug die grell gelbe Kapuze seiner Regenjacke nach hinten. Es dauerte eine ganze Zeit lang, ehe der arme Ryuichi endlich in der siebzehnten Etage des Apartmentkomplexes angekommen war. Vollkommen außer Atem schleppte er sich die letzten Stufen hinauf - er hatte es versäumt den Aufzug zu benutzen - und begann sofort an der erstbesten Eingangstür Sturm zu klingeln. Glücklicherweise war es der richte Eingang und nicht der eines unschuldigen Nachbarn. Auch ein sich ständig wiederholendes "Shui~chiiiii, mach aahaaauf na no daaa!" ließ er sich, trotz des fehlenden Atems, nicht nehmen. Als nach mehreren Minuten niemand öffnete, noch sich irgendetwas in der Wohnung zu regen schien, ließ Ryuichi von der Klingel ab und horchte angestrengt. Nichts. Zur Abwechselung versuchte er es mit einem normalen Klopfen und einem "Halloooo?"; und plötzlich sprang die Tür auf. Allerdings nur ein Stück, dahinter schien irgendetwas zu liegen. "Eh?" mit verwundertem Gesicht trat Shuichi soweit es ging in die Wohnung hinein und versuchte seinen Kopf durch den schmalen Spalt zu stecken, was ihm allerdings nicht gelang. "Haaaa~~llooooo!" rief er wieder, bekam aber auch diesmal keine Antwort. Mit sanfter Gewalt schob er die Tür noch ein Stück weiter auf und stolperte letztendlich über irgendwas in die Wohnung hinein. Als er sich an der gegenüber der Tür liegenden Wand wieder soweit gefangen hatte, musste er mit schreckensweiten Augen schließlich feststellen, dass er soeben über Eiri Yukis Arm gestolpert war. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Ein schrilles Handyklingeln riss Hiro aus seinen schönsten Träumen. Ayaka-chan war doch gerade eben noch bei ihm- "...ja?" Müde rieb er sich den Schlaf aus den Augen, während er das Gespräch annahm und mit einem Seiteblick auf die Uhr feststellte, dass sie wohl verschlafen hatten. Plötzlich richtete er sich alarmiert auf. "Ja...verstehe... wir kommen sofort." Er legte auf und machte sich schnell daran, den immer noch ungestört in seinem Bett schlafenden Shuichi zu wecken. Zwei kleine Augen blinzelten ihn verwirrt an. "Yuki ist im Krankenhaus." Auch Shuichi war, nachdem er von der Nachricht erfahren hatte, sofort hellwach. To be continued... Authors note: *ack* Wirklich... tut mir leid... ich weiß nicht, was in mich gefahren ist... Diese Geschichte ist schon mit drei Teilen fast halb so lang wie meine Letzte! Bitte langweilt euch nicht; bald wird es spannend - und man kommt zur Sache... *hehe* Im nächsten Track gibt es ein erfrischendes Flashback mit Shu und Ryu... *zwinker* Auf, auf zum nächsten Kapitel! Yay! Vielen, vielen Dank für's Lesen! Eure Ryuu-chan na no da =^_^= Kapitel 4: Track 3 +++ Glaring Dream ------------------------------------ Track 3 +++ Glaring Dream Authors note: Jippie! Track 3! ^_^ Ich bin ehrlich - es ist halb elf... und ich muss morgen arbeiten... aber ich schreib noch etwas... nur ein bisschen... "Wo ist er?!" völlig außer Atem erreichten Shuichi und Hiro die schmale, in sich gesunkene Person, die auf dem sterilen Flur der Intensivstation auf einer Plastikbank saß. Als Thoma aufsah und die beiden Personen registrierte, verfinsterte sich sein Gesicht kaum merklich. "Er ist in diesem Zimmer." antwortete er kühl und musterte insbesondere Shuichi mit einem undeutbaren Seitenblick. "Was ist passiert?" fiel nun auch Hiro ein, der sich erschöpft auf seine Knie stützte. Für einen Marathonlauf befand er sich definitiv zu alt. "Ich weiß es selbst noch nicht so genau." Der blonde Produzent seufzte und bettete den Kopf in seine Hände ehe er weiter sprach. Tiefe Sorgenfalten lagen in dem schmalen Gesicht. "Er muss kollabiert sein. Wahrscheinlich ein Kreislaufzusammenbruch. Er ist noch nicht bei Bewusstsein." "Oh mein Gott..." flüsterte Shuichi leise und wurde plötzlich ganz blass. Wie gebannt starrte er auf die Zimmertür, hinter der wohl Yuki liegen würde. Besorgt trat Hiro neben ihn. "Shuichi..." "Wer weiß, was passiert wäre, wenn er noch länger dort gelegen hätte." bemerkte Thoma. Sein Blick lag nun vorwurfsvoll auf Shuichi, was keiner der Anwesenden jedoch zu bemerken schien. "Nein..." Shuichi erzitterte unter einem herannahenden Tränenausbruch. "Ich- ich will ihn sehen..." Einen Schritt machte der junge Sänger in Richtung der Tür, wurde jedoch durch Thoma wieder gestoppt. Sein "Nein." klang etwas zu scharf, sodass Hiro seinen Vorgesetzten verwundert ansah. "Der Arzt ist gerade bei ihm." "Nee, Shuichi. Warte noch ein bisschen." Mit sanfter Gewalt zog der Gitarrist seinen Freund zu sich und verfrachtete ihn kurzerhand auf einen freien Platz neben Thoma. Shuichi selbst stand unter Schock. War er an allem Schuld? War er der Grund für Yukis Krankheit? In seinem Kopf begann er alle nur möglichen Gründe für Yukis Zusammenbruch durchzugehen. Wie er es auch drehte und wendete; er stand für sich als schuldig da. Die Vorwürfe, die er sich machte, lasteten schwer auf seinen Schultern, jedoch riss Hiro ihn aus seinen selbstzerstörerischen Gedankengängen. "Wer hat ihn gefunden, Seguchi-san?" "Ryuichi." Der brünette Mann legte seinen Kopf schief. "Sakuma Ryuichi?" Auch Shuichi blickte verwirrt zu Thoma, der ihm jedoch nur einen eisigen Blick zuwarf, der Shuichi mehr traf als alles andere. Thoma gab ihm die Schuld an allem, vielleicht steckte auch noch mehr hinter dem, was er gesagt hatte. "Ich weiß auch nicht, was er um diese Uhrzeit in Eiris Apartment verloren hatte, aber Gott sei Dank war er dort." Das "Warum warst du nicht zu Hause, Shindo-san?" lag unausgesprochen in der Luft. Shuichi konnte Thomas Vorwürfe förmlich riechen. Ja, vielleicht hätte er zu hause sein sollen. Vielleicht hätte er aber auch nie wieder einen Fuß in diese Wohnung setzen sollen; was machte das jetzt schon für einen Unterschied? Dass Ryuichi einfach in Yukis Wohnung aufgetaucht war, hatte er bereits wieder vergessen. Während er nur stumm auf die weiße Wand vor ihm starrte, kreisten seine Gedanken um den bewusstlosen Mann im Krankenzimmer. Eine schier endlos lange Zeit verging, in denen die drei Männer nichts anderes tun konnten als warten. Doch plötzlich gewahr Shuichi das erlösende Geräusch der Tür, die geöffnet wurde und stand sofort auf. Ein besorgt aussehender Arzt in strahlend weißem Kittel trat heraus und verschloss das Zimmer wieder hinter sich. Noch bevor Shuichi etwas sagen konnte, ergriff Thoma zu erst das Wort. "Wie geht es ihm, Doktor?" auch Thoma erhob sich und trat an den Arzt heran. "Nun, Seguchi-san. Er ist zwar außer Lebensgefahr, aber ich würde seinen Zustand noch als kritisch deuten. Er ist dehydriert und stark unterkühlt gewesen." Thoma nickte ernst, während Shuichi und der hinter ihm stehende Hiro wie gebannt den Worten des Doktors folgten. "Ist er wieder bei Bewusstsein?" fragte Thoma weiter, doch der Mann vor ihm schüttelte nur verneinend den Kopf. "Leider ist er in eine Art Koma gefallen, was jedoch nicht lange anhalten muss." Shuichi trat plötzlich zwischen die Männer und öffnete kurzerhand die Tür. Er hielt es nicht mehr länger aus; er musste Yuki sehen! Das erstaunte "Hey!" des Arztes überhörte er einfach. Yuki, Yuki, Yuki; nichts anders war mehr in seinem Kopf. Als er endgültig im Zimmer stand und die blasse, reglose Person auf dem Bett erkannte, stand er am Rande eines Zusammenbruch. "Yuki..." flüsterte der Sänger heiser, während er mit zitternden Knien auf den bewusstlosen Schriftsteller zuging. Hinter ihm betraten der behandelnde Arzt, sowie der blonde Produzent das Zimmer. "Sie können hier nicht so einfach-" setzte der weiß gekleidete Mann an um den Eindringling aufzuhalten, den Shuichi jedoch sofort unterbrach. "Genug..." sagte er leise, jedoch lag ein Unterton in seiner Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Als Shuichi am Bett angelangt war, wollte der Arzt erneut versuchen, den pinkhaarigen Sänger zu stoppen, was Thoma jedoch mit einer energischen Geste seines Armes zu verhindern wusste. Der Blick des Produzenten war eisig und er verfolgte jede kleinste Bewegung Shuichis. Eine ganze Weile verging, während der junge Mann an Yukis Bett die blasse Person auf dem Krankenbett betrachtete. Schließlich führte er die Hand zu seinem Mund und unterdrückte so ein Schluchzen. "Kami-sama..." brachte er noch hervor, ehe er mit tränenüberströmten Gesicht zusammenbrach. "Yuki... wach auf... Yuki..." Seine zitternden Hände fanden die des Angesprochenen, der jedoch nicht antworten konnte. Stumm verfolgten die Anwesenden die Darbietung und auch Hiro war inzwischen eingetreten, der seinen Freund mit einem ebenso bemitleidenden Blick musterte, wie es nun ebenfalls der Arzt tat. Nur Thoma schien etwas anderes im Kopf zu haben. Unvermindert böse blickte er die zusammengesunkene Gestalt Shuichis an. Als dieser den Ärmel des Patienten ungewollt ein Stück zur Seite schob und die blasse Haut darunter zum Vorschein kam, riss er entsetzt die Augenbrauen nach oben. "Doktor, was ist das dort an seinem Handgelenk?" schnell ging Thoma um das Bett herum und besah sich auch den anderen Arm des Schriftstellers. Seine Augen erblickten das Gleiche wie zuvor: halb vernarbte Wunden unterhalb der Handgelenke. Shuichi beachtete das Geschehen um ihn herum nicht, er war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Der Arzt räusperte sich und trat ebenfalls näher; jedoch nicht ohne einen besorgten Seitenblick auf Shuichis zusammengesunkene Gestalt zu machen. "Wir können es nicht mit Sicherheit sagen. Die Verletzungen sind schätzungsweise etwa zwei bis drei Wochen alt." Die beiden Männer sahen sich gegenseitig an. "Ein Suizidversuch?" "Ausgeschlossen!" konterte Thoma sofort. Nein, sich so umzubringen wäre nicht Eiris Stil gewesen, dafür kannte er den Schriftsteller einfach zu gut. Er hatte da plötzlich eine Ahnung und wurde daraufhin ziemlich wütend. Der blonde Produzent blickte kurz hinunter auf Shuichi, der noch immer reglos auf dem Boden kniete. "Wir sollten Eiri-san jetzt etwas Ruhe gönnen." sagte er eindeutig an den jungen Sänger gewand und ging in Richtung Zimmertür, verabschiedete sich unterdessen von dem Arzt. Vorher war er Yuki noch einmal sanft durch das blonde Haar gefahren. Shuichi machte allerdings keinerlei Anstalten, Thoma nach draußen zu folgen, sondern musste erst durch Hiros sanfte Gewalt von Yuki gelöst werden. "Komm schon, Shuichi..." "Yuki..." schluchzte er, während sein Freund ihn langsam mit sich zog. Der Frontmann Bad Lucks war wie weggetreten; er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Selbst nicht als er im Flur den an die Wand angelehnten Ryuichi erblickte, der wahrscheinlich schon seit längerem draußen gewartet hatte. Sein Blick war auf den Boden gewendet. Schweigend stand Thoma neben ihm; als ob er etwas von ihm zu erwarten schien. Der ältere Sänger ließ sich jedoch nicht in die Irre führen und schwieg beharrlich, bis Thoma schließlich die Stille unterbrach. "Was hattest du in dem Apartment verloren?" Noch eine ganze Zeit lang weigerte sich Ryuichi zu antworten, ehe er irgendwie gequält den Kopf hob und den genau gegenüber von ihm stehenden Shuichi ansah. Das gepresste "Sakuma-san..." gepaart mit seinem verweinten Blick, brachte den älteren Mann zum seufzen. "Ich wollte Shu-chan zur Arbeit abholen." beantwortete er schließlich Thomas Frage, blickte dem blonden Produzenten dabei fest in die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Es war nicht mehr der kindliche Ryuichi, der vor ihm stand und auf eine seltsame Art und Weise machte dies Thoma stutzig. Da lag mehr hinter dem Gesichtsausdruck seines Kollegen. Stumm nickte er und ließ seine Blicke wieder zurück zu Shuichi gleiten, der die Situation noch immer nicht richtig einordnen konnte. "Warum warst du nicht bei Eiri, Shindo-san?" Der stechende Blick der grünen Augen war beinahe spürbar. Shuichi zwinkerte verwirrt, ehe er die an ihn gerichtete Frage verstanden hatte. Er fragte sich, was Thoma das Recht dazu gab, ihm gerade diese Frage zu stellen. Verständnislos blickte der junge Sänger zu Boden, während sich in seinen Augen erneut Tränen zu bilden begannen. Er antwortete nicht. Was machte das für einen Sinn, Thoma von allem zu erzählen? Es war ja sowieso alles seine Schuld. "Wenn du zu Hause gewesen wärst, dann hätte man ihn vielleicht-" weiter kam Thoma nicht. "Es reicht. Shu-chan kann nichts dafür." Böse blitzte Ryuichi den blonden Mann an; der ihn im Gegenzug nur überrascht musterte. In genau diesem Moment rannte Shuichi davon. Wie ein Wahnsinniger hetzte er durch den Flur und war schon bald hinter der nächste Ecke verschwunden. "Nee! Shuichi!" rief Hiro erschrocken, sah die beiden Verbleibenden mit einem verärgerten Blick an und versuchte letztendlich Shuichi einzuholen. "War es das, was du wolltest, Thoma?" regungslos sah Ryuichi den Angesprochenen an, der nur ausdruckslos zurück starrte. "Ich kann deinen Absichten dieses Mal nicht ganz folgen." Fügte der grünhaarige Sänger hinzu und lächelte gespielt. Der Produzent lächelte ebenfalls so unecht zurück. "Ryuichi, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du deine Nase nicht in fremde Angelegenheiten stecken sollst, hm?" In Thomas Ton schwang leichte Ironie mit. Daraufhin stieß sich der Sänger mit einer eleganten Bewegung von der Wand ab und setzte wieder dieses merkwürdige Lächeln auf. "Das hatte ich auch ganz und gar nicht vor. Wenn du dich allerdings in Angelegenheiten einmischst, die nicht deine Sorge sein müssten und gerade dabei bist Bad Luck zu zerstören, dann mische ich mich nun mal ein." Thomas Augen wurden groß vor Wut und Überraschung. Dieser Ryuichi - er gab zu, dass er ihn unterschätzt hatte. Dieser Fehler würde ihm garantiert nicht noch einmal unterlaufen. "Bad Luck, hun?" der blonde Mann lachte leise. "Diese Sache geht viel tiefer." Fügte er todernst hinzu. "Das dachte ich mir. Es ist wegen Yuki-san, ne Thoma?" Thomas Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen. Er hatte Ryuichi definitiv unterschätzt. Auf die Mimik des anderen, antwortete Ryuichi nur mit einem verhaltenen Lachen. "Ryuu-chan hat Thoma durchschaut na no da." Die Stimme des Sängers klang anders als sonst wenn er das Kindliche an ihm ausspielte. Gefährlich. "Lass Shu-chan in Ruhe, Thoma." "Willst du mir drohen?" Jetzt war es an dem Produzenten zu lachen. Was wollte er schon gegen ihn ausrichten? Ein Kopfschütteln Ryuichis folgte. "Nein, ganz und gar nicht." Seine Antwort klang nicht überzeugend. "Was interessierst du dich auf einmal so sehr für Shindo-san? Du verhälst dich auffällig in letzter Zeit, Ryuichi. Dass wir nun nach Kyoto fahren ist sicherlich nicht nur K's Gutdünken zu verdanken..." Der Gefragte quittierte diese Äußerung mit einem bösen Seitenblick. "Vielleicht erinnert er mich an mich selbst...? Verstoßen und betrogen zu werden ist nicht gerade die feine englische Art..." Dass der ältere Sänger damit ganz bewusst auf ein bestimmtes Ereignis in seiner und Thomas gemeinsamer Vergangenheit anspielte, blieb dem blonden Mann nicht unverhüllt. Ein bitteres Lachen, das man von Ryuichi gar nicht gewohnt war, begleitete den letzten Satz. "Ha. Bist du dir sicher, dass du dann nicht nur aus Mitleid handelst?" mit diesen Worten wandte sich Thoma schweigen um und ging. Ryuichi sah ihm noch eine Weile lang nach, bis auch er schließlich das Krankenhaus verließ. Als er an dem geschlossenen Krankenzimmer Eiris vorüber schritt, lag sein Blick besorgt auf der Namenskarte, die in ein kleines Kästchen neben der Tür gesteckt worden war. "Yuki Eiri..." murmelte er, während sich die Aufzugtüren schlossen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Shuichi! Oy, Shuichi beruhig dich!" grob schüttelte Hiro seinen Freund bei an den Schultern. Er versuchte alles, um den pinkhaarigen Sänger wieder in den Griff zu bekommen, der sich mit Händen und Füßen weigerte ihm auch nur für eine Sekunde lang zuzuhören. Sie standen zudem noch mitten in der Stadt und ernteten für ihre Darbietung einige merkwürdige Blicke. "Nein~! Nein! Yukiiii! Wie kann er so was sagen!" Wie von Sinnen trommelte Shuichi auf der Brust seines Freundes herum. Er wollte einfach nichts mehr hören oder sehen. "Ich bin nicht schuld! Ich bin nicht schuld!" Erst die letzte Waffe des Gitarristen; eine schallende Ohrfeige, zeigte Wirkung. Shuichi verstummte auf der Stelle und blickte seinen Freund hilfesuchend an. "Hiro..." mit einem Mal stürzte er sich in die Arme des Mannes vor ihm und begann erneut bitterlich zu weinen. Eine warme Umarmung legte sich um ihn. "Shuichi..." seufzte Hiro. Irgendetwas musste geschehen. Er wusste zwar noch nicht was und wann; aber sein erster Anhaltspunkt würde Yuki Eiri sein, das schwor sich der Gitarrist. Noch bevor sie abreisen würden, wollte Hiro mit dem Schriftsteller reden, egal ob es sein Zustand zulassen würde oder nicht. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Auf dem Weg nach Hause dachte Ryuichi noch lange über das soeben erlebte nach. Er hatte heute nicht mehr vor, zur Arbeit zu gehen. Immer wieder erinnerte er sich an Shuichis Gesicht; es zerriss ihm förmlich das Herz seinen jüngeren Kollegen in dieser Verfassung gesehen zu haben. Aus den dunkeln Wolken am Himmel begann es plötzlich unverhofft stark zu regnen. Die meisten Menschen um Ryuichi herum suchten unter der nächst besten Gelegenheit Schutz, ihn hingegen störte das wenig. Er spürte, wie die Tropfen von seinem Gesicht auf seine Brust herab liefen. Mit einem mal blieb er mitten auf dem Gehweg stehen und blickte gen Himmel. Ja, Thoma hatte Recht gehabt. Er wollte wieder mit Shuichi zusammen singen, er wollte in seiner Nähe sein. Aber, war es wirklich nur Mitleid, was ihn dazu trieb? Immer wenn er den Jungen ansah, überkam ihn ein schier unglaubliches Gefühl, das er nicht mit Worten auszudrücken vermochte. Wenn Shuichi auf der Bühne sang, glaubte er sich nicht mehr in der Wirklichkeit zu befinden und alles andere um ihn herum wurde plötzlich unwichtig. Dies war etwas vollkommen Neues für ihn, noch nie hatte er sich tief in seinem Innersten nach etwas so gesehnt, wie nach der Gesellschaft des pinkhaarigen Sängers. Doch noch immer war da etwas, was ihn zurück hielt... Seine Gedanken kreisten plötzlich um ein ganz bestimmtes Ereignis, das vielleicht schon Wochen zurück lag. Ein liebevolles Lächeln lag auf seinen Lippen, während er noch immer die ihm entgegen fallenden Regentropfen beobachtete. >>Flashback<< Es war in einer Probe passiert, die auch die Bandmitglieder Nittle Graspers besuchten. Shuichi, Hiro und Fujisaki standen auf der Bühne und gaben ihr Bestes denn morgen würde ihr zweites Live Konzert stattfinden. Ryuichi, der zusammen mit Thoma und Noriko in der hintersten Reihe der Zuschauertribüne saß, wippte kaum merklich im Takt der Musik mit. Ihm gefiel dieses Lied; wie hieß es noch gleich? "Glaring Dream" hatte es Shuichi genannt. Wenn er es sich recht überlegte, gefiel ihm alles, was Shuichi sang. Die Ausstrahlung des jungen Sängers zog ihn einfach in ihren Bann. Genüsslich lehnte sich Ryuichi in den Sitz zurück, setzte Kumaguro neben sich ab und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Die grünen Augen verfolgten jede noch so kleine Bewegung; jede Regung des schmalen Körpers. Kleine Schweißperlen hatten sich auf Shuichis Gesicht gebildet, die sich langsam auf seine Oberlippe zu bewegten, über seinen Hals auf das Schlüsselbein flossen und vom Licht der Scheinwerfer reflektiert wurden. Wie gebannt ruhten Ryuichis Augen auf dem Energiegeladenen Körper. Die linke Hand des grünhaarigen Sängers griff unbemerkt zu Kumaguro und hielt des Arm des Stofftieres fest, fast so als ob der Mann neben ihm nach Halt suchen müsste, bei diesem faszinierendem Moment. Langsam verfolgten Ryuichis Augen eine Bewegung des pinkhaarigen Sängers, dessen Hand unter sein Oberteil glitt und es langsam noch oben zog, sodass der wohlgeformte Bauch Stück für Stück freigelegt wurde. Ryuichi hielt den Atem an. "Ryuichi, was hast du?" Die fragende Stimme Thomas riss den älteren Sänger abrupt aus seinen Gedanken. Verschreckt presste er Kumaguro vor seinen Mund, um die Röte in seinem Gesicht zu verbergen. "Ryuu-chan ist... ist... zu heiß hier drin na no da!" nuschelte er als Erklärung. Thomas hochgezogene Augenbraue verriet jedoch, dass er ihm keinen Glauben schenkte. Mit einem Satz stand Ryuichi auf den Beinen. Fast unbemerkt hatte Shuichi gerade eben sein Lied beendet und verließ die Bühne. "Ryuu-chan geht sich abkühlen. Bis gleich Thoma!" und schon war der grünhaarige Sänger hinter dem Bühnenaufgang verschwunden. "Abkühlen hinter der Bühne?" Die Braue des blonden Produzenten hatte sich noch immer nicht gesenkt. "Ach, lass ihn Thoma. Du kennst ihn doch." Warf Noriko ein, die rechts neben Thoma saß. "Eben." Mit undeutbarem Blick sah der einzige verbliebene Mann in die Richtung, in die Ryuichi gerade eben gerannt war. Vorsichtig lugte Ryuichi um den Rahmen der Tür, die zum Umkleideraum führte. Was er sah, war mehr, viel mehr als er jemals erwartet hätte. Seine Augen wurde groß und verfolgten alles, was im Raum geschah. Shuichi war gerade dabei, sich seinem Bühnenoutfit zu entledigen und stand bereits ohne Oberteil vor dem Spind. Nun fummelte er an der knappen Hose herum, die anscheinend nicht aufgehen wollte. Der grünhaarige Sänger gab sich einen Ruck, er konnte ja schließlich nicht spannen, wenn sich sein Shu-chan umzog. Jedenfalls nicht, wenn er nicht selbst Hand anlegen durfte, er war ja kein hentai... "Shui~chi?" grinsend stellte sich der ältere Sänger in den Türrahmen und registrierte, dass sich der Angesprochene erschrocken zu ihm herum drehte. "Sa-sakuma-san!" Ein verlegenes Lächeln erschien auf Shuichis Gesicht. "Ich hatte dich nicht hier erwartet..." Als der pinkhaarige Sänger auch noch das Oberteil, welches er in den Händen gehalten hatte, an sich zog und versuchte mit dem Stück Stoff etwas von der nackten Haut zu verdecken, musste Ryuichi ein grinsen unterdrücken. Sein darauf folgendes "Shuichi kawaiii~!" zauberte zudem noch eine dezente Röte in Shuichis Gesicht. "A-ano, ich- ka-kann ich dir helfen?" Wie süß der jüngere Sänger in diesem Moment doch aussah! "Hai!" unaufgefordert trat Ryuichi Schritt für Schritt näher, während sein Gesichtsausdruck eine langsame Veränderung mitmachte. Dieser Körper vor ihm... "Sakuma-san?" Verwirrt beäugte Shuichi den herannahenden Mann vor ihm und wich einen Schritt zurück. Er verstand gar nichts. Erschrocken bemerkte er das kalte Metall des Spindes an seinem Rücken, aber noch viel mehr erschrocken war er über Ryuichis Hand, die sich zu seinem Gesicht gehoben hatte und nun mit einem Finger über seine Lippen strich. Der grünhaarige Mann stand nur vor ihm und beobachtete ihn stumm, registrierte das schnell aufeinander folgende Heben und Senken des schmalen Brustkorbes. Ungewollt breitete sich eine Gänsehaut über Shuichis Rücken aus, als er Ryuichis Blick gewahr wurde. Der Blick, den er nur ans Tageslicht legte, wenn er auf der Bühne sang. "Sa-sakuma-...nicht..." brachte Shuichi gepresst hervor, hielt aber auf der Stelle den Atem an, als er plötzlich eine Berührung an seinem Bauch bemerkte, die von nichts anderem, als des älteren Sängers Hand herrührte. Mit aufgerissenen Augen beobachtete er, wie sie tiefer unter den Hosenbund glitt. Er war nicht imstande, etwas dagegen zu unternehmen, elektrisiert starrte er nur an sich herunter. "Dann... unternimm etwas dagegen..." sagte Ryuichi leise und fuhr mit dem Finger, der bis jetzt auf Shuichis Lippen geruht hatte, eine unsichtbare Linie an dem aufreizenden Hals entlang. Am Schlüsselbein endete er und schenkte seinem Gegenüber ein zweideutiges Grinsen. Shuichi schluckte währenddessen kräftig und starrte vollkommen reglos in Ryuichis Gesicht. Eine weitere Gänsehaut nahm die Haut auf seinem Rücken ein. Er konnte nichts tun! Der bloße Anblick seines Idols schnürte ihm schon den Atem ab; dass er jetzt hier vor ihm stand und ihn an Stellen berührte, von denen er noch nicht einmal GETRÄUMT hatte, ließ ihn sogleich zu einer Salzsäule erstarren. "Honto ni?" hauchte der grünhaarige und rückte seine halb geöffneten Lippen ein Stück näher zu des anderen Gesicht. Seine Hand, die in Shuichis Hose vorgedrungen war stoppte. "...honto...ni..." brachte der pinkhaarige mühsam als Antwort hervor, riss seine Augen dabei so weit auf, als ob er selbst nicht glauben konnte, was gerade geschah. Er tat es wirklich nicht. Er war gerade dabei zu unterliegen. Ihre Lippen trennten nur noch Millimeter voneinander und Shuichi war so, als ob er den süßen Atem des älteren Sängers bereits schmecken könnte... Viel weiter ging Ryuichi jedoch nicht. Ob er von allein aufgehört hätte, oder nur weil kein anderer als Thoma Seguchi in diesem Moment im Türrahmen stand, das wusste nicht mal der grünhaarige Sänger selbst. "Ryuichi...?" fragte Thoma im ersten Moment verwirrt, hatte sich jedoch im nächsten Augenblick schon wieder vollkommen unter Kontrolle. Der Ausdruck, der mit einem Mal auf dem Gesicht des Produzenten lag, bemerkte niemand der Anwesenden. "Shuichi pika pika! Hahaha! Hat Ryuu-chan dich erschreckt na no da?" Ungläubig sah Shuichi in das kindliche Gesicht, das plötzlich vor ihm aufgetaucht war. Hatte er sich verhört...? Die Hand in seiner Hose war wie von Geisterhand verschwunden. Ein Glück, dass Ryuichi mit dem Rücken zur Tür stand... "Wir müssen los." fügte Thoma noch kurz an, bevor er sich wieder umdrehte und die beiden verließ. Er verlor kein Wort über die Situation, in der er die beiden Sänger eben erwischt hatte. Verdammt; daran, dass sie jemand hätte sehen können, hatte Ryuichi gar nicht mehr gedacht. "Ne, wir sehen uns Shu-chan!" Zum Abschied winkte der grünhaarige Mann kurz und verließ den Umkleideraum ebenso schnell wie Thoma. Auch er schien es nicht für nötig zu halten, das Geschehene zu kommentieren und hinterließ einfach einen pinkhaarigen Sänger, der die Welt nicht mehr verstand. Aus den Augenwinkeln sah Ryuichi gerade noch, wie der Zurückgelassene an dem Spind herunter auf den Boden rutschte und ihm hinterher starrte. >>Flashbach end<< Ja, das war ein Ereignis gewesen, das Ryuichi noch lange nachdem es passiert war nicht losgelassen hatte und ihn immer wieder mit sich riss, wenn er daran dachte. Wie jetzt - der grünhaarige Sänger stand noch immer mitten auf dem Bürgersteig und starrte in den wolkenverhangenen Himmel. Ob Shuichi das bereits vergessen hatte...? Er glaubte noch immer, das Kribbeln in seinem Bauch zu spüren, wie an jenem Tag, an dem er den pinkhaarigen Sänger in der Umkleide vorgefunden hatte. Er fragte sich, wie weit er wohl gegangen, wenn nicht Thoma hereingekommen wäre? Doch soweit er sich selbst einschätzen konnte, hätte er irgendwann aufhören müssen; Yuki Eiri allein war Grund genug dafür gewesen. Wenn die beiden doch nur... Nein, Ryuichi rief sich innerlich zur Ordnung. Was dachte er da? Langsam wand er seinen Kopf wieder auf den Weg zurück und begann sich in Bewegung zu setzten. Mit weitaus langsameren Tempo als vorher schlich er schon beinahe durch die Straßen. Auch sein Gesicht schien sich dem Wetter angepasst zu haben. Was für ihn zählte war, dass Shuichi glücklich würde. Egal mit wem; solange er nur wieder lächelte. To be continued... Authors note: *Grrr* Dieser... dieser... Thoma! *grummel* Ich beginne immer mehr eine Abneigung für ihn zu entwickeln... Wo der schon wieder überall die Finger im Spiel hat... *lol* dabei hab ich die Geschichte ja geschrieben! >_<' Naja, der bekommt seine Strafe noch... *eg* ^^ Und die zwei Sweeties sind einfach.... Kawaiii~desu!!! *amliebstenknuddelnwürd* Dafür knuddel ich jetzt mal die, die mir immer so fleißig Kommis schreiben! *knuddelknuddel* Danköööö! *wink* Tut mir leid, dass dieses Kapitel etwas kurz geraten ist... *sigh* Ist jetzt der Ausgleich für die zu lang geratenen Teile! *g* Was wohl mit Yuki geschieht...? Und was Shuichi jetzt macht...? Um ehrlich zu sein, ich weiß es selbst noch nicht ganz so genau! =^_^= Hab zwar schon ein halbes Notitzbuch im absoluten Wahn vollgekritzelt, aber... uhh, Ideen kommen beim schreiben! *g* Ich hoffe, euch hat das letzte Flashback gefallen - und auch wenn euch etwas nicht gefallen hat: Kommentiert, kommentiert! *verbeug* Arigato! Ahh, bevor ich es vergesse. Ich habe beim Überfliegen noch ein, zwei, drei sehr dumme Fehler in den bereits hochgeladenen Kapiteln entdeckt... bitte beachtet sie einfach nicht! ^^; Also bis in Track 4! *bussi in die Runde mach* Baiii na no da! Eure Ryuu-chan Kapitel 5: Track 4 +++ New Perspective -------------------------------------- Track 4 +++ New Perspective Authors note: *aufKniefallundsichfasthinleg* Tutmirleid, tutmirleid, tutmirleeeeid!!! >_<" Ich habe euch viel zu lange mit den nächsten Kapitel warten lassen! *arrrrg* Ich war leider sehr beschäftigt und musste viel arbeiten, deshalb war ich abends meistens immer zu kaputt, um etwas zu schreiben... -_-" Aber eure super tollen Kommis haben mich wirklich aufgemuntert und mich dazu gebracht, weiter zu schreiben! Danke! Vielen Dank an die fleißigen Kommentarschreiber und natürlich an alle, die "Kiss The Rain" lesen. *never-give-up-desu ~ Klappe die Zweite*!!! =^_^= Wie aus einem schier niemals endenden Albtraum erwachte Yuki plötzlich. Ein tiefer, beinahe schon gieriger Atemzug und das schnelle Auf und Ab seiner Augenlider verrieten, dass er das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Irritiert sah er sich in dem dunklen Zimmer um, in dem er sich befand. Keine Lampe spendete Licht, nur der fade Schimmer der Straßenbeleuchtung, der durch die halb zugezogenen Vorhänge drang, tauchte Yukis Umgebung in einen gespenstischen, grauen Schein und sagte ihm, dass es wohl mitten in der Naht sein musste. "Bleib ruhig, Eiri-san." Das in dem merkwürdigen Licht leichenblass erscheinende Gesicht Thoma Seguchis tauchte plötzlich über dem blonden Schriftsteller auf. Erschrocken sog dieser hörbar die Luft ein und wollte sich sogleich aufsetzten, der Mann, der über ihm erschienen war, hinderte ihn jedoch daran. Sanft wurde er in die Kissen zurück gedrückt. "Schone dich. Du hast dich zu sehr aufgeregt." Mit diesen bestimmten, aber zugleich auch sehr besorgten Worten setzte sich der Produzent wieder. Er hatte schon mehrere Stunden in dem kleinen Krankenzimmer verbracht und das Erwachen seines Freundes abgewartet. Yukis Herz klopfte vor Erschrecken so laut, dass er befürchtete es auch im Zimmer hören zu können; wo war er? Alles, an was er sich noch erinnern konnte, war das Telefonat - und da fiel es ihm wie Schuppen aus den Haaren. "Shuichi... wo ist er...?" murmelte er geistesabwesend, strich sich dabei die Haarsträhnen aus dem Gesicht und starrte in die Dunkelheit. Thomas Reaktion auf das Wort "Shuichi" bemerkte Yuki nicht. Es war nur ein winziges Zucken der Augenbraue gewesen. Auch sein Blick sowie sein Tonfall wurden um eine kaum merkbare Spur kühler. "Er ist wohlauf." Dass Thoma seit dem Zusammentreffen heute Morgen im Krankenhaus nichts mehr von ihm gehört hatte, ließ er ganz außer Acht. Er wusste eigentlich mit hundertprozentiger Sicherheit, dass nichts, aber auch gar nichts bei dem pinkhaarigen Sänger in Ordnung sein würde. Dennoch störte ihn das herzhaft wenig im Moment, er hatte andere Probleme. "Eiri-san, ich weiß dass es wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist, aber ich muss dich etwas Wichtiges fragen." Thoma beugte sich plötzlich nach vorn und griff nach Yukis Arm. "Was ist letztens wirklich in Kyoto passiert?" Mit diesen Worten zog der blonde Produzent den dünnen Ärmel des Nachthemdes hoch und legte so die hellen Narben auf dem abgemagerten Handgelenk frei, die im Schein der Außenbeleuchtung silbrig glänzten. Der Anblick seines entblößten Armes veranlasste den Schriftsteller zu einem tiefen Seufzen. Er entzog sich dem Griff des anderen wieder und besah sich die vernarbte Haut aus der Nähe. Lange Zeit verharrte er so, bis er den Arm wieder sinken ließ und an die Decke blickte. Seine Augen glänzten verräterisch. Er hatte niemandem bis jetzt davon erzählt. Nur Thoma hatte er gesagt, dass er auf seinem Ausflug nach Kyoto bedroht worden war. Dass die Drohung allerdings später in körperliche Gewalt ausgeartet war, hatte er verschwiegen. "Wenn ich nicht schon damals mit Yuki gestorben wäre, dann wäre das alles hier der Grund für einen Selbstmord." Die Bitterkeit in seiner Stimme ließ selbst Thoma erschaudern. Auch das verhaltene, zynische Lachen des Schriftstellers, das viel mehr an das eines Psychopaten erinnerte, verstärkten das ungute Gefühl, das Thoma nun seid wenigen Minuten beschlich. "Eiri-san!" Der blonde Produzent stand sofort auf und trat an das Bett heran; wusste wahrscheinlich selbst nicht genau, was er tun könnte. Yukis Blick ging neben ihm ins Leere, er hatte jedoch das Lachen aufgegeben. "Bitte... du darfst das nicht sagen. Es war nicht deine Schuld! Ich hätte es merken müssen..." Thoma wusste selbst nicht, wie ihm geschah. Mit einem Mal empfand er eine so enorme Wut auf das, was in der letzten Zeit geschehen war, gleichzeitig übermannte ihn eine ungleich mächtigere Betroffenheit, die ihn auf die Knie sinken ließ. Seine Hände fanden Yukis Rechte, streichelten immer wieder über die helle, kalte Haut. Die grünen Augen des Produzenten ruhten dabei unentwegt auf den Narben, die den schlanken Arm beinahe entstellten. Mit aufeinander gepressten Lippen schüttelte Thoma den Kopf. Das alles war viel zu weit gegangen als er geplant hatte. Mit einem fast schuldvollen Gesichtsausdruck wand er sich wieder an die bleiche Person auf dem Bett, die ihm scheinbar immer noch keine Aufmerksamkeit schenkte. Mittlerweile blickte Yuki durch den schmalen Spalt, den die zwei Vorhänge vor dem Fenster bildeten, hinaus auf die menschenleere Straße. "Du darfst nicht aufgeben! Versprich es mir!" Thomas Stimme war zu einem heiseren Flüstern geworden. "Bitte..." Erst als Yuki plötzlich die Schwere Thomas Kopfes auf seinem Unterarm spürte, blickte er in die Richtung, aus der eben auch die Stimme des Produzenten erklungen war. Aufgeben. Wie oft hatte er sich gewünscht, dass man ihn einfach aufgeben lassen würde? Wie grotesk doch die Worte des Mannes, der vor ihm am Bett kniete jetzt in seinen Ohren klangen! Thoma wusste ja nicht einmal, was es bedeutete, jahrelang mit einer Schuld zu leben, die niemand ihm vergeben konnte, bis auf der, der es nicht mehr konnte, weil er schlicht und ergreifend tot war. Vergessen konnte Yuki die Vergangenheit nicht, er schaffte es ja kaum noch sie zu verdrängen; gerade jetzt. Und das Schlimmste war, dass er ganz allein vor all dem stand. Niemand konnte ihm die Last von den Schultern nehmen, weil kein anderer als er sie zu tragen hatte. Aber war Thoma bisher nicht immer der Einzige gewesen, der für ihn da war, der von Anfang an für ihn da war? Vielleicht war er der Einzige, der wirklich verstehen konnte, was in ihm vorging...? Er wusste es nicht. Yukis Blicke glitten zurück zum Fenster, hinaus auf die düsteren Straßen. Er wusste es wirklich nicht. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Ngh..." Fahrig tasteten die Finger des Gittaristen nach dem Wecker. Ein helles Knacken von hartem Plastik und das verstummende Geräusch des schrillen Wecktons verrieten, dass der sonst so sanfte Hiro mit manchen Utensilien in seiner Wohnung nicht ganz so zimperlich umging. Während er unverständliche Worte in sich hinein murmelte, richtete sich der brünette Mann von seinem provisorischen Nachtlager auf dem Boden auf und streckte sich in voller Länge. Wirklich; dass er Shuichi in seinem Bett schlafen ließ war ein wahrer Freundschaftsdienst. Sein Rücken fühlte sich an, als ob er drei Tage hintereinander Baumstämme gewuchtet hätte. Bei diesem Gedanken blickte er zu dem Bett an seiner Rechten. Shuichis zusammengekauerte Gestalt zeichnete sich blass im fahlen Licht ab, welches durch das Fenster hinein drang. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen. Seufzend stellte Hiro schlussendlich fest, dass sein Freund noch immer in der gleichen Position lag, in der er ihn gestern Abend hinterlassen hatte. Selbst zugedeckt hatte er sich nicht und er bezweifelte auch, dass Shuichi überhaupt ein Auge zugetan hatte. Ein Blick über den Freund bestätigte seinen Verdacht. Mit kleinen, arg verschwollenen Augen starrte der pinkhaarige Sänger vollkommen regungslos irgendeinen Fleck an der Wand an. "Aufstehen, Shuichi." Während der Gitarrist sich aufrichtete, schüttelte er die Schultern der kleinen Gestalt, die einfach haltlos hin und her schwankten. Dass er auch als er ins Badezimmer ging noch keine Antwort von Shuichi erhielt, verwunderte ihn schon gar nicht mehr. Vielleicht würde nach dem Frühstück wieder alles anders aussehen. Nach fünfzehnminütigem Kampf mit seiner braunen Haarpracht betrat Hiro (angezogen) den Schlafraum. Erfreut bemerkte er, dass es draußen bereits heller wurde, weniger erfreut war er jedoch darüber, dass Shuichi sich noch immer um keinen Millimeter gerührt hatte. Gedanklich stellte er sich vor, wie er den Sänger in genau dieser Position auf seinem Motorrad zu NG brachte... verwarf diese Vorstellung allerdings ganz schnell wieder. Flink suchten seine Finger nach dem Griff des Kühlschranks. "Neee, Shuichi. Du musst was essen, damit du wieder zu Kräften kommst. Du heulst viel zu viel." Noch immer keine Reaktion. "Ich mach uns Frühstück und dann-" Verblüfft verstummte Hiro bei dem Anblick der gähnenden Leere in seinem Eisfach. Er hatte in der ganzen Hektik vollkommen vergessen etwas einzukaufen. "...muss ich vorher erstmal einkaufen..." beendete er seinen letzten Satz. Mit einem übertrieben fröhlichen "Bin gleich wieder dahaaa! (plus Herzchen dahinter ^.^)" verschwand der Gitarrist hinter der zufallenden Haustür, hinter der sogleich ein erleichtertes Aufatmen erklang. Noch immer regte sich Shuichi nicht. "Bin wieder da-!" Schwungvoll öffnete sich die Tür zu dem kleinen Apartment, die sich erst vor zwanzig Minuten geschlossen hatte. Ein vollbepackter Hiro betrat die Räumlichkeiten, in seinen Armen zwei Papiertüten gefüllt mit allen möglichen Lebensmitteln balancierend. Er schaffte es sogar ohne all das was er trug auf dem Boden zu verteilen, die Tür hinter sich wieder zu schließen und gen Kochnische zu gehen. Glücklicherweise lag nichts auf dem Boden, über das er hätte stolpern können, da ihm seine Last die Sicht arg einschränkte. "Ne, dann wollen wir doch mal sehen, ob wir dem kleinen Shu-chan nicht mal etwas Gutes tun können." tönte es nun aus einer der hinteren Ecken der Wohnung. Manche Geräusche und das Knistern von Papier und Plastik verrieten, dass der Gitarrist seine Einkäufe in die Schränke verteilte. Dass Shuichi noch immer kein Wort von sich gab, ignorierte Hiro einfach. Gekünstelt fröhlich plapperte er darauf los und begann das Frühstück vorzubereiten. Dass er gar keinen Blick auf die vorhin zurückgelassene Person im Bett werfen wollte hatte schon seinen Grund: Hiro ertrug es nicht, seinen besten Freund in einer solchen Verfassung sehen zu müssen. Noch dazu kam die schlimme Gewissheit, dass er am wenigsten derjenige war, der ihm in dieser Angelegenheit hätte helfen können. Alles, was in seiner Macht stand war dem pinkhaarigen Sänger helfend und stützend zur Seite zu stehen und, wenn sich die Möglichkeit denn ergab, mit dem blonden Schriftsteller ein ernstes Wörtchen zu wechseln. "Shui~chiiiii! (plus Herzchen dahinter ^.^) Kommst du frühstü-" Das Wort blieb dem Gitarristen plötzlich im Halse stecken. Er hatte es gewagt, um die Ecke hinein in den Wohn-Schlafraum zu lugen. Was er sah, war alles andere als er erwartet hatte. Das Bett, der gesamte Raum der sich vor seinen Augen erstreckte - er war leer. "Baka..." murmelte Hiro leicht säuerlich und trat an sein Bett heran. "Er muss abgehauen sein, als ich einkaufen war..." vervollständigte er seinen Gedankengang. Während er die sorgfältig zusammengefaltete Bettdecke betrachtete, fiel ihm ein beschrifteter Zettel auf, der auf dem Kopfkissen lag. Seufzend bückte sich der Gitarrist, nahm ihn an sich und begann zu lesen. Nach weniger als einer halben Minute zerknüllte er das Schriftstück einfach und warf ihn in einer ärgerlichen Geste in die nächst beste Zimmerecke. Er war natürlich zu ihm gegangen. Zu Yuki ins Krankenhaus. Ein Knarren der Matratze verriet, dass jemand auf ihr Platz genommen hatte. Mit einer undeutbaren Miene starrte Hiro ziellos in das Zimmer. Er dachte nach. Nach dem ganzen Theater gestern war es auch nicht sonderlich verwunderlich, dass Shuichi die nächste Gelegenheit nutzen würde, um Yuki zu besuchen. >>Flashback<< Irgendwie hatte es Hiro geschafft den vollkommen aufgelösten Shuichi zu sich nach Hause zu geleiten. Unter keinen Umständen wollte er ihn jetzt allein lassen. Soviel stand fest - Shuichi würde die Nacht bei ihm verbringen. Dennoch entpuppte sich alles Weitere als weitaus schwieriger als den jungen Sänger bis hier hin zu bewegen. Er redete nicht ein einziges Wort mit ihm. Regungslos saß er die ganze Zeit auf dem Boden, sah gezwungenerweise mit Hiro den schlechten Film im Fernsehen mit an. Der Gitarrist wusste nicht, was er tun sollte. Genauso reglos legte sich Shuichi schließlich nieder. Hiro versuchte erst gar nicht, mit ihm zu reden. Es hatte heute keinen Sinn mehr. Doch das lautlose Schluchzen in der Nacht hatte er sehr wohl mitbekommen... >>Flashbach end<< "Baka, baka, baka...." murmelte Hiro schließlich wieder und ließ sich nach hinten über auf das Bett fallen. Nachdem er eine Weile darüber sinniert hatte, wie er nun vorgehen könnte, war ihm eins klar. Er würde Shuichi nicht folgen. Wenn die beiden eine Möglichkeit gefunden hatten zu reden, was das Erwachen des Schriftstellers mit einbezog, dann sollten sie dies auch tun. Ohne ihn. Langsam schlossen sich seine Lider. Während seine Gedanken langsam abzuschweifen begannen fragte er sich, warum zum Teufel er überhaupt so früh aufgestanden war, dabei glitt seine Hand suchend über das Bett. Er sollte in der Firma anrufen. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Die schmale Hand hob sich zitternd. Etwa auf Kopfhöhe hielt sie inne, als ob sie erst Mut sammeln müsste, um gegen die weiße Tür vor zu klopfen. Mit gesenktem Kopf starrte Shuichi auf den Boden zu seinen Füßen. Sollte er? Sollte er wirklich? Was würde ihn dort erwarten; vielleicht noch mehr Vorwürfe? Noch mehr von all dem, was er nicht hören, was er nicht wahr haben wollte? Noch immer hallte ihm die sachlich nüchterne Stimme der Oberschwester im Kopf; Yuki war erwacht. Irgendwie hatte der junge Sänger diese Neuigkeit wie ein Schwamm in sich aufgesogen, ohne dabei jedoch jegliche Emotionen zu zeigen. Yuki war also wieder bei Bewusstsein. Er musste zugeben, dass er nicht wirklich damit gerechnet, besser gar nicht erst gehofft hatte, dass der Schriftsteller sich so schneller Gesundung erfreuen durfte, allein aus der Angst vor dem bevorstehenden heraus. Irgendwie wusste er, dass die letzten Tage nur die Ruhe vor dem Sturm gewesen waren. Innerlich all seinen Mut zusammen kratzend und tief einatmend, pressten sich die dünnen Finger zu einer Faust zusammen und klopften letztendlich zaghaft gegen die Tür. Nervös und mit nahezu rasendem Herzklopfen wartete Shuichi einige Momente ab. Sein Zustand verschlimmerte sich mit jeder Sekunde die verstrich, ohne dass ein Lebenszeichen aus dem vor ihm liegenden Zimmer drang. Am liebsten wäre der junge Sänger einfach weinend davon gerannt; er schon immer ein Feigling gewesen. Dennoch erinnerte er sich an die Worte der Krankenhausangestellten, die ihm mürrisch erklärt hatte, dass der Patient nun Ruhe bräuchte. Es sei ohnehin schon die ganze Nacht ein Mann bei ihm gewesen. Und Shuichi konnte sich nur zu gut vorstellen, wer es gewesen war. Als nach einem weiteren, noch zaghafteren Klopfen seinerseits aus nichts geschah, drückte der pinkhaarige Künstler nach weiterem Zögern einfach die Türklinke herunter. Stickig quoll ihm die ohnehin schon typisch schmeckende Krankenhausluft entgegen, die hier scheinbar noch intensiver war. Es dauerte einen Moment, ehe sich Shuichi an die Dunkelheit im Inneren gewöhnen konnte, bis er letztendlich mit großen Augen die vertraulich und gleichzeitig absolut fremd wirkende Gestalt des blonden Mannes gewahrte, die er wie noch keinen Menschen (bis auf einen ^^) so sehr vergöttert hatte. Ob die ausgesprochen bedrückende Stimmung, die im Raum hang an der Fremde der Umgebung lag, sei dahingestellt. Wortlos blieb er an dem vergitterten Bettende stehen und zwang seine zitternden Hände dazu, sich an den eiskalten Stäben festzuhalten. Unmerklich fuhr er zusammen, als er bemerkte, dass Yuki mit offenen Augen zur Seite starrte, fasste sich dennoch schnell wieder bei dem Anblick des sich stetig hebenden und senkenden Brustkorbes. Vielleicht hatte er auch gehofft, dass er schlief...? Die blasse Person im Bett zuckte selbst als der metallene Ring an Shuichis Finger auf der Eisenstange am Fußende einen unschönen Laut verursachte nicht einmal mit der Wimper. Ausdruckslos starrten die im Halbdunkeln fast hellbraun erscheinenden Augen durch den schmalen Schlitz der zugezogenen Vorhänge. Eine ganze Weile stand Shuichi bewegungslos da, wartete ab und überlegte wild hin und her, was er am besten sagen, oder auch nicht sagen könnte. Warum Yuki den Mund nicht aufbekam und was er jetzt schon wieder falsch gemacht hatte. Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, bis ihm das Wasser innerlich bis zum Halse stand. Es kam ihm wie eine ganze Unendlichkeit vor, bis er sich schließlich wagte von dem eintönigen Knittermuster der Krankenhausbettdecke aufzusehen und seinen Kopf zu heben. Dass die Person im Bett den Blick auf ihn gerichtet hatte, erschreckte ihn aus unerfindlichen Gründen zutiefst und auch das dazugehörige Zusammenzucken konnte er nicht mehr verbergen. Kalt und abweisend ruhten die geliebten Augen auf ihm. "Yuki..." drang der die Stille zerschneidende Name heiser aus seiner Kehle und schließlich gab Shuichi auch seinem körperlichen Drängen nach. Wie von selbst gingen seine Beine die Schritte um das Metallgestell herum und wie von selbst legten sich seine Arme um die Schultern des anderen. Immer wieder diesen einen Namen schluchzend vergruben sich die Finger des jungen Sängers in Yukis Nachtgewand. Als es schließlich offensichtlich wurde, dass Shuichis Geste nicht erwidert würde, er außerdem die Berührung der kalten Haut als unangenehm befand, ließ er mit gesenktem Kopf von ihm ab und blieb stumm auf dem Bett neben dem Patienten sitzen. Nicht eine Reaktion, ein Aufatmen. Nichts. "Was ist eigentlich mit dir los...Yuki..." fragte Shuichis dünne Stimme beinahe tonlos, schien gleichzeitig zu wissen, dass diese Frage eigentlich lächerlich war. Der blonde Schriftsteller schien wohl nicht grundlos im Krankenhaus zu liegen. Er hätte eigentlich mehr Rücksicht nehmen müssen, doch die Ereignisse der letzten Wochen und besonders die des gestrigen Tages waren nicht gerade förderlich für Shuichis Beherrschung. Alles hatte sich bis jetzt in ihm angestaut. "Bist du in deine alte Starre zurückgefallen?" fügte die Stimme nach mehreren Augenblicken des Schweigens an, jetzt mit einem deutlichen Zittern in ihr, dafür noch leiser. Noch immer keine Reaktion. Die Knöchel auf Shuichis Handrücken zeichneten sich mittlerweile weiß unter der Haut ab, so fest ballte er seine Fäuste. Noch einen Versuch, einen letzten Versuch nahm er sich vor, ehe er dieses Zimmer, dieses Gebäude verlassen würde. Die Tonlage, in der der Sänger sprach, spiegelte seine Verzweifelung wieder. "Bin ich daran schuld? Schuld an deiner Krankheit?!" Plötzlich fuhr das blasse Gesicht auf dem Kopfkissen zu ihm herum. "Nein!" antwortete Yukis scharf klingende Stimme, die sofort von einem trockenen Husten unterbrochen wurde. "Dann sag mir doch was passiert ist? Warum das alles? Warum?" besorgt und gleichzeitig flehend beobachtete Shuichi den kranken Autor, der ihm nach Überwindung des Hustenanfalls zuerst nur ein bitteres Lachen schenkte. "Es hat..." er räusperte sich und führte seine linke Hand zu seiner Nase. "...nichts mit dir zu tun." Dass dies nicht gerade überzeugend wirkte, wusste Yuki höchstwahrscheinlich selbst. Man merkte, dass er sich nun keinerlei Mühe mehr gab, etwas zu verbergen. Möglicherweise hoffte er, dass Shuichi einfach aufgeben würde, was dieser jedoch nicht vorhatte. "Warum dann?" Die pinken Haarsträhnen wirbelten durch die Luft, als Shuichi ungläubig den Kopf schüttelte. "Was sind das für Narben, Yuki?" bestimmt griff er nach dem rechten Arm des blonden Schriftstellers und legte so die Narben frei, die in einem hellen rosa schienen. Als sein Blick auf Yukis Gesicht zurück fiel, bemerkte er, dass eine dunkelrote Flüssigkeit zwischen den Fingern hervor quoll, die er vor der unteren Gesichtsparte platziert hatte. "Kami-sama!" flüsterte er entsetzt, sprang sofort auf und suchte mit geweiteten Augen nach der Notschelle. Nachdem er sie endlich gefunden und auch betätigt hatte, griff er zu der Box gefüllt mit Taschentüchern, riss einige hinaus und das Behältnis selbst gleich mit in die Höhe. Die Pappschachtel landete mit einem dumpfen Laut auf dem Boden. Der junge Sänger drückte Yuki gleich mehrere der Zellfoasertücher in die Hand, zermaterte sich dabei selbst mit Vorwürfen. Er hätte rücksichtsvoller sein müssen, er hätte am besten gar nicht erst herkommen dürfen. Es war - wie immer - alles seine Schuld. Mit tränenerfüllten Augen sah er endlich die Schwestern kommen, die schnell den Raum betraten und sich zielstrebig auf sie zu bewegten. Die Oberschwester von vorhin kam geradewegs auf ihn zu und maß ihn mit einem vorwurfsvollen und gleichzeitig auch ärgerlichen Blick. "Kommen Sie. Es ist besser, wenn sie jetzt gehen." Mit diesen Worten griff sie Shuichi grob beim Arm und drängte ihn so in Richtung Ausgang. "Y-Yuki..." rief Shuichi und wand seinen Kopf zu dem blonden Schriftsteller, der mittlerweile von gleich zwei Schwestern umringt worden war. Dieser sah ihm ebenfalls hinterher. "Halte dich fern von mir..." murmelte Yuki leise, dennoch gerade so laut, dass Shuichi ihn verstehen konnte. Und er hatte mehr als deutlich genug verstanden. Nachdem die Schwester ihm schließlich einen kleinen Vortrag darüber gehalten hatte, wie krank Yuki doch und dass er ein Notfallpatient sei, stand der pinkhaarige Sänger schließlich vor unsanft geschlossener Zimmertür. Die Tränen lösten sich endlich. Und auch wenn ihn so manche Leute auf dem Weg zurück zu Hiros Apartment ansahen, bemerkte es Shuichi nicht einmal. Sein einziger Gedanke schien nur, dass er an allem Schuld war. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Und wieder war es ein unschönes Geräusch, welches Hiro an diesem Tag unsanft aus dem Schlaf riss. Der Kopf des langhaarigen Gitarristen schreckte hoch und seine kleinen, verschlafenen Augen blickten irritiert zur Haustür, die stetig unter immer stärker werdenden Schlägen erzitterte. "Shuichi....? Ich komme, ich komme..." murmelte er und erhob sich unbeholfen von seinem Nachtlager, fuhr dabei mit einer Hand durch seine unbändige Mähne. Nachdem er die Tür umständlich geöffnet hatte, bestätigte sich sein Verdacht. Ein ziemlich merkwürdig aussehender Shuichi, mit der zum nächsten Schlag erhobenen Hand und tränenüberströmtem Gesicht stand im Rahmen und blickte seinen besten Freund hilfesuchend und dabei ziemlich verloren wirkend an. "Shuichi...? Was ist passiert?" Innerlich rechnete der noch nicht ganz erwachte Gitarrist mit dem Schlimmsten. Die Stirnpartie seines Gegenübers deutete einen kommenden Weinkrampf an und auch die kleine Unterlippe begann zu zittern. "Yuki... Yuki...er...." "Mann, komm doch erst mal rein..." Ohne Widerworte ließ sich Shuichi in die Wohnung verfrachten. Dabei bemerkte er die Nachbarin nicht, die mit leicht verwunderter Miene das merkwürdige Schauspiel vor Hiro's Haustür mitverfolgt hatte. Entschuldigend lächelnd schob Bad Luck's Gitarrist seinen Freund in den Raum hinter sich und folgte ihm so schnell wie möglich. "So, was ist mit Eiri-san?" "Er... er haahaaatt..." Ein Schluchzen unterbrach den Sänger, gefolgt von einem gewaltigen Schütteln. "Ja, er hat was?" leicht ungeduldig versuchte der Freund einen Blick von Shuichi zu erhaschen, der jedoch konsequent auf den Fußboden starrte. "Er hat mich... rausgeschmissen...." Stammelte er schließlich die Antwort. Verwundert blinzelte der brünette junge Mann und machte im wahrsten Sinne des Wortes große Augen. Yuki war also wieder erwacht. Eigentlich eine gute Nachricht... "Wie, er hat dich rausgeschmissen? Was hat er denn noch gesagt?" "Ich habe ihn gefragt, was los sei... und dann hat er... er hat einen Anfall bekommen." Die vorher leblosen Arme des pinkhaarigen Jungen begannen zu zittern. Noch bevor Hiro seinem Freund etwas erwidern konnte, ergriff dieser das Wort. "Er hat mir wieder nichts erzählt, er ist nur böse geworden, hat mich angeschrieen und ich weiß nicht warum! Wegen mir hat er sich wieder aufgeregt, wegen MIR!" kleine Tränen bahnten sich ihren Weg über die geröteten Wangen. "Es ist alles meine Schuld und ich weiß nicht einmal warum?!" Shuichis Blick traf schließlich den Hiros, ehe ihn ein erneuter Weinkrampf durchfuhr. "Warum?!" "Shuichi..." behutsam schloss Hiro den kleineren in die Arme und fuhr ihm tröstend über den Rücken. Shuichi zeigte daraufhin keine Gegenreaktion, jedoch erwiderte er die Geste auch nicht. "Vielleicht hat Eiri-san zurzeit viel Stress. Seine Arbeit kann sicher ziemlich nervenaufreibend sein." Keine Reaktion. "Und wenn er durch den Stress krank geworden ist, dann darfst du es ihm nicht übel nehmen, wenn er ein wenig überreagiert und Ruhe braucht." Vergeblich suchte der Gitarrist nach tröstenden Worten. Er wusste wirklich nicht, was nun schon wieder im Argen war, das einzig klare an dieser Sache schien, dass nicht nur Yuki ziemlich am Ende war. Shuichi tat ihm so unglaublich leid; er wusste er konnte nicht viel mehr tun, als ihm tröstend zur Seite zu stehen. Während er stillschweigend versuchte, den pinkhaarigen Sänger zu beruhigen, fragte er sich, ob sich das, auf was sich Shuichi und Yuki eingelassen hatten, überhaupt rentierte. Streit, Wortgefechte und Dinge wie diese häuften sich in letzter Zeit. Hiro war sich seit längerem nun nicht mehr so sicher, ob Shuichi das verdient, sein Glück gefunden hatte. "Na, was hälst du davon, wenn du erst mal hier bleibst und wir Bad Luck ein wenig aufpuschen? Ein wenig Zeit wird die Sache schon wieder richten, ne?" Mit einem aufmunternden Lächeln schob Hiro Shuichi von sich und sah ihn eindringlich an. Erst nachdem einige Sekunden verstrichen waren und Shuichi seine Unentschlossenheit durch einen tiefen Seufzer bekundet hatte, nickte er schließlich langsam. "Okay, vielleicht hast du Recht, Hiro." Er zwang sich sogar zu einem winzigen Lächeln. "Na siehst du! Es geht doch! Wir fahren gleich ins Appartement und holen deine Sachen!" mit einem Satz war der Gitarrist in seiner Motorradjacke und hielt die baumelnden Schlüssel für die Maschine in der Hand. "Auf geht's!" Shuichi war alles andere als wohl zumute, doch langsam sah er ein, dass es weiter gehen musste. Er sollte nach vorne sehen und sich zur Abwechselung einmal auf sich konzentrieren. Vielleicht hatte Hiro ja wirklich Recht? Vielleicht würde es tatsächlich anders zwischen ihm und Yuki aussehen, wenn erst ein wenig Zeit verstrichen war? Während er die Treppen des Hausflurs hinter seinem Freund entlang stapfte, meldete sich jedoch ein nagender Hintergedanke. Tatsuhas Worte kehrten in sein Gedächtnis zurück. War es wirklich nur seine Arbeit, die Yuki solche Probleme bereitete? Wieso sprach Tatsuha dann von solch schrecklichen Dingen? Er fand weder eine Antwort auf seine Fragen, noch eine Lösung für das Problem. Als er jedoch hinter Hiro auf dem Motorrad Platz nahm und den Motor unter sich spürte, kam er fast sogar wieder auf andere Gedanken. Schneller als üblich brauste der Gitarrist durch das tägliche Verkehrschaos in Tokio. Nahezu schon aggressiv lenkte er die Maschine durch die engsten Gassen und Passagen, was wahrscheinlich an seinen ebenfalls leicht aggressiven Gedankengängen liegen mochte. Hiro hatte sich fest vorgenommen, noch vor der nahenden Abreise mit dem Schriftsteller ein ernstes Wörtchen zu wechseln. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ "Ich bin dann weg! Bis morgen!" zum Abschied winkte Noriko in die kleine Runde und verließ schließlich lächelnd das Tonstudio. Auch die anwesenden Tontechniker packten allmählich ihre Sachen zusammen. Es war spät geworden im NG Gebäude. Genüsslich streckte sich Ryuichi auf seinem Stuhl und hielt Kumaguro so an einem kleinen Arm in die Höhe. Er würde sich nun ebenfalls nach Hause begeben und seinen wohlverdienten Feierabend genießen. "Bai Bai, Thoma!" mit diesen Worten erhob sich der grünhaarige Sänger und wandte sich ebenfalls in die Richtung, in die Noriko soeben verschwunden war. Der blonde Thoma, der mit einer Tasse Kaffe in der Hand genau gegenüber von Ryuichi gesessen hatte, rief ihn jedoch noch einmal zurück. "Ryuichi. Auf ein Wort?" angespannt lächelnd blickte der Produzent seinem Kollegen hinterher. "Nani?" Wie erhofft drehte sich der Angesprochene zu ihm herum und sah ihn mit dem typischen unschuldig-kindischen Blick entgegen. "Lass uns die Sache vergessen." Erwiderte Thoma schließlich. Nach dem gestrigen Vorfall erschien zwar alles wieder normal, dennoch wollte Thoma alle möglichen Zweifel aus der Welt schaffen. Mit ernster Miene nippte er an seiner Tasse, verlor Ryuichi dabei keinen Augenblick aus den Augen. Das Verhalten des Superstars zeigte keine Veränderung. "Was denn, Thoma?" noch immer mit diesem unschuldigen Lächeln auf den Lippen musterte Ryuichi den sitzenden Gesprächspartner, der ihm allerdings nichts mehr als ein ergebenes Lächeln entgegen brachte, seine Tasse sauber auf dem Tisch platzierte und sich schließlich als Letzter erhob. "Bis morgen dann." Mit einem Handwinken war Thoma hinter der Tür verschwunden. Er hatte nun andere Dinge im Kopf, jetzt nachdem er wusste, dass er den grünhaarigen Sänger in der Hand hatte. Seine Sekretärin hatte ihm bereits vor dem Meeting mitgeteilt, dass Yuki das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Nicht nur dass: Shuichi Shindo war heute nicht zur Arbeit erschienen, soweit er wusste, jedoch bei dem Schriftsteller aufgelaufen. Um diese Sache musste sich sofort gekümmert werden. Mit einem zweideutigen Lächeln verschwand Thoma hinter der nächsten Ecke. Ryuichis verwunderte Blicke hatten Thoma noch lange nach gehangen. Als er nun endgültig aus seiner Sichtweite verschwunden war, veränderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. Das Glitzern in seinen Augen, gepaart mit der eisernen Miene ließ Ryuichi wie einen komplett anderen Menschen wirken. Nachdenklich starrte er auf die Tür, die noch immer seicht hin und her schaukelte. >>Flashback<< "Wohaaaaaaa!!!" mit großen, funkelnden Augen begutachtete Ryuichi seinen Schatz, den er beinahe schon ehrfürchtig in den Händen hielt. "Kumaguro! Ryuu-chan hat eine original Autogrammkarte von Shu-chan, na no da!" Mit hochrotem Kopf stand der besagte Autogrammgeber neben seinem Musikidol und kratze sich lachend am Kopf. "Nahhh, Sakuma-san! Es ist doch nur ein Autogramm..." "Aber Shu-chan war wunderbar!" Aufgeregt zitternde Hände des grünhaarigen umfassten die des jüngeren, der sofort errötete. "Wirklich?" fragte er unsicher. "Hai, hai!" kam die stürmische Antwort. "Maaaah, Shu-chan ist Ryuu-chans Idol, no daaa!" Die grünen Augen leuchteten vor Begeisterung wie kleine Smaragde, während der Superstar immer und immer wieder an Shuichi herumzerrte. Dieser strahlte mit einem Mal und die Röte in seinem Gesicht wurde um eine Spur dunkler. Und plötzlich lag er in Ryuichis Armen, schlang die dünnen Hände fest um dessen Oberkörper. "Arigatoh... Arigatoh, für alles!" Kleine Freudentränen quollen aus den fest zusammengekniffenen Augen und kullerten über Shuichis Gesicht. Der etwas größere und grünhaarige Part der beiden wusste gar nicht wie ihm geschah. Als er plötzlich das Federgewicht in seinen Armen und die weichen, duftenden Haare an seiner Wange spürte, entgleisten ihm förmlich alle Gesichtszüge. Der andere Ryuichi in ihm trat ans Licht. Instinktiv schloss er seine Arme um den kleinen Körper vor ihm und senkte seinen Kopf in einer zärtlichen Geste auf die Schultern des anderen. Als Shuichi seinen Griff noch verstärkte, durchfuhr es ihn wie ein Blitz. Da war es, das Gefühl, welches ihn nur dann durchströmte, wenn er den quirligen, pinkhaarigen Sänger in seiner Nähe hatte. Dieses Mal nur mit dem kleinen Unterschied, dass es viel intensiver war, als jemals zuvor. Lange standen die beiden eng umschlungen hinter der Bühne, sodass sie schon fast Aufsehen erregen mussten. Wenn Ryuichi doch nur konnte und vor allem durfte, wie er wollte, dann... >>Flashbach end<< Der rechte Mundwinkel zog sich nach oben und auch Ryuichis Gesichtszüge milderten sich. Dennoch - konnte all das schon alles gewesen sein...? Alles? Noch während er nun ebenfalls das Tonstudio verließ, fand seine Hand ein wohlbekanntes und bereits sehr abgegriffenes Stück Papier in seiner Hosentasche. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Die folgenden Tage vergingen mehr oder weniger unerwartet wie im Flug. Die Promotions-Tour Japans bekanntester und beliebtester Musiker rückte unaufhaltsam näher. Shuichi hatte sich, für alle Beteiligten durchaus überraschend, in die Arbeit gestürzt und sich in der Zeitspanne von dem verheerenden Krankenhausbesuch bis jetzt kaum Freizeit gegönnt. Selbst Hiro, dem die 180 Grad Wandlung des Bad Luck Frontmanns eigentlich nur zu verdanken war, wurde die ganze Sache allmählich unheimlich. Der Gitarrist versuchte stets hinter die plötzlich so fröhliche Fassade Shuichis zu blicken, wurde aber nicht ganz schlau aus dessen Verhalten. Letztendlich freundete sich Hiro sogar mit dem Gedanken an, dass Shuichi sich von dem blonden Schriftsteller zu lösen begann, was in seinen Augen vielleicht nicht unbedingt in Shuichis Natur lag, aber dennoch irgendwie als plausible Erklärung durchgehen konnte. Auch Suguru und Sagano schienen sich mit dieser Version zufrieden zu geben (natürlich ohne Shuichis Wissen), K jedoch genügte sie nicht. Er war in den letzten Tagen immer wortkarger und, was am allerschlimmsten war, nachdenklicher geworden. Hiro wollte lieber gar nicht erst wissen, was in dem Kopf des Amerikaners vorging. Er konzentrierte sich auch, wie seine beiden Teamkollegen auf die Produktion der neuen Single "Super Drive", die sozusagen die Krönung ihrer Tour darstellen sollte. Und das schönste an der ganzen Sache war, dass Shuichi hundertprozentig darin aufzugehen schien! Der pinkhaarige Junge hatte selten besser gesungen und sich derart an der Produktion beteiligt. Das Drama um Yuki schien vergessen. Mit dem Schriftsteller selbst ging es gesundheitlich wieder bergauf. Mit der Beendigung der Arbeiten an dem Song "super Drive" wurde Yuki einen Tag vor der Abreise nach Kyoto aus dem Krankenhaus entlassen. Allerdings nicht ohne dass der leitende Arzt der Station auf der er gelegen hatte ihm noch einige nützliche Tipps auf den Weg gab. "Eiri-san, bevor sie gehen, könnte ich sie noch einen Moment sprechen?" der bereits etwas ergraute Chefarzt trat an Yuki heran, der gerade im Inbegriff war mit gepackter Tasche und über den Arm gelegten Mantel die Tür seines (Gott sei Dank) ehemaligen Krankenzimmers zu schließen. Verwundert beäugte er den älteren Mann und bemerkte das Klicken des Schlosses, als es einrastete. "Sicher." Antwortete Eiri eintönig. Alles in ihm schrie geradezu nach einer Zigarette. "Ich möchte mit ihnen um die fortlaufende Behandlung ihrer Krankheit sprechen, Eiri-san. Ich empfehle ihnen dringlichst ihre Symptome im Auge zu behalten und sich daraufhin bei ihrem Hausarzt behandeln zu lassen." Yuki nickte geistesabwesend und starrte den Flur hinunter. Hätte man es ihm nicht bereits schon zig tausend Mal gesagt, wäre er sicherlich auch selbst darauf gekommen. "Außerdem sollten sie in der nächsten Zeit jegliche stressige und anstrengende Aktivitäten unterlassen. Diesen Rat gebe ich ihnen nicht nur wegen ihrem körperlichen, sondern auch ihrem geistigen Zu-" "Vielen Dank, Doktor." Yukis Hand schnellte hervor und schüttelte die seines Gegenübers. Er verspürte keinerlei Lust, diese Unterhaltung noch weiter zu führen. Er wusste bereits, dass er verrückt war. "Auf Widersehen." Mit diesen letzten Worten wand sich der blonde Schriftsteller einfach um und Schlug den Weg in Richtung der Fahrstühle ein. Zurück ließ er einen leicht verdattert und sich die Brille zurecht schiebenden Chefarzt auf dem Flur. Die Türen des Aufzugs waren noch nicht ganz wieder im Erdgeschoss aufgesprungen, da qualmte auch schon die Zigarette aus Yukis Mundwinkel. Genüsslich und komischerweise auch sehr erleichtert aussehend, machte er sich auf die Suche nach einem Telefon. Nach kurzer Zeit war eines gefunden, Geld eingeworfen und der Hörer abgenommen. Bei der gewünschten Telefonnummer haperte es jedoch. Yukis schlanke Finger hatten zunächst seine eigene Nummer begonnen zu tippen, legten allerdings schnell den Hörer wieder auf, um einen erneuten Versuch zu starten. Als Hiro im obersten Stockwerk des NG Gebäudes am größten der sich hier befindlichen Büros vorbeiging, ließ ihn das Schrille Klingeln des Telefons hinter den zwei verschlossenen Flügeltüren stoppen. Normalerweise war er nicht der Typ, der anderer Leute Telefonate belauschte, die Tatsache dass ein Schild mit den großen Lettern "SEGUCHI" neben der Tür angebracht war, ließ ihn seine Prinzipien jedoch für einen Moment vergessen. "Uhn." Thomas durch das dicke Holz gedämpfte Stimme drang an das Ohr des brünetten Gitarristen, der sich noch ein wenig mehr an die kalte Wand drückte. "Ah! Eiri-san!" Hiros Kopf zuckte kaum merklich in die Höhe. Etwas gehetzt suchten die braunen Augen die Umgebung ab. "Un. Sicher, ich hole dich in zehn Minuten ab." Ein beinahe überhörtes Klicken riss Hiro aus seiner Starre. Noch während er die hektischen Geräusche aus dem geschlossenen Zimmer hinter ihm zu bemerken begann, stieß er sich blitzschnell von der Wand ab und suchte nach einem geeigneten Versteck. Thoma durfte ihn auf keinen Fall hier sehen! ... warum eigentlich nicht...? Sich wie ein Schwerverbrecher vorkommend, riss er die Tür zum Treppenflur auf und presste sich in dessen hinterste Ecke. Insgeheim betete er dafür, dass sein Vorgesetzter den Aufzug nehmen würde. Glücklicherweise schritt dieser nur wenige Sekunden, nachdem Hiroshi seinen Gedanken zu ende gedacht hatte an der sich schließenden Treppenhaustür vorbei, scheinbar ohne auch nur einen Gedanken daran zu verlieren, dass er beobachtet wurde. Aufatmend rutschte der Gittarist an der Wand herunter. Eigentlich hätte er auch einfach so tun können, als ob er gerade an Thomas Büro vorbei gegangen wäre. Aber - er wollte die Dinge nicht noch unnötig weiter komplizieren. Was zählte war, dass Yuki aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Ein undeutbares Glitzern lag plötzlich in Hiros Augen. Er musste sich kurz bei Sagano-san entschuldigen lassen. "Ich komme, ich komme. Das wird doch wohl nicht diese kleine-" Die Zigarette in Yukis Mundwinkeln ließ seine Stimme als nicht viel mehr als ein undeutliches Murmeln klingen, während er sich, nachdem es ungefähr zum zehnten Mal sturmgeklingelt hatte, endlich auf den Weg zur Tür machte. Er hatte fest mit Shuichi gerechnet, umso größer war des Autors Erstaunen, als er plötzlich eine braune Haarpracht vor seinem Wohnungseingang erblickte. "Hiroshi-kun." Bemerkte er nüchternd und maß die finsteren Gesichtszüge Shuichis Arbeitskollegen. "Ich muss mit dir sprechen." "So ernst...?" Yukis leicht belustigter Tonfall ließ Hiro ärgerlich auffahren. "Ja, langsam ist es mir verdammt ernst." Seine Augen funkelten den größeren Mann vor ihm böse an. "Es geht um Shuichi." "Ahh. Dein Versprechen, hun?" Jetzt war der hochgezogene Mundwinkel offensichtlich. "Wie lange willst du noch mit ihm spielen? Lass ihm endlich seinen Frieden, oder entschuldige dich bei ihm." Stille. Stumm stieg der blaue Zigarettendunst vor Yukis Gesicht auf und ließ es irgendwie düster erscheinen. "Wenn irgendetwas passiert sein sollte, dann solltest du es Shuichi erklären und ihn nicht weiter quälen!" Langsam verlor Hiroshi seine Beherrschung. Wie konnte ein Mensch nur so... so kalt sein? Schließlich bequemte sich Yuki doch noch zu einer Antwort. Langsam nahm er den Stummel aus seinem Mundwinkel und sah Hiro durchdringend an. "Es ist für ihn mittlerweile zu gefährlich, mit mir zusammen zu sein." "Ab-!" Hiro wollte auffahren, doch der Schriftsteller schnitt ihm das Wort ab. "Außerdem habe ich jemand anderen. Sag ihm, er soll seine Klamotten holen." Und mit diesen letzten Worten schloss sich die Haustür vor Hiros Augen. Wie vom Donner gerührt stand der Gitarrist und starrte an die Stelle, an der gerade eben noch Yukis Gesicht gewesen war. Er war einfach nur sprachlos. Langsam begannen die soeben gehörten Worte in seinem Kopf zu hämmern. Er-hatte-jemand-anderen. Wie sollte er das um Kami-samas Willen Shuichi beibringen?! "Naaaarrrr!!!" unter einem wütenden Aufschrei trat Hiro mit voller Wucht gegen die Tür. "Waaaaaaaaahh-?!" Die blauen Augen wurden beinahe schon zu groß für das kleine Gesicht. "Yuki ist zuhause?" "Oi! Shuichi!" im letzten Moment gelang es Hiroshi, seinen aufspringenden Freund am Ärmel zu packen und ihn somit aufzuhalten, durch die nächste Wand zu rennen. "Deeemoooo, ich muss zu Yuki! Yuki! Yuki! Yuki!" Wild fuchtelte der pinkhaarige Sänger mit den Armen, um sich aus dem Griff, der ihn hielt zu befreien. Jedoch vergebens, denn Hiro schaffte es sogar das Nervenbündel wieder auf den Sessel vor ihm zu bugsieren. "OI! Jetzt hör mir doch erstmal zu!" Noch immer hin und her wippend und mit einem schon lange nicht mehr gesehenen Lächeln auf den Lippen blieb Shuichi letztendlich doch noch sitzen. "Was denn, Hiro...?" Der Gefragte atmete mühsam ein und lautstark wieder aus, ehe er antwortete. Er konnte es nicht glauben. Er war gerade dabei seinen besten Freund zu belügen. "Ich war bereits bei Yuki." "Wa- Nani?" Mit einem Mal saß der pinkhaarige Junge ganz still vor seinem besten Freund und blickte diesen mit fragenden Augen an. Hiro hingegen wagte es nicht auch nur einmal aufzusehen. "Naja, weißt du... eto... ich wollte erstmal schauen, wie es Yuki-san geht, bevor, na ja, du weißt schon... Bevor es noch schlimmer werden könnte." "Hiro..." Oh Gott, am liebsten würde er auf der Stelle tot umfallen. Er hatte Shuichi noch nie belogen, erst recht nicht in solch einer Situation. Aber es musste sein. Wenigstens für ihn. "Du solltest bis nach der Tour warten. Er ist noch sehr geschwächt und braucht sehr viel Ruhe." Der Gitarrist schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass Shuichi ihm seine Erklärung abkaufte. Als er mehrere Momente nichts von seinem Freund hörte, traute er sich endlich aufzusehen. "Shu-" "Ist schon in Ordnung, Hiro." Shuichis zusammengesunkene Gestalt versetzte Hiro einen schmerzenden Stich. "Wahrscheinlich hast du Recht." "Shuichi, ich-" verzweifelt suchte der Gitarrist nach Worten, die eigentlich fehl am Platze waren. Es war seine Schuld, er konnte es drehen und wenden wie er wollte. "Ne, nach Kyoto sehen wir weiter!" Auch Shuichis aufgesetztes Lächeln und das aus seinem Zeige- und Mittelfinger geformten Victory konnten Hiro sein schlechtes Gewissen nicht vergessen lassen. Er wusste nur zu gut, wie sich Shuichi nun fühlen musste. Ergeben lächelte der Freund und nickte langsam. Vielleicht... Nein, hoffentlich würde ihm Shuichi vergeben... +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Der große Tag war gekommen. In voller Montur, mit über die Schulter geworfen, gepackten Taschen und gezückten Flugtickets schlenderte die kleine Gemeinschaft durch die Abfertigungshalle in Richtung Terminals. Nur wenn man ganz genau hinsah, konnte man erkennen, dass es sich bei der unauffällig auffällig vermummten Reisegruppe um niemand anderen, als um die Musikgruppe Bad Luck und Gefolge handelte. Sakano und zwei weitere NG Mitarbeiter dienten als Begleitung. "Meinst du wirklich, das ist notwendig, Hiro?" unter dem dicken Halstuch, welches um sein halbes Gesicht gewickelt war, klang Shuichi's Stimme dumpf. Die übergroße Sonnenbrille und der hochgeschlagene Kragen des Parkas taten ihren Rest zu der Erscheinung des Leadsängers. Statt des Angesprochenen antwortete Suguru. "Natürlich, Shindou-san! Oder möchtest du, dass wir noch bevor wir in Kyoto ankommen von unseren Fans tot getrampelt werden...?" Aufgebracht ruckte der kleine Kopf des Keyboarders hin und her. Er war gleich mit einem riesigen Tuch komplett eingehüllt worden, sodass nur seine Augen durch die kleinen Sehschlitze hindurch lugten. "Wer hat dich gefragt?" meckerte Shuichi, der rechts neben ihm ging und eigentlich etwas zu laut sprach. Sogleich drehte sich eine Gruppe Jugendlicher zu ihnen um, was Suguru natürlich nicht verborgen blieb. "Da hast du's! Die da drüben gucken schon ganz komisch!" unbemerkt beschleunigte Thoma's Cousin seinen Schritt, um den forschenden Blicken der Reisegruppe, die fast zu 99 Prozent nur aus Mädchen bestand, irgendwie zu entfliehen. "Klar, gucken die komisch. Hast du schon mal in den Spiegel gesehen?" Über seinen eigenen Witz ziemlich amüsiert, begann Shuichi lauthals zu lachen. "Könnt ihr den Quatsch vielleicht jetzt mal lassen?!" Ärgerlich mischte sich nun auch Hiroshi in das Gespräch seiner Kollegen ein und stieß Shuichi zu seiner Linken grob mit dem Ellenbogen. Ihm wurde das alles zu bunt, sie erregten durch ihre komische Verkleidung sowieso schon viel zu viel Aufsehen. "Hiro! Es ist doch egal! Wir sind mit dieser..." der pinkhaarige Sänger zupfte mehrere Male unbeholfen an seiner Kleidung und sah an sich herunter. "...Lachnummer sowieso schon aufgeflogen!" Ein verächtliches Schnauben Suguru's ertönte. Shuichi konnte sich wahrlich glücklich schätzen, dass er Hiroshis Seitenblicke nicht sehen konnte. Der Gitarrist hatte auf jegliche weitere Kopf- oder Körperbedeckung verzichtet und sich stattdessen seine knappe Lederjacke über den Kopf gezogen, um somit sein komplettes Gesicht aus dem Sichtfeld der anderen zu entziehen. "Shinou-kun...!!!" Ein merkwürdig klingendes Zischen an Shuichis linkem Ohr versetzte ihn in Angst und Schrecken. Einen lauten Aufschrei konnte er sich daher nicht verkneifen, als er sah, dass ein völlig außer sich geratener Sagano neben ihm ging und ihn mit beschwörenden Blicken zu hypnotisieren versuchte. "Ich habe euch ausdrücklichst darum gebeten, dieses Auftauchen von Bad Luck so schnell und unauffällig wie möglich hinter euch zu bringen...!!!" Die Stimme des Produzenten war mehr ein leises Röcheln als alles andere. Der geplagte Mann glaubte selbst, die fragenden Blicke der anderen im Rücken zu spüren. Was natürlich auch nicht ganz falsch war. Eine kleine aus Menschen bestehende Gasse hatte sich rechts und links neben der kleinen Karawane gebildet und schloss sich direkt hinter ihr wieder. "Mah, mah! Sagano-san!" Shuichi lachte abermals und schlug seinem Vorgesetzten mehrere Mal auf die Schulter . Ihm gefiel der Trubel hier. "Shindo-kuuuun!!!" Dieser Name war mittlerweile zum bösen Zauberspruch für den Produzenten geworden. "Wenn wir gleich am Schalter sind, versucht euch unauffällig zu benehmen...!!!" Doch es war bereits zu spät. Hiro, Suguru, gefolgt von Shuichi und ihm selbst standen genau vor dem Ticketingschalter ihrer Fluggesellschaft. Zunächst etwas verängstigt, mit dem Finger bereits auf dem Notfallknopf - nachdem alle ihre Kopfbedeckung abgenommen hatten dann doch sehr errötet und ziemlich aufgeregt wurden sie von der jungen Dame hinter dem Schalter in Empfang genommen. Noch war es nur eine kleine Gruppe von schüchternen Passanten, die sie wohl erkannt hatten. "Wa-was kann i-ich für sie tu-tu-tun?" mit zittrigen Fingern zupfte sich die Angestellte hinter dem Tresen den Kragen zurecht und beäugte alle vor ihr stehenden Personen aus großen Augen mit einer Mischung aus Unglauben und Ehrfurcht. Sogleich war Hiroshi zur Stelle. Doch ehe dieser auch nur den Mund aufmache, geschweige denn Sagano einen seiner berühmten Nervenzusammenbrüche erleiden konnte, tönte ein heller Ruf quer durch das gesamte Terminal. "SHUI~CH~I!!!" Erschrocken wandten sich mehrere Anwesende in die Richtung, aus der der Ruf erklungen war, einige andere wichen sogar einen Schritt zurück. Und es dauerte kaum den Bruchteil einer Sekunde, ehe Shuichi visualisierte, WAS gerade in vollem Tempo auf ihn zugerast kam. "Sakuma-sa-" Mehr konnte der junge Sänger auch schon gar nicht mehr sagen, ehe er von einem außer Rand und Band geratenem, etwas größeren, grünhaarigen Mann von den Füßen gerissen wurde. Und dann war das Chaos perfekt. Hellauf begeisterte und aufgeregte Rufe gellten durch die riesige Halle und aus dem Nichts hatte sich plötzlich eine wahre Menschentraube um sie versammelt. Eingekesselt zwischen Groupies und Schaltern wichen alle Verbliebenen, nachdem sie ihre Überraschung überwunden hatten, mehrere Schritte zurück. Hätte nicht sofort das Security Personal eingegriffen, um die vermeintlichen Opfer aus der ungewollten Nähe ihrer Fans zu entziehen, dann wären wahrscheinlich gleich zwei der bekanntesten Bands Japans von der Bildfläche verschwunden. Die halb verrückt gewordenen Fans zurückhaltend, boten gleich acht der bulligen Männer des Wachpersonals den Künstlern Rückendeckung. So schnell, wie es wahrscheinlich noch keiner der Anwesenden jemals erlebt hatte, waren Bad Luck samt Anhang und Nittle Grasper durch sämtliche Ticketausgaben und Passkontrollen. Endlich befanden sich alle in einer ruhigen Ecke der Abflughalle. "Ryuichi, das hätte wirklich nicht sein müssen..." bemerkte Thoma, der zusammen mit Noriko ebenfalls irgendwo im Menschengetummel aufgetaucht war, und sich nun die Kleider zurechtzupfend in der illusteren Runde befand. Der Angesprochene schenkte seinem Kollegen jedoch ziemlich wenig Aufmerksamkeit. Er war voll und ganz mit Shuichi beschäftigt, der es gnädig und sichtbar verlegen über sich ergehen klließ, dass Ryuichi an ihm klebte, wie eine Klette. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wie ihm geschah. Nachdem er von seinem Idol von den Füßen gerissen wurde, erinnerte er sich nur noch daran, dass eine wahre Bilderflut ihn überschwemmt hatte. Aber ihm fiel auf, dass es keiner der Sicherheitsbeamten gewesen war, der ihn aus der Gefahr gerettet hatte. Noch immer spürte er einen festen Griff um seinen Oberarm und einen Körper, der sich schützend über ihn gebeugt hatte. Im Nachhinein könnte er darauf schwören, dass es Ryuichi selbst gewesen war. "Mah, mah! Thoma, Ryuu-chan freut sich, na no da!" quietschvergnügt auf Shuichis Schultern lehnend, beantwortete der ältere Sänger schließlich die Frage seines Kollegen. Derweilen stand der pinkhaarige Junge stocksteif da und schien es noch immer nicht ganz zu fassen, dass sein größtes Idol gerade dabei war, ihn zu verschlingen. (Ryuichi nuckelte bereits die gesamte Zeit an der Kapuze seiner Jacke...) "Was macht ihr eigentlich hier...?" warf Hiro plötzlich ein, stellet seine Frage gezielt an die drei Mitglieder Nittle Graspers. "Wir?" Noriko zeigte mit einem ihrer manikürten Finger auf sich selbst. "Wir fliegen nach Kyoto! Was habt ihr denn gedacht?" "Was?" "Nani?" "Häh?" Selbst Sagano schien für einen Moment seinen sterbenden Eindruck zu vergessen. Er stellte sogar das anhaltende Verbeugungsritual vor Thoma ein, auf den sich sogleich mehrere fragende Blicke richteten. "Ya. Noriko-chan hat Recht. Nittle Grasper wird ab sofort nicht mehr von Bad Luck's Seite weichen." Der Blick des blonden Produzenten lag kühl und überlegt auf Shuichi, der allerdings noch immer nichts produktives von sich gab. "Hast du gehört, Shu-chan? Hast du?" Ryuichi rüttelte mehrere Male an den Schultern seines kleineren Kollegen. "Hai... wir fliegen alle... gemeinsam... nach... Kyoto...." Ziemlich geistesabwesend starrte er auf das rosa Plüschhäschen, welches ihm Ryuichi in die Hand gedrückt hatte und wog es im Takt seiner Worte hin und her. Dies war der Moment, an dem sich alle wirklich sorgten, ob Shuichi beim Sturz nicht doch auf den Kopf gefallen war. Ryuichis darauf bezogenes "Bist du in Ordnung, Shu-chan?" ging in der erneut aufkommenden Diskussion unter. "Wo ist eigentlich K?" fragte Thoma interessiert, nachdem er von dem pinkhaarigen Sänger abgelassen hatte. "Er erledigt noch etwas bei der Frachtverladung. Keinen Schimmer, was der Mensch sich jetzt schon wieder ausgedacht hat." Sugurus Antwort begleitete ein vor Schmerz verzogenes Gesicht. Nein, sie alle hatten wahrlich keine Ahnung, was K vor hatte. Wie eigentlich immer. "Er sagte, er würde mit einem Privatjet nachkommen." Hätten alle Anwesenden einfach aus den riesigen Glasfenstern geschaut, welche eine komplette Sicht über das Rollfeld bot, dann hätten sie den Manager ohne Schwierigkeiten ausmachen können. Der hoch gewachsene Amerikaner stand inmitten einer Gruppe schwarz gekleideter, maskierter und noch dazu bewaffneter Männer, die mit Argusaugen verfolgten, wie ein riesenhafter Frachtcontainer in den Bauch eines Jumbos verladen wurde. Hätte man K dabei näher betrachten können, wäre niemanden sein zufriedenes Grinsen und die durchgeladene MP auf seiner Schulter verborgen geblieben. Aber so blieben alle Anwesenden in Unwissen. "Nun ja. Dann sollten wir endlich boarden. Die komplette erst Klasse zu chartern war ein Spaß. Der verwirrte Blick der Dame am Schalter war es mir wirklich wert." Mit diesen Worten hob Thoma seine abgestellte Tasche vom Boden auf und wand sich, nachdem er eines seiner gütigen Lächeln in die Runde geworfen hatte, gen Richtung Schalter. "Pika, pika, Shuichi! Es geht los, na no da!" Ohne, dass es einer weiteren Aufforderung bedurfte, stürmte auch Ryuichi mit Shuichi im Schlepptau los und setzte sich an die Spitze. So ausgelassen und fröhlich hatte man ihn in der letzten Zeit nur noch selten erlebt. Während sich nun auch die letzten der Reisegruppe fertig machten, beobachtete der blonde Produzent seine beiden Vorläufer argwöhnisch. Sein Blick verfinsterte sich immer mehr und mehr und auch sein Griff um den Tragegurt seines Handgepäcks wurde kaum merklich fester. Alles würde nun seinen Anfang nehmen. Ein paar Stunden zuvor: Nein, nicht nur die Türklingel war es, die Yuki den letzten Nerv raubte. Nun sehnte sich auch noch das Telefon danach, dass man es bemerkte. Mit einem wütenden "Ja?" begrüßte der Autor den Anrufer. Als ihm nur ein schweres, röchelndes Atmen entgegen gebracht wurde, verlor Yukis Gesicht auch den letzten Rest von Farbe. Ehe er dazu imstande war, etwas zu sagen, kam ihm der mysteriöse Anrufer zuvor. "Na du Schwuchtel? Ich hoffe, dir geht es wieder besser, denn es hat gerade erst begonnen." Ein dreckiges Lachen beendete den Monolog. Hastig drückte der blonde Schriftsteller die Zigarette im Aschenbecher aus, um sich direkt wieder eine neue anzustecken. Er musste nur ruhig bleiben. Ruhig. Bleiben. "Weißt du jetzt, wer ich bin?" "Ich habe keine Ahnung." Gab Yuki ehrlich zu und strich sich durch die zerzausten Haare. "Dann spitz mal deine Lauscher, Uesugi. Ich bin sein Vater. Du hast mir das Wertvollste genommen, was ich je besessen habe! Mörder!!" scheinbar hatte sich der Anrufer nicht mehr ganz unter Kontrolle, als er in den Hörer zu brüllen begann, um letztendlich nach einem gewaltigen Hustenanfall wieder zu verstummen. Yuki schossen in diesem Moment tausende von Gedanken und Bildern durch den Kopf. Sein Vater? Yukis Vater? Er hätte darauf vorbereitet sein müssen, dass er irgendwann einmal mit dieser Situation konfrontiert würde. Nun war es soweit und er war vollkommen unvorbereitet. Warum gerade jetzt!?! "Hören sie, was wollen sie? Ist es Geld?" Die Stimme am anderen Ende der Leitung lachte laut auf. "Geld? Davon habe ich genug. Ich will dich. Komm nach Kyoto. Und tu besser was ich dir sage, sonst passiert deinem Haustier etwas..." Es folgte ein helles "klick" und danach ein Besetzzeichen. Es dauerte einige Augenblicke, ehe der Autor ebenfalls auflegte und laut aufstöhnte. "War -er- es?" Thomas hagere Gestalt löste sich aus einem Schatten an der Wand. Besorgt sah er auf seinen auf der Couch sitzenden Freund hinab. Ein Nicken war die Antwort. "Was wirst du tun, Eiri-san?" langsam ging der Keyboarder um den Wohnzimmertisch. Zunächst seufzte Yuki abermals, antwortete dann aber schließlich. "Ich fahre." Daraufhin weiteten sich Thomas Augen. "Wirklich? Bist du dir sicher?" Immer näher kam er der Couch. "Ja. Es muss etwas passieren. Ich werde mit euch fliegen und-" gerade als Yuki aufstehen wollte, drückte ihn ein bestimmter behandschuhter Finger zurück in die Sitzkissen. "Ah! Warte, Eiri-san. Ich würde dir raten später zu fliegen." "Äh, Seguchi?" Ob Yuki die Stirn runzelte, weil er Thomas Vorschlag nicht nachvollziehen konnte, oder weil er sich gerade breitbeinig genau über ihm platzierte, sei dahin gestellt. "Es könnte gefährlich werden, wenn du mit uns dort aufkreuzt. Das erwartet dieser Kerl vielleicht sogar. Zu viele Leute..." Plötzlich kniete Thoma genau zwischen den schlanken Beinen und ließ die der sich entledigten Handschuhe langsam zu Boden gleiten. Dabei verlor den fragenden Blick seines Freundes nicht aus den Augen. "Vertrau..." Das Geräusch eines Reißverschlusses, der gerade geöffnet wurde, hallte durch den Raum. "...mir..." Der blonde Haarschopf senkte sich. To be continued... Authors comment: AHHHHH!!! Ich HASSE mich!!! >_< Ich habe für dieses Kapitel ewig gebraucht und irgendwie.... Es ist viel zu lang geworden! Fast 9 Seiten!!! Ahh, es gefällt mir nicht. Aber bitte, bitte, bitte liebe Leser, lasst euch nicht von diesem Schund abschrecken! Es wird noch viel konfuser! Danke, Ludmilla, danke! ;-) Sie hat mich auf die dollsten Ideen gebracht und da das nächste Kapitel voll davon sein wird, gebe ich hier eine Warnung raus: Es wird so richtig verrückt. Bekloppt. Durchgeknallt. Also... *seufz* Lest selbst. K wird auf jeden Fall einen Starauftritt im Verlauf der Geschichte bekommen! ^___^ Tja, und weil's eigentlich relativ actionreich weiter geht, verspreche ich eine gute Portion Romantik im nächsten Kapitel. Vielleicht ein bisschen mit Humor vermischt, aber dennoch soll es knistern! Ich hoffe, es hat euch trotz allem gefallen und vielen, vielen Dank für's Lesen! Ah - Und abermals: Gomen nasai! ~.~' See Ya in Track 5! Eure Ryuu-chan Kapitel 6: Track 5 +++ Toilet Stories ------------------------------------- Track 5 +++ Toilet Stories Authors note: *vorsichtig um die Ecke schiel* Hallöchen ihr Lieben! *sich verschmitzt am Hinterkopf kratz* Kennt ihr mich noch…? Haha, schon eine ganze Weile her seitdem ich das letzte Mal meine Tastatur dazu missbraucht habe, etwas „zu Papier“ zu bringen. Ganz ehrlich, für meine Abwesenheit… die doch tatsächlich die letzten zwei Jahre angedauert hat…. Möchte ich mich entschuldigen. Viele Dinge sind passiert, die meine Aktivität hier deutlich eingeschränkt haben. Dennoch! *g* Mein Interesse hat keinesfalls gelitten! Auch wenn ich mich die letzten Monate/ Jahre eher damit beschäftigt hatte anderer Werke zu verschlingen; seien es Mangas oder Fictions. Nun, wenn ihr mir noch eine Chance geben möchtet, dann seid ihr herzlich eingeladen den lang gewünschten Track 5 von Kiss the Rain zu lesen – und natürlich auch zu kommentieren! ^_~ Ich werde wahrscheinlich etwas eingerostet sein nach so langer Abstinenz, daher bitte ich um ein bisschen Nachsicht. Mal sehen ob ich es noch kann…*schnappt sich Papier und Stift* Ah ~ bevor es losgeht noch einen ganz herzlichen Gruß an Ahiku, die mir mit ihrer Fic „Eins und Eins macht Zwei“ absolut dazu verholfen hat weiter zu schreiben. Ich hoffe, dass mich Deine weiteren Fictions ebenso inspirieren werden! *grinst breit* Dieses Kapitel sei nun Dir gewidmet! Uh… noch etwas…. (Junge, hat sie Laberwasser getrunken…? ;-) Ich gelobe alle Grüße, Kommentare und Anfragen in aller Schnelle zu beantworten!!! Jetzt aber…. „Woaaahh! Kumaguro! Schau Dir das an!“ Mit weit aufgerissenen Augen sah sich Sakuma Ryuichi staunend in der ungewohnt luxuriösen Umgebung um. Er glich einem kleinen Kind, während er aufgeregt auf die erstbeste Sitzreihe kletterte und begann auf und ab zu hüpfen. „Nur für uns na no daaaahahahaaa!“ Die grünen Haare flogen dabei auf und ab und neben ihm tanzte wild das kleine Plüschhäschen. „Uhhh…!“ Auch Shuichi und seine beiden Kollegen staunten nicht schlecht, als sie die abgetrennte erste Klasse Kabine mit dem schweren Teppich betraten. „Das muss ein Vermögen gekostet haben…“ Hiroshi, der brünette Gitarrist sprach seine Gedanken laut aus und befühlte ehrfürchtig das glatte auf Hochglanz polierte Leder der Passagiersessel. Nur Sagano erlag fast einem Herzanfall beim Anblick des mit Straßenschuhen bekleideten Ryuichis, der jeden Sitz ausgiebig zu testen schien. „Ryuichi.“ Thoma’s herrische Stimme durchschnitt die Laute des Erstaunens; Noriko hingegen grinste vergnügt. „Ooooch Thomaaaa….“ Mit bitterbösem Blick hielt Nittle Grasper's Frontmann inne. „Runter Ryuichi, such Dir einen Platz aus und setzt Dich hin.“ Der blonde Mann hatte bereits eine passende Sitzgelegenheit gefunden und verstaute sein Handgepäck in dem dafür vorgesehenen Fach über ihm. Seine Gestik verriet – wie eigentlich immer – nichts. Mürrisch sprang Ryuichi auf den großzügig angelegten Mittelgang. „Ryuu-chan möchte neben Shu-chan sitzen na no da!“ Mit einem Mal sein Lachen wieder gefunden, packte er sich den Arm des pinkhaarigen Sängers, der noch gar nicht richtig realisiert hatte, welcher Komfort ihm zu Teil gekommen war. Mit funkelnden Sternchen in den Augen bemerkte er die kleinen Monitore, die in jede Rückseite der Sessel eingelassen waren. Neben einer halben Videothek bot die Japan Airline ihren Erste-Klasse-Passagieren nicht nur einen Internetzugang, sondern auch Videospiele verschiedenster Art. Neben diversen anderen Annehmlichkeiten natürlich. Shuichi merkte kaum, dass er bestimmt auf einen Sitz gedrückt wurde – sogar ein Fensterplatz – und es sich der ältere Sänger neben ihm gemütlich machte. Sofort spielten die kleinen Finger an Knöpfen und Schaltern der Apparatur herum. Weitere zehn seines Nachbarn gesellten sich augenblicklich dazu. Eine junge Frau eilte von hinten heran, zupfte sich noch im Laufschritt das schicke Stewardessen-Kostüm zu Recht. Am Ende des Abteils schob sie einen versteckten Vorhang zur Seite und wechselte ein paar Wörter mit einer sich hinter ihm befindenden Person. Schlussendlich präsentierte sie sich nun ausgestattet mit einem schnurlosen Mikrofon in der Hand der vollständigen Mannschaft, während drei weitere weibliche Wesen hinter besagtem Vorhang auftauchten und den Passagieren aufgeregt halfen ihre Habseligkeiten zu verstauen. „Will-„ Die Stewardess an der Front räusperte sich ausgiebig, da ihr die Nervosität wohl auf die Stimme geschlagen war. Mit rotem Kopf begann sie ihr Begrüßungszeremoniell erneut. „Willkommen an Board von Japan Airlines, wir freuen uns dass sie sich für uns geschieden – ähhh entschieden haben! Es begrüßt sie die Kuh – Crew des Fluges der Nummer JA564-2 von Tokio Haneda nach Ban-Kansai International Airport!“ Die Gesichtsfarbe der Stewardess hatte mittlerweile Tomatencharakter. „Die-„ Gerade als sie nach einer winzigen Pause fortfahren wollte, wurde sie abrupt von dem Geräusch eines plötzlich aufkommenden Windstoßes unterbrochen. Dessen Verursacher saßen in der ziemlich hintersten Reihe und hatten wohl den „Max Power-Knopf“ der individuell einstellbaren Belüftungsanlage gefunden. „Gomen!“ rief Shuichi und suchte fieberhaft nach dem entsprechenden Schalter. Sein Haar wehte noch eine kurze Weile ehe die Geräuschkulisse sich normalisierte. Kopfschüttelnd schenkten alle Anwesenden ihre Aufmerksamkeit wieder der Dame die vor ihnen stand. „D-die Flugdauer wird voraussichtlich eine Stunde und zehn Minuten betragen. Für…“ Ein beiläufiges Zwinkern des brünetten Bad Luck Gitarristen ließ sie sich verhaspeln. „Eto… Um Ihren…Aufenthalt… so angenehm wie möglich zu machen…“ „SIE HABEN POST!“ Die sonst so schmeichelnd-nervige Frauenstimme dröhnte in ohrenbetäubender Lautstärke aus dem hinteren Teil der Kabine. Köpfe ruckten herum, tötende Blicke trafen Ryuichi und Shuichi, die sofort bemüht waren die Lautstärkereglung zu bezwingen. Auch das Internet schien zu funktionieren. „…sscht-stehen wir Ihnen selbstverständlich z-z-zu Ihrer Verfügung. Fa-fa-falls sie Wünsche haben sollten, bitttten w-wir Sie uns damit zu belästigen - befragen!!“ Das Mikrofon wurde zwar tapfer von der jungen Frau gehalten, dennoch zitterte die Hand ununterbrochen. Die andere war verkrampft in ihren Rock gewühlt. In dieser Position erklärte sie ihren anvertrauten Passagieren die Sicherheitshinweise, welche von den anderen Stewardessen mit einstudierter Gestik synchron unterstrichen wurden. „Ihr Captain…“ „Oh! OHHH! MATT!“ „Julia! „MAAATT!“ „Julia!!“ „Ich liebe Dich!!!“ „Oooooohhhhh!“ >Einspielung von theatralischer Musik.< „Oh Mann!“ „Ruhe jetzt!“ „Shindooo-kuuuun!“ Laut, teilweise auch gestikulierend rebellierten die Passagiere gegen die Geräuschkulisse einer Liebesszene aus irgendeinem Film im Repertoire des Boardkinos. „Haha, gomen gomen!“ Schnell hatte Shuichi den Bildschirm abgeschaltet. Die geplagte junge Frau war den Tränen nahe. Die weiteren drei Weiblichkeiten – nun wieder hinter dem Vorhang verschwunden, machten sich durch ihr Gekicher bemerkbar. „Captain…Durchsage…guten Flug!“ Und mit diesen letzten Worten stürmte die Frau zu ihren Kolleginnen in Sicherheit. Leises Lachen wurde in der Kabine laut. Böse Blicke galten den zwei Sängern, die nun mit absoluter Begeisterung und dazugehöriger Geräuschkulisse das wohl älteste Super Mario Spiel auf modernster Konsole spielten. „Das kann ja heiter werden…“ grummelte Fujisaki, klemmte sich eine Augenmaske ins Gesicht und versuchte eine einigermaßen bequeme Position einzunehmen. Der neben ihm sitzende Hiro lächelte nur und beäugte skeptisch das ungewohnte Accessoire seines Kollegen. Es vergingen sicherlich fünfzehn Minuten, in denen die drei Flugbegleiterinnen, die scheinbar nur in Gruppe aufzutauchen schienen, die Passagiere mit Getränken, Snacks und wahlweise auch mit Alkoholika bedienten, Zeitschriften verteilten und Zigarren anboten. Allerdings gab es noch immer keine Anzeichen eines baldigen Starts. Im Gegenteil. Ein kräftiger Regenschauer ging soeben auf dem Flugplatz nieder. „Fräulein…!“ Thoma winkte eine der Stewardessen zu sich heran, die mit trippelnden Schritten und aufgeregt fliegenden Armen auf ihn zutänzelte. „Ja, Seguchi-sama?“ Thoma erstaunte es nicht im Geringsten, dass sie seinen Namen wusste. Er legte ein zuckersüßes Lächeln auf seine Frage. „Warum starten wir nicht? Gibt es irgendwelche Probleme?“ „Oh…oh nein, Seguchi-sama. Der Captain wird in wenigen Augenblicken eine Durchsage für Sie machen!“ versprach die adrett gekleidete Dame. Das war nicht ganz das was Thoma hören wollte, aber er beschloss sich in Geduld zu üben „Un, gut vielen Dank.“ Bei den Worten „Aber gerne doch!“ war die Stewardess einer Ohnmacht nahe. Da, ganz plötzlich, kam der erlösende Ton, der eine Durchsage ankündigte. Das statische Rauschen des Mikrofons erfüllte aller Anwesenden Ohren. Man hörte, wie etwas Hartes gegen das Gerät stieß, dann etwas ähnliches wie einen Schlag ertönte. Das gepresste „Ah…“, welches folgte war beinahe überdeckt von der einsetzendes Begrüßung ihres Captain. „Hello and welcome Ladies and Gentleman an Board der Japan Airline mit der Flugnummer JA564-2!“ Alarmierte Blicke wurden unter Noriko und Thoma gewechselt. Das konnte doch unmöglich…? Unverändert, in einem merkwürdig gepresst klingendem Japanisch-Englisch fuhr die Person im Lautsprecher fort. „My name is Ken Smith und ich werde Sie heute nach Osaka bringen! But, sad to say, das Reisewetter spielt heute nicht mit. Der Wetterdienst hat Unwetterwarnungen for das Gebiet herausgegeben, über das wir fliegen müssen. Aber, Ladies and Gentleman, auch wenn es etwas holperig wird, no fear! Japan Airlines – every time, every place! Enjoy your flight! Haha!“ Ein statisches Knacken verkündete, dass der Pilot seine Durchsage beendet hatte. Sogleich leuchteten die Signalschilder an der Decke des Flugzeuges auf und die Triebwerke der Maschine begannen lauter zu dröhnen. Als sich das Flugzeug endlich in Bewegung setzte, bemerkte Shuichi, dass Ryuichi sein Spiel vernachlässigte. Luigi hatte sich gerade durch eine karnivore Pflanze die aus einer der Röhren aufgetaucht war, fressen lassen. „Sakuma-san, warum….?“ Verdutzt beobachtete er, wie sich der ältere Mann verkrampft mit beiden Händen an den Sitzlehnen festhielt und starr geradeaus starrte. „Sakuma-san? Alles in Ordnung?“ besorgt betrachtete Shuichi seinen Kollegen. Doch der nickte nur stumm und schluckte. „Ryuichi hat Flugangst, Shu-chan.“ Ertönte Noriko’s Stimme von vorn. „Ah… verstehe…“ Besorgnis wandelte sich rasch in Mitleid, als er Ryuichi beim Start der Maschine musterte. Die Gegend rauschte an ihnen vorbei, und sie wurden ganz schön durchgeschüttelt, als das Flugzeug beschleunigte und sich mit einem seichten Ruck in die Lüfte erhob. Es regnete noch immer ununterbrochen. Die Gesichtsfarbe des Nittle Grasper Sängers nahm nach und nach die seiner Haare an. Winzige Schweißtropfen rannen von Ryuichis Schläfen. Warum musste schlechtes Wetter vorhergesagt sein, wann immer er es wagte in ein Flugzeug zu steigen?! Die „Bitte Anschnallen“ Lämpchen leuchteten noch immer ununterbrochen selbst einige Minuten nach dem Start. Mit Recht, denn der Flug glich im wahrsten Sinne des Wortes einer Berg- und Talfahrt. Die meisten nahmen die schlechten Wetterbedingungen einfach hin, für Ryuichi war es irgendwann schlichtweg einfach zu viel. Die eine Hand vor den Mund geschlagen, die andere Hand verkrampft den Verschluss des Gurtes öffnend, stürzte Ryuichi auf den Gang und rannte in die Richtung wo er die Toiletten vermutete. Betroffen sah Shuichi ihm hinterher. „Armer Sakuma-san…“ Seufzend steckte er die Brechtüte, die er eben in einem Seitenfach gefunden hatte wieder weg. „Onegai… onegai…“ Ryuichi’s heiseres Flüstern glich einer Beschwörungsformel als er vor der Toilettenschüssel kniete und den Inhalt seines Magens dazu bewegen wollte, dort zu bleiben wo er hingehörte. Verdammt…verdammt, verdammt, verdammt! Ausgerechnet jetzt, ausgerechnet vor Shuichi! Warum musste er sich nur diese Blöße geben? Innerlich schickte er sich selbst zum Teufel, als er sein blasses Gesicht im Spiegel betrachtete. Und noch dazu hatte er einen widerlichen Geschmack im Mund – Wasser würde dem sicher Abhilfe schaffen. Unterdessen hatte sich Shuichi schon seit mehreren Minuten gewundert, wo der ältere Sänger blieb. Mittlerweile nervös blickte er immer wieder hinter sich und erhoffte die vertraute Gestalt im Gang zu finden. Ob er nicht nachsehen sollte…? „Ano, Shindou-sama?“ „Uwah!“ Erschrocken über diese direkte Ansprache einer blonden Stewardess die er nicht hatte kommen sehen, duckte sich Shuichi zur rechten Seite weg. „J-ja?“ Die Stewardess machte ein betroffenes Gesicht. „Ähh, gomen nasai, Ihr Freund Sakuma-sama lässt ausrichten, dass sie bitte zu ihm kommen möchten. Aber bitte seien Sie vorsichtig.“ Sein zunächst erstaunter Gesichtsausdruck machte einer besorgten Miene Platz. „Hai!“ Sofort war Shuichi auf den Beinen. Die Stewardess verschwand genau dorthin, wo sie hergekommen war: Hinter dem Vorhang in Richtung des Cockpits. Auf dem Weg durch einige verlassene Räumlichkeiten, die wahrscheinlich als eine Art Lobby mit Bar für die Fluggäste der ersten Klasse dienten, wunderte sich Shuichi insgeheim darüber, warum Ryuichi gerade nach ihm hatte rufen lassen. Vielleicht ein Trick von Thoma um ihn allein zu erhaschen? Nein… das konnte er sich kaum vorstellen. Schlimmstes befürchtend erreichte er schließlich die sanitären Anlagen. Die Entscheidung welche Kabine Sakuma-san nun gewählt haben mochte wurde ihm abgenommen, da der jüngere Sänger sein Idol bereits durch einen Türspalt hindurch ausmachen konnte. Ryuichi schien sich gerade über das Waschbecken zu beugen. Für nur einen kurzen Augenblick genoss es Shuichi zu sehen, wie der Beobachtete ganz normale Dinge tat wie jetzt. Er trank Wasser und selbst dabei sah er noch… perfekt aus. Wie gebannt starrte der junge Sänger auf die Wassertropfen, die das schmale Kinn hinab liefen und in das Becken zurücktropften. Baka – was tat er eigentlich da?! „Äherm… Sakuma-san?“ mit entschlossenem Schritt betrat er die Kabine. Eschrocken und vielleicht auch etwas peinlich berührt blickte ihn sein Gegenüber an. „Shu-chan… was ist los?“ Stirnrunzeln des Pinkhaarigen. „Aber… Du hast doch nach mir rufen lassen…?“ „Na no da, nein! Das hat Ryu-chan nicht!“ Viel mehr Gelegenheit die Situation aufzuklären, sollte es vorerst nicht geben denn das Flugzeug begann plötzlich unvermindert stark zu ruckeln. Hart kippte es dabei auf eine Seite. „Uwaaaaahh!“ Mit ausgestreckten Armen flog Shuichi, der sich natürlich vor Schreck nirgendwo festgehalten hatte, Ryuichi entgegen. Der jedoch bekam nur noch mit einer Hand den Rand des Waschbeckens zu fassen. Da dieser allerdings auch noch mit Wasser benetzt war, hatte er schon bald auch die zweite Hand frei. Mehr oder weniger glimpflich landete der jüngere der beiden auf dem anderen. Sie befanden sich nun in einer sehr ungesund jedoch durchaus dekadent aussehenden Position halb auf der Toilette, halb zwischen der Toilette und Wand. „Shuuu-chaaaan! Wir stürzen aahaaaab! Wir sterben! Mein Po tut weh! Und mein Rücken auch! Kumagurooo!“ Ryuichi stand innerlich Todesängste aus, die wahrscheinlich gerade verhindern konnten, dass er sich sein Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen ließ. „Gomen nasai Sakuma-„ viel weiter kam Shuichi nicht. Wie von einem unglaublichen Schlag getroffen jaulte die Maschine auf und begann unkontrolliert zu wanken. Diverse Gegenstände landeten auf dem Boden und das Geschrei der Beiden ging in der allgemeinen Geräuschkulisse unter. Die anderen Passagiere, erschrocken und beunruhigt, lauschten gerade einer Durchsage des Piloten der verkündete, dass sie nun das Unwetter zu umfliegen versuchten und sich die Flugzeit nun auf unbestimmte Zeit verlängern würde. Es dauerte schier eine Ewigkeit, bis sich das Flugzeug wieder stabilisiert hatte. Zwar rissen hier und da noch einige stärkere Winde an den Tragflächen, doch alles befand sich wieder in der Waagerechten. Alles bis auf zwei Personen in der Herrentoilette. Das Einzige was Shuichi spürte war das Dröhnen in seinem Kopf. Und etwas Hartes… auf seiner Schulter. Er öffnete die Augen. Das leichenblasse Gesicht Ryuichi’s befand sich direkt neben seinem. Der jüngere der beiden schluckte hart als er sich zu bewegen versuchte. Vergeblich. In welcher Position befanden sie sich? Shuichi sah sich soweit er konnte um und unterdrückte einen Schmerzenslaut nur mühsam. Irgendwie hatten sie es geschafft genau zwischen Wand, Toilette und Waschbeckenschrank zu landen. Der Grünhaarige öffnete langsam die Augen, benötigte jedoch einen Moment um ganz zu sich zurück zu finden. Er hob den Kopf und sah den unter ihm liegenden Mann wehleidig an. Sein Bein als auch sein Arm fühlte sich eingeklemmt an. „Sakuma-san, kannst Du Dich bewegen…?“ „A-au no da! Mateee…..“ “A-ah... Dein Bein, dein Bein!” „EEEhhhhhhh!!“ Eine ganze Zeit lang versuchten sie alles Mögliche um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien. Allerdings war ihr Unterfangen von keinen großen Erfolgen gekrönt ohne sich dabei Rücken und sämtliche Glieder zu brechen. „Wir… wir sitzen fest!“ beinahe panisch sah Shuichi den Mann über ihm an. „Hai na no da! Fest in der Toilette!“ Dass die Tür der Kabine sich während der Turbulenzen vollständig geschlossen hatte, war unbemerkt geblieben. Auch das rote „OCCUPIED“ am Schloss von außen konnte keiner der beiden erblicken. ------------------------------------------------------------------------------- Gurgelnd spülte die Toilette, nachdem mit einem lauten Knall der Toilettendeckel hinab gefallen war. Yuki’s blonder Haarschopf tauchte im Spiegel über der großen Waschkommode auf. Aus müden Augen betrachtete der Schriftsteller sich selbst, musterte ausgiebig die Züge seines eingefallenen Gesichts. Fahrig fuhr eine blasse, schmale Hand über die ebenso blasse Haut im Spiegel. Warum…hatte er es nur so weit kommen lassen? Die blonden Strähnen tanzten leicht als Yuki den Kopf schüttelte und seinen Blick über seine Hände auf die offen stehende Hose gleiten ließ. Ihm war speiübel. Ob es an der zu einseitigen Nahrungsaufnahme – Bier und Zigaretten – oder an der Tatsache, dass er sich gerade hundeelend fühlte lag, konnte er nicht genau definieren. So durfte es einfach nicht weiter gehen. Seufzend setzte sich der hoch gewachsene Mann auf die geschlossene Toilette und steckte sich eine Zigarette an. Schwer stützten sich die Arme auf die Oberschenkel während Yuki lethargisch das helle Muster der Bodenfliesen betrachtete und seinen Gedanken freien Lauf ließ. Er musste nach Kyoto, so schnell es nur ging. Nicht noch mehr Personen die ihm nahe standen sollten seinetwegen leiden. Es musste schnellstmöglich ein Schlussstrich gezogen werden…. Während kleine, blaue Dunstwolken gen Decke zogen, nickte der blonde Mann für Sekundenbruchteile ein. Er hatte plötzlich das Gefühl, dass stramme Fesseln an seinen Handgelenken in wundes Fleisch schnitten. Durch einen markerschütternder Schrei fand er wieder in die Realität zurück. Mit rasendem Herzen und zitternden Händen rutschte Yuki zu Boden. Er wusste nicht ob er es sich nur eingebildet oder er selbst geschrieen hatte. Trocken schluckte er und warf die Zigarette unachtsam in das Waschbecken. „Verdammt…“ murmelnd rappelte er sich hoch und verschwand wankend in der Küche. Sicher, es musste etwas geschehen. Yuki nahm einen tiefen Schluck aus der Bierdose. Morgen. ------------------------------------------------------------------------------- Der beleibte Mann, der beinahe vollständig von der aktuellen Ausgabe der Yomiuri Shimbun Tageszeitung verdeckt wurde, schüttelte sich vor Lachen. Dabei knisterte das Papier und auch ihm entfuhren einige unschöne Laute, die durch die Toilettenschüssel auf der er saß merkwürdig verzerrt wurden. Aber das machte ja nicht viel aus, denn er war allein. Nur die Yomiuri und er. Plötzlich zerstörte das schrille Handyklingeln die traute Einsamkeit und der vollschlanke WC-Benutzer verfluchte sich innerlich, sein mobiles Telefon nicht vorher abgelegt zu haben. Sofort wurde die Zeitung zusammen gefaltet und das Handy in der Hosentasche gesucht. Mit hochrotem Kopf nahm er das Gespräch hastig an, wobei ihm das teure Gerät beinahe zu Boden gefallen wäre. „Hallo?“ etwas mürrisch klang die Begrüßung, während er verzweifelt eine neue Rolle Papier in seiner Reichweite suchte. „Mein Eintreffen wird sich verspäten. Wie lange kann ich nicht sagen.“ „Ahh-“ Ein Hustenanfall des schwergewichtigen Mannes folgte. „Ich hoffe, dass Sie trotzdem da sein werden?“ „Selbstverständlich!“ krächzte er, nachdem er seine Fassung wieder gefunden hatte. >KLICK< Kopfschüttelnd legte der Mann auf. Warum musste man ihn ausgerechnet hier erwischen? „Kuso!“ fluchte es im Bad. Mit halb herunter gelassener Hose wankte der wohlbeleibte Herr gefährlich durch den Raum. Der dumpfe Laut eines Aufpralls verriet, dass er auf der Jagd nach Toilettenpapier wohl keinen Erfolg gehabt hatte. ------------------------------------------------------------------------------- Die ältere Dame mit der dicken Hornbrille auf der Nase blickte entsetzt auf die Tür der Toilette. Sie hatte sich scheinbar verlaufen und fand sich nun vor einem verschlossenen Raum wieder, hinter der gar merkwürdige Geräusche laut wurden. „Uuuuhhh, Shuichiii!“ „Sakuma-saaaan!“ „Auauauauau!“ Wie vom Donner gerührt über die sich ihr darbietende Geräuschkulisse fing sie an zu schimpfen, sah sich um und machte sich in die Richtung auf, aus der sie gekommen war. Dabei blickte sie mehrmals zurück und hob scheltend ihren Gehstock. Shuichi keuchte. „Ich… schaffe das… nicht…“ „Pffff…..“ Auch Ryuichi schnaubte. Es war ausweglos. Irgendwie hatte er es geschafft sich mit Bein und Arm gleichzeitig so zu verkeilen, dass er in dieser Position nicht mehr aufstehen oder sich in irgendeiner Art und Weise bewegen konnte. Shuichi, der genau unter ihm lag, inbegriffen. Sie saßen im wahrsten Sinne des Wortes tatsächlich fest. „Und was machen wir jetzt…?“ fragte der Pinkhaarige, während er schwer atmend an ihnen herunter sah. „Hm… schreien hat nicht funktioniert. Alleine schaffen wir es auch nicht. Wir müssen wohl warten bis Hilfe kommt no da.“ bemerkte Ryuichi und versuchte sich eine seiner schweißnassen Haarsträhnen aus dem Gesicht zu pusten. „Wunderbar…“ seufzte der andere. Das könnte also dauern. „Nee, Shu-chan, irgendwem fällt schon auf dass wir verschwunden sind.“ „Un…“ Ja, und wenn man sie in dieser Position fand würden die Lacher sicherlich auf ihrer Seite sein. Als Shuichi ihre „missliche Lage“ noch einmal durchdachte, wurde ihm erst bewusst, wie nah er dem älteren Sänger gerade körperlich war. Unvermittelt spürte er, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Nervös suchten seine Augen einen Punkt an der eintönigen Wand. „Shuichi, Du wirst ja ganz rot im Gesicht? Geht es Shu-chan nicht gut?“ besorgt lugte das kindliche Gesicht von oben auf den Angesprochenen herab. „A-ano, doch mir geht es gut. A-aber wie geht es Dir?“ ungeschickt startete der Jüngere einen Ablenkungsversuch. „Ryu-chan geht es wieder blendend so lange das Flugzeug nicht wackelt. Und Shu-chan bei ihm ist!“ unschuldig lächelte Ryuichi den Mann unter ihm an, erreichte so, dass dieser noch weiter errötete. Das blieb dem Älteren natürlich nicht verborgen. „Was ist…?“ „Ach, ähem, nichts, es ist nur…“ „Dass ich auf Dir liege…?“ „Wa-?!“ erschrocken sah Shuichi empor. Nicht nur der Tonfall des älteren Sängers, sondern auch sein Gesichtsausdruck hatte sich radikal verändert. Alles Kindliche in ihm war gewichen. Auffällig musterten die grünen Augen das schmale Gesicht des pinkhaarigen Sängers. Dabei blieb der Blick zunächst auf den Lippen dann in den Augen seines Gegenübers haften. Shuichi’s Puls beschleunigte sich schlagartig. Was war das? Warum begann plötzlich sein Herz zu rasen? Mit halb geöffnetem Mund und aufgerissenen Augen beobachtete er angespannt jede Bewegung. „Sakuma-san…“ Der Kopf des Grünhaarigen senkte sich langsam, der Brustkorb des jüngeren bewegte sich schneller. „Nenn mich Ryuichi…“ Ryuichi’s Mund war an dem Ohr angelangt, nur Millimeter entfernt. „Eh…?“ Shuichi wusste nicht wie ihm geschah. Der warme Atem, der seinen Hals streifte jagte ihm eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Was war nur mit ihm los? Was war nur in Ryuichi gefahren? Diesen Ryuichi kannte er nur von der Bühne… und schlagartig fiel ihm die kurze aber intensive Begegnung der beiden im Umkleideraum wieder ein. Augenblicklich registrierte er ebenfalls die warme Berührung von Ryuichi’s Lippen an seinem Hals. „Ryuu-…!!!“ Viel mehr vermochte der junge Sänger nicht zu sagen. Einerseits weil es ihm soeben die Sprache verschlug, andererseits weil sich die Schwerkraft zu ändern schien. Das Flugzeug dröhnte mit einem Male, erzitterte und sank. Dabei legte es sich abermals auf die Seite. Alles drehte sich um die Beiden, schmerzhaft machten ihre Glieder Bekanntschaft mit allen erdenklichen Kanten und Vorsprüngen des kleinen Raumes. Etwas schien die Welt ins Chaos zu stürzen. Doch irgendwann war es einfach vorbei. Wieder war da dieses Dröhnen in Shuichi’s Kopf und mit schmerzlicher Bewusstheit spürte er seinen gesamten Körper. Er lachte leise da er erkannt hatte, dass sie nun nicht mehr eingeklemmt waren. Als er es wagte aufzublicken bemerkte er, dass er bäuchlings auf Ryuichi lag, dessen Gesichtsfarbe plötzlich gar nicht mehr gesund wirkte. Mit einem theatralischen „Uhm!!!“ stieß der Grünhaarige Shuichi von sich, stürzte zur Toilette und entleerte seinen Mageninhalt auf der Stelle. To be continued... Authors comment: So... *Schweiß mit Taschentuch abwisch* Es ist vollbracht. Ich muss ja zugeben, es ist mir an manchen Stellen wirklich schwergefallen. Dennoch hoffe ich inständig, dass es einigermaßen (vielleicht sogar lustig, ironisch oder vielleicht auch sarkastisch?) geworden ist. Beim Schreiben sind mir ein paar lustige Ideen gekommen no da! ~_^ Dazu mehr in Track 6! Eure Ryuu-chan Kapitel 7: Track 6 +++ Rock the Boat ------------------------------------ Track 6 +++ Rock the Boat Authors note: Laliho! ;-) Wie versprochen: Ich mache weiter! *grins* Danke an meine beste Freundin für einige hilfreiche Tipps! Entschuldigt bitte, wenn dieses Kapitel etwas abgedreht wird… Aber ich wollte auch K mal seinen großen Auftritt gönnen! *grins* Sie hatten es geschafft – endlich konnten die Künstler wieder Fuß auf sicheren, festen Boden setzen. Nach ganzen drei Stunden Flugzeit waren sie mehr oder weniger unversehrt in Kansai gelandet. „Ahhh!“ Hiro streckte sich zu seiner vollen Größe, als er den ersten Schritt auf die Gangway gesetzt hatte. „Sonne!“ Das schönste Wetter begrüßte sie. Dennoch – Shuichi und Ryuichi mühten sich nur langsam aus der Maschine. Humpelnd und von blauen Flecken nur so übersäht spähten die zwei vorsichtig nach draußen und benötigten noch einige Momente sich zu entscheiden. Sie waren die Letzten, die in den bereitgestellten Bus einstiegen, der die Reisenden zum Terminal bringen sollte. Und hier begann ihr Spießrutenlauf. Selbst als sie noch unschuldig am Band auf ihre Koffer warteten (einen Kofferservice hatte man ihnen dummerweise nicht angeboten…) erkannte und belagerte man sie. Die zwei geplagten Sänger hatten ihre Not und Müh sich einigermaßen vernünftig ihren Fans zu präsentieren. Lächelnd lenkten sie gezwungenermaßen einen Großteil der Schaulustigen ab, während die anderen so genug Zeit hatten, ihre Koffer zu suchen. „Shindou-san? Shindou-san! Ein Autogramm bitte!“ „Hai!“ „Eeek! Sakuma-san! Darf ich Dein Kumaguro anfassen? Bitte!“ „Eto… na gut.“ Noch waren ihre Anhänger recht handzahm, doch als sie die Ankunfts-Halle des Flughafens betraten, war das Chaos perfekt. Ein Ansturm von Journalisten, Fernseh- und Fotokameras sowie eine Hundert- wenn nicht sogar Tausendschaft von Fans erwarteten sie. Hysterisches Kreischen wurde laut, als die bunten Haarschöpfe der Sänger erspäht wurden. Das Sicherheitspersonal konnte die Menschenmengen nur schwerlich zügeln. „Ano…Hiro…?“ die Augenbraue des pinkhaarigen Bad Luck Frontmanns zuckte verräterisch über dem blaugeschlagenen Auge, welches er als Andenken an die Toilettenodyssee noch eine Weile lang behalten sollte. „Hm…?“ Hiroshi überblickte kritisch den sich ihnen darbietenden Tumult. „Denkst Du das Gleiche, was ich denke…?“ „Un… auf drei. Eins… DREI!“ Und schon sprinteten sie los. Quer durch die feindlichen Linien versuchten sie den Ausgang zu erreichen, dicht gefolgt von überraschtem Ryuichi und Fujisaki. Tatsächlich hatte der plötzliche Sprint ihnen etwas Luft verschafft, dennoch sollte dies nicht bis zum ersehnten Ziel reichen. Etwa in der Mitte der Halle kam ihr Vormarsch zum Stocken und die kleine Gasse die sich gebildet hatte, schloss sich hinter ihnen wieder. Shuichi und Hiro mussten sich eingestehen, dass ihr Plan nicht aufgegangen war. „Wunderbar, Shindou-san. Und nun?“ Fujisaki’s Gesicht verzog sich ärgerlich, während er die Menge beobachtend mit seinem Rücken gegen die anderen drängte. „Ich… weiß es nicht…?“ Der Ring um sie herum wurde immer enger, bis sie schließlich, getrennt von Thoma und Noriko, komplett eingekesselt waren und das Unheil über sie hereinbrach. „Sakuma-san, stimmt es, dass sie mit ihrer neuen Single…“ „Hiroshi-kun, bestätigen sie die Gerüchte über lange Telefonate nach Kyoto? Wer…“ „Warum haben sie sich für eine gemeinsame Promotions-Tour entschieden?“ „Iieks! Ein Autogramm!!!“ „Sind Nittle Grasper und Bad Luck nicht erbitterte Rivalen? Nehmen sie Stellung!“ Das Blitzlichtgewitter blendete Shuichi, sodass er schützend eine Hand vor die Augen legte. Eine Filmkamera klebte noch dazu an seinem Gesicht. „Hirooo!“ jaulte er. „Wir brauchen Hilfe!“ „Ach!“ schnaubte es hinter ihm. Die war allerdings gerade nicht in Sicht. „Wo ist K wenn man ihn braucht?!“ Eine Fernsehreporterin mit auffällig roten Haaren schien besonders hartnäckig. Sie schob sich direkt vor Shuichi, der so gezwungen war sie anzusehen und ihren Tiraden zu lauschen. „Shindou-san, bestätigen sie die Gerüchte um ihr Auseinanderleben mit Yuki Eiri? Was sagen sie zu diesem Foto?“ Den jungen Sänger traf es wie einen Schlag. Mit aufgerissenen Augen starrte er das Bild an, welches ihm die Frau präsentierte. Ein gelungener Schnappschuss, der aus einem der Häuser gegenüber von Yuki’s Wohnung aufgenommen worden sein musste. Es zeigte Yuki und ihn. Der blonde Schriftsteller, der in einer eindeutigen Geste die Hand des am Boden sitzenden, in Tränen aufgelösten Shuichi bei Seite schlug. Vor seinem geistigen Auge schlichen sich die Erinnerungen zurück. Wie in einem Kurzfilm durchlitt er die schreckliche Situation erneut, die er so gut es ihm möglich war versucht hatte zu verdrängen. >> Flashback << „Yuki! Yuki, Yuki, Yuki!“ verzweifelt versuchte Shuichi die Aufmerksamkeit des Schriftstellers auf sich zu lenken. Dieser jedoch schien sich ganz und gar nicht für das Bitten und Flehen seines Mitbewohners zu interessieren. Er ging zu einer Kommode, öffnete die Schublade und entnahm ihr einige Dokumente, welche er an Ort und Stelle studierte. Seine Brille reflektierte die im Hintergrund rot glühend untergehende Sonne. „Yuki! Bitte! Hör mir zu! Warum sprichst Du seit Tagen nicht mit mir? Warum behandelst Du mich so? Habe ich etwas getan, was Dich verärgert hat?“ Shuichi’s flehender Blick ruhte auf der schmalen Silhouette vor ihm. Stille. Blauer Dunst stieg von der Zigarette hinauf, welche dem blonden Mann im Mundwinkel hing. „Yuki!“ niedergeschlagen ging der junge Sänger in die Knie und hob eine Hand um nach dem Hemd des Größeren zu greifen. „Yu-„ Seine Bewegung wurde schroff unterbrochen. Mit einem hellen Aufprall schlug Yuki’s Hand seinen Arm beiseite. Den Atem anhaltend sah Shuichi auf. Die stechenden Blicke der goldenen Augen ruhten unvermittelt gefühlskalt auf ihm. „Du bist ein Schandfleck, verzieh Dich endlich!“ Mit diesen Worten verließ Yuki die Situation und somit Shuichi, der nicht mehr wusste, wie ihm geschah. >> Flashback end << „Shindou-san? Shindou-san, bitte sagen sie etwas?“ Die Stimme der rothaarigen Journalistin riss Shuichi in die Wirklichkeit zurück. Verwirrt blinzelte er und bemerkte erst jetzt, dass eine Warme Flüssigkeit seine Wange benetzte. Mit einer verstohlenen Bewegung versuchte er die Tränen wegzuwischen. „Shindou-san, kann man das als eine Bestätigung ansehen? Ist es aus zwischen ihnen?“ „A-ano…“ Shuichi starrte noch immer wie gebannt in die Kamera während er vergeblich nach Worten suchte. Ryuichi sah sich um; und er hatte verstanden. Der ältere Sänger, der Schulter an Schulter zu Shuichi gestanden hatte, packte den Jüngeren bestimmt und zog ihn in seinen Arm, sodass Presse und Kamera nur noch den schmalen Rücken sehen konnten. Beinahe hasserfüllt starrte Ryuichi in die plötzlich staunende Menge. Sofort ruhten die Augen der Öffentlichkeit auf ihm. „Sakuma-san, wie stehen sie zu Shindou Shuichi? Wissen sie etwas über das Liebesdrama?“ Die Augen des Sängers verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Ruhe…“ Und so als ob Ryuichi’s Befehl mit Magie beseelt worden wäre, verstummte die Menge. Erstaunt, wenn nicht sogar erschrocken starrte man ihn an. Auch Hiro verfolgte das Geschehen mit vor Verwunderung geweiteten Augen. Die freie Hand des älteren Sängers griff zielsicher um das Objektiv der Fernsehkamera, drückte diese mit solch einer Gewalt herunter, dass der sie haltende Mann einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken konnte. Sein Blick glitt zurück auf die rothaarige Frau vor ihnen, die sich schluckend versuchte einen Schritt zurück zu ziehen, die Menschenmassen hinter ihr das Unterfangen allerdings unmöglich machten. Schier ängstlich sah sie ihr Gegenüber nun an. Ryuichi kochte innerlich vor Wut – er hätte alles darum gegeben genau diese Situation zu verhindern. Bevor der aufgebrachte Sänger der Versuchung erlag, Weiteres zu tun oder zu sagen, traf endlich die rettende Hilfe ein. Gar eine Hundertschaft schwarz gekleideter, bewaffneter Personen brach an allen Stellen zu den Umkreisten hindurch. Angeführt von einem Mann mit wehenden blonden Haar und dem wohl größten Maschinengewehr ausgerüstet, sprengten sie systematisch die feindlichen Linien. Ein erneuter Tumult brach aus, doch die Männer in schwarz schienen alles unter Kontrolle zu haben. Aufdringliche Presse und aggressive Fans zurückdrängend schlugen sie eine Gasse bis vor das Gebäude, wo bereits ein Reisebus auf die Truppe wartete. Ohne weitere Zwischenfälle fanden sie Schutz hinter den verdunkelten Scheiben des Fahrzeugs. Ryuichi, der sich dazu entschlossen hatte den noch immer sehr verstörten Shuichi kurzerhand zu tragen, wurde unbemerkt von Thoma beobachtet. Die wachen Augen hinter den Gläsern seiner Sonnenbrille musterten jede noch so kleine Mimik, bis auch er sich zum Einsteigen entschloss. Sakano, bereits im Gebäude einer Ohnmacht erlegen, wurde als Letzter in den Bus gebracht. Die Fahrt in ihr Hotel nach Kyoto verlief ungewohnt ereignislos. Eine kleine Verfolgungsjagd, welche begann als sie vom Flughafen auf die Schnellstraße auffuhren wurde gekonnt von den ganz in schwarz gehüllten Männern unterbrochen. K’s Sonderkommando hatte ganze Arbeit geleistet. Sie wurden weder von hysterischen Fans attackiert, noch liefen sie Gefahr, dass der Bus gekapert wurde. Den kleinen schwarzen Hubschrauber, der unentwegt in großer Höhe über dem Fahrzeug schwebte, bemerkte niemand. Er hatte sich klammheimlich dazugesellt, als der Bus die Schnellstraße befahren hatte. Unter den Passagieren war Ruhe eingekehrt. Die meisten hatten es sich in den komfortablen Sesseln bequem gemacht, die Rückenlehne weit nach hinten gestellt um zu schlafen. Nur Ryuichi, der seit beinahe zwei Stunden ununterbrochen über die schmale Gestalt in seinem Schoß wachte, hatte kein Auge zugetan. Wie gebannt beobachtete er das gleichmäßige Heben und Senken des Brustkorbes bei jedem Atemzug den Shuichi machte. Noch nie hatte er ihn schlafend gesehen. Noch nie hatten sich die kleinen Finger so hilflos in das rosa Plüschhäschen gewühlt wie jetzt. Immer wenn sich der kleine Körper unruhig zu bewegen begann, fand die warme Hand des älteren Sängers den auf seinen Beinen ruhenden Kopf, strichen ihm behutsam die pinken Strähnen aus dem Gesicht. Ryuichi seufzte schwer. Leider konnte er nicht viel tun, als stets ein wachsames Auge auf den schlafenden Sänger zu haben. Er wusste, wie sich Shuichi fühlen musste; dennoch lag alles, was noch ausstand, was gesagt oder getan werden musste in Shuichi’s kleinen Händen. Niemand konnte ihm die schwere Last, die auf seinen Schultern ruhte abnehmen, auch wenn Ryuichi dies gerade liebend gern getan hätte. Es schmerzte ihn – mehr als alles andere – mit anzusehen, wie sein Freund litt. Liebevoll schmiegte sich sein Arm um die plötzlich so schmal wirkenden Schultern. Hiro, der die Fahrt bis gerade schlafend auf dem Sitz neben den beiden verbracht hatte, beobachtete die Situation unbemerkt aus wachen Augen. Er konnte noch nicht ganz einschätzen, ob er das was er sah nun für gut oder schlecht halten sollte. Die plötzliche Ansage des Busfahrers ließ seinen Kopf nach oben fahren. „Sehr verehrte Fahrgäste, in Kürze werden wir das Granvia Kyoto Hotel erreichen. Bitte machen sie sich gleich zum Aussteigen bereit.“ Der winzige fliegende Punkt über dem Bus verschwand urplötzlich indem er an Geschwindigkeit zulegte. Leben kehrte in den Bus zurück, man streckte sich und gähnte, packte allmählich seine Habseeligkeiten zusammen. „Shuichi…“ behutsam beugte sich Ryuichi hinab und rief leise immer wieder den Namen des Angesprochenen. Sanft streichelten dabei seine Finger über das zarte Gesicht. „Unn….“ Shuichi schlug die Augen auf und benötigte einige Momente bis das verschwommene Bild vor seinen Augen klarer wurde. Tief war der Traum gewesen, in dem er sich befunden hatte. „Sa-sakuma-san!“ Erschrocken über die Tatsache, dass der ältere Sänger lächelnd auf ihn hinab blickte setzte sich Shuichi ruckartig auf. Leicht errötend rieb er sich die Augen. „Sind wir schon da?“ „Hai na no da!“ Die Verwandlung von Ryuichi zum altbekannten Ryuu-chan übersah Shuichi geflissentlich. „Schau Shu-chan, wir werden erwartet!“ Und ob sie das wurden. Der eigentlich gepflasterte Boden des Hotelvorplatzes war an keiner einzigen Stelle mehr sichtbar. Shuichi’s Augen quollen bei dem Anblick der Menschenmassen über, die vor dem Hotel auf sie warteten. Die Menge begann sichtlich zu toben, als der Bus im Schritttempo die Einfahrt passierte. Das Fahrzeug erzitterte unter hunderten Schlägen von Fans, welche aufgebracht gegen die Außenwände trommelten. Ihre „Grasper!“ und „BL!“ Rufe waren im Inneren sehr deutlich zu hören. Quälend langsam schob sich das Gefährt bis genau vor den pompösen Eingang des Hotels vor, wo man die Gäste zum Glück schon erwartet hatte. Einige der ominösen, in Schwarz gehüllten Männer hatten einen Durchgang passierbar gemacht, der geradewegs zu den Eingangstüren des großen Gebäudes hinführte. Viel sagende Blicke wurden ausgetauscht, als man sich bereit machte das Fahrzeug zu verlassen. „Zusammenbleiben.“ Wies der blonde Produzent an, kurz bevor sich die hydraulischen Türen öffneten. Ein ohrenbetäubender Lärm schlug den Musikern entgegen; unzählige Kehlen kreischten ihre Namen. Winkend und lächelnd brachten alle die kurze Distanz schnellstmöglich hinter sich und fanden Schutz im Inneren des Hotels. Nur Ryuichi, der nicht widerstehen konnte, verteilte einige Autogramme, bis Noriko ihn wutentbrannt beim Kragen packte und den zappelnden Sänger mit den Worten „Willst Du Dich umbringen, Ryuu-chan?!“ kurzerhand in das Gebäude zerrte. Auch im Hotel wurden sie bereits von einigen Angestellten erwartet. Mit scheinbar einstudierter Gestik wurde das nachgebrachte Gepäck den Gästen entwendet und beinahe unbemerkt aus deren Blickfeld entfernt. Die Eingangshalle war frei von anderen Gästen. „Willkommen im Granvia Kyoto Hotel. Es ist uns eine Ehre sie hier begrüßen zu dürfen.“ Einige Falten im Gesicht des Mannes, der sich vor den Bandmitgliedern höflich verbeugte verrieten, dass er die 40 schon weit überschritten haben musste. Sei schwarzer Anzug saß perfekt, ebenso die kurzen, penibel gekämmten Haare. „Bitte nennen sie mich Takada-san, ich bin der Leiter dieser Anlagen und werde Ihnen selbstverständlich zu jeder Zeit zur Verfügung stehen.“ Auch die Gäste verbeugten sich kurz, nur Thoma ging auf ihren Gastgeber zu und schüttelte ihm dankend die Hand. „Vielen Dank, dass sie sich so viel Mühe mit uns machen, Takada-san.“ „Selbstverständlich, Herr … Seguchi nehme ich an?“ Thoma nickte lächelnd. „Dann darf ich den Gästen ihre Zimmer zeigen? Ich nehme an, sie sind erschöpft von der Reise…“ mürrisch blickte der Mann auf das Getümmel vor dem Eingang. „Ich muss mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen…“ Abermals verbeugte sich Takada-san, erinnerte dabei ein wenig an Sakano. „Aber nein, nicht doch. Das sind wir mittlerweile gewohnt.“ „Sicher. Bitte folgen sie mir.“ Jeder sollte ein Einzelzimmer bekommen, eines das eigentlich für zwei Personen gedacht war. Shuichi staunte nicht schlecht, als er sich in seinem Quartier umsah. Der Raum war hell eingerichtet, ein gigantisches, herrlich weich aussehendes Bett prangte in seiner Mitte. Hübsch dekorierte Möbel zählten ebenso zum Interieur wie ein komplett eingerichtetes Bad. Als Shuichi dieses erkundete stellte er angenehm überrascht fest, dass die Badewanne mit kleinen Drüsen ausgestattet war. „Ein Whirlpool!“ Innerlich kleine Freudentänzchen aufführend, nahm sich Shuichi fest vor die Anlage gleich heute Abend auf Herz und Nieren zu prüfen. Er war von allem schlichtweg so überwältigt, dass die düsteren Gedanken von noch vor ein paar Stunden wie weggeblasen schienen. Fröhlich entdeckte Shuichi noch unzählige Überraschungen, die das Zimmer für ihn bereit hielt; erkundete den Balkon und stellte nebenbei fest, dass sein Gepäck bereits neben dem Schrank stand. Schlussendlich ließ er sich rücklings einfach auf das akkurat hergerichtete Bett fallen und musste bekennen, dass es tatsächlich so weich war wie es den Anschein gemacht hatte. Beinahe in den Weiten der Schlafgelegenheit untergehend schloss er für einen Moment die Augen und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Die Sache, die heute im Flughafen geschehen war… wäre Sakuma-san nicht gewesen, wüsste er nicht was noch hätte passieren können. Das letzte, was er wollte war dass die Medien Wind von all dem bekamen. Seufzend öffnete er die Augen und setzt sich auf. „Keine Zeit zum Trübsal blasen, Shuichi.“ Sich streckend kam er wieder auf die Füße. Er wollte sich bei Ryuichi bedanken. Auch Ryuichi hatte das komfortable Badezimmer bereits entdeckt. Da er nun ein Eckzimmer bewohnte musste er feststellen, dass er von der Badewanne aus eine fantastische Sicht über Kyoto hatte. Erschmunzelte; eigentlich war dieser Raum viel zu groß für eine einzige Person… Ein Klopfen an der Tür riss Ryuichi aus seinen Gedanken. „Shu-chan!“ erfreut gewährte er dem Jüngeren Einlass. „Stimmt etwas mit Deinem Zimmer nicht?“ „Nein, es ist alles in Ordnung, ich…“ Shuichi betrat das Zimmer vollends „…wollte mich bei Dir bedanken.“ Geflissentlich ging er den Blicken des anderen aus dem Weg. Sein Augenmerk lag auf dem kleinen Plüschhasen, der auf dem Bett an ein Kissen gelehnt war. „Bedanken?“ Ryuichi legte den Kopf schief und blinzelte. „Wofür sollte Shu-chan sich bedanken?“ „Na ja, für die Sache am Flughafen.“ Er schluckte. Irgendwie war es ihm peinlich hier zu stehen. Noch dazu begann ihm ein Kloß im Hals die Kehle zuzuschnüren. Vielleicht hätte er besser nicht kommen sollen. Trotz all dem war es bereits zu spät; was gesagt war, war gesagt. Doch bevor noch weitere Worte gewechselt werden konnten, fanden sich die beiden plötzlich auf dem Bett wieder. Mit einem kleinen Sprung hatte sich Ryuichi auf Shuichi geworfen – so wie er es eigentlich immer tat. Jetzt war es irgendwie… anders. „Shu-chan darf nicht traurig sein.“ Ryuichi’s Stimme klang dumpf an das Ohr des Jüngeren; das Gesicht in der Decke vergraben, den Kopf direkt neben dem Untenliegenden, die Arme in einer festen Umarmung um den kleinen Körper geschlungen. Shuichi wusste nicht was er sagen sollte. Mit großen Augen schielte er zu der Person, die es irgendwie immer wieder schaffte ihn auf andere Gedanken zu bringen. Und in ziemlich dekadente Situationen. Wenn sie jemand sehen würde, dann… „Pika Pika, Shuichi!“ Wache Augen blickten plötzlich auf den jüngeren Sänger hinab. Ryuichi’s Mund verformte sich dabei zu einem aufrichtigen Lächeln. „A-ano…“ Shuichi lachte verlegen und anschließend blickten sich die zwei Sänger für Bruchteile von Sekunden schweigend an. Ryuichi’s Augen, noch durch das Kindliche geprägt, blitzten verräterisch auf. Ein gewaltiges Bersten gepaart mit einem Wirrwarr aus panischen Rufen zerriss jäh die harmonische Stille. Sofort waren die beiden Sänger beim Fenster und blickten auf das groteske Schauspiel herab, was sich ihnen bot. „Wo kommt denn der Panzer her?“ Ryuichi legte fragend einen Finger an den Mund. Shuichi hingegen traute seinen Augen nicht. Mit den Worten „Warte hier!“ wand er sich um und stürmte aus dem Zimmer. Die Existenz der Fahrstühle leugnend rannte er in das Treppenhaus, verfolgt von einigen verwunderten Blicken anderer Gäste. Keuchend erreichte er die Lobby, registrierte den panischen Hotelier an der Rezeption nur flüchtig und stoppte erst kurz vor den Eingangstüren, deren Glasscheiben einen Blick auf das ganze Ausmaß des Dramas ermöglichten. Mit einigem Kraftaufwand schaffte es der schmächtige Sänger tatsächlich eine der Türen aufzustemmen und eilte hinaus. K’s gefürchtetes Lachen empfing erklang, während sich Shuichi durch dicke Nebelschwaden kämpfte und dabei einen gewaltigen Hustenanfall erlitt. Im Hintergrund hörte man Rufe und Schusswaffen. „K!!!! Was um alles in der Welt machst Du hier?!“ Die Silhouette des hoch gewachsenen Amerikaners wurde zwischen den umherziehenden Rauchwolken sichtbar. „Oh no, Shuichi! Du solltest nicht hier sein!“ Der blonde Mann entfernte etwas, das Shuichi als eine Art Handgranate erkannte, von seinem Gürtel, wartete zwei Sekunden lang und warf es scheinbar ziellos in die Gegend. Schnell duckte sich K, riss den ungläubigen Sänger dabei mit auf die Knie, sodass die beiden der nachfolgenden Druckwelle zumindest Teilweise entgingen. „K!!!!“ Shuichi tobte und sprang auf. Zu allem Übel hatte man ihm gerade zu einer anderen Frisur verholfen. Leicht lockten sich einige geschwärzte Strähnen in die Höhe. „Was soll das alles hier???“ „Ich bezwinge den Feind – just for your personal safety!“ Augenblicklich flog etwas auf die beiden zu, traf Shuichi unvermittelt hart und schmerzvoll direkt an der Stirn. Benebelt ging der Getroffene zu Boden, während sein Manager sich das Geschoss genauer betrachtete. „See, Shuichi? Das meinte ich!“ Die nächste Granate fand ihren Platz hinter den feindlichen Linien und die nächste Explosion ließ weitere Haare versengen. Torkelnd kam Shuichi auf die Beine und besah sich das, was ihn auf den Boden verfrachtet hatte genauer. Es war ein simpler Stein auf dem fast unleserlich die Worte „Ryuichi, mach mir ein Kind!“ geschrieben standen. Wahrscheinlich von einem Fan. „K, hör sofort auf damit!“ „Huh?“ die Augen des Amerikaners wurden groß vor Verwunderung. „Aber Shuichi, ich dachte-„ „Nein! Schluss mit denken! Immer kommt so was dabei heraus! Ich sage Dir: Hör auf damit! Das sollte eine Promotion Tour – EINE PROMOTION TOUR werden!! Kein Bürgerkrieg!!! Du kannst doch hier nicht---„ Die Detonation einer Rakete unterbrach den kleinen Wutausbruch des Bad Luck Sängers. Und ehe dieser sich versah, hatte K ihn gepackt und beförderte ihn direkt in die Lobby des Hotels zurück. Bei den Worten „Good Boy, denk über das nach, was Du gesagt hast!“ wurde Shuichi’s Hinterteil schmerzlich bewusst, dass er sich wohl vielleicht etwas im Ton vergriffen hatte. Schluckend kroch der verängstigte Shuichi rückwärts in die Mitte des Raumes und betrachtete beinahe ehrfürchtig ein gigantisches, gepanzertes Fahrzeug, welches vor den Eingangstüren in Position ging. Dagegen konnte er nicht ankommen. Aus unerfindlichen Gründen tauchte Rage-san’s gigantischer Panda-Roboter vor seinem geistigen Auge auf, der allerdings recht schnell wieder in Vergessenheit geriet, als er Thoma’s Stimme hinter sich vernahm. Der blonde Produzent stand an der Rezeption und unterhielt sich mit dem immer noch wie Espenlaub zitternden Hotelier. „Ein weiteres Zimmer also Seguchi-san?“ „Ja, er wird übermorgen hier eintreffen.“ „Auf wen darf ich es reservieren.“ „Yuki Eiri-san.“ Der Mann hinter dem Tresen blickte von seiner Reservierung hinauf zu Thoma, der charmant lächelte. „DER Yuki Eiri-san?“ „Hai. Vielen Dank, Takada-san.“ Mit diesen Worten verließ Thoma ihren Gastgeber, der den Anschein machte bald einer Ohnmacht nahe zu sein. Wie gelähmt starrte Shuichi aus brennenden Augen auf Thoma’s Rücken, der irgendwann schließlich hinter einer Tür verschwand. Yuki wollte nach Kyoto kommen? Er würde ihn tatsächlich wieder sehen? Shuichi war sich nicht sicher, ob er nun lachen oder weinen sollte. Warum hatte Yuki ihm nur nichts gesa- der Sänger selbst unterbrach seinen Gedankengang. Wie solle er auch etwas erfahren, wenn er seit Tagen nicht mehr mit Yuki hatte sprechen können? Dennoch – warum wusste ausgerechnet Seguchi davon? Warum hatte Yuki Thoma bescheid gegeben und nicht…ihm… Shuichi verspürte einen schmerzlichen Stich in der Brust. Er verstand es nicht. Während die Blicke des jungen Mannes suchend durch den Raum glitten, rappelte er sich mühsam auf. Vielleicht wollte Yuki die Sache aufklären? Vielleicht kam er deshalb nach Kyoto und wollte mit ihm sprechen…? So abwegig Shuichi diesen Gedanken im Nachhinein doch befand, sein Herz schlug ihm bis zum Hals als er zu dem Telefon ging, welches er in der Lobby entdeckt hatte. Mit zitternden Fingern nahm er den Hörer von der Gabel und kramte in seinen Hosentaschen nach Kleingeld. ------------------------------------------------------------------------------- Der schrille Ton des Telefons hallte durch den Flur. Auch für Yuki, der im Wohnzimmer einen Platz auf der Couch gefunden hatte, war es noch deutlich zu hören. Er blinzelte müde, machte jedoch keine Anstalten, das Gespräch anzunehmen. Regungslos starrte er in die Richtung, aus der das Geräusch drang, vorbei an unzähligen leeren Bierdosen. ------------------------------------------------------------------------------- Was hatte er sich dabei gedacht? Geräuschvoll legte der aufgewühlte Sänger den Telefonhörer zurück und seufzte. „Baka… geht nicht ran…“ Shuichi wusste nicht, was er von all dem halten sollte. Er musste zugeben, dass er Angst davor hatte, Thoma zu fragen. Angst davor, vielleicht zu viel von all dem zu erfahren, was er noch nicht wusste. Mit hängenden Schultern trat er den Rückweg nach oben an. ------------------------------------------------------------------------------- Ein paar Straßen weiter. Unauffällig stieg der blonde Japaner dem schwarzen Auto zu, das Gesicht hinter einer großen Sonnenbrille verborgen. Noch ehe die Tür wieder gänzlich verschlossen war, fuhr das Fahrzeug mit durchdrehenden Reifen an. „Ich grüße Sie.“ Ein fetter Geschäftsmann begrüßte den Zugestiegenen grinsend, der Anzug war dem beleibten viel zu eng. „Ogawa…“ Der Blonde seufzte, zog einen Umschlag aus der Innentasche seines Mantels und gab ihn weiter. Das Grinsen des Mannes, der Ogawa genannt worden war wurde breiter. „Die vereinbarte Summe?“ Der Blonde nickte bejahend. „Ich fürchte aber…“ Jetzt hatte der beleibtere der beiden einen weiteren Umschlag in der Hand. „…dass wir uns…“ Lautlos glitten einige Fotos aus dem Behältnis. „… noch einmal über den Preis unterhalten müssen, Se-„ Die durchgeladene, kleinkalibrige Schusswaffe an der Schläfe des dicken Mannes unterbrach seinen Satz. „Ogawa, in aller Deutlichkeit. Ich hatte ihnen gesagt WIE weit sie gehen dürfen und wie weit NICHT. DAS hier…“ Die Fotos flogen wild durch das Auto. “..war NICHT vereinbart.“ Die Stimme des Blonden zitterte kaum merklich. „Aber, aber. Eine kleine Vorsichtsmaßnahme meinerseits. Was haben sie nun vor? Wenn sie mich umbringen oder auffliegen lassen wollen; es gibt weitere Fotos und Tonbänder, die sicherlich auch auf dem öffentlichen Markt gute Preise fänden.“ Das speckige Gesicht lachte widerlich. „Merken sie sich eins; gehen sie zu weit, sind sie ein toter Mann. Dann wird ihnen Geld auch nichts mehr nützen.“ Mit diesen Worten wurde die Waffe entfernt. Die Tür des Fahrzeugs öffnete sich ein weiteres Mal, als es in einer Seitenstraße hielt. „Warten sie auf weitere Anrufe.“ Schnell war der blonde Japaner zwischen den Häusern verschwunden. „Den haben sie wohl an der Angel, Boss.“ Der Fahrer des schwarzen Wagens blickte sich erstmals um und sah den beleibten Mann auf der Rückbank über die Sonnenbrille hinweg siegessicher grienend an. „Natürlich, Taki.“ Der Angesprochene lachte und hielt eines der Fotos hoch. „Oder denkst Du, der gute alte Thoma will, dass diese Bilder hier an die Öffentlichkeit gelangen?“ Der Mann am Steuer entfernte die Brille gänzlich. „Oh nein… dafür ist er ihm doch das wichtigste… in seinem Leben….“ Beide begannen zu lachen. „Deshalb gefällst Du mir, Aizawa.“ ------------------------------------------------------------------------------- „Shuichi…!“ Gerade wollte Ryuichi seinen Freund vor Freude anspringen, stoppte sein Unterfangen allerdings recht schnell wieder, als er die Person genauer betrachtete. „Shu-chan? Was ist?“ langsam kroch der Ältere vom Bett auf dem er bis gerade mit Kumaguro gesessen hatte. „Nee, Sakuma-san. Wo sind die anderen? Keiner von ihnen ist mehr hier.“ Seufzend setzte er sich auf die Bettkante. „Ano… die sind weg.“ „Wie…? Weg…?“ Erstaunt blickte der Jüngere den anderen an. „Sind wohl die Stadt erkunden. Sie fragten ob wir mitkommen wollten, aber Du sagtest ja, dass ich hier auf Dich warten soll.“ Shuichi lachte leise. Wahrscheinlich hatten sie die Chance genutzt und waren durch irgendeinen Hinterausgang aus dem Hotel entkommen. „Hun? Was ist so lustig Shu-chan?“ große Augen blickten auf Shuichi herab, der plötzlich wieder erbst wurde. „Yuki…“ Ryuichi’s Gesicht verfinsterte sich kaum merklich. „Yuki wird morgen hier eintreffen.“ Rücklings landete der junge Sänger auf dem Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Ich weiß nicht, was genau er vorhat. Eigentlich freue ich mich ihn endlich wieder zu sehen. Aber wie es wohl werden wird?“ Tief atmete Ryuichi ein und blickte stillschweigend auf den sich vor ihm streckenden Körper. „Shuichi…“ Der veränderte Tonfall ließ Shuichi aufblicken. Da war er wieder, dieser Blick, der ihn mit einem mal alles andere auf dieser Welt vergessen ließ. Beinahe erschrocken versuchte er sich aufzusetzen, doch Ryuichi kniete bereits über ihm. „Sa-sakuma-san? Was-?“ „Vergiss diesen Kerl.“ To be continued... Authors comment: Bitte...*wimmer* Bitte lasst mich leben! Ich gelobe weiter zu schreiben! So schnell es geht! Ich wollte dieses Kapitel allerdings noch fertig bekommen bevor ich am Wochenende wegfahre, damit es vielleicht noch etwas Neues zu Lesen gibt :-) Ich entschuldige mich nochmals für die regelrechte Kriegsszene, aber wer K kennt dürfte wissen, dass er noch lange nicht alles aufgefahren hat. *grins* Und was Taki Aizawa jetzt hier wieder verloren hat…*rotier* Ich hoffe ich kriege das alles noch auf die Reihe – Junge, Junge! Lasst euch von all dem bloß nicht verwirren – alles wird (hoffentlich) aufgeklärt werden. ;-) Auf zum „heißen“ Track 7! Eure Ryuu-chan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)